Corpse Battle von UrrSharrador (Ein Shikamaru Nara-Krimi (zum Miträtseln)) ================================================================================ Kapitel 3: Intervention/Interrogation ------------------------------------- Sie mussten nur um die nächste Biegung laufen, um den Grund für den Radau zu erkennen. Im Flur standen Reis-Anji und Drescher-Takki. Der ältere Junge wich langsam zurück, eine ärgerliche Falte auf der Stirn, und hatte die Hände erhoben. Drescher-Takki wirkte außer sich. Ihr Gesicht war gerötet vor Zorn, und sie hatte die Fäuste geballt. Unter ihrem blonden Scheitel blitzten ihre Augen – mal wieder. „Kannst du mir mal verraten, warum du so austickst?“, brachte Anji hervor, als sie ihm Zentimeter für Zentimeter langsam nachsetzte. „Du hast hier gar nichts mehr zu melden!“, schrie sie ihn an. Ihre Schultern bebten. „Was fällt dir ein, über Iga-chan herzuziehen!“ „Wa–?“, keuchte Anji. „Ich ziehe über niemanden her! Du hast gesagt, dass er kein Quecksilber mehr übrig hat!“ „Das wird ihn trotzdem nicht daran hindern, mit Sasa-chan den Boden aufzuwischen! Du hast ja keine Ahnung, was er so alles draufhat! Er braucht sein Quecksilber gar nicht! Wir Shinobi aus Kumogakure sind viel besser als ihr Reisfresser!“ „Vor allem seid ihr viel arroganter“, stellte Anji säuerlich fest. „Halt die Klappe!“, brüllte sie. „Wenn du noch ein Wort von dir gibst …“ „Was ist denn hier los?“, fragte Temari scharf. Shikamaru war froh, dass sie redete. Er war nicht der Typ, um bei solchen Sachen einzuschreiten, aber er hielt immerhin sein Schatten-Jutsu einsatzbereit. „Nichts“, sagte Anji gedehnt, nachdem die beiden sich eine atemlose Sekunde lang angefunkelt hatten. „Sah für mich aber anders aus. Auseinander“, befahl Temari und trat zwischen sie. „Der Kerl soll einfach aufhören, Mist über andere Dörfer zu erzählen!“, sagte Takki lodernd. „Dann darf sie aufhören, mir sämtliche Worte im Mund rumzudrehen. Ich hab überhaupt nichts gesagt“, erwiderte Anji, wesentlich ruhiger. „Ihr hört beide auf“, sagte Temari bestimmt. „Wir gehen jetzt alle gemeinsam in die Kantine, ja? Es ist Mittag.“ „Und mit leerem Magen wird man schnell verstimmt“, ergänzte Shikamaru. „Ich setz mich auf keinen Fall an einen Tisch mit dem“, fauchte Takki. „Dann isst du eben woanders“, sagte Temari schnippisch, die langsam die Geduld zu verlieren drohte. „Gute Idee. Mir macht es auch nichts aus, ihre Visage mal für längere Zeit nicht sehen zu müssen“, meinte Reis-Anji. Shikamaru hätte ihn eigentlich für vernünftiger gehalten. Takki kochte schon wieder. „Da! Ihr habt’s gehört! Er tut es schon wieder! Was hängst du überhaupt noch hier rum? Du hast verloren! Ver-lo-ren! Warum gehst du nicht in die Wüste raus und stirbst? Deine Freunde warten sicher schon auf dich!“ Nun veränderte sich etwas in Anjis Blick. „Du kleine …“, knurrte er. „Schluss jetzt! Ihr benehmt euch wie kleine Kinder!“ Temari hatte mittlerweile die Arme ausgestreckt, um sie auf Distanz zu halten. Takki funkelte zu Anji hoch, der fast einen Kopf größer war als sie, und er wiederum starrte nicht minder finster zurück. „Shinobi sollten sich besser beherrschen können“, sagte Shikamaru. „Wie schön. Das bedeutet doch nur, dass sie kein Shinobi ist“, sagte Anji kalt. „Ich frage mich sowieso, wer sie zu dieser Prüfung zugelassen hat. Offenbar gibt es keine vernünftigen Teilnehmer, die Kumogakure sonst schicken könnte. Traurig.“ Takki starrte ihn an, als hätte er ihr einen Schlag versetzt. Dass er ihre Heimat erwähnte, schien etwas in ihr zum Explodieren zu bringen. „Du verdammter Scheißkerl! Wenn du noch einmal, noch ein einziges Mal mein Heimatdorf beleidigst, prügel ich dich windelweich!“ „Das ist jetzt …“, begann Temari, doch Anji schob sie plötzlich energisch aus dem Weg, als wäre sie ein störendes Möbelstück. „Du meinst, so wie Gotenmaru? Hat dir das Spaß gemacht, ja? Er war schon am Boden, als du noch auf ihn eingeschlagen hast! Verdammt, du bist krank!“ Auf Anjis Gesicht schienen sich Gewitterwolken zu tummeln, und auch seine Stimme grollte wie ferner Donner. „Vielleicht haltet ihr Reisfresser einfach nichts aus?“, ätzte Takki und blies sich eine blonde Strähne aus dem Gesicht. „Jetzt reicht‘s!“ Er war mit einem einzigen Schritt bei ihr und riss sie am Kragen in die Höhe. „Jemand sollte dir kleinen Missgeburt mal das Maul stopfen!“ „Lass mich los, du Spinner!“ Takki schlug um sich, aber Anji sah ihre Faust kommen, duckte sich und stieß sie gleichzeitig von sich. Mit einem überraschten „Uff“ prallte sie gegen die Wand und rang um ihr Gleichgewicht. Anji fegte ihr mit einem raschen Tritt das Bein weg und sie ging mit einem ziemlich uneleganten Spagat zu Boden. „Genug jetzt!“, rief nun auch Shikamaru. „Was, was ist denn hier los?“ Mit weit ausholenden Schritten kam Nigishima-sensei den Gang entlang gehastet. Shikamaru wollte schon aufatmen, aber Drescher-Takki achtete gar nicht auf ihren Lehrer. „Das hast du nicht umsonst getan“, zischte sie, und als sie sich in die Höhe stemmte, blitzte plötzlich ein Kunai in ihrer Hand. „Shikamaru!“, rief Temari. „Sofort.“ Er formte das Fingerzeichen für sein Jutsu. Sein Schatten wurde zu einer schwarzen Schlange und verband sich mit ihrem, gerade als sie sich auf Anji stürzen wollte. Takki fror mitten in der Bewegung ein, verdutzt – und dann machte es plötzlich Poff, und aus dem Kunai in ihrer Hand wurde … ein zusammengefaltetes Spielbrett aus Pappe. „Takki! Hast du den Verstand verloren?“, rief Nigishima und blieb neben seiner Schülerin stehen. Shikamaru, der die Gefahr verraucht wähnte, löste sein Jutsu auf – gerade noch rechtzeitig, denn Nigishima verpasste Takki eine schallende Ohrfeige. Wäre Shikamaru ein wenig langsamer gewesen, hätte er sie auch abbekommen. „Bist du von allen guten Geistern verlassen? Das ist nicht die Arena!“, rief Nigishima. Irgendwie klang er verzweifelt … fast weinerlich. Er wirkte nicht zornig, sondern eher traurig. „Wenn du dich mit anderen Leuten schlagen wolltest, hättest du deinen Kampf gewinnen müssen! Wir stecken hier in einem Sandsturm fest, verstehst du? Du kannst hier gegen niemanden kämpfen! Wir müssen alle zusammenhalten, ein Mörder läuft hier frei herum!“ Sein Stottern hatte sich gänzlich gelegt. „Ich weiß das!“, fauchte Takki ihn an. Ihre Wange färbte sich langsam rot. „Dieser Kerl hat unser Dorf beleidigt! Er hat gemeint, Iga-chan würde den Finalkampf nicht gewinnen!“ „Dann liegt es an Igawa-kun, Anji-kun das Gegenteil zu beweisen“, sagte Nigishima ungewohnt einfühlsam und hielt ihr die Hand hin. „Komm. Gehen wir erst mal was, was essen, ja?“ Sie starrte ihn mit zusammengebissenen Zähnen an, dann trat sie ihrem Sensei kräftig auf den Fuß, sodass er aufjaulte und auf einem Bein herumhopste. Trotzig wandte sie sich zum Gehen, rief dann aber noch über die Schulter hinweg Reis-Anji zu: „Du wirst es schon noch sehen! Iga-chan wird gewinnen, und selbst wenn nicht, wir werden beide Chunin, und du kannst als Genin alt werden!“ „Das mit dem Chunin wird bei dir nichts werden, wenn du dein Temperament nicht in den Griff bekommst“, konnte sich Temari offenbar nicht verkneifen, obwohl Shikamaru betete, dass die Streitereien endlich ein Ende haben mochten. Takki starrte sie hasserfüllt an. „Ach verdammt, lasst mich doch alle in Frieden!“ Sie stampfte wütend auf und lief dann davon in Richtung ihres Zimmers. „Du hast dich auch nicht gerade erwachsen gegeben, Anji-kun“, sagte Shikamaru schließlich. „Ich hätte dich für vernünftiger gehalten.“ „Tut mir leid“, murmelte er geknickt. „Es ist nur … Mein Freund, sie hat …“ Shikamaru nickte anteilnehmend und legte ihm die Hand auf die Schulter. „Gehen wir erst mal in die Kantine. Du darfst mir später alles über ihn erzählen, ja?“ Vielleicht ist er der Mörder, ging ihm durch den Kopf. Er beschloss, dass Reis-Anji bei der Gelegenheit der erste der Genin sein würde, den er wegen dem Mordfall befragte.   Drescher-Takki tauchte nicht zum Mittagessen auf. Nigishima-sensei schien darüber so besorgt, dass er den anderen Erwachsenen wiederholt auf die Nerven fiel, indem er fragte, ob der Mörder auch wirklich hier in der Kantine sein müsse. Diese Frage trug nicht unbedingt zur Hebung der allgemeinen Stimmung bei. Sie hatten dieses Mal die Tische zusammengeschoben, um alle auf einem Fleck zu sitzen. Anji saß dennoch wieder so weit abseits wie möglich. Um Nigishima auf andere Gedanken zu bringen – und weil es ihn auch interessierte –, fragte Shikamaru: „War das Ihr Jutsu? Das mit dem Spielbrett.“ „Was? Welches?“ „Das mit dem Spielbrett“, wiederholte Shikamaru. „Takki hatte statt ihrem Kunai plötzlich ein gefaltetes Pappding in der Hand, auf dem Felder gemalt waren. Außer Ihnen war sonst keiner in der Nähe, der das getan haben könnte. Es war dieses Spiel, von dem Sie heute Morgen erzählt haben, richtig?“ „Du, du bist wirklich ein schlaues Bürschchen“, lachte Nigishima. „Ja, das war es. Darum nennt man mich den, den Weißen Blitz! Weil ich blitzschnell … meine Schülerin entwaffnen kann.“ Er lachte noch lauter. „Nicht nur das, oder?“, schaltete sich Temari ein. „Man sagt, Sie haben ein Tauschjutsu perfektioniert und können beliebige unbewegliche Objekte tauschen, nicht nur sich selbst mit einem Baumstamm, zum Beispiel.“ „Das wäre toll, aber ganz so einfach ist es nicht“, wehrte er ab und kratzte sich verlegen den Hinterkopf. „Ich, ich muss diese Objekte vorher mit meinem Chakra bestrichen haben. Durch eine Berührung, zum Beispiel. Bei Takkis Ausrüstungsgegenständen mache ich das immer – ich, ich weiß ja, wie schnell sie die Geduld verliert. Das Spiel wird auch mit, mit Chakra gespielt. Und auf die Schnelle ist mir nichts anderes eingefallen.“ „Gab es Probleme?“, fragte Gaara plötzlich, und sowohl Nigishima und Anji als auch Temari und Shikamaru zuckten zusammen. Letztere beratschlagten sich mit Blicken. „Nichts Wichtiges“, wiegelte Temari ab. „Eine Person fehlt“, stellte Gaara ruhig fest und legte seine Stäbchen zur Seite. „Takki hat sich den Magen verdorben“, behauptete Nigishima. „Wahrscheinlich“, fügte er unter Gaaras forschendem Blick hinzu. „Ich möchte, dass niemand vergisst, dass momentan ein Mörder unter uns ist“, sagte Gaara, nun für alle hörbar, und das Schmatzen und leise Geplauder verstummte augenblicklich. „Was Temari beim Frühstück gesagt hat, gilt auch weiterhin. Jeder soll sich für Befragungen zur Verfügung halten. Weiters bitte ich die Genin, auf ihren Zimmern zu bleiben und sich ruhig zu verhalten.“ Es war keine Bitte, sondern ein Befehl, eindeutig. Gaara schien zumindest zu ahnen, was geschehen war. „Sagen Sie, stimmt das, was Dre… was Takki-san über Igawa-kun gesagt hat?“, fragte Shikamaru. Er sprach leise, da sämtliche Gespräche nach Gaaras Worten an Lautstärke verloren hatten. „Was, was hat sie denn gesagt?“ „Dass Igawa-kun kein Quecksilber mehr hat.“ In den Datenblättern über die Blitz-Ninjas – die voll waren von Informationen, die die Prüfer während der Prüfung sammelten, was wiederum ihren jeweiligen Heimatdörfern zugutekam – war bereits vermerkt, dass sich sein Quecksilber nach der Benützung verflüchtigte. „Oh, das.“ Nigishima warf einen verstohlenen Blick zu Sasaro hinüber, der mit Kyoko sprach, und senkte die Stimme zu einem Flüstern. „Er hat es tatsächlich aufgebraucht. Igawa kann Quecksilber fast wie ein, ein eigenes Element kontrollieren, wisst ihr? Er ist daher mindestens so genial wie dieser Felsenschieber.“ Irgendwie hatte Shikamaru das Gefühl, als wollten alle Ninjas aus dem Reich der Blitze ständig beweisen, wie würdig ihre Genin doch für den Chunin-Rang waren. Immerhin schien Nigishima willens, freigiebig die Fähigkeiten seiner Schützlinge auszuplaudern. „Igawa kann es ähnlich steuern wie, hm, ein Wasserninja das, das Wasser, aber irgendwie dürfte dieses Kekkei Genkai eine Macke haben. Vielleicht eine chemische Eigenschaft von dem Zeug, oder es ist einfach nachtragend.“ Nigishima lachte unglücklich. „Jedenfalls löst sich, wenn er aufhört, es zu manipulieren, das Quecksilber in, in Dampf auf. Den ich übrigens nicht einatmen würde, nur so als, als Randbemerkung. Selbst nach dem Ende seines Jutsus ist Igawa noch gefährlich, versteht ihr?“ „Ja, ich verstehe“, murmelte Shikamaru, damit der Weiße Blitz Ruhe gab. „Wir werden es berücksichtigen, wenn wir die Empfehlungen an den Raikage schreiben.“ „Oh, danke.“ Nigishima lächelte gewinnend. „Und Takki? Was beherrscht sie sonst noch für Jutsus, außer ihrem berüchtigten Taijutsu?“ „Das, das Übliche. Tauschen, Doppelgänger. Sie versucht sich neuerdings in Verwirrungstaktiken, um näher an ihre Gegner heranzukommen.“ „Also Genjutsu?“, fragte Temari. „I wo!“, winkte er ab und klang plötzlich mächtig stolz. „Alles basierend auf, auf Tausch-Jutsus. Ich glaube, sie eifert mir da ein wenig nach.“ „Wie schon gesagt, glaube ich nicht, dass sie bereits das Zeug zum Chunin hat“, sagte Temari geradeheraus. Nigishima-sensei lächelte gequält. „Ich weiß, ich weiß. Ich setze meine Hoffnungen auf Igawa.“ Shikamaru sah zu jenem hinüber. Er hatte ein unschuldiges Gesicht, fiel ihm auf. Als könnte er keiner Fliege etwas zuleidetun. Einzig die Narbe auf seiner Wange störte dieses Bild. Er trug heute andere Kleidung als gestern, aber selbst die wirkte schäbig. Vermutlich würde ihn niemand, der ihn nicht kannte, für den Finalisten der Chunin-Prüfung halten. Wären die Befragungen, die sie quasi als Nachtisch durchführen würden, nicht eine lästige Pflicht, wäre er vielleicht schon darauf gespannt gewesen.   Wieder einmal versammelten sich die Erwachsenen erst mal im Büro. „Shikamaru und Temari haben die Erlaubnis, alle Anwesenden zu befragen“, legte Gaara fest. „Zu befragen oder zu verhören?“, fragte Iwamoto-sensei herausfordernd. „Je nachdem, wie sie das sehen“, antwortete der Kazekage, ließ aber offen, ob er damit die Verdächtigen oder die Ermittelnden meinte. „Fangen wir gleich mal an – wir werden ja schnell damit fertig sein“, sagte Shikamaru. „Nur fürs Protokoll: Der Mord geschah irgendwann nach Mitternacht. Wo war nochmal jeder von uns zur fraglichen Zeit? Temari und ich waren wohl schon wieder in unseren Zimmern. Gaara war noch wach und hat gearbeitet. Nigishima-sensei hat bis nach drei Uhr mit seinem Schüler ein Spiel gespielt, ja?“ „Genau.“ Shikamaru würde Igawa dazu noch befragen müssen. Ihn interessierte brennend, was das für ein Spiel war, das mit Chakra funktionierte. „Konoe-san hat geschlafen. Iwamoto-sensei war gezwungenermaßen wach, hat aber nur ein Klopfen gehört. Das heißt, im Grunde haben nur zwei von uns ein Alibi: Nigishima-sensei, wenn seine Schüler seine Aussage bestätigen, und Iwamoto-sensei, die unmöglich die Täterin sein kann, weil die Leiche ihre Tür blockiert hat.“ „Ich würde einem Alibi, das ihm seine Schüler geben, nicht trauen“, sagte Iwamoto. Shikamaru seufzte. Irgendwie waren sie hier alle ständig nur am Streiten. „Wir werden sehen. Als Nächstes wollen wir die Genin befragen. Konoe-san, hast du etwas Neues herausgefunden?“ „Leider nein.“ Die rothaarige Kunoichi schüttelte bedauernd den Kopf. „Ich konnte den Todeszeitpunkt auf etwa ein Uhr bis halb zwei eingrenzen, aber das hilft uns nicht weiter. Manjo hatte Alkohol im Blut, als er getötet wurde. Weder auf der Leiche noch auf der Sake-Flasche gibt es verdächtige Fingerabdrücke.“ Konoe hatte Shikamaru und Temari erzählt, dass sie am Vormittag Takkis Abdrücke genommen hatte. Sie hatte die Flasche tatsächlich angefasst, aber eben nur die Flasche. „Der Mörder hat Manjo einfach durch einen Chakrastoß getötet, ohne ihn zu berühren, und vermutlich sogar ohne Blutspritzer abzubekommen. Das ganze Blut muss an seinem Rücken hinausgedrückt worden sein.“ Gaara nickte. „Der Rest liegt an euch“, sagte er zu Temari und Shikamaru. „Wir werden die Leiche wegschließen. Ich will nicht, dass irgendjemand daran herumhantiert. Möglicherweise können wir, wenn der Sturm vorbei ist, noch eine umfassendere Untersuchung mit mehr medizinischem Material durchführen.“ „Bis der Sturm vorbei ist, könnte die Leiche schon halb verwest sein“, gab Temari ungerührt zu bedenken. „Wir haben keine andere Möglichkeit. Ich halte auch nichts davon, den Todeszeitpunkt durch ein Konservierungsjutsu zu verschleiern.“ Gesagt, getan. Am Ende des Ganges lag eine leerstehende Kammer, die gerade groß genug war, um Manjos Leiche darin zu drapieren. Sie war ziemlich abgelegen und besaß außerdem eine Tür mit einem recht modernen Schloss. Da Konoe noch im Untersuchungszimmer aufräumte, Temari und Shikamaru beide keine große Lust hatten, die Leiche durch das halbe Stockwerk zu tragen und Gaara dies selbstverständlich auch nicht tat, bot sich Nigishima-sensei an, Iwamoto-sensei zu helfen. Die sah ihn natürlich finster an, sagte aber nichts dagegen. Zu zweit schleppten sie die sterblichen Überreste von Macho-Manjo auf einer Bahre in die Kammer, die Shikamaru jetzt wie ein Grab vorkam. Sie legten ihn dort auf den Boden und bedeckten sein Gesicht mit einem Tuch. Gaara selbst schloss ab. Konoe stieß schließlich zu ihnen, und er bat sie, den Raum zur Sicherheit zu versiegeln. „Damit niemand auf dumme Gedanken kommt“, sagte er. Shikamaru dachte sofort an eine gewisse, unberechenbare Jung-Kunoichi. Also klebte Konoe eine Siegel-Banderole an die Tür und versetzte sie mit ihrem Chakra, sodass sie jedem einen elektrischen Schlag verpassen würde, der versuchte, die Tür zu öffnen. Nun konnte nur noch Konoe selbst in den Raum gehen – Gaara schien ihr in der Hinsicht zu vertrauen. Shikamaru kannte sie noch nicht wirklich gut und war etwas skeptisch, aber gerade als ihm dieser Gedanke gekommen war, reichte Gaara ihm den Schlüssel. „Jetzt brauchen wir euch beide, um in den Raum zu kommen. Zwei Ninjas aus zwei verschiedenen Ländern. Wir können also sicher sein, dass niemand Manjo-sans Ruhe stört, bis wir ihn wieder abholen.“ Shikamaru steckte den Schlüssel ein. Die ganze Aktion kam ihm mit einem Mal ziemlich feierlich vor. „Es scheint dir wichtig zu sein, dass er seine Ruhe hat.“ „Neidisch?“, neckte ihn Temari. „Es ist schlimm genug, dass ein Ninja aus dem Dorf, für das ich verantwortlich bin, ermordet wurde“, sagte Gaara ernst. „Jemand scheint schon mit anderen Beweismitteln Schindluder getrieben zu haben. Ich will nicht, dass dasselbe mit Manjos Leiche geschieht.“ Er hatte es also herausgefunden. Die Jonin-Gesellschaft löste sich auf und Temari und Shikamaru konnten sich endlich daran machen, die Genin genauer unter die Lupe zu nehmen.   Im Wüstenturm gab es Dutzende ungenutzter Räume. Sie wählten ein kleines Büro, das dank einiger Schränke und Regale etwas behaglicher eingerichtet war als der Rest des Turms. „Vielleicht sollten wir die Stühle so hinstellen“, meinte Temari und richtete die rohen Holzmöbel an zwei sich berührenden Kanten des Tisches aus. „Damit wir den Genin nicht gegenübersitzen?“ „So sieht es weniger wie ein Verhör aus, oder?“ Shikamaru zuckte mit den Schultern. „Na schön.“ Sie machten ihre Dokumente bereit, dann ging Shikamaru los, um Reis-Anji zu holen. Zum ersten Mal, wie ihm schien, war die zweite Etage nicht in Aufruhr. Anji lehnte im Flur an seiner Zimmertür und schien ihn schon erwartet zu haben. „Werde ich jetzt vernommen?“, fragte er. „Wir stellen jedem hier im Turm ein paar Fragen. Genau genommen musst du uns nicht mal antworten, aber vermutlich ist es für alle besser, wenn du es tust“, erwiderte Shikamaru. Anji folgte ihm ohne Widerworte in den Gesprächsraum, wie er und Temari das Büro getauft hatten. „Also. Was wollen Sie wissen?“, fragte Reis-Anji, als sie Platz genommen hatten. „Verschiedenes. Kanntest du das Opfer, Manjo-san?“ „Kann man eigentlich nicht sagen.“ „Wusstest du“, fragte Temari, etwas schärfer, „dass Manjo mal in deiner Heimat randaliert hat?“ Anji zuckte mit den Schultern. „Jeder im Land der Reisfelder hat wohl davon gehört. Es gab ja einen ziemlichen Skandal. Und Entschädigungszahlungen vom Reich der Winde.“ Er verzog die Lippen. „Was ich, ehrlich gesagt, lächerlich finde.“ Temari schien ob dieser Aussage nicht gerade erbaut, aber Shikamaru sagte: „Kann ich nachvollziehen. Du verstehst, dass du wegen dieser Sache auf der Liste der Verdächtigen nicht gerade ganz unten stehst?“ Reis-Anji schnaubte. „Klar. Klasse Typ, dieser Manjo. Selbst nach seinem Tod schafft er es, den Reisfeld-Ninjas eins auszuwischen. Wenn jetzt die nächste Frage ist, was ich in der Nacht getan habe: Ich habe geschlafen. Ich kenne hier niemanden und will auch niemanden kennen lernen, also hatte ich nichts zu tun. Ich bin früh schlafen gegangen und dann aufgewacht, kurz bevor wir uns am Morgen begegnet sind.“ Er nickte Shikamaru zu. „Zwischendurch hab ich mein Zimmer nicht verlassen.“ „Okay, das nehmen wir mal zu Protokoll“, erwiderte dieser und machte sich Notizen. Kurz überflog er die Daten, die die Prüfer über Anji gesammelt hatten. Er schien eine vernünftige Mischung aus Tai- und Ninjutsu zu beherrschen und war außerdem ein kluger Kopf. Besondere Fähigkeiten wie ein Element oder ein Kekkei Genkai konnten in seinen bisherigen Kämpfen nicht festgestellt werden. Shikamaru ging durch den Kopf, dass ein verkleideter Jonin so etwas wohl auch nicht einsetzen würde. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein unscheinbarer Genin der Täter war, war vielleicht höher, als wenn dieser Genin unglaubliche Tricks beherrschte wie Rokken oder Igawa. Sofern der Mörder in einem ähnlichen Schema dachte wie Shikamaru. „Wie war das, als der Sandsturm während der zweiten Prüfung begonnen hat?“, fragte er. „Ihr hattet da erst eine Schriftrolle. Im Sturm habt ihr eine zweite gefunden, gegen das Blitz-Team gekämpft, und du bist dann allein zum Turm gekommen?“ „Genau. Wir haben ein zweites Team aus dem Reich der Reisfelder getroffen. Sie hatten beschlossen aufzugeben, wegen des Sturms, und haben uns ihre Rolle gegeben.“ Anji verzog das Gesicht. „Ich schätze, es ist klar, dass ich das nicht an die große Glocke hängen wollte? Aber mittlerweile bin ich aus der Prüfung ausgeschieden, also ist es egal.“ Shikamaru ersparte es sich, wieder einmal einem Genin zu erklären, dass man nicht automatisch disqualifiziert wurde, nur weil man seinen Kampf verloren hatte. „Warum haben die Blitz-Ninjas euch die Rollen nicht abgenommen?“ „Weil sie schon zwei hatten. Takki und ihr anderer Kamerad wollten einfach nochmal kämpfen.“ „Obwohl es gestürmt hat?“, fragte Temari verblüfft. „Ich sag’s ja immer wieder, dass die Kleine nicht alle Tassen im Schrank hat“, brummte Anji. „Sie hat Gotenmaru – meinen Freund – übel zugerichtet. Wir haben es immerhin geschafft, den dritten in ihrem Team zu verletzen. Dann ist der Sturm immer schlimmer geworden, und wir sind alle in eine andere Richtung gelaufen und haben uns aus den Augen verloren. Ich hab sie erst wieder im Turm gesehen.“ „Und deine Kameraden haben sich in einer Felshöhle versteckt, ja?“ „Wir wollten Gotenmaru nicht allein zurücklassen. Ich schätze, unser Sensei hat die beiden zurück nach Suna gebracht … Er war ohnehin der Meinung, dass wir keine Chance bei der dritten Prüfung haben. Ninjas aus dem Reich der Reisfelder bestehen selten gegen die aus den größeren Reichen, sagt er.“ „Sehr ermutigend“, stellte Shikamaru fest. „Zurück zu unserem Mordfall. Hast du sonst irgendwas gehört oder gesehen? Oder weißt du etwas, was wir wissen sollten? Vielleicht von den anderen Genin?“ „Kann mir nicht vorstellen, was. Und viel hab ich mit denen, wie gesagt, nicht zu tun.“ „Mit Drescher-Takki hattest du heute einen ordentlichen Streit“, erinnerte ihn Temari. „Jaja, ich weiß.“ Nur daran zu denken, schien ihm sauer aufzustoßen. „Wir sind einander zufällig auf den Gängen über den Weg gelaufen. Sie hat einfach zu reden begonnen und vom Finalkampf geschwärmt, hat dann aber gemeint, dass dieser Igawa kein Quecksilber mehr hat. Ich hab nur darauf geantwortet, und aus meinem Mund war das wohl gleich eine Beleidigung.“ Shikamaru nickte und kritzelte sich weiter Notizen. „Okay, du kannst gehen. Falls wir noch was brauchen, fragen wir dich.“ „Gern.“ Anji stand auf und sah aus dem schmalen Fenster. Immer noch tobte der Sturm. „Bei dem Wetter wird einem sowieso schnell langweilig.“   Dieselbe Geschichte hörten sie etwas anders, als sie Takki befragten. „Er hat einfach so behauptet, Iga-chan hätte keine Chance im Finale! Dabei haben wir ihm gezeigt, wie gut wir sind!“ „Ist das ein Grund, so auszurasten?“, fragte Temari ruhig. „Und ob! Ich kenne Typen wie diesen Anji! Selbst nichts drauf haben, aber die Ninjas anderer Dörfer in den Schmutz ziehen!“ Ihre Augen glühten schon wieder. „Der wird’s schon noch sehen! Mindestens Iga-chan wird ein Chunin! Wir haben hart für diese Prüfung trainiert, wir werden unser Dorf sicher nicht enttäuschen!“ „Wird denn von euch erwartet, dass ihr Chunin werdet?“ Dann wäre es das genaue Gegenteil von Anjis Situation. „Klar! Warum sollten wir hier sonst überhaupt mitmachen? Der Raikage wählt die Besten unter den Genin aus, und die dürfen die Ehre des Dorfes verteidigen!“ Shikamaru hatte das Gefühl, dass diese Obsession mit der Chunin-Ernennung von einem enormen Druck herrührte, der den Genin gemacht wurde. Er kannte den Raikage flüchtig und erinnerte sich, dass er selbst relativ hitzköpfig war. Ob er die Jüngsten des Dorfes wirklich derart unter Druck setzte, war schwer zu beurteilen, aber es reichte, wenn ihre Lehrer an der Akademie, ihre Senseis oder andere wichtige Shinobi aus Kumogakure das taten. „Ihr habt im Sandsturm ja nicht nur gegen Anji und sein Team gekämpft, sondern auch gegen Sasaro, Kyoko und ihre Kameradin“, sagte Temari. „Wie ist dieser Kampf verlaufen?“ „Hm“, meinte Takki nur schnippisch. „Wir haben sie ordentlich durch die Mangel gedreht. Die sind solche Angeber! Haben mit ihren sechs Schriftrollen geprotzt! Iga-chan und ich haben ihnen die Hölle heiß gemacht, dann sind sie bald darauf abgehauen.“ „Und wie habt ihr ihnen die Hölle heiß gemacht?“, wollte Shikamaru wissen. „Ihr habt doch sowieso alles überwacht, oder nicht?“ „Nur, was vor dem Sturm geschah“, sagte Temari. Takki zuckte mit den Schultern. „Selber schuld. Ta-chan – der Dritte in unserem Team – und ich haben diese olle Kunoichi von denen zu zweit angegriffen. Iga-chan hat uns derweil Sasa-chan und diese Kyoko vom Hals gehalten, dann ist Ta-chan ihm helfen gegangen. Ich hab nicht wirklich auf die anderen geachtet, aber diese Kunoichi hatte keine Chance gegen mich.“ Also war Drescher-Takki für das Ausscheiden beider Genin verantwortlich, die nach der Prüfung in der Wüste nicht mehr in der Lage gewesen waren, zur dritten Prüfung anzutreten. So hatte sich Shikamaru das vorgestellt. „Aber ihr habt nicht zuende gekämpft?“ Takki schnaubte. „Leider. Iga-chan hat irgendwann gemeint, wir müssten jetzt einen Unterschlupf suchen. Dann sind wir losgerannt. Ein paar Minuten haben wir uns wo untergestellt, dann war der Sturm nicht mehr so schlimm, und wir sind weiter zum Turm gezogen. Dabei haben wir uns dann noch eben mit dem Reisfresser-Team gekloppt.“ „So viel also dazu“, seufzte Shikamaru. Wieder nichts Brauchbares. „Kanntest du das Mordopfer?“ „Nein, leider.“ „Wieso leider?“ „Weil er verdammt gut aussah!“, grinste das Mädchen. Temari lehnte sich angespannt zurück. „Sag mal, Takki-san … Manjo hat sich nicht zufällig an dich rangemacht?“ Der verblüffte Ausdruck in ihren Augen war sicher nicht gespielt. „Hä? Sollte er?“ „Er hatte einen gewissen … Ruf“, meinte Shikamaru ausweichend. „Er hat also nicht zufällig nachts bei dir geklopft oder dir Sake angeboten oder auch nur mit dir geredet?“ Shikamaru kam sich fast ein wenig lächerlich vor. Immerhin war Manjo sicher zehn Jahre älter als sie gewesen. Aber er erinnerte sich in dem Moment, dass Manjo sie als Erstes für eine Chunin-Empfehlung vorgeschlagen hatte. Takki grinste. „Nö, nichts von alledem. Ihr könnt ja Iga-chan fragen. Wir teilen uns ja das Zimmer.“ „Wir wissen, dass Igawa-kun in Nigishima-senseis Zimmer war, als der Mord geschah. Wo warst du?“ „Ich schätze, ich habe da schon geschlafen.“ „Aber beweisen kann das niemand“, sagte Temari. „Sasa-chan könnte euch erzählen, dass wir uns vor meiner Tür verabschiedet haben, wenn das reicht.“ „Sind Sasaro-kun und du gleich in eure Zimmer gegangen, nachdem wir beide euch am Gang erwischt haben?“ „Sozusagen.“ „Sozusagen heißt nicht Ja.“ „Bei mir heißt es das“, sagte Takki trotzig. „Na schön. Und du bist dann in deinem Zimmer geblieben, bis die Leiche entdeckt wurde?“ „Ja. Iga-chan ist irgendwann zurückgekommen und auch schlafen gegangen. Ich glaube, er war danach auch nicht mehr draußen. Höchstens auf der Toilette. Ich hab ihn ja nicht ständig überwacht.“ Shikamaru wünschte sich, er hätte gestern Abend auch solche Siegel, wie Konoe sie auf der Tür zum Raum mit der Leiche angebracht hatte, an die Zimmertüren der Genin kleben können. Dann wären einige Alibis heute zweifelsfrei bewiesen gewesen. „Danke“, sagte er und machte sich eine letzte Notiz. „Du kannst uns jetzt Igawa-kun reinschicken.“   Igawa wusste weniger zu erzählen als seine Teamkameradin, aber es war im Prinzip dasselbe. Er war nach dem Abendessen in sein Zimmer gegangen und hatte ein Buch gelesen. Gegen zehn Uhr war sein Sensei gekommen und hatte ihm vorgeschlagen, dieses Brettspiel zu spielen, welches sie bis kurz nach drei in dessen Zimmer gefesselt hatte. „Was ist das überhaupt für ein Spiel“, fragte Shikamaru. „Es funktioniert mit Chakra, oder?“ „Genau“, sagte der dunkelhäutige Junge. „Man leitet sein Chakra in den Karton und bewegt damit die Drehscheiben, die dann anzeigen, wie viele Felder man fahren darf. Es ist wichtig, dass man genau so viel Chakra benutzt, wie man benötigt, um die Figuren richtig zu positionieren.“ „Interessant. Also hilft es einem dabei, den Chakrafluss besser zu kontrollieren?“ „Das …“ Igawa biss sich plötzlich auf die Lippe. „Das auch, ja, unter anderem.“ „Du scheinst darüber nicht glücklich zu sein“, stellte Temari fest. „Naja …“ Er lachte nervös. „Nigishima-sensei hat erzählt, dass der Mörder gute Chakra-Kontrolle hat … Ich mache mich verdächtig, indem ich dieses Spiel spiele.“ „Das ist nicht gesagt“, beruhigte ihn Shikamaru. „Oder hast du ein Motiv? Kanntest du Manjo-san?“ Igawa schüttelte heftig den Kopf. „Ich habe auch kein einziges Wort mit ihm geredet.“ „Wie sieht es mit deinem Quecksilber aus?“, wechselte Temari das Thema. „Stimmt es, dass du keines mehr hast?“ „Woher … wissen Sie das?“, fragte Igawa, unangenehm überrascht. „Von Takki-san und Nigishima-san.“ Er biss die Zähne zusammen. Auch diese Entwicklung schien ihm nicht zu passen. „Dann kann ich es wohl nicht leugnen. Aber ich hab den Mord nicht begangen, ich schwör’s!“ „Was hat das damit zu tun?“, fragte Temari stirnrunzelnd. „Naja, ich habe doch damit ein Motiv“, sagte Igawa. Shikamaru war verblüfft. „Erklär uns das.“ Igawa sah äußerst unglücklich aus und schwieg. „Okay, jetzt verstehe ich“, seufzte Shikamaru. „Du bist ein schlauer Kopf, Igawa-kun.“ „Klärt mich mal auf, bitte“, verlangte Temari. „Oder feiert ihr gerade eine stillschweigende Verbrüderung?“ „Igawa-kuns Kekkei Genkai benötigt Quecksilber. Wenn er es benutzt hat, verdampft es. Er hat alles davon beim Kampf gegen Rokken verbraucht. Für den Finalkampf müsste er seinen Vorrat aufstocken, könnte man sagen.“ Igawa nickte. „Uns Quecksilber aus Kumogakure liefern zu lassen, würde auf jeden Fall zu lange dauern, aber vielleicht könnten wir in Sunagakure auch welches auftreiben.“ „Aber wegen dem Sturm sitzen Igawa-kun und Nigishima-sensei hier fest, und somit muss er ohne seine Trumpfkarte gegen Sasaro antreten. Aber wenn plötzlich etwas passiert, das den Finalkampf verzögert, bis der Sturm zum Erliegen kommt …“ Shikamaru sprach nicht weiter, als Temaris Miene sich aufhellte. „Ah, ich verstehe. Darum wäre es besser gewesen, wenn niemand erfährt, dass sein Quecksilber alle ist.“ „Nur weil Takki-chan und Nigishima-sensei nicht zwei und zwei zusammenzählen können“, brummte Igawa. „Keine Sorge“, beschwichtigte Shikamaru ihn. „Das reicht noch lange nicht als Grund aus. Trotzdem würde mich interessieren, warum du nicht mehr Quecksilber dabei hattest, als du zur Prüfung angetreten bist.“ „Was soll ich sagen – ich habe eben unterschätzt, wie viel ich brauchen werde.“ Igawa zuckte die Achseln. „Hast du schon einen Plan, wie du gegen Sasaro-kun gewinnen willst?“, fragte Temari. „Keinen konkreten. Ich hab mir ein paar Dinge überlegt, aber …“ „Aber?“ „Wenn die Ermittlungen noch länger dauern, wäre mir das eigentlich ganz recht“, sagte er grimmig. „Also mir dafür nicht“, brummte Shikamaru. „Wie war das in der Wüste? Ihr habt gegen die Teams von Sasaro-kun und Anji-kun gekämpft?“ „Genau. Da hab ich auch das meiste von meinem Quecksilber verbraucht.“ „Gab es sonst irgendetwas … Ungewöhnliches während der Kämpfe? Takki meint, sie habe sich nur auf sich selbst konzentriert.“ Igawa legte die Stirn in Falten. „Mir ist nichts aufgefallen. Es waren harte Kämpfe, dazu noch im Sturm … aber ich wüsste nicht, was da aus dem Rahmen gefallen sein sollte.“ Shikamaru und Temari beratschlagten sich mit Blicken. „Gut, soweit wäre das alles. Danke, Igawa-kun“, sagte sie. Igawa stand auf und verbeugte sich. „Wenn ich sonst irgendwie helfen kann, sagen Sie Bescheid. Wissen Sie, ich interessiere mich für so etwas.“ „Was meinst du?“, fragte Shikamaru. „Naja … so etwas. Nicht unbedingt Morde, aber Rätsel. Intellektuelle Herausforderungen. Ich finde, das gehört zum Ninja-Dasein dazu. Ich würde gern … bei den Ermittlungen helfen, wenn das …“ „Tut mir leid“, sagte Temari sofort, „aber der Kazekage hat nur uns beide damit beauftragt.“ „Wenn dir irgendwas Wichtiges auffällt, kannst du es uns natürlich gern sagen“, fühlte sich Shikamaru verpflichtet hinzuzufügen. Igawa sah enttäuscht aus, verbeugte sich noch einmal und ging. „Jetzt wollen uns schon die Verdächtigen helfen, den Mörder zu finden“, meinte Temari, als er draußen war. „Und ein Genin noch dazu.“ „Können wir denn beweisen, dass wir unverdächtig sind?“, fragte Shikamaru unschuldig. „Witzbold. Ich weiß, dass ich es nicht war, und ich weiß, dass du zu faul dazu wärst.“ Es pochte laut an die Tür. „Herein?“, sagte Shikamaru. Eigentlich wäre Sasaro der Nächste gewesen, doch Nigishima-sensei war es, der mit grimmiger Miene in den Gesprächsraum trat. „Was können wir für Sie tun?“, fragte Shikamaru erschöpft. „Keine Sorge, noch verdächtigen wir keinen Ihrer Schüler.“ „Das, das freut mich. Aber ich bin wegen etwas, etwas anderem hier.“ Der Blitz-Ninja stand seltsam steif da, als wäre es eine höchst formelle Angelegenheit. „Sie beide sind ja sozusagen die, die Detektive hier.“ „Haben Sie etwas entdeckt, das wir wissen sollten?“ „Ich habe ein, ein Anliegen. Ich vermisse etwas. Etwas aus meiner persönlichen Ausrüstung. Ich dachte, ich komme damit gleich zu, zu Ihnen. Anscheinend gibt es nicht nur einen, einen Mörder, sondern …“, Nigishima zögerte, „auch einen Dieb unter uns.“ Shikamaru und Temari sahen einander überrascht an. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)