2020 von Jeon_Jungkook ================================================================================ Prolog: -------- „Der Regen hält sich in diesem Jahr wirklich hartnäckig …“ In einem vertrauten unregelmäßigen Rhythmus prasselten die Regentropfen gegen die Fensterscheibe. Daichi sah auf, blickte zu seinem Freund herüber. Kenji stand am Wohnzimmerfenster des Appartements, dass sie miteinander teilten. Der medizinische Bericht, an dem der Sawamura bis eben noch geschrieben hatte, wurde für den Moment zur Seite geschoben. Daichi nahm seine Lesebrille ab und lehnte sich auf seinem Stuhl ein wenig zurück. „Nun. Dann ist es halt so?“ Ihn störte es zumindest nicht wirklich – außer, dass er sich auf den Weg zum Bus beeilen musste. Aber er war ja nicht aus Zucker. „Wenn das so weiter geht, sieht es aber mit den Spielen ziemlich mies aus!“, Kenji drehte sich zu ihm um und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand neben dem Fenster. „Spiele? Oh… Ja, die olympischen Spiele. Sie fangen bald an?“ Das hatte er ganz vergessen. Aber wenn man so viel arbeitete wie er es tat, konnte man es ihm doch verzeihen? Kenji lachte kurz auf: „Nicht wirklich. Sie haben eigentlich schon fast Halbzeit. So viel dazu, dass du offensichtlich keine Zeit zum Zeitunglesen und Nachrichten schauen hast. So viel Stress im Krankenhaus? Hmn?“, Kenji verschränkte die Arme vor der Brust und sah seinen Freund amüsiert an. Wobei eine gewisse Sorge um sein Wohlbefinden in seiner Stimme unterschwellig mitschwang. „Es geht – der übliche Arbeitsalltag eines Assistenzarztes eben. Aber bald mache ich ja meinen Facharzt und dann wird es alles hoffentlich besser!“ Kenji grinste schief, „Hoffentlich!" Immerhin sah Daichi ziemlich müde aus. „Hast du eigentlich die Chance über die Spiele was zu schreiben?“ Kenji zuckte mit den Schultern. „Vielleicht. Mein Boss meinte, wenn unsere Volleyballmannschaft Gold gewinnen sollte, darf ich sie interviewen. Du weißt schon – weil ich so einige von ihnen persönlich kenne. Durch meinen absolut verboten gut aussehenden Freund hier.“ Er zwinkerte Daichi zu. „Sicher, dass er das gesagt hat?“ Daichi lachte nur kurz auf. Kenji lächelte verschmitzt, „Vielleicht nicht in diesem genauen Wortlaut?“ „Dann drücken wir mal unseren Volleyballfreaks die Daumen.“ Der Sawamura erhob sich langsam von seinem Platz, überbrückte die Distanz zu seinem Freund, um ihn einen Kuss zu stehlen. „Was dagegen, wenn dieser unwiderstehlich gut aussehende Freund dich Entführen geht?“ „Nicht im Geringsten!“, hauchte er dem jungen Mediziner entgegen. Mit einem letzten Blick zum Fenster und der dort ziemlich untätig hängenden Teru teru bōzu folgte er ihm in Richtung Schlafzimmer. Was diese Pläne anging würde der Regen zumindest nicht störend sein. Kapitel 1: Foto Erinnerungen ---------------------------- Futakuchi Kenji: Eine Goldmedaille im eigenen Land zu gewinnen ist schon etwas Besonderes. Wie fühlt man sich denn so? Yaku Morisuke: Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass es sich mies anfühlt so ein Turnier zu gewinnen. Und die olympischen Spiele im eigenen Land zu gewinnen ist auf jeden Fall ein besonderer Moment in meinem Leben, den ich nie vergessen werde. Futakuchi Kenji: Ist es schwer nach so einem Highlight wieder in den normalen Alltag hineinzufinden? Yaku Morisuke: Vielleicht am Anfang. Aber auch wenn ich die hier gesammelten Erfahrungen und Eindrücke nicht genossen habe, freue ich mich eigentlich schon sehr auf mein Appartement in Tokyo und ein bisschen Zeit für mich bevor es dann in die neue Saison der Volleyball Liga geht.   ***   Er wollte nur noch schlafen – lang, ausgiebig, vorzugsweise für immer (oder zumindest bis zum Mittagessen). Doch leider hatten seine beiden Haustiere da andere Pläne.   Das eine Haustier, seine bunt gescheckte Hauskatze namens Spot, tapste mit ihren weichen Samtpfoten auf seinem nackten Rücken umher, suchte scheinbar eine perfekte Schlaf- oder Kuschelposition. Als sie diese gefunden hatte, legte sie ihr Köpfchen auf seine rechte Schulter und begann leicht zu Maunzen.   Haustier Nummer zwei war genau genommen kein wirkliches Haustier, sondern sein fester Freund. Da dieser aber durch seine Arbeit als Fotograf stets auf Reisen war, kam ihm mehr als nur einmal der Vergleich mit einem zugeflogenen Vogel in den Sinn. Ein Vogel, der ein und aus flog wie es ihm passte und sich in seinem Leben ein kleines Nest gebaut hatte. Fast schon so schlimm wie dieser elende Straßenkater Kuroo, den er auch nach der Schule noch nicht losgeworden war. Wobei er ja zugeben musste, dass es angenehm war seinen Freund aus der Schulzeit noch immer in regelmäßigen Abständen zu sehen. Doch im Gegensatz zu seinem alten Freund, der Kilometer von ihm entfernt wahrscheinlich in diesem Moment jemanden gerade den letzten Nerv raubte, war es sein viel zu energetischer Terushima Yuuji, der ihm den wohl verdienten Schlaf rauben wollte. „Hrmn…“, murrte er. „Lass mich Schlafen!“ Ein Licht blitzte auf und Morisuke hatte gut Lust dazu, das Kissen, auf dem er noch lag, nach hinten zu werfen und hoffentlich seinen Freund damit zu treffen. Stattessen nahm er aber nur das Kissen und drückte es sich selber über den Hinterkopf um jedem weiteren erneuten Blitzlichtgewitter zu entkommen. Jedoch blieb dieses nun aus – vielleicht weil er nun kein so gutes Motiv mehr abgab? Hoffentlich. Er versuchte sich erneut auf das Schlafen zu konzentrieren, spürte nun aber ein zusätzliches Gewicht auf seiner Matratze. Eindeutig Yuuji. Dieser hob nun die Katze vorsichtig von seinem Rücken. Spot beschwerte sich maunzend über die Handlung seines bunten Kanarienvogels und landete mit einem dumpfen Aufprallgeräusch auf dem Boden. Auf leisen Pfoten schien sie sich zu entfernen – sein Freund blieb. Eine kühle Hand legte sich zwischen seine Schulterblätter und langsam begannen seine Finger über die Wirbelsäule von Morisuke hinab zu streichen. Dieser murrte. Denn auch wenn er diese Berührungen sehr wohl genoss, war ihm einfach nicht nach aufstehen. Dazu war das Bett einfach zu bequem, warm und kuschelig. „Mori~“, hörte er nun aber die verlockende Stimme seines Freundes, „Aufstehen!“ Die Antwort von Morisuke war nur ein weiteres Murren. „Muss ich härtere Maßnahmen ergreifen?“ Yuuji klang amüsiert. Er konnte es geradezu aus seiner Stimme heraushören, dass er es nur darauf anlegte, wirklich noch besagte Maßnahmen zu ergreifen. Und Morisuke wusste leider nur allzu gut, dass sein Freund diese härteren Maßnahmen wirklich durchziehen würde. Zwar hatte er seinen Freund inzwischen schon so weit erzogen, dass er sich vor seinem ersten Kaffee nicht zu anstrengend benahm. Doch das hielt ihn ja noch lange nicht davon ab diverse Weckmaßnahmen durchzuführen. Deswegen fuhren seine Hände nun auch schnell von seinem Kissen hinab in Richtung Decke um nach dieser zu greifen. Nicht unbedingt seine beste Entscheidung. Denn schon wenige Momente später wurde alles wesentlich heller. Das Kissen war in einem weiten Bogen irgendwohin geflogen und hat dabei anscheinend einen Bilderrahmen mit zu Boden genommen. Das Gewicht des zweiten Körpers verschwand von seinem Bett. Morisuke machte sich bereit und umklammerte die Bettdecke nur umso fester. Leider nicht fest genug. Denn schon wenige Augenblicke später hatte sein Freund die Decke mit einem Ruck aus seinen Händen gezogen und in dem klimatisierten Appartement schien alles nun umso kühler. Instinktiv zog er seine Beine ein wenig näher an den eigenen Körper. Müde tastete er nach einem Deckenersatz, konnte aber leider nichts in dieser Richtung finden. So viel zu einem langen, ungestörten Schläfchen nach dem gewonnen Turnier. Müde setzte sich Yaku Morisuke auf und wurde gleich wieder von seinem Freund fotografiert. Ihm war sehr danach Yuuji die Kamera zu entwenden, besonders wenn er ihn doch so breit grinsend ansah. Morisuke beobachtete wie Yuuji die Kamera sinken ließ, sie bei Seite legte und sich kurz zu ihm herunter beugte um ihm einen Kuss zu stehlen. „Energie voll aufgelaaaaaaden!“, grinste Yuuji und sprang so energiegeladen wie er doch immer war durch die Wohnung in Richtung Küche. Morisuke seufzte, schüttelte schmunzelnd seinen Kopf. Müde gähnend wollte er sich nun dazu aufraffen endlich sein Bett zu verlassen, als er bemerkte, dass sein werter Herr Kanarienvogel wohl einfach seine Goldmedaille in sein Bett geschmuggelt hatte – warum würde er sicher noch erfahren. Kurzerhand nahm er die Medaille, wanderte noch immer müde in Richtung Küche. „Hey … Yuu? Warum lag eigentlich meine Medaille in meinem Bett?“ „Komm schon! Frühstück ist fertig!“, grinsend streckte Yuuji seinen Kopf aus der Küche heraus. Ablenkung – wenig subtil. War ja von dem Anderen zu erwarten gewesen. „Yuu … Ich möchte …“ Weiter kam er nicht. Denn schon probierte es Terushima Yuuji mit einer genau so wenig subtilen Form der Ablenkung. Erneut fand Morisuke sich in einen Kuss verwickelt, spürte das Zungenpiercing an seiner eigenen Zunge. Und diese Art der Ablenkung war zumindest so effektiv, dass er nach dem Ende des Kusses kein drittes Mal nachhakte. „Setz dich schon einmal an den Tisch, ich hole das Essen!“ Morisuke nickte und folgte der Aufforderung des Anderen nach einem Abstecher ins Bad. Als er nun zurückkam, hatte Yuuji schon eine Schüssel Reis, ein Schälchen Miso-Suppe und einen Beilagen Teller mit eingelegtem und frischem Gemüse platziert. Dazu ein rohes Ei und ein geräucherter Fisch. Als Getränk servierte er ihm eine Tasse Tee. Alles in allem ein sehr traditionelles Frühstück. Dass sein Freund das alles zubereitet hatte, war mehr als offensichtlich. Denn waren die fertigen Speisen schon perfekt, so waren Tofu und Gemüse in der Misosuppe genauso unförmig wie denn das Frische Gemüse. Dennoch war es wirklich süß von ihm. Er schenkte Yuuji ein dankbares Lächeln, setzte sich gegenüber von ihm auf seinen Platz. „Itadakimasu!“, murmelte er und begann mit dem Verzehr der Speisen, die überraschenderweise durchaus essbar waren. „Und was machen wir heute, Mori?“, fragte Yuuji schließlich zwischen zwei Bissen. Morisuke sah auf, sah seinen Freund nachdenklich an. Irgendetwas Aktives würde sich wohl anbieten. Ein Blick aus dem Fenster schien ihm da aber einen Strich durch die Rechnung zu machen. Außerdem hatte er eigentlich vorgehabt sich heute ein wenig zu entspannen. „Hmn …“ nachdenklich legte Morisuke das Ende seine Essstäbchen gegen seine Lippen. „Also wenn dir der Regen nichts ausmacht, können wir einen Spaziergang im Regen machen oder auch in die Arcade gehen?“ Hauptsache Yuuji wurde seine angestaute Energie los. „Nicht, dass du mir noch krank wirst oder so …“ Yuuji grinste: „Keine Angst. Ich werde schon nicht krank! Immerhin können wir uns ja nachher gemeinsam aufwärmen?“ Verwegen zwinkerte Yuuji ihm zu. Morisuke lachte kurz auf. So viel zu einem schönen entspannten Nachmittag. Offensichtlich würde Yuuji ihn noch in sehr viele anstrengende Aktivitäten einbinden. Doch musste er zugeben, dass er einen Tag mit Yuuji gegen nichts in der Welt eintauschen wollte. Kapitel 2: Catsitting --------------------- Futakuchu Kenji: Wie sicher einige unserer Leser wissen, sind Sie nicht nur Japaner … Haiba Lev: Genau – meine Mutter stammt aus Russland. Futakuchu Kenji: War es dementsprechend schwierig im Finale der Meisterschaften gegen die russische Mannschaft antreten zu müssen? Haiba Lev: Nicht wirklich: Denn auch wenn ich Halb-Halb bin, ändert das nichts daran, dass ich mich hier in Japan heimisch fühle. Hier bin ich aufgewachsen und um ehrlich zu sein beschränkt sich mein russisch auf wenige überlebensnotwendige Phrasen und Wörter.   ***   „Nyaaaaaa~aaaaan!“ Das kleine weiße Köpfchen der Katze blickte zu ihrem Besitzer nach oben. Lev hatte sich auf alle Viere gestützt vor dem Kätzchen platziert, sah mit seinen grünen Augen direkt in die blauen Augen der Katzendame. „Nyan?“ Das Kätzchen legte ihren Kopf schief und die um ihren Hals gebundene Glocke klingelte leise. „Nyaaaaaa~aaaaan!“, antwortete Lev abermals dem Kätzchen. Vorsichtig streckte er seine Hand nach der kleinen Katze aus und wollte sie mit einer Portion Streicheleinheiten beglücken. Scheinbar war sie allerdings nicht so begeistert von dem Vorhaben ihres Besitzers. Das kleine Wesen, drehte sich im Angesicht der großen Hand des Halbjapaners um, eilte lieber zurück zu der Person, die gerade mit einem Tablett aus der Küche kam. Beinah hätte sie ihn ins straucheln gebracht – doch gerade noch rechtzeitig konnte er das Gleichgewicht wieder zurück erlangen. Lev brachte sich wieder in eine aufrechte Position und betrachtete seine eigene Katze missmutig. Beleidigt verzog er seinen Mund zu einer Grimasse und erhob sich schließlich zu seiner vollen Körpergröße. Kurzerhand verschränkte er die Arme vor der Brust und ging dann zu dem gemütlichen Sofa in dem kleinen Wohnzimmer. „Das ist unfair!“, beschwerte er sich bei seinem Gegenüber in seiner gewohnt zu energischen und ein wenig kindischen Art. Er erntete einen genervten Blick von dem Anderen. Lev verstummte lieber und schluckte weitere Wünsche des Jammers und Nörgelns herunter. Stattdessen nahm er lieber die Tasse, die ihm sein Gastgeber auf den kleinen Sofatisch gestellt hatte. Hastig nahm er einen Schluck, vergaß das Pusten und bereute es sofort. „Heiß!“, fluchte er kurz auf und war schon wieder versucht sich zu beschweren. Doch wusste Lev es besser, würde bei einer Beschwerde oder Gejammer sicher nichts Gutes drum herum kommen. Sein gegenüber war eben nicht besonders liebevoll oder besorgt in der üblichen Definition – eben ganz anders als Yaku-san, mit dem er während seiner Schulzeit kurzzeitig zusammen gewesen war. Doch wollte er seinen jetzigen festen Freund nur ungern mit einer verflossenen Liebe vergleichen. „Kyoutani-san! Ich finde es unfair wie meine Katze nun an dir hängt und mich ignoriert!“, beschwerte sich der silberhaarige Riese nun doch. Er strich sich eine der inzwischen halblangen Haarsträhnen hinter sein Ohr, war nun doch verführt, den kurzen Zopf, den er inzwischen immer zu tragen pflegte, neu zu binden. Der angesprochene starrte ihn nur finster an. Ein böser Anblick, den Außenstehende gleich mehr Bedeutung zugesprochen hätten, als es jemand tat, der ihn inzwischen gut genug kannte. Am Anfang ihrer Beziehung hatte er diesen Fehler auch öfter begangen und manchen finsteren Blick so ein wenig fehlinterpretiert. „Du hättest sie nicht hier bei mir lassen müssen. “, kommentierte der junge Mann mit den kurzen schwarzen Haaren – er hatte für die Ausübung seines Berufs als Tierarzt das erneute Bleichen der Haare irgendwann aufgegeben – und betrachtete den Volleyball Pro mit dem üblich düsteren Blick. Die weiße Katze krabbelte auf den Schoß von Kentarou und machte es sich dort bequem. Das als Freifahrtschein sehend, trottete nun auch der Mischlingsrüde von dem jungen Tierarzt an, machte es sich neben seinem Besitzer auf dem Sofa gemütlich. Auch wenn Kentarou auf Menschen eine eher abweisende Wirkung hatte, verhielt es sich mit Tieren dann doch ein wenig anders. Wie man hier sehr gut sehen konnte. „Hätte ich nicht … Aber du warst da eindeutig die erste Wahl für den Zeitraum, wo ich mit den anderen Jungs im olympischen Dorf leben musste …“ Unter anderen Umständen wäre eine Alternative ja definitiv Yaku-san oder Kuroo gewesen. Aber diese waren wie er auch im Kader des Nationalteams und fielen so als Alternativen flach. Seine Schwester war nicht so vertrauenswürdig, wenn es denn um den Umgang mit Haustieren ging. Außerdem hatte sie schon genug Arbeit mit ihrem Ehemann Nobuyuki Kai und ihrem gemeinsamen Sohn. Nicht, dass er was gegen seinen Neffen hatte. Aber er zweifelte daran, dass seine kleine Elizabeth in diesem Haushalt die Aufmerksamkeit bekommen hätte, die ihr eindeutig zustand. Und so war er umso glücklicher, dass die kleine Katze denn bei seinem Freund Zuflucht gefunden hatte. „So konnte ich mich voll auf die Spiele gegen die gegnerischen Mannschaften konzentrieren! Weil ich mir keine Sorgen machen musste, dass irgendwas mit meiner kleinen Lizzie hier passiert!“ Elizabeth maunzte. Lev entdeckte eine kaum merkliche Röte auf den Wangen seines Freundes. Scheinbar wurde doch auch ein bissiger Hund manchmal verlegen. Vergnügt summte Lev ein wenig, trank einen weiteren Schluck seines Tees und ließ den Blick durch den Raum gleiten, schaute kurz nach draußen. „Lust auf einen Regen Gassi-Gassi mit Tarou-kun?“, fragte er gut gelaunt und erhob sich ohne das Abwarten auf eine Antwort auch schon. Immerhin kannte er seinen Freund inzwischen gut genug um zu wissen, dass dieser sich keine Gelegenheit entgehen lassen würde um mit seinem Hund eine Runde zu drehen. Kentarou erhob sich und Elizabeth maunzte empört als sie graziös auf dem Boden landete. Sie würde nun wohl drinnen bleiben müssen. Noch einmal strich Lev ihr über das Köpfchen, schloss aber dann zu dem Älteren auf, der sich bereits die Schuhe anzog. Nun hieß es: Ab in den Regen!   Manchmal war Regenwetter eben doch angenehm. Kapitel 3: Secret lover ----------------------- Futakuchi Kenji: Es ist ja kein Geheimnis, dass Sie zu den meist begehrtesten Junggesellen der Volleyballnationalmannschaft gehören. Gibt es aber auch in Ihrem Leben jemanden, der Sie persönlich besonders unterstützt und inspiriert? Kuroo Tetsurou: *lacht auf* Nun … Auf jeden Fall kann ich mich immer auf meine Familie und meinen Kindheitsfreund Kenma verlassen. Meinen besten Freund Bokuto habe ich ja auch beruflich an meiner Seite. Aber seien wir mal ehrlich – er ist nicht unbedingt der Meister im seelischen Aufbauen und zu großen Dingen inspirieren … Futakuchi Kenji: Aber? Kuroo Tetsurou: Man hat das ‚aber’ als doch herausgehört? *lacht auf* Tja … Tatsächlich kann man mich eigentlich seit ein paar Monaten nicht mehr als Junggesellen bezeichnen. Um ehrlich zu sein, gibt es da jemanden in meinem Leben, der mir in diesem Moment sehr viel bedeutet und mich auch besonders unterstützt. Futakuchi Kenji: Dürfen wir darüber mehr erfahren? Kuroo Tetsurou: Für den Moment noch nicht. Es ist alles noch sehr frisch und wir wollen uns in Ruhe weiter kennen lernen.   ***   Musik Show, Nachrichtenformat, Comedy Show … Irgendwie schien heute im täglichen Fernsehprogramm so gar nichts zu laufen, was Tetsurou denn auch nur in irgendeiner Weise gefallen könnte. Frustriert schaltete er den Flachbildfernseher aus, und ließ sich auf seinem Sofa zur Seite fallen, um es sich dann auf diesem bequem zu machen. Das Kissen wurde angenehm positioniert. Er lauschte in die scheinbare Stille. Regentropfen klopften gegen das Fenster, die Klimaanlage surrte leise vor sich her, ein Knacken des Schlüssels in der Wohnungstür. Hätte er dieses nicht gehört, hätte er sich der Faulheit hingegeben und wäre somit vielleicht wirklich noch eingeschlafen. Stattdessen setzte er sich aber auf, lugte über die Sofalehne hinweg und erblickte das viel zu oft griesgrämig dreinschauende Gesicht seines Freundes. „Du hättest deine Adresse wirklich nicht ausersehen preisgeben sollen!“, beschwerte er sich nachdem er aus Regenjacke und Schuhen geschlüpft war. Der Regenschirm wurde zum Trocknen weggestellt und schließlich kam er in den warmen Gästehausschuhen zu Tetsurou zum Sofa hinüber geschlendert. Der dunkelhaarige Volleyballspieler machte seinem Freund auf dem Sofa etwas Platz, äußerte sich einfach mal nicht zu dieser Thematik. „Wie war dein Tag, Iwa-chan?“ Hajime verdrehte die Augen, war selbst nachdem sie nun schon über ein halbes Jahr miteinander ausgingen und sich schon etliche Jahre durch seinen besten Freund Oikawa kannten, nicht begeistert darüber, dass sein fester Freund sich diesen leidigen Spitznamen bei seinem Kindheitsfreund abgeschaut hatte. Generell waren Bokuto, Kuroo und Oikawa ein viel zu anstrengendes Trio und er fragte sich manchmal wirklich wie Kageyama und Ushijima es hatten aushalten können mit den dreien in einer Mannschaft zu sein. Er würde es sicher nicht aushalten können – nicht ohne dass es ein paar Tote geben würde. Da war er doch wirklich lieber im Polizeidienst tätig, hatte dort seine Ruhe vor allen Volleyballidioten! „Normal … Das Übliche eben.“ War ja nicht so, dass er über laufende Ermittlungen in Punkto Mordfällen reden durfte. „Also nichts für meine Ohren …“ „Genau.“ „Wirklich schade!“, beschwerte sich Tetsurou, erntete aber nur ein desinteressiertes Schulterzucken von seinem Freund. Einen Moment war es still und Tetsurou beobachtete den anderen nur schweigend. Dieser drehte ihm schließlich seinen Kopf zu. „Warum hast du mich eigentlich in diesem Interview erwähnt?“, wollte Hajime wissen. Nachdenklich betrachtete der schwarze Kater seinen Freund, suchte nach den richtigen Worten für eine Antwort auf diese Frage – als sei dies wirklich reichlich kompliziert. „Warum hätte ich es nicht erwähnen sollen? Immerhin ist es doch nun einmal so?“ Außerdem hatte er ja nicht direkt gesagt, wer seine Partner oder seine Partnerin war. Hatte er eben in keinem Satz erwähnt, dass er mit einem Mann zusammen war. Und wahrscheinlich würden die Hörer dieses Interviews und Leser der darauf aufbauenden Berichte davon ausgehen, dass er eine Freundin hatte. Hajime war schon länger ein Teil seines Freundeskreises und würde somit sicherlich nicht in den Verdacht geraten von dem Freundeskreis zum romantischen Partner befördert worden zu sein. „Es war unnötig.“, kommentierte er die Worte des Anderen, rieb sich frustriert seine Schläfen. Das Grinsen von Tetsurou konnte er geradezu aus dessen nächsten Worten heraus hören. Dazu musste er ihn nicht einmal direkt anblicken. „War es das?“, fragte Tetsurou amüsiert. Ein Lachen konnte er sich nur schwer verkneifen. „Also ich denke es war sehr wohl notwendig, dass man endlich erfährt, dass ich nicht mehr auf dem Markt bin.“ Tetsurou zuckte nur mit den Schultern, entschloss sich nun einfach dazu es sich auf dem Schoß seien Freundes bequem zu machen. Gab dieser doch ein sehr nettes Kopfkissen ab. „Du musst dich ja auch nicht durch eine Menge von jammernden und wütenden Fans drängeln, die draußen kampieren um deine Freundin abzufangen um ihr auch ja klar zu machen, dass ihr nicht füreinander bestimmt seid!“ Hajime war genau von diesem Zustand nämlich reichlich frustriert und geärgert. Es nervte ihn einfach, dass die sonst so unproblematischen Besuche bei seinem Freund nun mit dieser Auseinandersetzung verbunden waren. Zwar wurde er persönlich nicht als die verhasste Freundin registriert, doch änderte es nichts daran, dass diese nervigen Fangirls draußen vor der Tür des Wohnhauses kampierten. Um ehrlich zu sein war dieser Fakt dann einfach auch das, was ihn vielleicht am meisten störte. „Ach … Weißt du? Meine Freundin ist groß und stark und kann auf sich aufpassen. Sie hat immerhin eine Lizenz zum Töten!“ Für diese dumme Bemerkung kassierte Tetsurou erst einmal ein Schnipsen gegen die Stirn. Das hatte er davon, dass er ein solch großer Idiot war. Auch wenn Hajime zugeben musste, dass er diesen Idioten gegen niemanden in der Welt eintauschen wollte. Es war nun einmal sein Idiot. Kapitel 4: Tontiere ------------------- Futakuchi Kenji: Wie wir ja bereits in dem letzten Interview erfahren haben, haben Sie mit Ihrem Kameraden Kuroo Tetsurou eine Wette abgeschlossen. Was genau war das für eine Wette? Bokuto Koutarou: Hoho …Ja, genau! Die Wette war eigentlich einfach. Wir haben darum gewettet, ob denn nun ein Blocker oder ein Wing Spiker den entscheidenden Punkt im Spiel machen wird. Futakuchi Kenji: Letzten Endes hat ja das Blocken den letzten Punkt eingebracht. Wer muss denn nun den Einsatz einlösen? Bokuto Koutarou: Haha … Das bin dann wohl ich. Ich darf nun mit Ushijima einen Töpferkurs belegen … Futakuchi Kenji: Das klingt ja sehr spannend. Bokuto Koutarou: Ich hoffe, dass ich dort auch eine Eule töpfern kann …   ***   Unruhig hibbelte Koutarou auf seinem abgestammten Platz, auf dem Boden vor dem Sofa, hin und her. Vor ihm auf dem Wohnzimmertisch hatte er etliche Prospekte ausgebreitet, schob diese gelegentlich von einer Tischseite zur anderen. Wann immer er mit dem Inhalt eines Prospektes nicht zufrieden war, landete das zusammenfaltbare Papier achtlos auf dem Boden. Inzwischen hatte diese auf Art und Weise schon ein kleiner Stapel Prospekte neben ihm Platz gefunden. Nach und nach verwandelte er die sonst so penibel aufgeräumte Wohnung seines Freundes immer mehr in ein Schlachtfeld – und das ganz ohne die Hilfe seiner besseren Bro-Hälfte. Erneut flog ein Blatt im hohen Bogen von dem Tisch, segelte zu Boden – genau vor den Füßen von Wakatoshi. „Bokuto-kun.“ Mal wieder zog Wakatoshi eine eher förmliche und höfliche Anrede dem Nennen des Vornamen vor. Der Angesprochene sah auf. „Hm?“ Wakatoshi hätte sicherlich gerne die Arme vor der Brust verschränkt. Doch das Tablett mit einer Tasse Tee für seinen Gast hielt ihn davon ab. Den bösen und mahnenden Blick ließ er sich nun dennoch nicht nehmen. „Das ist meine Wohnung.“ „Hmhm..“ Koutarou legte seinen Kopf schief. „Dir ist schon klar, dass du das Chaos nachher beseitigen darfst?“   Koutarou verzog sein Gesicht zu einer Grimasse, das den Ushijima nur zu sehr an seinen besten Freund erinnerte. Ein kurzes Schmollen folgte, dann kam die Einsicht. Immerhin würde Wakatoshi ihm Hausverbot erteilen, wenn er die heiligen ausregeln brach. Die Eule grummelte etwas Unverständliches, gab sich aber geschlagen. Und das war wahrscheinlich besser so. Während Wakatoshi das Tablett mit dem Tee auf dem Tisch abstellte, begann Bokuto erneut sich über die Prospekte her zu machen, diese über den Tisch hin und her zu schieben. Dabei hätte er fast den Becher mit dem heißen Tee umgeworfen. Verständlicherweise stellte Ushijima den Keramikbecher nun lieber außerhalb der direkten Reichweite von Koutarou auf einen sicheren Platz ab. „Hast du schon einen interessanten Töpferkurs gefunden?“, fragte Wakatoshi schließlich. Koutarou verzog abermals das Gesicht. Er gab einen pfeifenden Eulenschrei von sich, ließ seinen Kopf nun auf die Tischplatte fallen. Auch ohne große Worte konnte man mit einer gewissen Bokuto Kenntnis herauslesen, dass noch kein interessanter Töpferkurs für Koutarou dabei gewesen war. „Können wir das alles nicht vergessen? Das mit dem Töpferkurs? Ich schenke dir stattdessen auch ganz viel Liebe!“, fragte Koutarou hoffnungsvoll. Doch schien sein Freund von dieser Art das alles anzugehen wenig begeistert zu sein. „Nein. Ein Mann hat zu seinem Wort zu stehen!“ In diesem Punkt schien das Ace der japanischen Nationalmannschaft keine Widerrede zu dulden. „Aber!“, versuchte Koutarou es erneut und erntet prompt einen mahnenden Blick von seinem Freund. „In keinem dieser Kurse wird das Töpfern von Tieren angeboten …“ Sein erneuter Versuch der Beschwerde war nun leiser und ein wenig zaghafter geworden. Dennoch mangelte es ihm nicht an seiner Begeisterung. „Natürlich nicht.“, antwortete Wakatoshi als sei dies das Selbstverständlichste der Welt – was es wahrscheinlich auch irgendwo war, „Man töpfert bei solchen Kursen immerhin eher Vasen, Becher oder Schalen!“ Koutarou sah schmollend zu seinem Freund auf, beobachtete wie dieser sich nun erhob und langsam aber sicher in Richtung Küche ging. Kurzerhand entschloss er sich dazu diesem zu folgen, erhob sich rasch und wäre bei dieser Aktion fast auf den am Boden liegenden Prospekte ausgerutscht. Gerade noch so konnte er aber das Gleichgewicht wieder erlangen, folgte seinem Freund in die Küche. „Ich habe aber kein Interesse daran eine dumme Schüssel zu machen! Ich möchte eine Eule machen! Und eine Kuh!“ Eventuell auch eine Katze. Aber das würde davon abhängen wie nett Kuroo sich in der Zeit bis zu dem eventuellen Töpferkurs benehmen würde. Wenn er ihn weiterhin auslachen und sich über ihn lustig machen würde…. Nun dann würde er definitiv keine Katze bekommen. „Eine Kuh?“, fragte nun Wakatoshi, hielt in seiner Bewegung etwas aus dem Kühlschrank zu holen inne. Er schien reichlich irritiert. „Warum möchtest du eine Kuh machen?“ Dass Koutarou wegen seiner Affinität für Eulen eine Eule töpfern wollen könnte, schien halbwegs verständlich. Doch konnte Wakatoshi nicht nachvollziehen, was denn der Auslöser für das Verlangen nach einer Tonkuh sein könnte Koutarou verdrehte auf diese Frage nur die Augen: „Duuuuuuhhh…“ Er stemmte ein wenig entsetzt die Arme in die Seite. „Natürlich weil ich in dir meinen liebenswerten Herr Kuh gefunden habe!“ Das war zumindest für ihn ziemlich selbstverständlich. Selbst wenn der Andere es vielleicht nicht so sehen mochte. Dann ließ er seine Arme sinken und überbrückte die restlichen Meter zwischen ihnen. Er legte seine Arme um den Oberkörper des Größeren, stahl seinem Herrn Kuh-kun einen Kuss. „Ich übernachte heute hier!“, entschloss er, „Bei dem Regen geh ich nun wirklich nicht mehr nach Hause.“ Kurzes Schweigen. „Was gibt es zu essen?“ Das Thema Töpferei würde noch früh genug wieder aufkommen – dessen war sich Bokuto leider ziemlich sicher. Diesem Kurs würde er nicht entkommen. Kapitel 5: Bis dass... ---------------------- Futakuchi Kenji: Nun ist dieser Sieg natürlich ein großer Tag für Sie. Haben Sie denn auch schon konkrete Pläne wie Sie dieses Ereignis feiern wollen? Hinata Shouyou: Haha… Eigentlich nicht. Denn irgendwo ist der ganze Tag schon eine riesige Feier. Futakuchi Kenji: Ach ja? Wie meinen Sie das? Hinata Shouyou: Heute Morgen vor dem Match haben meine Verlobte und ich zur Feier des Tages unsere Ehe registrieren lassen! Futakuchi Kenji: Gratulation! Aber wäre es nicht sinnvoller gewesen dies erst nach einem Sieg zu tun? Hinata Shouyou: … Wieso? Futakuchi Kenji: Nun ja… Sie hätten immerhin verlieren können. Hinata Shouyou: Verlieren stand nie zur Debatte.   ***   1-7-1-7   Mit schnellen Fingerbewegungen tippte er den Sicherheitscode des Appartements ein, dass er nun zusammen mit seiner frisch gebackenen Ehefrau bewohnte. Die Tür sprang mit einem leisen Piepen auf und er konnte eintreten. Die Jacke wurde aufgehängt und aus den Schuhen in ein Paar Hausschuhe geschlüpft. „Tadaima!“, rief er die verbreitete Floskel in die Stille, horchte auf die wohlvertraute Stimme von Hitoka. Eine Antwort blieb jedoch aus. Shouyou zog seine Augenbrauen zusammen, verließ den Hausflur und ging in die Wohnküche. Noch immer standen hier und dort ein paar Umzugskartons, die sie bis jetzt noch nicht ausgeräumt hatten. Wenn es denn nach ihm ginge, würden sie auch noch ein Weilchen unausgepackt herum stehen. Kartons auspacken war eben genau so spaßig wie das Packen von eben jenen. Mit anderen Worten betrug der Spaßfaktor gefühlt Null. Sich nachdenklich am Kopf kratzend, blickte er sich noch einmal um, entdeckte leider nicht Hitoka – aber zumindest einen von ihr geschriebenen Zettel auf dem Esstisch. Kurzerhand wurde dieser aufgehoben und gelesen.   Shou-kun, ich bin kurz im Supermarkt zwei Straßen weiter Lebensmittel einkaufen. Hitoka   Der Einkauf würde sicherlich nicht lange andauern und so konnte er sich bis zu ihrer Rückkehr erst einmal umziehen und dann vielleicht doch noch – wohl oder übel - ein paar Sachen aus den Kartons auspacken und in die Schränke einräumen. Gerade wollte Shouyou sich auf den Weg in das Schlafzimmer machen, als ihn das Vibrieren seines Mobiltelefons von diesem Vorhaben abhielt. Mit einer Handbewegung war das Gerät aus der Hosentasche gefischt und die neue Nachricht gelesen. Scheinbar würde Hitoka doch nicht so schnell nach Hause kommen. Es hatte wieder einmal angefangen zu regnen und sie hatte ihren Regenschirm - nett wie sie doch war - einer alten Dame angeboten. Nun würde sie laut ihrer Nachricht darauf warten, dass der Regen bald wieder aufhörte. Kurz schaute Shouyou nach draußen. Es sah nicht wirklich danach aus, dass der Regen in den nächsten Minuten verebben würde. Der Entschluss sich hier mit Auspackarbeiten zu beschäftigen wurde über den Haufen geworfen und schon eilte er zurück zum Eingang ihres Appartements. Die Schuhe wurden aus dem Schuhschrank geholt, hastig hineingeschlüpft und die Jacke vom Haken gefischt. Die Jacke noch nicht ganz an ließ er die Tür ins Schloss fallen, lief zum Lift, der ihn hinunter bringen würde. Ungeduldig hüpfte er von einem Fuß auf den anderen, schielte hinüber zum Treppenhaus – ob er nicht doch besser die Treppen nehmen sollte? Die Lifttüren schoben sich zur Seite und er machte einen großen Satz in das menschenleere Innere. Ungeduldig drückte er immer wieder den Knopf des Erdgeschosses, bis die Türen sich endlich schlossen und der Lift ihn etliche Stockwerke in die Tiefe fahren ließ. Sollte sich seine Ungeduld mit dem immer näherkommenden Erreichen der Zieletage legen, so wurde Shouyou stattdessen nur noch ungeduldiger – jegliche Zwischenstopps machten es somit nur noch schlimmer. Endlich im Erdgeschoss angekommen sprang er aus der sich öffnenden Tür, balancierte sich seinen Weg vorbei an den ihm entgegen kommenden Menschen hinaus in den Regen. Im Laufen zog er noch die Kapuze über, lief dann in die Richtung des nahen Supermarkts in dem Hitoka sicherlich noch immer auf das Ende des Regens wartete. Die ihm entgegenschlagenden Tropfen wurden bei seinem Kurzsprint hierbei genauso ignoriert wie etwa die inzwischen viel zu nassen Turnschuhe. Als er dem Supermarkt endlich näher kam, erblickte er Hitoka schon aus der Ferne unter dem Vordach des Supermarktes. Eine Plastiktüte mit den Einkäufen in der einen Hand, war die blonde junge Frau ganz auf ihr Handy konzentriert. Was sie nun dort las, schrieb oder machte, war für Hinata Shouyou doch ziemlich unerheblich. Wichtig war für ihn dann doch nur seine Frau aus diesem Sauwetter heraus zu bekommen – selbst wenn er es war, der inzwischen ziemlich durchnässt war. Shouyou schloss zu Hitoka auf, blieb schließlich grinsend neben ihr stehen.   „Da bin ich!“ „Shou-kun?“, überrascht blickte Hitoka zu ihrem Ehemann auf, „Was machst du hier?“ „Na... Ich bin gekommen um dich abzuholen!“, war seine Antwort. Als wäre es das normalste der Welt bei Regen seine geliebte Ehefrau abzuholen. Und vielleicht war es an sich auch nicht so unüblich – zumindest wenn man denn eine Tatsache außer Acht ließ. „Bist du hier nur so dünn bekleidet – ohne Schirm – hergelaufen?“ Sorge schwang in der Stimme von Hitoka mit. Das Mobiltelefon war schon längst in ihrer Handtasche verschwunden und stattdessen schob sie mit der nun freien Hand die Kapuze ihres Mannes von seinem wilden Haarschopf, strich über die mit Regentropfen benetzte Wange. „Oh … Ich wusste, dass ich was vergessen habe! Haha …“, er lachte dümmlich, kratzte sich verlegen am Hinterkopf. Mit einer eiligen Bewegung öffnete er den Reißverschluss seiner Jacke, zog diese nun aus um sie der Kleineren über die Schultern zu legen. Dann betrachtete er zufrieden sein Werk. „So! So wirst du zumindest nicht unnötig nass!“ Hitoka lachte kurz auf, schüttelte kurz ihren Kopf. War das alles doch so typisch für ihren Mann. Aber genau deswegen liebte sie ihn so sehr. Aber anstatt nun brav die Jacke ihres Ehemannes ordentlich anzuziehen, knöpfte sie nur die obersten Knöpfe zu, ehe sie Shouyous Hand ergriff und ihn durch den Sommerregen auf den Weg nach Hause zog.   Die Erkältung würde sicher nicht lange auf sich warten lassen. Kapitel 6: Unersätzlich ----------------------- Futakuchi Kenji: Ich bedanke mich für das Gespräch. Gibt es noch irgendwas, das Sie gerne sagen würden? Kageyama Tobio: Ich würde mich gerne noch bei ein paar Personen bedanken. Futakuchi Kenji: Nur zu! Kageyama Tobio: Als Erstes möchte ich mich bei meinem Senpai aus der Schulzeit bedanken. Er hat mir alles, was ich heute kann beigebracht und mich stets unterstützt. Danke, Sugawara-san! Außerdem bedanke ich mich bei meinem Kollegen und besten Freund Hinata dafür, dass er mich bei meinem persönlichen Wachstum unterstützt hat. Und zu guter Letzt möchte ich mich noch bei Oikawa-san bedanken. Ohne ihn wäre ich nicht die Person, die ich heute bin. Ich möchte ihm dafür danken, dass er mich immer bei allem unterstützt und dass er stets Teil meines Lebens ist.   ***   Nur mit halbem Interesse verfolgte Tobio die Nachrichten, die im Hintergrund liefen. Momentan erzählte der Nachrichtensprecher gerade noch etwas über das Wetter der kommenden Tage. Scheinbar sollte die lange Regenzeit nun doch ein Ende nehmen. Wurde auch langsam Zeit, dass sich das gute Wetter gegen den andauernden Regen durchsetzte. Die Nachrichtensprecher verabschiedeten sich von ihren Zuschauern und das TV Programm ging in Werbung über. Tobio griff nach der Fernbedienung, schaltete das Gerät aus und blätterte lieber noch ein wenig in seiner Hobbygärtner-Zeitschrift. Nur mit halben Ohr lauschte er dem Piepen des elektronischen Türschlosses, welches einen Besucher ankündigte. Dass es sich bei diesem Besucher um eine vertraute Person handeln würde, war zu erwarten. Immerhin kannte nur eine Hand voll Menschen den Code, der die Tür seines Appartements öffnen würde. In seine Lektüre vertieft, blätterte er nun einfach um, schenkte der mit raschen Schritten heraneilenden Person erst seine Aufmerksamkeit als diese mit dem Nennen seines Namens eingefordert wurde:   „Kageyama!!!“ Der Angesprochene senkte seine Zeitschrift, blickte ein wenig verwirrt zu seinem Besucher. War es doch sehr ungewohnt für ihn, dass er ihn beim Nachnamen nannte – besonders wenn sie wie in diesem Moment unter vier Augen waren. Einen weiteren kurzen Moment sah Tobio den Anderen abwartend an, beobachtete wie dieser sich scheinbar übellaunig auf den Sessel plumpsen ließ. Die Zeitschrift wurde ganz weggelegt. Anstatt diese zu lesen, versuchte er nun lieber - mehr oder weniger erfolgreich – in den Gesichtszügen des Neuankömmlings zu lesen. Wenngleich diese Anstrengungen schon wenige Augenblicke später unnötig sein würden. „Warum hast du mich nur in deinem Interview so erwähnen müssen?!“, entsetzte sich sein Gegenüber, fuchtelte bei dieser Aktion wild mit den Armen. Kageyama machte sich erst gar nicht die Mühe zu einer Antwort anzusetzen. Weitere Ausschweife zu diesem Drama sollten immerhin nicht lange auf sich warten lassen. „Du hättest mich ja auch einfach als deinen Senpai nennen können … Immerhin habe ich dir viel beigebracht und überhaupt… Aber doch nicht - ich zitiere: dass er mich immer bei allem unterstützt und dass er stets Teil meines Lebens ist … Das klingt doch so, als ständen wir uns nahe!“ Scheinbar entrüstet verschränkte er die Arme vor der Brust. Tobio schwieg einen Moment: „Aber wir stehen uns nahe, Tooru-san?“ Er schien die Problematik nicht zu verstehen. Tooru verdrehte die Augen, schmiss sich frustriert nach hinten gegen die Lehne des Sessels. Seiner Kehle entrann ein theatralisches Seufzen. „Tobio-chan … Das weißt du, das weiß ich … Und unser Umfeld weiß das auch. Aber das heißt doch noch lange nicht, dass du das auch in alle Welt hinausposaunen musst. Es muss ja nicht gleich jeder wissen, dass ich die wichtigste Person in deinem Leben bin!“ Tooru machte eine Pause sah sich nach dem Hund des jüngeren Setters um. Als seine hinter Brillengläsern verborgenen Augen diesen nicht sofort erblickten, sah er wieder zu Tobio. „Selbst Bokuto beteuert immerhin auch nicht in aller Öffentlichkeit seine unsterbliche Liebe zu Ushiwaka-chan. Kuroo habe ich ja auch noch nie wirklich darüber reden hören, dass er ausgerechnet Iwa-chan datet! Sowas machst wirklich nur du!“ Erneut legte sich für wenige Sekunden Stille über sie. Tobio sah den Anderen hoch konzentriert an. Was nun dessen Problem war, hatte er noch immer nicht ganz nachvollziehen können. Sollte er immerhin nicht froh sein, dass er ihn als so wichtig empfand, dass er ihm irgendwo Anerkennung für die Mitteilhabe an seiner Medaille zusagte? „Und wo liegt nun genau das Problem, Tooru-san?“ Tooru verzog sein Gesicht zu einer unschönen Grimasse. „Dein Ernst?“ Ungläubig wurde Tobio angeblickt. Tatsache – sein Ernst. „Tsk …“ Er griff nach seinem Handy, tippte kurz auf dem Smartphone herum und hielt es schließlich seinem Freund entgegen. „Hier, les selbst!“ Tobio nahm das Mobiltelefon entgegen, las die skandalöse Sensation, sie beide betreffend, durch. Scheinbar wurde von dieser speziellen Klatschseite über ihre Beziehung zueinander spekuliert. Wahrscheinlich war genau dieser Artikel der Ursprung des theatralischen Auftritts des Anderen. Tobio zuckte mit den Schultern, erntete einen entsetzten Blick. „Ist dir dein Image so egal?! Du bist immerhin eine Person des öffentlichen Interesses! Da hast du nun einmal darauf zu achten, dass du dich nicht in Skandale hinein ziehen lässt und überhaupt ein vorbildliches Leben führst und so. Und ich möchte nicht schuld daran sein, dass du auf einmal aus der Volleyballmannschaft fliegst…“ Tobio erhob sich von dem Sofa, beugte sich kurz zu seinem Freund herunter. „Ich bereue nichts, Tooru-san. Warum sollte ich meine Gefühle verbergen? Es ist immerhin nichts Falsches an ihnen.“ Vielleicht sah er das alles ein wenig naiv. Aber so fühlte er immerhin. Der Schwarzhaarige richtete sich wieder auf, ging am Sessel vorbei zu einem Schrank. Dort schien er etwas herauszusuchen. Als er das gewünschte Objekt gefunden hatte, ging er wieder zu Oikawa zurück und kniete sich vor diesem nieder. Nun auf einer Augenhöhe mit dem Anderen zog er eine kleine Schatulle heraus. „Tobio-chan … Du möchtest mir hier doch keinen Antrag machen? Das kriegst du dann nämlich nicht sonderlich gut hin …“ Der Schwarzhaarige verdrehte die Augen, holte die von ihm gewonnene Goldmedaille aus der Schatulle. Etwas ungelenk hängte er diese seinem Freund um den Hals, legte schließlich die Fingerspitzen seiner rechten Hand gegen das kühle Metall: „Danke, dass du immer an meiner Seite bist, Tooru-san …“ Epilog: -------- Die Volleyball-Helden von Olympia 2020 könnten nicht unterschiedlicher sein. Dennoch haben sie sich mit ihren von Grund auf verschiedenen Charakterzügen und Spielweisen ergänz, sind zu einer unschlagbaren Einheit geworden. Als Setter konnte Kageyama Tobio das Beste aus seinen Teamkameraden herausholen. Kuroo Tetsurou und Haiba Lev sind zu einer gefährlichen Mauer geworden, denen selbst die russische Mannschaft nichts entgegen setzen konnte. Der Libero Yaku Morisuke hat seinen Mannschaftskollegen stets den Rücken frei gehalten und an der Seite von Hinata Shouyou und Bokuto Koutarou konnte der Kapitän unserer Mannschaft Ushijima Wakaoshi schließlich unsere Mannschaft zum wohlverdienten Gold führen. Es bleibt abzuwarten, was für große Dinge diese Mannschaft noch vollbringen wird.   Aufmerksam überflog Kenji noch einmal seinen zusammenfassenden Bericht zu dem Turnierverlauf der japanischen Volleyball-Nationalmannschaft. Zufrieden mit dem Ergebnis, streckte er sich, bevor er das Notebook nach dem Speichern des Dokumentes schloss. Er erhob sich von seinem Schreibtisch und ging in das Wohnzimmer in dem Daichi über ein paar medizinischen Fachzeitschriften brütete. Bei diesem Anblick schmunzelte Kenji kurz, wandte sich dann in Richtung Küche um ihnen beiden einen Kaffee zu machen. Verdient hatten sie sich diesen alle mal. Mit zwei Tassen bewaffnet, gesellte er sich zu seinem Freund, stellte eine der beiden Tassen vor dem Anderen auf den Tisch und ging mit seiner Tasse schließlich zum Wohnzimmerfenster. Er nahm einen kleinen Schluck des frischen Kaffees, blickte nach draußen. Er erwartete ein ungemütliches Regenwetter – wie es in den letzten Tagen auch nach dem Olympia Sieg angehalten hatte. Doch schien die Sonne den Regen endlich vertrieben zu haben. Schlugen ihm statt Regentropfen doch nun warme Sonnenstrahlen entgegen. Zufrieden schmunzelnd trank er seine Tasse leer, wandte sich von dem Fenster ab um zu seinem Freund zu gehen. Diesem stibitzte er dreist wie er war einfach mal seine Lektüre. „Hoch mit dir! Draußen ist schönstes Sommerwetter! Lass uns das ausnutzen!“ Er ließ dem Anderen keine Zeit zu widersprechen, verschwand stattdessen mit der Lektüre seines Freundes in der Küche um dort die inzwischen leere Kaffeetasse in die Spüle zu stellen und schließlich in einem Küchenschrank nach etwas Sake zu suchen. Hatte er den Reiswein gefunden, füllte er das Getränk in eine kleine Keramiktasse, ging mit dieser nun zu dem Balkon ihrer kleinen Wohnung. Im Wind des lauen Sommertages flatterten zwei kleine geisterhafte Puppen hin und her. Zwei einsame kleine Teru teru bōzu, die darauf warteten endlich belohnt zu werden. Er goss den Sake über die kleinen Stoffpuppen, schloss die Balkontür hinter sich und folgte dann dem Ruf seines Freundes. Immerhin wollte das schöne Sommerwetter ja ausgenutzt werden.   Die Regenzeit war nun endlich vorbei.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)