A Fork Stuck In The Road von Puppenspieler (Aliens, Armdrücken & andere Absurditäten) ================================================================================ Epilog: Curtain Call -------------------- Als sie schließlich, spät am Abend, fahrradschiebend durch die dunklen Straßen liefen, spürte Kaneo schon, wie der Alltagstrott langsam wieder Einzug hielt.   Schule. Lernen. Clubaktivitäten. Tooru jammerte, weil er so viel Training verpasst hatte, aber er klang genauso halbherzig dabei wie Motomus Klage über die verpassten Hausaufgaben. Issei verkündete ganz unbekümmert, dass ihn weder das eine, noch das andere wirklich störe. Und die Abschlussprüfungen konnten ihm sowieso gestohlen bleiben, er brauchte sie immerhin nicht. Er kassierte dafür einen Schlag von Takahiro. Es war alles wie immer, aber es hatte sich trotzdem alles verändert. Das Thema Zukunft blieb nicht totgeschwiegen. Obwohl es schwer wog, und obwohl Kaneos Herz davon krampfte, er fühlte sich trotzdem viel, viel leichter, weil Takahiro und Issei jetzt Pläne schmiedeten, einander zu besuchen, und weil Tooru lautstark klagte, weil „Iwa-Chan mich viel zu selten besuchen wird!“, und weil Heisuke versprach, bei jeder sich bietenden Gelegenheit E-Mails und Nachrichten und Briefe zu schicken. Motomu lachte und kommentierte, dass Heisuke sich benahm wie ein altes Großväterchen, wenn er Briefe verschicken würde und brachte ihn damit zum unzähligsten Mal an diesem Tag zum Erröten.   Gleich würden sie die Ecke erreicht haben, an der sie sich in verschiedene Richtungen trennen würden. Takahiro und Issei gemeinsam, Tooru und Hajime gemeinsam, Heisuke, der arme Kerl, würde alleine weitergehen müssen, während Motomu noch ein gutes Stück Weg gemeinsam mit Kaneo zurücklegen würde. Gleich würden sie stehen bleiben, sich lachend und voll guter Laune voneinander verabschieden. „Bis Montag!“ Montag würde kommen. Noch einmal. Noch zweimal. Irgendwann würde es vorbei sein, und inzwischen war Kaneo sich sicher, dass ihr Abschied am Ende des Schuljahres keine reflexartige Lüge von gewohntem Alltagstrott mehr sein würde, sondern ein viel schwerer wiegendes, unbestimmtes „Bis bald!“, aber es war okay.   Es war kein Abschied für immer.   Sie würden sich wiedersehen, vielleicht nicht morgen, vielleicht nicht in ein paar Wochen, aber sie würden in Kontakt bleiben, und irgendwann wieder auf einem Haufen stehen. Und dann würden sie weitermachen, wie sie aufgehört hatten. Würden wieder scherzen und blödeln, und auch wenn dann lange nicht mehr alles so sein würde wie früher, sie wären immer noch Freunde und würden immer noch zusammengehören. Und immerhin. So verstreut, wie sie endeten, würden ihnen die Gesprächsthemen nie ausgehen. Es würde doch immer etwas zu erzählen geben. Selbst wenn sie sich wöchentlich sehen würden, und nachdem sie sich absehbar höchstens alle Monate mal zusammenfinden würden, brauchten sie sich wohl nie Sorgen darum zu machen, dass sie sich mal nichts mehr zu erzählen hatten.     „In sieben Jahren machen wir das wieder“, beschloss Kaneo, als sie schließlich endgültig an der Kreuzung standen, die das Ende ihres Sieben-Tage-Abenteuertrips markierte – und den Anfang ihrer auseinanderführenden Wege. Sechs Gesichter blickten ihn in einer Mischung aus Skepsis und Neugier an. Sechs Gesichter, die in den letzten Jahren so vertraut für Kaneo geworden waren, und unwillkürlich fragte er sich, ob sie das nächste Mal, das sie sich sahen, wenn das Schuljahr erst vorbei war, noch immer so vertraut sein würden. Er schluckte, schluckte Tränen und alle dummen Gedanken herunter, dann grinste er wacklig. „Und dann sieben Jahre später wieder. Und sieben Jahre später–“ – „Wir haben verstanden“, unterbrach Takahiro, und er grinste, dreist und vertraut. Er warf einen Blick zu Issei, der genauso dreist grinsend neben ihn trat und ihm lose einen Arm um die Schultern legte, „Und irgendwann sind wir alt und grau und alles, was uns noch einfällt, sind atemberaubend spannende Bingo-Spiele in der Altenheim-Mensa.“ Takahiro lachte, und es dauerte keine Sekunde, bis Motomu einstimmte, während Tooru lieber lautstark darüber jammerte, dass er nicht alt und grau werden wollte – „Aber immerhin werde ich immer schöner bleiben als Iwa-Chan!“ Seine Worte brachten ihm einen Schlag auf den Hinterkopf ein. Es war so vertraut wie verrückt, und Kaneo spürte, wie ihm Tränen in die Augen schossen, obwohl er lachte, vielleicht gerade weil er lachte, und kurze Zeit später war die Stille des späten Abends durchbrochen von siebenstimmigem Lachen und Schluchzen, nur beleuchtet von einer einsamen Straßenlaterne, die ewig Zeuge ihres albernen Versprechens bleiben sollte.     „Bis Montag!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)