Shapeless Dreams von Yuugii ([Atem center]) ================================================================================ Kapitel 17: Sein Feuer ---------------------- Atem erinnerte sich daran, was sein Lehrmeister ihn einst gelehrt hatte. Ein frontaler Angriff war sicher mutig, aber auch sehr gewagt. Für den jungen, naiven Herrscher war es weitaus ruhmreicher, seinen Feind von vorne anzugreifen und ihn einzukesseln, doch genau diese Vorstellung hatte ihn zuletzt sein Leben gekostet, also entschloss er sich dazu, einen anderen Weg zu finden, um so diese Mumien nicht besiegen zu müssen. Der Qualm innerhalb der Palastmauern brannte in seinen Augen, doch er wusste, wie er den Thronsaal erreichen konnte, ohne die Aufmerksamkeit dieser leblosen Gestalten zu erhaschen. Er lief einige Wege entlang und griff nach einer Fackel, die er wegweisend vor sich hielt. In einer der Vorratskammern angekommen, stellte er erleichtert fest, dass sich das Feuer in diesem Teil des Palastes nicht ausgebreitet hatte. Grinsend griff er nach einem der Gläser, die mit Öl gefüllt waren. Diese wandernden Mumien waren nichts weiter mehr als leblose Körper, also sollte Feuer ihnen sehr viel Schaden zufügen und ihm einen unnötigen Kampf ersparen. Atem hatte nicht unbedingt das Bedürfnis erneut mit einer Waffe aufgespießt zu werden. Das war ein Erlebnis, das er zukünftig gerne vermeiden würde. Durchbohrt zu werden war kein angenehmes Gefühl. Es schauderte ihm bei diesem Gedanken. Mit einem breiten Grinsen ging er zurück und suchte nach dem Geheimgang, der ihn hinter den Thronsitz bringen würde. Er schlich sich langsam an und versuchte keine Geräusche zu verursachen. Lediglich das Flackern der Flamme seiner Fackel konnte ihm verraten, doch da viele Bereiche des Palastes brannten, waren diese Mumien sicher nicht dazu in der Lage, die Richtung der Geräusches ausfindig zu machen. Die beiden Mumien standen mit dem Rücken zu ihm. Vorsichtig kam er den beiden näher und atmete noch einmal tief durch, ehe er die Flasche Öl auf die beiden goss. Sofort drehten sie sich um, doch Atem warf ihnen die brennende Fackel entgegen und in nur wenigen Sekunden brannten die beiden Gestalten lichterloh. Vorsichtshalber ging Atem einige Schritte zurück und sah seinen Gegnern dabei zu, wie sie jämmerlich verbrannten und lauschte ihren verzerrten Todesschreien. Sicher wäre sein Lehrmeister stolz auf ihn gewesen. Immerhin hatte dieser ihn stets davor gewarnt nach vorne zu preschen. Wie oft hatte er ihn ausgeschimpft und ihm gesagt, dass ein guter Herrscher sich erst eine Strategie überlegte, bevor er zum Angriff über ging? Er hatte kein Mitleid. Das hier war sein Reich. Sein Palast. Sein Land. Als König war es seine Pflicht dieses Geschenk, das die Götter ihnen vermacht hatten, zu verteidigen und ein jeder, der es wagte, hier einzudringen, musste mit der Todesstrafe rechnen. Er warf einen letzten Blick auf die kümmerlichen Gestalten, die Wandernden Mumien lagen nun leblos am Boden und stellten keine Gefahr mehr für ihn dar. Zügig verstaute er seinen Säbel und ging auf den Thron zu. Ein helles Leuchten blendete ihn, sodass er seinen Arm vor sein Gesicht hob und sich vor diesem Licht zu schützen schien. Im nächsten Moment befand er sich in einer goldenen Tempelanlage und vor ihm stand ein Altar, mit den Bildern des Sonnengottes Re. Ein menschlicher Körper und der Kopf eines stolzen Adlers. Der Gott des Himmels, der Sonne und des Lichts. Seit jeher bauten sie ihm zu Ehren Obelisken, die bis in den Himmel ragten und das Licht der Sonne empfanden. An den Wänden befanden sich Malereien mit der Göttin Hathor, die sich hinter dem Sonnengott befand, während dieser auf seinem Kopf eine Sonnenscheibe trug. Atem näherte sich dem Altar. Unschlüssig stand er vor dem Altar und überlegte, was er tun sollte. Was konnte er geben? Seinen Säbel? Seinen Schmuck? Noch bevor er diesen Gedanken weiterverfolgen konnte, hörte er die warme Stimme in seinem Kopf, die ihm weitere Anweisungen gab. Atem, du mutiger und entschlossener Sohn der Götter, du hast den Altar der Sonne erreicht. Doch ehe ich um ein Opfer bitte, gibt es etwas, das ich dir sagen muss. Etwas, das du wissen solltest, bevor du deine Reise weiter beschreiten wirst und das deine Entscheidung bedeutsam beeinflussen wird. Wirst du meine Worte erhören? „Ich bin nicht so weit gekommen, nur um jetzt aufzugeben. Ich bitte Euch, klärt mich auf“, meinte Atem nur und blickte mit stolzen Augen in Richtung des Altars. Die sieben Millenniumsartefakte und so auch das Puzzle, in dem du dich befindest, sind Waffen der Finsternis. Sie sind der Schlüssel, um die Welt für immer in Chaos und Dunkelheit zu hüllen. Sollten sie in den Millenniumsstein eingesetzt werden, wird dem Herrscher der Finsternis – Zorc Necrophades – der Weg geebnet. Leid, Chaos und Angst wird die Welt beherrschen. „Das ist unmöglich!“, unterbrach Atem die sanfte Stimme und wirkte deutlich aufgebracht. „Mein Vater... keiner der Priester hätte jemals dem Ruf der Finsternis gefolgt! Ihr müsst Euch irren. Mein Vater wollte immer Frieden und hätte sich nicht auf die Macht der Finsternis verlassen“, erklärte er, doch konnte keine weiteren Erklärungen finden. Sein Vater hatte ihm so einiges verschwiegen. Vielleicht war auch das nichts weiter, als eine Lüge. Und dennoch schmerzte der Gedanke, dass sie mit den Waffen der Finsternis, ihr Land verteidigt hatten und im Namen der Götter gekämpft hatten. Hatte Bakura etwa doch Recht? Ein falscher Frieden und ein Thron erbaut auf dem Blut und der Leichen Unschuldiger. Plötzlich war sich Atem nicht mehr so sicher, was gerecht war und was nicht. Auch wenn du mir nicht glauben magst, so spreche ich die Wahrheit. Die Millenniumsartefakte sind ein Zauber aus dem Millenniumsbuch. Das Necronomicon, verfasst von niemand anderem als Zorc selbst. In 1095000 Monden wird es das Schicksal der Menschheit sein, der Finsternis zum Opfer zu fallen. 3000 Jahre. Die Millenniumsartefakte sind lediglich der Anfang für all das Leid, das diese Welt noch erwarten wird. Atem betrachtete den Altar nachdenklich. Sein Vater und die Hohepriester sollten eine solch unaussprechliche Katastrophe heraufbeschworen haben? Entweder wussten sie nichts von all dem oder aber es wurde verschwiegen, in der Hoffnung, dass dieses Geheimnis niemals gelüftet werden würde. Die Millenniumsartefakte, so auch sein Puzzle, das er von seinem Vater geerbt hatte, waren Werkzeuge des Bösen, obgleich sie ihnen den Frieden gebracht hatten. Gab es denn keinen Weg diese Artefakte für das Gute einzusetzen? Ich sehe das Hier und Jetzt. Die Vergangenheit. Die Zukunft. Doch die Welt liegt in Schatten. Wirst du die schwere Bürde tragen und dabei helfen, die Bedrohung erneut zu versiegeln? „Ich sagte Euch doch schon, ich bin fest entschlossen, mein Land und mein Volk zu verteidigen. Und ich werde nicht zulassen, dass die Fehler der Vergangenheit den Frieden der Zukunft zerstören. Es ist meine Pflicht als Pharao und als Sohn der Götter bis zum bitteren Ende zu kämpfen, also sagt mir bitte, was ich Euch geben soll, damit ich diese Welt retten kann!“ Deine Entschlossenheit ist der Schlüssel zum Sieg. Doch ich brauche zwei Opfer von dir, damit du die wahre Macht des Auserwählten erhalten kannst. Dieses Opfer wird dich verändern und du wirst Schmerz und Angst ertragen müssen. Bist du dennoch gewillt, fortzufahren? Atems Blick war unerschütterlich, so auch sein Wille. Du musst Herz und Erinnerungen opfern, um die wahre Macht der Götter zu erhalten. Nur wenn du deine irdischen Verbindungen ablegst und all deine Menschlichkeit aufgibst, wirst du in der Lage sein, zum Gott der Götter zu werden. Nur dann wirst du dem Herrscher der Finsternis, Zorc Necrophades selbst, entgegentreten können. Seine Augen weiteten sich. Herz und Erinnerungen aufgeben? All seine schönen Momente vergessen? All die Dinge, die ihm die Kraft gaben, weiterzugehen? Würde er dann nicht auch sich selbst verlieren? Plötzlich zögerte er und sein Wille geriet ins Wanken. Würde er seine Erinnerungen aufgeben, würde er vergessen, wofür er kämpfte. Doch sein Herz aufzugeben, bedeutete, dass dieses erkalten würde. Würde er ohne Herz denn noch dieselbe Loyalität und Pflichtgefühl seinem Land und seinen Ahnen gegenüber empfinden wie in diesem Moment? Was wirst du aufgeben? Dein Herz oder deine Erinnerungen? Wähle mit Bedacht. [Herz. | Kapitel 10] – [Erinnerungen. | Kapitel 18] – [Nichts Aufgeben. | Kapitel 29] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)