12 x Du und Ich von Jaelaki (Seto & Joey | Puppyshipping) ================================================================================ Kapitel 6: Sommerregen | Juni ----------------------------- Ich bewundere die Wassertropfen, die deine Haarsträhnen schmücken wie unzählige Diamanten, spüre den Sommerwind, der unsere Haut streichelt, und präge mir dein Lächeln ein, das mich umschmeichelt wie die Sonnenstrahlen auf deiner Haut. »Hey, Kaiba! Was guckst du so blöd? Willst du auch?« Du streckst mir ein angebissenes Brötchen mit einem Steak hin, aus dem Ketchup quillt, und ich verziehe meinen Mund. »Nein, danke«, erwidere ich und zwinge mich dazu, mein Gesicht von dir abzuwenden, obwohl mich etwas zu dir treibt wie Treibholz auf den Wellen des Flusses. Jeder unterschätzt die Strömung. Du grinst und zuckst die Schultern, verdrückst das Brötchen und nimmst eine Karte vom Stapel und knabberst auf deiner Lippe, während du mit deiner Fingerspitze entlang des Kartenrands streichst. Alle beobachten das Spiel, das sich zwischen dir und Yugi ausbreitet, als wäre es ihr Höhepunkt der Sommerferien. Alle außer mir. Ich beobachte dich. Sie hocken in nasser Badebekleidung auf Decken, zwischen Grillzeug und Softdrinks, schnattern und lachen und betrachten eure Spielzüge, als wäre es das Einnehmendeste in ihrem Leben. Alle außer mir. Ich verharre in Hemd und Krawatte, als habe ich mich auf dem Weg ins Büro zum Baggerweiher verirrt. Zu dir. »Mokuba, los, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit«, murre ich und mein kleiner Bruder zieht eine Schnute, als würde ich nicht für ihn am Abgrund entlang balancieren, zwischen den reißenden Fluten spazieren, während ich hoffe, dass meine Fassade hält, wie ein Staudamm, der das Tosen einfängt. »Nur noch zehn Minuten«, bettelt er und ich atme tief ein, meine Finger klammern sich um den Griff meines Aktenkoffers, als könne er mir den Halt schenken, den du mir entreißt. »Ja, lass ihn doch noch meinen überwältigenden Sieg sehen«, trällerst du und der Damm, der mein Innerstes absperrt, knarzt mit deinem Grinsen und dem Funken in deinem Blick. »Ich muss noch etwas erledigen, komm jetzt.« Weil ich es sonst nicht schaffe, mich von dir loszureißen. Weil ich es nicht ertrage, wie uns jedes Wort auseinander drängt, ignoriere ich deinen Kommentar und stelle meinen Bruder in den Fokus meiner Aufmerksamkeit. Deine Nähe tut weh, denn du bist unerreichbar. Aus der Ferne grollt es. »Oh, oh«, machst du unheilvoll und zeigst mit dem Finger auf deinen Kumpel, »die Vorboten deines Untergangs!« Sie grölen und klopfen dir auf den Rücken, feuern dich an, als du deinen nächsten Zug machst und tätscheln deine Schulter als du im übernächsten verlierst. Ich wende meinen Blick ab angesichts dieser beiläufigen und selbstverständlichen Zuneigung, die dich von allen Seiten umspült, wie das seichte Wasser das Ufer des Baggerweihers. Dein Versagen hält dich nicht zurück, bekümmert dich nicht einmal, als wüsstest du, dass keiner deiner Freunde dir diese Fehleinschätzung vorwerfen würde. Was würden sie zu mir sagen? »Da hinten sieht’s nach Gewitter aus«, verkündet einer von ihnen und du streckst dich lässig zurück, als gehe dich der nahende Weltuntergang nichts an, wo du doch im Moment lebst. Der erste Tropfen trifft mich ins Gesicht. Nach und nach packen sie ihre Sachen zusammen und steigen auf Fahrräder und Roller und winken und ich warte darauf, dass du endlich aufbrichst, aber du sitzt im Gras, zupfst daran und klopfst mit der flachen Hand neben dich, schaust mich an, als stehe eine Herausforderung zwischen uns. »Hast du Angst auf meine Augenhöhe zu kommen?« »Du meinst, auf dein Niveau zu sinken?« »Wenn man auf deinem Niveau mit Anzug und Krawatte zum Baggerweiher muss, dann verzichte ich da voll gerne drauf.« Mokuba schnauft amüsiert. »Ja, mit Verzicht kennst du dich ja aus«, stolpert über meine Lippen und mein Magen zieht sich zusammen, denn deine finanzielle Situation ist völlig irrelevant. Sie ist nur eine Mauer, hinter der ich die Fluten verstecken kann, die aufgrund der Emotionen toben. So viel zu Niveau. »Warum bist du manchmal so ein Idiot?«, fragst du ohne ein Wimpernzucken, ohne Gram, als könnest du hinter die Worte sehen und meine Bedrängnis erkennen, blickst mich aber an, als erwartest du eine ehrliche Antwort. »Er hatte eine schwere Kindheit«, schlägt Mokuba vor und ich verschlucke mich, während du die Unverschämtheit besitzt, in Gelächter auszubrechen. »Das erklärt vieles, aber nicht, warum er in Anzug und Krawatte zum Baggerweiher kommt.« Mokuba zuckt die Schultern, als wäre mein psychosozialer Zustand für ihn unnachvollziehbar. »Oder doch?«, fügst du hinzu und betrachtest mich, als würdest du überlegen, welche Folgen meine Traumata haben können. »Hört auf so zu reden, als wäre ich nicht da«, murre ich, was dich nur zum Glucksen bringt. »Klärt ihr das selbst. Ich geh schon mal vor«, seufzt Mokuba, schlendert am Weiher entlang, wo die Regentropfen die Wasseroberfläche aufwühlen, sammelt ein paar Steine und lässt sie eins, zwei Mal übers Wasser hüpfen, ehe sie versinken und er weitergeht, als wäre nichts gewesen. Weil es letztlich immer so endet. »Riechst du das?«, fragst du. »Petrichor.« »Hä?« »Der Duft von Sommerregen.« »Oh, okay. Ich hatte keine Ahnung, dass das einen Namen hat.« Ich habe keine Idee, wie das heißt, was zwischen uns ist. Ich blinzle, beobachte dich im Augenwinkel und will dein Lächeln einatmen, das du den dröhnenden Wolken offenbarst, als wissest du ein Geheimnis, das sie dir verraten haben. Die Tropfen rinnen von deinen Strähnen deinen Nacken entlang, und ich will es ihnen gleich tun. »Ich liebe so Regen im Sommer einfach«, sagst du. »Er ist unbequem«, antworte ich, »immer unpassend.« »Nur weil dein Aktenkoffer und deine Krawatte nass werden«, erwiderst du. »Du auch.« »Bin ich eh schon.« Du bist wie Sommerregen. Dein Duft hält Sehnsucht fest, die Erinnerungen werden kann. »Kaiba?« »Mh?« »Du hast doch bestimmt einen Föhn in deiner übertriebenen Villa, oder?« »Natürlich.« »Und Handtücher?« »Ja.« »Und Wechselklamotten?« Mein Blick schnellt zu dir. Ich nicke kurz und betrachte die Wassertropfen, die dein Gesicht hinunterlaufen, als wolle ich sie zählen, spüre in meinem Inneren dein Grinsen, das sich in die Mauern meines Staudamms eingräbt, atme den Sommerregen, der uns für einen Moment in diesem Augenblick einschließt. »Cool. Dann lass uns endlich gehen«, sagst du und streckst mir deine Hand entgegen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)