Two Couples - Two Christmas Lovestories von Aphrodi ================================================================================ 24. Dezember (1) ---------------- Belleville, 24. Dezember 2016, 17:53 Uhr   Im Wohnzimmer erhellten leise, weihnachtliche Klänge die Umgebung. Kleine Dekorationen sprachen davon, dass Weihnachten nahte, ganz besonders großer Zeuge davon war allerdings der Weihnachtsbaum. Manchmal fragte er sich, was Aguri alles durch den Kopf ging, schließlich war es sein erstes „richtiges“ Weihnachtsfest – so ganz anders als das, was sie in Japan an Heiligabend taten. Die Weihnachtsdekoration hatte es zwar auch dorthin geschafft, genau wie die Geschenke, aber hier war es doch nochmal etwas völlig Anderes. Doch Aguri wäre nicht Aguri, wenn er keinen Spaß an so viel Kulturschock hätte. Henri war sich sicher, dass er das alles total genoss. Japaner eben.   „Henri!“, sprach er ihn plötzlich an, wodurch er erst einmal aus seinen Gedanken hochschreckte. Mit grummeligem Gesichtsausdruck sah er in das Gesicht des Japaners, das sofort ein besänftigendes Grinsen aufsetzte – das übrigens keine Wirkung zeigte.   „Erschreck mich nicht so“, tadelte Henri und so wendete er den Blick wieder ab zum Fernseher. Sie saßen schließlich nebeneinander auf dem Sofa, da würde er ihn jawohl auch verstehen, wenn er ihn nicht ansah.   „Was passiert denn jetzt noch?“ Aguris Worte klangen ungeduldig – und nicht nur das. Seine ganze Ausstrahlung war so hibbelig, dass es schon nervte, wenn er nur neben ihm saß.   „Nichts?“, zuckte er mit den Schultern und nahm den Blick nicht vom Fernseher. „Nachher gibt es noch Essen.“   „Wie, es passiert nichts? Es ist doch Weihnachten.“   „Weihnachtsabend“, korrigierte Henri ihn. „Ist nichts besonderes. Oder willst du etwa in die Kirche gehen? Ansonsten...sitzt man halt zusammen.“   „Und was ist mit den Geschenken? Wann geb ich dir mein Geschenk?“   Henri zog die Augenbrauen hoch, löste den Blick vom Fernseher. Wie schlecht informiert war er denn? Hatte er noch nie einen Weihnachtsfilm gesehen? Die Frage konnte sich Henri schneller beantworten, als ihm lieb war. Nein, sicherlich schaute Aguri keine amerikanischen Weihnachtsfilme. Und kanadische noch weniger. Er stand eben total auf Animes. „Geschenke gibt es morgen früh, wenn Santa sie gebracht hat. Du weißt schon, man geht schlafen und wenn man aufwacht, war Santa da.“   „Also tun wir heute... wirklich nichts?“ Aguris Worte klangen enttäuscht. Henri seufzte.   „Was willst du denn machen?“   „Ein richtiges Weihnachts-Date haben“, verkündete Aguri und hinter ihnen konnte Henri seinen kleinen Bruder prusten hören. Irgendwo zwischen schockiert und empört ging sein Blick in die Richtung, in der das grinsende Gesicht von Thierry ihn ansah, bevor der die Treppe hinauf verschwand.   „Ein Weihnachts-Date“, wiederholte Henri monoton. „Und wie soll so ein Weihnachts-Date aussehen?“   „Zuerst gehen wir raus und sehen uns die ganzen Lichter an!“ Und schon war die Begeisterung auf Aguris Gesicht zurück. Henri bereute direkt, gefragt zu haben. Nie im Leben würde er freiwillig einen Fuß vor die Tür setzen. Draußen war es kalt und die Lichter waren es seiner Meinung nach nicht wert, vom Sofa aufzustehen. Aber der Japaner wollte, das konnte er ihm ansehen. Nichts, aber auch wirklich nichts war schlimmer, als ein unzufriedener Aguri, den man den ganzen Abend ertragen musste. Also stand er bereitwillig auf. „Dann komm, zieh dir deine Jacke an“, forderte er, nachdem er in den Flur ging, um sich selbst in Jacke und Stiefel kleidete.   Erst gingen sie nur die Straße entlang, betrachteten die Häuser, die selbst so auffällig geschmückt waren, dass sie sich eigentlich einen öffentlich geschmückten Ort sparen konnten. Während Aguri zufrieden umher sah, die Hand dabei in Henris Jackentasche, sah er selbst eher aus wie ein angefrorener Igel, den man aus seinem Winterschlaf geholt hat. Dabei hatte er in seinem Unterschlupf alles gehabt, was er brauchte. Wärme. Essen. Einen Fernseher. Es war überraschend, dass Aguri so ruhig sein konnte, wenn er zufrieden war. Aber auf eine Art war es auch angenehm. „Und? Weihnachts-Date genug?“   Aguri lachte auf, drückte die Hand in Henris Jackentasche fester. „Noch lange nicht genug! So viele Lichter, wie es hier anzusehen gibt, da höre ich doch nicht nach einer Straße auf.“   „Ich hatte befürchtet, dass du das sagst...“   „Muss man eben ausnutzen – alles einfach. Außerdem ist es viel ruhiger hier draußen. Bei uns in Japan wären die Straßen so voll, dass man es gar nicht richtig genießen könnte. Aber das hier...“ Eine Straßenlaterne erhellte beim Vorbeigehen Aguris Augen so, dass es aussah, als würden sie leuchten. „Ich bin glücklich, dass ich mit dir diese Lichter hier sehen kann, Henri!“   Henri hüllte sich in Schweigen dazu. Er wollte in der Situation nichts Grummeliges sagen, aber er wollte auch nicht kitschig sein. Da hatte er gar keine Wahl, als dass er einfach den Mund hielt und Aguris Worte so hinnahm. Der Japaner nahm es sachte lächelnd zur Kenntnis, kam mit der wieder aufkommenden Stille offenbar nicht so ganz klar. Irgendwie musste er sein Glück ja nach außen kehren und so streichelte er mit dem Daumen über Henris warme Hand, löste seine Finger, um liebevoll mit Henris zu spielen.   „Also... wie geht so ein Weihnachts-Date jetzt weiter?“, fragte Henri schließlich, nachdem sich ihre Blicke getroffen hatten und eigentlich nach einem Kuss verlangten. Ablenkend genug war seine Frage dann doch gewesen, sodass die Stimmung vorerst wieder verpufft war. Für Aguri dürfte das ziemlich schade sein, hatte er heute erst einen einzigen Kuss bekommen, weil Henri es einfach zu unangenehm und peinlich war, es vor seinen Eltern zu tun – oder wenn auch nur irgendjemand in der Nähe sein konnte. Sein kleiner Bruder sah schließlich alles!   „Man hat ein romantisches Candle-Light-Dinner“, antwortete Aguri hilflos, so als würde er selbst wissen, dass sie das heute wohl nicht haben würden. Erstens, weil sie gar kein Geld dabei hatten, um eine Restaurantrechnung zu bezahlen. Zweitens, waren sie nicht mal dafür angezogen und drittens – am wichtigsten von allen – würde seine Mutter für sie alle das Abendessen kochen.   „Okay, und dann?“   „Tauscht man mit seinem Partner Geschenke.“   „... Und dann?“, fragte Henri genervt, als würde er sich wiederholen. Ziemlich kläglich, für ein Weihnachts-Date. Warum hatte Aguri nochmal drauf bestanden, wenn doch nahezu nichts von dem ausführbar war, was so als Weihnachts-Date durchging?   Aguri schwieg, was Henri ein ungutes Gefühl bereitete. Sein Blick war zugleich fordernd als auch fragend und formte unausgesprochen erneut die Worte. Und dann?!   „Dann hat man Sex!“, platzte es schließlich aus Aguri heraus, wo Henri ihn so unter Druck gesetzt hatte. Er wollte es ja unbedingt wissen. Bei der Antwort allerdings entgleiste ihm das Gesicht. Undenkbar, dass es dazu kommen würde, wenn seine Eltern und Thierry im Haus waren...   „Das Date ist beendet.“   „Henri!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)