Guardian von Votani (Belze x Sephiria) ================================================================================ Kapitel 1: Guardian ------------------- Instrumentale Musik spielte aus den Lautsprechern an der hohen Decke, die sich weit über ihren Köpfen wölbte und der Halle einen goldgelben Glanz verlieh. Die seidenen Klänge von Violinen, Geigen und dem Piano unterlagen dem allgemeinen Stimmengewirr und den individuellen Dialogfetzen, welche von den unzähligen Gästen stammten, die sich an diesem Abend hier eingefunden hatten. Der jährliche Schneeball war ein heikles Spektakel, dem die Reichen und Schönen, vor allem aber die Einflussreichen, beiwohnten. Sie nippten an ihren Champagnergläsern, während hier und da die neusten Gerüchte und Geschehnisse ausgetauscht wurden. Während man übereinander tuschelte. Sephiria kannte diese Menschen, auch wenn sie sich nicht jedes Gesicht und jeden Namen ins Gedächtnis rufen konnte. Sie hatte ihr ganzes Leben schon in ihrer Anwesenheit verbracht, denn immerhin war sie das Gesicht von Chronos. Das Aushängeschild der mächtigen Organisation, die nicht nur in diesem Bezirk für Recht und Ordnung sorgte, sondern an unzähligen Orten wie diesem. Oftmals taten sie das mit dem Blut anderer oder dem ihren, denn die Numbers stellten keine gewöhnliche Einheit dar. Sephiria bezweifelte, dass auch nur einer auf diesem Fest wusste, wie sie ihre Ergebnisse erzielten. Es interessierte niemanden, solange die Wirtschaft angekurbelt und Terroristen geschnappt wurden, bevor sie zu vielen unschuldigen Menschen das Leben raubten. Verübeln tat sie es ihnen nicht. Viel eher beneidete Sephiria sie darum. In Momenten wie diesen wunderte sie sich, wie es wäre eine von ihnen zu sein und ausgelassen diesen Festigkeiten beizuwohnen, den Blicken ausweichen zu können. Sie drehte das Champagnerglas in den Fingern hin und her, ohne dass die helle Flüssigkeit gegen den Rand schwappte oder sich im Glas bewegte. Doch ihre hellen Augen hingen an dem Gentleman, der einen azurblauen Anzug trug und dessen schwarze Haare mit Grau durchzogen waren. Rostek bewegte sich mit langen Schritten auf sie zu, die von Selbstbewusstsein und Eleganz strotzten. Der Bürgermeister dieses Bezirks war ein stattlicher Mann, der mit seiner Größe aber nicht gänzlich an Belze heranreichte, der neben ihr stand. Belze war ihr stummer Wächter, ganz besonders während einer Veranstaltung wie dieser, an dem Sephiria den Schutz, den ihr Schwert und ihr Mantel ihr gaben, ablegen musste. Das seidene Abendkleid, welches sie trug, war angemessen und luftig-locker, doch es machte sie auch verletzlich. Nicht in ihren eigenen Augen, sondern in den Augen anderer, die sie ohnehin nur als eine junge Frau ansahen, die ein Symbol, aber keine Autoritätsperson war. „Ah, Sephiria...“, grüßte Rostek und griff vergnügt nach ihrer freien Hand, um einen Kuss auf ihren Rücken zu hauchen. „Du siehst jedes Jahr bezaubernder aus, meine Liebe.“ Ein Lächeln zeigte sich auf ihren Lippen und sie senkte den Kopf ein wenig. „Vielen Dank, Rostek. Wie ich sehe, gibt es keine Wahl, die du nicht gewinnen kannst.“ Das konnte aber auch genauso gut damit zusammenhängen, dass es in dieser Stadt kein Limit gab und Politiker wie Rostek auch für Jahrzehnte an der Macht bleiben konnten. Zumindest galt das für Politiker, die mit Chronos zusammenarbeiteten und nicht ihre eigenen korrupten Spielchen betrieben. Rostek war eines der Schoßhündchen von Chronos und sein unebenes Schmunzeln auf ihre Worte hin verriet es. „Ich bin eben ein Menschenfreund“, erwiderte er. „Meine Bürger wissen, dass ihr Wohl mir am Herzen liegt.“ Sein Blick huschte an Sephiria vorbei, während sein Finger seinen buschigen Schnauzbart glatt strichen. „Belze, wenn ich mich recht erinnere“, wandte er sich an ihre rechte Hand. „Freut mich, Sie wiederzusehen.“ Rostek streckte ihm die Hand aus und Belze schüttelte sie kurz, schweigend und stattdessen nur mit einem Nicken antwortend. Er trug seinen üblichen Anzug mit dem dunklen Mantel darüber, in dessen Taschen er seine Hände nun vergrub. Nur die Lanze hatte er im Kofferraum der Limousine gelassen, in der David und Naizer sie hergefahren hatten. Sie konnte ihre beiden Agenten in der Ferne an einem der Buffetstände erkennen. David füllte sich einen Teller auf, während Naizer sich mit einer unangezündeten Zigarre in der Hand mit einem der Herrschaften unterhielt. „Sagen Sie, Belze, bei Chronos ist alles im Reinen?“, erkundigte sich Rostek, der inzwischen gänzlich an Sephiria vorbeigetreten war und anscheinend verdrängt hatte, dass sie überhaupt anwesend war. Belzes Gesicht blieb ausdruckslos, nur eine Augenbraue hob sich ein Stück. „Warum sollte nicht alles im Reinen sein, Rostek?“ Dieser zuckte mit den Schultern und rollte theatralisch mit den Augen. „Sie wissen doch, wie die Leute sind. Allerlei Gerüchte sind im Umlauf, seit die Apostel of the Stars auf der Bildfläche erschienen sind. Da macht man sich natürlich Gedanken...“ Er brach ab, um stattdessen Belze die Möglichkeit zu geben, sich dazu zu äußern. Belze schnaubte verächtlich, blieb jedoch still. „Was? Bedeutet das, dass es nur Übertreibungen sind? Hat Chronos die Übeltäter bereits eliminiert? Das würde jedenfalls bedeuten, dass wir alle wieder ruhiger schlafen können.“ Rostek stieß ein raues Lachen aus, welches von Belze sogleich unterbrochen wurde. „Es bedeutet, dass das Informationen sind, die niemanden außerhalb von Chronos etwas angehen. Außerdem ist unsere Kommandantin die Einzige, die alle Informationen hat. Wenn du etwas wissen willst, solltest du Sephiria fragen, Rostek“, erklärte Belze und der heitere Ausdruck fiel wie eine Maske bei diesen schroffen Worten von Rosteks Gesicht. Sephiria versteckte die gehobenen Mundwinkel hinter ihrem Glas, als sie es an ihre Lippen setzte. „Belze spricht wie immer die Wahrheit“, fügte sie anschließend hinzu. „Diese Organisation ist nichts, worüber du dir den Kopf zerbrechen musst. Immerhin hast du bestimmt auch so bei all der Verantwortung schon schlaflose Nächte.“ Sie lächelte schmal, bevor sie dem vorbeigehenden Kellner mit freundlicher Handgeste zu verstehen gab, dass er doch ihr Glas mitnehmen konnte. „Nun entschuldige uns, Rostek. Es wird Zeit für uns zu gehen.“ Sephiria reichte ihm die Hand, die er verdattert an seine Lippen führte, um abermals in altmodischer Geste ihren Handrücken zu küssen. Sich von dem Politiker abwendend suchte sich Sephiria den Weg zwischen den anderen Gästen hindurch, um den Ausgang zu erreichen. Belze ging hinterher, ein lautloser Schatten. Nur die gemurmelten Worte bestätigten Sephiria, dass er Naizer und David zu verstehen gab, dass sie sich draußen treffen würden. Die Vorhalle war genauso festig geschmückt, wie der eigentliche Innenraum es gewesen war. Girlanden hingen an der Decke, während teure Gemälde von weltberühmten Künstlern die Wände zierten und helle Teppiche ihre Schritte verschluckten. Sephiria hatte keinen Blick für die Inneneinrichtung übrig, denn ihre Augen galten nur den Schwingtüren, die aus Glas gefertigt waren. Frost hatte sich in ihren Ecken gebildet, während hinter ihnen die nächtliche Dunkelheit lauerte. Die eisige Luft, die sie erfasste, fühlte sich im ersten Moment nicht kalt an. Sie war befreiend, obwohl das samtige Abendkleid nichts dazu beitrug, sie warm zu halten. Ein kleiner Weg war im Schnee freigeschaufelt worden, der direkt zur Auffahrt führte, die im Augenblick noch verlassen war, da Naizer und David die Limousine erst vorfahren mussten. Flocken fielen im stetigen Takt vom grauen Himmel, genauso still und leise wie Belze es war, als er neben ihr zum Stehen kam und ihr den mitgebrachten Wintermantel um die Schultern legte. Sie hatte ihn vergessen, denn Veranstaltungen wie diese waren schlimmer, als dem stärksten Feind auf dem Schlachtfeld gegenüberzustehen. Sephiria würde ihr Leben für Chronos geben, aber in den Augen dieser Menschen dort drinnen war sie nichts weiter als eine hübsche Frau, die nichts im Kopf hatte und die kein Schwert führen konnte. Die Meinungen anderer sollten sie nicht kümmern, taten es die meiste Zeit über auch nicht. Nur dann, wenn sie sich in ihre Welt begab, in sie eintauchte und das Gefühl hatte in ihr zu ertrinken. „Danke“, murmelte sie, den Blick auf die kahle Landschaft gerichtet, die sich verschneit und dunkel vor ihnen abzeichnete. Sie zog den Mantel enger um ihre Schultern, während Belze die Hände wieder in den Taschen seines eigenen schob und ihrem Blick folgte. „Wofür?“ Sephiria lächelte. „Dafür, dass du heute Abend mitgekommen bist, obwohl du solche Veranstaltungen nicht magst.“ Neben ihr deutete Belze ein Schulterzucken an. „Es ist Teil meiner Verantwortung“, sagte er und Stille kehrte ein, die Belze jedoch nach einigen Sekunden wieder durchbrach. „Außerdem... meine Abneigung gegenüber solchen Veranstaltungen ist nicht so ausgeprägt wie deine, wenn ich mich recht erinnere.“ Am Ende der Auffahrt zerschnitten Scheinwerfer das Dunkel und die Limousine rollte auf sie zu. Belze öffnete ihr die Autotür, doch Sephiria hielt noch einmal inne, bevor sie einstieg. Ihre Hand berührte seine am Türgriff, ihre Finger auf der römischen Zwei, die dort eintätowiert war. „Du kennst mich scheinbar zu gut“, sagte sie und lächelte. Belze schnaufte belustigt und stieg hinter ihr in die Limousine. Die Tür zog er mit einem Knall zu, der die eisige Winterkälte aussperrte. Die Heizung lief im Inneren und Jazz spielte im Hintergrund, Naizers Lieblingsmusik. Die ungerauchte Zigarre steckte im Mundwinkel, als er einen Blick in den Rückspiegel warf. „Zurück zur Filiale?“ Sephiria nickte. „Ich denke, der Abend war lang genug.“ „Das kannst du laut sagen, Sephiria“, gluckste David vom Beifahrersitz. Seine Dreadlocks hingen ihm lässig über die Schultern und er balancierte einen Teller mit Delikatessen auf dem Handballen, als er sich halb zu ihnen herumdrehte und ihnen ein breites Grinsen schenkte. „All diese aufgeblasenen Schnösel... Das ist einfach nicht unsere Szene, was?“ „Richtig, David“, antwortete Sephiria, ehe Naizer das dunkle Glas hochfuhr, welches die Vordersitze von der restlichen Limousine trennte und Belze und ihr etwas Privatsphäre und Ruhe verlieh. Sephiria lehnte sich nach hinten, die hellen Augen aus dem Seitenfenster gerichtet, als sie losfuhren, während Belze stillschweigend neben ihr saß. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)