Technische Probleme von Peacer ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Es war ein typischer Wintertag mit idealem Wetter zum Skifahren. Die Sonne schien, die Temperatur lag um den Nullpunkt, die Pisten waren mit perfektem Pulverschnee bedeckt, der ganz frisch letzte Nacht erst gefallen war, es war windstill und nur wenige Leute waren unterwegs. Viel besser konnte es nicht kommen, spekulierte Artemis, als er missmutig Butler hinterher zum Skilift stapfte. Nicht einmal ihm fiel bei den perfekten Konditionen eine passende Ausrede ein, um dem verhassten Sport zu entgehen. Zumindest keine, die Butler akzeptieren würde. Sein Leibwächter hatte es sich in den Kopf gesetzt, Artemis frischer Luft und sportlicher Aktivität auszusetzen, zu seinem eigenen Wohl, wie er behauptete. Er schnaubte. Als ob er nicht wüsste, was gut für ihn war. Frische Luft bekam er auch, indems er das Fenster in seinem Büro öffnete und seine Zwillingsbrüder hielten ihn genug auf Trab, als dass seine Quote an sportlicher Aktivität mehr als nur erfüllt war. Aber Butler konnte richtig stur sein und war, hatte er einmal ein Vorhaben gefasst, nur sehr schwer wieder davon abzubringen. Artemis lächelte schmal, sich vollkommen bewusst, wie er sich gerade auf seinen besten Freund projizierte. Basis Psychologie. Fakt war, dass er Butlers Vorgesetzter war und ein Befehl genügen würde, um ihn aus dieser prekären Lage zu befreien. Aber das wäre geschummelt und Artemis war niemand, der sich auf eine solch mondäne Handelsweise herablassen würde. Ihm war auch vollkommen klar, dass das nur eine Entschuldigung dafür war, dass er Butler diesen Wunsch einfach nicht abschlagen konnte. Gegen Emotionen und Freundschaft kam selbst seine Logik nicht an. Er fragte sich, ob er sich jemals daran gewöhnen würde. Oder es überhaupt wollte. Also stapfte er seinem Leibwächter nach, seinem Schicksal ergeben. Die Ski lagen schwer auf der Schulter und er bereute seine Entscheidung, anderen Erfindungen als seinem eigenem Designs eines Mondgürtels Vorrang gegeben zu haben. Dieser wäre hier äußerst vorteilhaft gewesen. Natürlich hätte er auch hier wieder ganz einfach Butler um Hilfe beten können, aber auch dafür hatte er eine Entschuldigung parat: sein Leibwächter war zwar nach wie vor ein ernstzunehmendes Muskelpaket, aber die Kevlar Wunde nach seiner Wiederbelebung schränkte ihn doch ein, und er schleppte schon sein eigenes Snowboard plus einen Rucksack voll Material,welches Artemis für seine geplanten Analysen am Gipfel des Berges benötigen würde. Es hatte bestimmt nichts mit dem deplatzierten Stolz eines Teenagers zu tun. Er war erhaben über seine Hormone. Daher schob er die leichte Erhöhung seiner Herzfrequenz beim Anblick seiner besten Freundin auch auf den anstrengenden Anstieg. Mit Ballast. Schließlich war er nicht in Form, wie Butler nie versäumte, ihm mitzuteilen. Holly wartete am Skilift auf sie, schon bereit in ihre Ski geschnallt, spitze Ohren unter einer langen Mütze verborgen, die in einem flauschigen Baumel endete und in ein knallbuntes Hello Kitty Skioutfit gekleidet, welches mehrere Funktionen diente: erstens war es eine perfekte Tarnung, sie dank ihrer Größe als menschliches Kind durchgehen zu lassen und zweites trug es zudem dazu bei, ihre ganz und gar nicht kindlichen Kurven einer erwachsenen Frau gekonnt zu verbergen. Für Außenstehende war Holly nur ein fröhliches Kind, welches auf Hello Kitty stand. Für Artemis war es seine beste Freundin und mutigste LEP Offizierin, die er kannte. Sie hüpfte freudig zu ihnen rüber, ganz in ihrer Rolle, und umarmte zuerst Butler, dann ihn stürmisch und mit einem Grinsen im Gesicht, welches die meisten Goblins schlagartig die Flucht hätte antreten lassen. Die Umarmung zumindest war aber ehrlich gemeint. „Ich freu mich so, euch zu sehen“, zwitscherte sie vergnügt und nur jahrelange Bekanntschaft mit der Elfin und sein psychologischer Hintergrund erlaubten es ihm, den Subtext herauszulesen. Nun ja, der vielsagende Blick trug ebenfalls dazu bei. 'Ich hätte nicht gedacht, dass du tatsächlich dein Zimmer verlassen würdest.' Artemis tätschelte Holly großmütig den Kopf, innerlich grinsend, dass sie dank ihrer Tarnung nicht wirklich dagegen protestieren konnte. Wie ihr Grinsen gefährlich zuckte bemerkte er trotzdem. „Ich hätte den Ausflug um nichts in der Welt verpasst.“ Auch Holly kannte ihn lange genug, um das angedeutete 'dafür hat Butler schon gesorgt' heraus zu hören. Was sie ebenfalls hörte, vollkommen unbeabsichtigt von seiner Seite aus natürlich, war die ehrliche Freude über die Zusammenkunft. Die Tage ihrer Abenteuer mochten etwas zurückliegen und ihr Leben war langsam aber sicher ruhiger geworden, aber trotzdem war es schwer, Treffen zwischen Elfen und Menschen zu organisieren. Schlussendlich war es einfacher gewesen, als sie die Welt retten mussten als nun, da sie keinen zwingenden Grund mehr hatten. Hollys Lächeln wurde eine Spur wärmer und sie hakte sich bei ihm ein und packte Butlers Skijacke, bei dem dank seiner Höhe es ohne unangenehme Verrenkung unmöglich war, sich einzuhaken. „Wollen wir?“ Artemis seufzte, stieg aber ergeben in seine Ski während Butler sein Snowboard befestigte und einen Augenblick später begaben sie sich auch schon zum Skilift, der sie hoch in die schneebedeckten Berge führen würde. Artemis hielt an dem Gedanken an sein geplantes Experiment fest, um sich zu motivieren. Wie sich herausstellte war es ein Lift mit nur zwei Sitzen, und auch wenn Holly klein genug war, um im Normalfall problemlos zwischen zwei Personen Platz zu nehmen, war Butler im Gegensatz groß genug, um einen eigenen Zweisitzer für sich in Anspruch zu nehmen. Daher war auch schnell entschieden, dass sein Leibwächter den nächsten Sessel nehmen würde. „Bitte versuche nicht deinen guten Lauf zu ruinieren und es zu schaffen, in den fünf Minuten Fahrt irgendwie in Gefahr zu geraten.“ Artemis schenkte ihm sein ehrlichstes Lächeln, was selbst durchweg teuflisch aussah. „Das würde mir im Traum nie einfallen.“ Butler war skeptisch, nickte aber Holly zu, welche ernst zurück nickte, ehe er sich hinter ihnen aufbaute. War für einen Laien wie ein unschuldiger Austausch aussah, zeugte für Artemis ein riesiges Vertrauen seitens Butler in Holly. Niemandem sonst würde er seinen Schützling anvertrauen, und sei es nur für eine kurze Fahrt im Skisessel. Natürlich konnte es nur schief gehen. „Niedliche Mütze“, grinste Holly vergnügt als sie nach vorne rutschten. Artemis zog sich die R2-D2 Mütze tiefer ins Gesicht. „Ein Geschenk von Beckett. Die Zwillinge sind zurzeit fasziniert von Star Wars.“ Holly hob eine Augenbraue. „Myles ebenfalls?“ „Er ist daran interessiert, sein eigenes Raumschiff zu bauen.“ „Sehr zu Becketts Leidwesen“, fügte Butler mit einem Grinsen hinzu. „Er versucht seinen Bruder davon zu überzeugen, lieber an einem Lichtschwert zu arbeiten.“ „Aber Myles erkennt natürlich keinen wissenschaftlich wertvollen Sinn dahinter“, meinte Artemis. „Natürlich.“ Holly schüttelte den Kopf. Familie Fowl, nie langweilig. Wie sie es vermisste. Nun gut, abgesehen von den Welt erschütternden Katastrophen, die der Familie auf Schritt und Tritt zu folgen schienen. Oder denen Artemis freiwillig nachjagte. Sie packte Artemis reflexartig am Arm, als dieser ins Straucheln geriet, und zog ihn nach vorne, wo es jetzt an ihnen war, in den nächsten Sitz zu steigen, der auch schon um die Ecke kam. Er verlangsamte, wahrscheinlich zu ihren Gunsten, aber sie hüpfte ohnehin problemlos auf ihren Platz. Artemis tat es ihr gleich, aber weitaus weniger elegant. Natürlich. Logik, aber keinen Furz Koordination. Die Skifahrt dürfte spannend werden. Es würde aber etwas dauern, bis sich Hollys Vermutung erfüllen würde. Ein Ruckeln ging durch den Skilift und dann stand alles still. Gleich darauf klingelte Artemis Handy und er hob augenblicklich ab. „...Artemis.“ Butler hatte die Stimme nicht mal erhoben, und trotzdem hörten sie ihn klar und deutlich, genau wie den anklagenden Unterton. Das Wunderkind – Teenager, vielmehr – hob abwehrend die Hände. „Ich habe nichts damit zu tun.“ Holly hob eine Augenbraue, ebenso skeptisch wie der Leibwächter im Sessel hinter ihnen. „Wir wissen beide, wie begeistert du vom Skifahren bist.“ „Natürlich“, gestand Artemis augenblicklich und machte eine wegwerfende Bewegung. „Aber ich würde mich nie zu einer solch niveaulosen Intervention herablassen. Skifahren mag ein mir unverständlicher Zeitvertreib sein, aber im Skilift hängen bleiben ist pure Zeitverschwendung, egal wie man es auch betrachtet.“ Das leuchtete Holly ein. Dennoch war sie noch nicht komplett überzeugt. Es handelte sich immerhin um Artemis und es wäre nicht das erste Mal, dass er sich mit wohl platzierten Worten aus irgendetwas herausredete. Trotzdem würde sie ihm glauben – vorerst. Aber wenn sie annahm, dass Artemis als Verdächtiger ausfiel... Ihr erster Gedanke war Opal Koboi, aber da beide Versionen von ihr bei ihrem letzten Plan das Zeitliche gesegnet hatten schied sie als Verdächtige aus. „Wer könnte es auf dich abgesehen haben?“ Artemis hob eine Augenbraue. „Wer nicht? Meine Geschäfte mögen mittlerweile weniger zwielichtig sein, aber die Fowls sind noch immer eine reiche und einflussreiche Familie. Feinde sind dabei nicht optional.“ Holly verzog das Gesicht. Wie wahr. Auch wenn Artemis in den letzten Jahren öfter den Helden als den Mafioso gespielt hatte, wusste die Menschheit nichts davon. „Das hier sieht mir nicht nach einem Plan eines Gegenspielers der Fowls aus“, meldete Butler sich über Handy zu Wort, welches Artemis noch immer in den Händen hielt. „Unnötig kompliziert. Man muss den Skilift nicht anhalten um uns auszuschalten.“ Holly fröstelte und es hatte nur teilweise mit dem kalten Wind zu tun, der ihr in dem ungeschützten Sessellift um den Kopf fegte. Sie waren wirklich ein gefundenes Fressen für Scharfschützen, aber da sie noch nicht durchlöchert waren, erschien ihr Butlers Annahme korrekt. „Vielleicht warten sie einfach ab, bis wir hier erfrieren“, beschwerte sie sich halblaut. „Viel zu umständlich“, antwortete Artemis. „Selbst wenn die Techniker das Problem nicht lösen können, würden sie ein Rettungsteam aussenden-“ „Es war ein Scherz, Artemis“, unterbrach Holly seine Erläuterung. Und stutzte. Artemis gemurmelte „Das wusste ich natürlich“ überhörte sie geflissentlich, als sie in den Taschen ihrer Skioutfits nach ihrem Kommunikationsgerät fischte, sich ihrer Handschuhe entledigte, das Gerät endlich zu packen bekam und eine vertraute Nummer wählte. „Das muss ein neuer Rekord sein“, wurde sogleich aufgehoben, „keine zwei Stunden und schon die Nase voll von Fowl?“ „Foaly.“ Artemis verstand Hollys Eingebung im selben Moment als er die Stimme des Zentaurs hörte. „Artemis, wie er leibt und lebt. Was hast du nun wieder angestellt?“ „Das wollte ich gerade eben dich fragen“, funkte Holly dazwischen. Kurze Stille. Dann ein absolut unglaubwürdiges „...Nichts?“ „Foaly“, knurrte Butler und das war Ansporn genug, um den schuldbewussten Zentaur zum Reden zu bringen. „Ich schwöre, ich hatte nicht geplant, den Alarm auszulösen, ich habe die Firewall unterschätzt, aber es ist jetzt wieder alles unter Kontrolle und woher wisst ihr überhaupt davon, solltet ihr nicht Skifahren gehen, bis dahin hätte ich alles beseitigt...“ „...Welche Firewall?“, fragte Holly verdutzt. Artemis hingegen grinste triumphierend. „Gegen meine Firewall kommst du nicht an, Foaly, gib es endlich auf.“ Der Zentaur prustete entrüstet, aber Artemis unterbrach ihn, ehe sie in ihr übliches Geplänkel, wer das größere Genie sei, ausbrechen konnten. „Ich nehme also an, dass du nichts mir dem Ausfallen unseres Skilifts zu tun hast?“ „Häh?“, kam die geistreiche Antwort. „Warum sollte ich?“ Holly wurde plötzlich warm um die Ohren, als sie sich Artemis viel zu scharfem Blick entgegensah und druckste ganz gegen ihre Art herum. „Ich dachte... du hattest mich geneckt von wegen Date mit Artemis und es hat einfach gepasst.“ Ein wieherndes Lachen ertönte. „Hah, Holly, du musst wirklich öfter ausgehen, wenn du im Skilift stecken bleiben für romantisch hältst. Dann wiederum, mit eurer Geschichte...“ Eifriges Tippen ertönte und einen Augenblick später setzte sich der Lift wieder in Bewegung. „Bitte sehr, ein banaler Fehler, den selbst Menschen irgendwann gelöst hätten. Und man hält mich für paranoid...“ „Danke Foaly“, meinte Holly, so kleinlaut wie die Elfe eben sein konnte. Dieser schnaubte. „Noch viel Spaß auf eurem Date!“ Damit hing er auf. „...Wir sind fast da“, murmelte Butler und hing ebenfalls auf. Artemis steckte das Handy mit einem Räuspern weg. „Nach all den Katastrophen ist normal, dass wir zuerst vom dem Schlimmsten ausgehen. Grundlegende Psychologie. Wir-“ „Halt den Mund“, grummelte Holly und vermied es gekonnt, ihn anzusehen. Sie würde diesen Berg in Rekordzeit herunterfahren und den anstrengenden Menschen hinter sich lassen. Sie schwiegen, während die Spitze des Berges und das Ende ihrer Fahrt immer näher kam. Artemis öffnete den Bügel – und griff nach ihrer Hand. Sie warf ihm einen skeptischen Blick zu. Wenn er glaubte, sie bräuchte Hilfe- Er lächelte, schmal aber ehrlich, und es war so ungewohnt dass ihr Ärger augenblicklich verpuffte. „Ein bisschen Hilfe beim Aussteigen?“ Sie grinste und drückte seine Hand. „Natürlich.“ Denn das war es, und beide wussten es. Holly hielt seine Hand, bis sie sicher angekommen waren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)