c'mon, just ONE drink! von hYdro_ ================================================================================ Kapitel 30: Part 5: Bitte rede mit mir -------------------------------------- Bitte rede mit mir, war die Nachricht, die Kisame ihm nun bestimmt schon zum fünften mal schrieb. Die Anrufe hatte Kakuzu immer weggedrückt. Auf die SMS hatte er sich abweisend gegeben, aber immerhin noch geantwortet. Doch nach ein paar Tagen, in denen er welche im Überfluss empfangen hatte, war er es irgendwann leid geworden immer dasselbe zurückzuschreiben. Also hatte er angefangen sie zu ignorieren. Dies schien Kisame jedoch nicht davon abzuhalten, ihm weiter welche zu schicken, auch wenn die Nachrichten mit der Zeit weniger geworden waren. Nun zeigte ihm sein WhatsApp vielleicht nur noch alle paar Tage eine neue Message an. Die Übernachtung bei Kisame und der unschöne Abend davor, war nun schon fast einen Monat her. Der Blauhaarige hatte bestimmt gehofft, dass er am nächsten Tag noch die Möglichkeit haben würde mit ihm zu reden. Doch da hatte Kakuzu ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Nach der doch eher schlaflosen Nacht, hatte er sich schon früh morgens stillheimlich aus dem Staub gemacht. Die Zeit danach war er, gelinde gesagt, ziemlich im Arsch gewesen. Als er wieder zur Arbeit musste, war der erste Tag unschön gewesen. Es glich geradezu einer Qual früh aufzustehen, sich fertig zu machen, straßentaugliche Klamotten anzuziehen. Er hatte sich dazu zwingen müssen. Am Ende wäre es wohl besser gewesen, wäre er gar nicht in der Kanzlei erschienen, denn zu viel zu gebrauchen war er nicht gewesen. Er hatte keinen Sinn mehr in seiner Arbeit gesehen. Mit mehr als seiner Anwesenheit hatte er nicht dienen können. Er hatte sich durch den Tag gequält und am Ende einige Termine für die nächste Woche direkt abgesagt. Er war wie ausgebrannt. Und obwohl er sich die Professionalität angeeignet hatte, sein Privatleben nicht in seine Arbeit mit einfließen zu lassen, hatte ihm einfach die Energie gefehlt. Es schien unmöglich, wie gewohnt weitermachen zu können. Weswegen er sich auch dazu gezwungen gefühlt hatte, sich einige Tage frei zu nehmen. Er zog die Reißleine, brauchte eine Auszeit. Die freien Tage hatte er die meiste Zeit im Bett verbracht. Er hatte ungewöhnlich viel und lange geschlafen oder sich mit diversen Serien die Zeit vertrieben. Aufgeräumt hatte er kaum, gegessen hatte er wenig, seine Körperhygiene hatte er vernachlässigt, da er einfach keine Motivation gefunden hatte, aufzustehen um überhaupt irgendetwas zu machen. Er war so down gewesen, dass ihn die fettigen Haare und der sich aufbauende Körpergeruch nicht mal gestört hatte. Und das, obwohl er eigentlich ein reinlicher Mensch war. Er hatte vor sich hin gesifft und war im Nachhinein froh, dass ihn niemand dabei gesehen hatte. Mit der Zeit war es ein wenig besser geworden. Und nachdem er sich nach knapp zwei Wochen auch mal dazu aufgerafft hatte die Küche aufzuräumen – die er seither mit dreckigem Geschirr und leeren Verpackungen von Fastfood zugemüllt hatte – kochte er sich auch ab und an wieder mal etwas Kleineres. Sein Appetit kehrte zurück, er ging wieder zur Arbeit und nahm sein Training im Fitnesscenter wieder auf. Doch von nun an alleine und ohne Begleitung eines gewissen Blauhaarigen. Es pendelte sich ein halbwegs normaler Rhythmus ein. Er hatte genug vom traurigen Rumliegen. Dabei schwankte er etwas ins andere Extrem, beschäftigte sich, stellte sich selbst Aufgaben und nahm sich Projekte vor. Wie den Muskelaufbau, seinen Körperfett-Anteil zu senken, Bücher zu lesen, die er schon lange lesen wollte, seine ganze Wohnung mal ordentlich aufzuräumen und richtig durch zu putzen. Eher durch Zufall war er dabei sogar auf ein altes Hobby gestoßen, das er bestimmt schon gute acht, neun Jahre nicht mehr ausgeübt hatte. Und da ihm im Moment jede Beschäftigung willkommen war, die ihn etwas Abwechslung einbrachte und sich nicht nach Zwang anfühlte, war er spontan noch am selben Tag ins Auto gestiegen und hierher gefahren. Ohne geantwortet zu haben schloss Kakuzu nun Kisames Chatverlauf, auf den er in Gedanken eine gute Weile gestarrt hatte. Zurück im Nachrichtenmenü tippe er auf den vierten Namen und las nicht zum ersten mal im vergangenen Monat die letzten paar Nachrichten. Montag, 12. Oktober Du Wichser hast nicht echt meinen Briefkasten geschrottet?! 19:21 Rat mal wer das Teil jetzt ersetzen darf... ICH! Die Verwaltung übernimmt das nicht, die sagen ich bin dafür verantwortlich, weil irgend so ne Kackbratze gesehen haben will, dass das mein Besuch gemacht hat. Die sagen entweder ich bezahle oder sie schalten ne Anzeige wegen Sachbeschädigung. GEGEN DICH! 20:49 Hast du gar nichts dazu zu sagen? 21:02 Dienstag, 13. Oktober Fuck, ich wusste gar nicht, dass die Dinger so teuer sind... ich bin deswegen jetzt fast pleite! Und ich hab so schon den kack billigsten genommen, der bestimmt nach nem Jahr oder so schon total rostet oder umfällt wie Papier im Wind. DANKE KAKUZU! Hätte ich dich mal lieber angezeigt! 13:14 Ich krieg das Geld von dir zurück, klar? 13:16 Freitag, 16. Oktober Schreibst du mir auch mal zurück? Ich kann sehen dass du meine Nachrichten liest... 09:34 Weißt du was? Fick dich!! Ignorier mich gefälligst nicht, ich kann so was gar nicht ab! 23:16 Verpasster Sprachanruf um 23:21 Verpasster Sprachanruf um 23:36 Verpasster Sprachanruf um 23:37 Verpasster Sprachanruf um 23:39 Samstag, 17. Oktober Verpasster Sprachanruf um 04:42 gerh sterbenm du fjickfrsse 04:46 Sonntag, 18. Oktober HALLO???? 16:57 Montag, 19. Oktober Hey. Ich hoffe dir gehts gut? Sorry, letztens ist alles irgendwie blöd gelaufen. Ich war sauer und vielleicht hätte ich paar Sachen nicht sagen sollen. Ich hab nicht gewusst, dass dich das so trifft. Kannst du mir bitte mal antworten? Ich meine es ernst... 12:01 Freitag, 23. Oktober Lebst du noch? 10:24 Sonntag, 25. Oktober Es tut mir leid. 09:13 Die letzte Nachricht war von Kakuzu, knapp einen Monat alt und abgeschickt worden, kaum dass er von Kisame nach Hause gekommen war. Der Cursor blinkte im Eingabefeld und Kakuzus Daumen schwebte bereits über den Buchstaben. Es vergingen Minuten in denen er so verharrte und grübelte. Sollte er Hidan überhaupt noch schreiben? Schließlich entschied er sich dagegen, tippte auf das Zurück-Feld und wischte einmal über Hidans Namen, um den Chatverlauf zu löschen. Dann steckte er sein Handy in die Hosentasche, nahm sich seinen Koffer vom Beifahrersitz und stieg aus. Vielleicht war es an der Zeit, dass er ein paar Dinge akzeptierte. Dass er dem Jüngeren nicht gut tat zum Beispiel. Außerdem zeigte ihm Hidan doch deutlich, dass er keinen Kontakt mehr wollte. Andernfalls hätte er schon längst von sich hören lassen. Auch wenn es sich bloß um eine Nachricht handelte, in der er ihn beschimpfte. Dass sogar das ausblieb war aussagekräftig genug. Einmal nicht egoistisch handeln und die Sache auf sich beruhen lassen – das war das Richtige. Immerhin hatte er Hidan schon genug Kummer bereitet, ihn jetzt noch weiter zu belästigen wäre nicht fair. Das Gebäude hatte sich von außen kaum verändert. Trotzdem fielen Kakuzu sofort ein paar Dinge auf. Der ein oder andere Baum war verschwunden und am Platz davor war kaum noch Kies vorhanden, so dass man fast nur noch auf weichem Waldboden ging. Zudem hatte die alte Holzfassade auch schon bessere Tage gesehen – ein neuer Anstrich hätte nicht geschadet. Auch im Inneren sah es nahezu noch genauso aus wie Kakuzu es in Erinnerung hatte. «Ich glaub es nicht…», sprach ihn der Mann hinter der kleinen Theke an. Tuck, oder auch Bud oder Buddy, wie ihn alle nannten, war alt geworden. Dabei war er vor zehn Jahren schon alt gewesen. Doch nun wirkte sein Haar noch lichter und ging bereits ins Weiße über. Er schien ein wenig kleiner und eingefallener, in seinem Gesicht waren einige Falten dazugekommen. Doch seine Augen hatten nichts von ihrer früheren Wärme verloren. «Kakuzu mein Junge, bist du es?» Überrascht hob Kakuzu die Brauen. «Du erinnerst dich an mich?» «Denkst du, nur weil ich alt werde, dass auch meine Erinnerung nachlässt? Du warst früher so oft da, wie könnte ich dich vergessen!» Bud kam hinter der Theke hervor und musterte Kakuzu von oben bis unten. «Lass mich dich ansehen… du bist groß geworden, ein richtiger Kerl! Mächtig was an Masse hast du auch zugelegt, kaum mehr zu vergleichen mit dem Gerippe von damals.» «Und wie ich sehe bist du noch genauso direkt», merkte Kakuzu an. Auch wenn der Alte mit seiner Art bei manchen aneckte, Kakuzu hatte es so immer lieber gehabt, als wenn man hinter seinem Rücken redete. So wusste man wenigstens immer woran man war. Zudem war er damals ja wirklich sehr dünn gewesen. «Sieh einer an», meinte Bud, als könnte er es noch immer nicht glauben. «Ich hab nicht damit gerechnet, dass du noch mal auftauchst, nachdem du damals vom einen Tag auf den anderen so plötzlich verschwunden bist.» «Ich… hatte viel zu tun.» Bud winkte ab. «Schon gut, Junge, du bist mir keine Erklärung schuldig. Es ist nur schön, dass du dich wieder mal blicken lässt. Wie lange ist es her?» «Müssten nicht ganz zehn Jahre sein.» Bei der Musterung des Alten blieb sein Blick an Kakuzus Wangen hängen. Die Narben dort hatte Kakuzu erst nach ihrer letzten Begegnung erfahren und mussten dem anderen neu sein. «Woher die Dinger im Gesicht? Hattest du einen Unfall?» «So etwas ähnliches. Aber wie sagt man so schön: Unkraut vergeht nicht.» Kakuzu räusperte sich. «Aber eigentlich bin ich nicht zum Plausch hier...», fügte er etwas schroff hinzu. «Entschuldige. Dann lass ich dich mal nach hinten. Deine Barrett hast du ja dabei wie ich sehe.» Damit deutete Bud auf den länglichen Koffer, der Kakuzu bei sich hatte. «Ja, aber ich glaube sie hat ein Makeover bitter nötig. Hab sie seither nicht mehr rausgeholt.» «Dann los, Junge. Du weißt ja wo das Putzzeug liegt.» Kakuzu schüttelte innerlich den Kopf. Dass Bud ihn immer noch Junge nannte, obwohl er doch längst keiner mehr war. Der Alte hatte es vorhin sogar selbst noch angemerkt und trotzdem ließ er nicht davon ab ihn so zu nennen. Anfänglich hatte Bud ihn damit aufgezogen, denn damals hatte Kakuzu sich in seiner jugendlichen Überheblichkeit älter gegeben, als er wirklich war. Dementsprechend hatte er dem Alten bei dieser Bezeichnung jeweils einen giftigen Blick zugeworfen – er hatte es gehasst. Doch mit der Zeit war aus der Stichelei, ein neckisches Kosewort geworden, auf das Kakuzu dann auch nicht mehr hatte böse sein können, da er seinerseits angefangen hatte den Alten doch recht gut leiden zu können. Nun wurde Kakuzu auch so langsam wieder klar, warum er früher so gerne hier her gekommen war. Hier hatte er immer das Gefühl gehabt sicher zu sein. Der Schützenstand war mehr Familie als es Kakuzu von Zuhause aus gekannt hatte. Jeder kannte hier jeden. Neulinge wurden zwar eine ganze Weile lang skeptisch beäugt, doch einmal aufgenommen wurden sie ein fester Bestandteil der Gruppe. Schießen war ein Hobby das sehr stark verband – auf eine freundschaftliche Weise. Wettkämpfe wurden untereinander zwar ausgetragen, doch Neid oder Missgunst gab es hier nicht. Wenn dann nur Stolz. Nachdem Kakuzu im Nebenraum in einer Nische Platz gefunden hatte, stelle er seinen Koffer auf den Tisch ab und öffnete diesen. Seine Barrett war in Einzelteile zerlegt darin verstaut und so nahm er Stück um Stück heraus, um diese zu reinigen und aufzupolieren. Spezielle Tücher, Pfeifen und Putzmittel lagen dazu bereit und während er so in seiner Arbeit vertieft war, hörte er dumpfe Schüsse aus Richtung der Außenanlage – in seinen Ohren war das ein vertrauter Klang, was seine Vorfreude nur noch mehr anfachte. Als er fertig war und sein Gewehr aus allen Ecken glänzte und kein Staubkorn mehr darauf aufzufinden war, ging es nun ans Zusammenzusetzen. Obwohl er das eine halbe Ewigkeit nicht mehr getan hatte und es einige Kniffe barg, schien er nichts davon verlernt zu haben. Es war wie Fahrradfahren – wie automatisch steckte er die Teile zusammen. Wenn auch etwas ungeschickt. Seine Hände waren zwar wieder verheilt, seine Rechte machte aber noch immer Probleme. Filigranere Arbeiten waren zu einer Hürde geworden. Einige Bewegungen fühlten sich seither steif an oder waren teilweise gar nicht mehr möglich. Zum Beispiel konnte er seine Finger nicht mehr richtig strecken – ab einem gewissen Punkt hielt etwas dagegen. Beim Arzt war er damit schon gewesen. Es klang schlimmer als es war, aber anscheinend hatte er sich an der Rechten zwei Knöchel zertrümmert und die abgebrochenen Knochenteile waren schief wieder zusammengewachsen. Da er jedoch keine Schmerzen mehr hatte, war sein Fall als nicht dringend eingestuft worden, weshalb er erst in zwei Monaten einen Termin bekommen hatte, um es sich richten zu lassen. Das hätte man alles verhindern können, wenn man nur früher einen Arzt aufgesucht hätte, anstatt sich einfach tonnenweise Schmerzmedis rein zu pfeffern und anzunehmen, dass es schon wieder werden würde. Nun hatte er den Salat und musste sich operieren lassen. Unbedingt nötig war das zwar nicht – ein grobmotorischer Handwerker würde auch ohne auskommen und einfach mit der Bewegungseinschränkung leben. Dazu sah man von außen nur bei genauerem Hinsehen, dass die beiden Knöchel leicht deformiert waren. Doch ihn störte es. Und wenn es schon die Möglichkeit gab, dann wollte er sie auch in Anspruch nehmen und seine Motorik so gut es geht wiederherstellen. Gerade weil er Rechtshänder war und nichts unversucht lassen wollte, diese auch wieder richtig benutzen zu können. Ja, die Rechte war wichtig. Vor allem als Single. Obwohl er für diverse Freuden gerade eigentlich keinen Kopf hatte, hatte er diese Entscheidung in weiser Voraussicht getroffen. Er würde schließlich nicht immer in seinem Loch festsitzen und gab sich ja schon jetzt alle Mühe, sich wieder daraus hochzuhieven. Als er im angrenzenden Zugang die Außenanlage betrat, erwartete ihn ein vertrautes Bild. Die Anlage war in drei Bereiche unterteilt. 100, 250 und 500 Meter Schießlänge mit jeweils Platz für zwei Schützen. Die Schussbahn verlief über unbedachtes Grün, bis die Kugel hoffentlich geglückt die Zielscheibe traf. Die Bahnen waren gut ausgeleuchtet und überschaubar, hinter den Zielscheiben wurden etwaige fehlgeleitete Kugeln in einer Wand aus Massivholz und Beton aufgefangen. Zwei junge Männer versuchten sich gerade auf Bahn eins und zwei an der 100 Meter Rampe – mit mäßigem Erfolg. So viel Kakuzu aus zusammengekniffenen Augen sehen konnte, hatten gerade mal zwei Kugeln überhaupt die Zielscheibe getroffen. Diese bestand aus sieben äußeren, weißen Ringen, fünf inneren, schwarzen Ringen und die schwarze Mitte. Eine Kugel steckte sogar noch außerhalb der Ringe im blanken Weiß. «Junge, vielleicht kannst du den beiden Frischlingen mal zeigen wie das geht», meinte Bud, der dahinter im überdachten Bereich stand und zuschaute. «Dazu müsste ich selbst erst mal etwas treffen. Nach so langer Zeit bin ich bestimmt aus der Übung.» «Gut möglich», lachte der Alte. Da beide Plätze der 100 Meter Bahn besetzt waren, blieb Kakuzu für den Anfang nur die 250 Meter übrig. Nachdem er von Bud scharfe Munition bekommen und sein Gewehr geladen hatte, legte er sich bei Bahn drei bäuchlings auf den Boden. Dann hielt er die Barrett vor sich, stützte sie an seiner Schulter ab und schaute durch das Visier. Nach ein paar Testschüssen, wobei die ersten äußeren weißen Ringe und die folgenden die inneren schwarzen trafen, fühlte er sich sicher genug, um sich an der 500 Meter Bahn auszuprobieren. Früher hatte er nur an dieser Bahn geschossen, sehr oft auch an einer anderen Anlage, an der man bis 2000 Meter schießen konnte. Diese war jedoch gute zwei Autostunden entfernt und so hatte er sie weniger oft besucht wie er es gerne gewollt hätte. Seine Barrett M82 war ein Scharfschützengewehr, welches in der Theorie noch mehr als die 2000 Meter drauf hätte – doch das hatte er nie ausprobiert. Nicht weil er es sich nicht zugetraut hätte, eher weil es keine solche Anlage in der Nähe gab. In seiner hoch Zeit, hätte er bestimmt an einer 3000 Meter Anlage nicht schlecht ausgesehen – er war ein guter Schütze gewesen. Doch das schien wohl der Vergangenheit anzugehören, denn auch nach dem zehnten Schuss an der 500 Meter Bahn – die für ihn früher Pipifax gewesen war – traf keine Kugel auch nur die Zielscheibe. «Versuch es noch mal», forderte Bud ihn auf, gerade als Kakuzu anfing sich zu ärgern und so langsam die Lust verlor. «Und nimm dir mehr Zeit. Hast du etwa schon vergessen was beim Schießen das Wichtigste ist?» Hatte er nicht. Also legte er sich wieder hin, das Gewicht seiner Barrett an der Schulter, seine Wange am kühlen Stahl der Waffe, sein Blick konzentriert durchs Visier, sein Finger am Abzug. Geduld. Ruhe. Konzentration. Flache, kontrollierte Atmung. Dieses mal nahm er sich Zeit. Sein Puls senkte sich auf ein Minimum, während er konzentriert durch das Visier die Zielscheibe ins Auge fasste. Dabei jedoch auch den Wind berücksichtigte, dessen Richtung und Stärke er an einer Fahne, die gerade leicht nach links flatterte, ablesen konnte. Er passte nach Gefühl einen guten Zeitpunkt ab und drückte schließlich den Abzug durch. «Meine Fresse», staunte Bud, während er durch ein Fernglas schaute. «Ich hab schon immer gewusst, dass du ein Naturtalent bist.» Kakuzu schwieg, auch wenn er nicht so weit gehen würde sich als Naturtalent zu bezeichnen. Er hatte den zweiten Ring getroffen – was nach der langen Zeit ganz okay war. Sein Ehrgeiz war damit jedoch durchaus geweckt worden. Da er sich nun beweisen hatte, dass er es doch nicht ganz verlernt hatte, würde er sich mit dem zweiten Ring nun nicht mehr zufrieden geben. Also schoss er weiter und versuchte sich zu verbessern. Er traf den vierten Ring, wieder den zweiten, dann den dritten, einmal sogar mitten ins Schwarze, was ihm Applaus von den beiden Jungen einbrachte, von denen er gar nicht gemerkt hatte, dass sie ihm zusahen. Ein zweites mal traf er das Schwarze jedoch nicht mehr – vielleicht war es auch nur ein Glücksschuss gewesen. Irgendwann, als ihn auch so langsam die Konzentration verließ, entschied er, dass es genug für heute war. Es war eine gute Idee gewesen herzukommen, dachte er sich während er zusammen räumte. Er war zwar ein wenig müde geworden, doch der Besuch hier hatte ihn irgendwie glücklich gemacht. Und gerade nach alldem tat ihm das enorm gut. Endlich hatte er mal etwas abschalten können, Zeit nur für sich genommen und für etwas genutzt, das er gerne tat und worin er gut war Bud trat an ihn heran, gerade als er seine Barrett auseinanderbaute, um sie sauber in seinen Koffer zu verstauen. «Ich frage mich immer noch, warum ich dich nie an einen Wettkampf habe anmelden dürfen. Einmal hätte ich es beinahe ohne dein Einverständnis getan. Einfach weil ich denke, dass du gute Chancen gehabt hättest. Und vielleicht hole ich das nach und tue es doch noch, falls du wiederkommst und dich noch etwas mehr in Form bringst.» «Du kennst meine Meinung dazu.» «Ja, aber ich verstehe sie nicht.» «Ich muss niemandem etwas beweisen.» Bud seufzte. «Natürlich nicht. Aber darum geht es doch auch nicht. Es ist keine Schande, andere sehen zu lassen wenn man worin gut ist. Vielleicht eröffnet es dir ja sogar noch neue Möglichkeiten. Deinem Onkel hätte es damals jedenfalls gefallen, wenn du ihm einen Sieg nach Hause gebracht hättest. Solches Potenzial gehört nicht verschwendet. Und ich glaube, dessen war er sich auch bewusst. Ansonsten hätte er sich nicht so oft nach deinen Fortschritten erkundigt.» Kakuzu bezweifelte stark, dass Madara ihn an Wettkämpfen hatte sehen wollen. Schließlich hatte er ihn nie in diese Richtung gepusht. Und das hätte er, wäre das seine Intention gewesen. Aber nein – darauf war er nicht aus gewesen, als er ihn hier her schickte. Zudem schien die Wahl der Anlage nicht zufällig, sondern mit bedacht getroffen worden zu sein. Sie war in die Jahre gekommen, abgelegen und nicht besonders beliebt. Also fernab jeglicher Aufmerksamkeit. Hingegen hatte Madara bestimmt seine Gründe dafür gehabt, dass er ihm dieses Hobby erst schmackhaft machte. Sein Onkel hatte selten etwas ohne Hintergedanken getan. Kakuzu hatte aufgehört zu sehr darüber zu grübeln, was Madaras Gründe gewesen sein mochten. Denn das bereitete ihm nur Magenschmerzen. Nachdem er Bud versicherte, dass er sich ab jetzt mal häufiger blicken ließ, verabschiedete er sich und fuhr nach Hause, wo ihn eine ungeahnte Überraschung erwartete. Als er im Treppenhaus nach oben stieg, kam ihm jemand entgegen mit dem er so gar nicht gerechnet hatte. Beide blieben sie abrupt stehen, nachdem sie den jeweils anderen bemerkt hatten und sich gegenüber standen. Kakuzu war direkt klar – dass jene Person hier war, konnte nur was mit Hidan zu tun haben. «Ich wollte zu dir, un.» «Das nehme ich an», antwortete Kakuzu. Wäre ja auch ein absurder Zufall, sollte Deidara hier in diesem Wohnkomplex noch mit jemand anderem bekannt sein. Der Blonde strich sich seinen Pony zurück, der ihm immer wieder vorne ins Sichtfeld rutschte und sah von oben auf ihn herab. Dabei spielte der Höhenunterschied keine Rolle, denn die Message wäre auch dann noch bei Kakuzu angekommen, wenn Deidara fünf Stufen unter ihm gestanden hätte. Und während der Blonde so total damit beschäftigt war, Dreck unter seinen Fingernägeln hervorzupulen, erbarmte er sich sein Erscheinen Kakuzu zu erklären. «Hidan will seinen Kram wiederhaben.» Der Blonde schien ihn seither noch weniger leiden zu können und er machte auch keinen Hehl daraus. Kakuzu hatte zu Deidara bisher relativ neutral gestanden, doch nun machte er sich bei ihm gerade genauso unbeliebt. Je öfter Kakuzu mit Deidara zu tun hatte, desto mehr fing er an ihren damaligen One-Night-Stand zu bereuen. Diese Arroganz und das Getue darum – es stieß Kakuzu sauer auf. Auch wenn Blondi wohl gerade einfach nur Partei für Hidan ergriff und deswegen so ekelhaft tat. Dennoch waren sie auf keiner Wellenlänge und wahrscheinlich waren sie das schon während jener Nacht nicht gewesen. Mit seiner Art degradierte Deidara den Spaß, den sie damals miteinander gehabt hatten, zu etwas Hässlichem, das Kakuzu gerne vergessen würde. Wären sie sich danach nicht mehr begegnet – so wie es eigentlich vorgesehen war – dann wäre die Sache bei einer schönen Erinnerung geblieben. Aber so fragte sich Kakuzu immer öfter, wie er nur mit dem anderen hatte ins Bett steigen können. Er musste mächtig betrunken gewesen sein. Oder es einfach nötig gehabt haben. Wahrscheinlich beides. Der Blonde folgte ihm, nachdem Kakuzu wortlos an ihm vorbei gegangen war und die letzten paar Stufen zu seiner Wohnung hochstieg. Die Tür war schnell geöffnet und kurz überlegte er sich, ob er den andern draußen warten lassen sollte, entschied sich dann aber dagegen – vielleicht konnte er noch etwas aus dem Blonden herausquetschen. Denn bei ihm waren doch noch ein paar offene Fragen zurückgeblieben. Und auf die würde er, außer durch Deidara gerade, ansonsten wohl keine Antworten bekommen. Also ließ er den Blonden herein, wobei sich Deidara kurz umschaute. Vielleicht erinnerte sich dieser noch an Kakuzus Wohnung, vielleicht aber auch nicht. Er war ja auch nur ein mal hier gewesen und das unter Alkoholeinfluss, dazu war das über ein Jahr her. «Ich muss erst alles zusammensuchen. Das kann einen Moment dauern.» «Klar, ich hab ja sonst nichts besseres zu tun, un», erwiderte der Blonde genervt und verdrehte die Augen. Er ließ sich auf einem der Barhocker in der Küche nieder, während Kakuzu schnaubend im Schlafzimmer verschwand. Natürlich hatte er sich schon denken können, dass Hidan seine Sachen wiederhaben wollte und diese nicht einfach vergessen bei ihm zurücklassen würde. Doch bisher hatte er sich damit nicht befassen wollen – unter anderem weil das gewissermaßen der Schlussstrich darstellte. Weshalb er Deidara jetzt auch nicht eine schon fertig gepackte Tasche aushändigen konnte. Als er den Kleiderschrank öffnete und sich Hidans vollgestopftes Kleiderfach gegenübersah, wurde er plötzlich von Wut gepackt. Dass der Jüngere einfach seinen Freund vor schickte und nicht selbst auftauchte um seine Scheiße abzuholen… fast als würde er sich nicht trauen ihm noch mal gegenüberzutreten. Wie erbärmlich. Zornig grunzend beförderte er Hidans Tasche zutage und fing an die zusammengeknüllte und chaotisch ins Fach reingeworfene Kleidung, in gleicher Manier in die Tasche zu stopfen. Seine Wut flaute jedoch sogleich ab, als er sich vor Augen hielt, dass Hidans nicht Erscheinen kaum etwas mit Feigheit zutun hatte. Vielmehr ließ er sich nicht blicken, da er wohl einfach nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte. Er stockte, als er zwischen den Klamotten auf ein Hemd stieß, das nicht Hidans war. Er hatte sich schon gefragt, wo es abgeblieben war. Das Hemd war aus feinem Satin und soweit er sich erinnern konnte, nicht billig gewesen. Wenn Hidan bei ihm übernachtete, hatte er es gerne mal stibitzt und, trotz störender Knöpfe, zum schlafen angezogen. Da es sich so fucking weich auf der Haut anfühlt, wie er immer als Begründung genannt hatte. Kakuzu hatte nur die Stirn gerunzelt, als Hidan noch irgendetwas von Arielle die Meerjungfrau gefaselt hatte und dass er sich vorstellte, ihre scheiß Flosse würde sich für sie so anfühlen. Das war nicht der erste bizarre Vergleich oder Gedankengang den Hidan äußerte und da sich Kakuzu abgewöhnt hatte, diese zu hinterfragen, hatte er ihm das Hemd wortlos überlassen. Schnaubend löste er sich aus der Erinnerung und zögerte kurz, ehe er besagtes Hemd zu den anderen Klamotten in die Tasche packte. Kakuzu hatte es selbst sowieso nur ein, zwei mal angezogen, also würde er es nicht vermissen. Nachdem er im Schlafzimmer alles zusammen hatte, blieben noch das Wohnzimmer und das Bad übrig. Auch da hatte sich Hidan ordentlich ausgebreitet. Die DVDs und der andere Krimskrams der auf dem Sofatisch verstreut lag, war jedoch schnell eingepackt. Dabei linste Kakuzu kurz zum Blonden rüber und wägte ab, wie er diesen zum plaudern bringen könnte. Denn nach seinem kalten Verhalten ihm gegenüber, glaubte Kakuzu kaum, dass Deidara sonderlich dazu bereit war mit ihm irgendwelche Infos zu teilen. Von Kakuzus Gedankengängen bemerkte der andere nichts. Dessen Aufmerksamkeit klebte auf dem Display seines Handys, auf welchem er dabei munter tippte. «Wie geht’s ihm?» «Huh?», machte Deidara und schaute auf. «Hidan. Wie geht es ihm?» Der Blonde schnaubte, kotzte ihm ein bestens, un vor die Füße und guckte dann wieder auf sein Handy. Kakuzu mahnte sich selbst, ruhig zu bleiben. Dass Deidara für Hidan Partei ergriff war nachvollziehbar und vorhersehbar gewesen, doch dieses giftige Verhalten fand er dennoch unnötig. Nichts desto trotz machte sich Kakuzu erstmal daran im Bad den Rest einzupacken. Deo, Haargel und Spray, Bodylotion, Shampoo und Duschgel und noch weitere Hygieneartikel, die Kakuzu nicht als seine identifizierte, wanderten in die Tasche. Als er dem Anschein nach alles hatte und sich noch mal kurz umschaute, wirkte sein Bad plötzlich ganz leer. Jetzt wurde erst deutlich, wie viel davon alles Hidan gehört hatte. Kakuzu selbst konnte gerade mal eine Flasche Shampoo, welche auch als Dusch benutzt werden konnte, ein Deo und Rasierutensilien seines nennen. Wo hingegen Hidan gefühlt drei Flaschen pro Sache, für jede Lebenslage eine, besaß. Dementsprechend platze die Tasche nun aus allen Nähten. Ein Glück, dass sie überhaupt noch zu ging. Als er sich zurück in den Wohnbereich begab, schaute Deidara auf und steckte sein Smartphone weg. «Ich soll sichergehen, dass sein Lieblingsshirt auch nicht vergessen wird… irgendein Rotes.» «Das Schwarze mit nem menschlichen Herzen in der Mitte, das aussieht wie eine Granate? Ist drin.» «Gut, un.» Damit griff Deidara nach dem Riemen der Tasche und wollte schon Richtung Tür laufen. Er kam nicht weit und prallte gegen eine imaginäre Wand, da Kakuzu seinerseits die Tasche nicht losgelassen hatte. Und so baumelte sie wie beim Tauziehen zwischen ihnen. Schon komisch. Vor nicht allzu langer Zeit hatte er sich über Hidans Krempel noch aufgeregt. Und jetzt wollte er ihn kaum mehr hergeben. Verwundert drehte sich Deidara um, ehe sich ein säuerlicher Ausdruck in seine Züge schlich, als er begriff was Phase war. «Was soll das denn jetzt…», meinte der Blonde genervt. «Wie geht es ihm?» «Bestens. Sagte ich doch schon oder bist du schwerhörig?» «Und gleich noch mal. Aber dieses mal hätte ich gerne eine vernünftige Antwort auf meine Frage. Wie geht es ihm?» Deidara schnalzte mit der Zunge. «Hör mal, ich bin nur hier, weil ich ihm nen Gefallen tue. Der Rest geht mich nichts an und ich werd mich in euer Zeug auch nicht einmischen.» Damit schien für Blondi alles gesagt zu sein und so wandte er sich erneut ab. Jedoch kam er auch dieses mal nicht weit, da Kakuzu noch immer nicht losließ. Als das auch Deidara merkte, drehte er sich brüskiert wieder um und blickte verachtend zu Kakuzu, der es wagte ihn so rüpelhaft festzuhalten. Das Getue, das fast schon an eine Prinzessin erinnerte, war so lächerlich, dass man fast schon wieder darüber lachen konnte. Doch gerade war Kakuzu nicht danach zumute. «Und das schließt aus, mir eine Frage zu beantworten? Oder hat er dir etwa verboten mit mir zu reden?» «Es geht dich zwar nichts an, aber nein, direkt hat er das nicht.» «Aber indirekt?» «Nein. Was weiß ich!», meinte Deidara genervt. «Ich soll halt nur seinen Kram holen und fertig. Ich hab echt keine Lust, dass das hier länger als nötig dauert, also gib endlich her.» Kakuzu zögerte, als der Blonde ihn dazu aufforderte. Doch dann wurde sein Griff um den Riemen der Tasche umso fester. «Dann hör du mir mal zu», begann er mit fester Stimme. «Du bekommst die Tasche sobald du mir ein paar Fragen beantwortet hast. Und das mit ein wenig mehr Respekt, wenn ich bitten darf.» «Tch, wie bitte?», machte Deidara, ehe er wütend an der Tasche zog, versuchte diese aus Kakuzus Hand zu reißen. Als das nicht klappte, da Kakuzu so eisern festhielt, dass eher der Riemen nachgeben würde, ließ er schnaubend von der Tasche ab. «Was ein Kindergarten, un.» Komisch, dasselbe dachte sich Kakuzu auch gerade. Damit verschränkte Deidara die Arme vor der Brust, als sei er sich plötzlich zu fein dafür, sich mit Kakuzu zu streiten. «Dass du dich überhaupt traust noch irgendwelche Forderungen zu stellen… was ne Frechheit! Du willst Hidan wohl noch bis zum bitteren Ende das Leben schwer machen, huh? Er wird bestimmt jubeln, wenn ich ihn anrufe und sage, dass du dich weigerst seine Sachen rauszugeben… willst du das wirklich?» Drohend hatte der Blonde bereits sein Handy gezückt, wobei das Display Hidans Kontakt anzeigte. «Mach doch, ist mir egal», bluffte Kakuzu. «Wenn das der Preis ist den ich zahlen muss, damit ich überhaupt etwas erklärt bekomme, dann zahle ich ihn halt. Ich verlange doch gar nicht viel, nur Klarheit! Danach kannst du von mir aus die Tasche nehmen und gehen.» Hidan noch mehr Ärger zu bereiten als er es ohnehin schon getan hatte, war das Letzte das er wollte. Nur war er nicht bereit mit allem abzuschließen, ohne vorher wenigstens... wenigstens zu wissen was schief gelaufen war. Natürlich war schon einiges vor dem überraschenden Zusammentreffen mit Hidans Mutter schief gelaufen. Doch genau dieser Punkt gab ihm noch immer zu denken. Die ganze Zeit über hatte Hidan von ihm verlangt, dass er sich mehr öffnen sollte. Aber selbst war der Jüngere nicht besser gewesen. Er hatte Kakuzu genauso wenig in sein Leben gelassen. Andernfalls hätte er wenigstens mal irgendwie erwähnt oder wenigstens angedeutet, dass sein Outing noch nicht ganz durch war und er in eine Familie geboren worden war, die offensichtlich ein Problem mit seiner Sexualität hatte. Auch wenn sich Kakuzu nie explizit danach erkundigt oder Fragen zu Hidans Familie gestellt hatte, war das doch etwas, das man schon relativ zügig von sich aus mal zur Sprache brachte. Wie ironisch. Kakuzu war bis zum Ende hin und her gerissen gewesen, doch zusammenfassend betrachtet hatte er sich nicht dazu überwinden können Hidan zu vertrauen. Und nun schien es, dass der Jüngere mit genau demselben gehadert hatte und zum gleichen Ergebnis gekommen war. «Ich wüsste nicht, was es da noch groß zu erklären gibt, un. Und eigentlich solltest du doch besser wissen was abgelaufen ist. Schließlich warst du da und nicht ich, un. Oder willst du, dass ich dir erkläre wie viele Probleme du Hidan aufgehalst hast, als du ihm in den Rücken gefallen bist und vor seiner Mam in die Pfanne gehauen hast?» Deidara schnaubte, drückte auf den grünen Höhrer und hielt sich sein Smartphone ans Ohr. «Das kannst du dir doch sicher denken. Also tu nicht so scheinheilig und versuch gar nicht erst die Schuld auf wen anderes abzuschieben.» Zähneknirschend überlegte Kakuzu, wie er den anderen dazu bringen konnte aufzulegen. Das erste Tuten ertönte – er hatte keine Zeit mehr. Sollte er ihm das Handy aus der Hand reißen? Ihn erschrecken und laut werden? Ihm drohen? Beim zweiten entschied er, dass er in der Vergangenheit zu viele Dinge versucht hatte mit Gewalt zu lösen. Also ließ er die Tasche resigniert dem Blonden vor die Füße fallen. Deidara hasste ihn und würde ihm gar nichts erzählen. Es hatte keinen Sinn, das hatte Kakuzu nun eingesehen. «Nimm sie, aber leg bitte auf. Wie du schon gesagt hast, hat er bestimmt schon genug Ärger am Hals. Ich weiß, dass ich einen Haufen Fehler gemacht hab, aber um die wieder gut zu machen ist es jetzt zu spät. Ich wusste dass es so kommt, aber dass es unter solchen Umständen zu Ende geht, das habe ich bestimmt nicht gewollt. Er soll sich nur ja nicht unterkriegen lassen und ich hoffe, er bekommt das mit seiner Familie wieder hin. Und am besten hält er sich in Zukunft von toxischen Beziehungen fern.» Gerade als er endete, nahm genau in jenem Moment Hidan den Anruf entgegen. Kakuzu erkannte zweifelsohne seine Stimme, verstand aber nicht was er sagte. Deidara zögerte, sah Kakuzu skeptisch an, als müsse er erst abwägen wie viel man auf dessen Wort geben konnte. Fast als befürchtete er, es wäre bloß ein Trick, damit er auflegte. Als erneut etwas aus dem Hörer zu vernehmen war, räusperte sich der Blonde. «Ja, bin da, sorry. Wollte nur kurz Bescheid geben, dass ich die Sachen habe und grad aufm Rückweg bin. Soll ich sie dir gleich vorbeibringen, un?» Kakuzu war zwar froh, dass der Blonde anscheinend noch so viel Empathie übrig hatte, dass er die Sache nun auf sich beruhen ließ, doch viel besser fühlte er sich dadurch nicht. Vorhin hatte er endlich mal wieder halbwegs gute Laune gehabt und nun wollte er sich am liebsten wieder ins Bett legen und die restliche Woche verschlafen. «Okay, dann bis gleich!», meinte Deidara abschließend, ehe er den Anruf beendete. Sie tauschten einen kurzen Blick miteinander aus und im Stillen dankte Kakuzu ihm noch mal, dass er keinen weiteren Konflikt heraufbeschworen hatte. Dann nahm der Blonde wortlos die Tasche vom Boden auf und wandte sich zum Gehen. «Eins versteh ich nicht ganz, un.» Deidara war stehen geblieben und drehte sich an der Tür noch mal zu ihm um. «Warum hast du ihn gegen seinen Willen geoutet, wenn es dir jetzt angeblich leid tut? Ich mein, man hätte sich doch denken können, dass das nichts ist, was Hidan schnell verzeihen wird und ihn noch länger belasten würde.» Kakuzu schnaubte. «Ist ja nicht so als hätte ich das absichtlich getan.» Der Blick, den er daraufhin von Deidara zugeworfen bekam war merkwürdig. Fast als wäre der Blonde genau davon ausgegangen, was Kakuzu umso mehr stutzig machte. «Was genau hat er dir erzählt?», fragte er langsam nach. Als Blondi nicht antwortete, wurde er etwas konkreter. «Hat er dir etwa erzählt ich hätte ihn mit voller Absicht geoutet?» «Nicht direkt.» «Aber indirekt?», grollte Kakuzu. So abwegig war das ja nicht, immerhin war Hidan so sauer auf ihn gewesen – und war es wahrscheinlich immer noch – dass Kakuzu sich gut vorstellen konnte, dass der Jüngere während seiner Erzählung übertrieben hatte. «Nein! Eigentlich hat er gar nicht viel erzählt, jedenfalls nichts Konkretes. Das musste ich ihm eh schon aus der Nase ziehen, un. Also hab ich mir den Rest halt selbst gedacht…» «Tch. Aber klar. Und dann hier erst Gift versprühen, obwohl man gar keinen Plan hat», grunzte Kakuzu und verschränkte die Arme vor der Brust. «Aber um das klarzustellen: ich wusste weder, dass das seine Mutter ist, noch hatte ich eine Ahnung davon, dass seine Familie dem Anschein nach geistig im Mittelalter stecken geblieben ist und Menschen, die nicht der Norm entsprechen, auf dem Scheiterhaufen verbrennen will.» «Aber war das nicht offensichtlich, un?» «Wie sollte es? Er hat nie über seine Familie geredet.» «Hat er nicht? Ich dachte ihr wärt…», murmelte Deidara unsicher. Der Blonde brachte Kakuzu dazu, nun doch noch mal zu überlegen, ob er irgendwann mal etwas überhört hatte und doch irgendwie eine Ahnung hätte haben können wie es um Hidans Familie stand. Hatte der Jüngere vielleicht mal etwas am Rande bemerkt, womit man darauf hätte schließen können? Hidan hatte oft vor sich hin geplappert und bei der schieren Maße an unnützen Informationen, musste Kakuzu zugeben, dass er nicht immer zugehört hatte. Dennoch… so etwas wäre bei ihm doch sicherlich im Netz hängen geblieben. Letzten Endes war es aber eh egal. Es spielte nun keine Rolle mehr. Auch wenn er Bescheid gewusst hätte, wäre er womöglich trotzdem alkoholisiert bei Hidan aufgekreuzt, hätte Stunk gemacht und wäre durchgedreht, bis alles eskalierte. Der Teil mit Hidans Mutter hatte allem nur die Krone aufgesetzt. Kakuzu hatte schon davor mit seinem ignoranten, aggressiven Verhalten alles kaputt gemacht, auch ganz ohne das unglückliche Outing. Er allein war Schuld. «Hast du Facebook, un?» «Was?», machte Kakukzu verwirrt und runzelte die Stirn. Was sollte die Frage denn jetzt? Wollte Deidara ihn nun etwa anbaggern? «Ob du Facebook hast. Oder Instagram. Tiktok. Irgendwas? Social Media müsste dir doch ein Begriff sein.» «Die digitale Welt ist nicht so mein Ding. Ich hab Twitter, benutze es aber eher selten. Warum?» «Ok, das erklärt einiges, un. Dann gebe ich dir nen Tipp: such mal nach Hidan. Du solltest ihn auf einigen Plattformen finden können. Vielleicht beantwortet das deine Fragen, un.» Ohne weitere Erklärung verließ Deidara die Wohnung, schloss die Tür hinter sich und ließ Kakuzu verwirrt zurück. Warum hatte der Blonde ihm das gesagt? Was würde er im Netz finden? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)