A Single Red Rose von Daelis (The 25th of December) ================================================================================ Kapitel 6: ♕ Eure Wenigkeiten ----------------------------- Ohne Frage, das ist Ayatos Werk. Schon allein, um Laito zu ärgern und weil "seine Wenigkeit" natürlich der Beste ist. Dem würdest du etwas husten! Wenn das ein Streich oder Scherz sein sollte, ging er eindeutig zu weit. Doch, wenn nicht... Hätte Ayato im Falle eines geschmacklosen Witzes sich nicht auf jeden Fall eingeschaltet, anstatt einfach zu gehen? Dein schlechtes Gewissen meldete sich sofort. Anstatt in Betracht zu ziehen, dass er aufrichtige Gefühle hegen könnte, hattest du ihm als Erstes unterstellt, Laito und dich ärgern zu wollen. Nicht gerade fair von dir. Gedanklich entschuldigtest du dich bei dem rothaarigen Vampir, der ja nicht einmal ahnte, dass er gewissermaßen beleidigt worden war. So schlecht hättest du wirklich nicht von ihm denken sollen. Ayato mochte nicht gerade ein Epitom guten Benehmens sein, aber er tat auch deutlich selbstsicherer, als er eigentlich war, so viel konntest du nach der aufregenden Adventszeit doch über ihn sagen. Nachdenklich zogst du das zerknitterte, noch immer etwas feuchte Papier aus deiner Tasche. Wenn das hier von Ayato war, dann war es ihm ernst. Sonst hätte er das nicht geschrieben, wäre nicht hergekommen mit einer Rose. Allein die Vorstellung davon, wie er im Schnee stand und euch beobachtete, verletzt und traurig, tat dir schrecklich leid. Das hatte er wirklich nicht verdient. Bestimmt hätte „seine Wenigkeit“ sich nie getraut, solch kitschige Worte laut auszusprechen. Ein leichtes Schmunzeln legte sich auf deine Lippen. Sogar in Ayato steckte ein weicher Kern. Je länger du darüber nachdachtest, desto sicherer warst du dir, dass der Brief von Ayato stammen musste. Ein wenig ungeschickt klangen die Formulierungen ja schon – so wie sich Ayato wohl ausdrücken würde, wenn er auf die Worte „meine Wenigkeit“ verzichtete. Wie der Brief wohl mit geklungen hätte? Bei der Vorstellung allein musstest du kichern. Dir wurde gleich leichter ums Herz, fiel damit doch auch ein gutes Stück der Trübsinnigkeit von dir ab, die Laito heute in dir geweckt hatte, als er dich gebissen hatte. Drei Tage später standest du vor der Haustür der Sakamakis. Die aufregenden Weihnachtsfeiertage hatten ihr Übriges getan und dich erfolgreich abgelenkt, sodass du überhaupt keine Zeit gehabt hattest, über die Vampire – insbesondere Laito – nachzudenken. Doch danach waren die Ereignisse umso präsenter zurückgekommen und du hattest entschieden, die Sache lieber selbst in die Hand zu nehmen, als abzuwarten, was geschähe. Zwar warst du nun unangekündigt hier, aber so wie sich Ayato herumtrieb, würde „seine Wenigkeit“ ein wenig Ablenkung kaum stören. Wenn du raten müsstest, würdest du ohnehin tippen, dass er faul herumlag oder irgendjemanden nervte, damit er seine vielgeliebten Takoyaki bekam. Dass seine Brüder allerdings ihm welche machten, erschien dir dabei höchst unwahrscheinlich. Ein wenig versetzte der Gedanke dir einen Stich. Wenn er der Verehrer war, lief er dann immer noch anderen Mädchen für Takoyaki nach? Wäre er dein Freund, wärst du damit auf jeden Fall nicht einverstanden. Auch wenn du dich für diesen egoistischen Gedanken ein wenig schämtest – immerhin waren es nur Takoyaki! - so wäre es dir dennoch vorgekommen, als hättest du Ayato sonst teilen müssen. Kopfschüttelnd schlugst du die Hände an deine Wangen. Was dachtest du nur? Ihr wart ja überhaupt kein Paar und es war nicht einmal sicher, dass Ayato den Brief wirklich geschrieben und auch so gemeint hatte! Erde an dich. Willkommen zurück auf dem Boden. Gerade als dein behandschuhter Finger die Klingel gefunden hatte, öffnete sich die Tür auch schon, ehe ein Klingelton erschallen konnte. Und als wäre das Schicksal heute gnädig und gehässig zugleich, stand auch ausgerechnet Ayato in der Tür, was deine Nervosität nur noch steigerte, denn gut gelaunt wirkte der rothaarige Vampir überhaupt nicht. „Wir ka-“, begann er grantig, ehe er zu registrieren schien, wen er vor sich hatte. „Hi?“ Du hobst mit fragendem Blick eine Hand zum Gruß. „Hi“, kam es verdatterte zurück, dann trat Ayato beiseite, um dich einzulassen. „Komm rein. Meine Wenigkeit dachte schon, es wäre wieder so ein nerviger Vertreter oder Religionsanhänger.“ Ein Grinsen huschte über deine Züge. Vertreter oder Religion? Du konntest dir nur schwer vorstellen, wie einer der Vampire eine Lebensversicherung abschloss oder sich religiös outete, obwohl Reiji bestimmt eine Hausratsversicherung hatte – schon allein wegen Kanato! Du wolltest lieber nicht wissen, wie hoch da die Beiträge waren... „Hast du meine Wenigkeit so vermisst, dass du herkommst, damit ich dein Blut trinke, Chichinashi?“ Ayatos Augen blitzten. Du warst dir nicht sicher, ob er das wirklich ernst meinte oder sich nur einen Scherz erlaubte. Wie viel und was ihm Laito wohl erzählt hatte? „Ich bin tatsächlich wegen dir hier, Ayato“, gabst du unumwunden zu und triumphiertest innerlich ein wenig, als sich auf Ayatos Zügen ein überraschter Ausdruck zeigte. Seinen großspurigen Worten zum Trotz, war er es eben doch gewohnt, dass man widersprach. „Laito hat dir sicher erzählt, dass... nun ja...“ Du rangst nach Worten, doch Ayato nickte nur. „Hat er nicht, aber er war schnell wieder hier. Da kann sich wohl jeder seinen Teil denken.“ Seufzend nicktest du. „Darum hat meine Wenigkeit auch erwartet, dass du nochmal herkommst. Aber aussöhnen willst du dich wohl nicht.“ Seine Augen verengten sich, als du erneut den Kopf schütteltest. „Nein, will ich nicht. Er hat einen Fehler gemacht und hielt es nicht einmal für nötig, sich zu entschuldigen. Ich bin wegen hier dir.“ Während ihr spracht, führte Ayato dich in den Salon. Hier hatte er wohl bis eben gedöst. Zumindest ließen die zerknautschten Sofakissen darauf schließen. Erst als ihr beide Platz genommen hattet, ergriff Ayato als Erster wieder das Wort. „Du bist wegen dem Weihnachtsabend hier.“ Nun war es an dir, erstaunt dreinzuschauen. Automatisch nicktest du. „Tch... Was hat mich verraten?“ Dass es so einfach wäre, ihn dazu zu bringen, zuzugeben, dass er der Verehrer war, hattest du nicht erwartet. Eher im Gegenteil hättest du gedacht, er würde es vehement abstreiten. Schließlich hatte „seine Wenigkeit“ so etwas ja nicht nötig und lief einer „Chichinashi“ nicht nach. Richtig? Scheinbar falsch. „Du hättest eher kommen sollen, Chichinashi. Meine Wenigkeit hat gewartet.“ Von einem Moment auf den anderen klang er nun schon beinahe verärgert. Sein Blick war bei seinen Worten zu den Sofakissen gewandert. Schlief er deshalb hier, damit er als erster an der Tür war, wenn du kamst? Dein Herz machte einen Satz und begann zu rasen, dass die das Blut in die Wangen schoss. „I-ich...“, begannst du unsicher und sahst vorsichtig zu ihm auf. Ayatos Blick lag nun wieder auf dir, abwartend, schon beinahe lauernd. Erst jetzt fiel dir auch auf, dass um seinen Hals die kleine Phiole baumelte, die du ihm und den anderen zu Weihnachten als Geschenk dagelassen hattest. „Ich war nicht sicher, ob du es wirklich gewesen bist. Ich habe den Brief und die Rose erst am Morgen darauf gefunden und die Schrift ist sehr verwaschen vom Schnee.“ Du zogst den Brief auf der Tasche und faltetest ihn auseinander. „Wirf das weg“, kommandierte Ayato in schon fast genervtem Ton, was dich veranlasste, die Wangen empört aufzublasen. „Nein! Wieso sollte ich?“, protestiertest du sofort. Für dich war dieser Brief wichtig, ein Zeichen seiner Zuneigung. Den warfst du doch nicht weg! Auf Ayatos Wangen lag nun ein leichter Schimmer von Rot. War ihm das etwa peinlich? Du presstest die Lippen auf einander, um nicht zu kichern. Das war wirklich süß! Er tat immer so arrogant und überheblich, aber hier zeigte sich seine süße, liebevolle Seite. Eine Seite, die er nicht jedem zeigte und die du unmöglich übersehen konntest. Der echte Ayato unter den harschen Worten „seiner Wenigkeit“. „Ayato, ich fi-“ Du unterbrachst dich selbst, als sich der Vampir unvermittelt zu dir lehnte, so nah, dass eure Nasenspitzen sich berührten und du seinen Atem spüren konntest. Du hingegen hieltest deinen automatisch an. „Meine Wenigkeit sagte, du sollst das wegwerfen. Das brauchst du nicht mehr, Chichinashi.“ Du brachtest keinen Ton heraus, doch deine Miene verriet wohl, dass seine Worte dir nur ein Rätsel aufgaben. „Tch! Du hast jetzt meine Wenigkeit als Original. Da brauchst du so ein labbiges Stück Papier nicht mehr, Chichinashi!“ Er nahm dir den Brief aus den Fingern, ehe du protestieren konntest und zerriss ihn einfach. Enttäuscht folgte dein Blick den kleinen weißen Schnipseln, als diese zu Boden rieselten. „Ayato! Ich wollte ihn be-“ Und wieder kamst du nicht dazu, auszusprechen. Dieses Mal unterbrach dich Ayato allerdings nicht mit Worten, sondern mit Taten. Warm und weich, aber auch fordernd legten seine Lippen sich auf deine und im gleichen Moment schlang sich auch ein festes Paar Arme um dich. Selbst, wenn du gewollt hättest, hättest du dich kaum wehren können. Deine Augen schlossen sich wie von selbst und die Umgebung verschwamm völlig aus deinem Bewusstsein und nur Ayato blieb. In deiner Brust jagte dein Herz nur so und schlug Purzelbäume, ließ deinen Puls rasen, während Ayatos Zunge über deine Lippen fuhr und du sogar kaum merklich seine spitzen Eckzähne an deiner Unterlippe spüren konntest. Er versuchte jedoch nicht, dich zu beißen. Ein wenig überraschte dich das sogar. Immerhin war Ayato... nun ja... eben Ayato. Seine Wenigkeit dachte in erster Linie an sich, doch hier und jetzt hielt er sich zurück und zeigte dir reine Zuneigung, keine Gewalt, kein Zwang und keinen Blutdurst. Etwas, dass du ihm weniger als jedem anderen hier zugetraut hättest. Deine Lippen formten ein Lächeln, noch ehe der Kuss nach einer Weile brach, die ebenso gut Sekunden wie Stunden hätte sein können. „Du hast nur diese eine Chance, Chichinashi: Lauf weg oder du gehörst meiner Wenigkeit!“ Es klang zwar stimmlich wie eine Warnung, doch für dich klang es dennoch eher wie ein Versprechen. Du machtest keine Anstalten, auch nur aufzustehen. Ayato schnalzte mit der Zunge. „Hast du verstanden?“ Du nicktest und musstest grinsen. „Ja. Habe ich.“ Einen Moment war es still zwischen euch. Dann grinste auch Ayato breit. „Unsere Wenigkeiten sollten die restlichen Takoyaki aus dem Kühlschrank holen.“ Takoyaki. Was auch sonst? Aber das war wohl Ayatos Art eines Festessens. Grinsend folgtest du ihm, deine Hand in seiner, die dich so festhielt, als wolle er allein dadurch beweisen, dass er sein Versprechen halten würde und dich nie wieder gehen ließe. Laito mochte dich nicht geliebt haben, aber seinem Bruder glaubtest du. Deine Augen schlossen sich wie von selbst, denn in deinem Herzen wusstest du, dass das hier funktionieren könnte, dass diese Liebe erblühen könnte. ❤ The End ❤ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)