A Fork Stuck In The Road von Puppenspieler (Aliens, Armdrücken & andere Absurditäten) ================================================================================ Prolog: Another Turning Point ----------------------------- Es war surreal, wie selbstverständlich der Alltagstrott zurückkam, als es vorbei war.   Schule. Lernen. Clubaktivitäten. Obwohl es saudumm war, hatte keiner von ihnen aufgehört. „Wir bleiben bis zum Schluss!“, hatte Tooru schnaufend verkündet, und keiner von ihnen wäre je auf die Idee gekommen, zu protestieren. Sie blieben. Es ging weiter, als würde es ewig weitergehen. Sie gingen zur Schule, trafen sich in den Mittagspausen in einem Klassenraum, lachten, wenn Takahiro wieder gegen Hajime beim Armdrücken verlor. Stöhnten und ächzten über Tests und Hausaufgaben und all die unseligen Dinge, schubsten ihre Kouhais beim Volleyballtraining herum, obwohl Tooru den Captainsmantel längst abgelegt hatte und Yahaba inzwischen stolz und mit feuchten Augen das Captainemblem auf dem Trikot trug. (Vize-Captain Kyoutani hatte sie alle erstaunt und so manchen Protest ausgelöst, doch als es das erste Mal nötig wurde, dass er von seinem Amt Gebrauch machte, hatte er schnell alle Zweifler zum Verstummen gebracht.)   Sie benahmen sich, als würde das Jahr niemals enden, dabei war es schon wieder fast März, und eigentlich war das Jahr schon vorbei, die Abschlussprüfungen standen schon mit einem Fuß in der Tür. Und obwohl sie alle wussten, wohin es für sie gehen würde nach diesem Jahr, nach diesem Monat – man sprach nicht darüber. Nicht darüber, dass Tooru und Hajime sich zum ersten Mal in ihrem Leben trennen würden, nicht darüber, dass Issei gar nicht zur Uni ging und Takahiro ans andere Ende von Japan ziehen würde, um seine Wunsch-Universität zu besuchen. Heisuke wollte nach Tokyo. Es war bekannt. Es wurde nicht darüber gesprochen. Wahrscheinlich würden sie sich am letzten Schultag verabschieden mit „Bis Montag!“, so wie sie es immer taten, bevor sich ihre Wege an verschiedenen Kreuzungen trennten, lachend und schwatzend.   Aber Montag würde niemals kommen.     „Das ist unser letztes Jahr.“ Die Worte waren so schwer, dass sie in der Luft hingen wie ein Leichentuch, und hätte er sie zurücknehmen können, er hätte es wahrscheinlich getan. Sechs Augenpaare blickten ihn an, als hätte er einen ungesagten Schwur gebrochen, und schließlich war es Tooru, der seufzend und mit den Händen wedelnd antwortete: „Versuchst du gerade, uns etwas Neues zu erzählen, Yudacchi? Das wussten wir schon.“ „Und bald“, fuhr er unbeirrt fort, schluckte hart, bevor er weitersprechen konnte, „gehen wir auf die Uni. Und trennen uns.“ Er sah den Blick, der zwischen Tooru und Hajime gewechselt wurde. Er sah, wie auch die Blicke der anderen auf ihr Super-Duo fielen. „Was soll das jetzt werden, Kaneo?“, unterbrach Motomu den schwermütigen Moment genervt, die Augenbrauen zusammengeschoben zu einer steilen Falte und die Hände in die Hüften gestemmt, „Ist es nicht ein bisschen spät für große Reden?“ Motomu meinte die Uhrzeit – eindeutig zu spät –, aber Kaneo fasste die Frage trotzdem völlig anders auf und schüttelte wild den Kopf. „Gerade deshalb! Bald ist es wirklich zu spät! Dann gehen wir einfach auseinander, und– und–“ Und da waren sie wieder, die Tränen, die viel zu leicht flossen, sobald es um das Thema Schuljahresende ging. Kaneo presste die Lippen zusammen und reckte das Kinn vor, die Hände zu Fäusten geballt. Die Idee war nicht spontan gekommen; seien es all die kitschig-traurigen Filme, die er sich angeschaut hatte, all die lächerlich inspirierenden Zitate und Ideen, die Google ihm ausgespuckt hatte, oder sein eigener Wunsch danach, dieses letzte Jahr mit seinen Freunden zu etwas Besonderem zu machen, es war in Planung, seit sie die Frühlingsmeisterschaft schon in der Vorrunde hinter sich hatten lassen müssen. „Deshalb!“, setzte er neu an, und eine Träne tropfte auf seine Wange, malte eine nasse Spur, ehe sie sich auf seiner Haut verlor, „Sollten wir noch etwas richtig Verrücktes tun!“   „Was.“   Es war nicht einmal eine Frage, einfach eine Feststellung, und Motomus Blick war passend entgeistert. Issei grinste schief, tauschte einen Blick mit Takahiro, der ihm dann wohl seine Worte aus dem Mund nahm: „Ich finde, du machst das mit dem verrückt schon gut genug für uns alle, Yuda.“ „Hören wir uns wenigstens an, was er sagen will!“, mahnte Heisuke streng, auch wenn auf seine Strenge noch nie jemand etwas gegeben hatte. Tooru lachte sogar einfach nur, was ihm einen empörten, verlegenen Blick einbrachte – Heisuke wurde immer noch so leicht rot wie an ihrem ersten gemeinsamen Tag in der ersten Klasse, als er sich beim Vorstellen dreimal verhaspelt hatte und dann erst einmal die Namen von zwei Senpais konsequent den Rest des Tages vertauschte. Damals hatte Kaneo schon gefürchtet, der Junge würde nie wieder eine normale Gesichtsfarbe bekommen. Hatte er am Ende doch, auch wenn sie sich selten in normalen Bahnen hielt. „Also, Yudacchi? Was hast du vor?“ Kaneo holte tief Luft, blickte entschlossen zwischen seinen Freunden hin und her. Sein Blick duldete keinen Widerspruch, doch er ahnte, dass er damit ungefähr so viel Erfolg hatte wie Heisuke mit seiner Strenge oder Tooru mit dem Versuch, ihnen weiszumachen, er sei ein netter Mensch. „Wir schwänzen.“ Sofort öffneten sich mindestens vier Münder in Protestversuchen. Kaneo hob die Hand, um sie zum Schweigen zu bringen, ehe sie losplappern konnten. „Hört mir erst zu! Wir schwänzen. Sieben Tage. Und jeden Tag machen wir – irgendwas! Jeder von uns füllt einen Tag mit Dingen, die er mag, die ihm wichtig sind.“ – „Wieso sieben Tage?“, brummte Hajime, und Kaneo lachte hilflos-erleichtert auf, weil das der einzige Kommentar war, der dem Kerl einfiel, und das war gut, denn das hieß, dass die Idee zumindest nicht völlig in Grund und Boden gestampft werden würde. Wenn Hajime etwas durchwinkte, war es schon halb abgesegnet. (Die andere Hälfte, natürlich, war Toorus Entscheidung, aber Kaneo vertraute auf Toorus Hang zu idiotischen Ideen.) „Sieben ist die Glückszahl!“, erklärte er lachend und streckte sieben Finger aus, um die Zahl zusätzlich zu illustrieren, „Davon können wir dann die nächsten Jahre zehren, bis wir uns alle nochmal auf einem Haufen wiedersehen! Und außerdem sind wir eben sieben Leute?“ Er grinste. Hajime verdrehte die Augen. Tooru kicherte in sich hinein, was Kaneo als gutes Zeichen nahm. Takahiro und Issei tauschten einen Blick, in dem ein stummer Witz zu liegen schien, denn im nächsten Moment lachten die beiden ebenfalls. Heisuke hatte die Lippen fest zusammengepresst und rollte grimassierend die Augen, als könne er damit die Tränen wieder zurückzwingen. Motomu schüttelte nur resigniert den Kopf.   „Es ist doch eh schon beschlossene Sache, oder?“, fragte er, resigniert, doch jetzt zupfte da ein Grinsen an seinem Mundwinkel. Tooru lachte laut auf, „Natürlich, Ucchi, was denkst du denn!“ – „Oi, Shittykawa, hör auf, alles allein zu entscheiden!“ – „Awww, aber Iwa-Chan~ du willst es doch auch.“ Hajime und Tooru verfielen wie auf Kommando wieder in ihre alten Zankereien, und das Thema schien mit einem Schlag vergessen. Kaneo lächelte, wischte sich die letzte Nässe von den Wangen. Er sah auf, als Issei ihm schwer eine Hand auf die Schulter legte. „Viel Spaß beim Planen.“ Im nächsten Moment hatte er Takahiros Hand auf der anderen Schulter. „Jap. Glaub ja nicht, dass wir einen Finger mehr krumm machen als nötig dafür, dass du uns zu so einem Delinquentenverhalten anstiftest.“ – „Kaneo der Delinquent! Das glaubt uns niemand!“, lachte Motomu kopfschüttelnd, „Aber es gefällt mir. Da werden die Kleinen ganz schön gucken, wenn wir ihnen das erzählen.“ – „Und dann werden sie Kaneo in den Hintern treten, weil er uns dazu gebracht hat, das Training zu schwänzen“, beendete Heisuke mit einem strahlenden Grinsen. Kaneo konnte selbst nicht anders als zu grinsen.   „Ich finde, das klingt nach einem großartigen Abschluss!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)