Am seidenen Faden von Hotepneith (Der Jubiläumskrimi Lord Sesshoumarus) ================================================================================ Kapitel 13: Die Auflösung ------------------------- Das „Habt Ihr das Shigeru gesagt?“ Seiner Lordschaft hing noch in der Luft, als Fürst Takaeda begriff, was dieser meinte. „Ihr glaubt doch nicht, Shigeru, der ja alles bekommen soll, zum Mörder wegen eines Testamentes wurde?“ Von dem mehr als üblen Scherz im Bad zu schweigen. „Nun, es gibt zwei Möglichkeiten. Das Bad zu vergiften – er hatte ja im Kloster Pflanzenkunde und Bannsprüche gelernt, nicht wahr? Das gemeinsame Essen ….schwierig, jemanden dabei zu vergiften, aber nicht unmöglich. - Verehrter Vater, habt Ihr je von einem menschlichen Essen gehört, bei dem alle Speisen derart gemeinsam zubereitet wurden, dass eigentlich alle oder niemand vergiftet wird und doch wird es jemand?“ Der Hundefürst sah ihn an. „Ich entsinne mich sogar eines dämonischen Getränks.“ Oh, ja, wie stand er denn jetzt da, dachte Sesshoumaru zerknirscht. Natürlich, diese Feierrunde, bei der einer der Gäste vergiftet wurde – und alle Indizien auf den Inu no Taishou deuteten. „Natürlich, vergebt, verehrter Vater.“ War das unangenehm. Hastig fuhr er fort: „Das Essen. Nach Neigis Auskunft sind Unfälle, oder zumindest einer, ihm bekannt, nach dem ein Mensch nach dem Genuss einer solchen Wacholderdrossel starb, da diese zuvor Seidelbastbeeren gefressen hatte. Seidelbast wäre übrigens eine Pflanze, die auch die Hauterscheinungen des Bades hervorrufen kann. Bei der Frage wer schuld an Tsuyoshis Tod sein könnte wandte ich mich daher den Drosseln zu. Sie werden alle im sogenannten oberen Garten des eigentlichen Fürstenschlosses gezüchtet, immer sechs in einem Käfig. Dort geht die Familie spazieren, wohl auch andere, die Vögel werden von Wärtern betreut. Der Täter hatte in jedem Fall Zugang zu diesem Garten. Er musste wissen, was Seidelbast bewirkt. Nun, auch das dürfte allgemein bekannt sein, soweit ich mich entsinne, ermahnen menschliche Eltern durchaus ihre Kinder vor Giftpflanzen. Der Mörder, denn das ist er, musste ebenso wie Neigi von einem derartigen Unfall gehört haben, durchaus möglich. Es werden Briefe gewechselt, auch zwischen Schlössern. Der Anschlag im Bad brachte ihn wohl auf diese Pflanze. Damit kamen noch immer eine Menge Personen in Betracht. Allerdings konnte man den Personenkreis deutlich einschränken. Um bewusst die Drosseln mit den Beeren zu vergiften, musste der Täter nicht nur Zugang zu den Drosseln haben, sondern auch wissen, was als nächstes Essen bei dem Treffen mit Lord Masao serviert werden würde. Er musste wissen, welche der Drosseln als nächstes geschlachtet werden sollen. Letzteres kein Problem, die Wärter wissen vermutlich genau welche in welchem Käfig es sein werden und geben in einem harmlosen Gespräch wohl auch Auskunft. Es ist ziemlich einfach dann, zwei Tage zuvor, oder auch nur einen, zu dem Käfig mit den entsprechenden Drosseln zu gehen und diese mit den giftigen Beeren zu füttern. Selbst, wenn der Täter gesehen wird: was ist dabei die Drosseln zu füttern? Auch ein Wärter würde kaum Einspruch erheben, denn er wüsste ja, dass Seidelbastbeeren den Tieren nichts ausmachen. Der Täter füttert sie vermutlich überaus reichlich, kehrt in das Weberschloss zurück und braucht nur abwarten. Die Drosseln werden gebracht, in der Küche zubereitet und serviert. Dabei ist auffällig, dass es sich bei der kompletten Mahlzeit um Dinge handelte, die unmöglich einzeln zu vergiften waren. Mit Sicherheit hat da eine Bestellung vorgelegen. Das Opfer selbst wollte die Drosseln, aber wer wäre noch in der Lage der Küche Anweisungen zu erteilen? Hitomi war damit auszuschließen, übrigens auch Lady Bara. Keine der Frauen hat das Recht bei diesem Männeressen mitzureden, Es blieben eigentlich nur zwei, oder genauer, drei, Personen übrig, auf die alle diese Voraussetzungen zutrafen. Von denen ist Lord Masao nach meinem eigenen Augenschein auszunehmen. Dass Tsuyoshi auf solche Art Selbstmord begehen wollte, ist auszuschließen.“ „Shigeru!“ keuchte Fürst Takaeda entsetzt. Seine Eisigkeit blickte ihn für einen Moment tatsächlich an, ehe er lieber wieder auf den Inu no Taishou achtete, als er fortfuhr: „Das war die eine Möglichkeit. Die Andere war der Mann mit dem felsenfesten Alibi: Hotaru. - Sein Deckmantel, er sei stets um Lord Masao, ist nichts wert. Sobald er eine Pause benötigt, baden oder schlafen will, ruft er Ito. Kein Problem, diesen kommen zu lassen und selbst in das Schloss hinauf zu gelangen, mit dem Wärter zu sprechen, am nächsten Tag die Vögel zu füttern. Etwas weniger Schlaf, das war alles. In einer Stunde war jeweils alles geschehen. Er wusste ebenso wie Shigeru, dass sich Tsuyoshi die Wacholderdrosseln wünschte – und er wusste, dass weder Lord Masao noch Shigeru Fleisch schätzen. Der Einzige, der davon reichlich essen würde, wäre das geplante Opfer. Falls wider Erwarten Shigeru doch mehr als ein paar Bissen zu sich nehmen würde, müsste er ihn ablenken, bei Lord Masao konnte er es selbst so steuern, dass der nur wenige Brocken erhielt. Tatsächlich bestätigte die Küche, dass sie eine ganze und zwei nur an gegessene Drosseln zurück erhielten, sie vermuteten, dass den Herrn der Appetit vergangen war, als Tsuyoshi starb. Als persönlicher Diener des Hausherrn ist er auch in der Lage über die Kanzlei das Essen zu bestellen, er ist alt und erfahren genug, um auch nur aus Zufall von solchen Unfällen gehört zu haben. Der Grund? Nun, seine Schwester ist als Aufseherin der Weberinnen die direkte Untergebene Tsuyoshis und mag ihm einiges mehr über den und dessen Art erzählt haben. Vielleicht sah er auch einfach nur in Shigeru den besseren Verwalter und Nachfolger für Lord Masao, denn ich bin sicher, dass er diesem treu ergeben ist. Ich bin jedoch überzeugt, Fürst Takaeda, dass er Euch Auskunft geben wird.“ „Oh ja, das wird er. Und auch mit Shigeru werde ich ein ernstes Wort sprechen. Eure Darlegung klingt überaus logisch, Lord Sesshoumaru.“ Mit einem Blick auf Sakura ergänzte der Fürst: „Ich werde Hitomi dann aus dem Kerker entlassen. Es ist überdies nicht gesagt, dass sie nicht trotz allem doch noch von Tsuyoshi schwanger ist, nicht wahr?“ Das nannte man wohl Optimismus, dachte der Hundeprinz, blickte jedoch etwas vorsichtig zu seinem Vater. Der Fall war soweit geklärt, aber war der Inu no Taishou auch zufrieden?   Sakura wagte es ebenfalls zum Herrn zu schielen. Hitomi war frei, das war gut, Shigeru würde sicher eine Strafe erhalten, aber am Leben bleiben, als letzter Erbe der Nebenlinie – und Hotaru, nun, er hatte nicht nur ein Clanmitglied ermordet sondern das der herrschenden Familie. Da würde es keine Gnade geben, auch, wenn das bedeutete, dass Lord Masao auf einen ergebenen Pfleger verzichten musste.   Der Dämonenfürst neigte sich ein wenig seitwärts. „Ich denke, werter Takaeda, dass es an der Zeit ist, Euch und Eure Familie das unter sich ausmachen zu lassen. - Gehen wir.“ Er stand auf und verließ den Raum, gefolgt von seinem etwas angespannten Sohn und Sakura, die sich dezent hinter ihren Herren anschloss.   Erst ein Stück vom Takaeda-Schloss entfernt fiel das nächste Wort. „Sesshoumaru.“ „Verehrter Vater?“ „Kehre nach Hause zurück und kümmere dich um die anstehenden Dinge. Ich werde noch ein wenig Spazierengehen.“ Das also war die prompte Reaktion auf sein eigenmächtiges Verlassen der Pflichten, dachte Seine Eisigkeit. Verlängerung eben dieser, von ihm als überaus lästig empfundenen, Aufgaben. Aber es hätte schlimmer kommen können. „Ja, mein Herr und Vater.“ „Nimm Sakura mit – Mädchen, du hast drei Tage frei.“ „Danke, mein Herr“, erwiderte sie, wohlweislich ohne erkennen zu geben, dass sie begriff. Lord Sesshoumaru musste weiter an Audienzen arbeiten – sie erhielt zusätzlich freie Tage. Das erhöhte sicher sein Gefühl der Strafe noch einmal empfindlich und sie sollte ihm keinen Vorwand liefern seinen Zorn darüber an ihr auszulassen. Immerhin wäre er nun wieder der Herr im Schloss und jeder seiner Befehle wurde ausgeführt, wenn der Hundefürst abwesend war. Tatsächlich presste Sesshoumaru ein wenig die Fangzähne aufeinander, aber, wenn er nicht noch mehr Ärger wollte, blieb ihm nichts andere übrig als zu erwidern: „Ja, verehrter Vater. Wünscht Ihr noch meine Begleitung oder darf ich mich verabschieden?“ „Geh.“ Erst als sein Sohn – mit Sakura unter dem Arm – verschwunden war, erlaubte sich der Herr der Hunde ein leises Lächeln. Ach, dieser Junge war impulsiv und ungestüm. Noch einige Jahrhunderte Erziehung, dann wäre er wohl so weit erst nachzudenken, ehe er handelte. Von wem er diese Eigenschaften wohl hatte?   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)