Switch! von Yidas (Im Körper meines Freu... nein, Feindes!) ================================================================================ Kapitel 18: Die Wahrheit ------------------------ „Was soll das heißen, sie lassen mich nicht mitfahren?!“ „So wie wir es sagten. Nur Angehörige dürfen das. Es tut mir leid. Kommen sie, wenn sie möchten, ins Krankenhaus. Wir haben alles getan, was wir konnten.“ Und damit klatschte der Sanitäter die Transportertür des Krankenwagens vor meiner Nase zu und fuhr mit schrillen Sirenen und Blaulicht davon. Ließ mich zurück. Ich starrte dem Krankenwagen hinterher, bis ich ihn nicht mehr sehen konnte, erst dann war ich fähig mich aus meiner Starre zu lösen. Ich rannte zu meiner Limousine, anhand Rolands Blick konnte ich ausmachen, daß er wusste, wohin ich wollte. „Ins Krankenhaus! Und lassen sie unverzüglich Mokuba dorthin bringen!“ „Ich habe alles schon arrangiert.“ „Dann los jetzt! Und wehe, sie bleiben bei einer einzigen roten Ampel stehen!“ Roland fuhr wie ein Irrer durch die Straßen von Domino und mir konnte es trotzdem nicht schnell genug gehen. Als wir dort, nach unendlichen Minuten, angekommen waren, konnte ich nicht einmal warten, bis die Limousine komplett anhielt. Ich öffnete die Tür und stolperte hinaus, in das Krankenhaus hinein an den Empfang. „Wo liegt Whe… Seto Kaiba? Er ist mein Freund! Lassen sie mich zu ihm!“ Die Tippse sah in ihrem Computer nach und sah mich dann eindringlich an. „Er bekommt das Zimmer 204 zugewiesen, sobald die Operation beendet ist.“ „Operation?!“ „Ja. Mehr Auskunft darf ich ihnen nicht geben.“ Ich verspürte keinen Drang danach mich noch weiter mit ihr zu unterhalten. Sofort rannte ich in Richtung der Treppen, da das meiner Meinung nach schneller ging, als der Aufzug. Im dritten Stock fand ich das Zimmer, riss vollkommen außer Atem die Tür auf. Doch statt Joey, blickte ich meinem kleinen Bruder in völlig verweinte Augen. Es gab mir einen Stich ins Herz. „Joey…“ Mokuba stand auf, rannte auf mich zu und warf sich in meine Arme. Ich drückte ihn fest an mich und streichelte seinen Rücken. Ich war mindestens genauso fertig wie er. Wobei er glaubte, ich läge im Operationssaal. „Ich bin so froh, daß du da bist Joey! Ich hab so Angst!“ „Ich weiß. Ich auch. Was sagen die Ärzte?“ „Herzattacke und irgendwas von einem Gerinnsel. Joey, was wenn er stirbt? Er kann mich doch nicht alleine lassen!“ „Wird er nicht, du kennst ihn doch.“ Vergeblich versuchte ich meinen Bruder irgendwie zu beruhigen. Es waren Stunden vergangen. Mittlerweile war Mokuba aus Erschöpfung vom Weinen an meiner Brust eingeschlafen. Joey war für ihn eine echte Bezugsperson geworden. Ein zweiter Bruder, wie er in letzter Zeit immer sagte. Und daß er traurig sein würde, wenn er zu Yugi zog. Ich organisierte ein Bett, damit ich ihn dort ablegen konnte. Draußen wurde es dunkel und noch immer kam niemand. Es machte mich fertig. Die Tür ging auf. Ein Bett wurde reingeschoben. Sofort ruckte mein Kopf nach oben. Gespannt sah ich die drei Ärzte und Schwestern an, die Joey hereinbrachten und ihn an sämtliche Geräte anschlossen. Ich wurde von oben bis unten gemustert. „Wer sind sie?“ „Joey Wheeler. Ich wohne bei Seto Kaiba und kümmere mich gerade um seinen kleinen Bruder. Was ist mit Seto?“ „Wir dürfen keine…“ „…Auskunft an Nichtangehörige geben. Das ist mir schon klar! Aber wollen sie wirklich Mokuba wecken und es ihm selbst sagen?! Er ist fertig genug! Er ist der einzige an Familie, den Seto noch hat!“ Der Chefarzt sah mich lange an und schien zu resignieren. Er hob Setos Krankenakte an und rückte sich seine Brille zurecht. „Nun Mr. Wheeler. Seto Kaiba wurde ohnmächtig durch ein Kammerflimmern seines sowieso schwachen Herzens. Das ist definitiv lebensbedrohlich. Auslöser dafür war ein Blutgerinnsel an der Herzklappe. Wenn die Funktion der Klappe gestört wird, droht durch Verschleppung des Gerinnsels die Gefahr eines Schlaganfalls. Was heißt, wir haben ihm eine neue mechanische Herzklappe eingesetzt. Außerdem befindet er sich nun im künstlichen Koma. Das war unumgänglich. Wir können ihn erst wieder aufwachen lassen, wenn wir uns sicher sein können, daß die Klappe nicht abgestoßen wird.“ Die Worte drangen wie durch dicke Watte in meinen Kopf. Wie in Zeitlupe sah ich zur Seite auf das Bett, in dem Joey lag. Er war kalkweiß. Wurde beatmet. Das Geräusch des Herzschlags erfüllte den ganzen Raum. „Kommt er durch?“ „Das wissen wir noch nicht.“ Ich spürte, wie etwas in mir zerriss. Ich traute mich kaum, ihn anzusehen, weil es so furchtbar weh tat, ihn so da liegen zu sehen. Es war meine Schuld! Ich fühlte mich so dermaßen schuldig, daß ich mir wünschte, die Götter hätten damals meinen Tod entschieden. Ich begriff, daß ich mal ein Priester war, daß ich ihn tatsächlich einmal liebte und tatsächlich einmal… verriet. Es waren nicht nur irgendwelche Träume, die mich immer heimsuchten, es waren Erinnerungen. Ich musste hier raus! Ich wusste, Mokuba war hier in guten Händen. Roland war nicht mehr da, der organisierte wohl in meiner alles, was zu regeln war. Der Mann war Gold wert. Draußen sah ich auf die Straße und sah mich hektisch um. Ich musste mich erst einmal in all meiner Panik orientieren. Dann rannte ich los, den direkten Weg zum Museum. Es war meine letzte Chance, das alles irgendwie wieder gut zu machen! Mich auf den Knien abstützend, stand ich nun vor der Kanope, die noch immer so unscheinbar wirkte. Ich strich mir mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn und versuchte krampfhaft, wieder zu Atmen zu kommen. „Warum? Warum tust du uns das an?!“ „Weißt du das denn immer noch nicht Seto?“ Ich hielt inne und erstarrte, als ich Yamis Geist hinter der Kanope ausmachen konnte. Ich konnte mich nicht bewegen, es war, als würde mich irgendetwas fesseln und nicht mehr los lassen. „Yami…“ „Atemu.“ Korrigierte er mich und sah mir traurig ins Gesicht. „Wie viele Leben willst du noch so leiden Seth? Siehst du denn nicht den Spiegel?“ „Joey…“ Yami nickte und schloss seine Augen. Er wirkte so weise in diesem Moment, daß selbst ich einen Moment schwieg. „Warum bist du hier Seto?“ „Weil ich… um das Leben von Joey bitten wollte. Weil ich will, daß er lebt. Ich müsste dort liegen! Nicht er! Er hat genug durch gemacht! Es reicht!“ „Kannst du dich daran erinnern, was du getan hast? Du hast mich, ihn und alle Götter Ägyptens verraten.“ „Ich weiß. Ich habe recherchiert. Aber deswegen sollte er nicht leiden! Es war mein Fehler, nicht seiner! Ich weiß, daß ich einst dein Erbe gänzlich besitzen wollte und ich Horus…“ „Ja?“ Da wusste ich es. Tausende, abertausende Bilder schienen mir durch den Kopf zu surren. Und jedes Einzelne erkannte ich wieder. Ich war oberster Priester, als Atemu Pharao war. Ich beschützte ihn mit meiner Loyalität. Ich ließ mich auf eine Liebschaft mit Horus ein, da er der einzige war, der das Chaos und die Verderbnis in mir kontrollieren konnte. Ich war so glücklich gewesen. Atemu starb, ich beanspruchte Horus Erbe für mich und… „... ich stach in sein Herz in jener Nacht.“ Leere breitete sich in mir aus, die mich in die Knie zwang. Fassungslos starrte ich den Boden unter mir an, nahm die Kälte des Marmors gar nicht wahr. Jetzt wusste ich, es war Horus Geist, der bei der Verhandlung dabei gewesen war, nicht sein ganzes Selbst. 80 Jahre lang… „Deswegen ist dein Herz krank Seto. Als du noch Seth warst, warst du sehr schwierig. Man schrieb dir das Chaos und die Verderbnis zu. Außerdem den Sturm. Jeder Gott bekam Eigenschaften angerechnet. Du erntetest wegen deinem Charakter sehr viel Negatives und hattest beim Volk keinen guten Stand deswegen. Aber Horus, den du…“ „Sonnenkind… ich nannte ihn Sonnenkind…“ „Richtig. Er schaffte es, dich noch vor euren Amtsantritten als Pharaonen zu zügeln. Und du lerntest ihn zu lieben. Und dann verrietst du ihn indem du ihn tötetest.“ „Ich wollte seinen Thron. Ich habe nichts mehr begehrt, als diesen beschissenen Thron.“ „Du wolltest alleine herrschen. Du hast dich von deinem eigenen Verderben beeinflussen lassen. Hast dich von deinen eigenen Mächten blenden lassen.“ Ich kauerte mich zusammen und hielt mir meinen Kopf. Alles in mir brach zusammen. Die Erkenntnis ließ mich wünschen, ich wäre tot. Hier und jetzt. „Seth?“ Atemu stand vor mir und griff mich an den Schultern, aber anders, als ich erwartet hatte, lächelte er. Fast schon liebevoll. Er zwang mich, ihn anzusehen. „Willst du, daß er stirbt? Wie schon so oft?“ „Nein.“ „Dann sag mir, liebst du ihn? Liebst du Horus?“ Die Frage brannte sich in mir ein, als wäre die Antwort das Entscheidenste in meinem Leben. In diesem Leben.Ich wusste nicht mehr, wie viele davon ich schon durchgemacht hatte. Ich wusste, von meiner Antwort würde alles abhängen. Alles könnte vorbei sein. Entweder starb ich… oder er. „Ja.“ Flüsterte ich leise und verzweifelt. Yamis Griff an meinen Schultern verstärkte sich kurz. „Dann hast du endlich erkannt, daß du in der Lage bist jemanden mehr zu lieben , als dich selbst.“ Yami ging zur Kanope und hob sie von ihrem Podest. Er lächelte immer noch und ich war nicht mehr in der Lage irgendwas zu tun. Schweigend sah er sie an, ehe er sie einfach aus seinen Händen gleiten ließ und sie in tausende Teile auf dem Boden zerschellte. Und mit ihr fiel ich in eine tiefe dunkle Schwärze, tatsächlich bereit um an Joeys Stelle zu sterben. Atemus Augen verfolgten mich. Immer und immer wieder sang er mein Urteil. „Er soll als Gott weiterleben. Die Menschen sollen weiter an ihn glauben. Allerdings wird er fortan ausgestoßen sein und nicht erwünscht. Die Menschen sollen ihn meiden. Nur Chaos und Verderben mit ihm in Verbindung bringen. Jeder soll ihm, in jeder Wiedergeburt, mit Misstrauen und Unverständnis begegnen. Verdammt soll er sein. Verdammt bis er erkennt, wem er am meisten durch sein Tun geschadet hat, ehrliche Reue zeigt und aufrichtig die Wahrheit durch seinen inneren Spiegel erkennt.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)