Pay me in Taiyaki von Puppenspieler ================================================================================ One-Shot -------- „Das ist nicht dein Ernst.“   Shiro gab einen unzufriedenen, fast gedemütigten Laut von sich. Asugi grinste um den Stiel eines Lutschers herum, seine Augen blitzten vor schlecht verstecktem Amüsement – so wie Shiro ihn kannte, wollte er es aber auch gar nicht verstecken. Er bereute es jetzt schon. Ehrlich. Aber es war seine einzige Chance, und er konnte niemanden sonst fragen, und– Er warf ergeben die Hände in die Luft. „Doch, ist es! Komm schon, Asugi!“ Der elende Mistkerl lachte nur amüsiert. Er erhob sich elegant von dem Sitzkissen, auf dem er gerade noch gesessen hatte, verschränkte die Hände hinter dem Rücken und begann, gemächlich durch den Raum zu laufen.   „Lass mich sicherstellen, dass ich dich verstanden habe.“   Wenn er Asugi nicht lebendig bräuchte, Shiro hätte gute Lust– Ihm zumindest seine Süßigkeitenvorräte zu klauen und sie in den nächsten Fluss zu kippen. Das war eine Strafe, die Asugis unangemessener Freude angemessen war.   „Du hast einen Auftrag, den ich erfüllen soll.“ „Genau.“ „Ich soll deine Verlobte ausspionieren.“ „Mh-hm.“  „Und einen Grund finden, wieso du sie nicht heiraten solltest.“ „Ja doch, verdammt!“   Asugi kicherte, ein schadenfrohes, boshaftes Geräusch, das Shiro an die Dämonen aus alten Kindergeschichten erinnerte. Er konnte den Tag nicht erwarten, an dem Asugi vor dem Problem einer ungewollten Verlobten stand. Er hoffte, dieser Tag würde kommen. So, wie er Asugis Vater kannte… vielleicht? Die Linie der Saizo musste schließlich weitergeführt werden, und bisher hatte Shiro nicht den Eindruck gehabt, dass sich Asugi zwischen Spionage und Süßigkeiten jemals Gedanken darum machte, sein Erbe weiterzugeben.   „Warum tust du es nicht selbst?“ „Weil ich kein Ninja bin! Außerdem liegen dir die Mädchen eh zu Füßen.“ „Du meinst wohl eher meinen Süßigkeiten.“   Asugi grinste süffisant. Langsam fragte Shiro sich, ob es im Endeffekt nicht gesünder für seine Nerven wäre, einfach das Mädchen zu heiraten, das sein Vater ihm ausgesucht hatte, aber – er wollte es nicht! Sie war ihm alles andere als sympathisch, irgendeine Tochter irgendeines aufstrebenden Reiches, zu dem Hoshido ein Bündnis erhoffte, ehe es stark genug wurde, um eine Bedrohung zu werden. Als ob man es nicht einfach in seine Schranken weisen könnte, wenn es jemals so weit käme! Auch wenn Shiro wusste, dass es nicht die sinnvollste war, für ihn war Draufhauen immer noch die beste Politik. Er würde seine Kinder sicher nicht zum Heiraten zwingen!   „Also, tust du’s?“ „Wieso fragst du nicht deine Mutter?“ „Hä?“ „Ach komm schon. Kann sie nicht mit ihren Weissagungen einfach… vorhersehen, dass ihr keine glückliche Zukunft habt und gut ist?“   Shiro grimassierte, schüttelte den Kopf. Natürlich hatte er seine Mutter gefragt! Sie war seine erste Anlaufstelle gewesen, schon alleine, weil er geahnt hatte, dass Asugi viel zu viel Freude daraus ziehen würde, ihn zu necken. Freundschaft hin oder her, Asugi schien der Meinung zu sein, es täte ihm nur ganz gut, jemanden zu haben, der ihn ab und zu daran erinnerte, dass auch ein Königssohn kein unantastbarer Gott war. Oder so ähnlich. Shiro war sich sehr sicher, dass die ganze Argumentation eine reine, fadenscheinige Ausrede dafür war, dass Asugi ein gemeiner Kerl war.   In jedem Fall hatte seine Mutter ihm nicht helfen können. Nicht helfen wollen. Irgendetwas dazwischen, und eigentlich fand Shiro es sogar nicht einmal falsch.   „Sie sagt, ich muss meine eigene Zukunft bestimmen.“ „Weise Frau.“ „Hmpf. Natürlich! … Komm schon, Asugi!“ „Bin doch hier.“ „Du weißt, was ich meine! Es ist doch quasi deine Pflicht, mir zu helfen?“ „Hmm~? Aber warst nicht du es, der mich als Getreuen abgelehnt hat?“   Frustriert griff Shiro nach einem Sitzkissen und schleuderte es Asugi entgegen. Der Andere sah kaum hin, als er völlig selbstverständlich auswich. Verdammte Ninja und ihre verdammten Reflexe.   „Weil du mein Freund bist, du Trottel!“ „Oh. Ach so.“ „Ich bezahl dich auch!“ „Dir ist schon klar, dass ich genug– … Einverstanden.“ „…Einverstanden?“ „Ja. Ich mach’s. Ich seh zu, dass ich irgendeinen Dreck im Leben deiner Verlobten finde, damit du sie loswirst. Vorausgesetzt, es gibt diesen Dreck überhaupt.“ „Wie viel willst du?“   Asugis Lachen klang selten unheilverkündender.   „Ich hab genug Geld, also…“ „Also. Also was?“  „Vater hat mir so viel Arbeit hingeklatscht, dass ich kaum noch Zeit für private Spielereien habe. Du könntest mir aushelfen.“ „…“ „Also?“ „Was willst du, Asugi?“ „Erinnerst du dich an das Taiyaki-Rezept, von dem ich dir letztens erzählt habe?“   Natürlich erinnerte Shiro sich. Er hörte zu, wenn Asugi redete! Auch wenn es ungefähr dreiviertel der Zeit um Süßigkeiten ging und das andere Viertel möglichst vage gehaltene Erzählungen seiner letzten ermüdenden Spionagearbeit war. Er schluckte, reckte das Kinn vor. Verschränkte die Arme vor der Brust, wie sein Vater es oft tat; dummerweise zweifelte er sogar selbst daran, dass er eine ähnlich eindrucksvolle Gestalt damit abgab. „Und weiter?“ Asugis Grinsen wurde breiter und breiter. Er nahm den inzwischen blanken Lutscherstiel aus dem Mund und ließ ihn in einer Tasche an seiner Kleidung verschwinden, aus der er bei der Gelegenheit noch neue Süßigkeiten hervorzauberte. Als wäre Shiro gar nicht anwesend, nahm er sich alle Zeit der Welt, um Lutscher und Bonbon von ihrem Papier zu befreien. Bald ragte wieder ein Stiel zwischen seinen Lippen hervor, während er immer noch grinsend auf Shiro zutrat. Das Bonbon landete in Shiros Mund. Es war süß, ein bisschen herb. Seine Lieblingssorte. Ein stummes Friedensangebot, oder vielleicht eine Entschädigung für die Folter, die Asugi sich für ihn ausgedacht hatte. Vielleicht auch nur der übliche Drang, Süßigkeiten zu verteilen, wenn es sich ergab. Es besserte Shiros Laune zumindest weit genug, dass er Asugi nicht doch noch mit der Naginata durch den ganzen Palast jagte für seine Abschiedsworte:   „Viel Spaß beim Backen, mein Prinz.“     ***     Es konnte nicht so schwer sein.   Was Taiyaki überhaupt sein sollte, wusste Shiro immerhin. Fischförmige kleine Küchlein, die gefüllt waren mit einer süßen Paste aus roten Bohnen. Sehr zu seiner Erleichterung bot die Palastküche einen ausreichenden Vorrat an entsprechender Paste, denn Asugis großartiges Rezept verriet ihm zwar, wie man sie selbst herstellen konnte, aber nein. Das war ihm dann doch ein bisschen zu hoch! Er war kein Bäcker! Der einzige Anlass, zu dem er in der Küche stand, waren die Geburtstagskuchen, die er mit Asugis sehr tatkräftiger Unterstützung und Anleitung seit zwei Jahren für seine Mutter backte, seit er von Nohrs kleinem Prinzen Forrest von diesem Brauch gehört hatte. Aber eben – bisher hatte er immer Asugi an seiner Seite gehabt, der ihm jeden Schritt diktierte.   Jetzt hatte er ein Rezept, das ausgesprochen gnadenlos einsilbig war und im Gegensatz zu seinem Verfasser überhaupt nicht geneigt war, auf zusätzliche Fragen einzugehen.   Dabei hatte Shiro genug davon. Oder vielmehr, er hatte eine Frage. Eine Frage, die das gesamte Vorhaben schon direkt zu Beginn ins Wanken bringen wollte.   Wie bekam er den Teig in Fischform?!   Er hatte keine Ahnung.   Vermutlich war es gar nicht so schwer. Vermutlich konnte man aus dem Teig am Ende einfach Fische formen. Asugi hatte unglaublich geschickte Hände, natürlich bekam der so etwas hin. Bei Shiro würde es vermutlich nicht halb so hübsch aussehen, aber darum ging es ja auch nicht! Er war eben kein Künstler. Und normalerweise waren es doch sonst auch nur die Leute, die dazu ausgebildet waren oder viel Übung hatten, die Taiyaki machten, nicht wahr?   Ermutigt von dem Gedanken  machte er sich daran, das Rezept befolgend den Teig herzustellen. Es war überraschend einfach, die wenigen Zutaten zusammenzurühren, und– Es war viel zu flüssig. Aus diesem Teig würde Shiro gar nichts formen können.   War das wirklich richtig so? Stirnrunzelnd betrachtete er die Schüssel mit der beigefarbenen Pampe, kratzte sich am Hinterkopf. Er könnte jemanden fragen, der es besser wusste als er selbst, aber – dafür war er viel zu stolz. Und wen auch? Mitama würde ihm nur so konfus antworten, dass er kein Wort verstand, Caeldori hatte sicher viel zu viel zu tun, um ihm beim Backen zu helfen… Es musste anders gehen. Er überprüfte das Rezept. Einmal. Zweimal. Dreimal. Aber so oft er auch schaute, das Verhältnis von Flüssigkeit und festen Zutaten veränderte sich nicht, also hatte er alles richtig gemacht. Es sollte also ein flüssiger Teig sein. Aus dem man keine Fische formen konnte.   Er könnte Teigfladen über dem Herdfeuer backen. Wenn er vorsichtig genug mit der Schöpfkelle war, könnte er sie auch in Fischform bringen. Keineswegs so meisterlich, wie Asugi das tat, aber – das hatte er auch gar nicht vor. Er wusste, dass das ein unerreichbares Ziel war.   Der erste Versuch war nicht einmal mit viel Fantasie etwas Fischähnliches. Nicht einmal etwas Kreisähnliches. Es war einfach nur… eine unförmige Pfütze. Der zweite Versuch sah wenig besser aus, aber nach dem fünften Mal, dass Shiro frustriert einen Teigfladen zur Seite bugsierte, hatte er immerhin etwas, das eine Form hatte. Keine Fischform. Es sah eher aus wie Onkel Takumi. Die nächsten drei Versuche endeten genauso. Shiro war einfach kein Künstler. Und er hatte nicht vor, Asugi das Antlitz seines Onkels auf dem Teller zu servieren, also verwarf er den ganzen Plan.   Er wollte es nicht zugeben. Er wollte es nicht einmal einsehen. Er hatte extra seine Glücksbringerunterwäsche angezogen!   Aber er kam hier alleine nicht mehr weiter.   Er brauchte Hilfe.     ***     Es ging um eine Form von Malerei. Es war naheliegend gewesen, Kagero zu fragen. Jeder im Palast wusste, dass sie sich gern künstlerisch entfaltete. Auch wenn die Frau ihn mit einem verwirrten Stirnrunzeln bedachte, sie folgte seiner Bitte. „Ich warne dich. Meine Kunst ist eigenwillig.“ Shiro glaubte nicht, dass es ein Problem war. Es ging nur um einen Fisch!   Am Ende war sein Onkel Takumi näher an allem Fischigen dran als das Kunstwerk, das Kagero zustande brachte. Es war bestimmt sehr… künstlerisch, aber Shiro erkannte nichts in den aufwändigen Schnörkeln ihrer Teigmalerei. Und vor allem erkannte er darin überhaupt keine Kreatur, die im Wasser heimisch war. Nicht einmal solche, die es den Legenden nach waren. Resigniert entließ er Kagero mit einem müden Dank wieder, wandte sich stirnrunzelnd zurück an seine Aufgabe. Die Küche sah aus wie ein Schlachtfeld. Überall waren die gescheiterten Teigfladen gestapelt, auf halbem Wege hatte er einen Mehlsack umgeworfen. Die Teigschüssel war wieder einmal leer. Er würde neuen Teig anrühren müssen, um es dann noch einmal zu versuchen.   Und dann?   Er konnte offensichtlich keine Fische aus Teig malen. Er konnte auch niemanden fragen, es für ihn zu tun, denn er kannte nicht gerade sonderlich viele Künstler in seinem Umfeld. Vielleicht jemand, der gut in Kalligraphie war… Nein. Es musste einen anderen Weg geben. Einen besseren Weg. Einen Weg, mit dem Shiro selbst in der Lage war, Fische zustande zu bringen, damit Asugi ihn am Ende nicht damit aufzog, dass er seinen Teil der Vereinbarung gar nicht wirklich eingehalten hatte, hatte er sich doch zu viel helfen lassen.   Er wusste sogar, wie er es schaffen konnte.   Er brauchte zwar Hilfe dabei. Aber nur vorbereitend. Niemand konnte ihm das verbieten, oder? Vielleicht machte Asugi es doch sogar genauso! Shiro war eigentlich davon überzeugt. Es gab keine andere Lösung. Und gäbe es eine, er hätte es doch in sein Rezept schreiben können. Missmutig sah er zu entsprechendem Papier hinüber, das unschuldig und mehlbefleckt auf der Arbeitsplatte lag. Heiraten wäre so viel einfacher gewesen… Und so viel furchtbarer. Kopfschüttelnd schob Shiro alle Gedanken wieder von sich, die mit seiner Verlobten zu tun hatten, und griff beherzt nach dem Mehlsack. Die Schlacht war noch lange nicht verloren!     ***     „Du möchtest was?“   Shiro stand entschlossen vor seiner Mutter, die Schultern gestrafft, und sehr bemüht, sich in aller Teigfleckigkeit noch einen Überrest seiner prinzlichen Würde zu bewahren. Es schien zu funktionieren, zumindest halbwegs, denn zumindest lachte die hübsche Frau nicht laut auf. Es blieb  bei dem Schmunzeln, das fast immer auf ihren Lippen lag. „Ich möchte“, wiederholte er, völlig seriös dabei klingend, „Dass du mir hilfst, Mutter.“ „Das habe ich verstanden, mein Schatz“, erwiderte sie. Ein Kichern hallte in ihren Worten nach, „Aber… Na schön.“ Sie schüttelte den Kopf, strich sich das lange Haar über die Schultern zurück und erhob sich von ihrem Kissen. Shiro fiel ein Stein vom Herzen. Er war froh, dass seine Mutter ihn nicht weiter hinterfragte. Er konnte es nicht erklären. Nicht im Detail zumindest.   Und wenn er erzählte, dass er Taiyaki für Asugi backte, würde sie wissen wollen, warum.   Er konnte ihr nicht die Wahrheit sagen. Er konnte nicht lügen, dafür kannte sie ihn zu gut.   Er konnte nur hoffen, dass sie ihn wirklich schweigend begleiten würde, ohne zu hinterfragen, was er genau mit der Aktion erreichen wollte. Zumindest bis zur Küche blieb er unbehelligt von weiteren Fragen. Seine Mutter sah immer noch amüsiert aus, als sie das Chaos begutachtete, das er bisher hinterlassen hatte. „Also irgendwie… was genau machst du hier noch gleich?“ Da war es. Die Frage. Shiro schluckte. Bemüht nonchalant lehnte er sich gegen den Küchentisch. „Taiyaki.“   „Ah.“   Sie fragte nicht, wozu. Shiro runzelte misstrauisch die Stirn. Seine Mutter bemerkte ihn gar nicht, sondern sah sich erneut in der Küche um, musterte die gescheiterten Teigfladen interessiert. „Was ist mit denen passiert?“ – „Gescheitert. Ich wollte die Fischform halt malen, aber es hat nicht geklappt.“ „Shiro, du weißt aber, dass das so nicht geht?“ Er wusste es, offensichtlich. Sonst hätte er sie doch nicht um Hilfe gebeten!   „Mutter, hilf mir bitte einfach.“ Vielleicht lag es an seiner Verzweiflung. Vielleicht daran, dass seine Mutter einfach eine wunderbare Frau war. In jedem Fall nickte sie, auch wenn das breite Schmunzeln auf ihrem Gesicht nicht verschwand. Es war, als wolle sie sagen, dass Shiro immer noch auf der falschen Fährte war. Es war Einbildung. Es musste Einbildung sein, denn eine andere Variante gab es gar nicht mehr! Mit verschränkten Armen sah er zu, wie seine Mutter den Teig auf eine Platte strich und dann ihre Magie wirkte. Sie war beeindruckend. Magier waren allgemein beeindruckend, auch wenn Shiro selbst froh war, keiner zu sein. Aber allein die Vorstellung, Wind und Wetter beeinflussen zu können, Tiergeister zu beschwören… Es dauerte nicht lange, bis der Teig auf der Platte fest gefroren war. Kopfschüttelnd wandte seine Mutter sich wieder zu ihm um, und inzwischen war das Schmunzeln einem breiten, liebevollen Grinsen gewichen. „Du musst ganz schön verliebt sein, dass du dir so viel Mühe machst.“ – „M-Mutter!!! Das hat damit überhaupt nichts zu tun!“   „Du weißt, dass du mir nichts verheimlichen kannst, Sohn. Orochi sieht alles.“   „Orochi sieht manchmal auch falsch hin!“ Sie lachte nur. Shiro knurrte hilflos. „Ich bin nicht in Asugi verliebt, Mutter!“ – „Sicher?“ Ihre Augen blitzten. Shiro schluckte, trat einen vorsichtigen Schritt zurück. Er war nicht in Asugi verliebt. Das wusste er. Also ja, er war sich sicher. Aber das zu bestätigen, würde bedeuten, dass er erklären musste, wieso er sonst diese Dinger backte. Und niemand würde ihm glauben, dass er es aus reiner Freundschaft heraus tat. Er tat viel aus Freundschaft heraus, aber es gab Grenzen! Und die kannte seine Mutter viel zu gut. Erschöpft ließ er die Schultern sinken, verzog unzufrieden das Gesicht. Murmelte etwas in sich hinein, das eine Antwort sein sollte, aber eigentlich gar nicht so recht rauskommen wollte. „Ich habe dich nicht verstanden~“, singsangte seine Mutter zur Antwort. Natürlich hatte sie es nicht verstanden! Das war Sinn der Sache gewesen. Sie hätte es doch einfach dabei belassen können.   „…vielleicht.“   Er wusste nicht, was er an Reaktion seiner Mutter erwartet hatte, aber dass sie zu ihm kam und ihm eine Hand an die Wange legte, hatte nicht dazu gehört. Er musste auf sie hinuntersehen, und trotzdem wirkte sie in ihrer mütterlichen Ausstrahlung gerade größer als er. „Oh Shiro. Du solltest in dieser Sache ehrlich mit deinem Vater sein.“ Shiro öffnete den Mund, ohne zu wissen, was er sagen wollte. Es gab nichts, worüber er ehrlich sein musste!   (Gut, und selbst wenn es etwas gäbe, sein Vater wäre der Letzte, mit dem er darüber reden würde! Der hatte ihm immerhin längst eine Verlobte auf den Hals gehetzt!)   „Ehrlich, mach dir keine Sorgen.“ Das Lächeln auf dem Gesicht seiner Mutter war gleichermaßen aufmunternd wie amüsiert. „Er mag ein großer, missgelaunter Hummer sein, aber das Wohl seiner Familie geht ihm trotzdem über alles. Dir kann nur niemand helfen, wenn du nicht ehrlich mit uns bist!“ „…das kann doch nicht so einfach sein.“ Er wäre seine Verlobte losgeworden, indem er einfach nur behauptete, andere Interessen zu haben? Das konnte Shiro sich nicht im Geringsten vorstellen, egal, wie sehr seine Mutter es zu glauben schien. Sie zwinkerte, schnippte ihm gegen die Stirn. „Ich sage nicht, dass es einfach ist.“ Da. Shiro hatte es gewusst! Sie grinste trotzdem weiter, sah kein bisschen weniger gut gelaunt und optimistisch aus. Eher im Gegenteil!   „Aber Orochi ist sehr gut darin, gegen diesen störrischen Esel anzukommen.“     ***     Die Sonne ging längst unter, als Shiro fertig wurde. Inzwischen waren seine Taiyaki halbwegs fischförmig. Es war einfacher gewesen, sie aus dem gefrorenen Teig zu schneiden – nachdem er einmal den Dreh darin raushatte, besagten Teig auch von der Platte noch auf den Herd zu bekommen. Ein paar Taiyaki lagen gefüllt und beinahe ansehnlich auf einem Teller, Shiro saß erschöpft am Tisch und wartete. Jetzt im Nachhinein fiel ihm erst auf, dass er nie einen Treffpunkt mit Asugi ausgemacht hatte. Als er es vorhin überprüft hatte, war der Kerl auch nicht in seinen Räumlichkeiten gewesen, gesehen hatte ihn natürlich auch niemand, also… tjah. Es war Asugis Schuld, wenn das Gebäck vertrocknete!   Vielleicht sollte er das wirklich versuchen. Vorschieben, dass er seine Verlobte nicht wollte, weil er schon verliebt war. Würde das bedeuten, er müsste Asugi heiraten? Konnte man das überhaupt…? Er erinnerte sich, dass Corrin mit einem Mann zusammenlebte. Also ging es wohl irgendwie. Konnte man sich das als Königssohn leisten? So, wie seine Mutter geklungen hatte, ja. So, wie sein Vater sich immer verhielt – eindeutig nein. Klar. Als Thronerbe hatte er Verpflichtungen. Musste die Linie weiterführen und all der Quark. Blödsinn. Bis sein Vater abdankte, war er doch schon selbst alt und grau! Da wäre jedes Geschwisterkind, das noch kommen würde, bedeutend besser geeignet als er selbst!   Und mit Asugi würde er wenigstens bedeutend besser auskommen als mit diesem Mädchen, dessen Namen er sich nicht einmal merken konnte.   Mit einem frustrierten Seufzen raufte er sich durchs Haar. „Ich hab genug von diesem Mist!“   „So siehst du auch aus.“   Die vertraute Stimme kam aus den Schatten der nur noch vom letzten Licht der Abendsonne erhellten Küche. Shiros Kopf ruckte herum, gerade rechtzeitig, dass er zusehen konnte, wie Asugi sich aus der Dunkelheit schälte, als wäre er zuvor mit ihr verschmolzen gewesen. Er grinste. „Ich hab meinen Teil erfüllt. Und du?“ Shiro wies wortlos auf den Teller auf dem Tisch. Asugi näherte sich, begutachtete amüsiert, schüttelte dann den Kopf. Ließ den Teller einfach stehen und durchquerte die Küche bis zu einem Schrank voller Küchenutensilien, vor dem er in die Hocke ging. „Du weißt schon“, begann er, während er darin herumkramte. Er schien genau zu wissen, was er suchte, „Dass du das auch hättest einfacher haben können?“   Vor Shiros Nase landete etwas. Aus Eisen, wie es aussah, eine Art von Form, die in der Mitte durch ein Gelenk verbunden war, so dass man sie zusammenklappen konnte. Sie hatte zwei fischförmige Mulden, die einander genau gegenüber lagen. Hübsche, wohlgeformte, fischförmige Mulden mit sehr viel Liebe zum Detail. „Und das hättest du mir nicht früher sagen können?!“ Asugi lachte. Jetzt endlich griff er nach einem der missglückten Küchlein und biss hinein, statt Shiro eine Antwort zu geben.   Wieso nur hatte er seine Naginata nicht gerade bei sich…?   „Es war amüsanter so, findest du nicht?“ „Du hast keine Ahnung, Asugi.“   Hoffte er jedenfalls.   „Hmhm~ Aber hey, obwohl sie grauenhaft aussehen, schmecken die Taiyaki überraschend gut.“ „Wenn das ein Kompliment sein sollte…“   Ein Leben lang jeden Tag dieses Theater? Shiro konnte sich schon nicht  mehr vorstellen, das wirklich zu überleben.   „Also, was hast du herausgefunden?“   Asugi aß in aller Seelenruhe sein Küchlein auf, ehe er sich auf der Tischkante niederließ, die Beine überschlug. Aus seiner Tasche fischte er wieder einmal ein Bonbon, das er aus seinem Papier befreite und auffordernd Shiro entgegenhielt. Dieses Mal würde die Bestechung durch Lieblingssüßigkeiten nicht funktionieren. Shiro nahm es trotzdem an.   „Bist du dir sicher, dass du diese Sache nicht lieber einfach mit deinem Vater klären willst?“ „Ja. Todsicher.“   Asugi zuckte unbekümmert mit den Schultern. Shiro wurde das ungute Gefühl nicht los, dass der nervige Ninja mehr mitbekommen hatte, als er sollte. Wann und wo auch immer. Hatte er seine Eltern irgendwann einmal belauscht, als sie über Shiros Zukunft gesprochen hatten? Zuzutrauen war es ihm jedenfalls.   „Es ist mau. Sie ist ein ganz artiges, wunderbares Prinzesschen, das beliebt bei ihrem Volk ist, keinerlei Ärger macht, und in seinem ganzen Leben noch kein einziges Mal negativ aufgefallen ist.“ Shiros Gesicht entgleiste. Er schluckte. „Das ist nicht wahr.“ „Doch. Leider. Es tut mir leid, ich hab wirklich gesucht, aber… nichts zu machen. Eigentlich ist sie sogar ein recht liebliches Ding.“   Eine Verlobte, die er nicht heiraten wollte, oder ein bester Freund, der ein verdammter Mistkerl war. Beides keine gute Aussicht, aber in jedem Fall wäre Shiro geneigt, es mit dem kleineren Übel zu versuchen. Auch wenn das kleinere Übel gerade immer noch schlimm genug war, dass er gern zur Naginata gegriffen hätte. Konnte er sich denn wirklich darauf verlassen, was seine Mutter gesagt hatte? Bisher hatte sie noch immer Recht behalten, sobald es um seinen Vater ging. Er seufzte schwer, erschöpft, fuhr sich mit der Hand durchs Haar und sah Asugi dann unzufrieden an – er sollte ruhig sehen, dass er seine Aufgabe mehr als unzufriedenstellend erfüllt hatte! „Ich werde wohl doch mit meinem Vater reden.“   Für einen kurzen Moment blitzte etwas in Asugis Blick auf. Eine Mischung aus Triumph und Erleichterung. Oder irgendetwas ganz anderes; es war so schnell weg, dass Shiro es kaum realisieren konnte. Dann grinste er, sprang wieder vom Tisch herunter und baute sich selbstbewusst vor ihm auf. Etwas in Asugis Ausdruck ließ Shiros Magen unangenehm kribbeln. Für einen kurzen Moment huschte sein Blick von Asugis Augen hinunter bis zu dem Grinsen, das seine Lippen verzog.   „Ich hab keine Bonbons mehr. Gibst du mir deinen?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)