Die Glasbläserin von Emerald_Phoenix ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Der Winter war früh hereingebrochen. Das Lasilium-Tal lag unter einer dicken Schicht von Schnee begraben. Die Berge, die das Tal umgaben, wirkten wie kalte Mauern und nur ein einziger Weg führte hinab ins Tal. Das Tal war groß und die Felder waren fruchtbar und die Bäume und Büsche voller Früchte. Im Wald gab es Wild und im Fluss gab es Fisch. Nur in diesem Jahr gaben Bäume, Büsche, Wald und Felder nicht genug Ernte. Die Bewohner des Dorfes hatten noch mit dem Dorf, das etwa vier Meilen vor dem Eingang zum Tal lag, zu handeln versucht, doch auch dort war die Ernte dieses Jahr schlecht. So fürchteten sich die Bewohner, dass nicht alle den Winter überstehen könnten, da nicht genug zu essen da war, um den langen und harten Winter zu überstehen. Sie waren jetzt schon nur noch 27. So sammelten die Menschen ihre Vorräte, lagerten sie in einer alten Scheune und rationierten sie. Die Männer versuchten im ganzen Tal noch Wild zu jagen. Die Frauen versuchten, Fische aus dem Fluss zu fangen, denn er floss zu stark, als das er zufrieren konnte. Die Männer führte es bei ihrer Jagd immer weiter weg vom Dorf, bis sie den Pfad aus dem Tal hinaus nahmen, um dort weiter zu jagen. Doch das brachte ihnen nicht mehr Wild, aber es war aufwändiger. Eines Tages, mitten im Winter, kündigte sich ein Schneesturm an. An diesem Tag, der besonders kalt war und an dem ein dichter Schneefall herrschte, kam eine Frau ins Dorf. Sie humpelte stark und hatte einen viel zu dünnen Umhang um sich geschlungen. Feremir, einer der Holzfäller des Dorfes und gerade dabei ein paar Bäume zu schlagen, sah sie als erstes. Er ging ihr entgegen und als er sie erreichte, stützte er sie. „Was tut Ihr hier? Es zieht ein Sturm auf und Ihr seid viel zu leicht gekleidet, um hier draußen herum zu laufen!“ Die Frau antwortete nicht. Sie zitterte und ihre Zähne schlugen aufeinander. Sie stöhnte auf, als sie sich einen Moment auf ihr scheinbar verletztes Bein stellte. Feremir zögerte kurz, doch dann entschloss er sich, sie ins Gemeindehaus zu bringen. Dort konnte sie sich aufwärmen und Yelewna könnte sich ihr Bein ansehen. Dann könnten sie weitersehen. Fremden gegenüber war man im Dorf zwar nicht feindlich, aber durchaus vorsichtig eingestellt. Aber er konnte sie bei dem aufziehenden Sturm nicht wegschicken. Er legte der Unbekannten seinen Wollumhang um die Schultern und stützte sie auf dem Weg zum Gemeindehaus. Als sie das Gebäude erreichten, stieß Feremir die Tür auf, schloss anschließend mit dem Fuß wieder und hielt auf eine Bank an der Feuerstelle zu. „Yelewna! Komm schnell!“ Der Holzfäller setzte die Frau auf die Bank und legte ihr eine der Decken um, die hier immer nahe der Feuerstelle lagen. „Was ist passiert? Wer ist das?“ Eine ältere Frau mit grauen Strähnen in ihrem schwarzen Haar trat aus einer Kammer, ging auf die beiden zu und besah sich dann die unbekannte Frau. „Ich weiß es nicht, aber sie ist verletzt. Und der Sturm ist schon ganz nah, wir können sie nicht fortschicken.“ „Anscheinend hat sie sich das Bein verstaucht. Verrückt, mit so einer Verletzung hierher zu laufen.“ Yelewna befühlte die Stirn und den Hals der Unbekannten, nachdem sie sich das Bein näher angesehen hatte. „Geh und brühe ein paar der Hilgis-Kräuter in heißem Wasser auf.“ Die Heilerin nahm ein Tuch und tauchte es in einen Eimer Wasser, der nahe des Feuers stand. Es dauerte eine Weile, bis sie das Bein mit zwei schmalen Ästen geschient und Hände und Gesicht der Frau gereinigt hatten. Nachdem sie ihr etwas von dem Gebräu eingeflößt hatten, ließ das Zittern langsam nach und die Unbekannte sah auf. „Danke.“ „Wer seid Ihr? Und wieso seid ihr hierhergekommen? Es gibt Dörfer, die näher an den Handelswegen liegen.“ Yelewna sah sie Ernst an. „Mein Name ist Glawia, ich bin auf dem Weg zu meiner Schwester. Sie lebt auf der anderen Seite des Gebirges.“ „Auf der anderen Seite? Warum seid Ihr dann nicht in Slarimas geblieben und habt den Sturm abgewartet? Das Dorf liegt an der Kreuzung zu unserem Tal und von dort aus hättet Ihr das Gebirge umrunden können, wenn ihr es eilig habt und des Lebens müde seid. Von hier aus führt kein Weg auf die andere Seite.“ Yelewna ging zu einem Tisch und schnitt etwas Brot ab, das sie Glawia reichte. „Eure Worte sind scharf, Heilerin, aber Eure Augen offenbaren Euer gutes Herz. Es gibt einen Pfad, der von diesem Tal aus auf die andere Seite des Gebirges führt. Aber nicht jeder kann ihn finden.“ „Was redet Ihr? Unsere Vorfahren haben dieses Tal besiedelt und keinen Weg als den gefunden, auf dem Ihr hier hereingekommen seid.“ Feremir sah sie verblüfft an. Er kannte jeden Winkel dieses Tals. Es gab hier keinen anderen Weg. Erst recht nicht durch das Gebirge hindurch. „Es gibt ihn, aber wie ich bereits sagte: nicht jeder kann ihn finden.“ Glawia lächelte, als sie einen Bissen von dem Brot aß. Die Tür wurde geöffnet und ein kalter Windstoß und Schnee wehten hinein, bevor die Tür wieder geschlossen wurde. Zwei Männer waren eingetreten. Beide groß und kräftig, der eine mit langem braunem Haar und der andere mit blondem Haar und einem Vollbart. „Wer ist das?“, fragte der blonde Mann und trat wütend auf die kleine Gruppe zu. „Was tut sie hier?“ „Beruhige dich, Tanos. Das ist Glawia. Sie ist verletzt und…“ Weiter kam Feremir nicht, da ihn Tanos mit einer unwirschen Geste unterbrach. „Ihr müsst gehen. Wir haben nicht genug Vorräte, um Euch durch den Winter zu bringen.“ „Tanos, der Sturm ist bald hier. Wir können sie in ihrem Zustand nicht gehen lassen.“ Feremir sah zu dem dunkelhaarigen Mann, der nur den Kopf schüttelte. „Sie muss gehen.“ Tanos wandte sich ab und ging zum Tisch. „Sie bleibt, zumindest bis nach dem Sturm und danach werden ein paar Männer sie nach Slarimas begleiten.“ Yelewna sah ihn scharf an. „Ich bin Euer Anführer. Ich sage, sie muss gehen!“ „Und ich bin die Heilerin. Ich sage, sie bleibt mindestens bis nach dem Sturm. Das ist mein letztes Wort!“ „Du wagst es…?“ „Tanos, unsere Ahnen hatten ihre Gründe, dass in solchen Fällen das Wort des Heilers maßgeblich ist. Unsere Ahnen wollten vermeiden, dass wir dieselben Fehler machen wie sie und damit uns alle in Gefahr bringen. Unser Dorf wurde damals fast ausgelöscht, weil sie einen Sohn des Herrschers abwiesen. Egal wer sie ist, wir warten den Sturm ab.“ Der dunkelhaarige Mann war vorgetreten und sah Tanos entschlossen an. „Und was soll sie Essen? Wir haben nicht mal für uns genug, um durch den Winter zu kommen. Wenn kein Wunder geschieht, werden wir alle nach und nach verhungern!“ „Welchen Unterschied macht es, wenn wir einen Tag eher sterben, weil wir ihr zu Essen gaben und sie dann weiterzieht?“ Feremir sah zwischen den Anwesenden hin und her. Tanos schien in seiner Entschlossenheit zu schwanken. „Sie kann von meinen Rationen haben.“ Die Anwesenden sahen Feremir überrascht an. „Schön, dann wohnt sie aber auch unter deinem Dach und du bist für sie verantwortlich.“ Tanos wandte ihnen den Rücken zu und legte nun eine scheinbar leere Beutetasche auf den Tisch. Nachdem sich Glawia aufgewärmt hatte, halfen ihr Yelewna und Feremir zu Feremirs Haus. Der Wind hatte weiter zugenommen und der Sturm würde bald hier sein. Die Heilerin gab dem Holzfäller noch ein paar Kräuter und sagte ihm, worauf er zu achten hatte. Wenn der Sturm erst einmal da war, würde sie wahrscheinlich nicht rüberkommen können. Schließlich verließ sie das Haus. Feremir hatte darauf bestanden, dass sich Glawia ins einzige Bett im Haus legte. Sein Haus war weder besonders groß, noch waren großartige Möbel oder wertvollen Schmuckstücke vorhanden. Neben einem einfachen Tisch mit ein paar Stühlen und der Feuerstelle gab es neben seinen Werkzeugen, einem Schrank und diversen Utensilien lediglich eine Besonderheit: Viele kleinere und größere handgeschnitzte Figuren in einer Ecke gegenüber dem Bett. „Ich danke Euch für Eure Gastfreundschaft. Ich habe einige Dörfer auf meinem Weg besucht. Nirgends scheint es in diesem Winter gut zu gehen.“ Glawia sah sich im Haus um, der eigentlich nur aus diesem einen Raum bestand. „Bitte versteht Tanos nicht falsch. Er verlor seine Frau vor ein paar Monaten. Seitdem ist er…schwierig. Und die schlechte Ernte dieses Jahr...und dann das anscheinend fehlende Jagdglück heute…“ Feremir zündete das Feuer in der Feuerstelle an und holte ein Fell aus dem Schrank, mit dem er Glawia zudeckte. „Ja, die Ernte scheint in diesem Jahr überall schlecht gewesen zu sein. Und dennoch konntet ihr ein paar seltene Kräuter heranziehen und hattet Gelegenheit, aus einem Nussbaum einen Hirsch zu schnitzen.“ Feremir sah sie erstaunt an. Dass die Kräuter, die Yelewna ihm gegeben und die er auf den Tisch gelegt hatte, schwer zu ziehen waren, wusste jeder, der sich mit Kräutern auskannte. „Woher wisst Ihr, aus welchem Holz der Hirsch ist, wenn Ihr ihn vom Bett aus kaum sehen könnt?“ „Mit der Natur bin ich sehr vertraut. Bei uns lernen wir schon früh, die verschiedenen Hölzer auseinanderzuhalten. Damit bin ich aufgewachsen, bevor ich mich einem anderen Handwerk zuwandte.“ „Also habt Ihr Holzschnitzerei gelernt? Von Eurem Vater?“ Feremir nahm sich einen Stuhl und setzte sich neben das Bett. „Ja. Er hat mir viel beigebracht.“ Die Tür öffnete sich und Tanos trat ein. Erlegte einen Beutel auf den Tisch und stellte einen großen Krug daneben. „Eure Vorräte. Teilt sie Euch gut ein. Wir wissen nicht, wie lange der Sturm andauern wird. Ich möchte nicht, dass sich irgendjemand unnötig in Gefahr begibt, um zum Lager zu gehen.“ „Aber…das ist mehr als mein Teil.“ Feremir sah den Anführer des Dorfes fragend an. „Es ist auch etwas von meinem. Verzeiht mir, Glawia, das ich Euch so behandelt habe, wie ich es tat. Die Zeiten sind schlecht und ich habe meinen Ärger an Euch ausgelassen. Das war nicht richtig. Natürlich bleibt Ihr, bis der Sturm vorüber ist. Danach sehen wir weiter. Ich wünsche Euch eine gute Genesung.“ Tanos drehte sich um und verließ das Haus. „Nun…wie Ihr seht, er ist nicht immer so griesgrämig.“ „Ganz offensichtlich. Ihr seid geschickt in der Schnitzerei. Habt Ihr schon einmal mit anderem Material als Holz gearbeitet?“ Die Frau sah ihn mit einem durchdringenden Blick an. „Nein, wieso fragt Ihr?“ „Ihr habt noch nie mit Glas gearbeitet?“ „Glas? Wenn wir hier die Möglichkeit hätten, Glas zu produzieren, dann würden wir es tun. Ein schwieriger Prozess, wie ich gehört habe.“ Der Holzfäller sah sie zweifelnd an und fragte sich insgeheim, ob sie vielleicht fantasierte. So leicht bekleidet wie sie war, wäre es jedenfalls nicht verwunderlich. Nur dieser Umhang aus leichtem Stoff, eine Hose und eine Bluse. Über der Bluse noch eine Jacke, aber alles zu dünn wie er fand und alles in einem hellbraunen Ton gehalten. Glawia holte einen Beutel hervor, den sie wohl zuvor an ihrem Gürtel getragen hatte. Sie nahm etwas heraus und zeigte es Feremir. Es war eine kleine Kugel aus Glas, mit einem in sich verschlungenem Muster. Feremir starrte sie an. Er hatte nur einmal zuvor Glas gesehen. Als er in Kandor zum Handeln gewesen war. Der reichste Mann der Stadt hatte ein Glasfenster mit einem Blumenmotiv gehabt. Natürlich hatte er es so anbringen lassen, dass es jeder sehen musste. Glas war ein Zeichen von Reichtum. Dann sah er auf die Kugel und betrachtete sie genauer. Das Muster schien nicht aufgemalt zu sein. Oder doch? Er konnte es nicht sagen. „Das ist wundervoll. Wo habt ihr das her?“ „Es ist meine Arbeit. Holz lässt sich gut verarbeiten, aber es bietet nicht die Möglichkeiten wie Glas. Wollt Ihr es lernen? Ich schulde Euch schließlich nicht weniger als mein Leben.“ Feremir löste seinen Blick von der Kugel und sah sie nun misstrauisch an. Alleine die Art, wie man Glas herstellte, war ein Geheimnis. Wie es verarbeitet wurde erst recht. Nicht umsonst gab es nur wenige Handwerker, die eines von beiden konnten. „Wieso solltet Ihr mir ein derart wertvolles Geheimnis anvertrauen?“ „Ich schulde Euch mein Leben. Es ist ein wertloses Geheimnis, wenn es außer mir niemand kennt.“ „Verzeiht, aber derartiges Wissen ist Gold wert. Ich verstehe nicht, warum Ihr es mich lehren solltet. Wir kennen uns doch kaum.“ „Was glaubt Ihr, wie alt ich bin?“ Glawia sah ihn mit einem Blick an, der etwas Seltsames an sich hatte. Als ob alles um sie herum in den Hintergrund treten würde. „Ich würde Euch auf etwa 25 schätzen.“ Ihre Gesichtszüge waren die einer jungen Frau, aber irgendwie schienen sie makelloser. Vielleicht war sie aus reichem Hause? Das, so dachte Feremir, wäre eine Erklärung, warum sie die Glasmacherei beherrschte. „Ja, für Euch Menschen sehen wir wohl so aus. Tatsächlich bin ich bereits 476 Jahre alt.“ „Was soll das? Sollte ich Euch zu alt geschätzt haben versichere ich Euch, dass es nicht meine Absicht war, Euch zu beleidigen. Aber mir so einen Unfug zu erzählen ist nicht gerecht.“ Feremir erhob sich wütend. „Gebt mir Eure Hand und ich beweise es Euch.“ Glawia streckte ihm ihre Hand entgegen und in ihrem Blick war etwas, dass ihn förmlich zwang, ihre Hand zu nehmen. Als sie seine Hand mit ihrer umklammerte, wurde ihm einen Moment schwindelig zumute und dann sah er Bilder. Bilder von Menschen, die plötzlich schnell alterten. Gebäuden, die verfielen. Er hatte das Gefühl, als würde die Zeit selbst vor seinen Augen vorbeiziehen, als er sein eigenes Haus verfallen sah. Erschrocken ließ er ihre Hand los. „Wer seid ihr? Seid ihr eine Hexe?“ „Nein. Ihr nennt mein Volk Feen oder Elfen. Wir nennen uns Lafarelle. Einige von uns arbeiten mit den Elementen, das ist richtig. Aber wir sind weder Hexen, noch sind wir unsterblich, wie Ihr es uns zuschreibt. Wir nutzen die Elemente, um unser Leben zu sichern, leichter zu machen oder um den Lauf der Natur zu bewahren. Aber wir beherrschen die Elemente nicht. Niemand tut das, auch wenn einige Eurer Art das gerne behaupten.“ Feremir sah sie verwirrt an. Seine Mutter hatte ihm Geschichten von Baum- und Flussfeen erzählt, die sich um die Bäume und Flüsse kümmerten. „Aber es heißt, ihr könnt nicht sterben.“ „Wir sterben genau wie Ihr auch. Es gibt nur zwei wesentliche Unterschiede. Zum einen leben wir deutlich Länger als ein Menschenleben. Daher wohl Eure Geschichten darüber, dass wir unsterblich seien. Mein Vater starb, als er 514 Jahre alt war, meine Mutter starb mit 532 Jahren. Der andere Unterschied ist, dass wir wissen, wann unsere Zeit zu sterben gekommen ist. Das ist der Preis für unser langes Leben. Wir wissen vorher, wann wir sterben. Und meine Zeit ist fast um.“ „Was? Was erzählt Ihr da? Ihr seid nicht bei Sinnen!“ Feremir konnte, nein er wollte es nicht glauben. Er hatte die Bilder gesehen. Er hatte die Zeit gespürt, die zwischen den Bildern vergangen war. Wie konnte er das anzweifeln? Glawia griff erneut in Ihren Beutel und holte eine Kerze heraus. „Würdet Ihr die für mich anzünden? Ich würde Euch gerne etwas zeigen, das Eure Zweifel zerstreuen wird.“ Sie blinzelte und wirkte plötzlich erschöpft. Seltsam, dachte der Holzfäller, zuvor wirkte sie fast gesund. Er nahm die Kerze, zündete sie an der Feuerstelle an, die das Haus mittlerweile aufgewärmt hatte und gab Glawia die Kerze zurück. Sie hatte in der Zwischenzweit etwas aus dem Beutel geholt, das ein Stück Glas zu sein schien. Die Kerze in einer Hand, hielt Glawia nun das Glasstück über die Flamme. Es knisterte einen Moment und die Kerze schien zu erlöschen, dann färbte sich die Flamme plötzlich erst blau und dann weiß, das Glas schien zu schmelzen. Die junge Frau schloss kurz die Augen und blies dann vorsichtig. Das schmelzende Glas begann sich zu verformen und nach einer Weile nahm es die Form einer Kugel an. Einer Glaskugel, in der es schneite! Die Kerze flackerte noch einmal, als der letzte Tropfen Glas Teil der Kugel wurde. Feremir konnte nur ungläubig auf die Kugel starren, die nun frei in der Luft zu schweben schien. „Es stimmt, dass für Euch die Glasherstellung eigentlich kompliziert und aufwändig ist. Das war sie für uns anfangs auch. Mit der Kraft der Elemente haben wir Wege gefunden, den Vorgang zu vereinfachen. Und ein bisschen Magie war im Spiel, das gebe ich zu.“ „Ihr sagtet, Eure Zeit sei fast um. Was bedeutet das? Ich meine, von Eurem Bein abgesehen, geht es Euch doch eigentlich gut, oder etwa nicht?“ „Meine Lebenskraft verlässt mich. Meine Verletzung hat darauf keinen nennenswerten Einfluss. Ich werde aber meine Schwester nicht mehr erreichen und kann daher mein Wissen nicht an sie weitergeben können. Damit meine Schwester mein Vermächtnis erhält, brauche ich Euch. Ihr seid handwerklich geschickt und werdet keine Probleme damit haben, zu lernen was ich weiß und dieses Wissen auch anzuwenden. Ich kann mein Wissen an Euch weitergeben und ihr gebt es meiner Schwester.“ „Aber…wie soll das gehen? Ihr sagt nicht weniger, als dass Ihr sterben werdet. Wie kann ich denn solches Wissen überhaupt lernen? Ich bin nur ein Mensch.“ Feremir war durcheinander. Was Glawia getan hatte und was sie ihm anbot reizte ihn. Aber wie sollte er Magie lernen? Und wie sollte er so eine hohe Kunst wie die Glasmacherei in, wie es schien, sehr kurzer Zeit lernen? „Das Schwierigste ist das handwerkliche Geschick. So etwas kann man nicht lernen, wenn man keine Begabung dafür besitzt. Ihr könnt Holz gestalten. Glas formen wird für Euch noch leichter sein, wenn ich es Euch erst beigebracht habe. Wir haben Glas früher so hergestellt, wie Ihr Menschen es jetzt tut. Wir haben Glas geblasen, wie Ihr es jetzt tut. Aber wir haben andere Möglichkeiten, diese Vorgänge zu vereinfachen. Diese Kerze brennt niemals vollständig ab, sondern erneuert sich von selbst. Mit der Kraft der Elemente und ein bisschen Magie haben wir aus einer einfachen Kerze eine ewige Kerze gemacht, die Glas schmelzen kann. Werft einen Blick in den Beutel.“ Glawia reichte ihm Ihren Beutel, aus dem sie Kerze, Glas und die Kleine Glaskugel entnommen hatte. Feremir sah in den Beutel und seine Augen weiteten sich. In dem Beutel lagen Glasscherben unterschiedlicher Größe und Farben. Es schien ihm sogar, als befände sich in dem Beutel mehr Glas, als eigentlich hineinpassen sollte. Er besah sich den Beutel von außen genauer. Kein Zweifel, da war mehr drin, als hinein sollte. „Wie ist das möglich?“ Er sah die Frau erstaunt an. „Wie gesagt, ein bisschen Magie ist schon dabei. Allerdings müsst Ihr selber keine Magie beherrschen, um diese Gegenstände nutzen zu können. Der Beutel füllt sich von selbst wieder mit Glas, sollte er einmal leer werden. Die Scherben beschädigen weder die Kerze, noch aus dem Glas hergestellte Objekte. Ich muss sicherstellen, dass mein Wissen, wie man aus vorhandenem Glas neue Objekte erstellt, weitergegeben wird. Der aufwändige Prozess, erst das Glas aus Sand und Pottasche herstellen zu müssen, entfällt. Seid Ihr gewillt, mein Wissen anzunehmen und es an meine Schwester weiterzugeben?“ Glawia sah ihn ernst an. „Ja, schon, aber…wie kann ich so viel Wissen in kurzer Zeit erlernen?“ Er wog den Beutel in seinen Händen. Er schien nicht einmal so viel zu wiegen, wie er sollte. Und er hörte auch keine Geräusche aus dem Inneren, obwohl die Scherben doch aneinander reiben mussten. „Ich werde dieses Wissen und die Fähigkeit, das Glas in Form zu blasen auf dieselbe Art auf Euch übertragen, wie es bei meinem Volk seit langem Brauch ist. Kommt näher.“ Feremir lehnte sich vor und Glawia nahm sein Gesicht zwischen ihre Hände. Sie atmete kurz ein, kam dann ganz nah an sein Gesicht und atmete wieder aus. Aus ihrem Mund trat ein seltsam glänzender, bläulicher Nebel hervor, der irgendwie wie ein Wald nach einem Sommerregen roch. Der Holzfäller atmete automatisch ein und spürte ein seltsames Kribbeln erst in seinem Hals und dann in seiner Brust. Nur einen Moment später war das Gefühl vorbei. Es schien sich nichts verändert zu haben. „Es scheint nicht funktioniert zu haben. Ich spüre keine Veränderung. Vielleicht klappt es nur mit anderen aus Eurem Volk?“ „Nein, es hat funktioniert. Probieren wir es aus. Ich halte die Kerze. Nehmt eine Scherbe aus dem Beutel und denkt an eine einfache Form. An eine Kugel oder einen Würfel zum Beispiel. Versucht erstmal nichts anderes. Denkt nur an eine einfache Form.“ Feremir nahm eine hellblaue Scherbe, besah sie sich kurz und hielt sie dann über die Flamme. Er versuchte, nur an eine Kugel zu denken, aber ihm kamen verschiedene in den Sinn. Große und kleine, einfarbige und bunte. Die Flamme flackerte kurz, wechselte erst zu blau und dann zu weiß. Dann begann das Glas zu schmelzen. „Und jetzt blast ganz vorsichtig ins Glas.“ Feremir blies vorsichtig, damit auch nichts von dem Glas in Glawias Gesicht geblasen wurde. Erstaunt sah er, wie sich langsam eine kleine Kugel formte und sich ein seltsames Muster darauf bildete. Als er keine Luft mehr hatte, hielt Glawia bereits die Kugel. Auf der Kugel war ein merkwürdiges Muster, das keinem Schema zu folgen schien. Die Kugel selbst war aus hellblauem Glas, das Muster war etwas dunkler. „Ihr müsst Euch auf eine Kugel konzentrieren, auf ein Muster, sonst habt ihr so etwas wie dies. Probieren wir es noch einmal.“ Feremir nahm diesmal ein grünes Stück Glas und dachte an eine Kugel mit einem Punkt auf der Oberfläche. Diesmal war die Kugel genauso, wie er sie sich vorgestellt hatte. „Sehr gut. Ihr lernt schnell.“ „Aber…wie geht das? Ich dachte, man braucht spezielles Werkzeug, um das Glas überhaupt Formen zu können.“ „Wie gesagt, ein bisschen Magie ist dabei im Spiel. Diese Magie formt mit bloßem Atem und dem Bild in Eurem Kopf das Objekt. Wenn Ihr etwas Größeres machen wollt, benötigt Ihr aber entsprechend mehr Glas.“ Fasziniert betrachtete er die beiden Kugeln, die er geblasen hatte. Es war nicht der geringste Makel im Glas vorhanden. Nur das Muster der ersten war unstet. Der Sturm erreichte das Dorf und für drei Tage verließen die Bewohner nur ihre Häuser, wenn es sein musste. Die Sichtweite war so gering, das man kaum einen Meter weit sehen konnte. In der Zeit lehrte Glawia Feremir die Feinheiten der Glasbläserei. Glawia ging es zunehmend schlechter, obwohl ihr Bein schnell verheilte. Sie erklärte Feremir, dass dies eine weitere Besonderheit bei ihrem Volk sei, das Verletzungen schneller verheilen würden. Am Tag nach dem Ende des Sturms war ihre Zeit gekommen. „Meine Schwester muss mein Wissen erhalten. Ich kann dir nichts weiter beibringen, aber mit deinen Fähigkeiten kannst du vielleicht selbst das Glasblasen verbessern. Ich gestehe, ich hätte nicht gedacht, dass ein Mensch dazu fähig sein könnte.“ „Wie soll ich deiner Schwester dein Wissen weitergeben? So, wie du es gemacht hast?“ Feremir schluckte. Er kannte Glawia nur ein paar Tage, aber er hatte so viel von ihr gelernt, dass ihr bevorstehender Tod ihn schmerzte wie der einer guten Freundin. „Lass das meine Schwester machen. Sie weiß, was zu tun ist. Diese Kugel möchte ich dir schenken.“ Glawia gab ihm die Kugel, in der es schneite. „Du hast mir nicht gezeigt, wie du das gemacht hast.“ Der Mann schmunzelte. Sie hatte ihm gesagt, dass ihr Volk aufgrund seiner magischen Fähigkeiten einige Dinge tun konnte, die er als Mensch niemals würde umsetzen können. Auch nicht in der Glasbläserei. Aber es störte ihn nicht. „Etwas Magie, die leider nicht übertragen werden kann. Hör mir gut zu Feremir: Diese Kugel zeigt dir immer, wie das Wetter sein wird. Achte darauf und hütet euch, wenn sie ganz weiß, gelb oder die Farbe der Flut annimmt. Denn dann stehen euch schwere Zeiten bevor. Eine Lawine wird die Kugel weiß färben und eine bevorstehende Dürre wird sie gelb erscheinen lassen, ein Sturm grau und eine Flut blau.“ „Aber bei diesem Sturm hat sie sich nicht verändert.“ „Weil sie noch nicht fertig war. Eine solche Kugel braucht eine Weile, bis sie das Wetter anzeigen kann. Sie ist jetzt fertig. „Funktioniert sie nur hier? Hier bei uns im Tal meine ich.“ „Nein, sie funktioniert an jedem Ort. Deswegen müsst ihr ihre Existenz geheim halten. Meine Schwester kann euch dabei helfen. Ich kann es leider nicht mehr. Meine Zeit ist jetzt um.“ Glawias Worte waren immer leiser geworden und ihre Augen hatten sich geschlossen. „Glawia? Wie erkennen wir deine Schwester? Glawia?“ Doch sie antwortete nicht mehr. Jedes Anzeichen von Leben war aus ihrem Körper gewichen. Tränen liefen Feremirs Wangen hinunter. Am Ende war es so schnell gegangen und scheinbar völlig ohne Schmerzen für sie. Ob das bei ihrem Volk immer so war? Sterben ohne Schmerzen? Einfach einschlafen, wie es schien? Er legte ihr die Decke über den Kopf und machte sich auf den Weg zum Gemeindehaus. Er berichtete Tanos, was sie ihm beigebracht und aufgetragen hatte und auch von ihrem Geschenk erzählte er ihm. Tanos beschloss, ihren Leichnam auf dem Hügel in der Mitte des Waldes zu begraben. Es war die einzige Lichtung im Wald und ein schöner Platz. Und so bestatteten die Dorfbewohner Glawia, die sie eigentlich kaum kannten dort. Es war seltsam. Selbst die anderen Dorfbewohner hatten eine seltsame Trauer verspürt, als sie der Frau ihre letzte Ehre erwiesen hatten. Ob es etwas mit ihrem Volk zu tun hatte? Konnten sie Menschen etwa beeinflussen? Oder war es die Magie, von der sie immer gesprochen hatte? Nur ein paar Tage später kam Feremir nach Hause und sein Blick viel auf die Kugel, die ihm Glawia hinterlassen hatte. Sie war vollständig weiß. Ihm kam ihre Warnung wieder in den Sinn und er griff sich die Kugel und rannte damit zum Gemeindehaus. Tanos zögerte erst, aber dann erinnerte auch er sich daran, was Feremir ihm gesagt hatte und ließ das Dorf räumen. Nur die notwendigsten Dinge wurden mitgenommen. Kaum hatten sie den Rand des Taleingangs erreicht, hörten sie ein tiefes grollen und sie konnten sehen, wie eine Lawine eine Seite des Gebirges hinabstürzte, direkt auf ihr Dorf zu. Schon kurze Zeit später war alles wieder vorbei. Als sie zu ihrem Dorf zurückkehrten, war ein Teil vom Schnee verschlungen worden. Unter anderem standen noch die Scheune mit den Vorräten und das Gemeindehaus. Einige Bewohner würden im Gemeindehaus bleiben müssen, bis man ihre Häuser wieder freigeräumt oder neu errichtet hatte. Sofern sie denn den strengen Winter überstanden. Als sie gerade dabei waren, den Schnee wegzuräumen, hörten sie Tanos plötzlich rufen. „Seht! Hier liegen Scherben. Ist das Glas?“ „Hier drüben auch...und dort! Sie führen in den Wald!“ Feremir hatte eine Spur aus Scherben entdeckt. Die Bewohner sammelten die Scherben vorsichtig auf und folgten der Spur, bis sie die Lichtung erreichten, auf dessen Hügel sie Glawia bestattet hatten. Sie blieben wie angewurzelt stehen, denn auf dem Hügel war ein Baum gewachsen, der aus Glas zu sein schien und Früchte trug. „Was ist das? Ist das wirklich da?“ Tanos wagte nicht, näher heran zu gehen, aber Yelewna ging zu dem Baum und berührte eine Frucht, die sogleich ihren glasigen Schimmer verlor und in ihre Hand fiel. Es sah aus, wie ein echter Apfel und fühlte sich auch genauso an. Yelewna betrachtete ihn eine Weile und biss dann vorsichtig hinein. Es war ein echter Apfel, frisch und süß. An den Wurzeln des Baumes entdeckte sie Glasformen, die aussahen wie Kartoffeln. Sie nahm eine in die Hand und tatsächlich verwandelte sie sich in eine. „Die sind echt!“ Yelewna warf den Apfel zu Tanos und schon kamen die anderen Bürger näher. Die Früchte fielen ihnen entgegen, wenn sie nur die Hand ausstreckten und nur wenig später erschien eine neue Glasfrucht, die bei Berührung zu einer echten wurde. „Glawia hat uns wahrlich reich beschenkt. Wenn die Früchte so weiter nachkommen, dann brauchen wir vor dem strengen Winter keine Furcht mehr haben. Lasst uns diesen Tag in Zukunft Glawia gedenken.“ Die Bewohner nahmen so viele Früchte und Kartoffeln, wie sie tragen konnten. Später beschlossen sie, immer nur so viel zu nehmen, wie sie wirklich brauchten. Der Winter war fast vorüber als eine Frau in das Dorf kam. Tanos kam ihr entgegen, kam er doch gerade von der Jagd. „Ich grüße Euch, Jäger. Mein Name ist Salvira, meine Schwester Glawia war vor einiger Zeit auf dem Weg in Euer Dorf.“ Tanos verneigte sich vor ihr und in seiner Stimme schwang aufrichtige Anteilnahme mit. „Verzeiht, dass Ihr es von mir erfahren müsst. Eure Schwester verstarb schon vor einiger Zeit. So, wie sie sich äußerte, wohl nicht überraschend für sie.“ „Es gibt nichts, wofür Ihr Euch entschuldigen müsstet Jäger. Glawia ließ uns wissen, dass sie es wohl nicht mehr rechtzeitig zu uns schaffen würde. Sagt, wem hat sie ihr Wissen anvertraut? Das tat sie doch sicherlich?“ „In der Tat. Feremir, einer der Holzfäller, ist eingeweiht. Bitte, ich führe Euch zu ihm.“ Den Holzfäller fanden sie auf der Lichtung, auf der auch der Glasbaum wuchs. Er begutachtete einen der Bäume in der Nähe. Als er Tanos und seine Begleiterin sah, kam er ihnen entgegen. „Feremir, dies ist Salvira, Glawias Schwester.“ „Mein aufrichtiges Beileid, Frau Salvira. Eure Schwester hat mich viel gelehrt und unserem Dorf mehr gegeben, als wir je zurückgeben können. Sie bat mich, ihr Wissen an Euch weiterzugeben und sagte, Ihr wüsstet, was zu tun sei.“ „Das ist war und ich sehe, was meine Schwester Eurem Dorf hinterlassen hat. Wisset, dass dieser Baum immer Früchte tragen wird. Doch solltet ihr Außenstehenden nicht von ihm erzählen, die Gier könnte sie zu bösen Taten anstiften. Wenn ihr wollt, helfe ich Euch dabei, den Baum vor anderen zu verbergen, damit nur Ihr und Eure Nachfahren ihn finden können.“ Salviras Stimme war melancholisch geworden. Es schien sie nicht zu überraschen, dass ein Glasbaum wie dieser auf dem Grab ihrer Schwester gewachsen war. „Sie gab uns auch eine Kugel, die das Wetter vorhersagt. Eure Schwester sagte, ihr könntet uns helfen, sie zu verbergen.“ Feremir war neugierig, wie das gehen sollte. Wie konnte man so ungewöhnliche Dinge verstecken? „So soll es sein. Ich werde den Wald in ein Labyrinth hüllen, dass nur für Euch und Eure Nachkommen durchquert werden kann, als sei es nicht da. Für Euch wird es nicht einmal sichtbar sein. Doch jeder Fremde soll nur ein Labyrinth sehen und sich dort nicht zurecht finden. Die Kugel werde ich auf ähnliche Art für Fremde wie eine alte, abgenutzte Schüssel aussehen lassen. Selbst wenn Ihr ihnen sagen würdet, was sie dort in der Hand haben, werden sie es weder sehen noch nutzen können. Doch hütet dieses Wissen gut. Denn selbst was nicht gesehen werden kann, kann die Gier der Menschen wecken.“ „Frau Salvira, wir begruben Eure Schwester nach unseren Bräuchen hier. Wir kennen Eure Bräuche nicht. Ist es in Ordnung, dass sie hier liegt, so weit fort von Eurem Volk?“ Tanos sah sie beunruhigt an. „Es ist gut so. Es würde ihr hier sehr gefallen. Und so weit weg ist sie nicht, wir sind auf der anderen Seite des Gebirges. Wenn ihr möchtet, zeigen wir euch den Pfad, den wir vor langer Zeit verbargen, dann könnt ihr einen kurzen Weg nehmen, solltet Ihr auf die andere Seite des Gebirges müssen.“ „Das…das ist sehr großzügig von Euch, aber wir möchten Euer Volk nicht belästigen. Ihr habt ohnehin schon so viel für uns getan.“ Tanos verbeugte sich tief und Feremir tat es ihm gleich. „Nein, ihr belästigt uns nicht. Mit Eurer Barmherzigkeit habt Ihr uns einen großen Dienst erwiesen. Das Wissen meiner Schwester bleibt bewahrt. Wir haben nur eine Bitte: Wir würden, mit Eurem Einverständnis, gerne unserer Schwester hier gedenken und ihre letzte Ruhestätte besuchen, wenn es uns danach verlangt.“ „Aber natürlich! Kommt, wann immer Ihr möchtet! Ihr seid in unserem Dorf jederzeit willkommen.“ Tanos war erleichtert, dass sie Dieses Volk mit ihren menschlichen Sitten nicht beleidigt hatten. „Ich danke Euch. Und nun Feremir, wenn Ihr mir das Wissen meiner Schwester geben würdet, wäre ich Euch dankbar.“ „Natürlich.“ Feremir trat an sie heran und sie legte ihre Hände auf sein Gesicht, sprach ein paar Worte in einer Sprache, die er nicht verstand und dann atmete er eben jenen Nebel aus, den er damals eingeatmet hatte und Salvira atmete ihn ein. „Das Wissen meiner Schwester werdet Ihr nicht mehr vergessen, Feremir, und es soll in Eurer Familie erhalten bleiben. Nutzt Euer Wissen weise. Und nun werde ich Euch den Pfad zeigen.“ Mit diesen Worten ging sie voran und tatsächlich, als sie spät am Tag den Rand des Tals erreichten, erschien dort ein Durchgang, der durch den ganzen Berg zu führen schien, den sie aber vorher nie gesehen hatten. Die Frau verabschiedete sich von ihnen, nachdem sie ihnen versichert hatte, dass auch nur die Dorfbewohner und deren Nachfahren diesen Pfad sehen konnten und verschwand. Die Dorfbewohner hielten ihr Versprechen, ihre Geheimnisse nie zu verraten. Feremir und seine Familie produzierten edelste Glasobjekte, die sich bald im ganzen Reich verkauften. Das Geheimnis, wie und wo sie hergestellt wurden, hüteten sie jedoch. Und so wurde das kleine Dorf schon bald sehr reich, doch sie vergaßen nie den Winter, in dem sie beinahe alle gestorben wären. Ab und zu sieht man noch Frauen und Männer aus einem geheimen Pfad kommen und an der Lichtung einen Kranz aus Beeren und Nüssen niederlegen. Und manchmal kamen sie auch noch ins Dorf, um sich die Werke des Meisters Feremir und seiner Familie anzusehen. Das Erbe der Glasbläserin der Lafarelle. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)