Dezemberherzen von Schwarzfeder (Sammlung von Oneshots) ================================================================================ Kapitel 1: Märchenstunde – Hinter den Eisbergen ----------------------------------------------- »Geht’s?« Ich muss mir ein schmunzeln verkneifen und nicke aber trotzdem. »Das ist morgen schon wieder weg, alles gut«, beruhige ich Mathis und freue mich aber gleichzeitig, dass er so besorgt scheint. Sieben Monate und diese ganzen kleinen Dinge sind immer noch da. Sorge wegen jedem noch so kleinen Kratzer ist nur eines davon. Und das er besorgt ist sehe ich. Er mustert mich noch drei Sekunden und zieht dabei die Stirn kraus, sodass sich eine Falte zwischen seinen Augenbrauen bildet. Ich drücke sie mit einem Finger wieder zurück. »Ich hab‘ mir nur die Lippe verbrannt, nicht meinen Arm verloren«, beschwichtige ich amüsiert, weshalb er seufzt und mich küsst. Meine Lippen kribbeln leicht, aber ich ignoriere das und erwidere den Kuss. »Nehmt euch ‘n Zsimmer«, gröhlt mein Schwager in Spe, Lucas, leicht beduselt und ich muss lachen. Meine kleine Schwester seufzt vernehmlich. »Ich denke mal du hattest genug für heute«, sagt sie entschieden, nimmt ihrem Verlobten die Tasse aus der Hand und stellt sie auf den kleinen Stehtisch in unserer Mitte. »Willst du jetzt etwa schon gehen?«, fragt Mathis verdutzt, als er sich von mir gelöst hat. Nina nickt. »Ich will morgen eigentlich nicht blau unterm Baum liegen, oder noch schlimmer mit Kater«, erklärt sie und ich verkneife mir ein Lachen als ich unwillkürlich an Gabriels Kater in der WG denken muss, »Außerdem ist mir kalt und ich will nicht zum Eiszapfen werden.« Mathis brummt nichts sagend und zuckt dann mit den Schultern. »Willst du auch schon zurück?«, fragt er mich dann, aber ich schüttle mit dem Kopf. Die meisten Stände werden zwar im Moment schon abgebaut, aber der Gedanke mit Mathis allein noch ein bisschen hier zu stehen oder gleich noch durch die Gegend zu ziehen gefällt mir grade viel zu sehr. »Dann...bleiben wir noch hier. Kommt ihr nach Hause?« »Wir sind schon groß. Mehr oder weniger...«, erklärt Nina mit einem Seitenblick, bevor sie noch einmal schwer seufzt, »Na komm, meine kleine Schnappsnase.« Lucas grient uns an, bevor er einen Arm um Ninas Schultern legt und sich mitziehen lässt. »Tut nich‘s, was ich nich‘ auch tun würd‘, Kinners«, ruft er noch und jetzt werde ich doch etwas verlegen. Mathis zieht amüsiert eine Augenbraue hoch, bevor er mich ansieht. »Er weiß aber schon noch, dass ich älter bin als er, oder?«, fragt er amüsiert und ich zucke mit den Schultern. »Zu viel Glühwein?«, sage ich dann murmelnd und nehme den letzten Schluck aus meiner Tasse. Mathis lacht nur und sieht sich dann um. »Gar nicht mehr so viel los«, bemerkt er und ich nicke leicht, als ich mich ebenfalls umsehe. »Lass uns noch einen Nachschub holen und Lucas‘ Becher abgeben und dann ein bisschen rumlaufen«, sage ich vorschlagend und greife schon direkt nach dem Becher. Mathis grinst mich an. »Was?« »Du hattest schon drei. Sicher, dass du noch einen haben möchtest?« »Da ist doch kaum was drin und ja«, antworte ich entschieden, weshalb Mathis nur lacht. Ich brumme verlegen und greife einfach auch noch seinen Becher, bevor ich zum Tresen des Glühweinstandes gehe, der noch steht, auch wenn hier und da schon einzelne Sachen abgehangen und eingepackt werden. Der Weihnachtsmarkt ist seit einer Stunde offiziell beendet. Nur noch ein paar Glühweinstände sind noch offen. Dementsprechend leer ist es auch, verglichen mit den letzten Tagen. Das rege Treiben hat sich allerdings hier dafür doch sehr gedrubbelt. Dafür, dass nicht mehr viel los ist, herrscht nämlich vorn ein reges Gedränge um den letzten Nachschub. Mir fällt wieder ein, dass ich das eigentlich nicht mag. Anscheinend habe ich aber zumindest genug getrunken um es für einen Moment vergessen zu haben, denn Mathis nimmt mir das so oft ab, dass ich aus der Übung bin. Mit etwas Körpereinsatz schaffe ich es zwar nach vorn, aber grade als ich das Wechselgeld annehmen will, kommt ein Stuber von der Seite und ich verliere den Halt. Für drei Sekunden zumindest. Dann greift nämlich jemand meinen Arm und verhindert eine potenziell schmerzhafte Inspektion der Pflastersteine. »Alles okay?« Ich blinzle zur Seite und setze an zu antworten, aber für eine Sekunde bin ich einfach sprachlos. Halleluja. Ist Heiligabend mit dem ganzen Engel erscheinen und allem nicht erst morgen? Eine Augenbraue wandert in die Höhe und ich schüttle den Kopf um mich aus meinem Gedankenzirkus zu reißen. »Nicht? Hast du dir weh getan?« Der Mann hat einen leicht englischen Akzent, der mich wieder für eine Sekunde ablenkt, dann schüttle ich den Kopf. »Nein, schon okay, alles okay«, nuschle ich und er lächelt schief. »Ich nehme an, das waren deine?«, fragt er dann, greift zwischen zwei wartenden Personen durch, nimmt das Wechselgeld an und dann die beiden Becher von Mathis und mir. Ist das britisch? Oder irisch? Vielleicht auch schottisch. Ich glaube, ich bin doch etwas mehr beduselt, als ich dachte. Sowas ist doch ganz uninteressant. Mein Kopf bewegt sich wieder nur zu einem Nicken. Der fremde Retter lacht amüsiert. »Wohin damit?« Ich wedle in Mathis Richtung und atme einmal tief durch, als er die Becher zu dem Stehtisch trägt und abstellt. »...danke?«, meint Mathis irritiert und schenkt mir einen fragenden Blick. Ich blinzle nur zurück. Was erwartet er jetzt von mir? »Dein Kumpel wurde etwas durch die Gegend geschoben«, erklärt der Fremde gleichmütig und Mathis nickt verstehend, bevor er mich wieder ansieht. »Hast du dir weh getan?« Ich schüttle den Kopf, Mathis atmet erleichtert auf und lächelt nun den Mann ebenfalls an. »Danke, für die Hilfe.« »Kein Ding, hier ist das Wechselgeld. Ich muss-« »Könntest du das nächste Mal bitte nicht einfach abhauen? Arsch. Ich hab mit dir geredet und geredet und du stehst gar nicht mehr hinter mir, weißt du wie peinlich das ist?«, faucht es von der Seite und ein weiterer Becher landet unsanft auf dem Tisch, diesmal vor dem Mann. Mein Blick folgt der Hand dem Arm hinauf und landet auf blonden Haaren, die unter einer dunkelblauen Mütze hervorlugen und in einem Gesicht, dass ich nur zu gut kenne. »Luis?«, rutscht es mir verdutzt raus und er sieht nun mich an. Er blinzelt. Dann fangen seine Mundwinkel an sich zu biegen und ziehen sich immer weiter hoch, bis er mich angrinst. Ein seltener Anblick, aber weil ich weiß was kommt, kann ich mich nicht freuen. »Schneewittchen!« »Lass das!« »Was machst du denn hier?« »Das könnte ich dich fragen, du kannst doch sonst auch nicht viel mit Weihnachten anfangen.« »Zwei Worte: Meine Mutter« Erschrocken sehe ich mich um. Luis' Mutter ist der Inbegriff von Willenskraft und hat mich schon immer so sehr damit überfahren und überfordert, dass ich ihr lieber aus dem Weg gehe, aber Luis lacht und schüttelt den Kopf. »Keine Panik, sie ist nicht hier. Aber sie hat mich gezwungen hier zu sein. Mein Onkel hatte einen Stand hier und ich sollte helfen abbauen«, erklärt er brummig, aber grinst schief. Ich nicke nur und atme tief durch. Dann räuspert sich Mathis neben mir, vernehmlich und absichtlich übertrieben. Oh, vergessen. »Entschuldigung«, sage ich kleinlaut, weshalb er nur brummt. »Ehm, Mathis? Das ist Luis. Luis? Mathis«, sage ich vorstellend und gucke dann zu dem Mann, der uns interessiert beobachtet hat. »Ich weiß aber nicht wer Sie sind«, gebe ich dann zu und bringe ihn so zum Lachen. »Das ist Nolan, er lernt in Onkel Alfreds Schreinerei.« »Das Sie muss nicht sein, Nolan reicht und ich bezweifle, dass du wirklich Schneewittchen heißt, oder?«, fragt der nun nicht mehr ganz so unbekannte Mann. Ich nicke nur. »Nein, er heißt Moritz«, erklärt Mathis und mustert Luis mit einem sehr skeptischen Blick. Dann wandert dieser Blick zu mir und ich versuche zu lächeln. »Wer ist Luis und wieso nennt er dich Schneewittchen?« Oh weia... ~ »...und dann wurde einfach entschieden, dass Moritz das machen soll. Weil er aber nicht sprechen wollte, wurde er zu einem stummen Schneewittchen und dann spontan sogar das komplette Märchen umgeschrieben«, erzählt Luis feixend, während ich murrig meine Fußspitzen betrachte. Ich erinnere mich einfach nicht gern an meine Schulzeit. Es war krampfig, anstrengend und dauerhaft peinlich. Bestes Beispiel ist die Anekdote, die Luis grade zum Besten gibt. Unser Beitrag zu einem Schulfest, dass etwas Geld zur Renovierung der veralteten Bibliothek einbringen sollte. Es war nur insofern von Erfolg gekrönt, dass ich danach den Spitznamen Schneewittchen weg hatte. »Kenne ich deinen ach so besten Schulfreund deshalb noch nicht, weil er deine ganzen Geschichten aus deiner ach so langweiligen Schulzeit kennt?«, fragt Mathis deutlich amüsierter, als ich es grade ertragen kann. Leise stöhnend vergrabe ich mein Gesicht in meinen Händen. »Können wir bitte gehen? Ich bin doch sehr betrunken und müde und es ist kalt und–« »Nichts da, ich hab dich seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen«, unterbricht Luis mich rigoros und ich funkle ihn missgelaunt an. Er schnaubt nur. »Also, ich würde schon gern noch die ein oder andere Einzelheit von diesem umgeschriebenen Märchen hören«, wirft Mathis ein und schenkt mir einen dieser Blicke. Es ist der Wehr–dich–nicht–du–kriegst–auch–etwas–dafür–Blick. Ich brumme leise. Egal welchen seiner Blicke er mir schenkt, ich kann bei ihm einfach so schlecht nein sagen. »Wenn du Gabriel oder Nuri davon erzählst oder Marie auch nur eine Andeutung schickst, dann kriegen wir beide aber Streit«, gebe ich dann nach, weshalb Mathis lacht, einen Arm um mich wickelt und mir einen warmen Glühwein–Kuss auf die Lippen drückt. »Versprochen«, murmelt er sanft und ich spüre nur zu deutlich, wie jeder letzte Widerstand dahin schmilzt. Selbst Luis interessierter Blick stört mich nicht einmal mehr. »Also? Ich höre«, sagt mein Freund auffordernd und Luis grinst verschmitzt. »Schneewittchen bei den sieben Frostzwergen, hieß es. Ich war einer der Frostzwerge und Moritz Schneewittchen, weil wir nur acht Mädchen in unserer Klasse hatten. Vier haben die Kostüme machen wollen, eine die böse Königin und die anderen drei waren zu blond, in jedem Sinne.« »Du bist auch blond«, erinnere ich ihn bissig, aber Luis beachtet mich nicht einmal. »Also, erst einmal war das Märchen so wie wir es kennen, erst als der Jäger das Schneewittchen davon jagt stolperte sie in einen Winterwald und über Eisberge und alles und landet bei den sieben Frostzwergen, die ihr alles darüber beibringen, wie man Schnee und Eis erzeugt. Und als die böse Königin Schneewittchen dann versucht selbst zu töten reicht es ihr und aus Rache friert sie dann das Königreich inklusive böser Königin ein und regiert ab dann mit den Frostzwergen als Minister.« »...und weiter?« »Nichts weiter! Das war’s.« »Im Ernst? Das ist doch kein Happy End!?« »Naja, doch. Schneewittchen hat das Königreich und die Frostzwerge, und die böse Königin ist besiegt. Sie braucht keinen Prinzen oder so. Kommt wunderbar allein zurecht. Außerdem ist die böse Königin ja selbst Schuld. Sie wurde ja gewarnt mit einem, Sei auf der Hut, denn ein Besuch tät‘ dir nicht gut. Schneewittchen lebt allein. Hinter den Eisbergen bei den sieben Frostzwergen. Du solltest nicht gierig sein. Sie wollte ja nicht hören und die meisten fanden das Ende ganz cool, von wegen Emanzipation und Inklusion und ein Trans-Schneewittchen und so«, erklärt Luis und ich merke, dass der Glühwein auch bei ihm Wirkung zeigt, denn eigentlich ist er sonst nur halb so gesprächig, grade bei Fremden. Mathis lacht und sieht mich an. »Ein rachsüchtiges Schneewittchen, ja?«, fragt er dann amüsiert. Ich schnaube leise. »Ich hatte keine Wahl, Luis hat mich rein gelegt und dann wurde ich von meiner Lehrerin dazu erpresst. Ich hätte mich dafür gemeldet und müsse das jetzt auch durch ziehen, sonst würde sich das auf meine Noten auswirken«, verteidige ich mich etwas lahm, weshalb Luis lacht. »Ich hab dich nicht rein gelegt. Ich habe nur gesagt, dass wir auch mitspielen sollten.« »Aber du hast es so dargestellt, als sei ich dann auch ein Frostzwerg.« »Das würde ich nie tun.« »Natürlich nicht«, brumme ich sarkastisch, aber er lacht wieder nur und piekst mir in die Wange. »Komm schon, sei nicht sauer, ja? Du warst ein sehr tolles Schneewittchen. Und das Kostüm war doch auch ein Augenschmeichler. Ich würde selbst jetzt noch wetten, dass du Patrick... neugierig gemacht hast. Hast du sein Profilbild gesehen? So Out and Proud hab ich ewig keinen mehr getroffen.« Ich kann es nicht verhindern, ich muss lachen. Luis hatte trotz Grummel–Kopf–Image schon seit der fünften Klass ein Talent dafür mich zum lachen zu bringen. Und wenn es sein beißender Sarkasmus war. ~ »...hab’ ich nicht gesagt, dass du schon zu viel hattest?« Ich grummle leise und wedle abwiegelnd mit der Hand. Mir ist so schlecht. Mathis seufzt leise, bevor er mir ein Glas Wasser reicht und sich dann neben mich sinken lässt. Es muss mitten in der Nacht sein, aber ich habe mein Zeitgefühl schon vor... irgendwann verloren. »Geht’s?«, fragt er dann und ich schmunzle leicht. Mathis ist so toll. Ich nicke leicht. »Das meiste ist ja jetzt raus«, nuschle ich, nachdem ich das Glas geleert habe und lehne meinen Kopf gegen seine Schulter. Er brummt nur, nimmt mir das Glas ab und stellt es neben sich auf den karierten Fliesenboden des Bades. Dann greift er meine Hand, schiebt seine Finger zwischen meine und streichelt mir mit dem Daumen über den Handrücken. Letztendlich wurde aus dem letzten Glühwein doch noch ein zwei mehr, bis der Stand letztendlich für dieses Jahr auch geschlossen wurde. Erst dann sind wir auseinander gegangen. Ich glaube mich zu erinnern, dass Luis mir sogar noch seine aktuelle Handynummer eingespeichert hat, aber meine Erinnerung an den Heimweg ist sehr verschwommen und undeutlich. Das erste, dass mir wieder sehr bewusst wurde war das Bedürfnis zu kotzen. »Du hast mir nie von Luis erzählt«, murmelt Mathis nach einer Weile. »...kurz nach unserem Abschluss hat sein Vater sich überlegt, dass er lieber eine jüngere möchte und bei meinen Eltern lief es ja auch nicht mehr so rosig. Deshalb hat sich das irgendwie...verlaufen«, erkläre ich leise. Mathis brummt schlicht. Eine Weile ist es ruhig und da sie Übelkeit nachgelassen hat, werde ich dösig. »Ein stummes Trans-Schneewittchen, huh?« »Wehe du erzählst es auch nur irgendwem!« »Wieso hat Nina mir nie etwas davon erzählt? Ich kann kaum glauben, dass sie davon nichts weiß.« »Sie hatte damals grade angefangen den Führerschein zu machen und heimlich mit Papas Auto geübt und eine Riesenschramme rein gefahren. Ich hab sie gedeckt, deshalb hat sie es nie erzählt.« Mathis lacht leise. »Mir tun sich grade Abgründe auf. Wer bist du?« Nun lache ich leise, weil Mathis so begeistert klingt. Das macht es irgendwie einfach dieses peinliche Kapitel aus meiner Schulzeit nun doch mit ihm zu teilen. »Ein rachsüchtiges Schneewittchen, dass dich einfrieren kann, wenn du nicht vorsichtig bist«, gebe ich spielerisch drohend zur Antwort. Mathis lacht. »Es ist trotz aller Originalität irgendwie schade, dass Schneewittchen kein Happy End hatte.« »Hatte sie doch.« »So allein? Ohne Prinz oder Partner und Spaß?« »Vielleicht hatte sie den ja mit ihren sieben Frostzwergen hinter den sieben Eisbergen?« »...du hast grade meine schöne Kindheit zerstört«, sagt Mathis gequält. Ich muss lachen, zumindest so lange, bis die Bewegung meine Übelkeit wieder hoch zieht. Leise jammernd sinke ich zurück gegen die Kachelwand hinter mir und schließe die Augen. »Vielleicht brauchte Schneewittchen auch nur eine Weile um über den Verrat ihrer Stiefmutter hinweg zu kommen. Jemanden schlecht zu behandeln oder ihn töten zu wollen sind schon sehr unterschiedliche Dinge. Und letztendlich wurde sie ein paar Jahre später dann doch noch glücklich«, murmle ich dann leise. »Meinst du?« Ich nicke leicht. »Schneewittchen hat doch noch ihren Prinzen getroffen und sich unsterblich verliebt. Aber sie brauchte ihn nicht um gerettet zu werden, das hat sie halt einfach allein geschafft.« »Mhmmm~ ja doch, das gefällt mir.« Ich schmunzle leicht. »Und das Beste ist, dass der Prinz nicht einmal über diese ganzen Eisberge pilgern musste. Er musste einfach nur die Wohnungstür öffnen und dem frierenden Schneewittchen einen Tee geben.« Mathis lächelt sanft und streichelt mir wieder über den Handrücken. »Streng genommen war das ja Marie, aber ja. Ich bin froh, dass mir diese Reise erspart blieb. Ich wüsste nicht einmal wie man über Eisberge klettert.« Ich muss wieder lachen, aber leise und müde. »Na komm, wir sollten schlafen, hmmm? Morgen ist ein langer Tag.« Ich nicke nur und lasse mich auf die Beine ziehen. Dieses hin und her sorgt dafür, dass meine Übelkeit wieder etwas hoch kommt, weshalb ich froh bin, als ich endlich in meinem Bett liege und mich nicht mehr bewegen muss. Ich spüre, wie Mowgli sich an mir vorbei zu meinem Kopfende stiehlt und Mathis neben mir ins Bett schlüpft. Er streicht mir zärtlich in Kreisen über den Bauch und ich muss lächeln. »Du hast wirklich Potential für ein Prinzen, kümmerst dich sogar um ein betrunkenes Schneewittchen.« »Um mein betrunkenes Schneewittchen.« »Also bist du wirklich ein Prinz?« »...keine Ahnung, aber für dich würde ich sicherlich rausfinden wie man klettert und dich bei den sieben Frostzwergen hinter den sieben Eisbergen besuchen, als eigenständiges Schneewittchen brauchst du ja keine Rettung«, erklärt er mir liebevoll und haucht mir einen Kuss auf die Stirn. Ich habe den besten Prinzen, den es gibt. Kapitel 2: Coming home for Christmas... --------------------------------------- Elyas »Gabriel, haben wir das nicht schon oft genug durchgekaut?«, frage ich resigniert und seufze um das aufkommende Grinsen zu kaschieren, weil Gabriel eine Schnute zieht. Ich habe es nur ein einziges Mal gewagt zu behaupten, dass er niedlich aussieht wenn er schmollt und wurde dafür mit einer Stunde Ignoranz aus Scham bestraft. Seitdem versuche ich es für mich zu behalten. Es gibt definitiv leichtere Dinge als das. »...aber, das ist unser erstes Weihnachten«, brummelt er leise, bevor er schwer seufzt und seinen schwarzen Kater noch etwas näher an sich drückt. Der lässt sich das zwar gefallen, aber schenkt Gabriel einen genervten Blick. »Ich weiß, aber du hast deine Eltern seit Ostern nicht mehr gesehen. Deine Schwester Tabea ist auch nicht da und im Gegensatz zu dir, kann sie nicht einfach wieder über die Feiertage nach Hause fahren«, erinnere ich ihn. Es ist nicht so, dass ich Weihnachten nicht mit ihm verbringen will, aber Familie geht nun einmal vor. Meine Mutter wird mit ihrem Freund zwar bei seiner Familie in Kansas sein und mein Vater mit seiner Freundin ebenfalls im Urlaub, aber deshalb habe ich nicht gleich Unrecht. »Ruth ist auch noch da. Davon ab hast du gesagt, dass dein Vater im Urlaub ist und –« »Gabriel, bitte. Ich kann zu Elisa und Anna oder meinem Onkel und seiner Familie. Deine Eltern wissen noch nichts von mir und Weihnachten ist sicherlich nicht die beste Gelegenheit ihnen davon zu erzählen, geschweige denn mich direkt für drei Tage mit zu bringen und sie damit zu konfrontieren.« Gabriel schnauft widerwillig, bevor er sich auf die Seite sinken lässt und die Beine anzieht. Mowgli scheint nun doch die Geduld verloren zu haben, denn er brummt missbilligend und windet sich aus Gabriels Armen, bevor er auf den Kleiderschrank springt und sich dann dahin fläzt. Sein Blick liegt abschätzig auf mir, bevor er Gabriel ansieht, gähnt und uns dann gar nicht mehr beachtet. Ich seufze leise, setze mich zu Gabriel aufs Bett und streiche ihm über den Kopf. »...also bin ich selbst Schuld«, nuschelt er niedergeschlagen. Nun brumme ich auch missbilligend, bevor ich ihm gegen die Stirn schnippse. »Das hab‘ ich jetzt aber nicht gehört«, brumme ich streng, weshalb er mich zweifelnd ansieht. »Ist doch wahr! Wenn ich meinen Eltern schon gesagt hätte was Sache ist, dann müsstest du nicht hier bleiben.« »Du setzt dich schon wieder unter Druck. Und auch wenn ich dieses ganze Glaubensding deiner Eltern noch nicht ganz geschnallt habe, ist mir sehr wohl bewusst, dass es nicht so einfach ist ihnen zu sagen, ich habe jetzt einen Freund, obwohl ich seit Jahren immer eine Freundin hatte.« Gabriel seufzt nur, bevor er sein Gesicht ins Kissen drückt. Es ist einen Moment still. Ich kann nicht sagen, was ihm durch den Kopf geht, aber ich weiß selbst, dass es wenig bringt zu stochern. Trotzdem habe ich das Bedürfnis ihn irgendwie auf zu muntern. »Nächstes Jahr, hmm?« Er zuckt leicht zusammen und schielt mich irritiert an. Bevor ich aber fragen kann, was das jetzt ausgelöst hat, lächelt er mich an und schmeißt sich förmlich auf mich drauf, weshalb wir fast vom Bett fallen. Zum Glück nur fast. »Was war das denn jetzt?« Er lacht leise, schmiegt sich an mich und lächelt mich äußerst zufrieden an. »Du hast gesagt nächstes Jahr«, murmelt er und küsst mich dann. Als es bei mir scheppert, grinse ich leicht in den Kuss. »Das habe ich wohl. Also fährst du morgen zu deinen Eltern?« Gabriel brummt schlicht gegen meine Lippen und ich lege das jetzt großzügig als ja aus, denn küssen finde ich auch besser als reden. ~ Gabriel Schwer seufzend blinzle ich den kleinen Kranz an, der als Weihnachtsdeko an der Haustür meiner Eltern hängt. Neben den ganzen Lichterketten und Fensterdekorationen, fällt er kaum auf, aber er erinnert mich in diesem Moment sehr an den Kranz, den Elyas an seiner Haustür hängen hat und obwohl ich vor meinem Elternhaus stehe, bin ich grade so von Heimweh überrumpelt, dass ich immer noch nicht geklingelt habe. Dumpf kann ich von drinnen Weihnachtsmusik hören und es duftet nach Plätzchen und würzigem Tee, weil das Küchenfenster auf Kipp steht. Es ist kalt und windig und eigentlich sollte ich besser rein gehen, aber das würde es endgültig machen. Ein Weihnachten ohne Elyas. Wir sind erst seit fast drei Monaten zusammen, aber trotzdem fühlt es sich sehr falsch an. Das schrecklichste Gefühl, dass man zu Weihnachten wohl haben kann, wirklich. Aber alles was Elyas und ich besprochen haben war einfach sehr vernünftig und klang so einleuchtend. Ich habe nun mal noch nicht die Gelegenheit gefunden meinen Eltern von ihm zu erzählen. Ich habe von ihm erzählt, das schon, auch, weil wir uns schon seit April kennen und er Mowglis Tierarzt ist, aber dieses kleine Detail, das sich Ende September in unserer Freundschaft verändert hat habe ich wohlwissend und auch ein klein wenig aus Feigheit verschwiegen. Mich damit raus geredet, dass ich meinen Eltern nur von Angesicht zu Angesicht davon erzählen will. Das stimmt auch irgendwie, aber Elyas hat ebenso Recht damit, dass Weihnachten vielleicht nicht der richtige Zeitpunkt ist, an dem man sowas raushauen sollte. Ich bezweifle, dass meine Eltern mich plötzlich vor die Tür setzen und nichts mehr mit mir zu tun haben wollen würden, aber ich bin mir sicher, dass sie es trotzdem erst einmal verarbeiten müssten. Das würde die Weihnachtsstimmung wohl etwas trüben oder in Mitleidenschaft ziehen und alles etwas angespannt werden lassen. Da ich aber nur zu gut weiß, wie wichtig meinen Eltern Weihnachten ist, halte ich es für angebracht Elyas‘ Rat zu folgen und die Klappe zu halten. Plötzlich geht die Tür auf und Ruth blinzelt mich an, bevor sie amüsiert lächelt und mich rein winkt. Ich ringe mir ein Lächeln ab und trete jetzt in die Wärme. »Hast du mich gesehen?«, frage ich, während sie mich umarmt und drückt. Sie nickt merklich und gibt mir einen Kuss auf die Wange. Ich schmunzle leicht, drücke sie ebenfalls und stelle dann meine Tasche auf die Bank neben der Garderobe ab. Ruth tippt mich an und gestikuliert dann so schnell, das ich einen Moment brauche, bevor ich verstehe was sie von mir will und ich deshalb dann den Kopf schüttel. »Nein, ich hab Mowgli bei Momo und Mathis in der WG gelassen. Für drei Tage nehme ich meinen Kater nicht mit, vor allem nicht wenn ich mit dem Zug komme«, antworte ich schief grinsend, weshalb Ruth leicht enttäuscht die Lippen spitzt, bevor sie dann mit den Schultern zuckt. Ich schäle mich aus meiner Winterjacke und den Schuhen und lasse mich dann von meiner kleinen Schwester in die Küche ziehen, in der ich direkt von meiner Mutter überfallen und halb erdrückt werde. Ich liebe meine Eltern, wirklich, aber allein der Gedanke, dass Elyas in Hamburg bleibt und wir uns erst am 27. wiedersehen macht es schwierig für mich nicht zu einem mich selbst bemitleidenden Trauerkloß zu werden. ~ »Und der Kater gehört jetzt ganz dir?« Ich nicke lächelnd, bevor ich mein Handy kurz annehme um das nächste Foto raus zu suchen, auf dem Mowgli in seiner vollen Pracht zu sehen ist. »Ja, seit Mitte Oktober. Da war dann das halbe Jahr rum, das man warten muss, wenn man ein Haustier findet und behalten möchte. Deshalb hab‘ ich ihn auch letzten Monat kastrieren lassen. Fand‘ er zwar nicht so witzig, aber wenn ich ihn im Frühling wirklich raus lassen will, dann muss das so sein. Hat Elyas jedenfalls gesagt«, murmle ich abwesend und zeige meiner Mutter dann das Foto, dass ich kurz nach der Operation gemacht hatte. »Da sieht er ja wirklich noch sehr erschöpft aus«, kommentiert sie amüsiert und ich nicke leise lachend. »War er auch. Ist den ganzen Abend ein bisschen wie betrunken durch die Gegend getorkelt. Aber jede Katze verträgt eine Narkose anders und am nächsten Tag ging es ihm auch wieder gut, deshalb hab ich mir auch nicht so große Sorgen gemacht. Wenn du nach links wischst, dann siehst du auch die anderen Fotos.« Mama nickt nur schmunzelnd und während sie sich die Bilder ansieht, schweift mein Blick durch das Wohnzimmer. Draußen ist es mittlerweile dunkel und der Wind pfeift vernehmlich. Ruth hat sich mit einer Tasse Tee neben meine Mutter auf die Couch gesetzt und sieht sich die Bilder ebenfalls an, während mein Vater es sich in seinem Sessel bequem gemacht hat und die Aufnahme eines Biathlonrennens ansieht. Es ist ungewohnt still dadurch, dass Tabea nicht da ist. Sonst hat sie immer irgendetwas zu erzählen und zu kommentieren und spielt gern den Übersetzer für Ruth, weil sie wesentlich besser und schneller Gebärden versteht als ich. Sie ist wie ein Wirbelsturm, der jetzt aber in Schweden Chaos verbreitet. Für eine Sekunde tun sie mir fast leid. »Oh, wer ist das denn?« Mamas überraschter Tonfall reißt mich aus meinen Gedanken und als sie mir das Foto zeigt, wird mir warm. »Ehm...«, krächze ich heiser, bevor ich mich räuspre. Ganz ruhig, Gabriel. Das ist nur Elyas. Elyas, der auf deinem Bett liegt und mit Mowgli kuschelt. Nichts Verwerfliches. »Das ist Elyas«, murmle ich so lapidar wie möglich und hefte dann meinen Blick auf den Fernseher, auch wenn mich Biathlon ungefähr so sehr interessiert wie das Wetter vor zwei Jahren. »Achso? Der sieht ja nett aus. Jetzt habe ich auch endlich mal ein Gesicht zu den ganzen Geschichten«, verkündet Mama amüsiert und ich schlucke schwer. »Von welchen Geschichten redest du denn bitte?«, frage ich abwehrend. Mama lacht, bevor sie mit Ruth einen Blick austauscht, den ich nicht verstehe, geschweige denn zuordnen kann. Ruth kichert lautlos und grinst mich dann verschmitzt an. Seit Tabea ihre Reise nach Schweden angetreten hat und dort jetzt ihren von langer Hand geplanten Missionsdienst verrichtet, schreiben Ruth und ich uns um einiges häufiger als vorher. Die beiden sind so eng miteinander, dass ich sonst immer das Gefühl hatte ich würde stören, auch wenn ich weiß, dass sie mich lieben. Nur jetzt ist Ruth auf sich gestellt und kann ihrer Schwester nur schreiben, was sie beschäftigt. Oder mir. Vielleicht tritt da doch eine Art Großer-Bruder-Instinkt in Kraft. Trotzdem bezweifle ich, dass ich mit nur einem Wort gesagt habe, wer Elyas für mich ist. Auch wenn ich es ungern zugebe und definitiv nicht stolz drauf bin, habe ich nämlich drauf geachtet nichts zu verraten. »Die du in letzter Zeit so erzählst? Du bist zwar nicht der fleißigste, was das telefonieren und sich bei uns melden angeht, aber wenigstens mitteilsam, wenn du dann anrufst.«, erklärt Mama schlicht und Ruth grinst noch breiter. Ich vermute stark, dass wie sonst auch so gern, irgendetwas gerade an mir vorbei geht, aber um keine unangenehmen Fragen beantworten zu müssen, lasse ich es auf sich beruhen. Heiligabend ist zwar erst morgen, aber trotzdem möchte ich für den Moment keine schlafenden Hunde wecken. Mama und Ruth sehen sich noch eine Weile Fotos an und stellen Fragen, die zum Glück keine verfänglichen Antworten bezogen auf Elyas fordern. Als ich aber endlich in meinem Zimmer, dass mittlerweile zu einem Gästezimmer umgestaltet wurde, auf dem Bett liege bin ich doch ganz schön ausgelaugt. Mir ist in der letzten halben Stunde mehr als bewusst geworden, dass ich meinen Eltern von Elyas erzählen muss. Ich bin mir nur noch nicht sicher wann und vor allem wie. So in Gedanken vertieft merke ich erst, dass jemand rein gekommen ist, als meine kleine Schwester sich neben mich setzt. Ich blinzle sie verdutzt an, bevor ich automatisch zur Seite rutsche, sodass sie sich neben mich legen kann. Das letzte Mal, als sie das gemacht hat, ist Jahre her. Da hatte sie grade erst ihre Stimme verloren... Mein Blick geht zur Seite und sie lächelt mich leicht an. Mittlerweile ist sie deutlich älter und größer geworden und die Narbe von dem Unfall ist nur noch ein blasses Geflecht, das sich über ihren Hals zieht. Ein unerwarteter Schwall an Zuneigung überschwemmt mich, weshalb ich sie an mich drücke und ihr einen Kuss auf den Kopf setze. Ich spüre, dass sie lacht und mich ebenfalls knuddelt, was grade wirklich gut tut. Elyas hat Recht, ich sollte öfter nach Hause fahren. Vor allem, weil Flensburg ja nun wirklich nicht aus der Welt ist. Als Ruth mich antippt, lasse ich locker und sehe sie an. Sie fragt mich ob es mir gut geht und ich lächle schief. »Würdest du mir denn glauben, wenn ich sage, ja?« Sie schmunzelt und macht die Geste für ein Vielleicht. »...es ist ein bisschen...kompliziert.« Ist es wirklich kompliziert oder machst du es nur kompliziert? Ruth sieht mich abwartend an und ich zucke mit den Schultern. »Wahrscheinlich beides«, gebe ich zu und sie lacht wieder lautlos, sagt aber nichts und ich bleibe einfach so liegen. Das Zimmer ist bis auf das warme Licht der Weihnachtsdekoration im Fenster dunkel, doch es reicht aus um alles im Zimmer erkennen zu können. Ruth tippt mich wieder an und stellt eine Frage bei der ich eine Gebärde nicht verstehe. »Wer ist mein was?« Sie greift nach meiner Hand und schreibt die Frage in meine Handfläche. In der Zeit, in der wir alle die Gebärdensprache lernen mussten ist das oft passiert. Elyas ist dein Freund, schreibt sie und mein Herz bleibt stehen. Da kommt kein Fragezeichen. Nichts. Es ist eine Feststellung und ich weiß wie sie es meint und Ruth weiß, dass ich es auch so verstanden habe. Ihr Blick ist ernst und erwartend. Ich schlucke schwer, bevor ich langsam nicke. »Woher...«, frage ich leicht heiser. Sie blinzelt und lächelt dann so breit und liebevoll, dass mein Hals eng wird. Oh verdammt. Du erwähnst ihn oft und ihr macht viel zusammen. Und als du erzählt hast, dass du demisexuell bist habe ich einiges dazu gelesen. Ich weiß zumindest ein bisschen und auch, dass es passieren kann, dass du einen Mann magst. Es war immer nur meine Vermutung, aber nach heute Abend bin ich mir sicher. So wie du das Bild angesehen hast und reagiert hast und sonst hast du von deinen anderen Beziehungen nie so gesprochen. Wenn überhaupt. Da sind diese ganzen Kleinigkeiten, die aber so viel sagen... Es ist ein Mix aus Gebärden und Worten in meiner Handfläche, der dafür sorgt, dass mein Hals nur noch enger wird und meine Augen anfangen zu brennen. Mein Herz rast und ich weiß nicht, was ich sagen soll. Das habe ich alles gar nicht gemerkt. Meinen Eltern und Schwestern zu sagen, dass ich demi bin war lange nicht so aufreibend wie diese Situation jetzt. Allerdings habe ich da auch die recht einfache Variante der Textnachricht genutzt. Jetzt so offen und direkt vor Ruth zu liegen und sie zu sehen und nicht zu wissen, was sie davon hält, drückt mir langsam aber stetig die Luft aus den Lungen. Ich weiß genau was die Kirche zu gleichgeschlechtlichen Beziehungen sagt und Ruth ist gläubig, ebenso wie meine Eltern. Bis jetzt war das nie ein Problem, weil ich das respektiere und sie mich so wie ich bin, auch wenn manche Dinge, die ich tue nicht dem entsprechen, woran sie glauben. Aber von all diesen Dingen wussten sie. Nur von diesem Ding mit Elyas nicht und das ist aber ein Riesiges. Sie sieht mich an, forschend, abwartend, aber ich kann nur zurück starren. Ich weiß nicht wie lang wir hier so liegen und uns ansehen, aber irgendwann werden ihre Augen groß und sie lächelt, bevor sie auf sich deutet, die Hände kurz vor der Brust überkreuzt und dann auf mich zeigt. Ich weiß genau, was das bedeutet und in dieser Situation verstehe ich es auch genau richtig. Mir fällt ein riesiger Stein vom Herzen, ein ganzer Fels. Ich bin grade so erleichtert. Mir unwirsch über die Augen reibend, lache ich leise und heiser, bevor ich Ruth an mich drücke. »Ich hab dich auch lieb, danke«, flüstere ich ihr heiser zu und spüre, wie sie leicht lacht und mir einen Kuss auf die Wange drückt, bevor sich mich ebenfalls drückt und dann sogar knuddelt. Erzähl mir von euch, sagt sie, als sie sich wieder gelöst hat und tief durchatmend überlege ich wo ich anfangen könnte. ~ Elyas »Du bist aber schon ein Idiot, oder?« Mein Blick bleibt an meiner besten Freundin Elisa hängen, die sich grade auf die Couch fallen lässt. Ich brumme nur unbestimmt und starre aus dem Fenster. In weniger als zwei Stunden müssen die beiden los zum Weihnachtsessen der Familie. Ich habe vergessen ob sie erst bei Elisas Eltern und morgen bei Annas Familie sind, oder umgekehrt, allerdings ist mir das auch nicht so wichtig. Meine Gedanken sind nämlich ganz wo anders. »Guck nicht so düster. Du bist echt nicht auszuhalten. Schnapp dir das Auto und fahr hoch! In zwei Stunden bist du da«, brummt sie ungnädig. Ihre Frau Anna packt im Moment Geschenke ein, die Elisa nicht sehen darf. Sie hat die kleine Macke den Inhalt von Geschenken so überdeutlich zu beschreiben, dass man oft vor dem Auspacken weiß, was man bekommt und weil sie von Natur aus neugierig ist wurde sie zu mir ins Wohnzimmer verbannt um wie nicht zum gucken zu verführen. »Das geht schlecht, das weißt du auch«, versuche ich sie daran zu erinnern, aber sie schnauft nur. »Manchmal frage ich mich echt wo plötzlich deine ganze Rücksicht und Fürsorge herkommt. Wenn es um Gabriel geht erkenne ich dich manchmal kaum wieder«, tut sie kund und ich brumme wieder nur nichtssagend. Eigentlich ist es weniger Rücksicht als viel mehr Angst etwas Falsches zu tun. Wenn man Jahrelang keine Beziehungen hatte sondern nur...Affären, dann denkt man in dieser ungewohnten Situation plötzlich über jeden Schritt nach und in meinem Fall wohl sogar zu viel. Ändern kann ich es aber nicht. Zumindest für heute nicht. Heiligabend und allein, trotz Familie, Freunden und sogar einem festen Freund, wie hab ich das nur geschafft? Ach ja, Rücksicht und Fürsorge. Elisa hat Recht, ich bin wohl wirklich ein Idiot. »Ich kann Gabriel doch schlecht dazu zwingen sich zu Weihnachten vor seinen gläubigen Eltern zu outen, oder?« »...Naja, das Timing könnte wirklich etwas besser sein, aber du hättest ja auch einfach als ein Freund mitfahren können. Ich könnte mir vorstellen, dass seine Eltern damit kein Problem gehabt hätten, wenn Gabriel gesagt hätte, dass du Weihnachten sonst allein wärst. Mich wundert eh, dass er dich wirklich hier gelassen hat. Hat er so Angst eure Beziehung vor ihnen zu outen?«, fragt sie nachdenklich und spielt an einer ihrer roten Haarsträhnen herum. Ich wende den Blick ab und starre wieder hochinteressiert aus dem Fenster. »...du hast es ihm gar nicht gesagt, oder? Ey, Elyas!«, knurrt sie und boxt mir mit einer schmerzhaften Treffsicherheit gegen den Oberarm. »Aua« »Hast du verdient! Was denkt er wo du heute bist?« Ich seufze schwer und reibe mir über den Nacken. »Bei euch...«, gebe ich dann zu und ernte direkt einen weiteren, noch schmerzhafteren Schlag. »Du hast aber wenigstens dran gedacht Anna Bescheid zu geben, oder? Die beiden schreiben sich doch ständig. Wenn der spitzkriegt, dass du ihn angelogen hast...« »Ich hab' nicht gelogen, ich bin doch grade bei euch, oder nicht?« »Elyas, verarsch mich nicht. Du weißt was ich meine und du weißt, was Gabriel meinte. Das ist fast schon perfekter Stoff für einen bösen Streit«, ermahnt sie mich ernst und ich seufze nachgiebig, weil mir das auch schon klar geworden ist. Etwa fünf Minuten nachdem er sich verabschiedet hat mit einem, »Wenigstens sind Anna und Elisa bei dir«. Ich bin nicht stolz drauf. »Und was sollte ich deiner Meinung nach tun?«, frage ich defensiv und sie stöhnt die Augen verdrehend auf. »Schreib ihm. Ruf ihn an. Irgendwas, und dann fahr‘ nach Flensburg hoch. Such es dir aus, aber tu es. Es ist Weihnachten, Mann! Er ist dein Freund und will garantiert bei dir sein«, sagt sie eindringlich und drückt mir mein Handy in die Hand, dass die ganze Zeit auf dem Wohnzimmertisch lag. Allerdings komme ich gar nicht dazu überhaupt zu überlegen ob ich anrufen soll oder schreiben, denn ich habe eine ungelesene Nachricht auf dem Bildschirm. »Wer...«, nuschle ich leise, weil nur eine nicht gespeicherte Nummer angezeigt wird und öffne sie. Elisa runzelt die Stirn und lehnt sich zu mir, weil meine Augen immer größer werden. Damit hätte ich nun wirklich nicht gerechnet. »...sitz' nicht rum wie eine Statue, komm' in die Gänge!«, sagt Elisa lachend und schiebt mich von der Couch. ~ Gabriel Unruhig an meiner Unterlippe knabbernd, schiele ich immer wieder zu meinem Vater, der in seinem Sessel sitzt und Zeitung liest. Er hat schon seit Jahren die Eigenart Sendungen, die er sehen will wie gestern den Biathlon, später zu gucken oder Zeitungen frühestens einen Tag nach Erscheinen zu lesen. So auch jetzt. Meine Mutter und Ruth sind in der Küche und kümmern sich um das Weihnachtsessen und haben mich schon vor über einer Stunde ins Wohnzimmer gejagt. Ich wäre nur im Weg. Da ich nicht grade ein mit Sternen ausgezeichneter Chefkoch bin, glaube ich das sogar. Um Paps nicht zu stören habe ich mich einfach auf die Couch gesetzt und Elyas kurz geschrieben, doch darauf hat er nicht geantwortet und deshalb vermute ich stark, dass er mit Anna und Elisa abgelenkt genug ist. Deshalb habe ich Mathis um Fotos von meinem Kater gebeten um mich selbst abzulenken. Es kamen auch zwei, aber danach die Aufforderung, dass ich vor morgen nicht nach mehr fragen soll. Verständlich. Die beiden sind wohl sicherlich mit Weihnachtsdingen beschäftigt. Meine Gedanken schweifen ab und landen bei gestern Abend. Ruth und ich haben noch einige Zeit zusammen auf meinem Bett gelegen und geredet. Ich habe ihr alles mögliche erzählt. Im Grunde alles was passiert ist zwischen Elyas' und meinem Kennen-lernen im April, als ich Mowgli gefunden habe und jetzt. Sie hat mir versichert, dass sie das alles sehr witzig und spannend findet und Elyas unbedingt kennen lernen möchte und zudem auch noch gesagt, dass ich es unseren Eltern ruhig sagen soll, weil sie mich verstehen würden und ihnen wichtig ist, dass ich glücklich bin. Nicht, dass ich ihr nicht glaube, aber allein das Wissen, dass meine Beziehung nicht wirklich konform mit dem Glauben ist, den sie ausleben, dreht mir doch ganz schön den Magen um, bei dem Gedanken Farbe zu bekennen. Nach dem Gespräch zwischen Ruth und mir habe ich allerdings förmlich das Bedürfnis es endlich mal zu sagen und deshalb sitze ich seit 45 Minuten auf der Couch und ringe mit mir. Ja oder nein? Sagen oder nicht sagen? Aber es ist Weihnachten. Kann ich es dann überhaupt riskieren? »...jetzt spuck endlich aus, was du sagen möchtest. Du machst mich ganz nervös mit deinem Rumgehibbel«, brummt mein Vater plötzlich und faltet seine Zeitung seufzend zusammen. Ich schlucke schwer und blinzle ihn an. Oh verdammt. »Wo...Wovon redest du?«, versuche ich es etwas heiser, aber Papas Blick wird so streng, dass ich betreten den Kopf senke. »Sind wir nicht etwas zu alt für solche Versuche?«, fragt er und ich nicke nur. Es ist einen Moment still, indem man entfernt Mama hört, wie sie Ruth etwas zum Tischgedeck sagt. Dann klopft Papa auf die Armlehne des Sessels und macht einen auffordernden Wink mit der Hand. »Na los, wie ein Pflaster. Schnell und unerwartet, hmm?«, sagt er und schmunzelt kaum merklich. Man sieht es nur, weil seine Augen dann etwas schmaler werden und die Falten um den Mund tiefer. Ich atme tief durch. »Ich muss Mama und dir noch etwas sagen. Ruth weiß es schon, aber ich möchte es eigentlich euch allen sagen und es wäre besser das ihr es wisst«, brabbel ich dann los, weshalb er eine Augenbraue hochzieht. »Das ist kein Pflaster, Gabriel. Was ist los? Hast du deinen Job verloren?« »Was? Nein! Nein, alles gut auf der Arbeit. Ich hab nur...v–vielleicht sollte ich euch das erst später erzählen. Wir haben Heiligabend und das Essen ist bestimmt auch bald fertig und–« »Gabriel!« »Ich hab' einen Freund!« Das Geständnis purzelt mir bei seiner Ermahnung so schnell über die Lippen, dass ich erst ebenso verdutzt blinzel wie mein Vater. Dann bleibt mir vor Schreck die Luft weg. Papa sieht mich einfach nur weiter an, bevor er schwer seufzt und nickt. »Du weißt sicherlich noch genau, wie die Kirche dazu steht, oder?« Ich habe einen riesigen Kloß im Hals, nicke aber leicht. »Ich bin auch nicht unbedingt begeistert, aber letztendlich ist es dein Leben und deine Entscheidung wie du es lebst. Wir sind beide erwachsen. Mir ist wichtig, dass du glücklich bist mit dir und dem was du tust und wenn du das mit deinem Freund bist, dann liegt mir nichts ferner, als dir das ausreden zu wollen oder dich deshalb zu kritisieren. Du bist mein Sohn und das bist und bleibst du, daran gibt es nichts zu rütteln. Wir lieben dich so wie du bist, das ändert sich auch nicht, nur weil du plötzlich Seiten von dir entdeckst, die wir noch nicht kennen«, erklärt er und ich schlucke schwer. »Wir?«, frage ich heiser und blinzle einmal mehr als eigentlich notwendig. Mein Vater schmunzelt amüsiert. »Den Scharfsinn deiner Schwestern haben sie von deiner Mutter, mein Junge. Und was Geheimnisse für sich behalten angeht, bist du nicht grade subtil«, erklärt er schlicht und ich muss leise lachen. Das höre ich nicht zum ersten Mal, ich denke nur oft nicht dran. »Sie hat schon vor ein paar Wochen Vermutungen geäußert, weshalb wir darüber gesprochen haben. Aber ich denke, dass sie sich freuen wird, wenn du ihr sagst, dass sie wieder einmal Recht hatte«, meint er amüsiert und atmet dann tief durch. »Bist du denn glücklich? Behandelt er dich auch gut? Es ist doch der Tierarzt, oder?« Verlegenheit kriecht mir ins Gesicht, aber ich nicke merklich und atme tief durch. »Ja...Elyas und ja, bin ich und ja, ist er«, antworte ich knapp, weshalb mein Vater dann nickt. »Das ist gut. Bring ihn nächstes Mal mit und stell ihn uns vor, hmm? Ich möchte ihn gern kennen lernen.« »Mach ich.« »Gut, noch irgendwelche Dinge, die du jetzt los werden möchtest? Oder kann ich weiter meine Zeitung lesen? Ich hab noch einiges aufzuholen«, sagt er scherzend und deutet auf einen kleinen Stapel Zeitungen, der vor ihm auf dem Hocker neben seinen Beinen liegt. Ich lache leise und schüttel leicht den Kopf. »Nein, nichts mehr. Danke, Papa.« »Nichts zu danken. Vielleicht guckst du mal in die Küche rein und fragst bei Gelegenheit wann das Essen fertig ist. Ich habe echt Hunger und noch eine Stunde länger diesen Rouladenduft ertragen zu müssen, kann ich mir im Moment schwer vorstellen«, brummt er schon wieder etwas abgelenkt von seinem Schriftstück. Ich lache wieder und stehe nickend auf. Das war wesentlich leichter als erwartet. ~ Ein Finger piekst mir in die Stirn und als ich hochsehe, grinst Ruth mich an. Vom Stirnrunzeln kriegt man Falten, behauptet sie und ich schnaufe angestrengt. »Er antwortet nicht«, entgegne ich murrig, lasse mein Handy auf den Tisch sinken und mein Kinn auf meine Arme. Nach dem Gespräch mit meinem Vater habe ich wirklich kurz gefragt wie lange es noch dauern würde und ihm dann ein paar Plätzchen gebracht, als Mama sagte, eine Weile. Eine Weile ist bei meiner Mutter genau das, eine unbestimmte Anzahl an langen Minuten. Danach habe ich mich an den noch nicht fertig gedeckten Tisch gesetzt und Ruth dabei beobachtet wie sie Kartoffeln für die Knödel gerieben hat. Als meine Mutter dann anfing den Teig zu machen und zu verarbeiten habe ich möglichst beiläufig ihren anscheinend schon bestehenden Verdacht bestätigt worauf sie nur ein, »Ach wirklich? Das ist schön, gib mir mal bitte den großen Topf von oben, ja?«, für mich hatte. Für bestimmt zehn Minuten kam ich mir sehr dämlich vor mich so davor gescheut zu haben irgendetwas zu sagen. Dann kam mir die Idee Elyas davon zu erzählen. Das war vor einer guten, halben Stunde und eine Antwort kam aber bis jetzt noch nicht. Vielleicht ist er grade abgelenkt?, schlägt Ruth vor und grinst schief. Ich schnaufe nur wieder. »Seit drei Stunden? Hier! Er hat das letzte Mal um kurz nach eins rein geschaut und seit dem nicht mehr. Was dauert denn bitte drei Stunden?« »Gabriel, reg dich nicht auf, er wird dir sicherlich in nächster Zeit antworten, hmm? Und so lang könntest du dich um den Tisch kümmern, das Essen ist in 10 Minuten fertig«, sagt Mama entschieden, weshalb ich nur nachgiebig seufze und gehorche. Erst als ich die Gläser neben die Teller stelle, fällt mir auf, dass Mama aus Gewohnheit fünf Gedecke des Weihnachtsgeschirrs raus gesucht hat. »Du Mama, Tabea ist nicht da, du hast einen Teller zu viel raus geholt«, teile ich mit, weshalb sie mich ansieht, schmunzelt und wenig überzeugend die Überraschte spielt. »Ach herrje, dabei war ich mir doch so sicher, dass wir dieses Jahr auch fünf Leute sind. Ruth, hab ich mich etwa verzählt?« Ruth giggelt lautlos und schüttelt dann den Kopf. »...wer kommt denn noch?«, frage ich irritiert. Mama lacht amüsiert und sieht nur Ruth verschwörerisch an, während die den Blick erwidert und nun selbst auf ihr eigenes Handy sieht. Ich habe mitbekommen, dass sie es heute immer mal wieder in der Hand hatte, auch wenn sie Mama beim schnibbeln und kochen geholfen hat. Aber jetzt grade wirkt es nun doch verdächtig. »Was habt ihr ausgeheckt?«, frage ich lauernd, bekomme aber keine Antwort. Keine wirkliche jedenfalls. »Wie wäre es, wenn du den Tisch zu Ende deckst, damit unser Gast sich gleich direkt an einen fertig gerichteten Tisch setzen kann, hmm?«, schlägt sie for und widmet sich dann wieder ihren Klößen. Ich sehe zu Ruth, die aber in ihr Handy starrt und seufze nachgiebig. Gegen die beiden habe ich auch ohne Tabeas Unterstützung keine Schnitte. Mich seufzend meinem Schicksal ergebend fange ich an die Servietten zu falten und lasse mich sogar dazu nötigen diese fuckeligen Tannen zu falten, die Mama so liebt. Meine Gedanken schwirren aber um diesen ominösen Gast. Als ich fertig bin betrachte ich den Tisch noch einmal und sehe dann zu Mama und Ruth, die mich gut gelaunt betrachten. »...ihr macht mir irgendwie Angst. Was habt ihr gemacht?« Ruth grinst nur, schielt aus dem Fenster und verschwindet dann ohne ersichtlichen Grund im Flur. Die Stirn runzelnd sehe ich zu Mama, die aber erst nur lächelt. »Gabriel, sei so gut und hilf deiner Schwester, ja? Ich bin grade noch beschäftigt«, sagt sie dann gut gelaunt. Mama steht eigentlich nur in ihrer Weihnachtsschürze da und wartet, dass die Klöße fertig werden, aber weil ich wissen will, wer da so unangekündigt aufgetaucht ist, nicke ich nur und gehe langsam in Richtung Tür. Mit einem letzten Blick zurück auf Mama schiele ich dann vorsichtig um die Ecke und habe plötzlich die Erklärung für das lange Schweigen. »Elyas?« ~ Elyas Ich kann mir ein Lachen kaum verkneifen. Mir war klar, dass das eine Überraschung für Gabriel werden soll, aber ich frage mich kurz wirklich, welche Art Überraschungen er sonst von seiner Familie bekommt, wenn er so zögerlich und scheu um die Ecke schielt. »Wie...Was...Häh?« Ich muss wieder lachen. Seine kleine Schwester neben mir anscheinend auch, denn ihre Schultern zucken. Dann bewegt sie ihre Hände und Gabriel wird rot. »Wann denn?« Sie bewegt ihre Hände wieder, sieht mich dann lächelnd an und winkt, bevor sie an Gabriel vorbei den Flur verlässt. Er sieht ihr kurz nach, bevor er mich hoch verlegen anguckt und langsam auf mich zukommt. »Ich bin wirklich verwirrt. Du wolltest doch nicht mit«, murmelt er dann und ich lächle schief. »Deine kleine Schwester hatte sehr gute Argumente und eine unmissverständliche Einladung«, erkläre ich und atme tief durch. Auf dem ganzen Weg hier her war ich durchweg angespannt und unschlüssig. Jetzt hier zu sein fühlt sich aber richtig an und Gabriels scheues Lächeln sorgt dafür, dass ich mich entspanne. »Lass mich raten, es war mehr ein, wehe du kommst nicht?« »...ja, ein bisschen«, antworte ich amüsiert, »deine kleine Schwester hat sich heute Morgen anscheinend kurz dein Handy ausgeliehen um an meine Nummer zu kommen und mir dann geschrieben. Es ist wohl mit deinen Eltern abgesprochen?« »Hat sie grade eben zugegeben. Erklärt auch das komische Verhalten von Mama und Ruth«, murmelt er leise. »Ist das okay für dich?«, frage ich sacht. Er blinzelt, bevor er verlegen den Blick senkt. »Hast du gelesen, was ich dir vorhin geschrieben habe?«, fragt er dann vorsichtig. Ich nicke leicht und lächle dann. »Grade eben, vor der Tür«, antworte ich leise, weshalb er nickt und mich wieder ansieht. »Ich bin überrascht, aber ich freue mich, dass du hier bist. Ist es denn für dich auch okay?« Ich lache wieder und greife sacht nach seiner Hand. Er zuckt nicht zurück und schiebt dann sogar seine Finger etwas zwischen meine. »Ich wäre nicht hier, wenn es nicht okay für mich wäre und da du meine Eltern auch schon kennst, ist es wohl wirklich an der Zeit, dass ich deine kennen lerne«, erkläre ich leise, während ich mit einem Daumen über seinen Handrücken streichle. Gabriel brummt verlegen, bevor er hinter sich schielt. »Ehm...dann sollten wir vielleicht rein gehen? Damit ich dich vorstellen kann? Und das Essen müsste quasi fertig sein. Magst du eigentlich Rouladen?« Ich lache leise, lege meinen Zeigefinger unter sein Kinn und drehe es so zu mir, dass er mich wieder ansieht. »Ja, mag ich und jetzt musst wirklich nicht noch nervös werden, oder?« Er blinzelt leicht, grinst schief und drückt mir einen Kuss auf die Lippen. »Nein, hast Recht. Ich freue mich, dass du da bist, wirklich«, murmelt er leise, lächelt schief und umarmt mich dann. Ich erwidere die Umarmung und schmunzle leicht, als ich merke, dass Ruth in den Flur schielt. Ich zwinkere ihr zu, weshalb sie wieder lacht und kurz hinter sich guckt. »Wir werden beobachtet«, flüstere ich, weshalb er zusammenzuckt, sich los macht und dann umdreht. »Ruth!«, krächzt er, weshalb sie mit breitem Grinsen durch den Türstock verschwindet. »Komm, ich glaube, da wollen mich ein paar Leute kennen lernen, oder?« Er wird rot und spitzt unwillig die Lippen, bevor er leise seufzt und nickt. »Wäre wohl besser«, sagt er zustimmend, lächelt dann aber und hängt meine Winterjacke an die Garderobe, bevor er wieder nach meiner Hand greift. »Danke, dass du mich dazu überredet hast nach Hause zu fahren«, sagt er leise, weshalb ich lächle und seine Hand kurz drücke. »Gern. Zu Weihnachten sollte jeder am besten dort sein, wo er hingehört«, sage ich schlicht und bekomme ein glückliches Lächeln zur Antwort. Meine Mundwinkel biegen sich von selbst zu einem ebenso breiten Lächeln und gedanklich muss ich meiner eigenen Aussage zustimmen. Zu Weihnachten bin auch ich jetzt genau dort, wo ich hingehöre. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)