Superheld? Nope! von zero000 ================================================================================ Kapitel 15: nur noch weg ------------------------ Das Atmen fiel schwer. Sallis Brust fühlte sich an wie zugeschnürt und nur mit Mühe gelang sie die Stufen hinauf und den Gang entlang bis zu ihrem Zimmer. Sie fühlte sich verfolgt, beobachtete und verraten und egal was sie tat nichts änderte sich daran. Ihr Selbsterhaltungstrieb ließ allerdings von alledem nichts nach außen, erst als sie die Tür zu ihrem Zimmer geschlossen hatte löste sich die Spannung. Dass sie sich wieder einmal verkroch uns sich quasi selbst einsperrte war ihr egal. Mit dem Rücken zu der Tür sah sie gerade aus ins Nichts während die erste Träne ihre Wange hinunter lief. Aufkeuchend sich eine Hand auf dem Mund legend, verhinderte sie den folgenden Aufschrei und beugte sich verkrampft vorne über. Warum? Warum nur passierte das alles? Und warum gerade ihr? Ein weiteres Keuchen entglitt ihr und den Halt verlierend sackte Salli nach vorne auf die Knie, vergrub ihr Gesicht in den Händen und fand keine Antworten. Der Mann der sie beschützt hatte, der ihr weit über den Status eines Freundes hinaus etwas bedeutet. Dieser Mann steckte in der ganzen Sache mit drin. Sie wusste nicht genau wie, aber der Wille es herauszufinden existierte nicht. Salli war viel zu sehr geschockt über diese Erkenntnis das sie alles andere verdrängte. Sie fühlte noch seine Berührung auf der Haut, hatte noch den Gedanken was er getan hätte, wäre Rosa nicht zurückgekommen und sah nach alledem noch immer seine Augen vor sich. Sich noch ein Stück mehr vorbeugend, hatten die Tränen längst die Oberhand gewonnen. Mit verlorenem Vertrauen an allem was sie bisher geglaubt hatte sah Salli nur eine Lösung aus ihrem Problem. Sie hatte in den letzten Tagen viel darüber nachgedacht, hatte geheime Pläne geschmiedet, die sie aber nie dachte wirklich umsetzten zu müssen. Nun legte sie alle bedenken beiseite die sie gehindert hatten. Den nun besaß sie nichts mehr das sie an dieses Haus hielt. Jason hatte sie verraten! Sie kannte ihn nicht und das was sie glaubte zu kennen war eine Lüge. Eine Erkenntnis die sie mitten ins Herz traf und dort einen Schmerz verursachte der weit größer war als ihre Kopfschmerzen. Es dauerte eine Weile bis sie sich wieder beruhigt hatte und mit einem Blick auf die Uhr und aus dem Fenster erkannte sie das sie mehr Zeit hier verbracht hatte als ihr lieb war. Durchatmend und sich über die Augen fahrend, war das erste was sie tat ihr Handy hervorzuholen. Die Anzeige verriet nichts, daher steckte sie es zurück in ihre Tasche und erhob sich. „Ok Salli! Denk nach!“ Sprach sie zu sich selbst, drehte sich einmal in ihrem Zimmer um sich einen Überblick zu verschaffen und begann damit was sie vor hatte. Schnell hatte sie ihre Umhängetasche aus ihrem Schrank genommen, öffnete sie nun und verstaute in ihr die paar Kleidungsstücke die sie mitgebracht hatte. Salli hatte zu beginn ihrer Reise nur wenig mitgenommen, da sie in dem festen Glauben war, alles schnell wieder hinter sich zu lassen. Das war nun von Vorteil, denn es gab nun nicht viel das sie wieder mitnehmen musste. Ein paar Stücke ließ sie komplett weg und hatte so nach bereits wenigen Minuten sich neu umgezogen und ihre Tasche gepackt. Erneut durchatmend, war das packen das kleinere Problem. Viel mehr lag es nun daran das Haus unbemerkt zu verlassen. Sie hatte sich früher öfters aus dem Haus geschlichen, aber da wurde sie weder gesucht noch hatten sie Sicherheitspersonal. Das war nun ihre größte Sorge. Wenn man herausfand was sie vor hatte, man würde sie sofort daran hindern, aber Salli konnte nicht länger in diesem Haus bleiben. Sie musste einfach weg. Die langsam untergehenden Sonne, spendete noch genügend Licht um alles gut im Auge zu behalten, aber auch darauf konnte Salli keine Rücksicht nehmen. Es gab viele Wege das Haus zu verlassen und einige von ihnen hatte sie schon getestet. Ihre Tasche in die Hand nehmend, ging sie damit zur Tür, atmete noch einmal tief durch und öffnete sie leise einen Spalt breit. Da sie nichts hören konnte, öffnete sie diese noch etwas mehr und spähte hinaus auf den Gang der verlassen vor ihr lag. Vorsichtig und so leise wie möglich trat sie hinaus und drei Zimmer weiter in eines das mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht benutzt wurde. Das Zimmer von Kathrin war etwas größer als ihres, besaß ein eigenes Bad und hatte einen herrlichen Ausblick auf die alte Ulme hinter dem Haus. Ihre Schwester die bei Michael war, würde nicht unerwartet hier auftauchen, daher brauchte Salli sich keine Gedanken zu machen gestört zu werden. Ihre Jacke schließend und sich die Tasche überhängend, spähte Salli aus dem Fenster als sie es öffnete und schätzte ab ob sich jemand an dieser Stelle des Gartens aufhielt. Wäre es etwas dunkler würde sie aus ihrem Badezimmer die Bergola hinunterklettern, aber da sie noch auf etwas mehr Schutz vor fremden Blicken angewiesen war musste sie auf den Baum zurückgreifen. Als Kind war ihr diese Aktion aber wesentlich leichter gefallen wie sie jetzt feststellen musste und mit einem Blick hinunter war der Abstand zwischen ihr und dem Boden doch erheblich höher als sie gedacht hatte. Sich so gut es ging auf das Fensterbrett stellend griff sie mit der anderen Hand nach dem nächsten Ast, bekam ihn zu fassen und fasste so mehr Sicherheit in ihrem Vorhaben. Es war nur ein Schritt der sie von dem ersten tragenden Ast trennte, aber für Salli waren die Bedenken doch zu groß. Erst als sie dachte Stimmen zu hörte, kam sie in Zugzwang, hielt sich so fest es ging am Ast fest und trat mit einem beherzten Sprung auf einen weiteren Ast vor ihr. Die Rinde des Baumes war rau und kalt und stach Salli in die Finger aber bei einem Blick hinab war ihr das vollkommen egal. Tief durchatmend, verlagerte sie das Gewicht der Tasche, ließ sich langsam auf dem Ast nieder und hangelte sich so immer weiter am Stamm hinab. Auf dem letzten Ast stehend, spähte Salli erneut ihr Umgebung ab und stellte mit Erleichterung fest das sie bisher niemand gesehen hatte. Mit einem Satz auf dem Boden landend, kam ihr der Aufprall wesentlich lauter vor als er war und so blieb sie in geduckter Haltung bis sie sicher war, das das niemand mitbekommen hatte. ~sei kein Frosch Langley~ Ermahnte sie sich selbst, sah nach links und rechts und erhob sich wieder um schnell zu einer Reihe Beerensträucher zu gelangen die von ihrer Mutter in einem Anfall von Gartenarbeitswut vor Jahren gepflanzt wurden. Sie wurden nicht wirklich genutzt aber nun dienten sie Salli hervorragend als Sichtschutz um ein paar Meter weiter in Richtung Zaun zu gelangen. Das Adrenalin hatte die Oberhand und kontrollierte Salli so ungewollt immer mehr zur Vorsicht wie zum Risiko. Sie stand nur noch wenige Meter vor der angrenzenden Koniferenhecke die den Zaun dahinter verdeckte. Salli wusste die Stelle an der man leicht hindurch schlüpfen konnte sowie die Stelle an der man am einfachsten durch den Zaun gelangen konnte. Das Problem war nur der Wachmann der zwar abseits von ihr stand, aber einen guten Blick auf sie haben konnte, sollte sie ihre momentane Deckung aufgeben. Durchatmend und sich über den Mund fahrend, war die blonde für einen Moment unschlüssig was sie machen sollte und verharrte daher wie gelähmt in ihrer Position die nicht gerade bequem war. Sie hatte es allerdings zu weit geschafft um sich jetzt noch erwischen zu lassen. Noch einmal tief durchatmend, ging sie so weit nach vorne wie es ihre Deckung zuließ, hatte den Mann dabei fest im Blick und wartet nur auf einen günstigen Moment. Minuten vergingen in denen Salli immer unruhiger wurde und in denen ihre Zweifel ins Unermessliche wuchsen. Kurz vor dem Punkt an dem sie aufgegeben hätte, drehte sich der Mann plötzlich. In ihre Richtung sehend, duckte sich Salli und konnte dabei nur feststellen das er sich von seiner Position weg bewegte. Er wand ihr regelrecht den Rücken zu und dieser einen Augenblick genügte Salli um loszurennen. Geduckt, zügig und so leise wie möglich rannte Salli die knapp zehn Meter die sie von der Hecke trennten und brach kurzzeitig in Panik aus als sie keinen Weg hindurch fand. Keuchend vor Sauerstoffmangel und Adrenalin kam sie hinter der Hecke zum Stehen, rückte ihre Kleidung zurecht die durch das hindurch tauchen verrutsch war und sah sich erneut um. Hier war es trotz des Tageslichtes recht dunkel und der Zaun der sich vor ihr gut drei Meter emporstreckte war noch mehr zugewachsen wie er es früher war. Salli hatte hier gerade einmal so viel Platz um hindurch zukommen und musste dennoch dabei aufpassen nicht irgendwo hängen zubleiben. Jetzt musste sie nur noch die Stelle finden die sie früher immer genutzt hatte um von hier heimlich zu verschwinden. Nach wenigen Schritten fand sie ihr Ziel in Form eines Zwischenbalkens an dem man den Draht des Zaunes nie komplett befestigt hatte. Er wurde wie üblich von mehrere Hacken gehalten, aber waren sie an dieser einen Stelle nicht verankert. Daher konnte Salli mit wenigen Handgriffen den Draht abheben und zur Seite ziehen. Sich hindurchzwängend verschloss sie den Draht notdürftig damit er nicht sofort auffiel und machte sich daran den Rest ihres Weges fortzusetzen. Mit jedem Schritt mehr löste sich auch die Anspannung in ihrem Bauch, auch wenn noch genug Sorgen übrig blieben um für ein komplettes Leben zu genügen. Salli war zwar aus diesem Haus geflohen, aber im Grunde hatte sie nur einen Verfolger mehr geschaffen. Und bei genauem Bedenken konnte Salli nicht abwiegen welche der Seiten ihr lieber war. Die Dämmerung zog ein und Salli die mittlerweile die Straße erreicht hatte zog ihre Jacke etwas fester um sich und holte ihr Handy aus der Tasche. „Johnson!“ Erklang es an der anderen Leitung nachdem Salli das Handy an ihr Ohr gelegt hatte. „Hey Jess ich bins!“ „Oh hey Salli so schnell hätte ich gar nicht mit dir gerechnet. Ist was passiert du klingst seltsam?“ „Nein alles Ok. Aber bitte sag mir das du noch nicht auf den Weg bist.“ „Nein noch nicht ganz. Aber das Taxi müsste jeden Moment kommen.“ „Bleib wo du bist.“ „Was? Oh nein, nein, nein. Du machst jetzt keinen Rückzieher Salli. Ich merk doch das es dir...“ „Jess ich mach keinen Rückzieher.“ „Nicht! Aber?“ „Ich bin grad abgehauen. Also bleib wo du bist ich komm nach Hause!“ „Du bist...!“ Stammelte Jess an der anderen Leitung nach einer Weile. „Aber...?“ „Eine Sekunde länger und ich wäre aus dem Fenster gesprungen. Jess ich werd wahnsinnig dort. Alles und jeder Lügt mich an und die komplette Situation wird zu einem komplett bekloppten Film. Bleib einfach wo du bist. Ich komm zurück. Ich hab schon nen Plan.“ „Bist du sicher... Ich könnte den Wagen von Tom nehmen und....“ „Las mal. Ich brauch ein paar Stunden für mich. Ich seh dich später.“ „Na meinetwegen!“ Murrte Jess unzufrieden und ließ Salli daher leicht grinsen. „Aber sei bloß vorsichtig. Immerhin sind da noch diese Typen.“ „Die wurden verhaftet. Ich hab zwar keine Ahnung von wem aber das kann mir auch ziemlich egal sein. Ich meld mich noch mal wenn ich was genaues weiß.“ „Ok.“ „Bis dann Jess!“ Damit legte Salli auf, steckte das Handy weg und fühlte sich mit jedem Schritt gelöster den je. Endlich hatte sie wieder eine positive Aussicht auf die Zukunft und da war ihr vollkommen egal was oder wen sie dabei zurück ließ. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)