Morgen von Flying-squirrel ================================================================================ Kapitel 8: Geburtstag --------------------- Frustriert ging er in sein Zimmer. Er hatte morgen Geburtstag, aber länger aufbleiben durfte er trotzdem nicht. Es war ungerecht! Alle seine Freunde durften vor ihrem Geburtstag länger aufbleiben! Er wollte sich gerade bei Lilly darüber beschweren, aber seine Zwillingsschwester saß in ihren Gedanken versunken vor dem Fenster und starrte in die Nacht. „Was tust du da?“ „Sterne beobachten.“, murmelte sie kaum hörbar. „Was besonderes? „Nein.“ Er wusste, dass es ihr egal war, wann sie ins Bett mussten. Dann würde er eben einfach so lange aufbleiben, wie er wollte! Daran konnten sie ihn schließlich nicht hindern. Er setzte sich auf sein Bett, nahm sein Buch in die Hand und begann zu lesen. Der Held musste gerade eine wichtige Mission im Drachenreich beenden, und zwar ohne gesehen zu werden. Unglaublich schwierig, schließlich können Drachen Menschen riechen! Aber er hatte sie überlistet, indem er - „Hast du dir schon mal überlegt, was passiert, wenn man von was richtig, richtig hohen runterspringt?“, fragte Lilly plötzlich. „Wie was?“ „Wie ein Dach zum Beispiel.“ „Ist doch klar! Dann knallt man auch den Boden und bumm, ist man platt. Wie ein Pfannkuchen.“ „Nein, ich meine: Merkt man da was?“ „Du meinst, ob das wehtut? Oliver hat gesagt, als er letztens von Baum gefallen ist, da hat das kurz weh getan, und dann war er ohnmächtig.“ „Ich frage mich, ob das sehr wehtut.“ Er schaute auf. „Keine Ahnung. Warum?“ Einen Moment lang sagte sie nichts. „Es muss doch… eigenartig sein. Wie Fliegen. Frei wie ein Vogel. Du guckst runter, die Welt ist ganz klein, und dann springst du. Und die Welt wird immer größer. Und dann ist Ende.“ „Dann bist du tot.“ „Ja.“ Er vertiefte sich wieder in sein Buch. Auf einmal fiel im ein, warum er eigentlich sauer war. „Wir haben morgen Geburtstag“, fing er an. „Ja.“ „Wir werden ein Jahr älter.“ „Es ist doch nur ein Tag. Ein Tag mehr.“ „Freust du dich denn gar nicht?“ Er war überrascht. „Warum? Was ist daran so toll?“ „Wir sind ein Jahr älter!“ Er wusste nicht, was Lilly daran nicht verstand. „Na und.“ „Ein Jahr älter! Wir können länger aufbleiben, ich werde älter als Nico sein, wir sind fast erwachsen! Das ist doch toll!“ „Ich finde es ehrlich gesagt langweilig.“ „Was?“ „Mama und Papa, Schule, Handball, das Ganze. Ich habe keine Lust mehr. Ich habe einfach keine Lust mehr.“ „Und was willst du sonst machen?“ „Ich weiß nicht. Vielleicht vom Dach springen.“ „Dann bist du tot!“ „Und? Ist doch auch egal. Dann hört das endlich auf.“ „Was hört auf?“, fragte er ungläubig. „Alles. Alles würde aufhören.“ „Du spinnst!“ Sie seufzte. „Verspricht du, Mama und Papa nichts zu sagen?“ „Was soll ich ihnen denn sagen? Dass du spinnst? Als ob.“ „Danke.“ Sie stand auf, ging zu ihrem Bett und legte sich hin. „Gute Nacht.“ Sie antwortete nicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)