Spherium von Yuugii (Kaiba/Yuugi) ================================================================================ Kapitel 19: Kapitel 19 ---------------------- Verschlafen rieb er sich die Augen und unterdrückte das Gähnen. Wäre er doch nur etwas früher ins Bett gegangen! Obwohl er genau wusste, dass er am nächsten Morgen früh raus musste, hatte Yuugi noch sehr lange an seiner Konsole gesessen und versucht ein Rätsel im Spiel zu lösen. Das Rätsel war nicht schwierig. Genau genommen hatte er es ziemlich schnell durchschaut, aber die Steuerung war so umständlich und die Kamerastellung so unsicher, dass er immer wieder an denselben Stellen Fehler machte und von vorne anfangen musste. Leider gab es keine Speichermöglichkeit und Yuugi wollte keinen Falls das gesamte Dungeon noch mal spielen. Der Ehrgeiz packte ihn und der Wunsch zu gewinnen. Also hatte er es immer und immer wieder versucht, bis er endlich sein Ziel erreicht hatte. Die Augenringe sprachen für sich und seine blasse Haut war auch kaum zu übersehen. Hoffentlich tadelte Kaiba ihn nicht schon wieder. Nicht, dass Yuugi nicht mit gerechtfertigter Kritik umgehen konnte, aber wenn Kaiba etwas sagte, umgab ihn immer diese zerschmetternde Aura und er bekam jedes Mal das Gefühl, dass er sich nie wieder vor ihm blicken konnte. Wenn Kaiba ihn kritisierte, hatte er immer einen recht sarkastischen Unterton, was Yuugi zwar von diesem gewohnt war, aber dennoch nicht mochte. Atem hätte sicher in genauso unverschämter Manier geantwortet und sich das nicht gefallen lassen. Yuugi war aber nicht so wortgewandt und im Nachhinein fielen einem immer hunderte von coolen Kontern ein, die einen in der Situation selbst nicht in den Sinn kamen. Noch einmal rieb er sich die Augen, ehe er an Kaibas Bürotür klopfte und auf Einlass wartete. „Du bist ausnahmsweise mal pünktlich.“, kam es beinahe lobend von Kaiba. „Und siehst so aus, als hättest du die ganze Nacht durch gemacht.“, setzte er Augen rollend fort. Kaiba fragte sich, ob Yuugi in der Nacht geweint hatte wegen dem, was er ihm an den Kopf geworfen hatte oder ob er einen anderen Grund für die dunklen Schatten unter seinen Augen gab. Yuugi war alt genug, um sich selbst zu organisieren und so lange er pünktlich zu ihren Treffen kam und er seine Arbeit nicht vernachlässigte, würde er auch nichts sagen. „Nicht die 'ganze' Nacht...“, erklärte Yuugi mit einem entschuldigenden Grinsen. „Nur die 'halbe'? Du musst dir angewöhnen, rechtzeitig ins Bett zu gehen, ansonsten schläfst du auf der Arbeit ein. Das wäre äußerst unangebracht.“ „Das weiß ich selbst! Du bist doch nicht meine Mutter, dass du mich so bevormunden musst.“ Yuugi setzte sich einfach auf den Stuhl, ohne Kaiba weiter Beachtung zu schenken. Dieser staunte nicht schlecht, dass Yuugi sich nicht entschuldigte, wie er es sonst immer tat, sondern offen seine Meinung sagte und sich nicht unterbuttern ließ. Entweder trug das Seminar bereits Früchte oder es lag daran, dass er einen wunden Punkt getroffen hatte. In Kaibas Kopf blitzte ein Gedanke. Sollte er Yuugi einmal mehr provozieren, um zu sehen, wie er reagierte und herauszufinden, warum er die ganze Nacht – Pardon die halbe Nacht – durchgemacht hatte? „Scheinbar muss man dich ja bemuttern, ansonsten kriegst du ja nichts auf die Reihe.“, kam es scharf von Kaiba, der einige Unterlagen vor sich ergriff, diese zusammen und dann zur Seite legte, um sie aus dem Weg zu haben. Dass er mit seiner Aussage einen Nerv getroffen hatte, konnte er nicht ahnen. Plötzlich änderte sich Yuugis Gesichtsausdruck. Kaiba hatte ihn herausgefordert und dieses Mal würde er das nicht mit sich machen lassen. Er wollte, dass Kaiba ihn für voll nahm und in wie einen ebenbürtigen Partner behandelte. Stattdessen warf er mit Vorwürfen um sich und tat so, als wäre er selbst makellos. „Ach, das sagt der Richtige. Wer hat sich denn gestern mit dem Coach angelegt und eine Show abgezogen und nicht nur sich selbst blamiert?“ Kaiba blieb der Atem weg. „Wenn du mich schon zu so einem Seminar zwingst und mitkommst, zieh es wenigstens bis zum Ende durch! Ich bin kindisch, weil ich deine Limousine verlassen habe, aber du warst auch alles andere als professionell, Kaiba-kun.“ „Wieso bist du heute so zickig? Kommt das vom Schlafmangel?“, kam es von Kaiba, der Yuugi immer noch nicht ernstzunehmen schien, was Yuugi umso mehr verärgerte. „Ich bin immer noch weniger 'zickig' als du.“ Yuugi drehte den Kopf weg und sah ziemlich beleidigt aus. Für ihn war das Thema beendet. Er vermied es Kaiba direkt anzusehen. Zwei erwachsene Männer an einem Schreibtisch und zwei Egos, die beide nicht nachgeben wollten. Im Gegensatz zu gestern hatte Yuugi nicht vor, den Schwanz einzuziehen und wieder Kaiba sein grässliches Sozialverhalten durchgehen zu lassen. Kaiba verdrehte die Augen und seufzte genervt. „Was stört dich denn? Der Tag hat nicht mal richtig angefangen und wenn das so weitergeht wie bisher, werden wir niemals zu einem Ergebnis kommen.“ Kaiba verschränkte die Arme, so als wollte er somit Distanz aufbauen und sich selbst schützen. Niemand sollte in sein Innerstes sehen. „Ich bin unzufrieden damit wie unsere 'Kooperation' bisher läuft. Du rufst mich nach Lust und Laune in dein Büro und machst mir jedes Mal Vorwürfe, sagst mir, dass ich mich ändern muss und beleidigst mich am laufenden Band!“ „Moment, wann habe ich dich denn beleidigt?“, hackte Kaiba nach. Er erinnerte sich nicht daran, Yuugi beleidigt zu haben. Zumindest nicht bewusst. War doch nicht Kaibas Schuld, wenn Yuugi sich direkt in seinen Gefühlen verletzt fühlte und einen spitzen Kommentar persönlich nahm. Damit musste er aber klar kommen. Vor allem wenn er mit Kaiba zusammen arbeiten wollte. „Du kriegst ja selber nicht mal mit, was du sagst! Und genau das ärgert mich. Deine sarkastische und desinteressierte Art. Tu wenigstens so, als würde dir etwas an mir und unserer Arbeit liegen, auch wenn du es nicht ernst meinst.“ „Ich habe nie gesagt, dass ich mich nicht für dich interessiere. Aber du musst doch selbst einsehen, dass du mit deiner Art alles andere als ernstzunehmend bist. Wenn du nicht mal einen kleinen Kommentar aushalten kannst, wirst du es später umso schwerer haben.“ „Mich stört es nicht, wenn mich Fremde beleidigen. Aber bei dir ist das was anderes. Wir kennen uns schon so lange und trotzdem weist du mich ab... und das nervt mich. Wir sind Freunde und ich würde auch für dich meine Hand ins Feuer legen.“ Kaiba senkte den Blick. Auch gestern hatte sich Yuugi schützend vor Kaiba gestellt und ihn verteidigt. Obwohl er das nicht gemusst hätte. Obwohl Kaiba immer und immer wieder gesagt hatte, dass niemals so etwas wie Freundschaft zwischen ihnen sein würde. Obwohl es doch viel einfacher für Yuugi gewesen wäre, einfach zu genießen, dass Kaiba gedemütigt wurde. Er konnte nicht verstehen, dass Yuugi so naiv war und ihn tatsächlich als seinen Freund bezeichnete. Ab wann war man Freunde? Ihre Beziehung zueinander war alles andere als herzlich und es war Kaibas Art seine Überlegenheit zur Schau zu stellen. Das war er nun mal gewohnt. „Du wirst wohl niemals mit deiner Freundschaftsnummer aufhören...“, murmelte Kaiba und lehnte sich in seinem Ledersessel zurück, während er Yuugi missbilligend musterte. „Natürlich nicht.“, kam es aufmüpfig von Yuugi, der Kaibas Haltung nachmachte und seinen Blick erwiderte. „Gut, machen wir deine Hausaufgaben. Und du wirst mir im Gegenzug sagen, was Mokuba erzählt hat und wo er hingegangen ist.“ „So einfach mach ich es dir nicht. Ich kann dir gerne sagen, warum Mokuba so wütend ist, aber wo er sich aufhält, behalte ich für mich.“ „Du machst es mir nicht einfach.“ „Dann weißt du ja jetzt wie es mir mit dir geht.“ „Touché.“ Drei Stunden vergingen. Kaiba hatte Yuugi dazu angewiesen, sich einen Stift und einen Zettel zu nehmen und erst einmal für sich seine Probleme aufzuschreiben und über seine Schwächen nachzudenken. Währenddessen checkte Kaiba auf der anderen Seite des Schreibtischs seine E-Mails und tippte konzentriert auf der Tastatur. Da er so sehr mit seiner Arbeit beschäftigt war, hatte er für einen Moment vergessen, dass Yuugi da war und zuckte kurz zusammen, als dieser ihn ansprach. „Ich komme nicht mehr weiter...“, kam es schlechtgelaunt von Yuugi. „Wo ist dein Problem?“ „Der Coach sagte, wir sollen unsere positiven Eigenschaften aufzählen, aber mir fällt nichts Gutes ein.“ Kaiba warf nun einen Blick über seinen Bildschirm und erkannte, dass Yuugi bereits mehrere Zettel vor sich liegen hatte, die er allesamt vollgeschrieben hatte. Er speicherte rasch seinen Arbeitsvorgang und schob seinen Bildschirm beiseite. Yuugi hatte doch eine Menge geschrieben und er konnte nicht verstehen, was genau dessen Problem war. „Du hast da doch eine Menge Zettel vollgeschrieben. Was steht da denn?“ Kaiba griff über den Tisch hinweg und las sich das sorgfältig durch. Nach kürzester Zeit warf er Papierblätter mit einem lauten Seufzer vor sich hin und sah Yuugi erwartungsvoll an. Dieser sagte jedoch kein Wort. „Yuugi, du bist viel zu negativ eingestellt. Du hast jetzt ernsthaft fünf Zettel mit deinen negativen Eigenschaften gefüllt? Du schadest dir selbst, wenn du so denkst.“ „Wenn's doch stimmt...“, erklärte dieser nur und senkte den Blick. Seine Wangen nahmen eine rote Farbe an. Der Scham war ihm anzusehen. Kaiba wollte etwas sagen, aber er ermahnte sich selbst dazu, nicht noch mehr Schaden anzurichten, als es Yuugi ohnehin selbst schon getan hatte. „Zeig mir, was du auf deinem anderen Blatt stehen hast.“ Zögerlich übergab Yuugi seinem Chef das Blatt. Es standen nur vier Sachen darauf, danach hatte er wohl aufgegeben und das Handtuch geworfen. Auch dieses Papier ließ er einfach fallen und betrachtete seinen Gegenüber eingehend, welcher sich nicht rührte und wohl auf eine Reaktion zu warten schien. „Yuugi, du bist ein hoffnungsloser Fall...“, begann Kaiba und Yuugi sah nun doch auf. „...das würde ich zumindest gerne sagen, aber ich glaube, dass du Potential hast. Du darfst das, was andere über dich sagen, nicht so ernst nehmen. Auch mich nicht. Wenn du dir immer nur Vorwürfe machst, sabotierst du dich selbst.“ Kaiba nahm sämtliche Papiere, legte sie in einem ordentlichen Stapel zusammen, nahm sie in die Hand und erhob sich von seinem Platz. Yuugi folgte ihm mit seinem Blick und beobachtete genau, was Kaiba vorhatte. Neben seinem Schreibtisch blieb er stehen und legte die Papiere wortlos in den Aktenschredder. Yuugi schluckte. „Vergiss den ganzen Mist, den du hier geschrieben hast. Das bringt uns nicht weiter. Das, was du brauchst, ist ein richtiger Blick in die Arbeitswelt und positive Erfahrungen. Heute Nachmittag habe ich eine Konferenz, ein Meeting mit einigen der Entwickler aus der Videospielabteilung. Obwohl ich ihr Chef bin, scheuen einige dieser Leute sich nicht, ihre Meinung zu sagen, denn sie sehen die Dinge anders als ich, weil sie älter sind.“ „Da bin ich doch völlig fehl am Platze!“, unterbrach Yuugi Kaiba und erhob sich nun auch von seinem Stuhl, so dass dieser mit einem dumpfen Geräusch auf den Boden fiel. „Nun, das sehen wir, wenn es so weit ist. Vielleicht kannst du sie ja überzeugen und ihren Horizont erweitern. Du bist doch ein Genie, wenn es um Spiele geht. Du wirst sicher den ein oder anderen nützlichen Tipp haben.“ Konnte Yuugi Kaibas Erwartung erfüllen? Er wollte nicht zweifeln, aber er wusste nicht so recht, was so eine Konferenz ihm bringen sollte. Es war wahr, dass Yuugi in seiner schulischen Laufbahn nicht allzu viele positive Erfahrungen gemacht hatte und auch recht viel Spott ausgesetzt war. Auch in seiner Studienzeit hörte er immer wieder, wie andere Kommilitonen über ihn lästerten und dies meist in einer Lautstärke, dass Yuugi jedes Wort mitbekam. Zuhause hatte er seinen Großvater und seine Freunde, die ihnen den Rücken stärkten. Doch in der Universität musste er allein klarkommen. Dass sein Vater und sein Dozent ihn für seine Idee verspotteten, machte es auch nicht besser. „Ich gebe mein Bestes.“ Gegen 15 Uhr nachmittags machten sich die beiden auf und begaben sich zwei Stockwerke tiefer, wo ein riesiger Konferenzraum nur darauf wartete, dass sämtliche Teilnehmer eintrudelten. Auf dem Tisch waren Gläser und Flaschen hingestellt worden, um für genügend Trinken zu sorgen, damit niemand durch Wassermangel Kopfschmerzen bekam. Immerhin war es schon so schwer genug, jemanden wie Kaiba zu überzeugen und seine Art allein war schon anstrengend genug. Yuugi wunderte sich auch über die vielen Teller, die mit Plätzchen und Kuchen gefüllt waren. „Du hast noch nichts zu Mittag gegessen. Nimm dir ruhig ein Stück Kuchen.“, kam es von Kaiba, der sich an die oberste Spitze setzte und Yuugi mit einer klaren Handbewegung unmissverständlich dazu aufforderte, sich neben ihn zu setzen. Kaibas Aussage war sachlich und nicht als freundliche Geste gemeint, trotzdem wollte Yuugi es so interpretieren. „Und du? Du hast doch auch noch nichts gegessen, oder?“ Kaiba sagte darauf nichts und gab einen Laut von sich, der an Spott erinnerte. Da Kaiba so deutlich zeigte, dass er sich über Yuugis freundlich gemeinte Frage lustig machte, gab er einen ebenso frechen Spruch ab: „Ah stimmt, Euer Hochwohlgeboren ist nur das Beste vom Besten gewohnt. Ein einfacher Kuchen mundet Euch sicher nicht.“ „Du wirst ganz schön frech, Yuugi.“ „Ich habe halt einen verdammt schlechten Umgang.“, scherzte Yuugi und Kaiba schüttelte nur den Kopf. Immer mehr Teilnehmer kamen in den Raum. Einige von ihnen tuschelten und Yuugi konnte hören, dass sich die Herren und Damen sehr über diesen ungewöhnlichen Gast wunderten. Sie verstanden nicht, warum der König der Spiele hier war und wieso Kaiba seinen ärgsten Rivalen bei so einer wichtigen Besprechung teilnehmen ließ, wo er doch ein Außenstehender war. Was sie nicht wissen konnten, war, dass Yuugi nun in der KC arbeitete und schon bald seine eigene Abteilung bekommen würde. Kaiba räusperte sich und sämtliche Teilnehmer wurden ruhig. Yuugi sah sich immer noch musternd um und warf verhaltene Blicke den Teilnehmern zu. Er erkannte einen ergrauten Mann mit Bart und langem Haar, der direkt neben Kaiba saß und wohl ein hochangesehener Entwickler war. Er trug einen weißen Kittel und war wohl nur für diese Besprechung aus seinem Labor gekommen. Yuugi fragte sich, was er für Arbeiten erledigte. „Gut, fangen wir die Konferenz an. Zunächst möchte ich Ihnen Mutou Yuugi vorstellen.“ Yuugi neigte seinen Kopf leicht nach vorne, um so eine höfliche Verneigung anzudeuten und sagte zaghaft: „Schön, Sie kennenzulernen. Auf gute Zusammenarbeit.“ Kaiba übernahm direkt wieder das Wort. Sämtliche Aufmerksamkeit lag wieder auf ihm. „Der Monatsabschluss ist gut gelaufen. Die Ergebnisse werden ich Ihnen beim nächsten Meeting mitteilen. Keine Zeit, um herumzusitzen und Däumchen zu drehen. Wir haben einen straffen Tagesplan. Die Expansion des Kaiba Parks läuft sehr gut und wir werden in den nächsten Monaten mehrere Eröffnungen haben, sowohl national als auch international. Wie Sie bereits wissen, werden wir nun auch die Hologrammtechnik einbringen und diese vor allem in den Geisterhäusern und Achterbahnen zum Einsatz kommen lassen.“ Kaiba warf einen prüfenden Blick zu einem seiner Angestellten. Für Yuugi sah es so aus, als versuchte er den Namen auf dem Namensschildchen zu erkennen. Rasch schüttelte Yuugi diesen Gedanken ab. Kaiba würde doch wohl zumindest seine engsten Mitarbeiter und Abteilungsleiter beim Namen kennen. „Makaba-san?“ Kaiba sprach ihn direkt an und sah ihn abwartend an. Angesprochener nickte und erklärte die derzeitige Situation und dass die Entwicklung auf Hochtouren lief und es keinerlei Probleme gab, was Kaiba mehr als nur zufriedenstellte. „Wie läuft es mit Duel Links?“, fragte Kaiba dann in die Runde und wartete, dass die Arbeiter des Teams sich meldeten. „Wir haben einige kleinere Probleme und immer noch mit Bugs und Fehlern zu kämpfen. Es wird noch gut ein halbes Jahr dauern, bis die Beta fertig ist und wir sämtliche Daten in das Spiel integriert haben.“ „Duel Links...?“, wiederholte Yuugi leise und bekam einmal mehr das Gefühl, dass er hier nichts zu suchen hatte. „Duel Links ist ein Spiel für das Smartphone, Yuugi.“ Yuugi zuckte zusammen, als Kaiba sich die Mühe machte, dieses Projekt zu erklären. Der Mann mit dem langen, grauen Haar nickte zustimmend und sah Yuugi direkt an, fuhr Kaibas Erklärung weiter fort. „Spiele auf dem Smartphone werden immer relevanter und wir möchten, dass auch Duel Monsters über das Internet und durch die Kaiba Datenbanken unterwegs gespielt werden kann. So können wir tausende Leute erreichen, die kein Geld für echte Karten haben oder keinen Duel Disk besitzen.“ „Richtig. Die Digitalisierung von Duel Monsters wird immer wichtiger.“, beendete Kaiba die Erklärung. In der nächsten Stunde wurden die Fortschritte besprochen und immer wieder kam es zu lauten Diskussionen, die Kaiba mit Wortgewandtheit und Überzeugungskraft für sich entschied und seinen Angestellten eindeutig zeigte, dass er keine unnötigen Widerworte mehr duldete und die weiteren Abläufe nach Plan zu laufen hatten. Kaiba war in seiner Art dermaßen selbst überzeugt, dass Yuugi immer wieder zu diesem hinsah und ihn bewunderte. Er war in der Lage jedes Problem genau zu identifizieren und hatte stets eine passende Lösung parat, um so sicher zu stellen, dass alles andere weiter nach Plan lief. Über das Projekt Spherium sagte er kein Wort und auch nicht, aus welchem Grund Yuugi dabei war. Zu Yuugis Erleichterung fragte auch keiner. Ein komisches Gefühl kam in ihm auf, als ihm so richtig bewusst wurde, dass er die ganze Zeit still auf seinem Platz saß ohne auch nur ein Wort herauszubringen. Zwischendurch änderte sich seine Mimik, so dass einige der Teilnehmer dann ein Projekt und das Problem noch mal genauer erklärten, nicht, weil sie das Gefühl hatten, nicht ausführlich genug erklärt zu haben, sondern da sie erkannten, dass der Gast ihrer Konferenz mit fragenden Blicken die Gegend löcherte. „Kommen wir nun zum nächsten wesentlichen Punkt auf der Tagesordnung.“, verkündete Kaiba und erhob sich nun und wies auf einen großen Bildschirm, der sich hinter ihm befand. Mit einer kleinen Fernbedienung in der Hand und einem Stift in der anderen, wandte er sich kurz ab und zog seinen Laptop aus seiner Aktentasche, den er mit dem Bildschirm verband und mehrmals hin und herklickte. Dann drückte er einen Knopf der Fernbedienung, sämtliche Jalousien fuhren runter, so dass der Raum langsam dunkler wurde und der Bildschirm gut zu erkennen war, während sich langsam das Bild des Laptops auf diesem aufbaute. Er öffnete eine Datei und erklärte anhand dieser die nächsten Projekte und die Zeit, die die einzelnen Arbeitsschritte in Anspruch nehmen durften. Gebannt hörte Yuugi zu. Die Unsicherheit, die die ganze Zeit auf ihm lastete, verschwand allmählich und Kaibas Art seine Pläne auf den Punkt zu bringen und jedes kleinste Detail und Problem einzuberechnen, ließ ihn glauben, dass er mit Kaibas Hilfe und dessen Kompetenz es noch weit bringen würde und auch Spherium schon sehr bald kein Wunschtraum mehr sein würde. Einer der Männer wurde plötzlich laut, als Kaiba den Termin für ein Videospiel festsetzte und meinte, dass sie diesen unbedingt einhalten mussten. „Das ist unmöglich! Ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass es zu diesem Termin nicht zu schaffen ist. Das Spiel funktioniert noch nicht und wir kämpfen immer noch mit der Darstellung!“ Noch bevor er weitersprechen konnte, fuhr ihm Kaiba ins Wort. „Und woran liegt das? Ich habe Ihnen von Anfang an gesagt, dass Sie sich zuerst ums Grundgerüst kümmern sollen und sich dann um die Details. Kleine Probleme kann man auch nachträglich mit Updates patchen und würden Sie meine Anweisungen befolgen, sähe das Ganze ganz anders aus.“ „Und ich habe Ihnen gesagt, dass das, was sie vorhaben, mit der jetzigen Engine nicht funktioniert. Wir haben viel zu wenig Leute, um das in dieser Zeit fertigzustellen.“ „Als Sie mir vor fünf Jahren das Konzept und Ihre Idee vorgestellt haben, habe ich Ihnen gesagt, dass Sie richtig planen müssen. Sie haben darauf bestanden, dieses Projekt möglichst schnell fertigzumachen und jetzt ist die Engine nun mal veraltet, also müssen Sie zusehen, dass nicht noch mehr Zeit verstreicht. Ich werde den guten Namen und den Ruf der Kaiba Corporation nicht aufs Spiel setzen und altmodische Spiele aus dem letzten Jahrhundert auf den Markt werfen.“ Der Mann wurde nur zorniger, wagte aber nicht, etwas dagegen zu sagen. „Yuugi, wie ist deine Meinung dazu?“, wandte sich Kaiba an Yuugi, welcher direkt in Schockstarre fiel. „Ich habe doch viel zu wenig Informationen... ich kann das nicht beurteilen.“ „Stell dir vor, du würdest ein Spiel mit veralteter Grafik in den Händen halten. Was für Erwartungen hättest du?“ „Das Gameplay müsste stimmen und es sollte abwechslungsreich sein. Ich würde kein Spiel spielen wollen, welches zum Beispiel so verbuggt ist, dass ich nicht vorankomme und an Stellen scheitere, die eigentlich einfach sind. Oder wo die Kameraperspektive hin- und herspringt. Und die Story wäre wichtig. Wichtiger sogar noch als die Grafik. Kommt natürlich aufs Genre an.“ Yuugi überlegte. Es gab noch viele andere Faktoren, die er selbst als wichtig empfand. Vielleicht hatte er einen ganz andere Ansicht in dieser Hinsicht, weil er diese Spiele nicht programmierte, sondern meist nur selbst spielte. Da machte es Sinn, dass er diese einzelnen Faktoren vollkommen anders gewichtete als die Leute, die selbst aktiv an der Produktion beteiligt waren. „Hören Sie? Kümmern Sie sich also darum, dass das Spiel gut läuft. Alles andere fixen wir später mit kostenlosen Updates, dann können Sie auch noch die Missionen einbauen, die Sie als wichtig erachten. Generell ist der Verkauf von DLCs eine unserer größten Einnahmequellen. Das wird bei Duel Links und Capsule Coliseum auch so sein. Dennoch werden wir auch zukünftig vollständige Spiele bringen und DLCs lediglich als Option bieten.“ Yuugi nickte, als Kaiba das sagte. Auch der Mann, der bis eben noch darum gestritten hatte, den Termin nach hinten zu schieben, gab nun auf und Kaiba sogar Recht. Viel hatte er nicht gesagt, nur seine Meinung zum Thema gesagt und trotzdem fühlte sich Yuugi so, als hätte er etwas bewirkt und Kaiba den Rücken gestärkt. Ob Kaiba deswegen wollte, dass Yuugi zu dieser Besprechung mitkam? „Mutou-san, denken Sie da auch so?“, wollte der Mann von ihm wissen. „Ja. Da ich ja selbst gerne Spiele spiele, ärgere ich mich oft über kleine Fehler, da sie das Gameplay beeinflussen. Gestern habe ich ein Jump'n'Run gespielt, wo ich an einer Stelle einfach nicht weiterkam, da sich jedes Mal die Kamera geändert hat, wenn ich mit meinem Charakter über das Hindernis springen wollte und die darauffolgenden Ausweichaktionen nicht funktionierten, weil das Spiel mit dem Wechsel der Perspektive beschäftigt war. Im Onlinestore haben sich viele andere Spieler auch über das Problem beschwert.“ „Aber würden Sie sich nicht auch ärgern, wenn Sie merken, dass das Spiel generell nicht das ist, was Ihnen angekündigt wurde?“ „Heutzutage wird man generell mit falschen Erwartungen geködert. Die meisten würden aber ungehalten werden, wenn ein Spiel, auf das sie lange warten, mehrmals verschoben wird, weil dann die Erwartungen umso mehr gesteigert werden. Ein Spiel sollte aber Spaß machen und wenn kleine Fehler dazu führen, dass das Ganze nicht richtig läuft, führt das nur zu Frust. Da nehme ich lieber Updates in Kauf. Und würde das Spiel zum Release-Termin rausbringen, bevor die Beschwerden zu laut werden und es negativ auf mich zurückfällt... eh, also das ist zumindest meine Ansicht.“ Yuugi winkte beschwichtigend ab, als er merkte, dass er viel mehr sagte, als er vorhatte und sich in etwas einmischte, was ihn grundsätzlich gar nichts anging. Es war nicht so, dass er Kaiba absichtlich unterstützt hatte, sondern viel mehr war es so, dass er ihm zustimmte. Je länger die Spieler auf etwas warteten, desto höher wurden die Erwartungen, vor allem wenn Trailer und eine Demo bereits ein ganz anderes Bild vermittelt hatten. Lieber ein fertiges Spiel mit kleinen Fehlern, als in Kauf zu nehmen, die Erwartungen zu schüren und sie hinterher nicht erfüllen zu können. Er konnte Kaibas Standpunkt gut nachvollziehen. Gerade in der heutigen Zeit war die Konkurrenz zwischen den Spieleentwicklern groß und man musste damit leben, dass das eigene Spiel verglichen und herabgesetzt wurde, vor allem dann, wenn es Ähnlichkeiten zu anderen bereits existierenden Spielen hatte. Innovation war bei der Masse an Spielen nicht einfach. Yuugi schluckte. Moment. Das war doch genauso wie mit Spherium, oder nicht? Sein Spiel wurde auch mit anderen verglichen und von Anfang an verurteilt. Die Zeiten veränderten sich. Konkurrenz wurde größer und wenn man mithalten wollte, war es umso wichtiger, dass man regelmäßig etwas anbot, um weiterhin relevant zu sein. Die Kaiba Corporation verdiente an Freizeitparks, Videospielen und dem ausgeklügelten Hologrammsystem, das das Spiel Duel Monsters perfekt visualisierte. Aber seine Technik wurde mittlerweile in viele andere Richtungen ausgebaut. Yuugi hatte ja selbst gemerkt, dass das Logo der KC an den unterschiedlichsten Stellen in der Stadt zu sehen war. Ob an Reklameschildern oder an Cafés. Kaiba hatte den Wandel der Zeit erkannt und entsprechend gehandelt und nicht nur in eine Richtung ausgebaut. Einmal mehr staunte Yuugi über diesen Mann, der all diese Dinge berücksichtigte und wenn es um seine Arbeit ging, keine Fehler machte. Da war er ein richtiger Perfektionist. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)