Tales of Symphonia - Die Anfänge der Auserwählten von OdessaLP ================================================================================ Kapitel 9: Das Bardo Teil 2 --------------------------- Genis strich am Kalender in der Küche einen weiteren Tag rot an. Langsam gewöhnte er sich daran, den Babysitter zu geben und es gefiel ihm, wie die Kinder an seinen Lippen hingen. Trotzdem sollte er eigentlich etwas anderes machen. Seine Forschungsreisen weiterführen, zum Beispiel. Oder sich um Presea kümmern. „Guten Morgen“, lachten Elena und Kai und setzten sich an den gedeckten Tisch, stopften Pfannkuchen und Früchte in sich hinein und spülten mit Milch nach. Genis gönnte sich einen starken Kaffee und betrachtete Elena. Obwohl sie nicht klagte, war er sich sicher, die Kleine brütete etwas aus. Ihre Augen glänzten in wenig fiebrig. Beiläufig legte er ihr die flache Hand gegen die Stirn. „Fühlst du dich schlecht?“ Heftig schüttelte sie den Kopf. „Du legst dich aber trotzdem ein bisschen hin.“ „Och nöö!“, schmollte sie. „Wir wollen doch deine Geschichte weiter hören.“ „Ich komme in euer Zimmer, einverstanden?“ Die beiden stimmten zu und trollten sich. Bevor er zu den beiden ging, setzte er einen Tee auf, der Elena tüchtig ins Schwitzen bringen und das Fieber bekämpfen würde. Als er ins Kinderzimmer kam, lag das Mädchen artig in die kuscheligen Decken gehüllt im Bett und Kai saß davor und lehnte sich gegen den Rahmen. Genis reichte der Kleinen den Tee, zog sich einen Stuhl heran und ließ sich darauf fallen. Für einen Moment fühlte er sich wie der Großvater der beiden. Fehlte nur noch eine Wolldecke über den müden Beinen und der weiße Rauschebart. Irritiert schauten die Kinder ihn an und er bemerkte, dass er über seinen eigenen Gedanken recht dümmlich grinste. Er räusperte sich und fuhr fort, wo er am Vortag aufgehört hatte: ----------------------------------------- Nachdem ihre erste Prüfung abgeschlossen war und sie sich dem Manapunkt entgegen bewegten, entpuppte das Bardo sich immer weniger als der Höllenmoloch, als der es sich anfangs zeigte. Es wurde ruhiger, die jammernden Geister verschwanden und die düsteren Farben zogen sich zugunsten hellerer zurück. Wirklich farbenfroh wurde es zwar nicht, aber es wirkte weit weniger trostlos. Die Gruppe marschierte schweigend. Shiron kämpfte mit seinem Gewissen. Immerhin hatte er seine Freunde in diese missliche Lage gebracht und es war seine Schuld gewesen, dass sie Schmerzen erdulden mussten. Eine kräftige Hand legte sich auf seine Schulter. Er dachte, es sei Geta und sah auf, setzte zu einer Entschuldigung an. Doch er sah in Kratos´ dunkle Augen. Schnell wollte er einen Schritt zur Seite machen, aber der Söldner hielt ihn am Hemdkragen fest. Keineswegs grob, aber die Geste machte deutlich, dass er neben ihm bleiben sollte. „Nun, was hältst du bisher von deiner Reise?“ Fast flüsterte Kratos schon. „Ich gewöhne mich daran. Es ist immer noch schwer.“ „Das verstehe ich. Vertraust du deinen Gefährten?“ Shiron runzelte die Stirn. Was sollte diese dämliche Frage? Und was war das für ein seltsamer Ausdruck in Kratos´ Pupillen? „Na ja, Geta vertraue ich hundertprozentig. Lenox auch, auch wenn er manchmal tierisch nervt.“ „He, das habe ich gehört!“ Der Centurion wandte sich kurz zu ihm und legte knurrend die Ohren an, ehe er ein Geräusch von sich gab, was wie ein Lachen klang. „Mit den riesigen Ohren muss er ja alles hören“, murmelte Shiron und bemerkte, wie Kratos krampfhaft ein kurzes Gelächter unterdrückte. „Was ist mit Zent?“, fragte er nach einem kurzen Räuspern. Shiron hob den Blick und warf einen Blick auf den Engel, der einige Meter neben ihm lief und ab und zu innehielt, um die merkwürdige fremde Landschaft zu betrachten. „Er ist freundlich und ehrbar, finde ich. Ihm vertraue ich auch, aber. Dir...“ Schnell unterbrach er sich. „Mir nicht?“ „Entschuldige.“ Kratos ließ ihn los. „Du musst dich nicht entschuldigen. Ich nehme es dir nicht übel. Dennoch, lass mich dir einen Rat geben. Achte ein bisschen mehr auf deine Gefühle, auf das, was dein Instinkt dir rät.“ Damit verließ der Söldner ihn und schloss zu Geta und Lenox auf, die an der Spitze liefen. Aber Shiron entging der Blick nicht, den er vorher auf Zent richtete. Der junge Auserwählte war sich nicht schlüssig, was das bedeuten sollte und schielte erneut zu dem Engel hinüber. Erstmals nagte der Zweifel an ihm. Was wusste er denn schon über den Mann? Was würde geschehen, sobald alle Federn beisammen waren? Zent hatte lediglich Andeutungen fallen lassen, ihm jedoch keine wirkliche Antwort gegeben. Doch Kratos war ihm bisher am ehesten suspekt vorgekommen. Der Söldner vereinte eine Vielzahl an Kräften in sich. An ihm haftete eine seltsame Aura, die der Auserwählte sich nicht erklären konnte. Eine innere, kaum hörbare Stimme raunte ihm jedoch beständig zu, dass er es eigentlich wissen müsse. Dass er erkennen könnte, was in den Lebewesen um ihn herum vorging, wenn er es denn nur versuchen würde. Nur genau da war der Haken. Er wusste nicht, wie. Über schwebende Pfade erreichten sie schließlich das eigenartige Schloss. Aus der Nähe mussten sie feststellen, dass es weder Eingänge noch Fenster gab. Geta zog seine Lanze und piekste mehrmals prüfend gegen verschiedene Mauerstellen. „Massiv. Da kommen wir nicht hinein.“ Shiron überprüfte diese Information mit bloßen Händen. Die Mauer fühlte sich an, wie sie sich anfühlen sollte. Kühl und hart. Er konzentrierte sich und versuchte, den Manapunkt zu erspüren. Der lag direkt geradeaus, im Inneren des Schlosses. „Was machen wir jetzt?“ Aus dem Augenwinkel sah er, wie Kratos nach vorn treten wollte, doch Zent kam ihm zuvor und lehnte sich mit dem ganzen Körper gegen die Mauer. Der graue Stein waberte und reflexartig streckte Shiron eine Hand nach dem Engel aus, während er selbst von den anderen ergriffen wurde. Ein kurzer Sog folgte und sie befanden sich auf der anderen Seite. Verblüfft blieben sie stehen, denn in den vor ihnen liegenden, fensterlosen Hallen war es keineswegs dunkel. Von überall aus Wänden und Decke emanierte goldenes Licht. Mehr als das, gab es allerdings auch nicht. Ansonsten waren die Wände kahl, nirgends stand Mobiliar. Glücklicherweise schwebten auch keine Geister umher. „Was für ein seltsamer Ort“, wunderte sich Geta. Er schickte sich an, die Wände zu berühren und wurde von Lenox zur Seite gestoßen. „Nichts anfassen. Lasst uns weitergehen.“ „Ja, wir sollten uns beeilen“, mischte sich Kratos ein und Geta ließ von seinem Vorhaben ab. Es ging beständig geradeaus, als würden sie über einen endlosen Flur laufen. Nichts deutete auf Zimmer hin, oder darauf, in welchem sie Stockwerk sie sich befanden. Es war still. Von draußen drang kein einziges Geräusch herein. Es war nicht einfach das Fehlen von Geräuschen, wie Shiron feststellte. Die Stille welche sie durchquerten, war seltsam zäh. Wie das Innere eines stummen Lebewesens, durch dessen Körper sie liefen, das sie verschlungen hatte. Der Auserwählte hob den Kopf und lauschte. War es doch nicht so ruhig? Seine Gefährten liefen weiter, als hätten sie sein Innehalten nicht bemerkt. Shiron schüttelte sich und versuchte, das unbehagliche Gefühl abzustreifen. „Bruder....“ „Shiron, mein Sohn...“ Er wirbelte um seine eigene Achse. „Roise! Vater!“ Die Wände verschluckten seine Stimme, daher hörten seine Freunde ihn auch nicht und bemerkten nicht, das er immer weiter zurückfiel. „Bruder! Wo bist du?“ „Roise! Ich höre dich!“ „Du hast gesagt, du wirst uns retten!“ Das Echo der hellen Stimme verklang. „Roise!“ Shiron bemerkte nicht, dass er brüllte. Selbst seine eigene Stimme nahm er nur noch gedämpft wahr. Glockenhell lachend erschien eine Silhouette vor ihm, die er inzwischen zu gut kannte. „Masara?“ Sie verschwand um eine Biegung. „Willst du deinen Bruder sehen? Folge mir...“ Erneut erklang das klirrende Lachen, welches seinen Körper in unschöne Spannung versetzte und in seinem Verstand sämtliche Alarmglocken schellen ließ. „Shiron! Bruder!“ Er warf sämtliche Bedenken über Bord und sprintete der Erscheinung hinterher. Sie tauchte auf und verschwand wieder, führte ihn tiefer in den Magen des stummen Monsters. Atemlos erreichte der junge Auserwählte eine große Kammer und blieb entsetzt stehen. Seine Familie hing in Ketten, halbtot an kahlen Wänden. Roise dürrer, kindlicher Körper war von Schrunden und blutenden Wunden übersät. Die aufgerissenen, geschwollenen Lippen bewegten sich. „Du hast gesagt, du rettest uns. Du hast es versprochen.“ Den Tränen nahe, wollte der Auserwählte nach seinem Bruder greifen und stellte fest, dass er er auf einem Manapunkt stand. Von ihm unbemerkt, hatte Masaras Geist, oder was immer es war, ihn zu dem Punkt geführt. Aber warum war seine Familie hier? „Rette deine Familie und vergiss den Punkt“, schnurrte eine dunkle Stimme, deren Besitzer er nicht auszumachen vermochte. „Oder öffne den Punkt und lass sie sterben.“ Shiron kannte die Stimme. Sie gehörte jenem Monster, das seine Familie überhaupt erst in diese Lage gebracht hatte. Er haderte. Lenox hatte ihn doch gewarnt.Wovor? Verunsichert sah er zu seinem Bruder. Plötzlich riss Roise die Augen weit auf. „Öffne den Punkt, Bruder! Bitte!“ „A....aber...“ Unter seiner Familie öffnete sich ein Fallgitter, die Fesseln gaben nach. „Wenn du den Punkt öffnest, stürzen sie in den Tod!“ Der Auserwählte zitterte am ganzen Leib und meinte, dumpfe Schritte hinter sich zu hören unter die sich unverständliche Worte mischten. Eines verstand er jedoch: „Illusion.“ Und es war Kratos, der es sagte. Was war eine Illusion? Seine Familie? Der Punkt? Beides? Beides fühlte sich real an. Er spürte das Mana und hörte zugleich das ängstliche, hektische Atmen seiner Familie. Shiron schloss seine Augen und begann, seinem Instinkt folgend, den Manapunkt zu öffnen. Die Ketten rasselten, seine Familie schrie auf. Gedanklich spielte der Auserwählte das Szenario durch. Wenn er schnell genug war, konnte er beides machen. Den Punkt öffnen und seine Liebsten retten. Er spannte sämtliche Muskeln, bereitete sie auf den waghalsigen Sprung vor. Wenige Sekunden später schoss das entlassene Mana nach oben und Shiron hechtete nach vorn. Das gläserne Lachen zersprang und Roise verschwand vor seinen Augen. Ebenso seine Eltern. Die Fallgrube jedoch, war beängstigend echt. Und auch die nach oben gerichteten Lanzenspitzen. Shiron hing am Rand der Grube und hielt sich mit schwindender Kraft fest. Die Kante war glatt und es war nur noch eine Frage von winzigen Augenblicken, bis er in den sicheren Tod stürzen würde. Seine Fingerknochen knackten und mit einem unterdrückten Schmerzschrei sah er auf. Jemand stand auf seinen Fingern und versuchte ihn auf diese Weise zum Loslassen zu bringen. Doch er sah niemanden. Alles was er spürte, waren das Gewicht und das raue Profil von Stiefelsohlen. Die Sohlen wurden gedreht und Shiron ließ unfreiwillig los. Eine simple Reaktion seines Körpers, um dem Schmerz zu entkommen. Rasant näherten sich die tödlichen Spitzen. Doch kurz bevor die ihn aufspießen konnten, stoppte sein Sturz und starke Hände umfassten grob seine Fußknöchel. Sein Gehör nahm seinen normalen Betrieb wieder auf und er konnte Geta und Kratos angestrengt schnaufen hören. „Noch ein kleines Stück“, keuchte sein Kindheitsfreund und dann, nach einem kräftigen Ruck, sauste er über die Köpfe der beiden hinweg und landete hart auf dem Steinboden. Nach Luft ringend rollte Shiron sich auf den Rücken. Geta saß rechts von ihm und rieb sich die Schultern. Links saß Kratos, lächelte ihn freundlich an und klopfte ihm auf die Brust, bevor er aufstand und einen Blick auf Zent warf. Unwillkürlich folgte Shiron dieser Geste. Kratos wirkte im besten Falle misstrauisch, stinksauer traf es eher. Doch Zent lächelte nur erleichtert und so dachte der Auserwählte nicht weiter darüber nach. Dass der Söldner und der Engel sich nicht gut verstanden, war von Anfang an spürbar gewesen. Dann fiel sein Blick auf Lenox und der junge Auserwählte wollte lachen. Da sein ganzer Körper jedoch schmerzte, kam nur ein Krächzen heraus, das glücklicherweise überhört wurde. Falls Centuirons erblassen konnten, so war das bei Lenox eindeutig der Fall. Shiron streckte eine Hand aus und erreichte den flauschigen Kopf. Liebevoll streichelte er Lenox zwischen den Ohren. „Danke, Leute.“ „Hast du uns nicht gehört?“, fragte Kratos. „Wir haben dich gewarnt.“ Er schüttelte den Kopf und stutzte kurz. „Mmh, doch. Du hast was von Illusion gesagt, oder so.“ „Ja, ich wollte dir sagen, dass dort nichts ist, nur diese Grube.“ „Aber der Manapunkt...“ „Der auch“, mischte Lenox sich ein. „Entferne dich bitte nicht nochmals so weit von uns. Außerdem habe ich dir doch gesagt, du sollst dich hier nicht auf das verlassen, was du siehst und hörst.“ Seine letzten Worte klangen sehr unwirsch, aber Shiron hatte keine Lust, sich deswegen aufzuregen. Zum einen hatte Lenox Recht, zum anderen,war er ihm und natürlich seinen anderen Freunden zutiefst dankbar. Eine Zeitlang blieben sie noch sitzen, erholten sich von den Strapazen und schöpften neue Kraft. „Wo ist unser nächstes Ziel?“, wollte Shiron schließlich wissen. „Zunächst sollten wir nach Altamira gehen“, gab Kratos zur Antwort, begleitet von einem weiteren finsteren Seitenblick auf Zent. „Dort sollten wir noch ein paar Federn aufspüren können. Danach, hmmm....“ „Noch eine Reise in die Unterwelt?“, stöhnte Geta. „Nicht direkt, nein. Wir besuchen Avalon, ein legendäres Paradies, in dessen Nebeln ein uralter Held schlummern soll.“ Skeptisch musterte Shiron den Söldner. „Woher weißt du so was?“ Scheinbar ertappt sah der Mann zur Seite. „Ich habe meine Quellen.“ „Es wäre schön, wenn du sie mit uns teilen würdest.“ „Wenn die Zeit reif dafür ist.“ Shiron zog ein Gesicht und äffte Kratos still nach. Von Geheimnissen hatte er allmählich genug. Er wollte doch nur seine Familie wiedersehen! ------------------------------- Genis beendete seine Erzählung und fühlte schnell Elenas Stirn. Das Fieber war nicht gestiegen. Immerhin ein gutes Zeichen. Sie hatte sich wohl zum Glück nur eine leichte Erkältung eingefangen. „Ich mache dir noch einen Tee.“ Diesmal gab es keine Wiederworte und Kai stiefelte ihm eifrig in die Küche hinterher. Der Halbelf setzte Wasser auf und reichte dem Jungen einen Apfel und ein kleines Messer. „Schneidest du ihn in Stückchen?“ „Geht klar, Onkel Genis.“ Stolz wie Sonstwas machte Kai sich an die aufgetragene Aufgabe. Genis kramte die Kräutermischung aus dem Küchenschrank und füllte sie in eine Tasse. Die Türklingel schellte und der Halbelf überlegte, ob er das Geräusch nicht einfach ignorieren sollte. Doch Kai machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Sorgfältig legte der Junge Apfelschnitze und Messer auf die Anrichte und rannte zur Tür. „Hallo, Kai!“ Ein Freudenschrei folgte. „Lloyd, Zelos!“ Genis stöhnte auf, machte sich aber nicht die Mühe, in den Korridor zu gehen und seine Freunde zu begrüßen. Sie stapften eh gerade in die Küche. Zelos bewegte sich ungelenk, da Kai sich an dessen Bein klammerte und so tragen ließ. Offenbar fand der Junge das sehr lustig. „Na, wie geht es dir?!“, rief Lloyd fröhlich und umarmte den Halbelf heftig. „Wir haben schon gehört, dass du zum Babysitten abgestellt wurdest.“ „Wieso spricht sich so was immer gleich herum?“, knurrte Genis und übergoss die Kräuter. Lachend löste Zelos Kais Arme von seinem Bein. „Können wir dir helfen?“ Genis lehnte sich mit dem Rücken gegen die Anrichte und verschränkte die Arme vor der Brust. „Und wieso kommst du auf die Idee, dass ausgerechnet ihr beide geeignet seid, um Kinder zu hüten?“, fragte er mit einem Blick auf die ineinander verschlungenen Hände der beiden Männer. Mit der freien Hand verpasste Lloyd ihm einen leichten Klaps. „Du weißt doch, dass wir schon seit Monaten versuchen, ein Kind zu adoptieren. Ist eben alles nicht so einfach.“ „Yup, und außerdem: Bei dir und Presea war der Klapperstorch auch noch nicht.“ Grinsend sah Genis zu Zelos. „Auch wieder wahr. Meinetwegen. Und? Habt ihr vielleicht etwas von Emil und Marta gehört?“ Zelos hauchte Lloyd einen raschen Kuss auf die Lippen. „Ich glaube, sie wollten nach Meltokio. Wenn du willst, schicke ich später mal einen Boten.“ „Das wäre nett und wenn es dir nichts ausmacht, schick den Boten gleich noch zu Presea und teile ihr mit, dass es länger dauern wird und warum das so ist.“ „Kein Problem. So, wie können wir dir helfen?“ ---------------------------------- Außerhalb von Meltokio Emil hatte die Stadt verlassen und spazierte mit Roivas durch einen kleinen Hain. Seine eigenen Zweifel nagten an ihm. Was wäre wenn? Ja, was dann? Roivas stöberte ein Eichhörnchen auf und jagte ihm lachend hinterher, bis es sich auf einen Baum flüchtete. Emil entschied, alles auf eine Karte zu setzen. „Roivas, Schatz, komm mal zu mir.“ Der Junge gehorchte, sogar ohne zu zögern. Er reichte seinem Sohn einen kleinen, dünnen Ast. „Pass auf. Wir spielen jetzt was.“ „Ja, ja!“ „Halt den Stock so.“ Emil machte es vor und Roivas nahm eine Position ein, in der er den Stock wie ein Schwert angriffsbereit seitlich hielt. „Jetzt sprich mir nach: Ain Soph Aur, und dann stoß den Stock in Richtung dieses Baumes.“ Roivas nickte. „Ain Soph Aur!“, rief er mit klarer Stimme, die so gar nicht zu seinem Alter passen wollte. Von der Spitze des Stocks löste sich eine Lichtkugel und schoss in den Baum. Die Kraft war gering und brachte das Holz nicht mal zum qualmen. Dass es funktioniert hatte, war trotzdem eine Überraschung. „Hast du sie noch alle?!“ Erschrocken fuhr Emil herum. Marta sah wenig begeistert aus und trommelte mit einem Fuß auf den Boden. „Wenn du schon glaubst, dass Ratatosk sein Vater ist,warum probierst du dann diese Attacke aus? Moment! Es hat funktioniert?!“ Sie wurde blass. Emil trat zu ihr und schloss sie in seine Arme. „Ich gehe mit ihm zur Ginnungagap.“ Sie verstand und nickte langsam. „Ich komme mit.“ „Nein, besser nicht. Mach dir keine Sorgen.“ Er versuchte sich an einem aufmunternden Lächeln. „Und wenn ich dort bin, werde ich Richter den Arsch aufreißen.“ Marta wischte sich über die Augen. „In Ordnung. Wenn du denkst, dass es das richtige ist.“ „Morgen früh brechen wir auf.“ Mit seinem Sohn im Arm folgte Emil Marta zurück in die Stadt und hing seinen Gedanken nach. Ein anderer war ihm gekommen. Roivas musste nicht zwangsläufig Ratatosks Sohn sein, es war auch möglich, dass er ganz einfach Ratatosk war. Eine Art Reinkarnation. Er seufzte vernehmlich. In ein paar Tagen würde er schlauer sein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)