The Journey that ties us together von AraniShadon ================================================================================ Kapitel 1: Distance ------------------- 1 – Distance Die Ausweise lagen verbrannt in seinem Waschbecken, das Telefon auf dem Tisch. Sein dunkles Display schien ihn zu verhöhnen, seit Tagen war es still und unbewegt. Sam saß auf seinem Bett, die Ellenbogen auf den Knien, die Finger ineinander verhakt. Er starrte einfach nur geradeaus. In einer Stunde würde seine Schicht beginnen und er wusste, er musste noch duschen, sich vorbereiten, aber Sam tat nichts dergleichen. Sein Kopf war leer und sein Herz tastete er gar nicht erst an. Ja, er hatte vorgeschlagen, dass Dean und er getrennte Wege gingen. Und ja, er hatte sehr gute Gründe dafür und er verstand, dass Dean ihm zugestimmt hatte. Aber dieses Wissen machte es nicht einfacher. Machte es nicht weniger schmerzvoll. Wieder und wieder sah er Deans Gesicht vor sich, am Tisch dieser Raststätte, der voller ausgespuckter Kaugummis und nicht identifizierbarer Flecken gewesen war. Er hörte Deans Stimme, seine Worte, wie einen endlosen Kreislauf in seinem Kopf. Würde er nun angegriffen werden, er würde sich nicht einmal wehren. Sam war sich nicht einmal sicher, ob es nicht einem Teil in ihm gab, der sich das wünschte. Eine finstere Ecke seiner Seele, die wusste, dass er es nicht verdient hatte am Leben zu sein und die nur still war, weil seine Schuldgefühle nicht zuließen, dass er sich das Leben nahm. Zumindest nicht, bevor er die Apokalypse aufgehalten hatte. Sam wusste nicht, wie er das anstellen sollte – im Moment wusste er ja nicht einmal, wie er den nächsten Tag überstand. Seine Armbanduhr piepte, erinnerte ihn, dass er nur noch dreißig Minuten hatte, bis er in der Bar sein musste. Sam erhob sich mechanisch, duschte sich, zog sich an und ging arbeiten. Still, effizient und automatisch. Tag um Tag. Manchmal sah er sein Handy an, wenn er vor dem Tisch stand, manchmal glitt sein Finger zur Schnellwahltaste, aber er nahm niemals Kontakt auf. Wie auch Dean. Es gab niemals verpasste Anrufe, niemals Nachrichten mit dem Namen seines Bruders. Bobby hatte ihn angerufen und auch Ellen. Beide hatte er kurz gesprochen, gesagt, dass ihm gut ging, aber verschwiegen, wo er war. In der Küche seiner Arbeitsstelle hing ein Kreuzworträtsel. Sam ignorierte es die ersten drei Nächte. Dann füllte er das erste Wort aus. Danach das nächste und eh er sich versah, war er fertig. Sein Hirn, unfähig, eine Lösung zu finden, wie er sich selbst vertrauen und zur Jagd zurückkehren konnte und ebenso unfähig zu entscheiden, ob und wie er Dean bitten sollte, ihn zurück an seine Seite zu lassen, verfiel zurück in eine Angewohnheit aus Stanford. Ein dicker Block mit Kreuzworträtseln fand seinen Weg in Sams Einkaufskorb, zusammen mit dunklen Brot, Obst und Gemüse. Ebenfalls Überbleibsel seiner Jahre an der Universität. Lindsey versuchte Kontakt mit ihm aufzubauen, doch Sam beließ es bei Oberflächlichkeiten. Er wollte nicht, dass ihn jemand kannte. Jede Nacht öffnete er eine Bierflasche, trank sie aber in den seltensten Fällen. Er vermisste nur das Geräusch, genauso wie ihm die Präsenz eines weiteren Menschen in seinem Raum fehlte. Manchmal, wenn er es gar nicht mehr aushielt, dann kletterte er auf das Dach des Motels, setzte sich und starrte in den Himmel hinauf. Zumindest die Sterne verurteilten ihn nicht. Manchmal wanderte er auch durch die Nacht, bis es hell wurde und manches Mal war er so, so wütend. Auf Ruby. Auf sich selbst. Auf das verdammte Blut, dass durch seinen Körper strömte. Diese Nächte waren die schlimmsten. In ihnen tobte er. Wütete, schrie und klagte. Griff Bäume und Gebüsch im Wald mit einer Axt oder auch den bloßen Händen an. Selbsthass, wie ein eiterndes Geschwür, ließ ihn das Messer gegen die Haut seines Innenarms pressen, fordernd, dass er ausblutete, allein, vergessen und weggeworfen, wie er es verdiente. Sam wollte Dean beschuldigen, Bobby, Lilith, aber am Ende gab es nur einen Schuldigen und das war er. Er hätte im Panikraum bleiben sollen, hätte sich austrocknen sollen. Aber der Wunsch, seinen Bruder zu rächen und das Richtige zu tun, hatte zu lichterloh in ihm gebrannt. Der Weg zur Hölle war gepflastert mit guten Intentionen. Und Sam war sich sicher, er würde die Hölle sehen, früher oder später. Ein bitteres Lächeln umspielte seine Lippen. Vielleicht würden die Qualen und der Horror, die Dean dort erlebt hatte, für seine Buße reichen und wenn seine Seele vollkommen zerschreddert war, würde er den Frieden finden, nachdem er sein Leben lang gesucht hatte. Weil seine Beine ihn nicht mehr tragen wollten, ließ er sich auf den Waldboden fallen, inmitten von abgebrochenen Ästen und aufgerissenem Erdreich. Tiefe Kerben in den umgebenen Baumstämmen sahen wie die Narben aus, die Sam auf dem Körper trug. Er packte seine Oberarme, drückte so fest zu, dass blaue Flecken entstanden, lachte, rau und nicht ganz zurechnungsfähig. Bei Gott, wie sehr er sich wünschte, dass es sein Handabdruck gewesen wäre, der auf Deans Schulter zu sehen war und der Sam sein Versagen gleißend hell vor Augen geführt hatte. Es hatte einen Engel gebraucht, um seinen Bruder zu retten. Nichts, was er je getan hatte war genug gewesen, ganz egal wie extrem. Alles das er gehabt hatte, war sein Schmerz, diese unendliche Leere und seine Rache. Sam schnaubte amüsiert. Die Leere hatte er ja nun zurück. Wie ein alter Bekannter hockte sie sich neben ihn und umarmte ihn zärtlich, bis die Blätter und Gräser voller Tau hingen und die Sonne aufgegangen war. Seine Armbanduhr piepte und erinnerte ihn daran, dass er heute seinen Gehaltscheck bei Markus abholen konnte. Mühsam kämpfte er sich auf die Füße, wankte zu seinem Auto. Seine Hand strich automatisch über die Konturen, aber sie waren nicht annähernd so elegant wie die des Impalas. Sein Zuhause, das er zusammen mit seinem Bruder aufgegeben hatte. Sam blinzelte harsch, als das Sonnenlicht in den Scheinwerfern reflektiert wurde und seine Augen zum Tränen brachte. Er schniefte, wischte sich über die Nase und stieg in den Wagen. Er hatte es sich selbst ausgesucht. Und bald, bald würde er so leer sein, dass es weder Verlangen, noch Wunsch, noch Leben in ihm gab. Und wenn er das erreicht hatte, so schwor sich Sam, als seine geschundenen Hände, voller Schwielen und Wunden, das Lenkrad griffen, dann würde er bereit sein, zur Jagd zurück zu kehren und Lucifer dorthin zu befördern, wo er hingehörte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)