Versteckspiel im Internat von Finniwinniful ================================================================================ Kapitel 10: Ein einfacher Morgen und besorgte Freunde ----------------------------------------------------- Zwei Stunden ist dieser Streit nun her! Ich sitze auf meinem Bett, habe meine Beine angewinkelt und meine Arme um sie geschlungen. Meinen Kopf liegt vergraben in meinen Armen. Es fällt mir immer noch etwas schwer ruhig durch zu atmen. Die Stelle, wo mich Rick aus dem Zimmer gezogen hat, merke ich noch ganz deutlich. Für solche „Männerauseinandersetzungen“, bin ich wirklich zu zierlich gebaut. Ich kann ja verstehen, dass er sauer ist, aber er hätte mich ja wenigstens mal ausreden lassen können… Aber nein, er fängt an zu meckern und schmeißt mich aussem Zimmer! Nur der Gedanke daran, wie schnell er ausgerastet ist und aggressiv wurde, lässt mich wieder ein wenig zusammenzucken. Ich weiß ja, dass er einer der harten Sorte ist, aber dass er so unberechenbar ist, hätte ich nicht erwartet. Jedenfalls nicht so. Jay ist noch mit Vju unterwegs, worüber ich auch echt froh bin! Ich sehe bestimmt schrecklich aus…immer und immer wieder kamen mir die Tränen, ohne dass ich etwas dagegen tun könnte… und außerdem tut es mir wirklich gut, mal etwas alleine zu sein, um den Kopf etwas frei zu kriegen. Mein Magen knurrt. Ich schaue auf die Uhr und sehe, dass es schon nach 18 Uhr ist. Wenn ich noch was essen will, sollte ich nun gehen. Als ich mich bewege, merke ich, dass ich eine längere Zeit in der selben Position gesessen habe! Meine Knochen sind schwer und knacken teils. Ich begebe mich ins Bad und als ich in den Spiegel schaue, erschrecke ich fast vor mir selbst! Meine Augen sind vom weinen ganz rot und etwas dick. Dann werde ich heute lieber nichts essen, obwohl? Ich habe hier noch ein bissel was Süßes. Ich weiß, sowas ist kein vernünftiges Abendessen, aber besser als nichts! Und so wie ich aussehe werde ich definitiv nicht in die Cafeteria gehen! Wenn ich da so aufkreuzen würde, wäre mir der Ruf Memme oder Heulsuse gesichert... und das kann ich wirklich nicht gebrauchen. Ein Mädchen hat es da leichter. Ich klatsche mir kaltes Wasser ins Gesicht, damit ich nicht ganz so schlimm aussehe und sitze nun wieder auf meinem Bett. Hätte ich ja auch gleich sitzen bleiben können! Mein eigener Anblick hat mich nur noch mehr deprimiert. Gegriffen habe ich mir eine Packung Schokokekse mit extra Schokostückchen drinnen. Die dürfen nun dran glauben und als mein Abendessen dienen. Ich darf das nur nicht zur Gewohnheit werden lassen, ansonsten habe ich schnell den Ruf Specki weg. Nebenbei schaue ich mir irgendeine Sendung an und tue so, als ob sie mich interessieren würde. So gegen 19 Uhr öffnet sich dann die Tür und Jay kommt rein. „Na, schönen Tag gehabt?“, fragte ich ihn, ehe er richtig im Zimmer war. „Hm? Ja, war schön mal wieder mit Vju alleine was zu machen.“, meint er und ein leichtes Grinsen ziert sein Gesicht. „Deiner Laune nach zu urteilen, wart ihr nicht Shoppen.“ Musste ich nun grinsen. „Nein, aber fast! Vju hatte es vor, aber da habe ich ihr gleich nen Strich durch die Rechnung gemacht. Wir sind ins Kino und danach noch bei nem Griechen essen gegangen. War echt mal was anderes als sonst immer mit den anderen was zu machen!“ Er schwärmte noch ne weile, was sie denn gesehen haben, was sie gegessen haben und noch ganz viele Kleinigkeiten, nachdem er sich auf sein Bett gesetzt hat. Einen kurzen Moment war er ruhig und schaut mich an. „Weißt du eigentlich, was mit Rick los ist? Der ist schon ne Weile ganz merkwürdig. Habt ihr euch gestritten oder so? Er ignoriert dich ja vollkommen! Und gut siehst du auch nicht aus!“, meint Jay dann plötzlich und sieht mich fragend an. Ich halte kurz die Luft an und schaue ihn etwas überraschend an. Es war klar, dass so eine Frage noch kommen wird, aber gerade jetzt? Ich bin immer noch etwas durch den Wind. Ob ich ihn von heute erzählen soll? Nagut, aber nicht alles. „Naja, er benimmt sich seid letzter Woche so. Und vorhin, wir wurden in eine Gruppe für nen Projekt gesteckt, da hat er mich auch ignoriert. Naja, toleriert! Und als ich ihn drauf angesprochen habe, meinte er, ich solle selbst draufkommen, warum er sich so verhält. Ich habe aber keine Ahnung, habe ich ihm dann gesagt. Er ist total sauer geworden und meinte, dass er sich nicht verarschen lasse und so. Ich wollte versuchen mit ihm zu reden und dann ist er richtig sauer geworden. Er hat mich am Arm aussem Zimmer gezerrt und joa…das wars dann auch. Ich habe nun nur keine Ahnung, was ich machen soll.“, erkläre ich ihm ganz grob, was passiert ist. Ich bemühe mich sehr mir nichts anmerken zu lassen, wie sehr mich das eigentlich beschäftigt. Um seinen Blicken auszuweichen schnappe ich mir wieder meine Kekse und konzentriere mich darauf. Jay stützt sein Kinn auf seiner Hand ab und scheint zu überlegen, denn sein Blick sieht durch mich hindurch. Sein Blick wirkt so unmotiviert, wie die Kreativität von dem Macher der japanischen Flagge. Nach ner Minute oder so kommt er sozusagen wieder zu sich. Sein Blick hat sich wieder geändert, eine Mischung von fragend und besorgend. „Wenn du willst, kann ich mal mit ihm reden! Wenn nicht, dann warte ein paar Tage, bis er wieder runtergekommen ist und rede dann nochmal mit ihm. Das ist das einzige, was ich dir nun dazu sagen oder halt anbieten kann.“ „Das ist lieb, aber reden tu ich lieber selber mit ihm. Sonst denkt er nur, ich traue mich nicht mit ihm zu reden, oder ich hätte mich total bei dir ausgeheult und gefragt, ob du mit ihm redest!“ Das ich eigentlich nur nicht will, dass Rick Jay alles erzählt, was er gehört hat, behalte ich lieber für mich! Jay wechselt das Thema, so das wir noch eine Weile über Schule und so reden, wobei er dann aber irgendwie auf Vju kommt und von ihr schwärmt. Ist schon echt süß anzusehen, wie seine Augen anfangen zu leuchten, wenn er von ihr redet. Wenn dies ein Cartoon oder so wäre, dann würden ihm jetzt wohl lauter Herzen über seinem Kopf schwirren! So gegen halb 11 legen wir uns dann hin, nachdem Jay mir noch versprechen musste, Rick nicht drauf anzusprechen. Ich bin mal gespannt, wie der morgige Tag so wird und ob er sich daran hält… „Sawyer! Mach deinen scheiss Wecker aus!“, höre ich Jay meckern, was mich gerade wenig interessiert. Ich will weiterschlafen! Soll er ihn aus machen, wenn es ihn so nervt. Dabei ist seiner viel schlimmer und den verpennt er… Es scheint ihn zu reichen, denn er steht auf, wandert wie ein Zombie zu mir rüber und nimmt den Wecker. Doch ohne ihn aus zu machen, legt er ihn mir direkt neben meinem Kopf. Und somit dudelt mir Gypsy Woman um die Ohren. So gerne ich dieses Lied auch habe, wenn man schlafen will und es direkt ins Ohr dröhnt, ist es echt nervig! Stöhnend drehe ich mich mit dem Gesicht zu diesem Unruhestifter von Wecker und versuche ihn auszumachen. Jay hat sich wieder hingelegt und scheint wieder in seiner Traumwelt zu sein. Toll, dass er wieder einschlafen kann, doch ich kann sowas nicht! Einmal wach, den ganzen Tag wach. Ich lege mich von Bauch in Rückenlage und klatsch mir meine Hände ins Gesicht. Oh man…geistig bin ich wach, doch mein Körper sagt: Nein, du bleibst liegen! Naja, bringt nichts, jetzt bin ich wach und meine Blase drückt. Also doch bewegen. Als ich mich aufgerichtet habe, werfe ich noch einen Blick auf meinen Wecker. Gerademal halb 7. Und das an einem Samstag! Nur, weil ich vergessen habe, ihn auszuschalten! Nachdem ich mein morgendliches Ritual, sprich, Zähne putzen, Duschen und was man halt im Bad so macht, erledigt habe, muss ich nochmal ins Zimmer, um mir meine Sachen zu holen, welche ich vergessen habe. Zum glück pennt Jay noch! Naja, Kleidung geschnappt und wieder ab ins Badezimmer. So langsam werde ich auch immer besser darin meine Oberweite ordentlich zu “verbinden“. Am Anfang habe ich echt fast eine halbe Stunde dazu gebraucht, damit man den Verband nicht unter meinen Sachen sieht. Inzwischen schaffe ich es in weniger als 10. Wie sagt man doch so schön? Übung macht den Meister. Fertig gehe ich aus dem kleinem Bad. Es gibt zwar eine Dusche, einen Spiegel, Waschbecken und eine Toilette da drinnen, aber das ist alles ziemlich gequetscht. Wie die es geschafft haben da noch ein kleines Schränkchen für Handtücher unterzubringen, frage ich mich schon seid ich hier angekommen bin. Ich schaue auf die Uhr. 8… habe mir echt Zeit gelassen 1 ½ Stunden! Ich denke, ich werde nun Jay wecken! Gemein, ich weiß. Aber das hat er sich selbst zuzuschreiben! Ich stelle meinen Wecker erneut, so, dass er in einer Minute klingelt und stelle mich mit ihm zu Jays Bett, dazu ein breites Grinsen. Ich fühle mich wie ein kleines Kind an Weihnachten kurz vor der Bescherung. Pure Vorfreude auf das, was gleichkommt. Aus Gleichberechtigung halte ich meinen Wecker etwas an seinen Kopf und als er dann klingelt sitzt Jay aufrecht im Bett. „Was soll denn das jetzt?“, fragt er, nachdem er sich gesammelt und realisiert hat, wo er ist. „Wie du mir, so ich dir! Und nun steh auf, es ist zwar Samstag, aber du verpennst sonst noch den ganzen Tag!“ Jay brummt, streckt sich, schlängelt sich unter seiner Decke hervor um im Anschluss aufzustehen und ins Bad zu schlürfen, wieder wie ein Zombie. Ich setzte mich wieder auf mein Bett, nehme mein Handy und schreibe Vju an, ob sie schon wach ist (was sie bestimmt schon ist, sie ist Frühaufsteherin) und ob wir nachher zusammen weggehen. Mit irgendjemanden MUSS ich unbedingt reden und dazu bleiben nur sie oder Markus. Meinem Bruder erzähle ich lieber nichts davon, sonst steht er hier schneller auf der Matte, als das ich bis 3 zählen kann! In dem Fall ist er wirklich schlimm! Nachdem ich Vju geschrieben habe, lege ich mein Handy zur Seite. Kaum habe ich dies gemacht, kommt auch schon eine positive Antwort. Erleichtert lächle ich und lege das Handy wieder bei Seite. Jay kommt schon nach ner halben Stunde wieder raus. Ich schaue schnell in eine andere Richtung, als ich ihn sehe, denn er trägt nur ein Handtuch um die Hüften. Die ersten 1-2 Wochen hat er das noch nicht gemacht. Als ich dann etwas später Mal wiederkam, traf ich ihn auch so, wie Gott oder wer auch immer, ihn schuf. Seid dem ist es eigentlich normal, dass er so nach dem Duschen aus dem Bad kommt. Also nicht, dass ich was dagegen habe…aber es kommt auch scheisse, wenn ich ihn dann anstarre und fast zu sabbern anfange. Und glaubt mir, DAS stimmt wirklich! Wenn man ihn angezogen sieht, sieht er schon nicht schlecht aus. Man rechnet aber nicht damit, dass er unter diesen Klamotten einen trainierten Körper hat. Trainierte Arme, breite Schultern, ein sixpa…ich sollte lieber aufhören! Ich schaue also weg und erst recht, als er seine Hüllen fallen lässt. Da muss ich nun nicht hinschauen. Wenn er das mitbekommt, denkt er sonst noch was. Außerdem gehört er Vju und ich werde nicht dem Freund einer Freundin hinterhergaffen! Ich schaue aus dem Fenster und lasse meine Gedanken schweifen. Ich frage mich wie Rick wohl gebaut ist... WAS?! Nein! Wie komme ich denn auf solche Gedanken? Er interessiert mich nicht und mir ist das auch egal! Dazu kommt ja eh, dass er sauer auf mich ist, da ich ihn angelogen habe. Ich hoffe echt, dass wir nochmal reden können, ohne, dass wir uns anzicken. Nachdem Jay sich dann etwas angezogen hat, gehen wir runter um zu Frühstücken. Diese Gedanken von eben verwirren mich immer noch ein wenig. Die Cafeteria ist noch so gut wie leer. Nur hier und da sitzend vereinzelnd Schüler und scheinen alle noch halb zu schlafen. Jay passt hier perfekt her zwischen den anderen Zombies. Wenn sie nicht aufpassen, fallen sie vorne über und versenken ihr Gesicht in ihrem Essen. Wäre bestimmt lustig anzusehen! Nicht, dass man nun denkt, ich würde es ihnen gönnen und mich dann halbtot lachen…Nein! Aber es wäre trotzdem mal eine Abwechslung. Wir gehen zum Buffet und nehmen uns was zu Essen. Ich nehme mir ein Brötchen, etwas Aufschnitt, eine Schüssel, welche ich mit Müsli und Milch fülle und zum schluss noch einen Erdbeertee. Jay hat sich 3 Vollkornbrötchen genommen, nimmt sich 2 von diesen mini Nutella Packungen, wie man sie auch in Hotels und so sieht. Ebenso Butter, auch in minivormat und etwas Marmelade. Er nimmt sich immer was Süßes, was man nicht glauben würde, wenn man ihn so sieht. Zum Essen macht er sich noch eine Tasse Schokolade und zusammen gehen wir dann an einen der Tische. Kaum haben wir angefangen zu essen, taucht auch Rick auf. Er setzt sich neben Jay, knallt sein Tablett förmlich auf den Tisch, sodass einige andere Schüler um uns aufschrecken und behandelt mich wie Luft. Also gut. Wenn er es so will, kann ich das auch! Ich widme mich einfach meinem Essen und beachte ihn auch einfach nicht! Dann kann er mal sehen, wie es sich anfühlt nicht beachtet zu werden! Ob er merkt, dass es mich nicht stört? Hoffentlich merkt er nicht, dass es mich doch stört! Ich schiele kurz zu Rick rüber. Das ich ihn angeblich nicht beachte, stört ihn wie es aussieht gar nicht! Das regt mich wirklich nur noch mehr auf! Genervt esse ich weiter und drehe mich ein wenig weg. „Oh man, was ist denn das für eine Stimmung? Es ist zwar Samstagmorgen, aber das ist echt selbst für euch zu bedrückend!“, höre ich Vju´s Stimme hinter mir. Ich frage mich echt wie sie es nur schafft, immer so fröhlich und motiviert zu sein. Sie stellt ihr Tablett neben mir ab, da Rick ja neben Jay sitzt und lehnt sich Jay über den Tisch entgegen, um ihn einen Kuss zu geben. Dann setzt sie sich und beginnt ihr Müsli zu essen. Auf ihre Frage der Stimmung bekommt sie keine Antwort. „Wollen wir beiden denn jetzt los?“, fragt mich Vju fröhlich nach dem Essen. „Wo wollt ihr denn hin?“, fragt Jay sofort und sieht uns musternd und mit einem überraschenden Blick an. „Wir gehen in die Stadt. Sawyer soll mir bei was helfen!“, lässt sie sich schnell ne Antwort einfallen. Jay sieht nicht besonders überzeugt aus und runzelt nur skeptisch die Stirn, belässt es aber dabei und lässt uns nach einem langen und intensiven Abschiedskuss von Vju gehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)