Am seidenen Faden von Hotepneith (Der Jubiläumskrimi Lord Sesshoumarus) ================================================================================ Kapitel 11: Die Aussage der Küchenmagd -------------------------------------- Sakura wusste zugegeben nicht, wie weit eine erneute Nachfrage ihrerseits in der Küche so unauffällig sein würde wie das der Erbprinz bestimmt wünschte, hoffte jedoch, dass das Personal dort gewechselt hatte und nun die Abendschicht dran wäre, also niemand wusste, dass sie schon hier mit Herrn Marui gesprochen hatte. Zumindest dieser war nicht da, und sie war schon einmal erleichtert, bat nur um etwas Tee, der ihr auch gebracht wurde, ehe sich eine ältere Frau zu ihr setzte. Sakura meinte sie zu kennen. Das war eine Dienerin, die zu ihrer Zeit drüben im Hauptschloss gearbeitet hatte, und die umgekehrt sie auch von daher noch kannte. Prompt meinte diese: „Du ... Ihr werdet Euch kaum mehr an mich erinnern. Ich bin Kimiko.“ Die höfliche Ansprache war der Heilerin geschuldet, dachte Sakura unverzüglich. Ja, es hatte sich viel in den letzten Jahren ergeben, sie viel gelernt. Und sie war definitiv in der Hierarchie aufgestiegen. Das verdankte sie nur der Freundlichkeit des Inu no Taishou sie Neigi zuzuweisen, und natürlich und vor allem der Gnade Seiner Eisigkeit sie überhaupt mitzunehmen. Fürst Takaeda hatte sie immerhin hinrichten lassen wollen und sie trug noch immer die Narben der Schläge auf dem Rücken, die nicht einmal der geschickteste Heiler verschwinden lassen konnte. Gnade und Seine Eisigkeit in einem Satz auch nur zu denken hätte wohl kaum jemand außer ihr fertig gebracht, das war ihr klar, aber nicht nur darum mochte sie ihn sehr. Er war für einen so jungen, doch außerordentlich mächtigen, Mann immer gerecht zu ihr. Ja, er strafte, aber nie ohne in seinen Augen einen Grund zu haben, und solange sie sich bemühte, nahm er sich sogar Zeit für manch private Frage. Natürlich um Menschen besser kennen zu lernen, aber er lernte. Und sie war schon länger nicht mehr bestraft worden. Was wollte ein als persönliche Dienerin zugewiesenes Mädchen mehr von einem Prinzen. Überdies sah er gut aus und wenn sie daran dachte, wie sie sein Haar während seiner Lähmung berühren durfte, wurde ihr immer noch warm. Dennoch, sie sollte weniger von Seiner Lordschaft schwärmen als für ihn ermitteln. „Kimiko. Ja, du hast drüben in der Küche gearbeitet. - Brauchst du den Rat einer Heilerin?“ „Nein, nein. Ich will Euch auch nicht lange aufhalten.“ Die Dienerin neigte sich verschwörerisch. „Man sagt, dass es im Dämonenschloss härter als hier sei. Wie strafen denn diese?“ Kimiko war schon vor Jahren neugierig und plapperhaft gewesen, aber das konnte hier hilfreich sein. „Ich weiß nicht, wie der mächtige Herr des Westens seine Dämonenkrieger bestraft. Sonst ist es wie in jedem Schloss. Es gibt Vorarbeiter für Männer und Frauen, für Menschen und Dämonen, die auch strafen. Ich, das gebe ich zu, bin da ein wenig draußen, denn mich darf nur mein Lehrer strafen, selbstverständlich neben dem Fürsten und seinem Sohn.“ „Der sieht ganz schick aus. Ist natürlich nichts für unsereins. Und Heiler müssten ja unverheiratet sein, oder? Minoru ist es.“ „Ja.“ Das war neutral, dachte Sakura. „Mich wundert ja, dass Ihr mit den Dämonen so zurecht kommt. Ich entsinne mich da eines sehr emotionales, vorlautes Mädchen, das oft genug geschlagen wurde.“ „Man lernt.“ Sakura war nicht wohl so auf ihre Vergangenheit angesprochen zu werden. Überdies benötigte sie Informationen, wollte sie nicht ausprobieren, wie duldsam der Hundeprinz im Augenblick war. „Ich denke, auch Lord Shigeru hat dies getan. Es war doch eine Strafe, dass er ins Kloster geschickt wurde. Er war ja der Erbe.“ „Oh, Strafe. Ja, doch, obwohl es natürlich ein Unfall war. Aber Lord Shige hatte nur diesen einen Sohn – und der würde ihm keine Enkel zeugen können, also suchte er einen anderen Weg um für das eigene Seelenheil zu sorgen.“ Das erklärte, warum Hitomi Tsuyoshi heiraten sollte und Shigeru noch immer unverheiratet war, es ging also doch um das Erbe der Linie. „Ein Unfall, so schwer, dass selbst Minoru ihn nicht mehr heilen konnte?“ „Was weg ist ist weg“, kicherte Kimiko verschwörerisch. „Aber Erbe ist er natürlich doch und deswegen hat ihn ja Lord Masao zurückgerufen. Zum Glück. Ich meine, das war nur drei Monate vor seinem Schlaganfall, und Lord Shigeru hatte so eine kurze, aber doch, Zeit angelernt zu werden. Er macht es ja auch nicht schlecht.“ Das sagten alle. Auch Sakura hatte einen höflichen, sachlichen, jungen Mann gesehen. Zu tragisch, wenn der keine Kinder bekommen konnte. Moment mal. Das bedeutete auch, dass Tsuyoshi ja auf jeden Fall dessen Erbe gewesen wäre - oder spätestens der Sohn von Hitomi. Darum also hatte der enterbte Cousin sein Schicksal so schweigend getragen, dass er selbst gegenüber seiner Mutter nicht rebellierte. Er wusste das, sie wohl weniger. Meistens waren Dienstboten dank des ewigen Tratsches besser informiert als die fürstliche Familie. Da musste sie nur an das Takaeda-Schloss früher denken – oder auch schlicht an die Tatsache, dass weder der Inu no Taishou noch seine Gemahlin und schon ganz und gar nicht Lord Sesshoumaru mitbekommen hatten, dass man ihr eine Affäre mit ihm andichtete. Gleich, sie sollte ja wegen der Drosseln fragen. „Lord Shigeru isst wohl gern Drosseln?“ „Ach, wegen diesem unglücklichen Essen? Er hat Herrn Marui zu sich kommen lassen und die Sauberkeit hier überprüfen wollen, also wirklich!“ Offenbar war das eine Beleidigung der gesamten Küchenmannschaft gewesen. „Ja, aber ich meine, er mag doch eigentlich kein Fleisch?“ „Nur bei den Familienessen muss er, ja, das kommt wohl aus seiner Klosterzeit. Lord Masao kann ja kaum mehr was essen, darum nur Geflügel, wenn überhaupt.“ „Das bestellt immer Hotaru? Ich meine, das für den Herrn?“ „Äh, ja. Wieso?“ Sakura beschloss etwas hektisch abzulenken. „Oh, nichts, ich dachte nur an die Drosseln, früher waren die nur im Garten oberhalb des Fürstenschlosses. Die müssen ja erst gefangen werden.“ „Ja, da sind sie auch noch. Stimmt. - Ach, wenn Herr Marui die Anweisung bekommt sie zu braten, sind sie ja schon im Korb.“ „Im Korb?“ „Äh, ja.“ Kimoko dachte sichtlich nach, wollte aber ebenso die Gelegenheit nutzen mit einer Heilerin zu plaudern. „Erinnerst du dich … ich meine, erinnert Ihr Euch? Oben ist der Vogelgarten, wo die Herrschaften auch spazieren gehen, auch die Herren von hier. Die Fürstin sitzt mit ihren Damen draußen im Schatten und stickt und so. Hotaru sagt, was der Herr wünscht, dann geht der Brief über die Kanzlei hier an die Kanzlei oben, die sagen dann denn Vogelwärtern, wie viele Drosseln sie aus den Käfigen holen müssen. Es sind immer sechs in einem Käfig. Naja, das passte dann ja auch. Der Bote kam mit den Sechsen im Korb. Herr Marui war natürlich etwas aufgeregt, er macht sie ja nicht oft und dann auch zu einem Familienessen – da kann er ganz schnell Ärger bekommen. Und den machte er uns dann, jawohl.“ „Sie wurden erst hier getötet?“ „Ja. Hals abdrehen, waschen, rupfen, abbrühen, dann bekommt sie natürlich der Küchenchef.“ „Oh. - Äh, wieso sechs Stück? Sind sie so wertvoll? Ich meine, sie sind doch recht klein, da wird man kaum von satt.“ „Das ist eine Delikatesse, sagt man. Ich habe ja so etwas noch nie bekommen. Also werden sie teuer sein.“ „Dann werden sie bestimmt schonend behandelt? Ich meine, wenn Herr Marui sie zubereitet, fasst sie niemand mehr an?“ „Nein, Marui ist der strengste Küchenmeister unter Amaterasus Sonnenlicht, ich schwöre es. Immer sauber, immer vorsichtig, immer … aber es gab auch noch nie einen Tadel, das gebe ich zu. Bis eben zu diesem Essen. Hitomi soll ihren Mann ja umgebracht haben, aber so schlimm war er auch nicht, und sie hätte ja mit einem Sohn auch die Chance gehabt hier die Hausherrin zu werden. Was Besseres gibt es doch nicht.“ „Nicht für unsereins“, gab Sakura zu, um das Gespräch am Laufen zu halten. „Aber es kam ja mindestens eine Drossel zurück?“ „Ja, schade – und einige Reste. Aber natürlich war den Herren wohl der Appetit vergangen, als Lord Tsuyoshi da … naja.“ „Verständlich, nicht wahr?“ „Natürlich. Aber erzählt doch jetzt mal. Wisst Ihr, wie so ein Dämon aussieht? Ich meine, es heißt, sie sehen anders aus, als man sie so sieht?“ Sakura seufzte innerlich, beschrieb aber einfach einen Hundedämon.   Als sie in das Gästezimmer zurückkam, erwies ihr der Erbe der westlichen Länder nicht die Ehre sich umzudrehen. So kniete sie eilig nieder und schloss die Tür hinter sich. „Bericht.“ Sie erzählte das Gespräch mit Kimiko, hoffte allerdings nur, dass er zufrieden wäre. Seine Frage hatte eigentlich gelautet, sie solle herausfinden, wer die Drosseln kennzeichnen konnte. Genügte das, was sie in Erfahrung hatte bringen können? Er wirkte so angespannt. Steckte er in einer Sackgasse? Der Dämonenprinz richtete sich ein wenig auf, ehe er instinktiv über seine Boa strich. Das konnte er jetzt nicht länger hinauszögern. Schon vor einer halben Stunde hatte er die überaus starke Präsenz eines mächtigen Dämons oben am Fürstenschloss gespürt. Eine nur zu bekannte Energie. Sein verehrter Vater hatte es für notwendig befunden den Fürsten Takaeda aufzusuchen. Es wurde höchste Zeit, dass er dem Herrn der westlichen Länder erklären konnte, was er selbst hier tat - und warum er seine Pflichten im heimatlichen Schloss vernachlässigt hatte. Ansonsten … Nein, er wollte das „Sonst“ gar nicht wissen. Kano und dessen Sippschaft wären vermutlich ein amüsanter Zeitvertreib dagegen. Immerhin war nun klar, wer wie und warum.     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)