Am seidenen Faden von Hotepneith (Der Jubiläumskrimi Lord Sesshoumarus) ================================================================================ Kapitel 8: Die Aussagen des Personals ------------------------------------- Hotaru beschloss, dass es für ihn deutlich einfacher und auch gefahrloser war, dem Wunsch des Dämonenprinzen, der ja im Auftrag des Fürsten ermittelte, auch direkt zu gehorchen. So verneigte er sich nur. „Darf ich Euer Lordschaft bitten mich zu begleiten?“   Tatsächlich ein vernünftiger Mensch! Nun gut, er hatte sich zuvor ja bereits gedacht, dass man die Pflege des Hausherrn niemandem anvertrauen würde, der nicht denken konnte, aber seine Erfahrungen in menschlichen Schlössern waren nicht der besten welche. So machte Sesshoumaru einen angedeuteten Schritt, woraufhin der Diener unverzüglich aufsprang, geneigt zur Tür lief und diese vor dem hohen Herrn beiseite schob.   Keine fünf Minuten später standen die Beiden vor einem anderen Zimmer. Keine Wachen, hatte der erfahrene Ermittler bereits festgestellt, waren im gesamten Haus zu finden. Leichtfertig. Und nur wenige Dienstboten, die hier herumhuschten. Soweit er sich entsann, waren es im Hauptschloss des Fürsten eindeutig viel mehr. Man merkte wohl doch, dass es nur ein Nebenzweig der Familie war.   Hotaru warf einen raschen Blick empor, beschloss dann jedoch, dass er wie immer vorgehen sollte. „Herr, Ito, ich bin es.“ Er öffnete die Tür. „Lord Sesshoumaru wünscht Lord Masao zu sprechen.“ Ito, der Diener der neben dem liegenden Schlossherrn saß, erriet durchaus, dass das ein überaus hoher Gast war, und verneigte sich rasch in Richtung der Tür, ehe er leise sagte: „Ich setze Euch auf, Lord Masao, wenn Ihr gestattet.“ Aha, dachte Sesshoumaru. Auch sie redeten mit dem Kranken, wie es auch Sakura mit ihm getan hatte. Nun gut, Masao schien ja noch zu hören, war aber offenkundig vollkommen hilflos. Er war vielleicht um die Fünfzig, ziemlich rundlich, sei es durch die mangelnde Bewegung, sei es durch eine andere Krankheit, jedoch war sein Gesicht eingefallen und blass. Die schwarzen Augen starrten fast wie die eines Raubvogels eindringlich auf den Besucher, aber Seine Lordschaft war gegen so etwas immun. „Lord Masao“, begann er sachlich. „Fürst Shinichi Takaeda bat mich den Tod Lord Tsuyoshis zu untersuchen. Ich bin Lord Sesshoumaru, der Sohn des mächtigen Inu no Taishou.“ Hotaru kniete neben seinem Herrn nieder und meinte jetzt: „Lord Masao kann Euer Lordschaft nicht antworten, aber ich bin sicher, er wird jedem Befehl des mächtigen Fürsten, seines Halbbruders, folgen, so dass Ihr ungehindert ermitteln könnt.“ Das hatte Seine Lordschaft eigentlich nicht fragen wollen, da er davon ausging, sondern nur nachsehen, wie weit der Schlaganfall wirksam war. Aber es war klar, dass dieser Mann keinen Mord begehen konnte, selbst, wenn er gewollt hätte. Dennoch, als er Tsuyoshi erwähnt hatte, war da etwas in den Augen des Kranken aufgeflackert, eine Regung, die er nicht umsetzen konnte. Seine Eisigkeit wusste seit Kurzem nur zu gut, wie man sich so eingesperrt im eigenen Körper fühlte, aber er konnte nicht erraten, was Lord Masao meinte. Wollte er wissen, wie sein Neffe zu Tode kam? Hatte er ihn gemocht? Oder war er froh, dass dieser verstarb? „Ich hätte noch eine Frage. - Hotaru, wenn dieses Familienessen hier stattfindet, lehnt Lord Masao dann wie jetzt an diesem Kissen?“ „Ja. Und, mit Verlaub, ich gebe ihm, was er isst.“ Es war rein persönliches Interesse, dass Sesshoumaru fragte: „Woran erkennst du, dass er satt ist oder etwas nicht essen möchte?“ Ein erstaunter Blick der Diener streifte seine Hüfte, der des Kranken sein Gesicht, ehe Hotaru antwortete: „Ich kann es schwer erklären, Lord Sesshoumaru, bitte vergebt. Es ist eine gewisse Anspannung. Aus mittlerweile monatelanger Erfahrung glaube ich den Herrn soweit zu verstehen.“ Moment. Hatte Hotaru nicht zuvor erwähnt, Masao möge kein Fleisch? „Es gab diese Drosseln beim letzten Essen, nicht wahr?“ „Ja, Lord Sesshoumaru. Eine Drossel aß der Herr zum Teil aus Höflichkeit, weiteres lehnte er bereits ab. Lord Shigeru aß eine, Lord Tsuyoshi, der sie sich ja gewünscht hatte, drei, obwohl auch er monierte, dass sie verkocht seien.“ „Verkocht.“ Wurden Vögel denn nicht auch bei Menschen gebraten? Aber gut, die hatten sowie so mehr als eigenartige Auffassungen von Nahrung. „Verzeihung. Falsch gewürzt.“ „Aber du hast nichts davon gegessen?“ „Selbstverständlich nicht, Lord Sesshoumaru.“ Hotaru konnte gerade noch verhindern, dass er empört klang. Hohe Herren schätzten keine persönlichen Regungen bei Dienstboten. Aha. Mal hören, was Sakura inzwischen in der Küche herausgefunden hatte. Jetzt sollte er aber hier verschwinden. Der Geruch im Krankenzimmer war für eine Hundenase fast unerträglich. Aber, das war die Familie mit der Vater Geschäfte pflegte, und deren Seidenverarbeitung die Einzige war, die die Spinnen des Waldgebirges tolerierten. Dämon sollte höflich bleiben. „Meine besten Wünsche, Lord Masao, auch die meines Herrn und Vaters.“   Er ging zurück in sein Gästezimmer. Wo steckte dieses Mädchen denn nur? Ach ja, er hatte ihr auch erlaubt zu essen. Das dauerte. Menschen! Er wollte hier wieder weg und diese Witterung nach nahendem Tod aus der Nase bekommen. Aber dazu musste er ja das Ableben dieses Webereileiters aufklären, das wäre besser. Vater würde sich unter Garantie wundern, dass er selbst die Audienzen verlassen hatte, um kein härteres Wort zu verwenden. Ein aufgeklärter Todesfall, sei er auch kein Mord, wäre sicher sinnvoll, um dem Herrn der Hunde zu beweisen, dass man nicht nachlässig, sondern nur einer anderen Arbeit nachgegangen war.   Sakura hatte nachfragen müssen, aber die Küche entdeckt, die sie erstaunlich geräumig fand, ehe sie begriff, dass ja auch die Webeierarbeiterinnen von hier versorgt wurden. Sie stellte sich höflich vor und bat um Tee und etwas Übriges zu essen. Da jeder im Clan Takaeda wusste, wer der Inu no Taishou war, erhielt sie nicht nur in kürzester Zeit vom Mittag übrige Reisbällchen und aufgewärmtes Gemüse, sondern auch schön heißen Grüntee. Herr Marui, wie er sich vorgestellt hatte, der Küchenchef, ließ sich neben ihr nieder, um aus erster Hand etwas über Dämonen zu erfahren, ohne zu ahnen, dass ihr das sehr recht war. So erzählte sie, dass sie die Schülerin des berühmten Heilers Neigi sei und was man als Mensch so in einem Dämonenschloss zu essen bekäme. Ein klein wenig die Wahrheit verdrehend, ergänzte sie: „Aber natürlich wird anders aufgetischt, wenn menschliche Gäste im Schloss sind, nicht nur die Dienerschaft. Wobei ich sagen möchte, die Schlossküche ist sicher gerade ebenso groß wie diese hier. Und hat weniger Dienerschaft.“ Sie bezog sich auf die noch gut zehn Menschen, die eifrig am Putzen und bereits wieder herrichten waren. „Ja, wir kochen ja auch Reis und Tee für die Arbeiterinnen. Brot kommt aus dem Hauptschloss, aber sonst machen wir hier das mit. Natürlich kochen wir hauptsächlich bessere Speisen für die Herrschaften.“ Was würde Lord Sesshoumaru wohl interessieren? Sie musste neue Informationen zu ihm bringen, sonst wäre er nicht zufrieden. Und ein unzufriedener Herr reagierte oft und gern schmerzhaft, bei seinem berühmten Geduldsfaden noch rascher. „Ja, ich habe sogar gehört, dass ihr hier Drosseln züchtet. Extra für dieses Schloss!“ „Nein, diese Züchtungen laufen über oben, also das Hauptschloss. Der Fürst liebt es sie im Herbst zu essen. Zu viele sind es freilich nicht, denn die Zucht scheint recht schwer zu sein.“ Der Koch zuckte die Schultern. „Es gibt zwei Leute, die das machen, irgendwo im Wald, wo die Dämonen hausen. Oh, entschuldigt.“ „Natürlich, es sind ja andere Dämonen. Aber, Herr Marui, wie werden denn solche Drosseln zubereitet? Ich kenne sie aus der Luft, sie sind jedoch so klein.“ „Sie sind sogar noch kleiner, wenn Ihr an die gewöhnlichen Drosseln denkt. Es sind Wacholderdrosseln. Sie schmecken wohl besser, ich habe ja noch nie eine selbst bekommen. Ich bereite sie wie Wachteln zu. Rupfen, überbrühen, braten. Natürlich mit Gewürzen allerlei Art, aber ich gebe zu, dass es schwieriger ist, eine Mahlzeit nur einmal im Jahr zuzubereiten als jeden Tag. Indes natürlich bestehen hier die Herren auf ihrem Anteil aus der fürstlichen Zucht. - Aber dennoch, ich empfand es als Unterstellung, dass mich Lord Shigeru zu sich zitierte und mich ausfragte, wie ich dieses Essen und vor allem die Drosseln machte!“ Die Stimme des Kochs zitterte vor Empörung. Vorsicht, Sakura, dachte sie nur, das konnte wichtig werden. „Ach, nach dem Tod Lord Tsuyoshis?“ „Ja, genau. Ob wir schon alles weggeräumt haben oder ob einer von uns was davon gegessen hätte! Als ob das jemand wagen würde! Oder als ob in dieser Küche etwas herumstehen würde! Er wollte sogar wissen, wie reinlich es hier ist! Ich sagte ihm, dass er zu jeder Tages- und Nachtzeit gern herkommen könnte und es sich ansehen könnte. Also, seht Euch doch um. Saht Ihr je eine saubere, ordentlichere, Küche als die meine?“ „Nein“, konnte sie ehrlich zugeben. „Lord Shigeru war aber wohl kaum hier.“ „Nein, das nicht. Natürlich. Er ist ein hoher Herr und wird bald der Schlossherr hier sein, wenn Lord Masao … nun ja ….Jedenfalls kann es überhaupt nicht am Essen gelegen haben, denn alle anderen Herren haben es ja auch vertragen!“ „Ja, ich verstehe. Zu den Drosseln gab es wohl Reis und Gemüse? Und eine bestimmt schmackhafte Sauce?“ „Ja, und zuvor Hühnersuppe. Alles ganz frisch zubereitet, wie immer. Natürlich ist es schlimm für die Familie, dass Lord Tsuyoshi starb, aber das liegt ganz sicher nicht an meiner Kochkunst!“ „Sicher nicht. Ich denke, Ihr bekommt die Zutaten alle frisch aus den Gärten oder den Bauernhöfen oben um das fürstliche Schloss, bereitet sie am selben Tag zu, da kann eigentlich nichts passieren.“ Lieber noch einmal indirekt nachfragen, auch, wenn sie es aus Kenntnis der Küche im Takaeda-Schloss selbst vermutete. „Ja, genau. - Oh, Ihr seid doch Heilerin? Könntet Ihr Euch noch Kirikos Hand ansehen? Sie verbrühte sich gestern.“ „Natürlich. Gern.“   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)