Switch! von Yidas (Im Körper meines Freu... nein, Feindes!) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- „Das wirst du nicht tun!“ „Und wie ich das werde! Stell dir das doch mal vor! DER Seto Kaiba, Arsch vom Dienst, unnahbar, steif und keine Ahnung was sonst noch alles… stolziert frohen Mutes nur in Unterwäsche auf den Fluren unserer Schule herum! Ich würde morden für ein Foto dafür!“ „Noch ein Wort mehr und ich zeige dir, wer~ hier zum Mörder wird!“ Er sieht mich an, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank. Gut, ich gebs zu, vielleicht habe ich das auch nicht. Aber mal ganz ehrlich! Das wäre doch wirklich ein Highlight! Ich muss nur zusehen, daß ich passende Unterwäsche finde. Vielleicht mit Qietscheentchen drauf. Oder Snoopy… Oder ich latsch in einen Sexschuppen und hol einen sexy Stringtanga! Mit Spitze gibt’s sowas bestimmt auch für Männer. Mein Arsch würde göttlich in so einem Fetzen von Nichts aussehen! Außerdem, mit Kreditkarte und gutem Aussehen war doch tatsächlich alles möglich. Auch der Zugang zu einem Sexschuppen. Ich frage mich gerade, ob ich noch einen Porno kaufen sollte… - „Ich bringe ihn um!“ das war es, was ich seit diesem Vorfall immer und immer wieder dachte, wenn ich ihn sah. Ich müsste nur zudrücken und schon wäre einfach alles vorbei. Dieses heroische Gehabe, dieses kindische Verhalten, die Art wie er spricht und sich bewegt kotzen mich an. Ich habe mittlerweile sämtliche Arten von Morden in Gedanken durch und komme noch nicht zu einem zufriedenstellenden Ergebnis, wie ich das am geschicktesten anstelle. Ein Auftragsmörder wäre ganz nach meinem Geschmack. Vor allem aber auch meine Art ein solches Problem wie dieses in den Griff zu kriegen. Einfach nur die Spuren verwischen und gut war. Ich stand nur vor einem Problem. Vor einem riesengroßen sogar! Der Köter hat meine Kreditkarte! Kapitel 1: Die Klassenfahrt --------------------------- Es war genau 8 Uhr in der früh. Normaler Schulbeginn, ein ganz normaler Montag. So glaubte ich zumindest. Heute stand eine Klassenfahrt an. Zu irgendeinem Museum. Yugi war so frei mich von zu Hause abzuholen. Wie gnädig von ihm. Er tat das wahrscheinlich nur deswegen, weil er wusste, daß ich eh wieder zu spät kommen würde. Dementsprechend grinste er mich auch an, als ich die Haustür hinter mir schloß. Normalerweise ließ ich mich immer von seiner guten Laune anstecken, aber so nicht heute. Merkte man, daß meine Wenigkeit nicht sonderlich gut drauf war? „Joey, was ist denn los mit dir? Wir haben heute keinen Unterricht, das sollte dich doch freuen, oder nicht?“ Es war ja allgemein bekannt, daß ich in der Schule nicht unbedingt ein Ass bin. Ich war aber auch nicht schlecht! Klar, hier und da hing ich hinterher, gab mir aber echt Mühe das nach und nach aufzuholen. Hundert pro besaß ich die meisten Klassenbucheinträge, wegen Versäumnissen,aber das war jetzt Gott sei Dank nicht das Thema. „Ich hab nur nicht gut geschlafen.“ Gelogen, ich hatte geschlafen wie ein Stein! Wen wunderts, jemand anderes, der bis spät in die Nacht noch Pizza auslieferte würde das auch tun. Auch wenn es nur wenige Stunden waren. „Joey, du musst da echt etwas dran ändern, das geht so echt nicht weiter. Ich verstehe ja, wenn du das Geld brauchst, aber kannst du dir nicht einen anderen Job suchen?“ „So einfach ist das nicht. Ah! Schau mal! Der Bus ist schon da!“ Ablenkung war doch eines der besten Manöver. Ich liebte Yugi, wirklich, er war mein bester Freund, aber ich mochte es nicht, wenn er so in meinem Privatleben rum bohrte. Er meinte es nur gut, nur seine süße naive Art ließen ihn manchmal wirklich noch wirken, wie ein kleiner Junge, der sich im Leben nicht auskannte. Mittlerweile erreichten wir auch die Bushaltestelle, vor dem Schulhof. Alle versammelten sich, stiegen ein und suchten sich einen Platz. Es gab aber wohl ein Problem, denn ohne den letzten von uns würde der Bus nirgendwo hin fahren. „Was ist denn jetzt kaputt?“ Die Lehrerin schien aufgebracht zu sein und fuchtelte wild mit der Anwesenheitsliste um sich herum und wenn man genau hinsah, erkannte man entweder eine Panikattacke oder einen Angstzustand. Zumindest perlte da gerade der blanke Schweiß ihre Stirn hinab und nahm das Makeup einfach mit. Jaja, die Schwerkraft. „Kaiba fehlt.“ „Ne, oder?“ Ich sah mich überrascht um. Könnte mir ja eigentlich egal sein, aber wenn der Typ, aka Gefrierschank, tatsächlich mal zu spät kommen würde, würde ich mir diesen heutigen Tag als ewigen Feiertag rot im Kalender anstreichen! Ich würde ihn auf ewig damit aufziehen, ihm das antun, was er mir immer antut und noch schlimmer! Doppelt und dreifach einfach alles zurück, hah! Und wenn er gar nicht kam, wäre das wie Urlaub. Oder Langeweile, wie mans nahm. Zugegeben, die Streitereien und Mordandrohungen machten michschon irgendwie fertig. Ab und an war Kaiba echt fies und erwischte einen wunden Punkt und trotzdem genoss ich es auf eine spezielle Art und Weise. Yugi holte mich allerdings aus meiner Tagträumerei, mit einem heftigen Seitenhieb. „Ey, samma geht’s noch? Ich bin aus Fleisch und Blut! Verletzlich und so!“ na wenn das mal kein blauer Fleck wurde. „Da ich weiß was du denkst, muss ich dich leider enttäuschen. Seine Limousine fährt gerade vor.“ „……………“ Na klasse. Die ganze Vorfreude umsonst. Musste der immer so nen Auftritt hinlegen? Wenn ich mit meinem Drahtesel vorfahre, juckts niemanden. Kaiba stieg aus, elegant wie eh und je. Ich fragte mich, ob der jeden Morgen nen Stock frühstückte… Unsere Lehrerin fing ihn vorne im Bus sofort ab, traute sich aber nicht Kaiba gegenüber zu tadeln. War wohl auch besser für ihre Gesundheit. Er kam direkt auf uns zu, warum? Normalerweise saß er immer ganz vorne, wenn wir mit der Klasse unterwegs waren. „Hey Kaiba! Darf der arme Bub zur Strafe nicht ganz vorne sitzen?“ „Halt die Klappe Wheeler. Hinter dir zu sitzen reduziert die Gefahr mir meine Kleidung zu ruinieren. Du reißt die Klappe so erbärmlich weit auf, daß deine Sabber nach vorne fliegen könnte. „ „EY! Ich hab dir schon mal gesagt, daß du mich nicht mit einem Hund vergleichen sollst! Ich bin kerngesund mal ganz davon abgesehen!“ „Sagt wer? Dein Tierarzt?“ „Jetzt reichts!“ Yugi und Tristan mussten mich zu zweit festhalten, damit ich nicht über diesen Mistkerl herfalle und ihm jeden Knochen einzeln breche. Wie gut, daß er nur unweit hinter mit und Yugi saß, da hatte ich es nicht so weit. Beinahe war ich da! Ich konnte ihn quasi schon greifen! Ich kämpfte mich, trotz der Umklammerungen von Yugi und Tristan zu diesem Arsch nach hinten bis ich… fiel.~ Direkt vor seine Füße. Der Bus hatte sich in Bewegung gesetzt. Was bildete er sich ein! Grrr! Ich spürte Kaibas abwertenden Blick auf meinen Schultern und als ich aufsah, wie auch die anderen beiden bekamen wir Kaibas bekanntes, kaltes und amüsiertes Grinsen mitten ins Gesicht geschleudert. „Genau da gehört ihr hin!“ ------------------------------------------------------------------------------ „Mir tut die Nase weh. Die ist bestimmt gebrochen.“ „Winsel nicht so rum!“ Ich hasste ihn wie die Pest. Nein, schlimmer wie die Pest! Selbst hier im Museum hörte Kaiba einfach nicht auf einen dreimalklugen Spruch zu reißen. Ich sollte einfach nicht mehr darauf reagieren. Jedes verdammte Mal schwor ich mir das, aber ich schaffte es nicht. Es war klar, daß sich Kaiba abseilte und einen auf Alleingang machte. Dabei mussten wir eine Aufgabe lösen! Wir sind in Gruppen eingeteilt worden. Und leider war Kaiba bei uns dabei. Die Organisatorin dieser Führung kam nämlich auf die glorreiche Idee, alle Schulklassen Aufgaben zu lösen und sich mit der Geschichte Ägyptens zu befassen. Für Yugi wie gemacht. Der hatte seinen Spickzettel aka Yami on top dabei. Kam dem Rest natürlich auch zugute, auch wenn wir uns anhören durften, daß das ein oder andere geschichtlich fundierte laut Yami natürlich vollkommen falsch war. Reine Fehlinterpretation. Die Gruppenarbeit hatte Einfluß auf unsere Geschichtsnote. Zu Anfang dachte ich noch, das gäbe ne glatte Eins, aber so wie es aussah, hatte ich mich da geirrt. Wir konnten schlecht Yamis Version aufschreiben und entgegen aller wissenschaftlicher Erkenntnisse, Niederschriften und Geschichtsbüchern behaupten unsere Version wäre die Richtige. Da könnte ich mir gleich eine weiße Wickeljacke anziehen und mich freiwillig einliefern lassen. Ich konnte es mir nicht leisten in Geschichte eine 6 zu kassieren! „Hey Joey!“ „Ich komm ja schon!“ Alle standen vor einer komisch gewölbten Vase. Ziemlich unscheinbar, aus Ton, braun… mit Rissen. Sie war nicht reich verziert, kein goldener Rand oder so ähnlich und auch nicht wirklich groß. „Was ist das für eine Vase?“ „Kanope, Wheeler.“ „Klappe Kaiba.“ fauchte ich neben mich. War ja klar, daß da wieder ein Spruch kam. Aber Yugi schaffte es dann, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. „Forscher haben im Inneren der Kanope einen alten ägyptischen Schriftzug gefunden und Übersetzt. ~Mut zu Wahrheit~. Anscheinend wurde diese Kanope nie mit etwas gefüllt und wie alt sie genau ist kann man auch nicht sagen.“ „Und was soll dann daran so interessant sein?“ „Das Unerklärliche ist wohl das Interessante daran.“ „Wie langweilig.“ seufzend sah ich auf meinen Notizzettel und harkte diese Kanope ab. Zu meiner Überraschung sollten wir hier keine Aufgabe lösen. War ja klar, wem das gelänge, der würde wohl einen Haufen Geld scheffeln und könnte ne Dauersiesta veranstalten. Außerdem wären wir schlauer als sämtliche Forscher und Professoren zusammen. Ruhm und Ehre ernten! Hoch lebe das Wunschdenken. Ich merkte gar nicht, wie meine Freunde schon weitergingen. Vertrödelte mich in meinen eigenen Gedanken, das zweite Mal an diesem Tag. Aber dieses Mal war es nicht Yugi, sondern Eisschrank vom Dienst, der mich in die Realität zurück holte. „Soll ich dir ne Leine anlegen, damit du endlich spurst? Wir müssen weiter.“ „Kaiba, ich sags dir jetzt zum letzten Mal! Ich bin kein Hund!“ „Jetzt hab ich aber Angst. Nie was von dem Sprichwort gehört? Hunde die bellen beißen nicht?“ „Glaubst du! Festbeißen würde ich mich! An deiner Kehle!“ „Hört, hört. Und jetzt hör auf dich selbst zu belügen und komm bei Fuß!“ Ich hasste ihn so sehr! Am liebsten würde ich wer weiß was mit ihm anstellen! Vierteilen wie im Mittelalter wäre eine passende Option gewesen. Hier im Museum steht bestimmt ne passende Apperatur dafür. Der mahnende Blick unserer Lehrerin ließ allerdings keine Streitigkeiten mehr zu. Von mir aus nicht und von Kaibas Seite auch nicht. Man achtete peinlichst genau darauf, daß wir uns nicht zu nahe kamen. Nach etlichen Stunden konnten wir dann auch die Aufgaben abgeben und zurück zum Bus wandern, der uns nach Hause brachte. Ausgewertet wurde morgen durch die Geschichtslehrerin. Wir alle, bis auf Kaiba natürlich, waren allerdings sehr zuversichtlich. Immerhin hatten wir Yami! „Wird schon.“ sagte Tritan und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Er grinste irgendwie schief, als würde er selbst nicht glauben, was er da gerade sagte. Die Rückfahrt verlief recht ruhig. Kein Streit, kein Zank. Einfach nur todmüde Schüler, die sich nichts mehr wünschten, als ihr Bett. Das war ein Tagesausflug gewesen vor dem sich selbst Kaiba nicht drücken konnte. Also fiel eine weitere Unternehmung mit den anderen flach. Aber wir konnten das ja nachholen. „Wir sehn uns dann morgen in der Schule. Und komm nicht zu spät!“ „Geht klar Yugi.“ vor meiner Haustür trennten sich unsere Wege. Ich wollte wirklich einfach nur noch Schlafen. Gruppenarbeiten waren zwar schön, besser, als den ganzen Mist alleine zu fabrizieren, aber es war auch anstrengend, weil eben jeder seine eigene Meinung vertrat. Fertig vom Tag schlief ich frisch geduscht auch ziemlich gleich ein. Hätte ich gewusst, daß die mystertiöse Schrift im Innern der Kanope in der Nacht rot aufglühen würde, wäre ich in diesem Leben wohl doch noch Millionär geworden… Kapitel 2: Er ist ich! ---------------------- Es war warm, es war dunkel. Nur die ersten Sonnenstrahlen erhellten das Zimmer durch die Schlitze im Rolladen. Es schien, als ob hunderte Lichtpunkte an die Wände geworfen wurden. Ich blinzelte einen Moment. Völlig schlaftrunken und gerädert von der ganzen Arbeit, die ich nach diesem für mich nicht wirklich aufschlussreichen Ausflug, noch zu erledigen hatte. Mokuba war bereits im Bett gewesen., hatte mir aber wie immer einen Brief hinterlassen, wenn er mich am Abend nicht mehr sah. Ich wusste, daß er deswegen litt und ich wusste auch, daß ich momentan an dieser Situation nichts ändern konnte. Es tat mir leid. Sehr sogar. Manch einer würde es wohl nicht glauben, aber diese Briefe gingen mir sehr nah. Mokuba schrieb seine Wünsche nieder, oder das was er an dem Tag erlebt hatte. Wie er seine Hausaufgaben gemacht hatte und mit welchen Freunden er sich traf. Als wollte er, daß ich wenigstens schriftlich an seinem Leben teilnahm. Wie tief war ich gesunken? Zumindest frühstückten wir gemeinsam, oder besser gesagt Mokuba frühstückte und ich las den Wirtschaftsteil in der Tageszeitung, nippte ab und an meinem schwarzen Kaffee. Ich blickte zur Seite. Wo war meine verdammte Uhr? Mein Digitalwecker stand immer rechts neben dem Bett auf der Kommode. Hatte ich ihn versehentlich im Schlaf runtergeschlagen? Mit Sicherheit nicht! Genervt über diese Tatsache, (ja jetzt schon genervt!) schälte ich mich aus der Decke. Seit wann war mein Bett so weich? Welcher gesunde Mensch schaffte es aus solchen Tiefen aufzustehen?! „AAhh! Verdammte Sch… !“ Ich hielt mir den Hinterkopf. Der Schlag war nicht zu überhören gewesen. Jetzt… war ich wach! Der Schmerz breitete sich bis hin zu meinen Schläfen aus, als ich darüber strich nahm ich meine langen Haare mit. MOMENT! Ich spürte, wie Panik in mir aufstieg. Wie sich in mir alles anspannte und meine Augen sich weiteten. Der nicht vorhandene Wecker, der Stoß an… an was eigentlich?! Ich sah nach oben, konnte nur schemenhaft eine Schräge aus Kiefernholz entdecken. Immerhin war das Zimmer noch abgedunkelt. Lange Haare… Hier stimmte definitiv etwas nicht! Das war nicht MEIN Zimmer! Wo in herrgotts Namen war ich?! Sofort schlug ich die Decke beiseite, setzte meine Füße auf den Boden und spürte unter meinen Füßen eigenartige Gegenstände. Fussel? Krümel? Ein Schulmäppchen? War Mokuba heute Nacht wieder hier, weil er nicht schlafen konnte? Meine Gedanken überfluteten mich, als ich nun endlich nach tausenden Gefahren auf dem Boden und Stolperattacken meinerseits den Gurt des Rolladens erwischte. Hastig zog ich daran, das Zimmer wurde so hell, daß ich meine Augen zusammenkneifen musste. Nur langsam gewöhnten sie sich an das grelle Licht und als ich endlich sehen konnte, verschlug es mir die Sprache. „Was zum… ?!“ Wie kam ich hier her?! Wo war dieses hier her?! WAS war dieses hier her?! Und die Frage, die mir am meisten im Kopf hämmerte war: WIE komme ich hier her?! In meiner Starre sah ich mich um. Dieses Zimmer wirkte wie das von einem 6-Jährigen. Definitiv erster Stock und Dach. Das hatte ich ja wenige Minuten zuvor schon schmerzlich erfahren müssen. In der rechten hinteren Ecke, direkt neben dem Bett stand ein kleiner Schreibtisch. Eine Schuluniform unachtsam auf den Lehnen des Schreibtischstuhls. Da fings schon an! Ich legte meine Sachen immer zusammen! Das konnte defakto nicht mein Zimmer sein! Ich lief auf den Tisch zu, erkannte Mathematikbücher unserer Schule und aufgeschlagene Hefte. Ich musste bei einem Ausländer sein, die Schrift war eindeutig nicht lesbar. Sofort überkam mich ein Gedanke. Wurde ich gekidnappt oder wollte mir hier jemand einen Streich spielen? Wenn das eine Aktion von Wheeler war, dann konnte der Köter was erleben! Ich nahm ein Heft an mich, schlug einige Seiten um, bis ich vorne einen Namen lesen konnte. „Joseph Jay Wheeler.“ Ich sprach es laut aus. Voller Wut, voller herablassender innerer Flüche, die ich mit diesem Namen verband. Als wären diese drei Worte eine unheilvolle Prophezeihung, die ich von mir abwenden musste. Ich wusste doch, daß dieser minderbemittelte Intelligenzquotient aka Null dahinter steckt! Wütend pfefferte ich das Heft zurück auf den Tisch. Den Kleiderschrank ignorierte ich. Noch… Ich wollte einfach nicht wissen, wie es darin aussah. Am Ende sprangen mich Flöhe an und jeder wusste, die loszuwerden war schwierig! Ich musste mich desinfizieren sobald ich wieder zu Hause war, das stand fest! Am besten zwei Mal! Ich suchte meine Sachen, konnte aber im ganzen Raum, der vor offenen Chipstüten nicht mehr zu retten war, nichts finden. Hinter der zweiten Tür in diesem Zimmer vermutete ich das Bad, weswegen ich dort hineinging. Aber außer einer doch… leicht alten Einrichtung konnte ich hier nichts entdecken. Wheeler sollte dringend dieses Bad sanieren! Das war ja widerlich! Und noch bevor ich wieder auf dem Absatz kehrt machen wollte, sah ich ihn. im Spiegel. Diese elende Visage des Versagers No. 1. Was starrte er mich so an?! Gings noch? Ich setzte einen Schritt zurück und dann… „WHEELER!“ Panik, Angstschweiß, Entsetzen. Seit wann bekam ich diese Gefühlte, wenn ich ausgerechnet in dieses Gesicht sah? Seit heute! Ich könnte wetten der Hund würde Saltos schlagen, wenn er mein Gesicht in diesem Moment sah. „Was zu Hölle…“ Ungläubig griff ich mir ins Gesicht, zog an den Backen. Ja es tat definitiv weh. Es war kein Traum. Sah in braune Augen, statt in meine Blauen. Die längeren, blonden Haare fielen mir wirr ins Gesicht. Nur mit einem Kamm konnte ich diese bändigen. Ich griff nach ihnen. Wie strohig sie waren und widerspenstig obendrein! Mein Körper war bräuner… und… Wheeler schlief nackt. Nein, ich sah nicht hin und wenn wirklich das passiert war, was ich hier vermutete, dann musste es irgendeine logische Erklärung dafür geben! Und ich hoffte, nein ich wollte!, daß der Köter eine Erklärung dafür hatte! Und zwar so eine, daß man das hier wieder rückgängig machen konnte! SOFORT! Mir blieb nichts anderes übrig, als Wheelers beschissene, alte und ranzige Schuluniform anzuziehen. So einen Saustall hatte ich schon lange nicht mehr gesehen! Da war selbst Mokuba ordentlicher! Die Schulsachen ignorierte ich gekonnt. Wheeler wusste damit sowieso nichts anzufangen, also konnten sie auch getrost hier bleiben. Hatte der Schwachmat kein Handy?! Da! Im Rucksack! Ich hätte schwören können, zuerst hatte es ausgesehen wie ein Knochen! Ich tippte wie wild meine eigene Nummer. Nichts passierte außer:~Ihr Guthaben ist aufgebraucht.~ „Ich hasse dich!“ Abgrundtief. Mir blieb nichts anderes übrig, ich musste das anders regeln. Ich nahm den Rucksack und rannte die ekelhaft knarzenden Holztreppen nach unten. Das Chaos war perfekt. Sogar hier. Hatte der Köter nicht mal was von einem Vater erwähnt, mit dem er hier zusammen lebte? Von dem fehlte jedenfalls jede Spur. Es kümmerte mich auch nicht weiter. Die Haustür fiel mit einem lauten Knall in Schloß, ich riss die Garage auf und… da stand kein Auto. Ja, ich war im Besitz eines Führerscheins. Mir stand die Welt offen! Es war nur eine Frage des Geldes. „Oh nein. Ohhh nein Wheeler.“ Sein Fahrrad. Ich würde es unter Tausenden wieder erkennen. Es war so verbogen, daß es ein Wunder war, daß man damit fahren konnte. Ich wusste doch, der Köter hat Talent für den Zirkus! Vielleicht sollte ich ihm beibringen, wie man durch brennende Reifen sprang. Ich weigerte mich, dieses… dieses Ding zu benutzen! Genauso wie ich mich weigerte mit dem Bus zu fahren. Das gestern hatte schon gereicht! Schlimm genug. Meinen Notendurchschnitt ließ ich mir von einer noch so weit entfernten Kommastelle nicht versauen! Wieso musste Wheeler am andern Ende der Stadt wohnen?! Kurzzeitig erwischte ich mich bei den Gedanken, wieso meine Villa ausgerechnet am andern Ende lag. Nein… da war definitiv auch der Köter dran schuld! Es kam mir vor wie Stunden, die ich damit beschäftigt war entweder zu rennen, oder hektisch zu humpeln, weil mir die Puste ausging. Die Kaibavilla ersteckte sich genau vor meinen Augen, es war nicht mehr weit und als ich die Anhöhe, auf der mein Anwesen stand, endlich hinter mir hatte, hämmerte ich gegen den Knopf der Freisprechanlage. „Bitte identifizieren sie sich.“ „Seto Kaiba.“ „Stimmcode nicht erkannt. Zugriff verweigert.“ „Wie bitte?! In mir qoll alles an Wut hoch, was sich über den Weg hierher angestaut hatte. Und noch mehr, wenn man davon ausging, wie lange Wauwau mir schon auf die Nerven ging. „Bitte identifizieren sie sich.“ „Set… Joey Wheeler.“ „Hunden ist der Aufenthalt nicht gestattet.“ Ich werde ihn umbringen. Kapitel 3: Nein... ich bin er! ------------------------------ Es schrillte, es hämmerte, es blinkte unaufhörlich. Der Wecker. Ich schlug die Augen auf und erkannte direkt an die Decke projeziert die Uhrzeit. 6:00 Uhr. Ach wie gut, dann konnte ich mich noch einmal umdrehen. Die Schule würde erst in 2 Stunden anfangen. Seit wann stellte ich mir den Wecker eigentlich so früh? Müde suchte ich nach der Snooze-Taste. Von mir aus sollte sie 50x anschlagen, bis ich endlich soweit war aufzustehen. Meistens auf den letzten Drücker, oder eben zu spät, wenn ich tatsächlich nochmal eingenickt war. Das war der beste Fall. Im schlechtesten Fall vergaß ich mir den Wecker zu stellen. Nach etlichen vergeblichen Griffen fand ich mein Handy immer noch nicht. Ich wunderte mich gerade sowieso, seit wann es diese Projektionssache da konnte. Ich war bestimmt gestern irgendwo drauf gekommen. „Einen schönen guten Morgen! Sie müssen aufstehen. Die heutigen Akzienkurse sind…“ Seit wann habe ich eine Radiofunktion? „… heute erwartet Sie Sonnenschein und vereinzelte Wolken. Mit einem Niederschlag ist nicht zu rechnen. Temperaturen um die 25 Grad.“ Hä? „Ihr Tagesplan für heute: Kein Eintrag gefunden.“ Schulfrei? Geile Sache! Und jetzt begriff ich, daß etwas nicht stimmen konnte. Es war Dienstag! Also hatte ich heute Schule, das war so sicher wie das Amen in der Kirche. Die Radiotussi irrte sich also. Verwirrt erhob ich mich in eine sitzende Position. Es war stocken duster hier drinnen. War ich gestern so fertig, daß ich den Rolladen echt ganz runter gelassen hatte? Wie konnte ich da schlafen? Ich brauchte das Licht morgens! Ich kam sonst nicht in die Gänge! Ihr wollt ja gar nicht wissen, wie schlimm der Winter für mich war! „Höchst mysteriös.“ Urteilte ich, tat das aber alles noch durch dumme Zufälle ab. Ich könnte auch betrunken gewesen sein und konnte mich nicht mehr daran erinnern, was ich gestern gemacht hatte, aber andererseits… ne, ich hatte gestern definitiv nichts getrunken! Gut, mein Alter hatte immer Alkohol im Haus, aber ich würde mich niemals so gehen lassen wie er. Ich hob mal mit Tristan einen auf ner Party oder so, aber das wars dann auch. Und seit ich neben dem Kerl in seinem Bett halb nackt aufgewacht war, und ich nicht wusste, wie ich da hinkam, kannte ich mein Pensum. Nie wieder würde ich so viel trinken! Wuäh! Müde rieb ich mir die Augen, streckte mich genüsslich und spürte sämtliche Knochen in mir krachen. Ich brauchte dringend einen Orthopäden, der mich wieder einrenkte. „Oh man…“ Morgens war ich immer verpeilt. War ne dumme Eigenart von mir, heute allerdings, wie sich gleich herausstellen sollte, wäre es wohl besser gewesen, ich wäre erst gar nicht eingeschlafen. Wie dem auch sei, ich fand mich in dunklen Räumen einfach nicht zurecht! Und hier irgendwie erst recht nicht! Wieder eine Theorie, die bestätigte, daß ich kein Hund war. Die konnten sich nämlich orientieren! Ich war heilfroh, als ich endlich einen Türgriff in der Hand hatte und in mein Bad maschieren konnte. Abwesend betätigte ich den Lichtschalter, lief direkt in Richtung Toilette. Ich sah noch ganz verschwommen vom Schlaf in den Augen, aber eines erkannte ich im Spiegel sofort. „Oh hey Seto…“ Nuschelte ich, stellte mich vor die Toilette und: „Was tust du hier?! Raus aus meinem… aus meinem…“ Wo war er hin?! Und jetzt kam er: der Schock, oder träumte ich noch? Ungläubig stand ich hier in einem Bad, welches wohl mehr einer Wellnessoase glich. Verwirrt schaute ich mich um. Die Wanne, die mitten im Raum stand besaß eine Whirlpoolfunktion, das Waschbecken war dreimal so groß wie meins und über das Klo will ich jetzt gar nicht anfangen zu reden! Eine Wand war komplett verspiegelt. Überall standen tropische Pflanzen, Tübchen und Pröbchen und es roch irgendwie nach Hölzern und Lavendel… was war das hier?! Ein Puff?! Irgendwas war hier verdammt faul. Jetzt wurde es auch in diesem ominösen Schlafzimmer heller. Ich brauchte mir also gar keine Mühe machen Rolladengurte zu suchen, die gab es nämlich nicht, denn hier war alles elektrisch. Vorsichtig, nicht wissend, wo ich war (ja das hab ich mittlerweile kapiert, daß das nicht mein Zimmer war) ging ich wieder zurück. Meine Augen weiteten sich vor Schock schlagartig, als ich die Panoramafensterfront ansah und halb Domino erkennen konnte. Und einen Park. Einen riesen Park! Wunderschön angelegt mit Massen an Kirschbäumen, die in voller Blüte standen. War ich tot? Hatte ich im Schlaf einen Herzinfarkt erlitten und das war der Himmel? Jetzt nahm ich mir auch die Zeit mich näher in diesem Zimmer umzusehen. Alles war weiß. Das Bett überdimensional groß mit etlichen Kissen bestückt. Irgendwie hatte das alles einen modernen und sterilen Charakter, aber es war geschmackvoll. Könnte mir mal jemand verraten, wo meine Sachen waren? Könnte mir mal jemand verraten, wie ich hier her gekommen bin? Es gab wirklich nur zwei Möglichkeiten. Entweder war ich definitiv tot, oder ich hatte einen über den Durst getrunken und war mit irgendeinem oder irgendeiner abgerauscht. Ja, Joseph Jay Wheeler war bisexuell. Damit das gleich mal geklärt war. Ey! Man(n) hat 100% Auswahl statts 50%! Da war die Erfolgschance doppelt so hoch! Trotz alle dem glaubte ich noch immer, daß mir mein Verstand gerade einen ganz üblen Streich spielte. Ich war sicher nicht mit Seto Kaiba abgerauscht! Das wäre der letzte, den ich auf mir haben wollte. Wieso? Wegen der Erniedrigung. Ich musste das jeden Tag verbal durchmachen, da brauchte ich das im Bett nicht auch noch! Ich riss mich los aus meinen Gedanken, vermutete meine Sachen im Kleiderschrank, aber einen solchen gab es hier nicht. Nur ein Bett und einen Schreibtisch. Vor dem riesigen Fenster stand noch eine gemütliche Sitzbank. Echt einladend. Ich fand noch eine Tür, lief darauf zu und als ich diese öffnete, konnte ich meinen Augen nicht trauen. Das war ein begehbarer Kleiderschrank! Vollgestopft mit Klamotten! Wie sollte ich da bitte meine Schuluniform finden? Es waren definitiv Männersachen, Anzüge, Mäntel die mir bekannt vorkamen und Schuluniformen! Na also! Freudig griff ich mir eine davon, wackelte in Richtung Spiegel und zog mir zumindest schon mal die Hose an. War doch egal, obs nicht meine eigene war, hier hingen ja genug rum. Als ich aber ihn plötzlich wieder sah, gings nicht anders. „Kaiba! Seit wann schnüffelst du… mir… ich…“ Moment. Ich schlief nicht mehr, ich war einigermaßen wach. Ok, ich wusste nicht wo ich war, war durcheinander, aber das da konnte nicht sein! No way! Kaiba tat das Gleiche wie ich… war das irgendein Hightech-Ding was diese Halluzination verursachte?! Ich sah in den Spiegel und sah IHN! „Kaiba…“ Ich legte eine Hand auf den Spiegel. Das war nur ein normaler Spiegel! Das Bad! Sofort rannte ich wieder auf die andere Seite des Zimmers, in das Bad hinein und betrachtete mich dort. Kein Schwachmat dieser Welt würde ein Bad auseinander nehmen um hier neuste Technik zu installieren um mir so einen üblen Streich zu spielen! Das war ein Albtraum! Ein absoluter Albtraum! Mein Haar war braun, ekelhaft akkurat geschnitten und meine Augen… blau. Blau wie das Meer. „Hilfe…“ Panik überflutete mich, eine Heidenangst überflutete mich! Ich bekam kaum noch Luft! Ich kratzte mich, wollte diese bleiche haut, die wie die eines Vampirs aussah loswerden, aber mehr wie rote Spuren meiner Fingernägel konnte ich nicht ausrichten! Fassungslos starrte ich mich an. Nein, IHN an! Wie war das passiert!? Ging das überhaupt?! Jetzt dämmerte mir auch, wo ich war! Das konnte nur die Kaibavilla sein! War ja klar, daß der Eisklotz im puren Luxus lebte! Ich wollte gar nicht wissen, was das alles hier gekostet hatte! Wieder zurück in diesem Wandschrank, der von der Größe her locker mein Zimmer hätte sein können schnappte ich mir Hemd und Uniformjacke. Alles war mit Setos Namen bestickt. Wieso fiel mir das jetzt erst auf? Socken ich brauchte… „Alter du bist von dir selbst besessen!“ Socken und Unterwäsche waren fein säuberlich mit einem KC-Logo versehen. Ich glaubte es einfach nicht! Gehetzt rannte ich zurück, griff mir Kaibas Koffer, den ich auf dem Schreibtisch fand. Ich war wohl der erste, der außer Kaiba (ahahaaa!) diesen öffnete. War das etwa ein Handy? Ich stellte mich in meiner Panik wirklich dumm an, aber ich wusste mir einfach nicht zu helfen! Aber immerhin hatte ich bei dem Ding die Tastensperre raus! Irgendwie klang es für mich nur logisch, daß wenn ich in Kaibas Körper steckte, er in meinem stecken musste. Also hoffte ich, daß er, wenn es ihm so erging wie mir, wenigstens in der Lage war, ein 20 Jahre altes Telefon zu erkennen! „Scheiße!“ Es hob keiner zu Hause ab! Also mein Handy. Ich ahnte ja nicht, daß mein Erzfeind schon unten am Eingangstor stand, an seiner eigenen Technik verzweifelte und imaginär einen Besen fraß! Es klingelte… ich war nervös, hatte Angst und zitterte. Seto würde seine Nummer bestimmt auf dem Display erkennen. Wie recht ich hatte… „Beweg deinen verdammten Hundearsch sofort hier runter!“ „Hallo Kaiba…“ Kapitel 4: Ein Hund mit eiskaltem Blick --------------------------------------- Ich bekam zu viel. Das machten meine ohnehin schon schwachen Nerven im Moment einfach nicht mit. Zu allererst: Es war komisch sich selbst zu sehen und nicht die Kontrolle über seinen Körper zu haben. Als ich die Kaibavilla runter eilte um Seto das Hoftor aufzumachen, hätte ich schwören können, er fletschte bereits die Zähne nach mir! Tollwütig und zum Sprung an meine Kehle bereit! Roland begegnete mir unten in der, naja ich würde sagen Eingangshalle. „Master Kaiba. Ihr Unterricht hat bereits angefangen. Soll ich sie noch hinfahren?“ „Oh hey Roland.“ Ich stoppte, völlig aus der Puste, stützte meine Hände auf den Knien ab und sah ihn schief grinsend an. „Naja, ich denke eher nicht. Später oder so. Ich hab grad keine Zeit! Ich erklärs später ja?“ In Rolands Gesicht setzte sich das blanke Entsetzen ab. Hatte ich jetzt was Falsches gesagt? „Master Kaiba. Geht es ihnen nicht gut? Soll ich den Arzt rufen? Haben sie ihre Tabletten genommen?“ Eh wie? Tabletten? Ich wusste es! Kaiba war verrückt! Er schluckte Psychopharmaka, damit er nicht vollends durchdrehte! Aber klar… es war meine Art. MEINE~ nicht Setos! Wahrscheinlich musste ich Roland gerade vorkommen, als hätte ich nen Lattenschuß. Oder ne, als hätte Seto einen Lattenschuß! Verdammt nochmal, da wurde ja selbst ich irre dabei! „Nichts für ungut! Ich sag Bescheid.“ Ich ließ Roland einfach stehen. Ich konnte mich jetzt nicht mit ihm beschäftigen. Wie ich befürchtet hatte, stand mein Körper, dirigiert von Seto an diesem großen, edlen und verschnörkelten Tor der Villa. Ich musste echt lachen. Dieser verzweifelte Versuch in sein eigenes Haus zu gelangen musste echt deprimierend sein. Für mich war es einfach nur göttlich! Sollte er ruhig mal merken, wie ich mich immer fühlte. „Na Köter? Kommst du nicht in deine Hundehütte? Wurdest du ausgesperrt?“ Ich konnte mir das Seto gegenüber einfach nicht verkneifen. Es war so toll! Es tat so gut! Es war… „Halt die Klappe Töle! Gib den Code 07072247 ein und öffne dieses verdammte Tor!“ „Jaja, reg dich ab man! Mir macht das auch keinen Spaß!“ Auch wenn ich wirklich zugeben musste, daß es das schon irgendwie tat. Alleine nur um ihn aufzuziehen. Meine eleganten, schlanken Finger flogen über die Bedienungsfeld. Das Tor öffnete sich wie erwartet. Seto trat ein und stellte sich vor mich. Er musste zu mir aufsehen! Zu mir! Ich konnte mir gerade nichts Schöneres vorstellen, außer, daß diese Situation sich bitte genauso wiederholte, wenn wir unsere eigenen Körper wieder besaßen. Wir redeten kein Wort miteinander, als wir gemeinsam in die Villa zurück liefen. „Mokuba ist schon in der Schule.“ „Deswegen hab ich ihn nicht gesehen! Roland hat ihn bestimmt gerade gefahren.“ Aber andere Bedienstete waren anwesend, weswegen Kaiba auch wohl höflichst die Klappe hielt. Bisher fiel er mich noch nicht an, aber das konnte ja noch kommen. In seinem Zimmer angelangt, war es dann auch so. Unsanft wurde ich am Kragen gepackt und gegen die nächst beste Wand gedrückt. Kam es mir nur so vor, oder waren die braunen Augen echt eisig? Ich musste das üben, wenn ich meinen Körper wieder hatte! „Jetzt hör mir mal zu du verlauster, dreckiger, schäbiger Affe! Wie hast du das angestellt? Ich verlange eine Erklärung! Dein Zimmer ist das einzige Chaos, dein Leben ist das Chaos. DU bist das Chaos! Und ich habe keine Lust weiterhin in deinem Körper zu stecken! Schon mal was von Körperhygiene gehört?!“ „Jetzt wo du es erwähnst… du stinkst. Keine Dusche gehabt? In deinem Bad stehen viele Barbiekosmetika. Die würd ich mal ausprobieren.“ Treffer versenkt! Ich lief zu Hochtouren auf! Wann hatte ich jemals in einem Wortgefecht gegen Kaiba gewonnen? Gar nicht? Könnte sein. Hier kamen allerdings keine Widerworte. Seto setzte sich, rieb sich angestrengt seine Schläfen. Als hätte er unsagbare Kopfschmerzen. Das war eine Eigenart von ihm. Er tat das immer! Jeden Tag! Immer wenn er über etwas Schwieriges nachdachte, oder etwas ihn extrem stresste. „Wir brauchen einen Plan Kaiba! Gestern war noch alles in Ordnung!“ „Ja ach!“ „Ich hab nichts getan! Ehrlich. Und jetzt mal im ernst, glaubst du wirklich ich wäre zu sowas im Stande? Ich dachte, du steckst dahinter!“ „Was soll bitte an deinem Körper so verlockend sein, daß ich den haben will?“ „Ey ich bin eine Augenweide!“ „Tut mir leid, daß ich noch keine Zeit hatte mir diese Lüge genauer anzusehen!“ Wir kamen nicht weiter. Wenn wir nicht aufhörten uns mal für einen Moment nicht zu streiten, würden wir niemals eine Lösung finden. Das wusste auch Kaiba. Er stierte mich regelrecht an. Sein Blick fraß sich in meine Seele, als würde er sie verschlingen. Ich musste diesen Blick wirklich üben… „Was haben wir gestern gemacht?“ „Wir waren im Museum. Dann war ich duschen und bin eingeschlafen und dann hier in deiner Villa aufgewacht. Also von wegen Körperhygiene und so ne!?“ „Und ich habe noch gearbeitet.“ „Wie lang?“ „2:30 Uhr.“ „……..“ Der Typ war doch verrückt. „Also muss in diesen paar Stunden irgendwas Komisches passiert sein.“ Gab ich noch nach und wieder herrschte eine erdrückende Stille. Ich sah zu Boden, Kaiba ebenfalls und dann… etliche Minuten später schienen wir beide auf die gleiche Idee zu kommen. „Die Kanope!“ Schallte es lautstark aus unser beider Kehlen. Das musste es sein! Der Ausflug war das einzige, was wir, wenn auch nicht freiwillig, gemeinsam unternommen hatten! Und die Kanope war das einzige, was nicht geschichtlich erklärt werden konnte! Wir mussten dahin! Sofort! „Aber wir müssen auch in die Schule! Kaiba, ich kann es mir nicht leisten, da nicht aufzutauchen!“ „Das ist nicht mein Problem.“ „Doch jetzt schon! Du bist für mich verantwortlich und andersrum! Solange, und ich hoffe das ist nicht lange, wie dieser Katastrophenzustand anhält, muss jeder die Aufgaben des anderen machen!“ „DU meine Firma leiten? Wovon träumst du nachts? Dein minderbemitteltes Hirn bekommt ja nicht mal eine Leuchte bei den leichtesten Matheaufgaben!“ Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Kaiba hatte Recht! Die Kaiba Corp. kam nicht ohne ihren Chef aus. Das ging nicht! Das wusste sogar ich! Kaiba hatte sie sich mit Rafinesse unter den Nagel gerissen und würde nicht zulassen, daß sie den Bach runter ging. Und ich konnte das nicht. Ich konnte keine Firma leiten! „Aber mal ganz ehrlich. So ein Joey Wheeler auf deinem Chefsessel kommt bestimmt gut.“ „Klappe.“ „Ich mein ja nur.“ Wir einigten uns darauf, erst einmal in die Schule zu fahren und danach dann gleich dieses Museum erneut zu besuchen. Irgendwas mussten wir ausgelöst haben, was uns in diese Misere brachte. Aber wie gesagt, zuerst in die Schule. Der Test war wichtig für meine Geschichtsnote. Für Kaibas wohl her weniger, aber man! Es ging hier ja schließlich auch um mich! Vorerst herrschte Waffenstillstand. Als wir in der Limousine saßen, und glaubt mir, Roland war ziemlich von der Rolle, weil Joey ja neben Kaiba saß, besprachen wir die beste Vorgehensweise. Wir gifteten uns an, versuchten uns einfach nichts anmerken zu lassen. Das war wohl vorerst die beste Lösung. Um nochmal zurück zu Roland zu kommen: Ich will einfach nicht wissen, warum der Typ so bescheuert grinste, als er uns an der Schule absetzte! Wir spürten die Blicke aller auf uns. Wirklich restlos aller. Kaiba und Wheeler stiegen gemeinsam aus der Limousine. In völliger Eintracht, unsere Hände blieben dort, wo sie waren. Keiner packte den anderen am Kragen. Keiner von uns beiden warf irgendwelche Beschimpfungen um sich. „Wir werden angestarrt.“ „Muss eine ganz neue Erfahrung für dich sein mal im Mittelpunkt zu stehen. Sonn dich nicht zu lange in meinem Glanz. Du könntest dich verbrennen.“ Und ich dachte echt, das könnte mal eine normale Konversation werden… Wenn ich ICH wäre, dann sah ich mich gerade in den Klassensaal hetzen. Die Treppen in den zweiten Stock hochfallen und ein lautes Entschuldigung~ kreischen, weil ich zu spät gekommen war. So aber versuchte ich das nun ganz nach Kaibamanier. Ich sagte nichts, als unsere Klassenlehrerin vor uns stand und schon mahnend eine Augenbraue hob. „Joey Wheeler! Von ihnen sind wir ja nichts anderes gewohnt, aber Herr Kaiba, von ihnen hätte ich mehr erwartet! Selbst ihr Status ändert nun nichts an einem Klassenbucheintrag!“ „Wie bitte?!“ Seto war empört. Normalerweise würde er jetzt irgendein enorm wichtiges Meeting vorschieben und ich war der festen Überzeugung, daß er das auch ab und an als Ausrede benutzte. Aber jetzt schien er zu begreifen, daß er mit diesem Argument nicht kommen brauchte. Er war jetzt der Köter und ich das liebe Herrchen, welches ihm die Stöcke zuwarf. Am besten, ich fing gleich mal damit an! „Herr Wheeler und ich hatten etwas Geschäftliches zu besprechen. Sie haben davon abzusehen in unseren Akten ein Zuspätkommen festzuhalten, oder ich werde mich leider dazu gezwungen fühlen, die großzügige Spende an die Schule zu streichen.“ BÄM! Man war ich gut! Was man nicht alles lernt, wenn man Kaiba kannte. Sogar Chefjargon! Frau Tanaka biss sich auf die Zähne und fuhr sich zitternd durch ihr Haar. So wie es aussah wirkte diese Ansage. Auch Kaiba schien ziemlich erstaunt über mein Auftreten. Auch Yugi, Tristan und Tea schienen ziemlich überrascht. Dabei wussten sie nicht einmal, was hier tatsächlich passierte. Frau Tanaka beließ es dann auch und schickte uns auf unsere Plätze. Kurz war ich in Versuchung mich neben Yugi zu setzen, aber das ging ja nicht! Scheiße verdammte! Das war übelst anstrengend sich wie Kaiba zu verhalten! Wie konnte man nur so kompliziert sein? Also eben auf Kaibas Platz, der… besetzt war. Schnaubend sah ich auf ihn herab und beugte mich vor. „Du musst rüber Kaiba. Ehrlich jetzt!“ Flüsterte ich und ich konnte nur noch zusehen, wie mich schon wieder dieser eisige Blick traf. Scheinbar beherrschte Kaiba das in allen Situationen, sogar bei einem Körpertausch. Er war alles andere als begeistert, zischte mir noch irgendwas hinterher. Wahrscheinlich eine Beleidigung. Damit konnte ich leben. Kaiba nahm sich den Stuhl neben Yugi und zog ihn erst einmal ganz an das andere Ende des Tisches. Er sah so angewidert aus, nickte Yugi auch zur Begrüßung nur zu. Wie konnte man sich nur so dämlich anstellen! Yugi war in Ordnung! „Joey? Ist alles in Ordnung mit dir? Warum hast du dich denn auf Kaibas Platz gesetzt? Du weißt doch, wie er drauf ist. Das geht nicht gut, auch wenn du ihn provozieren willst.“ „Verschon mich bitte heute mit deinen Floskeln Stachelkopf.“ „Joey?“ „……………………..“ Ich konnte kein Wort verstehen, was Kaiba da gerade zu Yugi sagte, aber das erstaunte Gesicht des anderen sprach Bände. Kaiba hatte es vergeigt. Na wunderbar. Wie sollte ich das wieder gerade bügeln? Frau Tanaka ließ allerdings keinen weiteren Gedanken zu. Mit den gestrigen Tests in der Hand, die wohl nun auch ausgewertet waren, legte sie jedem den seinen auf den Tisch. „Gruppe 4 Herr Wheeler. Genießen sie es.“ Ich wusste erst, was Frau Tanaka meinte, als ich Setos Test in der Hand hielt. Das war eine glatte 1! Ich könnte schreien vor Glück! Mit großen Augen sah ich rüber zu Yugi und Seto… oder mich, wie mans nahm, deutete total aus dem Häuschen auf die 1 und grinste mir was ab. Ne 1!!! So geil! Im nächsten Moment schlug sich Kaiba verzweifelt die Hand ins Gesicht. Ich glaube… soeben hatte ich ihn blamiert… ______________________________________________________________________________ Es war Schulschluß. Kaiba war nichts anderes übrig geblieben, als mit Yugi und den anderen in den Pausen und auch jetzt abzuhängen. Ich konnte ihm ansehen, wie sehr ihn das ankotzte. Er führ sich mit dem Zeigefinger über den Nasenrücken und petzte fest die braunen Augen zusammen. Er sah aus, als würde er jeden Moment einen Schrei fahren lassen. „Yugi, es ist in Ordnung. Es geht mir gut. Ich habe mit Kaiba nur etwas zu besprechen. Das ist doch richtig, nicht wahr… Kaiba.~“ er sprach seinen eigenen Namen wie eine Drohung aus und ich verstand auch, was er von mir wollte. „Ausnahmsweise Köter. Komm jetzt, oder ich lasse dich mit einem Lasso einfangen!“ Ich drehte mich um und ging einfach. Das würde Kaiba doch so machen oder nicht? So langsam machte es mir Spaß in seinem Körper. Diese Leichtigkeit in den Tag hinein zu leben ohne sich Gedanken um Noten machen zu müssen! Das war der Hit! An der Limousine wartete ich nun auf ihn. Eben freute ich mich noch über diese Unabhängigkeit, aber jetzt, wo ich ihn mit meinen Freunden da so stehen sah kam der Neid. Wie gerne würde ich jetzt dort sein. Mit meiner Clique in die Stadt laufen, in die Spielehalle oder ein Eis essen gehen. Sag Kaiba, warst du auch neidisch, wenn du uns dort so sahst? Wie fühlt es sich an, jetzt wo du ein Teil von ihnen bist? Wahrscheinlich merkte Kaiba das nicht einmal. Er war so versessen auf seine Firma oder Mokuba, daß er sich selbst vergaß. Kein Mensch konnte ohne Freunde, ohne Vertrauen und Verständnis leben. Roland erwähnte Tabletten, die Kaiba immer nehmen musste. Ob das tatsächlich Psychopharmaka waren? „Steh da nicht so rum und komm jetzt!“ Ich fuhr fürchterlich zusammen. Kaiba saß schon in der Limousine. Ich musste so in Gedanken versunken gewesen sein, daß ich nicht bemerkt hatte, wie er an mir vorbei gelaufen war. Ich setzte mich und Roland fuhr los. Seto drückte einen Knopf, der die Scheibe zum Fahrerabteil hochfahren ließ. So konnten wir nun ungestört reden. „Was war das vorhin mit Yugi?“ „ich hab ihn Stachelkopf genannt.“ „WAS?! Was hat er gesagt? Wie konntest du nur!“ „Reg dich ab. Ich habe es auf den angeblichen Schlafmangel geschoben. Ach und noch was! Yugi erwähnte, du lieferst Pizza aus um dir etwas Geld zu verdienen. ICH werde das NICHT tun!“ „Das ist mein Job! Wenn wir das hier nicht geregelt bekommen, wirst du das tun Kaiba!“ „Eher gefriert die Hölle zu!“ „Guuuuut. Dann mach ichs! Und du leitest deine beschissene Firma!“ Ich sah es in Kaibas Kopf rattern und werkeln. Tja, machte sich doch gut so ein waschechter Seto Kaiba auf einem Pizzadienstroller nicht wahr? „Seto, ich hab da kein Problem damit!“ „Aber ich!“ „War ja klar.“ Wir erreichten das Museum leider etwas später. Der Verkehr war erdrückend gewesen und auch Rolands Schleichwege konnten da nicht viel weiter helfen. Wir wurden von der Kanope angezogen, wie ein Magnet. Wir interessierten uns nur für dieses dämliche Ding und als wir durch die ganzen Flure rannten und sie endlich erreichten wirkte sie so unscheinbar wie eh und je. Vollkommen aus der Puste sahen wir uns an. „Und was jetzt?“ „Keine Ahnung. Sag bitte bitte.“ Ich hasste seine Art! Wie er dastand mit verschränkten Armen vor der Brust, der Blick analysierend auf die Beschreibung der Kanope. Aber wie gestern schon festgestellt , stand da nichts wissenswertes drauf. „Yami meinte irgendwas von ~Mut zur Wahrheit.~ Aber welche Wahrheit denn?“ „Vielleicht die, daß du doch ein Sträßenköter bist und es einfach nur leugnest?“ „Oder, daß du ein arroganter Geldsack bist!“ „Das bringt uns jetzt auch nicht weiter. An der Kanope ist nichts Besonderes außer diese Inschrift. Also muss es etwas damit zu tun haben. Ich muss das recherchieren.“ „Kaiba, ich hab keinen Hightech-Pc zu Hause.“ „Aber ich du Schwachmat! Du glaubst doch nicht allen ernstes, daß ich weiterhin in deiner Bruchbude hause!“ „Jetzt sei nicht so ne Diva! Bevor das hier nicht vorbei ist müssen wir so weitermachen!“ „Das weiß ich selbst! Jetzt gib mir mein Handy!“ „Wofür das denn?!“ „Ich will Fotos von dem Ding machen, also her damit!“ Wir verließen das Museum erfolglos. Zu Kaibas Leidwesen musste ich ihn bei mir zu Hause absetzen. Ich hoffte wirklich mein Vater war einfach auf einer seiner Sauftouren und würde heute Nacht mal wieder nicht nach Hause kommen. Es war immerhin schon spät am Abend, da war die Chance sehr hoch. Irgendwie hatte ich mich nicht getraut, Kaiba zu erzählen, welche Umstände bei mir zu Hause herrschten. Ich hatte ihn jediglich vor ihm gewarnt. Er sollte ihm einfach nur aus dem Weg gehen. Ich hoffte, das reichte. Bei Seto zu Hause empfing mich ein fröhlicher Schrei und zwei weit ausgestreckte Arme, die sich um meine Beine schlangen. Mokuba. „Großer Bruder! Du bist heute früh zu Hause! Wie schön! Isst du heute mir mir?“ Mokuba war einfach ein Schatz. Ich verstand einfach nicht, wie er Seto so lieben konnte. Zu mir war er immer gemein, hinterhältig und arrogant. Aber Mokuba schien vor diesen Arten überhaupt keine Angst zu haben, oder sich beeindrucken zu lassen. Vielleicht… ja nur vielleicht hatte ich etwas mit Seto gemeinsam. Wir waren beide große Brüder. Es lag nahe, daß Seto zu Mokuba anders war. Es lag nicht nur Nahe, es war bestimmt so. Also lächelte ich und ging in die Knie um den Zwerg in die Arme zu schließen. „Für dich. Klar essen wir. Was gibt es denn?“ „Seto das weißt du doch! Pasta!“ „Ah stimmt. Das hab ich wohl… vergessen. Tut mir leid.“ Mokuba hielt inne und musterte mich, als käme ich vom Mond. „Seit wann entschuldigst du dich? Ist dir nicht gut?“ „Ähm… doch doch! Alles bestens! Gehen wir.“ Auch die Angestellten der Villa waren überrascht den Hausherrn so früh zu sehn. Ich schaffte das Essen und Gott, was war das viel und gut! Nachdem ich mit Moki noch eine Runde zockte, auf einem überdimensionalen Flachbildschirm in einem überdimensionalen Wohnzimmer! Irre! Echt irre wie das hier eingerichtet war! Und auch hier, fast alles weiß. Ohne Ausnahme Kaibas Lieblingsfarbe. In Setos Zimmer, oder jetzt vorerst mal meinem, ließ ich mich aufs Bett fallen und dachte nochmal darüber nach, was alles passiert war. Es machte mich fertig. Was, wenn wir gar nicht mehr zurück konnten? Wenn ich auf ewig in diesem Körper gefangen war? Was war dann? Es musste einfach eine Lösung her! Vielleiht sollten wir Yugi und Yami einweihen. Yami wäre wohl derjenige, der noch am ehesten wusste, was so eine Kanope verärgert haben könnte. Wenn Kaiba morgen hier auftauchte um ein paar Sachen abzuholen, sollte ich mit ihm darüber reden. Aber um mal auf diesen Körper zurück zu kommen… da konnte jetzt Kaiba denken, was er wollte, ich würde ihn mir ansehen! Duschen musste ich sowieso. Da ich ja schon wusste, wo Kaibas Klamotten waren, zog ich aus den Unmengen einfach nur eine bequeme schwarze Pyjamahose und Shorts. Als ich aber die tolle Wanne da im Bad sah, wie sie so einladend im Raum stand mit dieser Whirlpoolfunktion, disponierte ich von Duschen zu Baden um, ließ das Wasser ein und ließ mich genüsslich mit einem Seufzen nieder. Jetzt wusste ich auch, wieso hier dieser Raumduft verströmt wurde. Das beruhigte ungemein. Hier lag sogar eine Fernbedienung, ich vermutete Musik zum weiteren Entspannen, aber als ich den Knopf betätigte ging der Whirpool los. „Scheiße! Nein! Das wollte ich nicht!“ Die Fernbedienung fiel mir aus der Hand und ich versuchte panisch den sich aufwallenden Schaum aufzuhalten, der so langsam aber sicher das ganze Badezimmer flutete! Yeah! Schaumparty! In den Clubs war das ja vielleicht angesagt, aber hier nicht! Und der Whirlpool dröhnte so laut, daß an Entspannung nicht mehr zu denken war! Hätte ich besser doch geduscht! Ich fiel halb aus der Badewanne und schaffte es dann diese zum Schweigen zu bringen. Erleichtert fuhr ich mir durch die Haare und legte den Kopf mit geschlossenen Augen kurz in den Nacken. Jetzt stand ich hier… wurde mir bewusst wie schlimm diese Situation eigentlich war, ja ich kämpfte sogar schon fast mit den Tränen. Ich wollte mich aber nicht hängen lassen. Dann hätte Kaiba recht und ich winselte doch wie ein Hund. Ich atmete noch einmal tief durch und sah in den Wandspiegel, der tatsächlich auch die ganze Wand einnahm. „Oh man…“ Fasziniert sah ich mich an. Lief einige Schritte auf den Spiegel zu und betrachtete Kaibas Körper voller Faszination. Seine Haare waren seidig, die Augen so blau wie das Meer und doch, jetzt wo ich diesen Körper besaß, strahlten sie noch lange nicht diese Unnahbarkeit und Kälte aus. Aber auch nicht die Tiefe… die Lebendigkeit, die sie hatten, war nun eine ganz andere. Ein vollkommener anderer Glanz. Ich sah an mir hinunter, ja tastete sogar. Fuhr über meine Oberarme, die Schlüsselbeine, die leicht hervorstanden und über die Brust. Muskulös war sie und stark. Kurz ertappte ich mich bei einem Lächeln, es erstarb allerdings, als ich recht mittig, eher weiter links eine kleine Narbe ausfindig machen konnte. Das irritierte mich. Ich glaubte immer Seto Kaiba wäre perfekt. Und nun besaß er doch einen kleinen Makel. Hätte ich gewusst, was es mit dieser Narbe auf sich hatte, hätte ich sie niemals als Makel betitelt… Aber jetzt, wo ich hier stand, mich betrachtete, über das Sixpack strich was mich da anlachte und den sehnigen Körper anspannte, dachte ich echt nur: „Kaiba, du geiles, heißes Stück!“ Kapitel 5: Sein Leben --------------------- Dieses Bett war die Hölle auf Erden! Ich dachte wirklich, mein Rücken brach auseinander, als ich mich aufrichtete und mir dieses Mal nicht den Kopf anschlug. Die Dachschräge in Wheelers Zimmer hatte deutliche Spuren in meinem Gedächtnis und auch oberen Hinterkopf hinterlassen. Man lernte aus schmerzhaften Erfahrungen und das war absolut eine gewesen! Der Wecker meines Handys stand auf genau 5:30 Uhr in der Früh. Normalerweise, würde ich duschen, meinen Laptop hochfahren und etwas Arbeit erledigen, bevor ich mit Mokuba frühstückte, meinen Tagesplan durchging und letzten Endes zur Schule fuhr. Jetzt allerdings war das nicht so. Nur mit Mühe erhob ich mich wieder aus diesem beschissenen weichen Bett und lief ins… wie drückte ich das am besten aus? Bad? Das wäre noch schön geredet. Auch hier war eine Dachschräge aus Kiefernholz. Wheeler sollte darunter nachsehen lassen, ob sich nicht Schimmel bildete! Die braunen Blumenfließen stammten wahrscheinlich aus den 70´ern. Es war dunkel, es war verkalkt, es war ekelhaft. Genauso wie Wheelers Duschgel. Ich rümpfte meine Nase, als ich daran roch. Billiges Zeug aus irgendeinem Supermarkt. Na wunderbar! Wenigstens war es kein Tiershampoo… Ich duschte ausgiebig. Immerhin konnten Hunde allerhand Zeug auf ihrem Körper beheimaten und ich wollte, wenn vorhanden, schleunigst alles davon loswerden. Wheeler musste zum Frisör! Diese blonden Haare klebten mir im Gesicht. Immer wieder musste ich sie wegstreichen. Vielleicht sollte ich das wirklich in Angriff nehmen und ihm einen neuen Haarschnitt verpassen… Ich griff nach dem Handtuch, wickelte es mir um die Hüften und stieg hinaus und ging in das kleine Zimmer zurück. Die Schuluniform sah nicht besser aus als gestern und einen Ersatz gab es nicht. Hier und da waren die Nähte aufgegangen, oder es gab schon eine zweite Naht. Wow… Wheeler besaß Hausfrauenfertigkeiten! Ich wurde nachdenklich und sah mich um. Gestern Nacht noch hatte ich den gröbsten Schmutz hier in diesem Zimmer beseitigt. Ich hasste Unordnung und Chaos! Ich fühlte mich nicht wohl, wenn nichts da stand, wo es hingehörte. Es war wie ein Zwang. Die Pinnwand über dem Schreibtisch fiel in mein Augenmerk. Es hingen etliche Fotos daran und der Plan unserer Schule. Ein Foto zeigte definitiv Wheelers Kindergartenclub, wie ich ihn so gerne nannte. Alle lächelten, schienen Spaß zu haben. Sogar Yugis Großvater, der irgendwie schützend die Arme ausbreitete und stolz wirkte. Von solchen Fotos gab es viele, aber eines zog dann doch mehr meiner Aufmerksamkeit an sich. Ich löste den Pin und nahm es an mich. Das war also die Familie von diesem Köter. Serenity war eindeutig noch ein Baby, wurde von ihrer Mutter im Arm gehalten und gewogen, während Joeys Vater bei ihnen stand und glücklich lächelte. Eines irritierte mich und ich war es nicht gewohnt, den Wauwau so zu sehen. Der kleine Junge stand mit Abstand, und für eine glückliche Familie meiner Meinung nach einem zu großen Abstand, neben seinem Vater und blickte wie versteinert zu Boden. Er lachte nicht. Joey strahlte nicht. Man sah ganz deutlich, daß etwas vorgefallen sein musste, was diesem Jungen das Herz gebrochen hatte. Als ich das Foto flüchtig umdrehte wusste ich auch, was es war. Dort stand eine kleine Notiz, definitiv nicht Wheelers Schrift. ~Unser letztes Foto. Bleib bei deinem Vater. Es ist besser so. Mom.~ Das musste der Tag gewesen, an dem Joeys Eltern ihm sagten, daß sie sich scheiden ließen. Benommen heftete ich das Foto zurück an seinen Platz. Bei mir wäre es schon längst in der Versenkung verschwunden. Ich konnte diese Frau nicht verstehen! Ich wusste nicht viel über Wheelers Privatleben, aber ich wusste, daß der Verlust der Eltern, etwas Schreckliches war. Wut überkam mich, die ich runterschluckte. Es ging mich nichts an. Und das war auch besser so! Mein Weg führte mich zum Kleiderschrank, ich öffnete diesen und erstarrte wegen der immensen Unordnung. Konnte der Köter nicht aufräumen?! Socken bei den Shirts, Hosen in Schubladen! Das ging gar nicht! Ich hätte durchdrehen können! Ich wühlte und suchte. Besaß der Kerl kein Hemd?! Ich war erleichtert, als ich eines fand; das allerdings hatte wohl noch nie ein Bügeleisen gesehen. Wie erbärmlich! Skeptisch hob ich es an und legte den Kopf schief. Es war zu klein. Das sah ein Blinder! Also musste ich notgedrungen doch auf ein Shirt umsteigen. Gerade als ich es mir überziehen wollte, sah ich in den Spiegel und hielt inne. Das war also der Körper von diesem Schwachmat. Die etwas längeren, nassen Haare fielen mir bis auf die Schultern und klebten an meinem Hals. Selbst nach der Wäsche waren sie noch wirr und widerspenstig. Die Haut war wesentlich dunkler als meine, hier und da prangerte ein blauer Fleck. Stach hervor, aus den Perlen des Wassers, die sich ihre bahnen nach unten suchten. Noch machte ich mir keine Gedanken darüber, woher diese Flecken kamen. Das hätte alles verursachen können. Wie ich schon wusste, war der Köter wesentlich kleiner als ich. Das erste Mal war es mir wirklich bewusst aufgefallen, als ich an meinem Eingangstor vor der Villa stand und dieser Fellknäuel auf mich herabsah. Elender Bastard! Aber eines musste man Wheeler lassen. Er war trainiert. Schmal, aber trainiert. Natürlich würde ich niemals ihm gegenüber zugeben, was ich da dachte. Er könnte es als Kompliment auslegen und als erneute Angriffsfläche benutzen. Ich drehte mich um, sah den Rücken an und weitete die Augen. Ich konnte nicht leugnen, daß mir gefiel, was ich da sah. Meine Gedanken schweiften ab. Einen ähnlichen Körperbau besaß derjenige, den ich einmal als Affäre bezeichnete. Die Haut allerdings noch dunkler, die Haare noch heller und dessen Rücken reich verziert mit einem Tattoo. Es war lange her, es dauerte nicht lange, aber er war das kleine, ägyptische Geheimnis intensiver Nächte. Und das fieseste Ding, ja vielleicht sogar Miststück, was ich je unter mir hatte. Bitter grinste ich und wendete mich vom Spiegel ab. Gerade als ich mich anziehen wollte, hielt ich noch einmal inne. „Verdammte…!!!“ Wheeler besaß alles was in mein Beuteschema passte! Ja, ich wurde hier gerade persönlich und ja es kratzte mich an! Diese Tatsache hämmerte so derart in meinem Kopf, daß es einfach nicht zu ignorieren war! Selbst wenn er nicht anwesend war, war er präsent wie eh und je! Wütend über den Hund, über mich und diese dämliche Uniform, zog ich mich an und packte alles zusammen. Ich lief die Treppen hinunter und sollte wohl genau jetzt die erstmalige Bekanntschaft mit Joeys Vater machen. „Sohn! Bring mich ins Bett!“ „……….“ Er wankte, er schwankte, spielte Pingpong mit den Flurwänden. Ich stoppte auf dem letzten Treppenabsatz und sah diesen Mann angewidert an. Kam der tatsächlich erst jetzt nach Hause? War das jeden Tag so? Alleine der Geruch des Erdgeschosses trieb mich in den Wahnsinn. Es war stickig, miefte und der Geruch von diesem Menschen war so beißend in der Nase, daß ich mir sie zuhalten musste. „Kein Bedarf.“ „Schwing deinen Arsch hierher, oder es setzt was Junge!“ Der Kerl rutschte die Wand hinunter, nicht mehr fähig auch noch einen Schritt zu laufen. Ich könnte wetten, Wheeler kam der Bitte dieses Versagers immer nach, in der Hoffnung, es würde schon irgendwann besser werden. Kein Wunder, daß sich Joeys Mutter von ihm getrennt hatte. Mit sowas wollte ich auch nicht zusammen leben müssen. Allerdings sprach das Foto an der Pinnwand eine ganz andere Sprache. Darauf war kein Alkoholiker. Gut möglich, daß er die Trennung nicht verkraftete und seine Probleme einfach im Alkohol ertränkte. „Schlaf im Flur alter Sack. Nicht mein Problem.“ Und gerade, als ich an ihm vorbei lief, bemerkte ich nicht, wie mich etwas am Hosenbein packte und mich zu Boden warf. Ich fiel auf den harten, gefließten Boden, der Rucksack weit weg an die Haustür. Ich drehte mich um, sah den Mistkerl auf mich zukommen und ehe ich mich versah, pinnte er mich unter sich fest. „Das wirst du büßen, Junge. Du bist wie deine Mutter!“ Wie deine Mutter… in diesem Moment setzte alles in mir aus. Das war ein Schalter, den es bisher noch nie jemand gewagt hatte umzulegen. Ich trat ihm in den Bauch, befreite mich aus diesem Griff, bevor noch mehr passierte. Jetzt wusste ich auch, woher die blauen Flecken auf Wheelers Körper kamen. Wehrte er sich nicht? Warum nicht? Was hielt ihn hier in diesem Loch?! Für mich stand fest, daß ich so schnell keinen Fuß mehr durch diese Tür setzen würde! Wie ich die Schule erreichte, war mir mittlerweile vollkommen egal. Das verbogene Fahrrad feuerte ich einfach an irgendeine Gebäudewand in der Nähe und ignorierte es. Ich wollte hinter diesen Schulzaun, alles abschließen und die Schlüssel wegwerfen! Aber so einfach war das nicht. Ich rang nach Luft und als ich einigermaßen wieder bei mir war, erkannte ich, daß die Schule nicht mal angefangen hatte. Ich war zu früh. Nein, der Köter war es! Wahrscheinich eine ziemlich heroische Tatsache, wenn man bedachte, wie viele Klassenbucheinträge der Köter wegen Fehlzeiten hatte! Kapitel 6: Dein Leben --------------------- „Guten Morgen! Es ist 6:00 Uhr.“ Ich weiß. „Heute rechnen wir mit einem Niederschlag von 70%. Die Temperaturen werden die 22 Grad nicht übersteigen.“ Ach echt? "Ihr Tagesplan für heute…“ SCHNAUZE! Genervt und schnaubend setzte ich mich auf und raufte mir die Haare. Wie konnte man sich nur so einen bescheuerten Wecker anschaffen?! Da war man ja schon gestresst, wenn man zum allerersten Mal an diesem Tag die Augen aufschlug! Kein Wunder, daß Kaiba immer so miesepetrig war. Wär ich auch! Das Ding, das Weib musste ich irgendwie abschalten und zwar für immer! Warum eigentlich ein Weib? Egal… ich konnte es drehen und wenden, wie ich wollte, ich musste in die Schule. Außerdem mussten Kaiba und ich heute noch klären, wie es weiter ging. Ich wollte unbedingt mit ihm über Yami reden. Vielleicht wusste er wirklich mehr über diese Kanope, als er am Ausflug zugegeben hatte. Zumindest war das irgendwie unsere letzte Hoffnung. Ich wollte gar nicht daran denken, wie es weiter ging, wenn er auch keinen Ausweg wusste. Wie gestern schon zogen sich die Rolläden von ganz alleine hoch. Würde ich nicht wissen, daß Seto eine Firma leitete, würde ich sagen der Kerl war faul. Aber es war ja nicht so. Müde streckte ich mich einmal der Länge nach, schmatzte und gähnte lautstark, rieb mir den restlichen Schlaf aus den Augen. Ich schlug die Decke beiseite und schlurfte ins Bad. War irgendwie angenehm nicht quer durchs Zimmer zu fallen. Ich sollte zu Hause vielleicht doch ab und an mal aufräumen. Als ich ins Bad ging musterte ich mich wieder. Von oben bis unten. Und… „Olala! Kaiba altes Haus! Doch nicht so gefühlskalt was?“ Zumindest sein Körper nicht. Das Zelt war mir unter Decke war mir beim Aufstehen gar nicht aufgefallen! Was zum Geier hatte ich geträumt?! Musste wohl ziemlich gut gewesen sein. Lachend über diese Tatsache vernichtete ich dieses… doch recht explizite Gefühl mit einer kalten Dusche. Es wäre mir und Seto peinlich, wenn der Zustand anhalten würde. Wobei… wäre er nicht so ein Charakterschwein, könnte ich mir vielleicht sogar überlegen mich an ihn ranzuschmeißen. Kurz dachte ich darüber nach, malte mir aus, wie Seto wohl im Bett war. Bestimmend, er gab ganz bestimmt den Ton an, herrisch… leidenschaftlich auf seine Weise mit einer gewissen Brutalität. Wieso konnte ich nicht das Wort sanft mit ihm verbinden? Hm… Nein, nein nein! Blödes Kopfkino! Es war beängstigend, wie mich das anmachte! Was ein Elend… Ich war so genervt von mir selbst! Diese Situation ließ mich Gedankengänge haben, die ich nie zuvor auch nur mal ansatzweise in Erwägung gezogen hatte! Ich schnappte mir das Handtuch, was ich vorher schon über das Waschbecken geworfen hatte, trocknete mich ab und zog mich an. Alles schön und gut. Die Schuluniform war Pflicht, also war nichts mit coolen, wehenden, sich der Schwerkraft wiedersetzenden Mantel. Ich wollte wirklich wissen, wie Kaiba das immer veranstaltete, daß er immer so perfekt aussah. Wobei, bei den ganzen Tuben und Cremes hier… Eines fiel mir aber sofort ins Augenmerk. Etwas, was ich gestern noch nicht gesehen hatte. Ein Medikament. Tabletten. Roland schoss mir in den Kopf. Der erwähnte gestern schon irgendwas von irgendwelchen Tabletten, die Kaiba angeblich ja immer nahm. Das waren sie wohl. Zögerlich griff ich mir die Packung. Irgendwie fühlte ich mich schuldig. Zählte das schon als Schnüffeln? Aber was, wenn es nicht Setos Psyche betraf, sondern etwas anderes? Das Zögern verflog. Ich nahm mir die Packung, konnte mit dem Namen allerdings nichts anfangen. Ich nahm die Packungsbeilage heraus und faltete diesen riesenhaften Zettel auf. Je weiter ich las, desto mehr Angst bekam ich, desto mehr wurde mir bewusst, daß Kaiba auf keinen Fall perfekt war! Der Schein trügte! Und wie! Das einzige was an Kaiba perfekt war, das war seine Maske, die er jeden Tag aufsetzte. „…Müdigkeit, Abgeschlagenheit und stark eingeschränkte Leistungsfähigkeit. Atemnot, Bluthusten… mögliche Nebenwirkungen sind…“ Ich war erstarrt. Ich kannte die offizielle Diagnose nicht, aber alleine die ersten paar Sätze reichten aus um zu verstehen, was mit Kaiba nicht stimmte. Ich drehte die Packungsbeilage um und las weiter. Sie bestätigte alles, was das Durcheinander in meinem Kopf sich schon zusammen gesponnen hatte. „… wird verschrieben bei Herzfehlern. Bitte nehmen Sie morgens und abends jeweils eine Tablette zu Ihren Mahlzeiten ein.“ Fassungslos fiel mir der Zettel aus der Hand. Ich hielt mich krampfhaft am Blister Tabletten fest, den ich in meiner Hand quasi zerquetschte. Ich sah in den Spiegel und brauchte wirklich einen Augenblick, bis ich wieder einigermaßen zu mir kam. Wie schaffte er das? Wie konnte er eine Firma leiten, sich um seinen kleinen Bruder kümmern, großer Bruder sein, Turniere veranstalten und sich dabei so derbe verstecken? Sich nichts anmerken zu lassen? Kaiba lehnte aus Prinzip jede Hilfe ab, die man ihm anbot. War es deswegen? Und ich dachte, ich hätte Probleme! Ich mein, ich hatte ja welche, aber das?! Mir… mir ging es zumindest körperlich gut… Wie belastend musste das sein, wenn man immer nur zurück stecken musste? Wie musste es sein, wenn man sein ganzes Selbst aufgab, damit es der kleine Bruder gut hatte und das Jugendamt ihn nicht holen kam? Hatte er deswegen die Narbe? War Kaiba Operiert? Zum ersten Mal verstand ich, daß Seto Kaiba, unser Arsch vom Dienst, vielleicht gar nicht so arschig war, wie ich eigentlich dachte. Unbewusst strich ich über diesen kleinen Makel auf Kaibas Brust. Fast schon erfürchtig. Kaiba war mächtig, erhaben und besaß Größe, keine Frage, aber jetzt begriff ich, daß seine wahre Stärke ganz wo anders lag.Wir mussten wirklich dringend reden! Er konnte und durfte mir das, jetzt wo ich in seinem Körper steckte nicht verheimlichen. Was wenn ich da drin abkratzte?! Dann wars das! Im Gegenzug musste ich ihm aber auch von meinem Vater erzählen. Würde ich es nicht tun, war das genauso unfair. Kurzum steckte ich mir den Blister in meine Jackentasche. Packte diesen blöden, silbernen Koffer und lief nach unten, wo mir Mokuba schon wieder um die Beine sprang. „Guten Morgen Seto! Frühstückst du mit mir?“ „Moin, moin kleiner Mann! Klar. Komm.“ Immer noch benommen von dem Schock, versuchte ich nun, mir nichts weiter anmerken zu lassen. Es gelang mir aber nicht, wie es schien. Alleine meine Begrüßung ließ Mokuba schon komisch drein schauen. „Fühlst du dich nicht gut? Ist alles in Ordnung? Hast du…“ „Ja hab ich. Mokuba…“ Die Tabletten. Er wusste es also. Ich setzte mich auf Setos Platz. Direkt gegenüber von Mokuba und sah mich erst einmal um. Hier war es anders, als in den Räumen, die ich schon von der Villa gesehen hatte. Zwar auch alles weiß, aber die Einrichtung war sehr antik. Die Möbel waren verschnörkelt gearbeitet, auch hier hingen Spiegel, die ebenso alt waren. Wie auch unzählige Gemälde von verschiedenen Künstlern. Richtig romantisch angehaucht. Die Terrassentür stand weit offen. Von hier aus, konnte man in den Garten, oder besser gesagt in den Park, den ich gestern schon von Kaibas Zimmer aus bewundert hatte. Es wehte ein seichter Wind, der vereinzelt Kirschblütenblätter in den Speiseraum tanzen ließ. Einige verfingen sich in Mokubas schwarzer Mähne, was mich lächeln ließ. Der Kleine war einfach nur niedlich. Diese Freude darüber, daß er mit seinem großen Bruder wenigstens zusammen frühstücken konnte, ließ mein Herz erwärmen. Sowas gab es bei mir zu Hause nicht. Diese Liebe und diese Wärme. Vor mir lag die aktuelle Tageszeitung. Der Wirtschaftsteil war schon aufgeschlagen. Eine Bedienstete schenkte mir Kaffee ein, den ich dankend annahm. Der Tisch war reich gedeckt an Leckereien. Mokuba griff auch beherzt zu. So wie auch ich! Ich konnte mich gar nicht satt sehen an diesen vielen bunten Sachen! Auch etwas, was ich nicht hatte! Ein ausgiebiges Frühstück jeden Morgen! Ich nahm mir Brötchen, Eier, Speck, Käse… Marmelade und Nutella! Unglaublich war das hier! Natürlich sah man mich verdattert an. Was war denn jetzt schon wieder? „Seto?“ „Ja Mokuba?“ „Seit wann isst du morgens? Vor allem so viel?! Die Zeitung hast du auch nicht angefasst.“ Perplex sah ich Mokuba an und blinzelte. Seto frühstückte nicht? Warum nicht? In der Packung stand doch morgens und abends… zu den Mahlzeiten! Wie leichtsinnig war das denn bitte?! „Naja, ich denke, ich sollte, etwas mehr auf mich achten.“ Mokubas Augen erhellten sich schlagartig. Die Herzlichkeit um seine Lippen war so echt und so wahrhaftig, daß ich neidisch wurde. Wenn Seto das nur sehen könnte. Auch das war ein Moment gewesen, über den ich noch viel nachdachte, als Roland Mokuba an seiner Schule absetzte. Wir fuhren weiter zu meiner. Als die Limousine hielt, stieg ich aus und sah von weitem schon Seto alleine auf dem Schulhof stehen. Die Hände auf den Knien abstützend, schwer atmend und nach Luft ringend. Schweiß perlte seine Stirn herunter über das Kinn und tropfte zu Boden. Ich wusste nicht, was passiert war. Wieso er aussah, wie ein aufgescheuchtes Tier. Sah ich auch immer so aus wenn er… wenn ich… Da wusste ich es. Mein Vater! Verdammte Scheiße! Ich war nicht besser als Kaiba! Ich hatte den gleichen Fehler begangen wie er! Ich hatte etwas Wichtiges verschwiegen. Langsam lief ich auf ihn zu, ließ ihn noch einen Moment in seiner Verletzlichkeit. Solange, bis ich ihn dann doch ansprach. „Guten Morgen Kaiba.“ Er drehte sein Gesicht zu mir, sah mir diekt in die Augen und richtete sich auf. Er sprach kein Wort mit mir. Kein Einziges und das amchte die Stille so erdrückend zwischen uns. Er schien mich auf eine Art zu mustern, die noch herablassender, noch gemeiner und noch angeekelter war, als sonst. "Kaiba es tut mir... wirklich ich..." Ich fand meine Sprache nicht. Meine Kehle war wie zugeschnürt. Ich spürte mein Herz bis zum Hals schlagen. Dieses kranke, schwache Herz. Es erdrückte mich. "Mir auch." Kapitel 7: Atemu ---------------- Wir hatten wirklich einiges an Gesprächsbedarf! Ich ließ mich nicht von einem alten Sack, der anscheinend ein immenses Alkoholproblem hatte, behandeln wie der letzte Dreck! Joey saß unweit von mir im Klassenzimmer, auf meinem Platz! In anbetracht der Umstände war das auch korrekt, trotzdem nervte es mich. Diese ganze beschissene Situation nervte mich! Vor allem aber Wheelers Vorschlag Yugi in dieses Problem einzuweihen. Meiner Meinung nach ging gerade das nämlich rein gar niemanden etwas an! Allerdings musste ich auch zugeben, daß es vielleicht wirklich unsere einzige Chance war das ganze wieder gerade zu biegen. Je schneller desto besser! Normalerweise würde ich mich vom Unterricht nicht abhalten lassen, mir den Köter am Kragen schnappen, ihn rauszerren und einfach mitschleifen, aber jetzt ging das eben nicht. Ich steckte in diesem verlausten Körper, der ein ebenso verlaustes zu Hause besaß. Selbst Hundehütten von echten Kläffern waren sauberer als dieses Loch! „Joey! Der Unterricht!“ Yugi kniff mich in die Seite. Ich war so in Gedanken versunken, daß ich ihm fast vor Schreck vom Stuhl gesprungen wäre. Das war doch gar nicht meine Art! Ich träumte nicht im Unterricht, ich arbeitete! Normalerweise… Und ich wollte gar nicht wissen, wie viele Stapel an Papier und wie viele Berge an ungelösten Problemen auf meinem Schreibtisch in der Kaibacorp lagen. Ein Schreibtisch würde vermutlich nicht ausreichen. Auch das mussten wir irgendwie organisieren. Prinzipiell wusste ich auch schon wie. Yugi erntete von mir nur ein Nicken. Ich wollte mich mit dem Kindergarten nicht länger unterhalten, als unbedingt nötig. Zumal die Vorstellung von dieser Freundlichkeit und Liebelei noch mehr ertragen zu müssen einfach ekelhaft war. Ich fragte mich allen Ernstes, wie lange dieser Zustand noch anhalten sollte. Es klingelte zur Pause und Wheeler breitete sich vor meinem Pult aus und stemmte die Arme darauf. Ich könnte wetten, er versuchte gerade mich eisig anzusehen. Epic Fail. „Wir müssen reden! Und zwar sofort! Also schwing die Hufe!“ „Ach? Heute keine Leine im Angebot?“ Der Köter musste ja fast schon panische Angst haben, wenn er mir gegenüber schon eine Peitsche auspacken wollte. Wie süß… und wie verzweifelt! Ich hoffe, ihr habt meinen Sarkasmus dahinter verstanden? Aber damit noch nicht genug, denn Yugi wurde ebenfalls gebeten mitzukommen. Wo auch immer Wheeler hin wollte, ich hoffte, daß es ein Ort war, an dem wir alle ungestört waren. „Es geht ihn nichts an!“ „Ja und? Er ist mein Freund und vielleicht unsere einzige Chance!“ Yugi fielen vor Ungläubigkeit fast die Augen raus, als Joey das sagte. Klar, immerhin bezeichnete Kaiba höchst persönlich Yugi gerade als seinen Freund. IHN! Den Stachelkopf! Das ganze mikrige Taschengeld, was er von seinem Großvater bekam, ging wohl für Haarspray drauf. Wir erreichten das Dach des Hauptgebäudes. Unten liefen die Schüler umher, setzten sich in das Gras oder kickten irgendwelche Bälle sinnlos in der Gegend herum. Von den Weibern wollte ich erst gar nicht anfangen. Wahrscheinlich wurde gerade über den aktuellsten Lippenstift auf dem Markt philosophiert. Ich fragte mich wirklich immer noch, ob es eine so gute Idee war, Yugi und Yami einzuweihen. Ich schnappte mir meinen silbernen Koffer, den Wheeler noch immer in den Händen hielt und holte meinen Laptop raus. Vielleicht konnte ich schon etwas aufarbeiten oder retten. Sollte sich der Köter den Mund alleine fusselig reden. Ich setzte mich an das Geländer, zog die Beine an und konzentrierte mich erst einmal auf meine Bilanzen… „Yugi hör zu. Es ist etwas Schreckliches passiert!“ Und zwar so schrecklich, daß Seto Kaiba vor Yugi Mouto wie ein aufgescheuchtes Huhn stand und hektisch mit den Armen fuchtelte. Wieso musste Wheeler immer so wild gestikulieren, wenn er bellte? Wieso musste er solche dusseligen Dinge mit MEINEM Körper veranstalten? Wenn das hier vorbei war, würde ich ihn in die Klapse einliefern lassen. „Da war doch der Ausflug. Dann bin ich nach Hause und er auch!“ Wieso in aller Welt erwähnte er das?! Wusste Wheeler, was er da gerade von sich gab? Als ob ich wer weiß was mit ihm anstellen würde. Gut… könnte sein, wäre dieses ätzende Gekläffe nicht! Also doch eher no Go! „Ich bin in seinem Bett aufgewacht! Und… und dann war ich er und umgekehrt! Verstehst du das?“ „In Joeys Bett?! Kaiba, was ist los bitte? Ich versteh nicht, was du mir sagen willst!“ In meinem Bett… sag mal Wauwau wovon träumst du nachts?! „Kaiba, ich weiß ja, was du von Joey hälst und so schlimm ist er nun auch wieder nicht. Wir wissen alle, daß ihr euch immer nur streitet, aber mal ganz ehrlich, findet ihr beide das nicht auch merkwürdig? Sagt man nicht, was sich liebt, das neckt sich? Um ehrlich zu sein vermuten wir das schon lange! Und wenn ihr jetzt eh schon zusammen im Bett wart, dann…“ „Yugi bitte!“ Ich glaubte es einfach nicht! Ich wurde zum Gespött! Ich wurde hier als tierlieb abgestempelt! Ich wurde hier einer Beziehung mit Wheeler bezichtigt! Ich sollte Yugi verklagen! Drei Mal! Vor allem wegen Verleumdung! Ich konnte meine Wut kaum noch bremsen. Die Bilanzen interessierten mich gerade einen Scheiß. Ich musste das klären. So stand ich auf und baute mich vor Yugi auf, stand ziemlich nah zu ihm und schob Wheeler damit einfach beiseite. Ich sah den Kleinen an, wie ich immer jemanden ansah, der mich zur Weißglut brachte. Nur dieses Mal… mit braunen Augen. „Joey. Joey du weißt doch was ich meine! Ich… was habt ihr beide denn nur?“ „Pack deinen heiligen Geist aus kleiner Mann. Ich muss mit ihm reden!“ „Yami?“ „Was fragst du da noch so blöd? Haben sich die Stacheln durch dein Hirn durchgebohrt?“ Ich sah, daß es in Yugis Kopf ratterte. Unentwegt. Seine Augen weiteten sich und endlich schien er zu verstehen. Nicht gerade eine Glanzleistung. „Kaiba? Wie in aller Welt ist das denn passiert?“ „Woher soll ich das wissen? Jetzt hopp hopp! Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit!“ „Aber…“ „Strapazier mich nicht!“ „Ist ok. Ich mach ja schon.“ Joey und ich traten einen Schritt zurück. Yugi schloss die Augen und man konnte mit ansehen, wie sich seine Gestalt veränderte. Wie er plötzlich erwachsener wirkte, erhabener und selbstsicherer. Nichts war von dem kleinen Knirps mehr übrig. Yami sah uns an. Sein Blick war so durchbohrend, daß er mir ebenbürtig war. „Hallo Joey, hallo Seto. Yugi hat kurz erzählt, was passiert ist. Was möchtet ihr mich fragen?“ „Was hat es mit dieser Kanope auf sich? Und mit der Inschrift? Yami bitte, ich bin echt verzweifelt!“ Wieso musste der Hund immer so übertreiben? „Ihr habt die Körper getauscht, weil es so vorgesehen war, als ihr vor die Kanope tratet. Wenn ihr die Wahrheit findet, dann wird das alles wieder rückgängig.“ Na wunderbar! Soweit war ich auch schon gekommen. Aber Joey schien alles aus dem Gesicht zu fallen. „Was für eine Wahrheit denn?!“ „Das müsst ihr selbst herausfinden. Nicht der Körpertausch an eurer Situation ist das Schlimme, sondern weil ihr vor euch selbst die Augen verschließt. Und das, obwohl ihr beide nun in der Lage seid euch nicht einmal mit einem Spiegel selbst zu betrachten.“ Meine Geduld war am Ende. Ich packte Stachelkopf No 2 am Shirt und zog ihn hoch. Diese Art kotzte mich an. Alter Geist aus Ägypten hin oder her. Königliche Hoheit hin oder her! Ich wollte mehr Informationen. „Jetzt hör mal zu du kleines Biest! Ich habe nicht die Zeit und nicht die Lust weiterhin in diesem minderbemittelten Körper fest zu stecken. Ich habe besseres zu tun, als mich um schlechte Noten, einen dreckigen Säufer, Pizza und Flöhe zu kümmern!“ „Hey Kaiba! Beleidigst du mich?“ Wonach sahs denn aus?! Zu allen Unmut zog Yami nun noch eine besserwisserische, lächelnde Fratze, der ich am liebsten eine reingeschlagen hätte. Seine Gestalt verblasste. „Wag es nicht jetzt zu verschwinden!“ „Herrisch wie eh und je Seth.“ Und dann war er weg. Ich hielt wieder Yugi in meinen Händen und ließ ihn runter… fallen.~ Mit einem schmerzenden Laut plumpste er unkommod auf den Boden vor mir und sah mich mit großen Augen an. „Wie hat er dich gerade genannt?“ Joey stellte sich neben mich und Yugi. Er sah mich fragend an. Ich antwortete nicht. Warum auch? „Er ist verblasst. Wahrscheinlich konnte er nur nicht aussprechen.“ „Aber weiter sind wir jetzt trotzdem nicht. Ich hab nicht mal die Hälfte von dem verstanden, was er gesagt hat. Nur, daß es eine Wahrheit gibt, die wir nicht kennen.“ „Bist du so blöd, oder tust du nur so?“ „Ich hab das jetzt dezent überhört.“ Ich schnaubte. Ich wusste gleich, Yugi einzuweihen war eine ganz miese und bescheuerte Idee gewesen. Joey impfte ihn aber gerade, damit er nichts den anderen erzählte. Das war für seine und ihre Gesundheit auch wesentlich besser. Stachelkopf hatte Stillschweigen zu bewahren, am besten ich setzte einen Vertrag darüber auf und ließ ihn unterschreiben! Der Schultag verlief schleppend und elend. Mir war langweilig ohne meinen Laptop. Ich arbeitete immer im Unterricht und es störte auch niemanden. Meine Noten waren allesamt in Ordnung. In Klausuren schrieb ich immer, und ich meine wirklich immer eine Eins. Die Schule kassierte horrende Spenden, ja das war vielleicht eine Art Bestechung. Ich habe nie behauptet, daß ich ein kompletter Saubermann war! Ich war mehr als das. Ich war ein Genie! Nur leider momentan ein Genie ohne Idee. Jeder packte nun zusammen und verließ nach und nach das Klassenzimmer. Wheeler und ich würden nun zu mir nach Hause fahren und das weitere Vorgehen besprechen. Gerade als ich aufstehen und den Rucksack schultern wollte, knallte Wauwau schon wieder mit den Händen auf meinen Tisch. Und zwar so lautstark, daß alle, die noch hier waren sich zu uns umdrehten. Er sah mich stechend und ernst an. Ich kannte diesen Blick. Das war der, den er immer bekam, wenn ich das Stöckchen nicht weit genug geworfen hatte. „Sag mal… würdest du echt nicht mit mir schlafen wollen?“ Sag mal Köter... gings noch?! Kapitel 8: Verleumdung ---------------------- Ok, ok… das war nicht sonderlich klug gewesen Kaiba vor versammelter Klasse zu fragen, ob er wirklich nie mit mir schlafen wollte. Ich wusste ja auch nicht was mich da geritten hatte. Ahahaaaa… scheiß Wortwitz! Wir fuhren gerade in dieser protzigen Limousine in die Stadt. Bisher hatte er kein einziges Wort mit mir geredet. Dabei dachte ich, daß wir uns genau deswegen nun trafen. Immerhin musste das sein! „Kaiba. Ich weiß, daß war Mist. Aber trotzdem ich…“ „Halt einfach deine Klappe. Das ist nicht gut zu machen.“ „Aber mich interessiert das wirklich!“ „Was hast du an meinem vorherigen Satz nicht verstanden?“ Die Antwort bekam ich wohl nie. War ja jetzt auch nicht so wichtig. Wir hatten andere Probleme. Angemürbt schnaubte ich und sah aus dem Fenster. Die Stadt erreichten wir gerade. „Was wollen wir hier eigentlich?“ „Dir ein Handy kaufen.“ „Ey ich hab eins!“ „Echt? Ich dachte, das wäre ein Knochen.“ „Kannst du bitte einmal damit aufhören?“ „Nein?“ Wir stiegen aus und als wir den kleinen und doch echt schmucken Laden betraten machte jeder Platz. Seto Kaiba schien man hier zu kennen. Jeder ergriff die Flucht! Und der Verkäufer schloss sofort hinter uns ab! Wie krank war das denn? Jetzt kam er auch noch auf mich zu und verbeugte sich so tief, daß ich dachte, er würde mir jeden Moment die Schuhe küssen! „Master Kaiba! Welch eine Ehre, wie kann ich ihnen behilflich sein?“ „Er braucht ein neues Handy mit allem Schnickschnack.“ Verdutzt blickte ich Kaiba an, der meinen Tonfall echt perfekt drauf hatte. Der Verkäufer allerdings musterte den Blonden herablassend. Das war schon irgendwie krass! Besaß ich wirklich so eine Wirkung? Ich sollte mir ernsthaft Gedanken machen! Jetzt stellte ich aber erst einmal den netten Herrn da wieder gerade auf die Beine. Der flitzte hinter die Theke und holte sofort die neusten Modelle raus. Ich hatte keine Ahnung von den Dingern, weswegen ich Kaiba entscheiden ließ. Der würde das ohnehin alles vernetzen wollen, wie er schon erwähnt hatte. „Ich nehme an, Sie zahlen mit Kreditkarte?“ „Öhm… ja?“ Kaiba boxte mich in die Seite und deutete auf den Koffer. Ah ja… da war wohl seine Geldbörse drinnen verstaut. Kurzerhand zog ich sie heraus und musste diese bescheuerte Karte erst einmal suchen. Wie konnte ein einziger Mensch nur so viele Kreditkarten haben?! Welche nahm ich denn jetzt?! Seto war genervt, das sah man ihm an, aber man! Ich hatte doch keine Ahnung, welche! Er griff sich den Geldbeutel und zog eine BlackAmex raus. Dämlicher Geldsack! Geb doch an! „Er nimmt die hier.“ Ich war fast schon beleidigt. Als wäre es meine Karte und bei Gott, ich WÜNSCHTE das wäre meine Karte! Moment… gerade WAR das definitiv meine Karte! Ich spürte, wie das pure Glück gerade in mir aufstieg! Was man damit alles kaufen konnte! Ich musste das ausnutzen, solange es noch ging! Aber ohne Kaiba… der sollte sich mit der Kreditkartenabrechnung dann auseinander setzen. Dankend nahm ich das Handy entgegen, was mir Kaiba allerdings sofort aus der Hand riss und wieder in Richtung Limousine spazierte. „Nehmen sies ihm nicht krumm. Er istn bissl durch den Wind.“ Gab ich glucksend von mir und verabschiedete mich. Die Amex steckte ich zurück, nachdem mir Seto die Börse wieder gegeben hatte. Ich erschrak, denn etwas fiel aus einem anderen Fach heraus. „Oh…“ Es war ein Foto. Vorsichtig hob ich es auf und blickte darauf. Es war schon sehr alt. Es zeigte eine junge Frau, eine Wunderschöne sogar. Sehr zart, schmal und elegant. Sie hatte lange, braune gewellte Haare und wahnsinnig tolle blaue Augen. Stechende Augen… aber voller Güte. Sie trug ein edles, goldenes Medaillon um ihren Hals, das hier und da einzelne Glitzerpartikel auf ihre weiße Haut warf. Hinter ihr hing ein Spiegel, der sehr antik war, auch die weiße Kommode im Hintergrund kam mir bekannt vor. Diese ganzen Schnörkel… Krampfhaft versuchte ich mich daran zu erinnern, wo ich diese Einrichtung schon mal gesehen hatte. Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen! Das war Kaibas Mutter! Diese Möbel standen alle im Esszimmer! Geschockt sah ich hinaus, wie er gerade einstieg. So wie das Foto aussah, sah er es wirklich oft an. Es war ganz verknickt und schon vergilbt. Als wäre es ein Heiligtum, steckte ich es vorsichtig wieder zurück. Wieder wusste ich ein Detail mehr über Kaiba. Er hing an ihr. Er sehnte sich nach ihr. Sonst würde er dieses Foto niemals überall hin mit nehmen. Das machte ihn menschlicher, vor allem aber verletzlicher, als ich dachte. Immer mehr wurde mir bewusst, daß hinter dem großen Seto Kaiba vielleicht auch nur ein kleiner getretener, vor allem aber schwer vom Leben geprägter kleiner Junge steckte. Stillschweigend ließ ich mich neben ihn sinken und sah ihn an. Roland fuhr los. Dieses Mal aber wirklich zur Kaibavilla. Ich wusste irgendwie nicht, was ich sagen sollte. Und das passierte mir in letzter Zeit wirklich oft. Als wir die Villa erreichten, war es wie gestern auch. Ein schwarzer, kleiner Strubbelkopf kam die Treppen runter gerannt und klammerte sich freudig um meine Beine. „Großer Bruder! Heute wieder so früh! Wie toll!“ „Hey Mokuba!“ Ich beugte mich zu ihm herunter und wuschelte ihm liebevoll durch die Haare, ja gab ihm sogar einen Kuss auf die Wange und drückte ihn an mich. Ich wollte einfach alles richtig machen. Und es tat gut eine solche Liebe zu spüren, auch wenn sie nicht mir galt. Kurz fragte ich mich, ob wir vielleicht Mokuba auch von unserem Problem erzählen sollten. Ich blickte über meine Schulter hinweg zu Kaiba. Er sah so enttäuscht und verletzlich aus in diesem Moment. Er wendete sogar den Blick ab und schloss die Augen. Er konnte das nicht mit ansehen. Es tat mir leid. Unendlich leid. Angenommen… wenn wir das nie hinbekamen und unsere Körper nie wieder tauschen konnten, dann könnte Kaiba nie wieder der sein, der er einmal für Mokuba war. Er könnte ihm nie wieder diese Liebe offen entgegen bringen und im Gegenzug Mokubas Liebe zu ihm nie wieder in solchen Ausmaßen genießen. Mir ging es ähnlich, nur daß ich eben eine kleine Schwester hatte. Serenity. „Du hast Joey mitgebracht! Hey Joey!“ Mokuba riss sich los und rannte auf Kaiba zu. Dieser ging in die Hocke und lächelte einfach nur. Gequält. „Wie geht es dir Mokuba?“ „Gut! Die Schule war langweilig! Aber jetzt seid ihr ja da! Wie kommts, daß du hier bist?“ „Nun ich… dein Bruder und ich haben ein gemeinsames Schulprojekt bekommen. Ich werde jetzt wohl etwas öfter hier sein. Ob er will, oder nicht.“ „Ah! Na dann… willkommen hier! Zockst du nachher mit mir?“ „Wenn du nachher nicht zu müde bist?“ „Wie cool! Ich geh Hausaufgaben machen und dann ja?“ „Klar…“ Ich hätte heulen können. Seto ließ Mokuba ziehen, er sah ihm hinterher, wie er wieder hoch in sein Zimmer rannte. Ich gebe offen und ehrlich zu, bis eben hatte ich mir über diese Tatsache der Familie keine Gedanken gemacht. Ich war so ein Idiot! Denn ich ahnte, Seto ging nichts anderes durch den Kopf. Und ich stellte dann in der Schule auch noch so eine dumme Frage! Wir gingen in Setos Zimmer. Hier war es immer aufgeräumt. Immer ordentlich. Ich hatte schon mitbekommen, daß die Bediensteten hier keinen Zutritt hatten, also regelte Seto das alleine. Ich konnte es irgendwie verstehen. Kaiba war Chef einer riesigen Firma und immer schwirrten hunderte Leute um ihn herum, die irgendwas von ihm wollten. Wenigstens hier seine Ruhe zu haben musste dann unbezahlbar sein. „Wenigstens hälst du es hier sauber und pinkelst nicht in die Ecken.“ „Kaiba lass das! Ich geb mir echt Mühe, daß ich... man wo willst du hin?!“ „Duschen.“ BÄM! Die Tür war zu. Er ließ mich hier einfach stehen! Arsch! Mir blieb also nichts anderes übrig, als zu warten. Ich warf die Uniformjacke über den Schreibtischstuhl und die Schuhe zog ich aus. Setzte mich aufs Bett und harrte der Dinge, die da kamen. Und es kam Kaiba. Halb nackt. Mein halb nackter Körper. Nur bekleidet in meiner verschlissenen Schuluniformhose. Wollte der mich ärgern? „Nimm dir doch ne Uniform aus dem Schrank!“ „Damit ich darin ersaufe, oder was? Köter ich überrage dich um einen Kopf!“ Oh man… Diva! „Können wir dann jetzt bitte endlich reden?“ „Ja.“ Kurze knappe Ansage. Mehr gabs nicht, oder wie? „Ok Kaiba. Ich fang einfach mal an. Zu allerst: es tut mir leid was passiert ist. Ich wollte dir von ihm erzählen. Wirklich aber… ich hatte echt Angst. Normalerweise kommt er irgendwann nachts nach Hause und schläft. Das war echt ne Ausnahme!“ „Das war einmal zu viel Wheeler. Du glaubst doch nicht ernsthaft, daß das keine Konsequenzen hat?“ „Lass es einfach sein. Er kriegt sich schon wieder ein. Er hat es versprochen.“ „Wie lange?“ „Was?“ „Wie lange er es dir schon verspricht!“ „………….“ Zu lange. „Bitte… ich sag ja nicht, daß du dich nicht wehren sollst, aber er hat nur noch mich! Ich bekomm das hin!“ „Einen Scheiß wirst du! Ich werde das auf meine Art regeln.“ Wir stritten uns. Es war klar gewesen. Ich erwähnte auch den Herzfehler, den er mir verschwiegen hatte. Er tat das allerdings nur damit ab, daß es angeboren war und ich sollte einfach nur die Tabletten regelmäßig einnehmen. Dann würde laut den Ärzten nichts passieren. Na toll! Er verlangte von mir, daß ich mich nicht in sein Problem einmischte, aber er durfte das oder wie?! „Kaiba! Sei so gut lass es! Von mir aus sag ihm, daß du bei einem Freund übernachtest, aber schwärz ihn nicht an!“ Kaiba stand auf, stellte sich vor mich und sah wütend auf mich herab. Ich schöre, er hätte einen Mord begangen in diesem Moment. „Dann erklär mir das hier.“ Kaiba drehte sich zur Seite, hob einen Arm an und legte einen immensen Bluterguss frei. Der war älter als der Körpertausch. Ich wusste es genau… ganz genau. Ich konnte den Schmerz quasi noch spüren. „Als ich ihn gestützt habe, bin ich aus Versehen gefallen ja und?!“ „Lüg mich nicht an!“ Die Ohrfeige, die Kaiba mir gerade verpasste, schallte durch die ganze Villa. Ich hielt mir meine Wange und sah ihn fassungslos an. Das war jetzt nicht sein ernst gewesen. „Ich hoffe, du bist jetzt in der Lage klar zu denken, denn ich habe dir Folgendes zu sagen. Ich werde nicht sagen, daß ich bei einem Freund übernachte, sondern ich werde dort bleiben und akribisch genau Tagebuch führen. Ich werde alles aufschreiben, was er mir bzw. dir antut und ich werde aufschreiben, wieviel er trinkt und was er trinkt. Welches Geld er wofür ausgibt und mit wem er sich trifft. Wie lange er weg ist und wann er wieder nach Hause kommt. Ich werde deine Noten in Ordnung bringen und ich werde, nur weil es sein muss~ diesen scheiß Pizzajob erledigen. Du wirst mit mir meine Firma leiten. Das nötige Equipment habe ich hier, das Handy ist besorgt. Ich werde heute alles noch fertig machen. Du setzt dich in meinen Sessel und wirst alles via Knopf im Ohr mit mir durchgehen und ich~ bin derjenige, der dir sagt, was du zu tun und zu lassen hast. Ist das klar?“ „Too much Information! Außerdem bin ich beleidigt! Und wenn du so scharf drauf bist meine Lieferschicht zu übernehmen, dann solltest du dich beeilen. Die fängt nämlich in einer Stunde an!“ „Das geht nicht.“ „Warum nicht?! Ich verliere den Job, wenn du da nicht antanzt!“ „Wegen Mokuba.“ Das Zocken. Ich hatte es vergessen. Betroffen ließ ich den Kopf sinken und starrte den Boden an, der irgendwie, ganz plötzlich, hoch interessant geworden war. Ich seufzte. „Dann ruf an und sag du bist krank. Regel das ausnahmsweise auf deine Weise. Aber komm nicht aus Versehen mit irgendeinem Meeting!“ „Keine Sorge.“ Ich hätte schwören könne, daß Kaiba in diesem Moment ein hinterhältiges Grinsen drauf hatte. Er nahm sich mein Uralthandy wählte und plapperte einfach drauf los. „Hier Wheeler. Ich kann heute nicht zum Arbeiten kommen.“ Er verstummte, sah mich an und drehte sich weg, lief ein paar Schritte im Raum herum. Bis hier her konnte ich die Schimpftriaden meines Chefs hören. Kaiba atmete genervt durch. Er war kurz vorm platzen. Dann legte er auf. „Gib mir die Adresse.“ Dahin war einer der wenigen Abende mit seinem kleinen Bruder. Kapitel 9: Mama... ------------------ „Kaiba! Das kann doch nicht so schwer sein! Die Route bist du bestimmt schon tausend Mal mit der Limo gefahren!““ „Kläff mich nicht so an!“ „Zick nicht so rum und sei keine 5 mehr! Schlimm genug, daß du mich anrufst, damit ich dir den Roller erkläre!“ Ich war mit Wheelers, na sagen wir moderaten, alten Fahrrad bei diesem Pizzalieferservice angekommen, was ich letzten Endes gegen einen Miniaturroller tauschen musste. Um ehrlich zu sein, ich hatte keine Ahnung von diesen Dingern. Autos waren mir allemal lieber. Es kostete mich einiges an Überwindung, den Hund anzurufen und zu fragen, wo das Navigationssystem integriert war. Zu meiner Enttäuschung: es gab keins. Wundervoll. Wie dem auch sei, es kratzte mich schon derbe an diesen Job überhaupt erledigen zu müssen, vor allem aber in dieser doch recht auffälligen, rotweißen Uniform, auf deren Rücken groß und breit ~Joey´s. Think Pizza~ stand. Ich könnte wetten, nur deswegen hatte er den Job überhaupt bekommen! Feinste Pizza frei Haus! Was war das bitte für eine Geschäftsphilosophie?! Weiter darüber nachzudenken brachte mir allerdings nicht viel. Ich musste los und während Wheeler einer der wenigen Abende mit meinem kleinen Bruder verbrachte, saß ich auf diesem Gefährt und lieferte Pizza aus. Ich konnte meinen Sarkasmus kaum noch in Zaun halten. Die ersten drei Aufträge waren in der Nähe, was nicht weiter schlimm war. Stupide Arbeit. Hinfahren, Essen abliefern, kassieren. Mehr nicht. Nur eines war unmöglich für mich. Ich sollte lächeln. Konnten sie sich sonst wo hin schieben. „Joey! Hier ist ein dringender Auftrag! Beeil dich und trödel nicht rum!“ Ich war angepisst. Normalerweise würde ich nicht so mit mir reden lassen. ICH war derjenige, der austeilte und nicht einsteckte, verdammt noch mal! Dieser Job ging mir jetzt schon so derart auf die Nerven, daß ich mich fragte, wie ein normaler Mensch das freiwillig machen konnte. Vor allem für diesen mikrigen Stundenlohn! Dafür würde ich nicht einmal den kleinen Finger krumm machen, geschwiege denn mit der Wimper zucken! Als ich aber die nächste Lieferadresse sah, konnte ich eigentlich nicht wütender werden. Auftraggeber: Seto Kaiba. Wheelers Chef drückte mir den überdimensionalen Pizzakarton die Hände. „Z Z mein Guter! Der Kunde wartet nicht gern!“ (zz= ziemlich zügig) Ich wollte Joey so gerne umbringen! Und Joeys Pizza –Liefer-Scheiß auch! Leider war das im Moment nicht machbar. Ich funkelte den alten Kerl vor mir an, aber davon schien er sich nicht wirklich beeindrucken zu lassen. Nahm mir damit den Wind aus den Segeln. Ich pfefferte den Karton irgendwie auf den Gepäckträger und fuhr davon. Den Weg nach Hause fand ich, dafür brauchte ich kein Navigationsgerät. Mir war so klar gewesen, daß Wheeler schon draußen stand um zu sehen, wie ich auf diesem Ding aussehe. Sein dämliches Grinsen strahlte mich schon von weitem an und hätte nicht amüsierter sein können. „Wheeler, das war Absicht.“ „Klar war es das! Aber zuerst dachte ich echt, der Weihnachtsmann kommt. Habs nicht richtig glauben wollen, als du die Zufahrt hochgekommen bist.“ „Davon…!“ Gerade wollte ich dagegen gehen, als Mokuba zur Tür gerannt kam. Verdammt nochmal Wheeler, er sollte längst im Bett sein! Ich legte sehr großen Wert darauf, daß es an Mokuba nichts fehlte. Er immer pünktlich und auch ausgeruht in die Schule kam, aber so wurde das nie etwas! „Seto, Seto! Du musst hoch in mein Zimmer kommen! Mama ist kaputt!“ „Mama?“ „Ja… du hast doch gesagt, ich soll mir den Wecker stellen für morgen vor dem Essen!“ „Ach so… ja, ich… komme gleich ok? Ich bezahl noch schnell. Joey muss ja eh wieder los.“ „Ist gut, und Joey, nächstes Mal bleibst du länger und vergisst deine Arbeit nicht.“ „Klar.“ Mokuba rauschte ab. Wie gerne hätte ich ihn in die Arme genommen, ihm gesagt, daß ich seinen Wecker wieder reparieren würde. Ich driftete ab. Joey holte mich wieder in die Realität, als er mir an die Schulter griff. „Was meint er damit? Ist das gar keinen x-beliebige Radiotussi, die da immer morgens die Ansage macht?“ „Nein. Das ist die Stimme unserer Mutter. Ich habe aus altem Videomaterial Silben und Buchstaben digital zusammengeschnitten. Es war ein Geburtstagsgeschenk.“ „Wie hieß sie?“ „Was geht dich das an?!“ Ich sah, wie Wheeler alles aus dem Gesicht fiel. Damit hatte er nicht gerechnet. Er sah mich fast schon wehleidig an und dafür hasste ich ihn nur noch mehr. Meine Mutter war ein sehr empfindliches Thema, was ich nicht weiter vertiefen wollte. Ich sperrte den Schmerz weg, wenn ich ihre Stimme hörte, Mokuba tat es gut. „Lass das jetzt Köter. Wahrscheinlich ist hinten das Kabel wieder locker. Die Schaltamatur befindet sich hinter Mokubas Bett. Das wirst du ja wohl noch hinbekommen!“ „Mensch! So blöd bin ich nun auch wieder nicht.“ „Wheeler?“ „WAS?!“ „Du bist blond.“ „Kaiba! Wieder konnte er mir nichts entgegenbringen. Kein Argument was dieser Grünschnabel los ließ war stark genug, um gegen meine Konter anzukommen und doch… durch unseren Körpertausch war bereits die ein oder andere Situation entstanden, in der ich tatsächlich unterlegen war. Ich nahm das Geld entgegen, sah ganz genau, daß der Blonde noch einen Schein mehr geben wollte, was er aber dann doch sein ließ. Wahrscheinlich wollte er unseren Streit nicht mehr auf die Spitze treiben. Meine Nerven waren ohnehin schon angespannt genug. Ich fuhr davon. Musste Wheeler mit diesem Problem alleine lassen, da die Arbeitsschicht noch lange nicht vorbei war. Genauer gesagt kam ich erst um 0:30 Uhr nach Hause. Ok, in Wheelers zu Hause. Sein Vater schien noch nicht da zu sein, was mich nicht sonderlich irritierte. Das war der erste Eintrag, den ich in das extra entworfene Daddy-Wheeler-Tagebuch schrieb. Das was passiert war ebenfalls. So einfach würde mir dieser elende Säufer nicht davon kommen! Ich stand unter der Dusche und ließ das Wasser auf mich herabregnen und kam dann noch auf andere Gedanken. Zwar hatte dieser Sack mich bedroht, aber eigentlich seinen Sohn damit gemeint. Und das wiederrum war nicht ich. Konnte ich also überhaupt etwas unternehmen? Würde ich zur Polizei gehen, Anzeige erstatten und Joey würde an seiner Geschichte festhalten, nämlich, daß ja eigentlich nie etwas passiert sei, dann könnte selbst ich nichts ausrichten. „Er hat nur noch mich.“ Hallte Wheelers Stimme in meinem Kopf. Das mochte vielleicht stimmen, aber was war mit ihm? Wen hatte Joey? Wo sollte er hin, wen ich durchsetzte, daß sein Vater wegen Missbrauch seines Kindes hinter Gitter kam? Prinzipiell gab es nur eine logische Schlußfolgerung. Solange ich in diesem Körper steckte, musste ich diesen Schritt tun. Aber war das mein Recht? Durfte ich mich so weit in das Leben dieses Köters einmischen? Geschockt riss ich die Augen auf, sah auf die dunkelbraunen Fließen an der Wand. Seit wann machte ich mir um das Leben anderer Gedanken?! Es war nicht mein Problem! Ich hatte Eigene! Kopfschüttelnd verließ ich die Dusche und trocknete mich ab. Ich musste mich ablenken. Zum Beispiel damit, daß ich etwas über die Kanope herausfand. Ich hatte einiges an externen Festplatten mitgenommen. Wie auch meinen Laptop. Das würde eine sehr lange Nacht werden. Zumal ich versuchen wollte noch einiges an Arbeit zu erledigen, die seit unserem Körpertausch liegen geblieben war. Über die Kanope konnte ich nach gefühlten Stunden nichts finden. Ich war frustriert. Es gab keinerlei Aufzeichnungen, die überhaupt bestätigten, daß diese Kanope überhaupt existierte. Sie war schlichtweg einfach unbekannt! Nur ein gefundenes Exemplar ägyptischer Handwerkskunst von mehreren tausend Jahren. Mehr nicht. Mir fielen die Augen noch auf dem Bett, mit dem Laptop auf meinem Schoß, zu. Ich wusste nicht wie lange ich schlief. Das war auch egal, denn die Art, wie ich geweckt wurde, würde ich mein Leben lang nicht vergessen. Ich wurde nicht einmal wach, als die Tür ruckartig aufging und sich schleppende Schritte auf mich zu bewegten. Es beugte sich jemand über mich. Der stinkende Atem schlug mir ins Gesicht und da wusste ich, ich war nicht mehr alleine hier. Sofort riss ich die Augen auf und sah in die Fratze eines Säufers. „Bringst du mich jetzt ins Bett, mein lieber Sohn?“ Einen Scheiß würde ich! Verdammt nochmal ich hatte vergessen die Tür zu verschließen! Das sollte ich bitter bereuen. Denn gerade, als ich mich hektisch aufrichten wollte, packten mich Hände am Hals und drückten zu. Sofort ergriff ich sie und versuchte sie zu lösen, was mir nur minder gelang. Woher nahm dieser Mann nur diese Kraft? Ich spürte links und rechts in Höhe meines Brustkorbes die Knie, die ebenfalls zudrückten und mir die Luft zum Atmen nahmen. Jetzt wusste ich, wieso Wheller immer zu spät zur Schule kam. „Na Söhnchen? Willst du zu deiner lieben Mami?“ Kapitel 10: Der Verrat ---------------------- Heißer, weißer Wüstensand umspielte meine Füße. Bei jedem Schritt, den ich tat, rieselte er mir seicht zwischen den Zehen hindurch. Ich hatte keine Ahnung, wie lange ich schon in der grellen Sonne mitten im Nirgendwo herum lief. Es gab keinen Schatten, keinen Baum… einfach nichts. Nur die Sonne die mich unentwegt quälte und mir so sagte, daß ich bald sterben würde, sollte sich nicht bald eine Wasserquelle auftun. Ich wusste nicht, wie ich hier her kam. Ich wanderte schon Stunden in dieser Wüste umher, ohne auch nur einer Menschenseele zu begegnen. Ich war mir ganz sicher, durch die Hände dieses Säufers den Tod gefunden zu haben. Immer wieder blieb ich stehen und sah mich um. Suchend, nicht wissend, wo ich war. Je weiter ich lief, desto müder wurde ich, wollte immer mehr meinen anthrazitfarbenen Anzug loswerden, den ich trug. Mit der Krawatte band ich mir mein Hemd schützend vor dieser erbarmungslosen Sonne um den Kopf. Mein Oberkörper wurde spärlich vom Jacket geschützt. Sollte das meine Verdammnis sein? Meine Strafe für all meine Sünden? Immer weiter zu laufen und an der Verzweiflung zu vergehen? „…………“ Plötzlich stockte ich. Vor mir lag eine Düne. Ich meinte Geräusche zu hören, die ich nicht zuordnen konnte. Tierische. Sie waren nicht laut, nur stumpf. Dort wo es Tiere gab, da musste auch Wasser sein! Das war der Hoffnungsschimmer, den ich gebraucht hatte, um neue Kraft zu schöpfen. Mit eiligen Schritten, die sich tief in den Sand bohrten, erklomm ich sie. Dann richtete ich mich auf und wurde Zeuge eines der seltensten Naturschauspiele. Es war ein erbitterter Kampf auf Leben und Tod zwischen einer Schlange, genaugenommen Kobra und einem Falken. Er stürzte immer wieder majestätisch in die Tiefe um die Kobra zu ergreifen. Diese aber wehrte sich, drohte ihm und biss immer wieder zu. Sie gewann jedes einzelne Mal. Immer und immer wieder. Fast schon konnte ich ihre Giftzähne bis hier hin blitzen sehen. Vorsichtig näherte ich mich und ging in die Hocke. Gespannt, wie dieser Kampf ausgehen würde. Der Falke zog große Kreise hoch oben am Himmel. Ich hatte Mühe dem Weg des Falken zu folgen, da die Sonne so grell war. Ich hielt mir die Hand vor das Gesicht, um mir selbst einen klaren Blick durch den Schatten zu schaffen. Er schoss wieder nach unten, dieses Mal allerdings anders, es war der finale Angriff. Auch die Kobra richtete sich mehr auf, fächerte ihr Nackenschild bis ins extremste. Ihr Blick war eisig, abwartend und voller Hohn, während der Falke nur eines wollte: Ihren Tod und sein Überleben. Der Falke stieß einen erbitterten Schrei aus, als er mit seinen Klauen die Kobra ergriff und damit tötete. Sie wehrte sich verzweifelt, bis ihre Kraft versiegte und sie leblos in seinem Schnabel hing. Ich trauerte um dieses majestätische und stolze Tier, musste gleichzeitig aber zugeben, daß der Falke der bessere Kämpfer gewesen war. Mit einem Seufzen richtete ich mich auf und ging weiter meines Weges. Dann aber hörte ich diesen Falken wieder schreien, lauter als zuvor und in dem Moment als ich mich umdrehte, sah ich ihn direkt vor meinen Augen. Schwingen so groß, als würden sie mich jeden Augenblick verschlingen. Ich spürte Angst und Panik in mir aufsteigen, als er seine Krallen in mein Fleisch bohrte. Stechender Schmerz überflutete meinen Körper, der sich nicht wehren konnte und wie in einer Starre gefangen war. Er zog mich mit sich in eine tiefe Schwärze, der Sand, der Himmel und die Sonne verschwanden. Es blieb nur noch die Dunkelheit. Dort fühlte ich mich wohl, schon immer. Zwar stand ich in meinem Leben immer bei den Medien im Mittelpunkt, war aber immer dankbar gewesen, wenn die Scheinwerfer, Kameras, oder die Reporter einfach verschwanden und mich in Ruhe ließen. Ich hörte nichts. Ich fühlte nichts. Schloss ergeben die Augen und genoss es sogar für einige Minuten in die schmerzenden Fänge dieses Falken geraten zu sein. Dann schrie der Falke erneut auf. Er ließ mich fallen! Direkt auf ein Licht zu. Ich konnte meine Angst in diesem Moment selbst nicht begreifen. Ich wusste nur, daß auch wenn des Falkens Umarmung schmerzhaft war, ich es genossen hatte. Ich fand mich inmitten eines Raumes wieder, der mit Fackeln beleuchtet wurde. Alte ägyptische Schriften zierten die Wände und tausende Augenpaare schienen auf mich herab zu sehen. Wo war ich hier?! Hektisch sah ich mich um. „Seth. Bekennt ihr euch eurer Anklage schuldig?“ Wie bitte?! Ich sah niemanden, nur diese Augen. Sie blinzelten nicht einmal sondern starrten mich einfach nur an. Ich sah an mir herunter, versuchte die Situation irgendwie zu begreifen. Was waren das für Kleider? Ich trug goldenen Schmuck an Armen und Beinen, mit Sicherheit waren es Schellen. Mein Gewand war nachtblau und weiß. Ich trug ein Amulett, auf dem eine Kobra abgebildet war. Geschockt weitete ich die Augen. Eine Kobra… „Welche Anklage?“ Lautes Gelächter erfüllte diesen steinernen, sandigen Raum, aber noch immer blickten die Augen emotionslos auf mich herab. Ich wurde ausgelacht! „Ihr stahlt den Thron des rechtmäßigen Pharao! 80 Jahre debattieren wir über eure Schuld oder Unschuld. Sogar nachdem ihr Horus brutal angegriffen habt, entschieden eure Brüder und Schwerstern, Väter und Mütter, die Götter, euch erneut eine Chance zu geben. Ihr wollt einfach nicht aufgeben. Euer Kampfeist und der Wille zu siegen war es, was uns imponierte. Heute aber, wird Ra persönlich über euch richten.“ Ra? Das hier war ein Gericht? Was zur Hölle soll ich getan haben? Ich kam einfach nicht mit. Für ägyptische Mythologie besaß ich keinen Sinn und hatte jeden Tag auch wirklich besseres zu tun, als mich damit auch noch auseinander zu setzen! „Ich will zuerst meinen Ankläger sehen!“ „Was soll das bringen Seth?“ „Ich will ihm beim Urteil in die Augen sehen!“ „Es sei dir gewährt. Horus, der Gott des Lichts wird vortreten.“ Zuerst stand ich ganz alleine in diesem Licht, welches wie ein Scheinwerfer auf mich gerichtet war. Ein Zweites erschien und blendete meine Sicht. Nur schemenhaft konnte ich eine weitere Person auf meiner Höhe ausmachen, die langsam auf mich zuschritt. Je näher diese Person kam, desto mehr erkannte ich, daß es sich um einen jungen Mann handeln musste. Desto mehr erkannte ich, daß es eine Person war, die ich kannte. Ich fuhr erschrocken zusammen, als ich wieder den Schrei des Falkens ausmachen konnte. Verwirrt sah ich mich um, fand den Falken über mir, der dort seine Kriese zog, aber letzten Endes auf den Schultern des Blonden landete. „Wheeler… wie?!“ Fassungslos starrte ich ihn an. Was war das für ein Fake?! Wollte mich hier jemand reinlegen?! Wenn ja, dann war das ganz und gar nicht lustig! Und der Köter sollte sich bloß warm anziehen! Er blickte mich hasserfüllt an und ich wich zurück. Wieso machte mir das so Angst? Wieso bekam ich plötzlich ein solch traurig, beklemmendes Gefühl in meiner Brust? Er weinte… ganz eindeutig, aber damit nicht genug. Eine weitere Person tauchte auf und schlagartig weitete ich die Augen. „Ra ist erschienen! Geht in die Knie!“ Ohne, daß auf mich eingewirkt wurde, ging ich in die Knie. Mir blieb keine andere Wahl. Es war ein brutaler Schmerz, der meine Beine durchflutete und mich zu Boden zwang. Verwirrt blickte ich Joey und Atemu an, der seine Lippen zu bedeutungsvollen Worten formte und dabei eine Hand auf des Blonden Schultern ablegte. „Schuldig.“ „Wie lautet die Strafe?“ Wurde von den Augen gefragt und richteten sich gen ihres obersten Gottes und rechtmäßigen Pharaos. „Er soll als Gott weiterleben. Die Menschen sollen weiter an ihn glauben. Allerdings wird er fortan ausgestoßen sein und nicht erwünscht. Die Menschen sollen ihn meiden. Nur Chaos und Verderben mit ihm in Verbindung bringen. Jeder soll ihm, in jeder Wiedergeburt, mit Misstrauen und Unverständnis begegnen. Verdammt soll er sein. Verdammt bis er erkennt, wem er am meisten durch sein Tun geschadet hat, ehrliche Reue zeigt und aufrichtig die Wahrheit durch seinen inneren Spiegel erkennt, die er bis jetzt nicht sehen will.“ Schlagartig wurde mir bewusst, daß das hier in keinster Weise ein Scherz war! Zuerst registrierte ich nicht, wie feinster Sand auf mich herab rieselte. Erst als Yami und Joey, oder hier Horus, verschwanden, die Augen sich schlossen und ich nach oben sah, erkannte ich den tobenden Sturm über mir. Er kam mir immer näher! Panisch suchte ich überall in diesem Raum einen Weg nach draußen, aber ich konnte keine Tür, keinen Gang oder Nische finden, die mir Schutz bot. Der Sand umhüllte mich, raubte mir die Luft zu Atmen! Fesselte meinen Körper und je mehr ich mich zur Wehr setzte, desto tiefer schloss er mich ein. Bis ich komplett in ihm verschwand und… ihn vor mir sah. Die seidig blonden Haare, die im Wüstenwind meine Finger umspielten. Die braunen Augen, die sich ergeben schlossen und verzweifelte Tränen hinaus pressten. „Seth…“ Nenn mich nicht so. „Seth… Set… auf…“ Hör auf! „Seto… wach auf…“ Ich will nicht. Nicht jetzt. Meine Sicht verschwamm und mit dem Sand wurde das Bild vor meinen Augen davon getragen. Ich verlor ihn, wollte nach ihm greifen, griff aber immer und immer wieder in den Sand hinein. Ich spürte, wie er meine Lungen füllte. Und jetzt, wo ich meinen endgültigen Todeskampf ausfechtete, riss ich ein letztes Mal die Augen auf. „Seto wach auf! Bitte!“ Alles war weiß. Alles war warm. Nur schwer gewöhnten sich meine Augen an dieses grelle Licht. War es wieder diese unbarmherzige Sonne? Etwas hielt meine Hand. War es eine andere Hand? Ich drehte meinen Kopf schmerzerfüllt zu Seite. Selbst diese Bewegung schien Stunden zu dauern und dann sah ich ihn wieder, diesen blonden, jungen Mann, den ich verriet. Komischerweise lag Erleichterung in seinem Gesicht. Aber eines hatte sich nicht verändert. Er weinte. Er weinte um mich. „Wo bin ich?“ „Im Krankenhaus.“ „…..“ „Ich hol sofort den Arzt. Ich bin gleich wieder da! Beweg dich nicht!“ „Warum?“ Joey hielt inne und sah mich an. Mit meinen blauen Augen. Sie waren so emotional, seit er meinen Körper besaß. „Mein Vater er… es“ „Nein. Warum… habe ich dich verraten?“ Kapitel 11: Ich will... ----------------------- Ich saß in der Schule und war mit meinen Gedanken ganz wo anders. Von Anfang an spürte ich, daß etwas nicht stimmen konnte, als Seto nicht in der Schule aufgetaucht war. Natürlich kam ich auf die Idee, daß mein Vater etwas damit zu tun hatte. Was sollte es sonst sein? Ich hätte wetten können, keiner rechnete damit, daß ein Seto Kaiba wie von der Tarantel gestochen aufstand und ohne seinen heißgeliebten, silbernen Koffer quer durch die Schule rannte! Es musste ungefähr zur vierten Stunde gewesen sein, als ich es nicht mehr aushielt und einfach nachsehen musste. Statt mit der Limo zu fahren, war ich auch noch so dusselig und rannte den ganzen Weg zu mir nach Hause. Und glaubt mir, das war weit! Ich ignorierte meine stechende Lunge und Kaibas Herz aus purer Sorge um ihn. Nicht zu glauben, daß ich mir über den Geldsack tatsächlich einmal Sorgen machen würde, aber ich fühlte mich einfach verdammt schuldig. Es war so furchtbar zu sehen, wie er kauernd in der Ecke saß. Mein Vater lag in meinem Bett, betrunken und schlief seinen Rausch aus. Ich wusste bis heute nicht, wie Seto ihn hatte überwältigen können, aber es musste ein harter Kampf gewesen sein. Ich riss sämtliche Türen und schrie Kaibas Namen, er antwortete mir nicht einmal. Die Angst, die ich in seinen Augen gesehen hatte, musste meiner, wenn mein Vater auf mich losging, ziemlich ähnlich gewesen sein. Seto war apatisch, rührte sich nicht einmal und gab keinen Laut von sich, als ich vor ihm in die Hocke ging und eine Hand nach ihm ausstreckte, um das Blut an seiner Schläfe weg zu streichen. „Wheeler… fass mich einfach nicht an.“ Er fauchte nicht, er schimpfte nicht. Seto musste es also definitiv schlecht gehen. „Ich ruf den Krankenwagen.“ Da konnte er jetzt Saltos schlagen wie er wollte. Wenn er überhaupt noch dazu in der Lage war. Es dauerte auch nicht lange und er wurde eingepackt. Samt meinem Vater, der von einem extra Krankenwagen abgeholt wurde. Es tat mir weh, und noch mehr, daß Kaiba so sehr unter meiner Familie leiden musste. Ich hätte das sein sollen! Ich sollte so verprügelt und gewürgt werden! Ich….! „Wachst du jetzt endlich mal auf, Blondie?!“ Nur mit Mühe konnte ich noch reagieren und das Kissen auffangen, welches Kaiba mir gerade volle Wucht ins Gesicht schmettern wollte. Mein Blick blieb an den Würgemalen an seinem Hals hängen. Er schien es zu bemerken, schloss er doch sofort den Hemdkragen. Er war jetzt schon 2 Tage hier im Krankenhaus. Morgen wurde er vorerst entlassen und musste sich beim Jugendamt melden… „Tut mir leid.“ „Wie oft noch Wheeler? Es reicht jetzt. Weiter im Text. Das Meeting heute Abend ist essenziell wichtig! Stecke dir diesen Sender ins Ohr. So kann ich hören was du hörst und ich werde dir kommunizieren, was du zu ihnen zu sagen hast. Hast du das verstanden?! Ich werde hier alles auf dem Laptop verfolgen.“ „Denkst du echt immer nur an die Arbeit Kaiba? E hat dich fast umgebracht!“ „Das haben schon viele versucht.“ Wie konnte man nur so sein?! Arroganter Arsch! Mir tat das wirklich leid, was passiert war und ja, jetzt wollte ich auch irgendwie, daß mein Vater das irgendwie bezahlen sollte. Ich kam ja so langsam zur Einsicht. Aber so einfach war das für mich eben auch nicht! Vaterrollen mussten allgemein ein rotes Tuch für Seto sein. Jeder wusste ja warum, und nun kam auch noch mein Alter und untermauerte das alles noch. „Kaiba?“ „Was ist denn jetzt schon wieder?“ „Wie hieß sie?“ „Wer?“ „Deine Mutter.“ Ich wollte es einfach wissen. Auch wenn es vielleicht unwichtig für mich war. Es war allerdings deutlich, daß Kaiba mit seiner Vergangenheit und dem Schmerz, die sich mit sich brachte noch lange nicht abgeschlossen hatte. Ich rechnete nicht einmal mit einer Antwort. Umso mehr überraschte es mich, daß ich sie doch bekam. „Sonata.“ „Sonata?“ „Das heißt Symphonie.“ „Hast du deswegen ein Fable für klassische Musik?“ „Vielleicht. Wird das hier ein Verhör, oder was?!“ „Nein ich… wollte dich einfach nur besser kennen lernen. Das ist alles.“ „Mach dir keine Mühe.“ „Du siehst ihr sehr ähnlich.“ Und ich wollte einfach wissen, ob er mehr von ihr hatte. Vielleicht sollte ich Mokuba irgendwann mal fragen, wenn das hier alles vorbei war und jeder sein eigenes Leben weiterleben konnte. Er schien mit dem Tod seiner Eltern besser klar zu kommen, als sein Beschützer. Wie machte ich nur weiter? Es gab so viel, was ich Seto fragen wollte und doch schnürte mir irgendwas die Kehle zu. Ob das am Krankenhaus lag? Alles roch unnatürlich und beißend vom Desinfektionsmittel. Alles war weiß… weiß… Kaiba konnte sich hier bestimmt wohler fühlen, als ich. Vor allem, war er ja nicht seinem eigenen eiskalten Blick ausgesetzt! „Ey! Glotz mich nicht so an! Ich hab nur das Foto gesehen. Nichts weiter!“ „Das ist ein Eingriff in meine Privatsphäre!“ „Es war keine Absicht! Es ist aus deinem Geldbeutel gefallen!“ „Es hätte mir klar sein müssen, daß ein Köter wie du überall seine Nase reinsteckt.“ So schlecht konnte es ihm ja gar nicht gehen! Wie konnte man sich nur so schnell erholen?! „Dann werd ich mal tiefer graben mein Lieber! Was hast du mit dem Verrat gemeint?!“ „Mit was?“ „Als du aufgewacht bist, hast du mich gefragt, warum DU MICH~ verraten hast. Hast du das denn?“ „Ich weiß nicht, wovon du sprichst. Sicher, daß ich Medikamente bekomme und nicht du?“ „Kaiba, ich weiß, was ich gehört habe!“ „Dummer Traum. Nichts weiter.“ „Aha! Also weißt du es doch noch!“ Kaibas Nasenflügel bebten. Ich hätte schwören können, er würde mir an die Kehle springen, wenn er nicht so geschwächt wäre. „Da gibt es nichts zu bereden! Und jetzt setz gefälligst deinen Hintern in die Limousine und fahr zu dem Meeting in die Firma! Und zieh dir verdammt nochmal was Gescheites an!“ Ich sah an mir herunter. Ich konnte nichts Schlimmes feststellen. Es wurde Sommer! Da konnte auch ein Kaiba mal etwas lässiger rumlaufen. „Du trägst karierte Shorts und ein Muscleshirt! Verstehst du das Wheeler?“ „Ja und? Es steht dir!“ „Sagt der, der einen Geschmack wie ein Ackergaul hat! Zieh den weißen Anzug an. Wenn ich dich nochmal in solchen Fetzen sehe, dann setzt es was. Ich werde dich verklagen!“ „Ach ja? Mit was denn? Mit deinem vielen Geld, was ich jetzt hab?“ „Raus jetzt!“ Er nervte mich. Da wollte man einmal freundlich sein! Vielleicht auch raushängen lassen, daß man sich sehr wohl um ihn scherte und dann kam wieder diese kackbratzenhafte Art aus ihm heraus. Allerdings schuldete ich es ihm. Er machte meinen Job immerhin auch, da sollte ich mich um seinen kümmern. Ich zog von mir aus auch diesen beschissenen weißen Anzug an! Ich musste den aber erst mal finden! Seto besaß ja keinen Kleiderschrank, sondern ein ganzes Zimmer voller Klamotten in fünfzigfacher Ausführung. Die Schmutzphobie musste er auch unbedingt in den Griff bekommen, das war ja nicht normal! Ich fand den Anzug, quetschte mich hinein und ließ mich am Abend noch von Roland in die Firma fahren. Die Geschäftspartner saßen alle schon im Büro und warteten auf mich. Seto meinte, es ginge irgendwie um Dummies für irgendein neues Spiel, was er auf den Markt bringen wollte. Also wichtig. Alles war wichtig für ihn, nur ich nicht! Ich war das kleine lausige Fellvieh in seinem Leben. Das was man beschimpfen konnte. Das Ventil, an dem man alles auslassen konnte. Mein Lebensinhalt war ein Fail. Ich wollte kein Ventil sein! Ich wollte, daß er mich respektierte! Normal mit mir sprach, ich wollte, daß er mich berührte und das nicht nur an meinem Kragen um mir zu drohen. „Master Kaiba?“ „Ja! Ja.. ja ich bin da. Wir können anfangen.“ Kaibas Büro war riesig und bereitete mir einen Ausblick auf das nun in der Nacht hell erleuchtete Domino. Das war der Wahnsinn! Ich lief um den großen Tisch herum, setzte mich und öffnete den neuen Laptop, den wir besorgt hatten. Seto würde also alles mitverfolgen können. Es konnte gar nichts schief gehen, wenn unser Plan so funktionierte. Ich stellte alles ein. Benutzte dafür irgendeine Ausrede. Ich musste schließlich wichtig aussehen und den Schein wahren! Es funktionierte auch alles, ich konnte Kaiba laut und deutlich hören. Alles funktionierte wunderbar, bis plötzlich das Internet versagte und ich auf mich alleine gestellt war. Hilfe! Was tat ich denn jetzt?! Wir standen kurz vor dem Vertragsabschluss für die Dummies, jetzt musste nur noch die Stückzahl geregelt werden. Der Konzeptvorschlag war gut, aber ich hatte auch keine Zeit mehr gehabt, diesen Kaiba irgendwie zukommen zu lassen. Geschweige denn es irgendwie so drehen, daß ich die Sätze der Geschäftsmänner wiederholte, damit Seto wusste, um was es ging! Scheiße! Ich wäre jetzt echt lieber im Krankenhaus. Das hier überforderte mich maßlos! Wenn ich aber gewusst hätte, was da gerade passierte… wäre ich wohl froh gewesen, doch hier zu sein. „Joey Wheeler?“ „Ja.“ „Ich bin Officer Slade. Sie haben angerufen und wollen eine Anzeige gegen ihren Vater aufgeben. Ich bin hier um ihre Aussage aufzunehmen.“ Kapitel 12: ... dich! --------------------- „Nun Mr. Wheeler, ich werde ihre Aussage aufnehmen, um später den Bericht korrekt zu verfassen. Ich werde dann wieder kommen, sobald ich ihn abgetippt habe. Aber jetzt erzählen sie mir von Anfang an, was passiert ist.“ Ich nickte. Schon als Joey das Krankenhaus vorhin verließ, hatte ich die Polizei angerufen um Anzeige zu erstatten. Ich sah ein, daß es nichts brachte ein Tagebuch zu führen, wo es gestern Nacht noch schlimmer hätte enden können. Ich war froh, daß ich noch am Leben war. Slade drückte die Play-Taste des Aufnahmegeräts und fing an, mich zuerst mit allgemeinen Fragen zu löchern. Wie ich hieß, wie alt ich war, wann ich Geburtstag hatte. Komischerweise wusste ich sogar das Geburtsdatum des Straßenköters! Verrückte Welt. Normalerweise scherte ich mich einen Dreck darum. Ob ich ihm einen Hundekuchen besorgen sollte? „Ok, ihre persönlichen Daten haben wir. Dann erzählen sie mir nun den Tathergang. Was ist in dieser Nacht passiert?“ Ich atmete tief durch und schloss meine Augen. Es war schwer für mich, das musste ich wohl oder übel zugeben. Aber jeder würde Angst haben, wenn er dem Tod wohl schon zum greifen nah gewesen war. „Ich war bei Seto Kaiba zu Besuch. Danach bin ich wie gewohnt auf meine Arbeit gefahren um Pizza auszuliefern. Die Arbeitszeiten schwanken enorm, je nach Auftragslage. Es war bereits nach Mitternacht, als ich nach Hause fuhr. Mein Vater war noch nicht da. Ich duschte, surfte noch etwas im Internet und schlief ein.“ „Was ist dann passiert?“ „Er hat mich gepackt.“ „Und weiter?“ „Muss das sein?“ „Ja.“ Ich ließ mich auf das große Kissen hinter mir sinken und schloss die Augen. Ich versuchte mich an die Details zu erinnern, was nicht leicht war. Es ging alles so schnell, ich sah quasi nur Erinnerungsfetzen vor meinem inneren Auge. „Ich hörte schlurfende Schritte, die auf mich zukamen. Prinzipiell dürfte ich davor keine Angst haben, ich kenne das ja, aber… im nächsten Moment lag ich unter ihm. Er packte mich am Hals und drückte zu, fragte mich, ob ich zu meiner Mutter möchte. Er positionierte seine Beine links und rechts neben meine Brust und drückte mir die Rippen zusammen.“ „Deswegen die blauen Flecken überall.“ „Das kommt nicht nur davon.“ „Er macht das also schon länger?“ Was antwortete ich jetzt, ohne daß es zu weit ging? Meine Gedanken hingen an dem Hund. Ich ließ Revue passieren. Sah ihn vor mir, wie er ab und an mit leicht gekrümmter Haltung zu spät zur Schule kam. Schlägerei hatte es da immer gehießen, oder er sei mit dem Fahrrad hingefallen oder benutzte eine andere Ausrede. Und Ich war auch noch so dumm das zu glauben! Ich sollte es doch besser wissen! Ich wusste, wie es war, wenn der Haussegen schief hing. Verriet ich ihn, wenn ich nun das sagte, wie es mir passte um den alten Säufersack hinter Gitter zu bringen? Damit er ihm nichts mehr antat? „Ja. Jahrelang.“ „Wieso sagen sie das erst jetzt?“ Ja warum? Ich wusste nicht warum! Aber andererseits… „Ich habe mich geschämt.“ Slade notierte alles in Stichpunkten mit, obwohl der Recorder lief. Er erledigte seine Arbeit wirklich ordentlich, das musste man ihm lassen. So wie es aussah, war ich an den richtigen Mann geraten. „Erzählen sie weiter.“ „Ich schaffte es irgendwie mich zu befreien. Ich wusste mir nicht anders zu helfen, nahm meine Schultasche und schlug zu. Er krachte nach einem Gerangel mit mir dann auf dem Bett zusammen.“ „Ihr Vater hat Hematome und innere Blutungen im Bauch. Soweit es mir vermittelt worden ist, ist noch nicht sicher, ob er das überlebt. Was haben sie also noch getan?“ „Ich habe zugetreten. Mehrmals.“ Mein Blick war fest und unnachgiebig. Ich hasste diesen Säufer! So wie ich meinen Ziehvater hasste, nur, daß ich diesen mit anderen Mitteln geschlagen hatte. „Danach weiß ich nicht mehr was passiert ist. Seto fand mich und rief den Notarzt.“ Slade rieb sich die Schläfen und sah mich lange an. Es schien, als würde er meine Reaktion verstehen. Und ehrlich gesagt, es war mir scheiß egal, ob der alte Sack überlebte, oder nicht! Joey brauchte ihn nicht! Er war besser dran ohne ihn! „Mr. Wheeler. Wenn er stirbt, könnte das zu einem Problem werden.“ „Für mich nicht.“ „Verstehen sie bitte den erst der Lage. Natürlich war es Notwehr, das wird auf Gericht absolut so ausgelegt werden. Daran besteht kein Zweifel, aber mit einer Strafe müssen sie wahrscheinlich dennoch rechnen. Das Jugendamt ist bereits informiert, man nimmt sich ihnen an, sobald sie das Krankenhaus verlassen. Kommen sie denn irgendwo unter?“ „Bei Seto Kaiba.“ „Kaiba… ich verstehe.“ Natürlich ging ich zu mir nach Hause! Ich wollte in meinem Bett schlafen! Mich in meinem Bad duschen! Bei meinem Bruder sein und bei…. „Wie bitte?“ Ich war abwesend. Brain afk. ICH!!! Wheelers Körper tat mir nicht gut… „Sie werden an eine Pflegefamilie vermittelt, bis sie die Volljährigkeit erreichen. Das muss leider sein, weil ihre Mutter bereits abgelehnt hat, sie aufzunehmen.“ So wie es aussah musste ich noch ein Familienmitglied vom lausigen Köter umbringen… „Verwandte sind natürlich immer die bessere Variante, da sie aber sonst niemanden haben, fällt das leider flach.“ „Ich weiß, wo ich hingehen könnte.“ „Was voraus gesetzt, derjenige ist auch damit einverstanden. Wen sollen wir kontaktieren?“ „Mouto.“ Slade schrieb die Kontaktdaten von Yugis Großvater auf. Mit etwas Glück konnte ich Joey vielleicht bei Yugi unterbringen. Ich wusste, daß sie beste Freunde waren, da erschien es mir nur logisch, daß sie vielleicht bereit wären, dem Wauwau ein neues zu Hause zu geben. Wheeler war wie ich bald volljährig, also wäre es auch nicht für lange. „Ok, dann hätte ich alles. Ich komme dann zu ihnen, wenn ich alles fertig habe. Da sie bei Mr. Kaiba vorerst gut untergebracht sind, gehe ich davon aus, daß es ihnen an nichts fehlen wird. Erholen sie sich.“ Slade hatte ja keine Ahnung! Was auch gut so war. Der Officer ging und ich blieb in dieser Stille zurück. Ich fragte mich, ob es richtig war, was ich getan hatte. Wheeler liebte seinen Vater, trotz allem. Sonst wäre er doch selbst schon lange zur Polizei gegangen. Dann kam ich und brachte das letzte bisschen Rest an Familie was er noch hatte, einfach um. Wie brachte ich ihm das bei? Ergeben schloss ich die Augen. Schlaf würde ich nun nicht finden. Dazu ging mir zu viel im Kopf herum. Vor allem aber die gekappte Internetverbindung! Ich rechnete mit einem Desaster! Es konnte nur nach hinten losgehen und ich lag hier und konnte nichts tun! Wheeler wurde grundsätzlich nicht für voll genommen! Wie sah das denn aus, wenn ich da rein spazierte und alles über den Haufen warf! Zumal ich alles so abgeschottet hatte, daß ich als der Köter nicht mal Zutritt hatte! Böser Fehler im Hinblick auf den ungewollten Körpertausch. Ich sollte das revidieren. Schnellstmöglich. Dann könnte er auch hinterher kommen und gehen wann er wollte. „……….!“ Entsetzt richtete ich mich auf. Ließ ich gerade Wheelers Leine los?! Der Traum machte mich verrückt! Er hing mir jede Minute nach. Jede Minute sah ich diese braunen, weinenden Augen vor mir und jede Minute fragte ich mich, wieso sie um mich weinten. Ich sah stillschweigend auf meine Hände. Der Traum war so real gewesen, daß ich jetzt noch den Sand zwischen meinen Fingern spüren konnte. Ich betrachtete sie mir und sah ihn darin. Blondie, oder in meinem Traum Horus, wie er sich in sie hinein schmiegte und vollkommene Zufriedenheit ausstrahlte. „Na? Kommen Erinnerungsfetzen hoch?“ Erschrocken fuhr ich zusammen. Das Bild war verschwunden und wurde durch ein anderes ersetzt. „Yami.“ „Hn…“ Der Geist nickte, saß nur in Sekundenbruchteilen auf meinem Bett und sah mich an. Gerade eben stand er noch vorne in der Ecke bei der Tür. „Ich hasse es, wenn du das tust.“ „Werd nicht gleich so krantig. Wie geht es dir Seto?“ „Wonach siehts denn aus?!“ Das dämliche Grinsen konnte er sich sonst wohin stecken! „Wie weit seit ihr mit der Wahrheit? Habt ihr schon etwas herausgefunden?“ „Nicht wirklich. Es gibt keine Aufzeichnungen zu der Kanope.“ „Aber du hast geträumt.“ „Woher weißt du das?“ „Weil ich es auch geträumt habe. Ich war dabei.“ „Dann rück jetzt endlich mit der Sprache raus!“ Es war mir so klar, daß er etwas damit zu tun hatte! Elender Stachelkopf! „Nun Seto, du warst mal Priester und hast unter mir gedient.“ Sofort schoss eine meiner Augenbrauen in die Höhe und ich griff zum Zimmertelefon. „Was machst du da?“ „Ich will nur Bescheid sagen, daß ich einen Irren hier im Zimmer habe und sie in der Klapsmühle ein Bett frei machen sollen.“ „Ich bin ein Geist Seto. Wenn, dann liefern sie dich ein.“ Ich würde ihn umbringen, wenn er nicht schon tot wäre! Wütend klatschte ich das Telefon zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Schnaubte abfällig und versuchte den Zorn zu ersticken. „Weiter im Text. Was war das für ein Gericht?“ „Deines.“ „Ja ach!“ „Du wurdest verurteilt, weil du mir den Thron gestohlen hast. Oder besser gesagt Horus. Die Götter legen das immer anders aus.“ „Mitnichten. Mit so viel Macht wäre ich nie verurteilt worden.“ „Seto… wir waren einst Götter. Da ist Macht nicht relevant als Pharao. Jedenfalls beging ich damals Selbstmord, um mein Volk zu schützen. Ich vermachte dir Oberägypten und Horus Unterägypten. Du warst damit aber nicht einverstanden und beanspruchtest beide Länder aus Habgier für dich selbst.“ „Du bist doch nicht mehr ganz dicht.“ „Das was du da gesehen hast, war deine Verurteilung.“ „Und was bitte hat das mit der Kanope zu tun?!“ „Das ist das, worum es hier geht und dabei kann ich dir nun wirklich nicht helfen. Es ist zwar nicht alles wahr, was geschichtlich festgelegt ist, aber manches schon. Vielleicht beschäftigst du dich mal damit.“ „Ich finde immer noch, daß das Humbuk ist.“ „Das ist deine Sache. Es war schon zu viel, was ich gesagt habe und ich hoffe, daß es keine Konsequenzen nach sich zieht. Machs gut… Seth.“ Dann verschwand er, und er ließ mir nicht einmal die Chance zu fragen, ob Wheeler diesen Traum vielleicht auch gehabt hatte. Wheeler sah Horus so ähnlich, es konnte also gar nicht anders sein! Und kaum dachte ich an diesen Kläffer, klingelte mein Handy! „WAS IST!?“ „Kaiba…“ „Du hast es vergeigt.“ „Kannst du mal deine Mails abrufen?“ „Moment.“ Es dauerte nur wenige Sekunden, bis die Aktualisierung meines Postfaches durchgelaufen war. Ich klickte die bereits eingegangene Auftragsbestätigung an und öffnete sie. Las sie langsam durch und alles an Farbe wich mir aus dem Gesicht, als ich sah, was Wauwau da angestellt hatte. „Du hast 150.000 Kinderpuppen ab 3 Jahre bestellt? Bist du noch zu retten?!“ „Aber… aber ich dachte das wären die Dummies!“ „Was versteht dein Spatzenhirn nicht, wenn ich sage es geht um ein Computerspiel?“ „Naja… Puppen mit Chip und Laseraugen? Das ist doch cool oder nicht?“ Ich werde ihn umbringen… Kapitel 13: Frustration ----------------------- Eine geschlagene halbe Stunde stand ich nun schon hier in der Eingangshalle des Krankenhauses in Domino. Seto wurde heute entlassen und ich war hier, um ihn abzuholen. Es war ein komisches Gefühl zu wissen, daß ich mit Kaiba nun zukünftig, zumindest solange bis das mit dem Jugendamt geklärt war, unter einem Dach leben würde. Gut zugegebenermaßen sein Dach, aber was solls. Ich wusste nur von unserem kurzen Telefonat, daß er mit einem Officer geredet hatte, aber Details verriet er mir da nicht. Aber ich musste es wissen! Immerhin ging es da um mich und ich verfluchte gerade den Tag des Körpertauschs! Kaiba besaß gerade so viel Macht über mich und mein Leben, daß mir elends schlecht wurde. „Was soll der Aufzug Köter?“ Als wäre ihm nie etwas passiert! Scheiß Diva! Sogar in meinem Körper bewegte er sich erhaben, herablassend und stolz. Man sah ihm die schweren Misshandlungen gar nicht an. Und ich gab mir auch noch die Schuld daran! Und wieder bemängelte er meinen Kleidungsstil! Was war bitte an einer leichten Leinenhose, Flipflops und einem Shirt so verkehrt? Der sollte sich mal nicht so anstellen! „Es wird Sommer! Du glaubst doch nicht etwa, daß ich deinen Ledermantel da anziehe. Da geh ich ja ein!“ „Kläff nicht rum, komm mit. Deine Sachen müssen zu mir.“ „Hä?“ „Willst du alleine in der Drecksbude wohnen?“ „Ja sicher! Solange, wie das nicht geklärt ist…“ „Pass auf was du sagst. Im Moment bin ich derjenige, der da lebt!“ Kaiba nahm mir den Wind aus den Segeln indem er einfach in die Limousine stieg und Roland sogar anwies loszufahren. Ey! Das war mein Job! Ich traute mich allerdings nicht, etwas dagegen zu sagen, denn Kaibas Laune schien wirklich auf dem Tiefpunkt zu sein. Da waren die Puppen dran schuld, ganz sicher! Nach mehrmaligen Versuchen, den Auftrag zu stornieren musste auch ein Seto Kaiba einsehen, daß da nichts mehr zu rütteln war. Ich hatte Scheiße gebaut… und wie! Ich wollte gar nicht wissen, wieviel Geldverlust das für die KaibaCorp war. Er sah mich auf den ganzen Weg zu mir nach Hause nicht ein einziges Mal an. Ich fragte mich, ob er mir auswich, oder ob er gerade seine eigene Visage nicht ertragen konnte. Da sah er mal, wie es mir immer ging! Wir kamen an und Seto stieg aus, ich folgte ihm. Blieb aber noch einmal vor der Tür stehen. Es fühlte sich komisch an. Kaiba beschloss einfach, daß ich das alles hier einfach aufgeben sollte. „Nur das Nötigste. Morgen kommt ein Transporter und holt den Rest.“ „Schon klar.“ Er drängte mich fast schon hinein. Ich sah mich um, als wäre ich zum ersten Mal hier, dabei kannte ich dieses Haus in und auswendig. Auch die zahlreichen Verstecke, die ich immer ausgenutzt hatte, damit mein Vater mich nicht im Vollsuff fand. Ich riss mich los von dem vermüllten Anblick und rannte die Treppen hinauf in mein Zimmer, was einem Schlachtfeld glich. Ich ließ Seto einfach stehen. Erst jetzt sah ich, wie es hier nach diesem Kampf zwischen meinem Vater und Kaiba wirklich aussah. Heilige Scheiße! Meine Augen weiteten sich schlagartig. Verwüstung war gar kein Ausdruck! So ziemlich alles war kaputt, auch mein Bett. Mein Schreibtischstuhl lag mitten im Zimmer, die Schulsachen quer auf dem Boden verteilt. Meine Poster hingen in Fetzen von den Wänden und… „…………….“ Ich spürte, wie mein Herz einen Schlag aussetzte, als ich das sah. In der Ecke bei der Tür die zum Bad führte, sah ich einen Blutfleck. Dort saß Kaiba, als ich ihn fand. Abwesend lief ich darauf zu und ging in die Hocke, hob eine Hand an und wollte es berühren. Es zog mich an, wie ein Magnet. Normalerweise wurde mir schlecht bei sowas, aber hier, wo ich wusste, daß es Setos Blut war, bekam ich das Gefühl, daß sich Tränen in meinen Augen sammelten. Ich sah das Bild wieder vor mir, als ich hier vor ein paar Tagen reingestürmt war und er apatisch hier saß. Ich sein Gesicht in meine Hände nahm, quasi mich selbst anblickte und ihn fragte, was passiert war. Etwas veränderte sich aber, zwar sah ich noch meinen Körper, aber auch plötzlich mich. Mich in meiner normalen Gestalt. Oder nicht? Etwas war anders. Statt einer Verletzung an der Schläfe, war mein ganzes Gesicht blutverschmiert. Ich weinte bittere Tränen. „Warum?“ „Was?“ „Warum?“ Was sollte das? Ich verstand es nicht! Verwirrt wollte ich meine Hand wegziehen. Dieses Bild loswerden, was sicherlich nur eine Halluzination war, aber es griff mich und zog mich hinunter. „Er hat dich verraten. Er war es… nur er. Und das obwohl…“ „Hast du jetzt endlich alles Wheeler?!“ Erschrocken stand ich auf und fuhr herum. Ich brauchte einen Moment wieder zu mir zu kommen, schüttelte den Kopf, konnte meinen Blick aber nicht von Kaiba abwenden. Was war das gerade? Setzte mir der Körpertausch doch mehr zu, als ich gedacht hatte?! „Ich… bin gleich soweit.“ Notdürftig packte ich ein paar Sachen zusammen. Vor allem die, für die Schule, persönlicher Kram, mein Deck (!), ein paar Klamotten, und das Familienfoto von der Pinnwand. Plötzlich sprach Kaiba mich wieder an. „Sicher, daß du das noch brauchst?“ „Ich…“ Ich musste überlegen. Starr richtete ich meinen Blick auf das Foto. Es wurde aufgenommen, genau an dem Tag, als meine Eltern mir sagten, daß sie die Scheidung wollten. Serenity war noch zu klein gewesen, um das zu verstehen. Es tat immer weh, wenn ich das Foto ansah. Ich wollte einfach immer, daß es wieder so wurde wie früher. Aber das konnte ich vergessen. „Du hast recht.“ Ich legte es auf den Tisch und trat zu dem anderen, sah ihn lange an, ehe ich es war, der nun aus dem Haus lief, ohne sich umzudrehen. Für mich würde ein neues Leben anfangen. Ich musste nach vorne sehen. Ich durfte mich nicht an der Vergangenheit festhalten. Da war mir noch nicht klar, wie Unrecht ich damit hatte. Nur, daß es sich nicht um diese Vergangenheit handelte, sondern um eine ganz andere. „Gehen wir.“ Roland fuhr uns nun zur Kaibavilla. Mokubas Begrüßung war fast schon ein Ritual geworden. Wie immer klammerte er sich um meine Beine. Er wusste über alles Bescheid. Zumindest, was die Wohnsituation betraf. Es war später Nachmittag, als wir ankamen und dieses Mal umarmte er auch Seto. Es musste toll für ihn sein. „Joey! Seto hat gesagt, daß du nun eine Weile hier wohnst!“ „Stimmt. Er hilft mir etwas.“ „Fühl dich bitte wie zu Hause! Und Seto regelt das bestimmt auch mit dem Jugendamt. Er kennt sich da echt aus!“ „Lass das mal unsere Sorge sein ja? Wir sehen uns ja sicher beim Abendessen nochmal.“ „Ja!“ Mokuba verschwand im Wohnzimmer, während Kaiba und ich nun hier standen, wie bestellt und nicht abgeholt. „Kaiba? Wie machen wir das eigentlich mit den Zimmern?“ „Wir haben genug.“ „Du weißt, was ich meine!“ „Ich nehme mir ein anderes.“ „…“ Wir liefen gerade die Treppen nach oben in Setos Zimmer. Ich blieb mitten auf einem Absatz stehen, weil ich mit dieser Antwort wirklich gar nicht gerechnet hatte. Ich war der festen Überzeugung, Kaiba wollte in sein Eigenes. Dort schlafen, arbeiten und das alles tun, was er sonst auch immer tat. Stattdessen aber führte er sich in seinem eigenen Haus auf, als wäre er nur ein Gast. Ich löste mich aus meiner Starre und rannte ihm hinterher. Knallte die Tür hinter mir zu. „Du musst das aber nicht!“ „Wheeler, schalt doch mal für einen Moment dein Hirn ein! Ich kann hier nicht bleiben! Ich bin du!“ „Ja aber…“ „Es reicht jetzt. Ich will nicht darüber diskutieren. Ich arbeite tagsüber hier, solange ich noch nicht vom Arzt schulfähig gesprochen werde. Nachts schlafe ich in einem der Gästezimmer.“ Es sah Kaiba einfach so gar nicht ähnlich, wie er sich verhielt. Er wirkte irgendwie gedrückt. Trotz der bestimmenden Art irgendwie ergeben und resignierend. Was war nur passiert? „Erzähl es mir. Was ist los?“ Keine Reaktion. „Kaiba ich rede mit dir! Jetzt sag schon!“ Ich sah, wie er sich zu mir umdrehte, mich ansah und dann den Blick abwendete. Auch das war eine untypische Geste! Seit wann konnte er meinen Blick nicht Stand halten? Seit wann war er so schwach? „Ich habe die Polizei über diesen Vorfall informiert und Anzeige erstattet. Gestern Abend noch als die Internetverbindung gekappt war. Ich weiß, daß ich dir versprochen habe, mich da nicht zu tief einzumischen, aber nach diesem Vorfall blieb mir keine andere Wahl. Ich habe meine Aussage gemacht. Das Jugendamt wird sich bald melden und eine Pflegefamilie bekannt geben.“ „…………“ „Ich habe Mouto vorgeschlagen. Ich denke, daß du dort gut aufgehoben bist. Was deinen Vater angeht… der kämpft gerade um sein Leben.“ „WAS?! Und das sagst du mir erst jetzt? Was hast du gemacht?“ „Nur das was er verdient. Joey, es war knapp. Zu knapp. Und ich wollte, daß er dafür bezahlt! Was wenn du das gewesen wärst?! Hättest du dich so ohne weiteres umbringen lassen?! Er sollte büßen dafür, was er mir und dir angetan hat und verdammt nochmal, der Kerl ist es nicht wert, daß du auch nur eine Träne um ihn weinst! Und jetzt heul nicht rum!“ Aber ich tat es. Wie lächerlich musste das aussehen? Klar war das ich, der weinte, aber für jemanden, der nicht wusste was los war, der würde wegen einem weinenden Seto Kaiba gerade vom Glauben abfallen. „Warum… was gibt dir nur das Recht, so über mich zu bestimmen?“ „Es war das Beste so!“ „Ein Scheiß war das! Ich seh ja ein, daß du dich wehren musstest, aber was wenn er stirbt? Was ist dann?“ „Dann hast du ein Problem weniger und kannst hoffentlich bald zum Stachelkopf ziehen.“ „Du hast mich nicht mal gefragt, ob ich das überhaupt will!“ „Jetzt mach dich nicht lächerlich! Es liegt doch nahe, daß das eine gute Lösung ist! Er ist dein bester Freund.“ „Na und?! Muss ich deswegen gleich da einziehen? Es geht ums Prinzip!“ Meine Sicht verschwamm von den ganzen Tränen. Ich strich sie mir wütend weg, wischte sie quer über mein Gesicht und konnte nur schemenhaft erkennen, wie Seto auf mich zukam. Er packte mich am Kragen und drückte mich gegen die nächst beste Wand. Er funkelte mich an, während ich nur Hass gegenüber ihm empfand. Ich war verzweifelt, wehrte mich und schaffte es nicht, mich zu lösen. Mein ganzer Körper zitterte und bebte, aber Setos Griff war so unnachgiebig, daß es kein Entrinnen gab. „Warum Seto? Warum hast du mich verraten?“ Ich sah ihn an, voller Trauer, während mir weiterhin Tränen über die Wangen liefen und plötzlich stockte er. Jetzt war er es, der anfing zu zittern und mich langsam los ließ. Kapitel 14: ChiChi-chan ----------------------- Ich schlug die Augen auf, starrte an die Decke des Gästezimmers in meinem eigenen Haus. Seit gut einer Woche musste ich damit Vorlieb nehmen. Ich stand auf, setzte mich in mein Zimmer, arbeitete, aß etwas und beschäftigte mich mit Mokuba, während Wheeler seinen Hintern in die Schule schwang und im Sessel meiner Firma saß. Irgendwie konnten wir es so organisieren, daß es nicht aufflog. Zum ersten Mal seit dem Körpertausch, war ich irgendwie dankbar. Das war quasi wie Urlaub für mich. Noch nie konnte ich so viel Zeit mit meinem kleinen Bruder verbringen wie jetzt! Auch das Zusammenleben mit Wheeler war angenehmer als ich dachte. Er brachte mich zwar immer noch zur Weißglut und strapazierte meine Nerven bis zum Anschlag, aber er war zuverlässig. Er versuchte immer alles richtig zu machen. Eben wie ein Hund, der seinem Herrchen gefallen wollte. Mit dem Spitznamen lag ich also doch nicht falsch. Unser Verhältnis war aber recht angespannt. Ich redete nur das Nötigste mit ihm und er mit mir. Seit diesem Vorfall war das so und ich konnte bisher nicht über meinen Schatten springen und ihn fragen, ob er auch einen solchen Traum gehabt hatte. Am Ende lachte er mich aus! Und das Gehabe wollte ich mir dann doch nicht antun. Es gab nichts Schlimmeres als einen Hund der mit dem bellen nicht mehr aufhören konnte! Sich quasi in Rage kläffte! Und ich hing an meinem Gehör. „Guten Morgen Mr. Wheeler!“ Sofort schreckte ich hoch, als ich eines unserer Zimmermädchen erkannte. Sie brachte mir Frühstück ans Bett. Es glaubten tatsächlich alle noch, ich wäre tot sterbens krank! Schwachsinn! „Ich komm runter. Das ist nicht nötig.“ „Oh doch! Das ist eine direkte Anordnung von Master Kaiba. Ich soll ihnen ausrichten, daß er heute früher von der Arbeit kommen wird. Es wird eine Lieferung erwartet. Außerdem sollten sie nach dem Frühstück den Salon aufsuchen. Der Officer hat sich für heute angemeldet.“ „Ich verstehe. Danke.“ Mit einem Nicken und einer Verbeugung verabschiedete sie sich von mir und ließ mich alleine. Ich starrte auf das Tablett, was sich nun auf meinem Schoß befand. Schwarzer Kaffee, Croissants und süße Butter. Der Wirtschaftsteil der Zeitung war schon aufgeschlagen. Wheeler war klüger als ich dachte. Er war lernfähig. Es war klar, daß er, seit er hier war, viele Dinge über mich wusste, auch, daß ich zu meinem morgendlichen schwarzen Kaffee vielleicht und nur ganz eventuell mal ein Croissant aß und tunkte. Unter dem Teller war ein Zettel. Ich nahm ihn an mich und faltete ihn auf. Definitiv Joey Schrift! So krakelig schrieb nur er! ~Guten Morgen Süßschnute! Ich komme heute Mittag schon heim.~ Heim… da fings schon an!!! Ich spürte unweigerlich die Wut in mir hochsteigen, aber das war ja noch nicht alles! Ich dachte, wir hielten gerade Abstand! ~Heute Mittag will ich dabei sein, wenn der Officer kommt. Also wehe Kaiba! Und Chichi-chan kommt auch. Tu nichts, was ich nicht auch tun würde! Joey.~ Wer um alles in der Welt war Chichi-chan?! Aber noch viel mehr fragte ich mich: Wieso behandelte mich die Flohschleuder wie seine verfluchte Ehefrau!? Der Mittag kam dann auch schneller als erwartet. Was wahrscheinlich daran lag, weil Samstag war und Mokuba zu Hause. Ich genoss jede Minute mit ihm. Sei es beim Zocken oder dem Spielen im Park. Heute Vormittag waren wir in der Stadt gewesen und jedes Mal, wen er mich anlächelte, erhellte es mein Herz. Es gab da eben nur einen bitteren Beigeschmack. Er war prinzipiell mit Joey hier. Würde er mich auch so anlächeln? Als Wheeler wieder kam, sah er abgeschafft aus. Es wunderte mich nicht. Ich kannte meine Arbeit und den damit verbundenen Stress. Pausen gab es für mich nicht. Nicht, weil ich keine wollte, sondern weil ich nie Zeit dafür hatte. Vielleicht verstand er nun endlich, daß auch ich mit viel Geld, Ansehen und Macht auch nur ein arbeitender Mann war, der nebenbei noch zur Schule ging und seinen kleinen Bruder versorgte. Wir standen minütlich in SMS-Kontakt. Ohne mich brachte er es nicht auf die Reihe, was aber in Ordnung war. Ich verlangte nicht von ihm, daß er alles alleine regelte. „Hey.“ „Hey. Was sollte der Zettel?“ „Ich dachte, einer von uns beiden sollte mal nachgeben.“ „Aha.“ Ich wollte noch etwas sagen, als es plötzlich klingelte. Ich wollte, wie aus Reflex schon zur Tür gehen, aber Joey packte mich an den Schultern und schüttelte verneinend den Kopf. „Ich bin gerade Hausherr. Also nix da.“ „Du kleiner mieser…“ „Seto… sei so gut. Ich kanns nicht mehr hören. Echt jetzt.“ Der Bastard ließ mich stehen! MICH! Was fiel ihm ein!? Und dann wurde mir bewusst, daß Joey gerade resignierte. Wieso? Hier wurden eindeutig die Rollen vertauscht. Ich beendete einen Streit und ein Gespräch, nicht er. Ich war fassungslos, sah ihm hinterher, wie er die Haustür öffnete und den Officer hinein ließ. Er war überpünktlich. „Officer Slade. Hallo. Ich bin Seto Kaiba.“ „Slade. Und ich weiß, wer sie sind.“ Slades Blick richtete sich auf mich. Er lächelte, kam auf mich zu und streckte mir die Hand entgegen. „Hallo Joey. Wollen wir dann gleich? Wie ich sehe, bist du wirklich gut untergekommen vorerst.“ War doch klar! Das war immerhin mein Haus hier! Ich nickte nur und lief in Richtung des Salons. Zu meinem Leidwesen machte der Wauwau seine Drohung von heute Morgen wahr und kam tatsächlich mit. Wir wurden alle mit Getränken versorgt. Slade packte eine dicke Akte aus, die Joey erstarren ließ. „Also Joey… wo fang ich am besten an?“ Wheelers Blick war angespannt. Er war nervös, was man an den sich immer wieder knetenden Händen sah. Er wippte und tippte immer wieder hibbelig mit den Beinen und Füßen, veränderte während des Gesprächs mehrmals seine Sitzposition auf dem Stuhl, während ich einfach nur da saß und mir erst mal anhören wollte, wie die Sachlage war. „Dein jetziger Vormund ist das Jugendamt. Es wird sämtliche Entscheidungen treffen. Sie erklären sich damit einverstanden, daß du, sobald das mit der Pflegefamilie geregelt ist bei Seto Kaiba bleiben kannst. Da du den Wunsch geäußert hast bei Familie Mouto aufgenommen zu werden, haben sie sich darum ebenfalls schon gekümmert und auch dieser Antrag ist geklärt. Es fehlt prinzipiell nur noch deine Unterschrift.“ Slade legte mit sämtlichen Papierkram unter die Nase. Ich kannte das alles schon von früher, als es um Mokuba ging. Für mich war es nichts Neues. Aber für Joey allemal. Ich sah ihn an. Bevor ich da unterschrieb, wollte ich wissen, was in Wheeler vorging. Aber statt meinen Blick zu erwidern, sah er einfach starr auf die gläserne Tischplatte und nickte zaghaft. Das genügte mir als Antwort. Ich unterschrieb. Zwar musste ich mir den Stachelkopf dann zukünftig auch noch antun müssen, aber das war es wert. Joey war gut unter in der Zukunft. Oder ich… je nachdem wie lange dieser Mist hier noch dauerte. Slade nahm zufrieden das Formular entgegen. „Ein paar Wochen werden sie hier allerdings noch verweilen müssen, bis das auch bürokratisch geregelt ist.“ „Das ist schon in Ordnung.“ Antwortete Wheeler dann. „Sonst noch was?“ „Prinzipiell war es das von meiner Seite aus. Was ihren Vater angeht, sollte er das überleben, dann wird er wegen Misshandlung vor Gericht gestellt. Er wird sehr lange dafür büßen müssen.“ „Wie geht es ihm?“ „Das Krankenhaus sagt, er sei über den Berg. Aber sein Zustand ist noch kritisch. Sie melden sich bei ihnen wie schon vor ein paar Tagen.“ „Gut.“ Es war alles geklärt. Wir standen auf und gingen zur Tür um Slade zu verabschieden. Solange Joeys Vater noch nicht aus dem Krankenhaus draußen war, lag der Fall bis auf weiteres bei den Akten. Der Säufer war also nicht aussagefähig. Ich schien ganze Arbeit geleistet zu haben. Als Joey die Tür hinter sich schloss, sah er mich verbittert an. „Du hast ihn fast umgebracht.“ „Willst du diese Diskussion schon wieder führen? Wir hatten das erst.“ „Ich weiß. Trotzdem. Ich fühle mich so derart hintergangen von dir.“ „Du hast genickt.“ „Was hätte ich den sonst tun sollen?! Du hast ja alles schon abgeklärt!“ „Joey, es wird dir dort gut gehen.“ „Und was ist, wenn ich da nicht hin will? Wenn ich lieber hier bleiben will? Hast du schon mal darüber nachgedacht, was sein wird, wenn wir unsere Körper nie wieder tauschen können?“ „Ich gehe nicht davon aus, daß es so sein wird.“ „Wie kannst du da nur so ruhig bleiben?!“ „Weil ich es kann?“ Ja, ich konnte das, aber innerlich in mir tobte gerade der größte Sturm. Diese Unterhaltung erinnerte mich an unsere letzte dieser Art. Es war aus den Fugen geraten. So sehr, daß ich mich in seinen Tränen verlor. Der Schmerz, den seine Augen dabei ausgestrahlt hatten, kam mir so bekannt vor, daß es mir panische Angst machte. Nicht eine Angst vor der Situation, sondern die Angst ihn erneut zu enttäuschen. Wenn Yamis Gerede wirklich stimmte, dann musste ich diesem Mann einmal wirklich sehr wehgetan haben. Ich recherchierte im Internet über die Götter Horus und Seth. Die ganze Woche lang. Und es stimmte. Seth beanspruchte Unterägypten für sich und das ohne Konsequenzen. Er verursachte Chaos, Krieg und Stürme um das zu bekommen was er wollte. Sein Land war Oberägypten gewesen. Und eigentlich war Osiris derjenige, der den beiden das Land vermacht hatte, aber wie Yami schon sagte, es stimmte wohl nicht alles, was überliefert worden war. Zumindest aus seiner Sicht. Durch seinen Anspruch aus Habgier wurde Seth der Thron von Oberägypten von den Göttern aberkannt und ebenfalls Horus zugesprochen. Seths Einspruch wurde verhandelt… ganze 80 Jahre lang… Es klingelte wieder. Gott sei Dank! So musste ich dem Gespräch nicht ausweichen und meinen Gedanken weiter nach hängen. Wir öffneten die Tür, gewährten den LKW´s die Zufahrt. Ich war bis jetzt noch der Meinung, daß es Joeys restliche Sachen waren. Wobei mir alleine die Menge der LKW´s schon spanisch hätte vorkommen sollen. Skeptisch hob ich eine Augenbraue, als einer der Lieferanten ausstieg. „Guten Tag Herr Kaiba! Würden sie mir die Lieferung bitte quittieren?“ Joey trat nach vorne und grinste dämlicher als sonst. War da etwa jemand nervös? Was hatte er jetzt schon wieder verbockt? Was sollte das?! „Danke Herr Kaiba. Wo sollen wir die 150 Paletten denn abladen?“ „150 Paletten?!“ „Bitte rast jetzt nicht aus ok?“ „Nenn mir einen guten Grund dafür!“ „Versuch nett zu mir zu sein?“ „Ich BIN nett!“ Die Paletten mussten irgendwo hin. Schnaubend sah ich mich um und ließ das ganze Zeug hinter das Haus stellen, wo ich es mir nicht ansehen musste. Aber alleine das Wissen um die pure Anwesenheit war mir schon ein Dorn im Auge. Eine Kiste nahm Wheeler allerdings mit rein. „Was ist das?!“ „Zeig ich dir gleich.“ Ich verschränkte meine Arme vor der Brust und wartete ab bis Wheeler diese dämliche Kiste geöffnet hatte. Tausende Styroporkügelchen fluteten meine Eingangshalle. Und nachdem Joey endlich mit buddeln, wie es sich für einen Hund gehörte, fertig war, hielt er mir eine Puppe vor die Nase und wackelte damit vergnügt hin und her. Es war doch nicht etwa das, was ich annahm? Es lag nahe, daß meine Befürchtung stimmte. „Hallo Seto! Ich bin ChiChi-chan!“ Meine Geduld war am Ende. Sehr am Ende. Wheeler fuchtelte mit dem Ding, was ich höchstens als Staubwedel benutzen würde und drückte auf dem Bauch herum. Die Augen fingen an zu leuchten. Seine Stimme wurde piepsig, kindisch und weibisch. „Sei Joey nicht böse, weil er mich bestellt hat. Ich fülle eine Marktlücke von 150.000 Stück in den Regalen und werde viele Kinder glücklich machen!“ „Wenn du nicht willst, daß ich jedes einzelne, bescheuerte Chichi-chan köpfe, würde ich an deiner Stelle sofort mit dem Getue aufhören!“ „Ich hab mich schon entschuldigt!“ „Ich weiß. Aber deine Entschuldigung ist keine 1,5 Millionen wert.“ Kapitel 15: Ich liebte dich --------------------------- Benommen saß ich im Wohnzimmer der Kaibavilla und starrte auf das Telefon. Kaiba saß neben mir. Auf dem Display war eindeutig die Nummer des Krankenhauses zu sehen, welche unaufhörlich blinkte. Sie riefen jetzt schon das vierte Mal an und wieder traute sich keiner von uns beiden ran zu gehen. Ja, ich glaubte sogar, daß Seto genauso beschissene Angst hatte wie ich. Angst vor dem, was derjenige am anderen Ende sagen würde. „Geh ran.“ Der Kloß in meinem Hals war so groß, ich bekam nicht mehr wie ein gepresstes ‚Hallo‘ heraus. „Mr. Kaiba? Wir müssen mit Joey Wheeler sprechen. Es ist dringend.“ „Ja… Moment.“ Ich reichte Seto das Telefon, der es mit zitternden Händen entgegen nahm und es langsam an sein Ohr legte. Ich sah ihn abwartend an, aber als er erstarrte und die Augen schlagartig aufriss, wusste ich, was passiert war. Ich konnte meinen Blick nicht von ihm abwenden. Solange bis er auflegte und mich ebenfalls geschockt ansah. „Er ist tot.“ Ich sah durch ihn hindurch und spürte mein Herz aussetzen. Es war, als würde ich in eine tiefe Leere fallen. „Es tut mir leid.“ Ich saß neben einem Mörder. Neben dem Mörder meines Vaters. Und genau dieser grausame Mensch warf anscheinend gerade alles über Bord und nahm mich in den Arm und drückte mich an sich. Ich war so froh, daß Mokuba in der Schule war, dann konnte er nicht sehen, wie sein großer Bruder gerade in den Armen von Joey hing und bitterlichst weinte. Ich wurde nicht gewollt. Von meiner Mutter nicht, mein Vater auch nicht, obwohl er für mich eigentlich hätte sorgen sollen. Stattdessen ertränkte er sich im Alkohol, ließ mich links liegen und wenn er mich beachtete, dann tat er das mit Schlägen. Aber diese schützenden Arme nun um mich herum gaben mir hier und jetzt ein Gefühl von Geborgenheit. Ich fühlte mich beschützt, noch mehr, als eine Hand anfing sanft über meinen Nacken zu streichen. Seto verstand mich wahrscheinlich jetzt besser, als jeder andere. Auch er hatte seine Eltern verloren. Es glich an Ironie, daß ich mich ausgerechnet an ihn schmiegte. Ich ignorierte die Tatsache, daß es mein Körper war, an den ich mich da gerade presste. Es reichte mir zu wissen, daß er darin lebte und er es war, der mich hielt. Es war ein Moment der Schwäche, für Seto und für mich. Wir wussten es beide. Dann löste er langsam seine Umarmung und sah mich an. Mit einem Ausdruck, den ich einfach nicht zu deuten wusste. Ich sah zu ihm hoch, während er mir die Tränen mit den Daumen von den Wangen strich. „Ich werde nicht zulassen, daß dir jemals wieder etwas passiert. Aber dazu musst du lernen mir zu vertrauen.“ Es war, als würde die Zeit still stehen. Ich konnte nicht einmal mehr ausmachen, ob wir noch in der Kaibavilla waren, oder ganz wo anders, als ich plötzlich nicht mehr in meine braunen Augen sah, sondern in die blauen meines Erzfeindes. Er manifestierte sich vor mir wie eine majestätische, silberne Schlange. Erhaben, stolz und anmutig. Ich glaubte ihm, was er zu mir sagte, nickte stillschweigend und konnte diesem Blick nicht länger standhalten. Ich verlor mich in diesem Moment und hoffte irgendwie, daß er nicht so schnell zu Ende war. Seto sah anders aus. Jetzt wo ich mich selbst aufrichtete und mich aus seinen Armen befreite, konnte ich deutlich die etwas dunklere Haut erkennen. Sein Haar war etwas länger, als er es normalerweise trug. Und auch von seinem Mantel fehlte jede Spur. Ich lag halb über ihn gebeugt, sah an seinem Hals hinab, über die starke feste Brust. Die Narbe war verschwunden. Ungläubig hob ich eine Hand und strich über genau diese Stelle. Ohne Scheu, ohne Hemmungen, als würde ich es immer tun. Setos Bauch war wohl bemuskelt, sein Körper war schlank und sehnig. Er trug eine seidene weißblaue Gewandung um die Hüften, die weit auf den Boden reichte und diesen bedeckte. Sein goldener Schmuck glänze im fahlen Licht der untergehenden Wüstensonne mit seinen Augen um die Wette. Es war unwirklich. Ich wusste nicht mehr was Traum und Realität war! Gerade eben war es mir aber auch egal. Musternd blicke ich an mir herab. Das war nicht ich und doch fühlte es sich so an. Ich war ähnlich gekleidet wie er. Nur, daß ich weiß trug. Reinstes Weiß. War das nicht Setos Lieblingsfarbe? „Wo bin ich hier?“ Ich wollte es nicht laut sagen, aber Seto legte den Kopf schief und lächelte mich liebevoll und doch irgendwie süffisant an. „Dort, wo du hin gehörst, törichtes Kind.“ „Hast du mir weh getan?“ „Ja.“ „……..“ Und wieso verspürte ich nicht den Drang mich von ihm abzuwenden, wenn es so war? Ich spürte, wie ich wieder begann zu weinen. Wie Enttäuschung sich in meinem Herzen ausbreitete. Aber noch ehe ich in ihr verzweifeln konnte, packte er mich am Kinn und zwang mich ihn wieder anzusehen. „Denk immer daran Horus. Nicht du bist derjenige, der gerettet werden muss… sondern ich.“ „Ich weiß.“ Das konnte kein Traum sein! Es war so real. ER war so real, diese Berührungen waren so echt, daß sie mir eine Gänsehaut bereiteten. Die Hitze in mir schien immer schlimmer zu werden und ich merkte, wie das Leid in mir einen Ausbruch suchte. Fest kniff ich meine Augen zusammen, aus Angst vor dem was nun kommen würde, aber Seth~ kannte kein Erbarmen. Sein heißer, rauer Atem schlug gegen meine Lippen, seine Hände hielten sich in meinen Haaren fest. Erst dachte ich, ich würde ihn festhalten, aber als ich diese bittersüßen Lippen auf den meinen spürte, seine Zunge meine umgarnte und verführte, da wusste ich, daß er es war, der Halt brauchte. Er wusste, daß er längst verloren und verdammt war. Er küsste, als wäre es sein Letzter. Als ich meine Augen wieder aufschlug sah ich an die weiße Decke über mir. Wo war ich? Müde drehte ich meinen Kopf zur Seite und sah Seto mit Mokuba am Bett sitzen. Mokubas Gesicht erhellte sich sofort, als er sah, daß ich wach war. Also war das doch nur ein Traum gewesen? „Großer Bruder! Endlich bist du wach!“ Oh nein… nein bitte nicht! Ich wollte, daß es vorbei war. Ich wollte aufwachen und meinen Körper wieder haben! „Geht es dir gut? Möchtest du was trinken? Joey hat gesagt, du bist zusammen gebrochen vom Stress. Du darfst nicht so viel arbeiten!“ „Es geht mir gut Mokuba. Joey hat wahrscheinlich Recht. Würdest du mir etwas Wasser bringen?“ „Ja! Ich bin gleich wieder da.“ Als der Kleine die Tür hinter sich schloss, richtete ich mich auf und sah Seto ins Gesicht. Sehr lange. „War das ein Traum? Hast du mich geküsst?“ Setos Haltung spannte sich sofort an, als ich das fragte. Also war da etwas vorgefallen. Es musste einfach so sein! Warum sonst würde er sich so versteifen? Träumte er so wie ich? „Du bist zusammen gebrochen, nachdem du das mit deinem Vater erfahren hast. Ich würde dich in so einer Situation wohl kaum küssen.“ Das war kein Ja und das war kein Nein! Wieso musste er es einem immer so schwer machen? Vor allem jetzt, wo wir doch so viel mehr teilten, wie unsere täglichen Streitereien. Mittlerweile kannten wir uns in und auswendig. Wussten Details voneinander, die so unglaublich privat waren, daß selbst beste Freunde oder kleine Brüder das nicht wussten oder erahnten. Ich senkte den Blick, knautschte die Bettdecke nervös in meinen Fingern. „Angenommen… das hier… wäre bald vorbei… würdest du dann?“ „Vielleicht.“ „Wirklich?“ „So wie ich es sagte.“ Kaiba saß mit verschränkten Armen und überschlagenen Beinen vor mir auf dem Stuhl. Etwas hatte ihn verändert. Ich bemerkte das nicht seit jetzt, es war schon seit ein paar Tagen so, daß ich den Eindruck hatte. Aber das gerade eben, meinte er das ernst? Ich konnte es nicht glauben, oder vielmehr… vielleicht wollte ich es auch nicht glauben. Auch wenn die Vorstellung schön wäre. Ich hatte Kaiba auf eine andere Art und Weise kennen gelernt. Ich kannte nun den Kaiba hinter dem Geschäftsmann und dem eiskalten Arsch. Er imponierte mir und ich wollte jede Minute, jede Gott verdammte freie Minute mehr von ihm kennenlernen. „Du solltest dich noch etwas ausruhen. Es ist bereits Abend. Hast du Hunger?“ „Nein. Mir ist nicht danach.“ „Dann lass dir was hoch kommen für den Fall der Fälle. Schlaf gut.“ Die Nacht kam und mit ihr wieder ein Traum, den ich in Frage stellen sollte. Einer, der sich in mein Hirn einbrannte und mein ganzes Leben in Frage stellte. Ich schien in einer großen Tempelanlage zu sein. Der Boden war mit feinstem, weißem Marmor ausgelegt. Jeder Schritt war hörbar. So auch unsere. Ich lief neben einem Mann her, der Seto einfach zum Verwechseln ähnlich sah. Ich kannte seinen Namen. Es war Hohepriester Seth. Wir unterhielten uns angeregt, ich konnte aber meine eigenen Worte nicht verstehen, ich spürte nur, daß es sehr vertraut war. Wie alles hier. Ich wusste ganz genau, wo der Garten war, wo welche Palme stand und welcher edle Gepard gleich unseren Weg kreuzen würde. Einer von 8. Seth sah so zufrieden aus. Er lächelte mich an und dann bemerkte ich erst, daß unserer beider Hände miteinander verflochten waren. Seth war eine wunderschöne Erscheinung, er wirkte wilder, aber seine Augen hatten sich nicht verändert. Sie waren so blau wie das Meer. Das war ungewöhnlich für einen Ägypter, genauso wie meine blonden Haare. Licht nannte er mich immer, oder Sonnenkind. Unser Weg führte uns in Seths Gemach, welches über und über mit Stoffen und Kissen dekoriert war. Er lief in die Mitte des Raumes und zog mich an sich. Als wäre es selbst verständlich küsste er mich. Aber dieser Kuss war anders. Er war zart, voller Hingabe und Liebe zu mir. Ich war nicht einmal überrascht, als er das tat. Es beruhigte mich eher. Ich war in der Lage mich fallen zu lassen und alles um mich herum zu vergessen. Ich drängte ihn in Richtung seines Bettes. Übernahm die Initiative, was Seth nur mit einem amüsierten Grinsen über sich ergehen ließ. Wir schienen uns ohne Worte zu verstehen. Es reichte zu wissen, was wir für einander empfanden. Geschmeidig ließ er sich sinken, als ich mich auf seinen Schoß setzte und diesen mächtigen Mann unter mir ansah. Noch stützte sich Seth auf seinen Ellenbogen ab. Er musterte mich, jede einzelne Partie. Meine Augen, mein Haar. Er strich mir die Tunika von den Schultern und fuhr fahrig mi seinen Fingerkuppen über meine nackte Haut. Neugierig und doch wissend um jede Stelle, bei der ich empfindlich reagierte. Ich belohnte ihn mit einem Lächeln, einem Kuss, aus dem Hunderte wurden, die sich über seinen Oberkörper verteilten. Ich liebte diesen Mann. Ich liebte das, was er mit mir tat. Ich liebte ihn so, wie er war. Mächtig, gefährlich und der personifizierte Sturm von Ägypten. Seth drehte den Spieß um, ruckartig richtete er sich auf und positionierte sich über mich. Direkt zwischen meine Beine. Er schob die letzten Reste unserer Gewänder beiseite. Presste seinen Körper an meinen. In diesem Moment war es mir egal, ob es Seth oder Seto war, ja wahrscheinlich waren sie sogar die ein und dieselbe Person. Ich wollte es. Ich schrie so sehr nach ihm, daß es mich schmerzte. Es war, als fieberte ich, mit glasigen Augen sah ich ihn an, hielt inne und er erschrak darüber. Er merkte, daß etwas mit mir anders war. Strich mir liebevoll eine Haarsträhne hinter das Ohr. „Horus?“ „Halt mich fest... halt mich einfach nur fest.“ Kapitel 16: WTF? ---------------- Es war unglaublich gemütlich hier. Ein heiliger Sonntag sollte ganz genauso anfangen! Einfach gemütlich liegen bleiben in diesem kuscheligen Bett. Der Sonne beim Aufgehen zuschauen und erst dann aufstehen, wenn man es wollte. Wie lange schon hatte ich nicht mehr gegammelt? Es musste ewig her sein. Prinzipiell lebte ich ja immer mit der Angst im Rücken, daß mein Vater irgendwann morgens in der Früh nach Hause kam und mir sonst was antat. Aber dem war nicht mehr so. Ich fühlte mich sicher. Auch wenn da noch der bittere Beigeschmack war. Nämlich, daß Kaiba meinen Vater umgebracht hatte. Wir wussten beide nicht, welche Konsequenzen das noch haben würde. Wir mussten das auf uns zukommen lassen. Zumal Slade auch schon sagte, daß dies noch ein ewiger Papierkrieg werden würde, bis es da mal zu einer Verhandlung kam. Jetzt wollte ich aber nicht daran denken. Müde streckte ich mich noch einmal der Länge nach und drehte mich um. Griff nach Seto, der neben mir lag und schnurrte zufrieden. Er roch so verdammt gut! Nach wilden Hölzern, Moschus und klarem Wasser. Ich konnte es leider nur nicht mehr genießen, da er sich im Schlaf umdrehte. Moment… MOMENT! Sofort setzte ich mich auf und sah ihn an. Ich war im Gästezimmer! Wie um alles in der Welt kam ich hier her? Ich spürte Panik in mir aufsteigen! Unbeschreibliche Panik! Ich blickte zur Seite und sah ihn an. Seto vergrub sich unter scheinbar hunderten von Kissen und Decken. Ich schaufelte alles hektisch zur Seite, was ich zwischen die Finger bekam. Ich musste es einfach wissen. Und nachdem ich ihn entblößt hatte, kannte ich die Antwort. Er war noch immer im Besitz meines Körpers, also hatte ich defakto noch seinen! WARUM? Was ging hier ab?! „Kaiba! Verdammte Scheiße, du bist nackt!“ Er regte sich und ich sah an mir herunter. Ich war auch nackt! Schockiert konnte ich nicht den Blick von ihm abwenden und kam gar nicht auf die Idee nun fluchtartig dieses Bett zu verlassen. Der Schreck saß so tief, daß ich handlungsunfähig wurde. Seto rieb sich müde den Schlaf aus den Augen, griff sich an den Kopf und setzte sich auf. „Kannst du nicht einmal, bitte nur ein einziges Mal einfach leiser reden?“ „Nein kann ich nicht! Wie komm ich hier her?! Was hast du gemacht?!“ Erst jetzt schien es ihm zu dämmern. Aus den Augenwinkeln sah er mich an und glaubt mir, schlimmer hatte er mich noch nie angeschaut. Und ich dachte zu seinem eiskalten Blick gab es keine Steigerung mehr. „Raus aus meinem Bett du Irrer! Und zwar sofort!“ „Ich bin nicht freiwillig hier!“ „Sagt wer?“ „ICH!“ Ruckartig stand er auf und nahm das Laken mit, wickelte es sich irgendwie notdürftig um seine Hüften. Es war so groß, daß er es wirklich mit einer Hand noch festhalten musste, damit es nicht unwillkürlich den Abgang machte. Ich schwöre bei Gott, wenn er es wirklich wollte, dann würde er mich jetzt umbringen. Seto baute sich vor mir auf wie der personifizierte weiße Drache mit eiskaltem Blick. Seine Aura war so unheimlich und todbringend, daß wohl alles Leben dieser Welt bei seiner Anwesenheit in die Knie gehen würde. Ich saß im Schneidersitz auf dem Bett und legte, trotz aller Drohgebärden und Mordandrohungen musternd den Kopf schief. „RAUS JETZT!“ „Seto?“ „WAS?!“ „Du brauchst das Laken nicht. Ich kenne mich nackt. Und dich übrigens auch.“ „Erspar mit bitte die Details!“ „Jetzt sei nicht so verklemmt! Ich mein, du bist echt hot!“ "Und du bist so verdammt anstrengend!" Genervt fuhr sich Kaiba mit seiner freien Hand über das Gesicht. Ich konnte sehen, wie sein Geduldsfaden Faser für Faser riss. Ganz, ganz langsam. Grinsend, weil ich meiner Meinung nach der Herr der Lage war, verschränkte ich die Arme vor der Brust und wippte mit den Beinen über der Bettkante. Ich wollte spielen. Mal sehen, ob er darauf einging. „Außerdem, ich seh auch nicht schlecht aus, wenn ich mir das jetzt so anschau...“ „Halt deine verfluchte Klappe und sag mir endlich, was das soll!“ „Ich habe dir gerade eben gesagt, daß ich nicht weiß, wie ich hier her gekommen bin! Gebs doch zu! Du hast mich im Schlaf überwältigt und her geschleift!“ „Wovon träumst du bitte Nachts?!“ „Das kann ich dir sagen Madame! Ich…“ Ach du Scheiße! Ich wusste noch ganz genau, was ich letzte Nacht geträumt hatte! Bis ins kleinste Detail! Ich verstummte, weil mir genau das eben bewusst wurde. Ich starrte Seto an, seine Haltung entspannte sich wieder etwas. Aber wirklich nur ein bisschen, bis er sich sofort wieder versteifte. Kam es mir nur so vor, oder war auch er eben über seinen eigenen Satz entsetzt? „Seto… haben wir… also ich mein… haben wir echt?“ Oh Gott! Bitte, bitte nicht! Nicht so! Nicht mit vertauschten Körpern, nicht in dieser Situation, nicht bevor ich nicht wusste, wie das alles hier noch enden würde. Aber ansonsten… ich sah es ein. Unter anderen Umständen wäre ich nicht so gestresst deswegen gewesen. Kaiba hatte unterdessen nichts Besseres zu tun, als mich frech und süffisant anzugrinsen. Er stemmte sogar zu Untermalung eine Hand in die Hüften, die er keck zu einer Seite leicht nach oben zog. Wie konnte man sich nur so sexy bewegen? „Also Wheeler, mir tut Nichts weh. Was heißt mein Hintern ist und bleibt Jungfrau.“ „Du bist doch bekloppt! Du hast ja keine Ahnung!“ „Aber du.“ Ich glaubte es nicht! Er hatte gewonnen! Ich hatte soeben zugegeben, daß ich wusste, wie es war, unten zu liegen! „Es gibt nur 3 Möglichkeiten. Entweder bist du in dich selbst verliebt, in mich verliebt, oder du Schlafwandelst. Oder aber, es trifft alles gleichzeitig zu.“ „Aber sonst geht’s dir noch gut!“ Schnaubend stand ich nun auf, warf die Kissen, die mir den Weg versperrten ungeachtet in den Raum hinein und zerstörte dabei ein oder zwei Vasen, die laut klirrend zu Boden fielen. „Lass die Einrichtung in Ruhe! Sie hat dir nichts getan Schwachmat!“ „Gib mir das Laken!“ „Mit Sicherheit nicht!“ „Dann lauf ich jetzt nackt durch deine verfluchte, scheißdrecks Luxusvilla!“ „Untersteh dich Wauwau!“ „Ich zeig dir Wauwau!“ Ich schnappte mir das Laken und zog fest daran. Es artete in einen erbitterten Kampf aus, von dem man noch nicht wusste, wer ihn gewinnen würde. Ich ruckte, zerrte und riss, aber Kaiba schien ebenfalls nicht nachgeben zu wollen. Verbissen kämpften wir wie zwei ausgehungerte Löwen um ein winziges Stück Fleisch. „Ha! Meins!“ „Denkst du!“ Fast hatte ich es schon! Über die Hälfte hing schon auf meiner Seite! Siegessicher ruckte ich noch einmal, aber die Aktion ging nach hinten los, denn Seto fiel ungelenk über eines der Kissen und zog mich samt Bettlaken einfach mit. Ich lag auf ihm, spürte die erhitzte Haut vom Gerangel unter mir und er funkelte mich an. „Runter von mir… und keine hektischen Bewegungen mein Freund!“ Er zischte so leise und gefährlich, daß ich schlucken musste und gerade, als ich aufstehen wollte, wurde die Tür aufgerissen. „Joey! Was scheppert hier denn so laut? Das Frühstück ist… es ist… oh!“ „Mokuba!“ Angstschweiß! Ganz viel Angstschweiß und Scham! Wobei ich auch einen Anflug von Entsetzen verspürte. Genauso wie Seto, der mich nun grob von sich schob, das Laken und mich packte und uns beide darin einwickelte. Ich versuchte zu retten, was noch zu retten war. „Mokuba! Es ist nicht so wie du denkst!“ Wie sah das denn aus? Ein großer Bruder, der sich rechtfertigte, weil er Joey nackt bei sich hatte. Der arme, kleine Kerl musste sonst was denken! Bestimmt hatten wir ihn verdorben für alle Zeit! Sein Weltbild zerstört! So sah er auch aus. Mokuba sah mich an, dann Seto, dann wieder mich und wieder Seto! Man konnte zusehen, wie es in dem kleinen, schwarzen Wuschelkopf ratterte und knatterte. Seto trat einen Schritt nach vorne, zerrte an dem Laken, so daß ich fast entblößt dastand und wieder alles zurecht zupfen musste. Arsch! „Moki. Dein Bruder hat Recht. Es war… kontrapruduktiv.“ KONTRAPRODUKTIV?!?!?! Mokuba atmete tief durch und schloss die Augen. Verschränkte auf seine niedlichste Art und Weise die er drauf hatte die Arme hinter den Kopf und grinste. Und zwar richtig dreckig! „Ich habs doch schon immer gewusst Seto!“ Und dann rauschte er ab. Knallte laut die Tür hinter sich zu. Hinterließ mich und seinen Bruder vollkommen perplex. Wir starrten beide fassungslos auf die verschlossene Tür. Ich biss mir auf die Unterlippe, weil ich ein Glucksen einfach verhindern wollte. Es gelang mir aber nicht wirklich. Hier und da rutschte mir ein leises Lachen raus. Seto drehte sich langsam um, fixierte mich und kam mir immer näher, während ich ihm nach hinten auswich. Er war sauer. Sowas von! „So so, Seto…“ „Wehe.“ „Es geht nicht…“ Ich musste schallend Lachen. Ich brach in ein Gelächter aus, das man durch die ganze Villa hörte. Ich hatte Pipi in den Augen und konnte mich kaum noch aufrecht halten. Das Laken war mir gerade so egal. Ich ließ es einfach los und flüchtete hinter das Bett, um mich irgendwie vor meinem Angreifer zu schützen. Und Seto… der stand davor, presste das große, weiße Bettlaken an sich und wünschte mir wahrscheinlich alles Schlechte dieser Welt. Aber egal… sein Gesicht war einfach Gold wert, als Mokuba im Zimmer stand! Und dann passierte etwas, womit ich überhaupt nicht gerechnet hatte. Er lachte! Er lachte mit mir… Kapitel 17: Mein Herz --------------------- Seit dem peinlichen Zwischenfall im Gästezimmer war nun ungefähr eine Woche vergangen. Wir wussten noch immer nicht genau, wie Joey in mein Zimmer und damit auch Bett gekommen war. Wir stempelten es tatsächlich als ein Schlafwandeln ab. Wie sonst hätte das passieren können? Fakt war, die ganze Situation war unheimlich gewesen. Im Nachhinein sogar für mich amüsant, nachdem ich meine Wut einigermaßen zügeln konnte. Nur Mokuba, der plötzlich im Zimmer stand, das hatte absolut nicht sein müssen! Ich musste ehrlich zugeben, ich hatte schon lange nicht mehr so gelacht. Joey steckte mich an und ich war in diesem Augenblick fasziniert von ihm gewesen. Er wirkte so ehrlich. So aufrichtig und voller Güte. Ein Sonnenkind; er strahlte wie ein weißes unschuldiges Licht. Er war sanft auf der einen Seite und aufbrausend auf der anderen. Ein Mensch voller Gegensätze. Ich bedauerte, daß wir die Körper getauscht hatten. Zu gerne hätte ich ihn, wie in unseren Traum einfach an mich gezogen. Das Streitgespräch war eindeutig gewesen um zu verstehen, daß er wahrscheinlich den gleichen Traum gehabt haben musste. Etwas passierte mit mir. Ich ahnte, was es war, wollte es mir aber nicht eingestehen. Noch nicht. „Seto? Kommst du? Bitte… ich will nicht zu spät sein.“ Joey stand im Türrahmen und knautschte am Saum seines schwarzen Jackets herum, den Blick unsicher zu Boden gerichtet. Heute war der Tag der Beerdigung seines Vaters. Es war schwer für ihn. Ich wusste das, wir redeten sehr viel in letzter Zeit und das sehr vernünftig, ohne irgendwelche Anfeindungen. Es war gut, daß wir das taten. Wir lernten uns noch besser kennen, als ohnehin schon. Meine Meinung zu diesem Menschen veränderte sich immer mehr. Joey war nicht nur irgendein Jugendlicher, der sich prügelte und absichtlich die Schule sausen ließ. Er war kein Rabauke. Er war ein Mann mit einer Maske, ganz genauso wie ich. Er versuchte nur auf seine eigene Art und Weise sein Schutzschild aufzubauen, um den Schmerz des täglichen Lebens nicht an sich ran zu lassen. Vor allem aber, den der in ihm wohnte, nicht offensichtlich hinaus zu lassen. Ob er überhaupt eine Ahnung hatte, wie gut ich ihn verstand? Wenn ich ihn sah, dann sah ich mich. Er war wie ein Spiegel… Wenn es wirklich einmal so war, daß ich ihn liebte, dann wollte ich es vielleicht wieder tun. „Ich komme.“ Als ich auf ihn zutrat, hob ich eine Hand und legte sie, für ihn hoffentlich beruhigend, auf eine seiner Schultern ab. Mokuba blieb zu Hause. Ich wollte nicht, daß er mitkam. Prinzipiell war selbst meine Anwesenheit etwas makaber. Immerhin brachte ich diesen Mistkerl um und beförderte ihn damit über den Jordan. Es war ein Wunder, daß Joey mir das überhaupt verzeihen konnte. Roland brachte uns zum Friedhof. Viele Leute waren es nicht, aber nun würde ich Zeuge einer Familienzusammenkunft werden. Daran hatte ich überhaupt nicht gedacht! „Da vorne sind Mom und eine Schwester.“ Ich stieg aus und konnte sie ebenfalls sehen. Serenity weinte bitterlich. Hielt sich ein Taschentuch vor die Augen und Joeys Mutter strahlte eine unglaubliche Erleichterung aus. Unfassbar, wenn man bedachte, daß sie diesen Mann, der da tot in seinem Grab lag, einmal sehr geliebt haben musste. Joey versteifte sofort. Ich merkte, daß er sich nicht traute weiter zu gehen. Ich griff ihn am Arm, zog ihn einfach mit. Mache auch keine Anstalten mich darüber zu beschweren, wie er sich hier in meinem Körper verhielt. Das war das Letzte, was er nun gebrauchen konnte. Er konnte Serenity nicht einmal umarmen. Seiner Mutter nicht sagen, daß er sie liebte. Mir war klar, daß er sich nun genauso fühlen musste, wie ich, als ich das erste Mal in Joeys Körper vor meinem kleinen Bruder stand. Wir liefen zu den beiden. Serenity sah mich, warf sich mir unweigerlich in die Arme und weinte einfach weiter, während Joeys Mutter nur kalt auf mich herab blickte. In einem Moment der Ruhe nahm sie ihre Tochter zur Seite. Es war, als würde sie sie von mir, bzw. vom anderen, fern halten wollen. „Du siehst immer mehr aus wie er.“ Sagte sie kalt in mein Gesicht. Joey neben mir, wich unweigerlich einen Schritt zurück. Das einzige, was sie für ihren Sohn übrig hatte, war eine schallende Ohrfeige. Mein Gesicht sauste zur Seite. Trotz der Überraschung blieb ich unbeeindruckt. „Aber weißt du was Schatz? Ich sollte dir eigentlich dankbar sein, daß du ihn umgebracht hast. Jetzt können Serenity und ich wieder zurück in unser Haus.“ Wie konnte eine Mutter nur so sein? Wie konnte Serenity da so still neben dran stehen? Wahrscheinlich weil sie eingeschüchtert war. Falsches Miststück! „Du kannst es haben. Ich wehre mich nicht dagegen. Aber eines lass dir gesagt sein… Mom.~ Schläge, bin ich wirklich gewohnt.“ Als Mom~ und Anhang, wie ich sie nannte, endlich fern blieben, spürte ich, wie sich eine Hand in meine legte und fest zudrückte. Er wollte sich festhalten. Irgendwo. Und es war ihm wohl vollkommen egal, daß ich derjenige war, an dem er Halt suchte. „Nur kurz.“ „Schon gut.“ Der Priester ließ aber nicht mehr lange auf sich warten. Da endete unser leicht nach außen hin unpassendes Techtelmechtel. Auch das gestattete ich Joey. Wieso sollte ich ihn noch mehr quälen, wo der Tag an sich schon zu schrecklich für ihn war? Es war wie bei jeder Beerdigung. Dämliches positives Gelaber über die verstorbene Person. Ich konnte nichts Positives an diesem Mann finden. Hier und da wurde geschluchzt, geweint, geschwiegen. Zum schweigenden Teil, gehörte definitiv Joey. Nachdem alles vorbei war, wurde sich verabschiedet und alle gingen nun ihrer Wege. Nur wir waren noch hier; und Roland, der weit abseits mit der Limousine auf uns wartete. Joey blickte mich an. Ich konnte deutlich die Tränen sehen, die er um seinen Vater weinte. „Kann ich kurz alleine sein?“ „Sicher.“ Ich entfernte mich, wollte aber auch nicht zu weit weg gehen. Joey war mehr als labil. Ich wollte ihm aber auch diesen Moment lassen, indem er sich alleine verabschiedete. Aber dann, passierte etwas, was mich und ihn für immer verändern würde. Es wehte kein Wind, kein Pfeifen eines Vogels war zu hören. Er stand einfach nur da, ganz alleine. So verlassen. „Du verdammtes Arschloch! WARUM?! Warum hast du alles zerstört?!“ Joey fiel in eine solche Verzweiflung und Hass, daß ich meine Augen vor Ungläubigkeit weitete und ihn geschockt ansah. Ich konnte jedes einzelne Wort verstehen. Und es traf mich. „Schlagen konntest du mich! Mir sagen, daß du mich liebst! Und wie hast du es bewiesen? Einen Dreck hast du! Ich hasse dich!“ Er schien gar nicht mehr aufhören zu wollen. Doch plötzlich erstickte seine Stimme in einem heftigen Husten. Dann schimpfte und fluchte er weiter, wieder ein Husten, was ihn regelrecht in die Knie zwang. Vorsichtig näherte ich mich ihm und je weiter ich kam, desto mehr erkannte ich das Blut in seiner Hand. Es suchte sich den Weg aus seiner Lunge hinaus. Immer wieder versuchte er aufzustehen, aber ihm fehlte die Kraft. Er zwang sich, irgendwie nach oben zu kommen. „Joey!“ Ich rannte. Etwas stimmte nicht. Instinktiv wusste ich bereits was es war. Er blickte mich an, als ich seinen Namen rief. Sein Blick war verschleiert. Ich fühlte mich, als kam ich nicht von der Stelle, egal, wie schnell ich rannte. Es war zu viel gewesen. Noch bevor ich ihn erreichen konnte, klappte er bewusstlos zusammen und sackte auf das Gras. „Joey, nein! Bleib wach! Bleib verdammt nochmal wach!“ Ich kniete vor ihm, rüttelte an ihm, doch nichts geschah. Ich griff seinen Oberkörper, legte ihn auf meinen Schoß und fasste sein Gesicht. Er atmete noch. Panik stieg in mir auf. Zitternd sah ich um mich, ich spürte, wie mein ganzer Körper bebte. Die Angst breitete sich überall in mir aus. Nicht aber, weil ich wusste, daß dies eine Attacke meines Herzens war, sondern weil ich wusste… er könnte sterben. An meiner Stelle. „Roland! Rufen sie einen Krankenwagen! Schnell!“ Spätestens jetzt, da wusste ich was mit mir los war. Kapitel 18: Die Wahrheit ------------------------ „Was soll das heißen, sie lassen mich nicht mitfahren?!“ „So wie wir es sagten. Nur Angehörige dürfen das. Es tut mir leid. Kommen sie, wenn sie möchten, ins Krankenhaus. Wir haben alles getan, was wir konnten.“ Und damit klatschte der Sanitäter die Transportertür des Krankenwagens vor meiner Nase zu und fuhr mit schrillen Sirenen und Blaulicht davon. Ließ mich zurück. Ich starrte dem Krankenwagen hinterher, bis ich ihn nicht mehr sehen konnte, erst dann war ich fähig mich aus meiner Starre zu lösen. Ich rannte zu meiner Limousine, anhand Rolands Blick konnte ich ausmachen, daß er wusste, wohin ich wollte. „Ins Krankenhaus! Und lassen sie unverzüglich Mokuba dorthin bringen!“ „Ich habe alles schon arrangiert.“ „Dann los jetzt! Und wehe, sie bleiben bei einer einzigen roten Ampel stehen!“ Roland fuhr wie ein Irrer durch die Straßen von Domino und mir konnte es trotzdem nicht schnell genug gehen. Als wir dort, nach unendlichen Minuten, angekommen waren, konnte ich nicht einmal warten, bis die Limousine komplett anhielt. Ich öffnete die Tür und stolperte hinaus, in das Krankenhaus hinein an den Empfang. „Wo liegt Whe… Seto Kaiba? Er ist mein Freund! Lassen sie mich zu ihm!“ Die Tippse sah in ihrem Computer nach und sah mich dann eindringlich an. „Er bekommt das Zimmer 204 zugewiesen, sobald die Operation beendet ist.“ „Operation?!“ „Ja. Mehr Auskunft darf ich ihnen nicht geben.“ Ich verspürte keinen Drang danach mich noch weiter mit ihr zu unterhalten. Sofort rannte ich in Richtung der Treppen, da das meiner Meinung nach schneller ging, als der Aufzug. Im dritten Stock fand ich das Zimmer, riss vollkommen außer Atem die Tür auf. Doch statt Joey, blickte ich meinem kleinen Bruder in völlig verweinte Augen. Es gab mir einen Stich ins Herz. „Joey…“ Mokuba stand auf, rannte auf mich zu und warf sich in meine Arme. Ich drückte ihn fest an mich und streichelte seinen Rücken. Ich war mindestens genauso fertig wie er. Wobei er glaubte, ich läge im Operationssaal. „Ich bin so froh, daß du da bist Joey! Ich hab so Angst!“ „Ich weiß. Ich auch. Was sagen die Ärzte?“ „Herzattacke und irgendwas von einem Gerinnsel. Joey, was wenn er stirbt? Er kann mich doch nicht alleine lassen!“ „Wird er nicht, du kennst ihn doch.“ Vergeblich versuchte ich meinen Bruder irgendwie zu beruhigen. Es waren Stunden vergangen. Mittlerweile war Mokuba aus Erschöpfung vom Weinen an meiner Brust eingeschlafen. Joey war für ihn eine echte Bezugsperson geworden. Ein zweiter Bruder, wie er in letzter Zeit immer sagte. Und daß er traurig sein würde, wenn er zu Yugi zog. Ich organisierte ein Bett, damit ich ihn dort ablegen konnte. Draußen wurde es dunkel und noch immer kam niemand. Es machte mich fertig. Die Tür ging auf. Ein Bett wurde reingeschoben. Sofort ruckte mein Kopf nach oben. Gespannt sah ich die drei Ärzte und Schwestern an, die Joey hereinbrachten und ihn an sämtliche Geräte anschlossen. Ich wurde von oben bis unten gemustert. „Wer sind sie?“ „Joey Wheeler. Ich wohne bei Seto Kaiba und kümmere mich gerade um seinen kleinen Bruder. Was ist mit Seto?“ „Wir dürfen keine…“ „…Auskunft an Nichtangehörige geben. Das ist mir schon klar! Aber wollen sie wirklich Mokuba wecken und es ihm selbst sagen?! Er ist fertig genug! Er ist der einzige an Familie, den Seto noch hat!“ Der Chefarzt sah mich lange an und schien zu resignieren. Er hob Setos Krankenakte an und rückte sich seine Brille zurecht. „Nun Mr. Wheeler. Seto Kaiba wurde ohnmächtig durch ein Kammerflimmern seines sowieso schwachen Herzens. Das ist definitiv lebensbedrohlich. Auslöser dafür war ein Blutgerinnsel an der Herzklappe. Wenn die Funktion der Klappe gestört wird, droht durch Verschleppung des Gerinnsels die Gefahr eines Schlaganfalls. Was heißt, wir haben ihm eine neue mechanische Herzklappe eingesetzt. Außerdem befindet er sich nun im künstlichen Koma. Das war unumgänglich. Wir können ihn erst wieder aufwachen lassen, wenn wir uns sicher sein können, daß die Klappe nicht abgestoßen wird.“ Die Worte drangen wie durch dicke Watte in meinen Kopf. Wie in Zeitlupe sah ich zur Seite auf das Bett, in dem Joey lag. Er war kalkweiß. Wurde beatmet. Das Geräusch des Herzschlags erfüllte den ganzen Raum. „Kommt er durch?“ „Das wissen wir noch nicht.“ Ich spürte, wie etwas in mir zerriss. Ich traute mich kaum, ihn anzusehen, weil es so furchtbar weh tat, ihn so da liegen zu sehen. Es war meine Schuld! Ich fühlte mich so dermaßen schuldig, daß ich mir wünschte, die Götter hätten damals meinen Tod entschieden. Ich begriff, daß ich mal ein Priester war, daß ich ihn tatsächlich einmal liebte und tatsächlich einmal… verriet. Es waren nicht nur irgendwelche Träume, die mich immer heimsuchten, es waren Erinnerungen. Ich musste hier raus! Ich wusste, Mokuba war hier in guten Händen. Roland war nicht mehr da, der organisierte wohl in meiner alles, was zu regeln war. Der Mann war Gold wert. Draußen sah ich auf die Straße und sah mich hektisch um. Ich musste mich erst einmal in all meiner Panik orientieren. Dann rannte ich los, den direkten Weg zum Museum. Es war meine letzte Chance, das alles irgendwie wieder gut zu machen! Mich auf den Knien abstützend, stand ich nun vor der Kanope, die noch immer so unscheinbar wirkte. Ich strich mir mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn und versuchte krampfhaft, wieder zu Atmen zu kommen. „Warum? Warum tust du uns das an?!“ „Weißt du das denn immer noch nicht Seto?“ Ich hielt inne und erstarrte, als ich Yamis Geist hinter der Kanope ausmachen konnte. Ich konnte mich nicht bewegen, es war, als würde mich irgendetwas fesseln und nicht mehr los lassen. „Yami…“ „Atemu.“ Korrigierte er mich und sah mir traurig ins Gesicht. „Wie viele Leben willst du noch so leiden Seth? Siehst du denn nicht den Spiegel?“ „Joey…“ Yami nickte und schloss seine Augen. Er wirkte so weise in diesem Moment, daß selbst ich einen Moment schwieg. „Warum bist du hier Seto?“ „Weil ich… um das Leben von Joey bitten wollte. Weil ich will, daß er lebt. Ich müsste dort liegen! Nicht er! Er hat genug durch gemacht! Es reicht!“ „Kannst du dich daran erinnern, was du getan hast? Du hast mich, ihn und alle Götter Ägyptens verraten.“ „Ich weiß. Ich habe recherchiert. Aber deswegen sollte er nicht leiden! Es war mein Fehler, nicht seiner! Ich weiß, daß ich einst dein Erbe gänzlich besitzen wollte und ich Horus…“ „Ja?“ Da wusste ich es. Tausende, abertausende Bilder schienen mir durch den Kopf zu surren. Und jedes Einzelne erkannte ich wieder. Ich war oberster Priester, als Atemu Pharao war. Ich beschützte ihn mit meiner Loyalität. Ich ließ mich auf eine Liebschaft mit Horus ein, da er der einzige war, der das Chaos und die Verderbnis in mir kontrollieren konnte. Ich war so glücklich gewesen. Atemu starb, ich beanspruchte Horus Erbe für mich und… „... ich stach in sein Herz in jener Nacht.“ Leere breitete sich in mir aus, die mich in die Knie zwang. Fassungslos starrte ich den Boden unter mir an, nahm die Kälte des Marmors gar nicht wahr. Jetzt wusste ich, es war Horus Geist, der bei der Verhandlung dabei gewesen war, nicht sein ganzes Selbst. 80 Jahre lang… „Deswegen ist dein Herz krank Seto. Als du noch Seth warst, warst du sehr schwierig. Man schrieb dir das Chaos und die Verderbnis zu. Außerdem den Sturm. Jeder Gott bekam Eigenschaften angerechnet. Du erntetest wegen deinem Charakter sehr viel Negatives und hattest beim Volk keinen guten Stand deswegen. Aber Horus, den du…“ „Sonnenkind… ich nannte ihn Sonnenkind…“ „Richtig. Er schaffte es, dich noch vor euren Amtsantritten als Pharaonen zu zügeln. Und du lerntest ihn zu lieben. Und dann verrietst du ihn indem du ihn tötetest.“ „Ich wollte seinen Thron. Ich habe nichts mehr begehrt, als diesen beschissenen Thron.“ „Du wolltest alleine herrschen. Du hast dich von deinem eigenen Verderben beeinflussen lassen. Hast dich von deinen eigenen Mächten blenden lassen.“ Ich kauerte mich zusammen und hielt mir meinen Kopf. Alles in mir brach zusammen. Die Erkenntnis ließ mich wünschen, ich wäre tot. Hier und jetzt. „Seth?“ Atemu stand vor mir und griff mich an den Schultern, aber anders, als ich erwartet hatte, lächelte er. Fast schon liebevoll. Er zwang mich, ihn anzusehen. „Willst du, daß er stirbt? Wie schon so oft?“ „Nein.“ „Dann sag mir, liebst du ihn? Liebst du Horus?“ Die Frage brannte sich in mir ein, als wäre die Antwort das Entscheidenste in meinem Leben. In diesem Leben.Ich wusste nicht mehr, wie viele davon ich schon durchgemacht hatte. Ich wusste, von meiner Antwort würde alles abhängen. Alles könnte vorbei sein. Entweder starb ich… oder er. „Ja.“ Flüsterte ich leise und verzweifelt. Yamis Griff an meinen Schultern verstärkte sich kurz. „Dann hast du endlich erkannt, daß du in der Lage bist jemanden mehr zu lieben , als dich selbst.“ Yami ging zur Kanope und hob sie von ihrem Podest. Er lächelte immer noch und ich war nicht mehr in der Lage irgendwas zu tun. Schweigend sah er sie an, ehe er sie einfach aus seinen Händen gleiten ließ und sie in tausende Teile auf dem Boden zerschellte. Und mit ihr fiel ich in eine tiefe dunkle Schwärze, tatsächlich bereit um an Joeys Stelle zu sterben. Atemus Augen verfolgten mich. Immer und immer wieder sang er mein Urteil. „Er soll als Gott weiterleben. Die Menschen sollen weiter an ihn glauben. Allerdings wird er fortan ausgestoßen sein und nicht erwünscht. Die Menschen sollen ihn meiden. Nur Chaos und Verderben mit ihm in Verbindung bringen. Jeder soll ihm, in jeder Wiedergeburt, mit Misstrauen und Unverständnis begegnen. Verdammt soll er sein. Verdammt bis er erkennt, wem er am meisten durch sein Tun geschadet hat, ehrliche Reue zeigt und aufrichtig die Wahrheit durch seinen inneren Spiegel erkennt.“ Kapitel 19: Der Sturm Ägyptens ------------------------------ Nicht mehr lange und ich würde ihn wieder sehen. Ich stand auf einem Balkon meines Tempels und blickte in die Ferne der Wüste hinein. Die Sonne schien unerbittlich heiß auf die Erde herab. Ließ alles ausdorren und nach Wasser schreien. Seit unserem Amtsantritt als Pharaonen nach Atemus Selbstmord sahen wir uns nicht mehr oft. Unsere täglichen Treffen reduzierten sich auf alle 3 Monate. Wir wechselten uns immer ab. Heute war er es, der zu mir reisen würde. Ich wusste nicht, wie lange ich schon hier stand und in meiner Sehnsucht badete, es musste lange sein, denn die Sonne ging bereits unter und tauchte den wolkenlosen Himmel in ein blutiges Rot. „Seth…“ Ich lief einen Schritt nach vorne, erkannte die Karawane dadurch zwar nicht besser, die gerade am Horizont auftauchte, aber ich wusste dennoch, daß es seine war. Endlich! Sofort riss ich mich von dem Anblick los und rannte durch die Gänge des Tempels. Ich fiel über meine eigene weiße Gewandung, stolperte hier und da, fing mich an irgendwelchen Möbelstücken wieder auf. Zerstörte Bodenvasen und kehrte unabsichtlich den marmornen Boden unter mir mit den ellenlangen, edlen Stoffen, die um meine Hüften geschlungen waren. „Mooaaarrrr! Bei Ra!“ Fluchend sah ich kurz zurück. Ich musste dringend meine Gewänder vom Schneider ändern lassen. Wenn ich jedes Mal wegen meiner Hektik und Ungeduld die halbe Einrichtung auseinander nahm, würde der Tempel bald nicht mehr stehen und einer Ruine gleichen! Ich wollte nicht mehr warten, lief eilig in den Stall hinein. Immer zählte ich die Monde, bis zu dem Tag, an dem wir uns wiedersahen. Ohne mein Pferd überhaupt zu satteln, warf ich dem braunen Hengst einfach das Kopfgeschmeide um, schwang mich auf dessen Rücken und galoppierte Seth entgegen. Es war immer gefährlich, wenn ein Pharao auf reisen war, so überraschte es mich nicht, daß Seths Karawane doch recht groß war. Er musste beschützt werden. „Seth!“ Rief ich ihm entgegen und er hob den Blick und sah mich an. Ich konnte ihn lächeln sehen, aber durch die lange Reise sah er müde und erschlagen aus. Er stieg elegant von seinem Pferd und ich sprang ungelenk von meinem. Fiel erst einmal in den tiefend Sand unter mir und brauchte einen Moment um aufzustehen, da der Sand wirklich tief war. Noch bevor ich noch einmal fallen konnte, fingen mich zwei starke Arme auf und drückten mich an sich. Sofort schloss ich meine Augen und nahm Seths Geruch in mich auf. Drückte mein Gesicht in seine Halsbeuge. „Endlich bist du da.“ „3 Monate.“ „Ich weiß.“ Wenig später, bei Einbruch der Dunkelheit, erreichten wir meinen Tempel. Ich ließ Unmengen an Speisen in mein Gemach bringen. Jedem sagte ich persönlich, daß ich fortan nicht mehr gestört werden wollte. Seth wurde hier herzlich empfangen. Jeder wusste Bescheid was für ein Verhältnis wir zueinander pflegten. Manche bewunderten uns, weil wir offen damit umgehen konnten und uns nicht versteckten. Den Mut besaßen uns über Traditionen zu stellen. Andere wollten uns am liebsten tot sehen. Es kümmerte uns nicht. Nicht mehr. Seth befreite seinen braun gebrannten Körper von den schützenden Gewändern und war dankbar für die große Waschschüssel, die ich ihm bringen ließ. Komischerweise war er sehr wortkarg. Gut, er war noch nie ein Mann der vielen Worte gewesen, deswegen machte ich mir zu diesem Zeitpunkt noch keine Gedanken darüber. „Wie war deine Reise? Du siehst müde aus.“ „Anstrengend.“ War ja klar. Hätte ich mir denken können. Bisher riss ich mich noch zusammen und ließ ihn erst einmal für sich. Ich wollte, daß er sich von den Strapazen erholte. Er kam auf mich zu, bis eben saß ich noch auf meinem Bett, aber er zog mich hoch und fuhr mit den Händen durch mein goldenes Haar. „Ich habe dich vermisst, Sonnenkind.“ „Du sollst das nicht immer sagen!“ „Was denn dann? Hund vielleicht?“ „Ne… dann doch lieber das andere…“ Ich errötete, zog eine beleidigte Schnute und seufzte genervt. „Außerdem… ich sagte es 3 ganze Monate nicht.“ „Doch! In den Briefen, die du mir geschickt hast!“ „Das waren nur geschriebene Worte.“ „Na und?! Ich bin keine Frau, die du mit Gefühlsduseleien beeindrucken kannst!“ Seth senkte seinen Blick und schloss die Augen. Er wirkte fast schon etwas amüsiert. Das war oft so, wenn wir zusammen waren, aber irgendwie überkam mich das Gefühl, daß die lange Zeit der Trennung uns immer mehr entfremdete. Er war anders als sonst. „Aber ich kann dich mit anderem beeindrucken.“ „Ach ja? Bestimmt nicht! Ich kenne di…“ Dich in und auswendig wollte ich sagen. Ich kam allerdings nicht dazu, denn Seth küsste mich stürmischer denn je. Er war heiß, er war so wild und raubte mir mit seiner Art die Sinne. Ich spürte seine Hände überall auf meinem Körper brennen. Er war schlimmer als die Sonne, wenn sie am Mittag ihren höchsten Stand erreichte. Seth zwang mich mit seinen Lippen in die Knie, wir sanken beide auf den kalten Boden, der mit einen eisigen Schauer über den Rücken jagte. Ich krallte mich an den Braunhaarigen, keuchte unter seinen Liebkosungen, als er meine Stoffe, die noch um meinen Körper geschlungen waren einfach wegstrich. Als wären sie ein lästiger Störfaktor, den es zu beseitigen galt. „Seth…“ Er drückte mich weiter zu Boden. Richtig herrisch und besitzergreifend. Er vereinnahmte mich, ließ mir keine einzige Chance aktiver zu werden. Sein Körper lag auf meinem, unsere Zungen fochten einen wilden Kampf aus, von dem man nicht wusste, wer ihn gewinnen würde. Er ließ mir kein Entrinnen, es machte mich verrückt! Ich lebte gerade nur für diesen einen Moment! Am liebsten würde ich ihm diese verfluchte Robe einfach vom Leib reißen, aber er entblößte sich bereits, nachdem er kurz von mir abließ. Das war meine Chance! Sofort kletterte ich auf ihn, grinste diabolisch und klammerte mich an ihn. Versank in den Augen des Meeres vor mir. „Du bist mein Seth…“ „Und mein ist dein Thron.“ Seine Stimme war so eisig kalt, wie der schneidige Wind in den Nächten. Ich erstarrte, löste mich etwas von ihm, ohne dabei seine Augen mit den meinen loszulassen. Seine Liebe zu mir war nicht mehr da, von jetzt auf eben. Da wusste ich, ich hatte ihn verloren. „Seth nein! Bitte nicht…“ Fest griff ich sein Gesicht in meine Hände. Ich schrie ihn an. Er musste wieder zur Besinnung kommen! Das Chaos durfte ihn einfach nicht beherrschen! Es war keine Regung mehr in seinen Augen, er starrte mich einfach nur an und während ich mit allen Mitteln, die mir zur Verfügung standen, versuchte ihn zu erreichen, spürte ich einen stechenden Schmerz in meiner Brust. „Seth…“ Er sprach nicht, er fühlte nicht. Die Klinge des Dolches stieß in mein Herz, es war ein bittersüßer Schmerz, der mir die Luft zu Atmen raubte. Tränen zierten unaufhörlich meine Wangen, verzweifelt hielt ich ihn fest und presste mich an ihn, wissend, die Klinge würde doch nur tiefer in meinen Körper dringen. Ich liebte diesen Mann so sehr. Ich konnte es nicht in Worte fassen. Und jetzt, wo ich in seinen Armen starb, da tobte draußen und in mir der Sturm, der den Untergang für den einstigen Priester bedeutete. Blitze schossen durch den nachtschwarzen Himmel, kündigten das immerwährende Unheil an. „Im nächsten Leben Seth… im nächsten Leben da werde ich…“ „…dich retten!“ Schrie ich mit weit aufgerissenen Augen und streckte eine Hand nach ihm aus. Pure Angst und Panik jagte durch meinen Körper. „Hallo Joey.“ Verwirrt drehte ich mich um. Ich war nicht mehr in Ägypten! Ich war im Museum! Und direkt vor mir stand Yami. „Yami? Was ist hier los?! Eben war ich doch noch…“ „Du hast deinen Tod gesehen. Aber das ist jetzt nicht mehr wichtig. Fällt dir denn gar nichts auf?“ Er sah mich grinsend an und ich wusste nicht, was er meinte! Ich kam nicht hinter her! Mein Hirn hämmerte noch in einer anderen Epoche! Langsam stand ich auf und sah mich hier um, als wäre ich das erste Mal in diesem Museum. Ich blieb an einem Spiegel hängen, was Yami anscheinend saukomisch fand. Er lachte nämlich. „Spiegel haben es euch wirklich angetan.“ „Ich bin ich!“ „Ja.“ „Warum? Ich verstehe das nicht!“ „Seto. Er hat den Fluch gebrochen.“ „Moment! Er wird immer wieder geboren, wenn ich ihn nicht rette! Ich habe es gesehen! Ich habe alles gesehen!“ „Dann würde ich sagen, du rettest ihn. Denn in diesem Leben hast du tatsächlich eine Chance dazu. Er liegt im Krankenhaus. Nachdem du auf dem Friedhof zusammen gebrochen bist, hattest du eine Herzattacke. Wurdest operiert. Seto kam hier her und bat aufrichtig um dein Leben.“ Das machten meine Nerven gerade nicht mit! Ich konnte mich nicht einmal darüber freuen, daß ich meinen Körper wieder hatte. „Was soll ich tun?!“ Schrie ich verzweifelt und suchte schon den Ausgang. Ich fand ihn, rannte los und ließ Yami unbeachtet. „Lauf! Lauf Joey!“ So schnell wie ich rennen wollte, konnte ich gar nicht! Mit einem Taxi, was meiner Meinung nach quälend langsam fuhr, erreichte ich dann das Krankenhaus. Komischerweise wusste ich ganz genau, wo Seto war. Ich kannte die Zimmernummer, ich kannte das Stockwerk und ich kannte die Diagnose! „Seto!“ Ich riss die Tür auf und erstarrte. „Oh mein Gott.“ Meine Stimme versagte. Mokuba saß an Setos Bett und weinte. Im Hintergrund konnte man Setos Herzschlag hören. Begleitet von einem mechanischen Nebengeräusch. Es war unheimlich. So unwirklich. Er hing an unzähligen Geräten! Schritt für Schritt ging ich auf ihn zu. Mokuba kam mir entgegen und klammerte sich an meine Beine. „Joey! Bitte geh nicht wieder weg! Bitte!“ „Nein…“ War es nun die Antwort für Mokuba, oder war es der Schock, der sich tief in meine Seele fraß? Wahrscheinlich von beidem etwas. Fest drückte ich den kleinen Mann an mich. Er schien mich nicht mehr loslassen zu wollen. Und doch musste ich mich von ihm lösen, stand neben Seto und sah ihn an. Na los! Blaff mich an! Beleidige mich! Nenn mich von mir aus Hund! Nerv mich! Geh mir auf den Geist! Ich bettelte regelrecht danach, daß er jetzt einfach aufwachte und mir die Beachtung schenkte, die ich von ihm gewohnt war. Wie in einem Märchen mit Happy End. Aber das hier, das war eben kein Märchen. Das war die bittere Realität. „Bring mich zur Weißglut! Bedränge mich! Sieh mich an!“ Halte mich. Fass mich an, berühre mich! Begehre mich, fühle mich… „Seto! Wenn du es wagst Mokuba und mich hier alleine zu lassen, dann setzt es was! Hast du das verstanden?! Also reiß dich gefälligst zusammen und werd wieder gesund, ist das klar?! Ich dulde es nicht, daß du dich so hängen lässt!“ Ich liebe dich. Kapitel 20: Perfektion ---------------------- Ganze 2 Monate saß ich nun jeden Tag an Kaibas Bett im Krankenhaus. Meine Freunde löcherten mich mit Fragen um Seto, ich war aber nur in der Lage, knappe Antworten zu geben. Der Einzige mit dem ich mich wirklich über diese Sache unterhalten konnte war Yugi. Es war klar gewesen, daß Yami ihm alles erzählte. Dennoch erklärte das den anderen nicht, wieso ich gerade wegen meinem angeblichen Erzfeind No. 1 so besorgt war. Eigentlich müssten meine Erinnerungen an diesen Tag langsam, emotional gesehen, verblassen, aber sie taten es nicht. Ich fühlte mich noch immer so, als wäre es genau eben passiert. Als ich erkannte, wer ich wirklich war, oder besser gesagt, einst gewesen war, Seth zu mir gehörte und ich zu ihm. Wenn ich so darüber nachdachte und es jetzt mit meinem Wissen betrachtete, dann war es so offensichtlich gewesen. Wir stritten immer! Wirklich immer! Es war meine Art von ihm Aufmerksamkeit zu bekommen. Ich spürte bei ihm, daß ich lebte und nicht mein tristes Leben einfach daher vegetierte. „Wach doch bitte auf…“ Ich sollte dort liegen an seiner Stelle. Es machte mich fertig, ihn so zu sehen. Seto war kalkweiß, seine Gestalt schien mehr tot, als am Leben, auch wenn die Geräte hier etwas ganz anderes sagten. Ich saß auf einem Stuhl vor seinem Bett. Ich war sofort nach der Schule zu ihm gefahren. Mit meinem Drahtesel. Das Ding fuhr tatsächlich noch, obwohl es durch Kaibas brutale Attacke krumm und schief geworden war. „Bitte.“ Als ich vor dem Grab meines Vaters stand, da brüllte ich alles Leid in mir heraus. Solange, bis sich meine Stimme überschlug. Solange, bis Setos Herz kurz aufhörte zu schlagen. Ich dachte in diesem Moment nicht an seine Krankheit. Rechnete überhaupt nicht damit, daß so etwas passieren konnte. Seto war doch perfekt! Sein Schein nach Außen war perfekt, aber innen drinnen, da war er alles andere als perfekt! Er war ein gebrochener Mann. Eines aber wusste ich, niemand war vollkommen! Man konnte nur versuchen die Perfektion an sich zu erreichen. Der Weg dahin war das, was einen Menschen auszeichnete. Daher wusste ich, er war perfekt für mich! „Diese bescheuerte Kanope.“ Ich verfluchte sie. Wären wir doch nie in dieses Museum gegangen! Hätte ich diese Klassenfahrt doch einfach geschwänzt! Das konnte ich doch so gut! Verzweifelt strich ich mir die Haare zurück, nahm einzelne Tränen dabei mit. Ließ mich zurück an die Lehne des Stuhls fallen und sah zur Decke deren Halogenleuchten unbarmherzig auf uns schienen. Weiß… alles war weiß. Setos Lieblingsfarbe war weiß… Meine Gedanken waren so durcheinander, daß ich Mühe hatte sie zu sortieren. Nicht mal anständige Sätze bekam ich zusammen. Ich schloss die Augen und atmete tief durch. „Hey Joey… du bist ja schon da.“ Mokuba. Wie jeden Tag. Es war fast schon zu einem Ritual geworden, daß wir uns hier trafen. Vom Jugendamt aus, sollte ich eigentlich schon längst bei Yugi wohnen, aber ich schaffte das einfach nicht. Ich konnte und wollte Mokuba nicht alleine lassen. Ich hing an ihm und er an mir. Ab und an, da schlief er sogar bei mir im Gästezimmer. Immer dann, wenn er in seiner Traurigkeit wegen seinem großen Bruder erstickte. Ja einmal sogar, da hatten wir uns beide in den Schlaf geweint. Ganz bestimmt wusste Mokuba schon bescheid, was mich und Seto betraf. Wahrscheinlich schon eher, als wir selbst. So wohnte ich also weiterhin bei den Kaibas, aber auf dem Papier bei Yugi. Eines musste man Seto lassen, er dachte an alles für den Fall der Fälle. Und genau das war so ein Fall. Wie konnte man nur so weitsichtig sein? Ich könnte wetten, daß er selbst sein Testament in den jungen Jahren schon notariell hatte beurkunden lassen. Seto Kaiba, immer auf der sicheren Seite! Allein für diese Art hätte ich ihm früher eine reinschlagen können! Er sah immer so aus, als würde er sein Leben nicht genießen. Nicht einfach mal die Füße hochlegen, oder feiern gehen, so wie jeder andere auch. Nein, er pinnte sich an seinen Chefsessel fest. Ich schwöre dir Seto, wenn du aufwachst, dann gehen wir verdammt nochmal unser Leben genießen! Wenn du mich lässt. Ich zeige dir, wie es ist, einfach nur zu Leben. Ich wollte dir zeigen, daß du auch einfach mal nur du selbst sein kannst. „War der Arzt schon da?“ „Ja. Er sagt, daß er eigentlich bald aufwachen sollte.“ Aber nichts passierte. Noch einen ganzen Monat nicht. Die Maschine, die für die Beatmung verantwortlich war, wurde schon vor gut ein paar Wochen abgenommen, da Seto angefangen hatte, wieder selbstständig zu atmen. Selbst im Koma lag er nicht mehr. Er schlief einfach nur. Tief und fest. Irgendwie kam es mir so vor, als würde er auf etwas warten. Wieder saß ich bei ihm. Der Sommer war schon längst vorbei, es wurde Herbst. Die Temperaturen draußen waren wieder kühl geworden und es regnete fast jeden Tag. Es wurde früher dunkel, was jeden dazu veranlasste, sich nach der Schule oder Arbeit einfach gemütlich zu Hause zu verkriechen. „Hey Seto!“ Mittlerweile redete ich mit ihm. Erzählte ihm, wie mein Tag war, was Mokuba alles durchmachen musste. Daß ich den Pizzajob geschmissen hatte, um mich mehr um ihn kümmern zu können. Ab und an, da brachte ich ihn sogar zum Lachen. Da konnte er zumindest für diesen Moment vergessen, daß du nicht da bist. Bei uns. Selbst meine Freunde kommen dich nun ab und an besuchen. Krass, oder? Wenn du wach wärest, würdest du sie rausschmeißen, nicht wahr? Oder aber du würdest dich insgeheim freuen und einfach nur wieder deine raue Schale raushängen lassen. So richtig Kaibalike. Ich wollte einfach nicht aufhören an dich zu glauben. Müde vom Tag, der jetzt schon zur Nacht wandelte, stand ich auf und seufzte. Ich strich dir eine braune Haarsträhne zur Seite. Du sahst so seelig aus. Ich lächelte deswegen. Es war weit nach 21 Uhr, als ich mir einen Kaffee unten am Automaten holte. Selbst die Namen der Krankenschwestern kannte ich schon auswendig. Ab und an unterhielt ich mich mit ihnen, floh aber immer, wenn sie mir unangenehme Fragen über dich stellten. In welchem Verhältnis stehen sie zu Seto Kaiba? Geht euch nichts an. Können sie ihm diese Karte an sein Bett bringen? Klar. In Fetzen! Ist Seto Kaiba Single? Wenn er aufwacht nicht mehr! Es nervte mich tierisch. Wie die Aasgeier! Ich zog zwei schwarze Kaffee aus dem Automaten. Für mich einen und für Seto. Ich tat das immer. Es gab mir ein Gefühl von Sicherheit. Genauso wie die Tatsache, daß ich ihm jeden Tag die Zeitung aufs Zimmer brachte. Ich wusste das war dumm, aber ich wollte einfach, daß falls es wirklich so war, er vielleiht irgendwas um sich herum mitbekam und etwas Vertrautes hatte. „JOEY! JOEY komm schnell!“ Ich hielt inne, als ich Mokubas Stimme hinter mir hörte. Langsam drehte ich mich um und sah ihn an. Er klammerte sich an das Treppengeländer neben ihm. Er weinte… und er lächelte! Er lächelte! „Seto..“ Ich wisperte seinen Namen, als wäre er heilig. Die Kaffeebecher fielen mir aus der Hand. Hinterließen riesige schwarze Lachen auf dem Fließenboden unter mir. Mein Herz schlug mir bis zum Hals! Mein Puls glich einer Nähmaschine! Ich musste zu ihm… ungläubig von der Nachricht lief ich erst langsam, bis ich auf Mokubas Höhe war. Er sah mich an. Ich haderte mit mir selbst. Hatte Angst vor diesem Moment. Mokuba schien das zu merken. „Jetzt geh! Er hat nach dir gefragt!“ Benommen starrte ich die unzähligen Treppen vor mir an, die hoch in das Stockwerk und Zimmer führte, in dem Seto lag. Ich rannte, ich stolperte, ich fiel. Endlich war ich da, ich riss die Tür auf und da sah ich sie. Diese blauen Augen. „So blau wie das Meer.“ „Hallo… Sonnenkind.“ „3 Monate.“ „Ich weiß.“ Krampfhaft hielt ich mich am Türrahmen fest, sackte dann aber, als ich endlich bei ihm war auf die Knie und hielt mich an seinem Bett fest. Aus Erleichterung, vor Freude, und weil ich weinte. Ich weinte um ihn. Es waren drei Monate. Wie damals. In Ägypten. Wir waren nicht vollkommen. Wir konnten nur versuchen die Perfektion an sich zu erreichen. Der Weg dahin, war das was uns ausmachte. Jetzt wussten wir beide, daß unsere Perfektionen die Schwächen des anderen waren. Denn nur Schwächen verführten uns zu Fehlern, und nur aus Fehlern lernte man. Kapitel 21: Das Immer --------------------- „Geht’s?“ „Ich bin nicht aus Zucker, Joey.“ Es war der Tag von Setos Entlassung aus dem Krankenhaus. Er musste von nun an eine Reha machen, damit er sich von der Operation vollständig erholen konnte. Was für unseren Bürohengst hieß, Füße still halten! Schon nach ein paar Tagen, nach seinem Erwachen fragte er mich allen Ernstes nach seiner Firma! Ging dem nichts anderen durch den Kopf? Z.B. das mit uns! Warum ließ er das so offen im Raum stehen? Ich konnte das einfach nicht verstehen! Die Situation hatte sich grundliegend geändert. Wir stritten zwar noch, aber da ging es eher darum, weil Diva meinte, er würde wieder arbeiten gehen wollen. Am liebsten schon im Krankenhaus! Ich wollte ihm am liebsten eine reinschlagen! Er tat das alles nur ab indem er sagte, ich solle mich nicht aufführen wie seine Ehefrau. Ich geb dem Ehefrau! Momentan liefen wir gerade zur Limousine. Roland wartete bestimmt schon seit gefühlten Stunden. Seto war einfach noch nicht so schnell unterwegs. Sein Körper war noch immer geschwächt und abgenommen hatte er auch. Stützend lief ich an seiner Seite und buxierte ihn nun auf den Rücksitz. Die Kaibavilla war nicht weit von hier. Wir saßen doch recht schweigend nebeneinander. Ich musste das unbedingt ändern. „Slade hat angerufen. Der Fall liegt bei den Akten als abgeschlossen. Die Staatsanwaltschaft verzichtet auf eine Verhandlung, weil die Notwehr offensichtlich war.“ „Gut so, es war auch nichts anderes.“ Ich wollte Seto das nicht so ganz glauben. Als er seine Aussage machte, zeigte er keine Spur von Reue oder Schock. Die Wahrheit kannte nur er, und ich dachte sie mir einfach. Es schien selbstverständlich für Seto zu sein, daß ich jeden Tag bei ihm war. Er fragte mich nicht einmal, warum. Das war auch in Ordnung, gäbe es da nicht diese vielen ungeklärten Dinge zwischen uns. Die Kaibavilla erstreckte sich vor uns und direkt vor ihr stand Mokuba, der strahlte, wie eh und je. Natürlich warf er sich sofort in Setos Arme und dieser drückte ihn so fest an sich, daß man meinen könnte, er wollte ihn nie wieder loslassen. Warum machst du das nicht bei mir? „Großer Bruder! Endlich! Willkommen zu Hause.“ Seto lächelte und wuschelte Mokuba durch die schwarzen langen Haare. Die beiden sahen so glücklich aus. Wirklich. Und Setos Lächeln, zauberte mir selbst auch eines auf die Lippen. Normalerweise würde er das in meiner Anwesenheit nicht tun. Dahingehend waren wir also schon mal ein Stück weiter. Ich kannte ihn. Wusste, wie er wirklich war. „Seto, du musst noch was essen. Und dich ausruhen. Ich hab dir was auf dein Zimmer bringen lassen!“ „Danke, Mokuba.“ Mokuba ahnte wahrscheinlich, daß Seto sich sonst sofort seinen Laptop schnappen würde. Um ehrlich zu sein, hatte ich mit dem Wuschelkopf eine Absprache, nämlich Seto mit unserem Verhalten quasi dazu zwingen Ruhe zu geben und die Finger von der Arbeit zu lassen. Ich begleitete Seto hoch in sein Zimmer und Moki hatte nicht gelogen. Hier stand so viel Essen, daß eine Armee davon satt werden würde! „Wow. Wer soll das alles essen?“ „Fang an und schau wie weit du kommst.“ „Ey! Vergleich mich nicht schon wieder mit einem Hund.“ „Habe ich nicht.“ „Hä?“ Perplex sah ich Seto an, der gerade vor seinem Bett stand und sein Hemd gegen ein bequemeres Shirt tauschte. Auch etwas, was anders war. So´n Ding würde er sonst zu Hause auch nie tragen! Über die Schulter hinweg sah er mich an und grinste süffisant. Ich war verwirrt. Und er auch, als er die Puppe wahrnahm, die da auf seiner Kommode stand. „Was sucht das Monster hier?!“ „ChiChi-chan? Naja… ich dachte wir heben eine auf, wenn du die anderen doch lieber Köpfen willst. Immerhin kann ChiChi-chan nichts dafür, daß ich Scheiße gebaut hab.“ „Du hast Riesenscheiße gebaut! 1,5 Millionen-Scheiße!“ „Willst du mir das echt ewig vorhalten? Ich will nicht streiten!“ Denk doch verdammt nochmal an dein Herz! Ich versuchte mich irgendwie zu bremsen und nicht in alte Muster zu fallen. Das war ganz schön schwer. Aber dann sagte Seto etwas, was ich echt nie für möglich gehalten hätte. „Du wolltest, daß viele Kinder glücklich gemacht werden. Ich habe mich darum gekümmert.“ „Echt jetzt?“ „Ich habe sie dem Waisenhaus gespendet, indem ich und Mokuba waren.“ Ich war fassungslos! Benommen sah ich zu der Puppe, die mich mit ihren Laseraugen irgendwie diabolisch ansah. Mich quasi herausforderte. Blödes ChiChi-chan! „Joey?“ „Hm? Ja?!“ Ich war in Gedanken gewesen und würde von Seto wieder wach gerüttelt. Er stand direkt vor mir, fesselte mich mit seinen Augen und legte eine Hand auf meine Wange, in die ich mich zögerlich hinein schmiegte und die Augen schloss. Ich konnte ihn gerade nicht ansehen und wusste nicht einmal warum. „Weißt du, warum meine Lieblingsfarbe Weiß ist?“ Wenn ich so darüber nachdachte… nein. Ich wusste es nicht. Ich schüttelte den Kopf und traute mich langsam aufzusehen. „Ich wusste es bisher auch nicht.“ Tolle Antwort! „Weil du es warst. Du bist das Licht, nach dem ich immer greifen wollte. Daran habe ich mich festgehalten. Seit damals. Jetzt weiß ich es wieder.“ „Seit Ägypten meinst du.“ Er nickte. Also war ich sein einziger Ausweg aus seiner eigenen Verderbnis. Es tat gut, das zu hören. Ich schloss wieder die Augen und umschlang seine Hand, die auf meiner Wange lag. Es war so ein magischer Moment! Ich wollte nicht, daß er aufhörte. „Und noch was.“ Seto löste sich von mir, setzte sich auf sein Bett und überschlug grazil die Beine, grinste herausfordernd und biss sich dabei auf die Unterlippe. Gerade eben konnte ich ihn nicht einschätzen. Gerade eben war er der Hohepriester und Firmenchef in einem. „Um auf unsere Unterhaltung zurück zu kommen… du findest mich also heiß ja?“ „Ich… ja. Also ich…“ „Und du würdest gerne mit mir schlafen.“ Wie konnte er mich nur so demütigen?! „Dir ist klar, daß ich jetzt nicht wirklich dazu in der Lage bin.“ „Das ist also kein nein.“ Ich hatte meine Sprache wieder gefunden! YAY! Mit einer Schnute verschränkte ich die Arme vor der Brust und trat an ihn heran. Sehr nahe, zu nahe! Aber das war mir so egal! Fordernd stemmte ich links und rechts meine Arme neben ihn. Ich wollte Seto nicht entkommen lassen! „Korrekt. Dem zufolge denke ich, daß wir die kontraproduktive Art in eine Produktive verändern sollten.“ „Merkst du eigentlich, daß du mich schon wieder beleidigst?“ Und wenns nur durch die Blume war! Ich und kontraproduktiv! Der hatte doch keine Ahnung! „Ja. Und ich habe dich da, wo ich dich haben wollte.“ Noch ehe ich etwas erwidern konnte, spürte ich Setos Lippen auf den meinen. Seine Hand in meinem Nacken, die mich bestimmend zu ihm nach unten auf das Bett drückte. Wir lächelten… alle beide. Jetzt war es definitiv perfekt! Perfekt für uns. Ich wusste nicht, in wie vielen Leben wir uns schon über den Weg gelaufen waren, nie gesehen, befreundet, gehasst, oder gestritten haben. Ja vielleicht sogar getötet. Ich wusste nur, daß ich jetzt wo ich nach Jahrhunderten wieder diese Liebe in mir spürte, ihn tatsächlich, wirklich und wahrhaftig, gerettet hatte. Ich spürte es ganz deutlich in meiner Brust. Dieses Mal war es kein Schmerz, der von einem Dolch in meinem Herzen verursacht wurde. Es war die Gewissheit, daß er mich liebte. Kapitel 22: SPECIAL! Heat me! ----------------------------- Es war Winter geworden. Seit gut einem viertel Jahr wohnte ich nun bei Yugi. Ich wurde herzlich aufgenommen und im Nachhinein musste ich Seto Recht geben, was das anbelangte. Es war gut gewesen, es so zu regeln. Zwar hielt ich mich doch die meiste Zeit sowieso bei Kaiba auf, aber hin und wieder war es ganz gut, wenn wir nicht jeden Tag auf der Pelle hockten. Mein Zimmer war kleiner, als mein vorheriges bei mir zu Hause. War aber nicht weiter schlimm, es gab alles, was man brauchte. Ich musste nicht mal kochen! Das war der Hit! Yugis Großvater war ein wahrer Schatz! Ich konnte den beiden gar nicht sagen, wie dankbar ich ihnen war. So versuchte ich alles Mögliche, mich im Haushalt und auch dem Laden einzubringen, wo ich nun einen Aushilfsjob hatte. Das war der geilste Job der Welt! Immer die neusten Karten gleich griffbereit. Wobei ich da auch sagen muss, daß ich die meistens noch zu sehen bekam, bevor sie veröffentlicht wurden. Meiner besseren Hälfte sei Dank! Wie die anderen drauf reagiert hatten, daß Seto und ich nun zusammen waren? Ratet mal. Gar nicht! Sie wussten es nämlich nicht. Noch nicht. Seto meinte, er wollte sich da Zeit lassen. Druckste hier und da rum, wenn ich fragte warum. Aber mehr als sein Ansehen nach außen in der Öffentlichkeit konnte es meiner Meinung nach nicht sein. Was war ich sauer gewesen! Yugi wusste es zwangsläufig. Yami war ne echte Plappertasche, aber ganz ehrlich? Ich glaubte sowieso, daß zwischen Yugi und ihm was lief. Die Wände von Opa Moutos Haus waren nämlich verdammt dünn! Es war ein Schock für mich gewesen, als ich eines Nachts kerzengerade im Bett stand, weil ich Yugi schreien hörte! Eines, was man nicht in die Kategorie Schmerz einordnen würde. Klar soweit? Mein Kopfkino wollte tagelang keine Ruhe geben und jetzt fing ich schon wieder damit an! Ätzend! Bisher hatte ich Yugi auch nicht drauf angesprochen. Mir war das peinlich ohne Ende! Nie hätte ich gedacht, daß mein bester Freund zum anderen Ufer zählte. Wobei… der Nietengürtel… Seufzend ließ ich mich tiefer auf meinem Stuhl sinken und sah durch das Schulfenster hinaus. Der Mathelehrer quälte uns gerade mit irgend welchen Formeln, die ich eh nicht verstand. Setos Standpauke würde heftig sein, wenn ich ihn schon wieder um Nachhilfe bitten musste. Ich legte es aber darauf an, denn meine Nachhilfe beinhaltete ein kleines Detail, auf das ich nicht verzichten wollte. Sex! Jaaaa, richtig gehört. Ich, Joseph Jay Wheeler, war nicht nur mit dem Arsch von Dienst zusammen, sondern schlief auch mit ihm. Und bei Gott… sorry Ra~, er war verdammt gut. Keine Ahnung, wo er die Erfahrung her hatte, ich wollte es auch nicht wissen, aber der Sex mit ihm brachte mich um den Verstand. Einmal erwähnte er eine Affäre mit Marik. Das war ein Schock für mich! Ich mein… mit DEM?! Dreckiges Miststück! Hätte ich ihm gar nicht zugetraut. Wo ich aber gerade dabei war, Miststück ließ sie heute ziemlich viel Zeit. Normalerweise sagte er mir immer bescheid, wenn er später zur Schule kam, aber heute war das nicht so gewesen. Bestimmt irgendein wichtiger Termin. Ich bekam vor lauter Tagträumerei nicht mal mit, wie es zum Stundenschluß läutete und die lang ersehnte Pause willkommen hieß. „Joey?!“ „Hä?“ „Alles ok? Er kommt sicher gleich.“ „Ist das so offensichtlich? Echt jetzt?“ „Schon.“ „Ok, alles klar, dann jetzt mal Tacheles Yugi. Mein Zimmer liegt direkt neben deinem.“ „Ja, und?“ „Es liegt neben deineeeeem?“ „Ich versteh nicht, was du willst.“ Schon wieder nicht. „Yugi?“ „Ja?“ „Schrei einfach nächstes Mal nicht mehr so laut.“ Postwendend glich Yugis Gesichtsfarbe, der eines Feuermelders. Ich hatte also Recht! Yatta! „Sorry.“ „Nix für ungut, aber du weißt über mich und Seto ja auch Bescheid.“ „Ihr schlaft miteinander?!“ Was war denn daran so schlimm bitte?! Dachte Yugi etwa Seto war so eisig, daß es in seiner Hose auch eisig war? Ich wusste es besser. Viel, viel besser! „Scheint ja ziemlich schockierend für dich zu sein, Stachelkopf.“ Kaiba pfefferte seinen silbernen Koffer auf seinen Tisch und kam wieder zu uns. Er strengte sich wirklich an, sich mehr in die Gruppe zu integrieren. Für mich. Wir veränderten einander. Wir ergänzten uns. Dennoch war Setos Haltung abweisend und arrogant. So wie immer. Yugi biss sich derweil auf die Unterlippe. Na? Wer hatte jetzt Kopfkino? „Hey Seto.“ Wie gerne würde ich ihn einfach berühren, oder umarmen, aber das ging nicht. Er wollte es in der Schule nicht. Nur, wenn wir alleine waren und er sich sicher war, uns würde niemand sehen. Warum stand er nicht zu mir? Seto sah mich allerdings anders an. Es war kein Vergleich zu früher. Und dafür dankte ich ihm. Es war nicht so, daß wir nun gar nicht mehr stritten. Im Gegenteil! Wir taten das ziemlich oft! Aber das war eben unser Manko, es gehörte zu uns. Es war einfacher, jetzt wo wir beide wussten, wie wir damit umzugehen hatten. „Ich muss mit dir reden Joey.“ Wow… er ließ das Wauwau weg. Das verhieß nichts Gutes! So gar nicht! Ich kannte ihn! Zu Hause nannte er mich oft Sonnenkind, wobei mir das echt lieber war, als mit einem dahergelaufenen Hund verglichen zu werden. Ok, ok… Sonnenkind war kitschig. So richtig rosalilaglitter kitschig! Aber wenn es aus Kaibas Mund kam, hörte es sich nicht danach an. Ich wusste, er sagte das, weil er es eigentlich schon immer zu mir gesagt hatte. Weil er mich liebte. „Ok, aber nach Schulschluß. Die Pause ist gleich vorbei.“ Er schien nicht warten zu wollen. Plötzlich ergriff er meine Hand und zog mich einfach hoch. Sein Griff war fast schon zu fest. Ich autschte ein wenig. Yugi war perplex, immerhin ließen wir ihn gerade einfach so sitzen! „Seto! Was soll das?! Meine Fehlzeiten! Das geht nicht!“ „Ich sorge dafür, daß das geht!“ Das war die Laune von Kaiba, die keine Widerrede duldete. Da könnte ich Saltos schlagen und er würde mich nicht beachten! „Wo willst du denn überhaupt hin?!“ „Siehst du gleich.“ Er zog mich echt quer durch die Schule. Hier und da begegneten wir ein paar anderen Schülern, die uns bescheuert ansahen. Ich hatte nur eins meiner bescheuertsten Grinsen im Gesicht, während mein Freund hier quasi wieder alles mit seinen Blicken im Umkreis von mehreren Kilometern tötete. Auf welche Art wollte ich gar nicht wissen. Kaiba würde irgendwas Effizientes wählen… ne Atombombe vielleicht? So langsam dämmerte es mir, wo er hin wollte und als er die Tür aufriss, bestätigte sich meine Vermutung. Er wollte doch nicht… ?! „Das ist die Schulbibliothek! Ey, wenn du willst, daß ich wegen Mathe mehr büffel, hättest du das nur sagen brauchen man!“ „Halt den Mund!“ Als er mich in die hinterste Ecke des Raumes geschoben hatte, zwischen die Bücher über Lyrik und Sprachen, küsste er mich. Es gab kein Entrinnen. Ich war auch zu überrascht! Das ging nicht! „Seto!“ „Hm?“ Er leckte sich verschwörerisch über die Lippen und pinnte mich fest. Seto liebte außergewöhnliche Orte beim Sex. Klar, so ein Bett war bequem, aber ihn schien es auf Dauer wirklich zu langweilen. Aber das hier war die Schulbibliothek! Und ich dachte die Umkleidekabine im öffentlichen Schwimmbad wäre schon krass gewesen! „Das ist doch jetzt nicht dein Ernst!“ Setos Blick wanderte zur Seite, er grinste noch immer so herausfordernd, ja legte sogar leicht den Kopf schief, als er die Lehrbücher über Sprachen musterte. „Vielleicht, fangen wir erst ein wenig mit Französisch an. Dann wirst du lockerer.“ „Hier sind noch Leute!“ „Jetzt hab ich aber Angst. Die gehen doch sowieso gleich.“ Scheiße, er machte Ernst! Er ging in die Knie und öffnete so schnell meine Hose und umschlang mein bestes Stück, daß ich mir die Hand vor den Mund halten musste um nicht laut aufzuschreien. Ob mich das anmachte? Und wie! Wer konnte schon von sich behaupten, Seto Kaiba ging vor ihm auf die Knie? Ich schon! Ich konnte auch nicht leugnen, daß sich bei mir sofort etwas regte. Ich glaubte, alles Blut in meinem Körper sammelte sich in meinen Lenden, als er anfing meine Eichel zu lecken und daran zu saugen. Fest krallte ich meine Hände in seine Haare, als er rythmisch seinen Kopf bewegte und ich deswegen nur noch mehr in Extase geriet. Ich merkte nicht einmal die Schulglocke und auch nicht, wie sich die Tür verdächtig leise schloss. Seto machte mich wahnsinnig! Und er genoss es. Er genoss es, wie ich unter seinem Tun verging! Wie ich mich windete! Je länger er an mir zu Gange war, sogar seine Fingernägel kratzend an meinen Oberschenkeln entlangstrich, nein riss~, desto mehr konnte ich ein Stöhnen nicht mehr unterdrücken. Mir war so heiß! Er war so heiß! Und so ein arrogantes Miststück! „Seto… es reicht!“ Schwer atmend sah ich auf ihn herab und er hörte tatsächlich auf. Aber ich wusste, das war erst der Vorgeschmack auf das was noch kommen würde. Er stand zu langsam auf. Viel zu langsam! Er strich mir über die Beine hinauf zu meinen Leisten, umgriff meine Erregung und presste sich an mich. Ich konnte spüren, daß auch er an sich halten musste. Er war kurz davor kurzen Prozess zu machen. Drückte sein Bein gegen meinen Schritt, was mich nur noch mehr aufstöhnen ließ. „Sicher nicht.“ Schicht um Schicht zog er mich aus und ich schrie förmlich danach, daß er endlich schneller machen sollte! Ich wollte ihn. Hier und jetzt! „Sag es.“ „….“ „Sag es!“ Die Hitze in mir war unerträglich. Seto erstickte meine Antwort in einem weiteren Kuss, der in eine Art Zungenkampf ausartete. Seine Hände waren überall an mir. Ich wurde wahnsinnig unter seinen Berührungen und er… schien wie immer alles unter Kontrolle zu haben. Bis zu dem Zeitpunkt, wo auch ich nicht mehr untätig blieb. Denn Kaibas Schuluniform verabschiedete sich genauso, wie die meine. Ich ruckte seine Hose einfach runter, riss sein Hemd auf und es war mir verdammt nochmal egal, ob da nun Knöpfe fehlten oder nicht! War sein Problem! „Nimm mich.“ Wir unterbrachen beide, sahen uns an, voller Lust und Begierde. Ich hielt sein Gesicht in meinen Händen, leckte über seine Lippen und Wangen, den Hals und die Schlüsselbeine. Es war ein Flehen meinerseits. Der Druck in meinen Lenden war unerträglich geworden. Ich schöre, wenn er jetzt aufhörte, war das ein absoluter Trennungsgrund. Er sollte mich nicht zurücklassen wie ein scharfgemachter Zuchtbulle! Warum ich das erwähne? Er hat es schon getan! Plötzlich packte er mich erneut, zog mich mit sich an das nächste Bücherregal, was gefährlich wackelte und auch einige Bücher heraus fielen und mit einem lauten Klatschen zu Boden fielen. Er zog mich weiter zu sich runter, ich landete sitzend auf seinem Schoß. Seine Erregung war so groß und hart, als sie sich an meiner rieb. Immer wieder versanken wir in heiße Küsse und immer wieder unterbrach er weil er meinen Körper liebkoste und daran knabberte. Krampfhaft hielt ich mich an ihm fest, presste den erhitzten Körper an mich, als wollte ich ihn verschlingen. „Seto…“ Er hob mich etwas an, bereitete mich vor auf den letzten Akt indem er erst einen und dann noch zwei weitere Finger in mich einführte und weitete. Ich krampfte, wie immer und Seto hörte schlagartig auf; brachte mich damit nur noch mehr zur Weißglut. Als ich ihm aber einen bösen Blick zuwerfen wollte, sah ich Besorgnis in seinen Augen. „Alles klar?“ „Ja! Mach!“ „Du hast es eilig…“ „Und das ist nur deine Schuld!“ „Na dann…“ „AAAHHH! OH mein Gott!!!“ "Hn.~ Seto reicht." Arsch! Er hatte mich nicht mal vorgewarnt! Ohne weiteres drang er in mich ein und füllte mich aus. Jede Faser meines Körpers spannte sich an. Ich krallte mich in Setos Rücken, ließ den anfänglichen Schmerz über mich ergehen und Seto… bewegte sich rythmisch in mir, der mir nicht die Zeit gab, mich daran zu gewöhnen. Jetzt stöhnte auch er. Sein heißer Atem schlug mir auf die blanke, verschwitzte Haut. Sofort stellten sich kleinste Häärchen in meinem Nacken auf, weil ich ihn einfach nur noch mehr wollte. „Jo…“ Ich liebte es, wenn er mich so nannte! Ich könnte ihn fressen, so sehr verging ich mich nach ihm. Ich fing an, mich erst langsam auf ihm zu bewegen, dann immer schneller und fester. Es würde nicht mehr lange dauern und ich erreichte meinen Höhepunkt. Es wurde so wild und hemmungslos, daß uns der Speichel über die Mundwinkel lief. Nach einiger Zeit drückte er mich nach hinten auf den Boden, ich konnte gar nicht anders, als mich an den Bücherregalen festzuhalten, während er mich nahm und immer wieder fest in mich stieß. Er rieb sich an mir, ich mich an ihm… Er war nicht eisig kalt. Kaiba war heiß! Verdammt heiß! Dieser starke Körper auf mir, der sich bei jedem Stoß immer wieder anspannte, sehnig und fest… es trieb mich in den Wahnsinn! Und ihn… ihn trieb es in den Wahnsinn, weil ich unter ihm lag. Er die Kontrolle über mich hatte! Er umfasste mich, umgarnte mich, verführte mich. Rieb meine Erregung im Takt seiner Stöße. Ich konnte nicht mehr. Es war einfach zu viel! Und doch passte er genau diesen Punkt ab, um mich erneut aufzurichten und hochzuziehen. „Gemeines Aas.“ „Hn. Schon immer gewesen.“ „Halt die Klappe!“ Jetzt wollte ich, daß er schrie! Wegen mir! Für mich! Ich trieb es wirklich auf die Spitze, als ich mich immer wieder auf und ab bewegte. Er griff meinen Hintern, krallte ihn, kratzte meinen Rücken und dann stöhnte er aus vollster Extase. Ich hatte ihn! Seto Kaiba war wild. Er war arrogant, einvernehmend, stur, von sich selbst überzeugt, ein Arschloch, heiß und kalt zugleich. Er war mächtig, heroisch und unnahbar. Aber ich… ich wusste was er noch war. Er war mein! Und das kostete ich jede Minute, die ich mit ihm hatte aus. So wie jetzt. Wir erstickten unser beider lauter Stöhnen in einem innigen Kuss. Er ergoss sich heiß und pulsierend in mir, ich spürte, wie er in mir zuckte und ich… nur meinen Saft überall auf seinem Bauch verteilte. Außer Atmen krallte ich mich an einem Regal über uns fest, keuchte vor Anstrengung und zitterte über die Heftigkeit des Orgasmus. Ich brauchte einen Moment um die Situation zu begreifen und um aufstehen zu können. Es ging gerade nicht. „Du bist unmöglich. Die Schulbibliothek! Was wenn das jemand gesehen hat?!“ „Anzeige?“ „War ja klar.“ Irgendwie verletzte mich seine Aussage auch. Ich wollte doch nur, daß er zu mir stand! Daß wir es endlich öffentlich machen konnten! Aber Kaiba schien das noch lange nicht vor zu haben. Es enttäuschte mich. Wortlos stand ich dann doch auf und zog mich an, während Seto mir dies gleich tat. Ich spürte, wie sich seine starken Arme um meinen Körper schlangen. Er sanft meinen Hals küsste und lächelte. „Lass einfach deinen Hemdkragen auf wie immer.“ „Wie bitte?“ „Machs einfach.“ Verstand ich nicht. Soeben wurde mir das Hirn rausgevögelt. Gerade noch rechtzeitig verließen wir die Bibliothek, vergaßen allerdings die Bücher wieder einzusortieren, die da gerade eben hatten dran glauben müssen. Heile waren die alle bestimmt nicht mehr. War ja auch egal. Die Schulglocke ertönte. Waren wir echt so lange zu Gange gewesen?! Ne ganze Doppelstunde Geschi? Krass… Ich stockte aber, als wir nun auf dem Rückweg in unser Klassenzimmer waren. Wieso sahen die mich alle so komisch an?! Jede Gruppe, die an uns vorbei lief tuschelte! Steckte die Köpfe zusammen! Was sollte das? Instinktiv griff ich mir an meinen Hals, Kaiba blieb stehen und grinste mich süffisant an. „Du bist mein… Sonnenkind!“ „Du hast doch nicht etwa?!“ „Doch.“ Und ich hatte es nicht bemerkt! Vor lauter Geilheit! Ich glaubte es nicht! Seto senkte den Blick, er war ein gutes Stück vor mir, streckte mir aber eine Hand aus. Ich war fassungslos! War das ein Traum? „Jetzt komm schon.“ „Uhm… ja!“ Ich rannte auf ihn zu, ergriff diese Hand und wusste, in diesem Moment konnte ich wirklich nicht glücklicher sein. Das wurde aber schnell wieder aus dem Weg geräumt, nämlich durch Yugi, der gerade mit irgendeinem Zettel auf uns zu gerannt kam. „Kaiba! Joey! Um Himmels Willen! Was habt ihr gemacht?! Das hängt überall an den schwarzen Brettern!“ Wenn Yugi mal eine Panikattacke hatte, war die auch ernst zu nehmen und das hier war definitiv eine. „Ehm… also...“ „Gib her!“ Seto riss Yugi vermeintlichen Zettel aus der Hand, was sich als frisch ausgedrucktes Handyfoto entpuppte. Das waren wir… Seto und ich… und… UND… es zeigte wie wir gerade… AHHHHH!!!! „Kaiba?“ „Was?!“ „Was machen wir jetzt?“ „Anzeige.“ Wie war das nochmal mit der Atombombe? Epilog: Epilog -------------- Der Sandsturm war unerbittlich, Unsere Pferde kamen nicht gut voran. Sie sackten immer wieder ein und jetzt noch ein Lager aufzuschlagen würde nichts bringen. Die Sicht auf den Tempel verschwand immer mehr. Und durch den ganzen Sand, der uns unbarmherzig ins Gesicht peitschte, bekamen wir es mit der Angst zu tun. Sogar ich. Wir durften auf keinen Fall eine andere Richtung einschlagen, jetzt, wo das Ziel so nahe war. „Horus?“ „Ich bin direkt hinter dir! Keine Sorge!“ Obwohl er schrie, war seine Stimme durch den Wind gedämpft. Sandstürme dauerten im Allgemeinen nicht lange, aber dieser hier schien uns wirklich das Leben schwer machen zu wollen. Trotz aller Widerstände konnte ich nun den steinernen Vorhof des Tempels unter meinen Füßen spüren. Endlich! Wir waren tagelang gereist! Noch immer sagte das Sonnenkind, daß er es einfach nicht für nötig befand, aber ich bestand darauf. Ich wollte mein Vorhaben unbedingt in die Tat umsetzen. Nur zur reinen Sicherheit! „Komm!“ Ich nahm den Blonden bei der Hand, wickelte uns ihn in eine Decke, damit der Sand unsere Haut nicht noch mehr aufriss. „Seth! Ich bin kein Kind mehr!“ „Mund halten.“ „Hmpf!“ Selbst die Pferde waren dankbar, als wir sie in die geschützte Anlage rein führten. Wir befanden uns in einem Tempel des Atemu. Sohn des Ra. Auch ich als Hohepriester musste mir eine Erlaubnis einholen um diesen Tempel überhaupt betreten zu dürfen, aber der Pharao war gnädig mit mir gewesen, als ich ihm darlegte, welches Anliegen ich damit bezweckte. Horus befreite sich aus der Decke, schüttelte seine Kleidung aus und wuschelte sich durch das goldene Haar, was mich zum Grinsen brachte. „Sandstürme machen dir also nichts aus, ja?“ „Tun sie auch nicht. Solange ich nicht den Tempel wie ein dahergelaufener Hund freibuddeln muss.“ Lachend schüttelte ich den Kopf und trat ein mein Pferd heran. Nahm mir den Beutel und schließlich Horus Hand. Ich wollte direkt mit ihm zum Altar und sofort anfangen Ra meine Bitte darzulegen. „Mein Gott hast du es eilig.“ Horus wollte anscheinend nicht verstehen, wie wichtig mir das war. Oder aber, er war selbst besorgt und versuchte die Situation runter zu spielen. Zweiteres war wahrscheinlicher. Er trennte sich kurz von mir, nahm einen großen Schluck Wasser, kam wieder auf mich zu und tränkte seine Hände mit der klaren Flüssigkeit, um sie dann auf meine Wangen zu legen und zart darüber zu streichen. Ergeben schloss ich meine Augen und harrte einen Augenblick. „Seth. Es wird alles gut. Ehrlich!“ Sein Wort reichte mir einfach nicht. Ich wollte eine Bestätigung. Ich wollte Segen, von Ra und von Atemu. Horus Lippen, die nun meine berührten, zwangen mich zur Ruhe und Zuversicht. Er war schon immer der Optimist von uns beiden gewesen. Man musste allerdings dazu sagen, daß er ein Sonnenkind war. Geliebt von den Göttern, geliebt von mir. Wenn ich mich selbst betrachtete, dann sah ich nur das, was mir zugeschrieben wurde. Chaos, Verderbnis und Zweifel. Horus schaffte es auf wunderbare Weise, daß ich das vergessen konnte, wenn ich mit ihm zusammen war. Der Altar war klein, nicht besonders schön, aber heilig. Es war ein Ort der Götter, ein Ort der Magie. Horus und ich konnten es in aller Deutlichkeit spüren. Hier herrschte klare Stille. Der Sturm war nicht mehr zu hören. Kein Skarabäus kreuzte unseren Weg. Nichts. Vorsichtig öffnete ich den Beutel und holte die kleine Kanope heraus. Hielt sich andächtig in meinen Händen und biss mir auf die Unterlippe. Unsere Wünsche hatten wir in ihr verankert. Für jetzt, für die Zukunft. Außerdem auch meine Strafe, die ich mir selbst ausgesucht hatte. Sollte ich ihn je verletzen, dann wollte ich immer dafür büßen müssen. Für das, falls ich den Mächten, die in mir tobten nicht widerstehen konnte. Horus sah mich mitleidig an. Ich hasste es, wenn er mich so ansah. Es zeigte nur, wie schwach ich wirklich war. Er war wirklich der Einzige, der das durfte. „Wir sollten noch eine Nachricht hinterlassen.“ Plötzlich wurde er ernst und nahm die Kanope an sich. Lächelte schwach und strich leicht über sie. „Wie meinst du das?“ „Naja… wie sagst du immer? Für den Fall der Fälle. So können wir uns vielleicht erinnern, wenn der Zauber eines Tages wirken sollte. So als Anstupser.“ Horus wartete nicht auf meine Antwort. Er nahm sich seinen edel verzierten Dolch und ritzte etwas in die Innenseite der Kanope. Ich konnte nicht erkennen was es war, ich vertraute einfach darauf, daß er die richtigen Worte wählte. Er stellte sie auf dem Altar ab, entzündete ein Feuer und ging mit gefalteten Händen in die Knie und betete. Ich tat es ihm gleich. Als wir Ra um Gnade baten, unsere Gebete beendet hatten, verflochten wir unsere beiden Hände. Jetzt hatten wir keine Macht mehr über die Auswirkung und Macht des Zaubers, der in der Kanope inne wohnte. Ra würde den Rest entscheiden, sollte es jemals soweit kommen. Ich sah ihn an. Aus vollster Liebe für ihn. „Was hast du in die Kanope geritzt?“ Fest griff er meine Hand, hob diese an und küsste die Innenfläche, ehe er sich mir um den Hals warf und seinen Körper fest an den meinen schmiegte. Ich hielt ihn… genoss diesen Moment und lauschte seinen gewisperten Worte in meinem Ohr. „Mut zur Wahrheit.“ Da wusste ich, er liebte mich. Es bedurfte keiner Worte mehr. Es reichte zu wissen, was wir für einander empfanden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)