Via Inquisitoris - Cum tacent clamant von Hotepneith ================================================================================ Kapitel 9: ----------- Sarah betrachtete den hochgewachsenen, dunkelhäutigen Mann. Wenn er ein Vampir war, und das war eindeutig – wie alt mochte er sein? Es galt als unhöflich danach zu fragen, aber niemand unter tausend Jahren sollte einen Schüler, ein „Kind“ aufnehmen, so lautete eine der Regeln, die der Hohe Rat nicht ohne Grund aufgestellt hatte. „Es geht um ein vermisstes Kind?“ Die leichte Betonung auf dem letzten Wort zeigte, dass sie einen jungen Vampir meinte. „Äh, ja, Inquisitor. Ich...Ich möchte ein wenig ausholen, damit Sie verstehen, dass Loyra ... damit Sie mich und sie verstehen. Darf ich?“ „Natürlich. Aber, Mister Delacroix, gehen wir ein wenig spazieren, das ist wohl unauffälliger.“ „Wie Sie wünschen.“ Der Mann, der sich im Moment David Delacroix nannte, erhob sich, ergänzte jedoch: „Nennen Sie mich nur bei meinem Namen. Musa.“ Sie hatte sich bereits gedacht, dass ein französischer Name zu einem so alten Mann nicht passen konnte. Er war sicher in Afrika geboren worden. „Dann erzählen Sie mal, wie Sie nach Amerika kamen. Und wann. Und wie Sie zu einem Kind kamen.“ „Ja. Es war im 15. Jahrhundert. Ich lebte bei den Duala am Krabbenfluss als Sklave. Die Dualas hielten lange Sklaven. Eigentlich stammte ich aus dem Bergland, aber mein Häuptling tauschte mich. Nun, das war sein Recht. Bei den Duala lebten Sklaven in eigenen Dörfern und kümmerten sich um den Ackerbau und die Tiere. Sklaven würde ich sagen, weil der jeweilige Besitzer Sklaven auch vererben konnte oder verkaufen. Sonst ähnelte das Leben dem, das ich in meinem Heimatort geführt hatte. 1472 kam ein Schiff mit weißen Männern, die Handel betreiben wollten. Sie sahen die vielen Krabben in unserem Fluss und nannten ihn Camareos. Daraus entstand zunächst für den Ort, dann für das heutige Land der Name Kamerun. Ich möchte Sie nicht langweilen, Inquisitorin. Jedenfalls war ein Mann namens Don Pedro an Bord, der die Aufgabe hatte, fremde Tiere und Pflanzen zu zeichnen. Er … Ich fiel ihm auf und er kaufte mich meinem Besitzer ab. So gelangte ich an Bord dieses Schiffes nach Portugal. Schon auf der Reise hatte ich festgestellt, dass mein neuer Herr nie aß oder nur so tat.“ „Er war ein Vampir?“ „Ja, ein Forscher. Ich habe viel von ihm gelernt und als wir in Portugal waren, erklärte er mir, was er sei und wie – und ob ich sein Kind werden wollte. Ich gebe zu, es war auch der Spaß an der Forschung, am Zeichnen, das mich einwilligen ließ. Wir wechselten dann immer zwischen Portugal und Spanien, um der Regel der Unauffälligkeit genüge zu tun. Offiziell galt ich immer als sein Diener, anders wäre es nicht gegangen. Als Frankreich dann die westindischen Inseln mit Zuckerrohrplantagen überzog, ging er hin, und nahm einen französischen Namen an, als er eine Zuckerrohrplantage kaufte und bewirtschaftete, die Natur dort erforschte. Ich musste wieder der Sklave sein. Wissen Sie, was der Code Noir ist?“ „Nein, aber dem Namen nach ein französisches Gesetz?“ „Ja, es wurde unter Ludwig dem Vierzehnten von Frankreich erlassen und regelte den Umgang mit Sklaven auf den Inseln und dem Louisiana genannten Gebiet auf dem Festland, was weitaus größer war als das heutige Louisiana. Zunächst ging es darum, dass alle, Sklaven, Juden, Protestanten katholisch sein mussten, es regelte aber auch, dass ein Herr seine Sklaven schlagen und in Ketten legen konnte, auch töten – nur nicht foltern.“ „Wie nett.“ „Es geriet ein wenig in Vergessenheit.“ Musa zuckte die Schultern. „Jedenfalls lebte ich all die Jahre als Verwalter meines Herrn – und war doch das Kind meines Meisters. In ihm wuchs die Sehnsucht sich zurückzuziehen, aber ihm war klar, dass er mich damit in Schwierigkeiten bringen würde. Ohne den Schutz eines Herrn würde bald auffallen, wer oder was ich bin. So verkaufte er die Plantage und zog aufs Festland. Übrigens, dadurch, dass die Sklaven ihre heimatlichen Religionen nicht mehr ausüben durften, taten sie es unter einer Deckung. Sie beteten zu dem guten Gott, aber auch mit Praktiken, die sie mitgebracht hatten. So entstanden die verschiedenen Voodoo-Kulte. In Louisiana sind sie anders als auf den Inseln, auf Haiti. Immer ein wenig anders. Nun ja. Endlich fand er einen Vampir, der auch bereit war mich aufzunehmen. Das war 1792 – das Jahr der französischen Revolution. Sie schafften dann auch den Code Noir ab und ich hoffte, bald auch frei als freier Bürger leben zu dürfen. Leider hat Napoleon ihn dann wieder eingeführt. Nun gut. René Delacroix übernahm mich als Vorarbeiter für seine Plantagen, wobei die Plantagenwirtschaft in Louisiana nicht so blühend war wie auf den Inseln oder meinetwegen in Georgia. Da hatte es einen Indianeraufstand, vereint mit schwarzen Sklaven, gegeben, die fast die gesamte männliche, französische Bevölkerung massakrierten, Frauen und Sklaven verschleppten. Darum. Nun, gleich. Die Zeit verging und ich lernte auch bei meinem neuen Vater viel. Nach dem amerikanischen Bürgerkrieg waren dann alle Sklaven offiziell frei – aber Bürgerrechte waren uns noch immer versagt. Aufgrund einer Anweisung meines zweiten Vaters ging ich nach New York, offiziell, um für ihn da einen Zweig seines Geschäftes aufbauen zu sollen. Wieder nur als Diener meines Herrn, aber doch frei.“ Musa blickte seitwärts, aber der Kadash schien ihm aufmerksam zuzuhören. So sagte er: „Ich zog erst nach dem Zweiten Weltkrieg nach New Orleans, eine doch recht liberale Stadt, mit Chancen für Schwarze. Selbstverständlich hielt ich Kontakt zu meinem zweiten Vater. Nun ja, 1954 traf ich Loyra. Sie hatte gerade versucht sich das Leben zu nehmen. Ich nahm sie zuerst zu mir, dann wollte ich sie immer mehr auch als Kind. - Ihre Eltern waren Bürgerrechtler gewesen und ermordet worden. Das WIE hatte sie zerbrochen.“ „Als Kind? Wenn ich richtig mitgerechnet habe, sind Sie kaum 600.“ „Ja, und ich weiß, dass der Rat empfiehlt selbst nicht unter tausend Jahren ein Kind anzunehmen. Ich war mir der Verantwortung und des Risikos durchaus bewusst, und stand und stehe wegen ihr auch in ständiger Verbindung mit George – das ist der Älteste unseres Volkes hier, aber auch mit René Delacroix meinem zweiten Vater.“ Er brach ab, da das Handy der Inquisitorin läutete. „Entschuldigung“, murmelte Sarah höflich, ehe sie abnahm. „Alles in Ordnung“, sagte sie sofort, da sie die Nummer erkannt hatte. „Es kann nur etwas noch dauern.“ „Ich wollte das nur wissen“, erwiderte der FBI-Agent. „Alles, was uns helfen kann ist gut. Ich möchte nur sicher gehen, dass Sie es sind.“ „Danke.“ Sie legte auf und schob das Handy zurück in die Jackentasche. „Wann ist Loyra verschwunden?“ „Wie gesagt, ich wandelte sie 1954. Vor zehn Jahren wurde sie immer unruhiger und wollte in die Natur, in die Bayous, gehen. Das sind Sümpfe, riesige Sumpfgebiete, um New Orleans. Ich erlaubte es ihr, da mir George und René sagten, dass Kinder in den kritischen Jahren manchmal genug vom Schutz, oder auch der Enge, des familiären Zusammenlebens haben. Heute muss ich sagen, leider stimmte ich zu. Denn sie verlor ihr Vertrauen zu mir. Alles, was ich noch weiß, ist, dass sie in den Bayous jemanden kennengelernt hat, der sie faszinierte. Mehr als ich offenbar.“ „Das ist ungewöhnlich.“ Die Bindung zwischen Meister und „Kind“ war eigentlich mehr als intim, durch den Blutaustausch, durch die gemeinsamen Meditationen. „Ja, dessen bin ich mir bewusst.“ Musa holte tief Atem. „Sie kam noch einige Male zu mir, war aber sehr einsilbig. Alles, was ich noch erfuhr, war, dass sie eine Mambo getroffen hat.“ „Eine Mambo?“ Das war kaum die Schlange, die sonst Mamba hieß. „Eine Priesterin des Voodoo. - George und René rieten mir etwas zu unternehmen, zumal Loyra nicht mehr kam. Ich wollte sie suchen, aber es war der April 2005. Der Hurrikan Catriona zerstörte New Orleans und ich musste erst einmal mich und mein Eigentum retten, ließ aber auch nach Loyra suchen. Sie ist seither nicht mehr bei mir gewesen, wurde auch von keinem mehr gesehen. Und ich ließ selbst das Rote Kreuz nach ihr suchen, in der Sorge sie sei ertrunken.“ Er blieb stehen. „Inquisitor, können Sie sie finden? Herausfinden, was mit ihr geschah? Ich unterschätze aus langer Kenntnis die Fähigkeiten der Priester des Voodoo nicht. Sie sind sehr manipulativ und fähig, sonst wären sie es nicht. Ob sie es zum Heilen oder für Schadzauber anwenden. Loyra ist sicher empfänglich für solche Dinge, sie ist damals zerbrochen. Ich wäre froh, wüsste ich, dass diese Frau ihr Halt gibt und sie nicht in Schwierigkeiten ist. Aber natürlich ist da die Regel der Unauffälligkeit. Ich will gar nicht wissen, was geschieht, wenn diese Priesterin herausbekommt, was Loyra nun einmal ist.“ Ein Vampir in den kritischen Jahren, auch zuvor schon mental angeschlagen, ohne Anleitung des Meisters, aber unter den Augen einer psychologisch versierten Frau? Ja, das konnte Ärger geben, und Sarah begriff, warum Musa hier angereist war. Er selbst hatte gegen eine Regel des Rates verstoßen, aber sich zumindest bemüht Rat von älteren Vampiren zu bekommen. Leider war er wohl gescheitert. Hatte Loyra und die Mambo etwas mit den Morden zu tun? Eher weniger. Wobei: Matho hatte gesagt, es wären zwei Personen. Alle waren von einem Mann und einer Frau ausgegangen. Aber keines der Opfer war vergewaltigt worden. Sie brauchte dringend weitere Informationen, die ihr allerdings nur die menschliche Polizei samt ihren Gerichtsmedizinern liefern konnte. „Geben Sie mir Ihre Handynummer, Musa. Ich werde Ihnen sagen, ob und was ich über Loyra erfahre.“ Ein so junger Vampir in den kritischen Jahren genoss eigentlich noch den Schutz des gesamten verborgenen Volkes. Wie sah es aus, wenn dieser sich dem Meister und der Gemeinschaft entzog? Unter fremden Einfluss geriet? „Haben Sie ein Foto von Loyra? Eine Beschreibung?“ Sie musste unwillkürlich an die sehr dunkelhäutige angebliche Krankenschwester im Fall der ermordeten Internistin denken. „Nein, ein Foto habe ich nicht. Aber Loyra sieht aus wie Mitte Zwanzig, ist doch recht hellhäutig, da ihre Mutter eine Weiße war. Mulatte nannte man das früher, im 18. Jahrhundert und davor. Es galt die Ein-Tropfen-Regel. Jeder Mensch mit einem schwarzen Vorfahren, egal wo in der Linie, eben ein Tropfen Bluts, galt als Schwarzer. Das ist gesetzlich abgeschafft, gilt aber im Verständnis der Bevölkerung immer noch. Siehe Barack Obama. - Loyra ist etwas größer als Sie, Inquisitor, und hat schulterlange, schwarze Haare. Ich denke, sie ist recht hübsch, aber das ist wohl subjektiv. Und sie ist emotional angeschlagen, immer noch. Ich bin mir nicht sicher, wie das wird, wenn sie mit einer Anderen beisammen ist, einer Mutter? Sollte ich das so nennen?“ „So kann man es sehen. Nun gut. Ihre Handynummer, bitte, dann werde ich Sie informieren, falls ich etwas höre oder gar Loyra treffe.“ Musa war schon einmal zufrieden, dass der gefürchtete Inquisitor Loyra nicht ohne Kenntnis verurteilte oder gar ihn. Immerhin besagte das nicht, dass er um eine Rüge des Hohen Rates herumkommen würde, aber das war fast klar. Er hatte nun einmal gegen die deutliche Weisung älter als tausend Jahre sein zu müssen, verstoßen, wenngleich er eigentlich angenommen hatte sich abgesichert zu haben. „Ich lebe momentan bei meinem Bruder in New York“, erklärte er dann. „Das Kind meines zweiten Vaters. Wir verstehen uns gut und nach der Zerstörung von New Orleans schien es mir besser erneut dorthin zu gehen. Ich informierte aber so ziemlich jeden, den George kennt, dass sie nach Loyra Ausschau halten sollten. Auch meine eigenen Bekannten in New Orleans, aber niemand sah sie. Ich fürchte ja fast, dass der Wirbelsturm sie umbrachte, aber dann sage ich mir, dass das nicht möglich sei.“ „Unwahrscheinlich, ja.“ Sarah tippte die Nummer in ihr eigenes Handy. „Gut. Falls ich etwas weiß, werde ich Sie informieren.“ Dann suchte sie die andere Nummer und wählte: „Ich bin in einer halben Stunde mit der Metro bei Ihnen.“ „Gut“, meinte Daniel McGraw. „Wir haben nämlich eine Neuigkeit, die Marylin gerade überprüft. Wenn ja, haben wir dann ein interessantes Gespräch, bei dem Sie dabei sein sollten. Schon als Frau, aber auch als Sektenspezialistin. Bis gleich.“ „Danke.“ Sarah legte auf, nicht verwundert, dass sie an einem abhörbaren Telefon nicht mehr erfuhr. Das würde sie in einer Stunde. Ebenso wenig erstaunt war sie, dass Musa sich bereits abgesetzt hatte, bestimmt froh, ihrer Nähe entkommen zu sein. Die Einsamkeit des Jägers der Jäger hatte es Donna Inanna einmal genannt und Wombat hatte nie ein Hehl daraus gemacht, wie froh er war, zumindest für tausend Jahre jemanden an seiner Seite zu haben, der das Besondere seines Amtes verstand. Auch bei ihr, Sarah, waren es nur wenige Vampire, die unbefangen mit ihr sprachen. Immerhin welche.   Daniel lächelte, als sie sich im Besprechungsraum zu ihm und und dem Profiler setzte: „Kaffee gefällig?“ „Nein, danke, noch nicht“, erwiderte sie höflich. „Ich hatte im Hotel. Guten Morgen, Matho.“ „Guten Morgen. Brachte Ihr Morgenspaziergang etwas?“ Der „Tracker“ nahm selbst einen Schluck. „Ich bin mir nicht sicher – mein Informant auch nicht. Aber er stammte aus New Orleans und erwähnt etwas von Voodoo.“ Mehr wollte sie nicht verraten, aber die beiden Männer sahen sich überrascht an. Dann meinte der FBI-Agent: „Nicht schlecht, Sie umschwirren also den gleichen Honigtopf. Moment noch, Marilyn und die Anderen kommen gerade, dann berichten sie.“ Voodoo? Sarah hatte wenig Erinnerungen an diese Religion. Zombies fiel ihr dazu ein, jede Menge Filme dazu, die ihr „Bruder“ Thomas sich angesehen hatte – und die im Zweifel kaum der Wahrheit entsprachen. Immerhin hatte Musa doch erzählt, Voodoo sei eine Mischung aus alten afrikanischen Stammesbräuchen und der erzwungenen katholischen Kirche? Die drei Mitarbeiter Tom, Marily und Yukiko kamen herein, grüßten und nahmen mit Zetteln in der Hand Platz. „Fang du an, Marilyn, es war deine Idee.“ Daniel McCraw lehnte sich zurück. Zu einem gut Teil wusste er schon, was kam. „Nun ja,“ begann die Afroamerikanerin: „Wir sollten ja nach etwas vor zehn Jahren suchen, das diese Mordserie ausgelöst haben könnte. Ich suchte also zuerst in Alaska und so, aber da war nichts. Ich meine, ja, schon, aber irgendwie könnte dann jeder, der einen Unfall oder Mord in der Familie erleben musste, selbst zum Mörder werden. Und dieses Durch-die-Lande-ziehen wirkte auch sehr heimatlos. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich wirklich Tage brauchte, um zu verstehen. Im April 2005, vor etwas über zehn Jahren, zerstörte der Hurrikan Catriona New Orleans. Viele Menschen flohen, einige kehrten auch zurück, aber sehr viele, wie auch meine Familie, gingen nach Houston um sich hier ein neues Leben aufzubauen. New Orleans war von der Bevölkerung her ziemlich dunkel, um es so auszudrücken. Da eine Zeugin hier in Houston doch eine sehr dunkelhäutige angebliche Krankenschwester gesehen hatte, die das spätere Opfer ansprach, machten wir, das heißt natürlich vor allem Yukiko, in dieser Richtung weiter. Wir durchsuchten noch einmal alle Mordunterlagen, ob irgendwo ein Zeuge eine Begegnung mit einer schwarzen Frau Mitte Dreißig erwähnt hatte, möglichst auch danach, ob sie Südstaatendialekt oder französisch sprach. Sie wissen sicher, dass die Cajuns, die französischstämmigen Weißen in den Sümpfen, so ein eigenartiges Französisch sprechen, das man sonst nicht kennt.“ „Meist ergab sich nichts, aber im Fall der Straßenprostituierten Darleen in Los Angeles redete auch eine Frau, auf die diese Beschreibung passte, mit dem späteren Opfer. Eine Zeugin hielt sie für eine Sozialarbeiterin. Diese Unterhaltung fand allerdings bereits am Tag vor dem Verschwinden des Mädchens statt, so dass sie nicht als relevant eingestuft wurde. Überdies, eine Frau. ...“ Die japanischstämmige Yukiko Barrigan zuckte die Schultern. „Also haben wir eine Beschreibung zumindest einer Mittäterin“, erklärte Daniel. „Leider passt eine solche Beschreibung auf extrem viele Frauen. Aber, Tom, du hattest eine andere Idee?“ „Ja.“ Der Afroamerikaner nahm einen Zettel auf. „Da Marilyn von der Seite von vor zehn Jahren ausging und da suchte, machte ich mich an die Überprüfung der Neuzeit. Matho hatte ja erwähnt, dass vor drei oder vier Monaten etwas passiert sein musste, dass der oder die Mörder jetzt drei Morde im Umfeld von Houston begingen, sich offenbar hier aufhalten, nachdem sie sonst Jahre lang durch die gesamten Staaten zogen. Ich fand eigentlich zunächst nichts, was in den Medien, vor allem der Zeitung erschienen war, das geeignet wäre eine Mörderin und ihren Partner nach Houston zu bringen. Erst, als ich ein halbes Jahr zurückging, fand ich etwas. Zu diesem Zeitpunkt war, nennen wir es die Oberpriesterin der Voodoo-Kulte im gesamten Süden gestorben, hier in Houston. Ihre Nachfolgerin steht noch nicht fest, da erfolgt wohl eine Wahl. Ich musste ein paar alte Kontakte anspitzen, aber eine der aussichtsreichsten Kandidatinnen ist eine Berryl Morris. Wenn sie nicht gerade ihrer Religion nachgeht und die Mambo gibt oder grisgris herstellt, ist sie eine erfolgreiche Unternehmensberaterin. Sie hat, wenn auch ungern, einem Treffen mit dir, Daniel, zugestimmt, vor allem, nachdem ich ihr versprach, dass es nur um Morde geht, weniger bis gar nicht um ihren Kult.“ „Grisgris?“ erkundigte sich Sarah. „Amulette, Zaubereien, die Schutz geben sollen, reich machen oder was auch immer“, erklärte Tom prompt. „Sie empfängt euch in zwei Stunden in ihrem Büro. Der Adresse nach hat sie es zu etwas gebracht.“ „Voodoo.“ Daniel seufzte. „Sarah, Ihr Informant erwähnte da auch etwas?“ Die Inquisitorin hätte um ein Haar geseufzt. „Eine Mambo, also, eine Voodoopriesterin, ist aus den Bayou verschwunden, ungefähr um die Zeit von Catriona herum. Mit ihr verschwand auch eine Frau auf die unsere Beschreibung nicht ganz passt, aber auch sie ist dunkelhäutig. Zwei Frauen, wäre das möglich, Matho?“ Der Profiler nickte langsam. „Ungewöhnlich ja, aber nicht auszuschließen, wenn eine der Beiden die Andere wie auch immer unter Kontrolle hat. Aus Liebe, religiösem Einfluss, jedenfalls etwas sehr Emotionales. Aber das würde erklären, warum keines der Opfer vergewaltigt wurde, warum die Frauen anscheinend arglos blieben, bis sie in die Falle getappt waren. Fragt sich nur, warum sie junge Frauen aller Rassen aussuchen. Die Rasse spielt keine Rolle – das Alter oder etwas anderes? Vielleicht kann uns Miss Morris dazu etwas erzählen. Wobei sie kaum viel über ihren Kult sagen wollen wird. Da laufen doch jede Menge Gerüchte um, berechtigt oder nicht.“ „Schön, danke euch allen.“ Daniel blickte auf die Uhr. „Sie hat ihr Büro in Downtown … Fahren wir hin, da finden wir sicher einen Chinesen oder einen Hotdogstand, und essen Mittag ehe wir sie besuchen. Matho, Sarah, ich bitte doch um eure Anwesenheit.“ „Natürlich“, erwiderte die Inquisitorin, während sich ihre Gedanken überschlugen. Ein junger Vampir, der sich mit einer Voodoopriesterin angefreundet hatte? Aber Vampire wirkten auf Menschen immer sehr glaubwürdig – war es möglich, dass Loyra der dominante Teil des Pärchens war, so es sich überhaupt um diese handelte? Oder hatte die Mambo das labile Vampirbaby unter Kontrolle? Was war da nur los – und wo lag ihre Pflicht?   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)