Ein Schal für zwei von Goetterspeise (Heiji x Kazuha) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Es war als würde jemand Kazuha den Boden unter den Füßen wegziehen. Ihr Mund wurde trocken und das Schlucken schmerzte sie, während sie beobachtete, wie Heiji das in rot-weiß gestreiftes Geschenkpapier gewickelte Päckchen auspackte. Es war der letzte Schultag vor den Ferien und auch Weihnachten war nicht mehr weit, was nur bedeuten konnte, dass ein Mädchen ihm ihre Zuneigung offenbart hatte. Wie paralysiert konnte sie ihren Blick nicht abwenden, bis er endlich den Deckel von der Schachtel, die unter dem Papier zum Vorschein gekommen war, hochhob und eine Strickmütze zum Vorschein kam. Sie war grau mit grünen Punkten und sah so aus, als hätte sie jemand in stundenlanger Arbeit selbst gestrickt. Langsam und angstvoll, weil sie sich nicht sicher war, ob sie Heijis Reaktion überhaupt sehen wollte, wanderten ihre Augen vom Geschenk zu seinem Gesicht. In seiner Mimik konnte sie nichts erkennen, er starrte nur mit zusammengekniffenen Augenbrauen auf die Mütze. War das nun ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Plötzlich hob er seinen Kopf und Kazuha beeilte sich, in eine andere Richtung zu schauen. Er sollte nicht denken, dass es sie interessierte, wenn er selbstgemachte Geschenke erhielt. Obwohl ihr deshalb gerade schlecht war und sie sich unentwegt fragte, was er wohl darauf antworten würde. Und von wem war die Mütze überhaupt? “Was für ein hässliches Ding”, flüsterte ihr Kohana zu. Sie war Kazuhas Sitznachbarin und nicht gerade für ihre Zurückhaltung bekannt - was von Zeit zu Zeit anstrengend sein konnte, heute kam es Kazuha aber sehr gelegen. “Passt gut zu Heijis Klamotten”, erwiderte sie leise. Auch wenn Kohana das ausgesprochen hatte, was Kazuha sich ebenfalls dachte, wollte sie nicht, dass jemand dachte, sie würde das Geschenk schlecht machen, weil sie eifersüchtig war. Sie machte sich eher Sorgen um ihn. “Ich finde, es sieht lieblos aus. Allein das Muster ist nicht sonderlich originell. Wer weiß, ob das wirklich selbst gemacht ist.” “Vielleicht ist sie einfach nicht so gut in solchen Dingen. Die Geste zählt”, mischte Mariko sich ein, die sich zu ihnen umgedreht hatte. “Wieso? Ist sie von dir?”, wollte Kohana mit hochgezogener Augenbraue wissen. “So ein Blödsinn. Aber ein Geschenk aus Liebe schlecht zu machen gehört sich nicht.” Kazuha seufzte und klinkte sich in diesem Augenblick aus dem Gespräch aus. Die beiden würden jetzt die nächsten zehn Minuten darüber diskutieren, was sich gehörte und was nicht und am Ende des Tages dennoch gemeinsam die Schule verlassen, um nachhause zu gehen. Zu ihrem Leidwesen riskierte sie nochmals einen Blick in Richtung Heiji, der die Schachtel mittlerweile wohl in seiner Tasche verstaut hatte. Nun war er darauf konzentriert, was die Jungs um ihn herum zu erzählen hatten. Wie sehr sie sich wünschte, zu erfahren, was gerade in seinem Kopf vor sich ging und was er über dieses Geschenk dachte. Es war offensichtlich, dass ein Mädchen mit tieferen Gefühlen für ihn dahinter steckte. Ob er gerade darüber nachdachte, während er den anderen zuhörte? In diesem Moment sagte einer der Jungs zu seiner Linken etwas und Heiji drehte seinen Kopf in dessen Richtung. Er lachte laut auf, sein Blick traf allerdings plötzlich den ihren und sie spürte, wie sie rot wurde. Schnell wandte Kazuha sich ab und wurde wütend auf sich. Was war das bitte für eine Reaktion gewesen? Kazuha beeilte sich am Ende des Tages, aus der Schule zu kommen. Sie hatte es sich den restlichen Tag über nicht mehr getraut, mit Heiji zu sprechen. Aus Angst, sie würde erneut eine dumme Reaktion zeigen. So konnte sie ihm sonst auch direkt ins Gesicht sagen, wie sehr sie diese Mütze störte. Zu ihrem Leidwesen holte Heiji sie allerdings noch vor dem Schultor ein. “Sag mal, wo willste denn so eilig hin?”, fragte er sie. Kazuha konzentrierte sich verbissen darauf, ihn nicht direkt anzuschauen und jede spitze Bemerkung hinunterzuschlucken. “Wir haben frei. Ich will nur schnell heim.” Heiji schwieg eine Weile und so liefen sie nebeneinander her, ohne ein weiteres Wort zu wechseln. Sie gingen an weihnachtlich geschmückten Schaufenstern vorbei und an Pärchen, die sich kurz vor Weihnachten noch gegenseitig daran erinnern wollten, was sie sich wünschten. Unweigerlich fragte Kazuha sich, was Heiji dieses Jahr wohl an Weihnachten machen würde. Gemeinsam mit der Familie essen oder sich mit jemandem treffen? Nun riskierte sie doch einen Blick zu ihm und erwischte ihn, wie er sie musterte. “Was?”, fragte sie und hatte ihr Vorhaben, nicht zu schnippisch zu klingen, bereits wieder vergessen. “Wirst du krank?” Hä? Ihr irritierter Gesichtsausdruck blieb ihm offensichtlich nicht verborgen. Heiji räusperte sich, bevor er antwortete: “Heute Morgen hattest du ein glühendes Gesicht. Und nachdem du mir vor ein paar Tagen erzählt hast, dass du deinen Schal kaputt gemacht hast und offensichtlich noch keinen neuen hast”, bei diesen Worten deutete sie auf ihren nackten Hals. Kazuhas Winterjacke schloss nicht bündig an ihrem Kinn und so wurden ohne Schal einige Zentimeter Haut nicht verdeckt. “Deine Augen sind glasig und du bist dem Unterricht kaum gefolgt”, schloss Heiji seine Schlussfolgerung ab. Kazuha starrte ihn einen Moment sprachlos an. Die Gründe für ihr rotes Gesicht und die fehlende Aufmerksamkeit würde sie ihm sicher nicht auf die Nase binden. Einen ihrer anderen Schals trug sie allerdings deshalb nicht, weil es in Osaka noch immer nicht so kalt war, als dass sie dringend einen benötigt hätte. “Ich werde nicht krank. Ich bin wohl einfach nur müde.” “Sicher? Du schaust ziemlich …?” “Wie schau ich aus?!” Kazuha würde es heute sicher nicht ertragen, dank Heijis fehlender Empathie, auch nur eine Beleidigung an den Kopf geworfen zu bekommen. “A-ach nichts.” Ihr Blick musste angsteinflößend ein, wenn er so schnell zurückruderte. Sollte er doch hingehen, wo der Pfeffer wuchs. Weil sie längst ihren guten Vorsatz vergessen hatte und ihre Laune auf einem neuen Tiefpunkt angekommen war, konnte sie die folgenden Worte nicht verhindern: “Wo hast du eigentlich deine schöne, neue Mütze?” “Gefällt sie dir? Du kannst sie gern haben.” Kazuha wusste nicht, mit welcher Antwort sie gerechnet hatte, aber sicher nicht mit dieser. Seltsamerweise verflog in diesem Augenblick jegliche Anspannung von ihr und sie musste an Marikos Worte denken. “Da macht sich jemand die Mühe und strickt dir eine Mütze und du verschenkst sie?” Ihre Stimme war so laut, dass die umstehenden Passanten sich irritiert zu ihr umdrehten. Röte schoss Kazuha in die Wangen. “Was ist denn mit dir kaputt? Das ist meine Mütze mit der kann ich machen, was ich will.” “Du bist so ein Vollpfosten!” Sie wollte sich gar nicht vorstellen, wie schmerzhaft es für das Mädchen sein würde, wenn sie erfuhr, dass Heiji die Mütze bei der erstbesten Gelegenheit verschenkt hatte. “Was ist bitte dein Problem?” “”Du! Du bist mein Problem!” Wie angewurzelt blieb Heiji stehen, aber Kazuha beschleunigte ihren Schritt und stapfte wütend davon. Er verstand wirklich gar nichts. Wie auch? Außer seinen blöden Fällen hatte er kaum etwas anderes im Kopf. Am nächsten Morgen war Kazuha immer noch sauer über Heijis Sorglosigkeit. Zudem war sie schlecht drauf, weil sie zumindest erwartet hätte, dass er ihr hinterher rennen würde und wenn auch nur, um sie anzuschreien. War er aber nicht und es gab auch keine Nachricht auf ihrem Handy. Wegen dieser Gefühle wurde sie allerdings wütend auf sich selbst und verkroch sich deshalb den ganzen Tag in ihrem Zimmer. Sie verließ es nur kurz, um ins Bad zu gehen und sich etwas zu essen zu holen. Ihr Vater war zum Glück nicht zuhause und ihrer Mutter konnte sie gut aus dem Weg gehen. Es würde zu nervigen Fragen führen und auf diese hatte sie wenig Lust. Kazuha reichte es schon, zu wissen, warum sie so in den Seilen hing. Da musste man sie nicht auch noch darauf ansprechen. Der Typ war manchmal nur noch zum Kotzen! … und sie selbst auch, weil sie sich so leicht von ihm runterziehen ließ. Auch am nächsten Tag gab es noch keine Nachricht von ihm und langsam wurde Kazuha ungeduldig. Normalerweise nervte er sie bis zu fünfmal täglich mit angeblich witzigen Kurzvideos oder schickte ihr Zeitungsartikel über spannende Fälle, die sie selbst nicht sonderlich interessant fand. Außer er war Bestandteil des Artikels - was sie ihm nie sagen würde. Gar kein Lebenszeichen von ihm bereitete ihr allerdings Bauchschmerzen. Sie wollte sich so kurz vor Weihnachten nicht mit ihm streiten, aber selbst mit Kleinigkeiten konnte er sie viel zu leicht provozieren. Kazuha saß am Nachmittag mit ihrem Handy in der Hand auf dem Sofa und starrte es unentwegt an. Sie war wirklich zum Weglaufen abhängig von ihm. “Du könntest ihm doch schreiben”, schlug ihre Mutter vor, die gerade mit einem Korb nasser Wäsche an der Tür zum Wohnzimmer vorbeiging. Vor Schreck fiel Kazuha das Handy beinahe aus der Hand und sie versteckte es schnell hinter ihrem Rücken. “Wem soll ich schreiben?” “Netter Versuch. Aber wir wissen beide, um wen es geht.” Sie lächelte gutmütig und ging dann weiter. Mit mürrischem Blick starrte sie auf die leere Stelle, an der ihre Mutter bis vor wenigen Sekunden gestanden hatte. Sie wusste, dass sie ihm einfach schreiben könnte. Das war einer der Gründe, warum sie seit Stunden nichts anderes tat als ihr Handy durch das Haus zu tragen. Aber sie wollte nicht aufdringlich sein und außerdem war er der Vollidiot von den beiden gewesen - so wie immer. Auf der anderen Seite war sie diejenige gewesen, die einfach gegangen war, wegen etwas, das er nicht einmal verstehen konnte. Also sollte vielleicht doch sie die Initiative ergreifen und ihm schreiben. Dieses ganze Drama in ihrem Kopf ergab sowieso keinen Sinn. Mit einem lauten Aufschrei ließ Kazuha sich nach hinten auf das Sofa fallen und streckte ihre Arme nach oben, das Handy fest in der linken Hand. Sie mutierte aktuell zu einem der Mädchen, die sie sonst nur belächeln konnte. Dank eines Anflugs von Selbstvertrauen und dem Wunsch, nicht zu einer von ihnen zu werden, entsperrte sie den Bildschirm und schrieb ihm. Nur ein kurzes ‘Hey. Erste freie Tage genossen?’. Unverfänglich und einfallslos. Nichts, worüber sie sich Gedanken machen müsste. Allerdings erhielt sie auf diese Nachricht zwei Tage lang keine Antwort. Mittlerweile war Kazuha kurz davor, zu ihm zu fahren und sturmzuklingeln. Normalerweise ignorierte er ihre Nachrichten nur, wenn er tief in einem Fall steckte. Das konnte dieses Mal allerdings nicht sein, weil sie dank einer Nachricht seiner Mutter wusste, dass er in seinem Zimmer saß und niemanden hinein ließ. Er müsste also alle Zeit der Welt haben, um ihr in Ruhe zu antworten. Stattdessen schien er sich aber lieber mit anderen Dingen - oder Menschen - zu beschäftigen. So genau wollte Kazuha darüber gar nicht nachdenken. Sie lief in ihrem Zimmer auf und ab, setzte sich hin und wieder auf ihr Bett oder den Schreibtischstuhl und versuchte sich auf andere Gedanken zu bringen. Das war jedoch leichter gesagt als getan, weil sich Heiji ständig in ihren Kopf drängte. Es reizte sie ungemein, herauszufinden, was er tat, obwohl sie die Antwort nicht wissen wollte. Immerhin passte ihre Stimmung zum Wetter. Es zogen sich immer mehr dunkle Wolken zusammen, die nichts Gutes heißen konnten. Ein wenig Schnee wäre zwar schön, aber dafür lebten sie leider nicht an der richtigen Stelle Japans. Kazuha seufzte und schaute nach draußen und über die kahlen Bäume im Vorgarten. Sie beobachtete, wie ein paar Vögel, denen es ebenfalls noch zu warm war, zwischen diesen hindurch flogen, als eine Bewegung an der Straße ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Sie war sich nicht sicher, aber sie würde dennoch einiges darauf wetten, dass sie gerade Heijis Kappe sah. Mit einem Satz war sie bei der Tür und sprang die Treppenstufen hinunter. Im Flur rannte sie fast ihre Mutter um. Sie wandte kurz ihren Kopf nach hinten, rief eine Entschuldigung und konzentrierte sich dann wieder auf den Weg zur Eingangstür. In windeseile hatte sie ihre Schuhe angezogen und kam genau in dem Moment am Gartenzaun an, als Heiji die Klappe des Briefkastens öffnete. Dieser ließ vor Schreck fast das unförmige Etwas fallen, das er in der Hand hielt. “Kazuha! Bringst du gern Leute ins Grab?”, blaffte er sie an und versteckte das Mitbringsel hinter seinem Rücken. “Kommt darauf an, ob sie meine Nachrichten ignorieren und dann heimlich was in unseren Briefkasten stecken wollen.” Sie verschränkte die Arme vor ihrer Brust und hob abwartend eine Augenbraue. Auf die Antwort war sie nun wirklich gespannt. “Von wegen heimlich.” Ein Rotstich schlich sich auf seine Wangen und Kazuha war sich nicht sicher, ob er sich ertappt fühlte oder es doch am Wetter lag. Sie hätte ihre Jacke überziehen sollen. Der Wind war beißender als sie ihn in Erinnerung hatte. “Wie würdest du es denn nennen?” “Mich vor neugierigen Menschen schützen.” Kazuha wollte gerade zu einem Gegenschlag ansetzen, als ihr Blick wieder auf das Etwas hinter seinem Rücken fiel. Es war unförmig und ziemlich mies verpackt worden. Was schade war, weil das Papier selbst - rot mit grünen Weihnachtsbäumen - ihr gut gefiel. “Was hast du da eigentlich?” “Nichts, was dich etwas angehen würde.” Kazuha blies ihre Wangen auf und stemmte die Hände in die Hüften. “Nachdem es wohl für meinen Briefkasten bestimmt war, denke ich doch.” “Für deinen? Für euren! Das ist … für deine Mutter. Von meiner M-mutter.” Als ob sie ihm das abkaufen würde. Kazuha ging einen Schritt nach vorne und versuchte, danach zu greifen. Heiji drehte sich von ihr weg und so tänzelten sie für einige Momente umeinanderherum, bis Kazuha über ihre Füße stolperte und nach vorne flog. Aus einem Reflex heraus griff Heiji nach hier und so landeten sie beide auf dem harten Boden des Gehsteigs. “Aua”, rief sie, weil ihr Kinn über die raue Oberfläche gestreift war. So eine Verletzung hatte sie sich seit Kindertagen nicht mehr zugezogen. “Gut gemacht, Kazuha.” Sie setzte sich auf und warf ihm einen bösen Blick zu. “Das ist nur passiert, weil du so ein Drama machen musstest.” “Nein, weil du so neugierig bist.” “Wenn du dich nicht so rar gemacht hättest, wäre ich nicht neugierig geworden.” “Ich hab mich nicht …”, begann Heiji seine Verteidigung. Kazuha sprang auf, um ihn von oben herab betrachten zu können und zeigte mit dem Finger auf ihn. “Oh doch! Normalerweise bombardierst du mich mit irgendwelchem Mist, außer du hast einen Fall. Dann vergisst der werte Herr alles. Sogar wichtige Verabredungen.” Das passte überhaupt nicht dazu, aber im Moment war sie so wütend auf ihn, dass sie einfach alles rauslassen musste, was sie nervte. Obwohl er ihre Meinung über die versäumten Treffen längst kannte. “Kazuha”, versuchte er sie zu unterbrechen, aber sie sprach einfach weiter. “Ich weiß, dass ich einfach abgehauen bin. Aber das ist noch lange kein Grund, mich deshalb zu ignorieren. Für so nachtragend hätte ich dich nie gehalten.” “Kazuha!” Nun erhob er sich ebenfalls. Der neue Größenunterschied brachte sie endlich zum Schweigen und ihr wurde peinlich berührt klar, dass sie ihm gerade eine Szene gemacht hatte. Wegen etwas, das er noch nicht einmal verstand. “Du bist echt anstrengend.” Und damit hielt er ihr das unförmige Päckchen unter die Nase. Die Verpackung war durch den Sturz aufgerissen, weshalb sie Einblick auf den grauen Stoff bekam, der sich darunter befand. “Nimms endlich”, forderte er sie auf, nachdem sie zwei Minuten lang sprachlos darauf gestarrt hatte. Langsam hob sie ihren Arm und griff nach dem Geschenk. “Das war das erste und letzte Mal, dass ich sowas gemacht habe.” Kazuha ignorierte den Satz einfach und riss das Papier auf - unwichtig, dass sie es schön fand. Am Ende hielt sie einen dunkelgraues, undefinierbares Ding in den Händen. Immerhin war der Stoff weich. “Ähm … danke.” “Das ist ein Schal.” “Okay.” Es dauerte einen Moment bis Kazuha klar wurde, was Heiji gerade gesagt hatte. Ein Schal?! Ungläubig musterte sie die Wolle in ihrer Hand. Ein Anfang, ein Ende und viele Löcher, die wohl nicht da sein sollten. “Seit wann kannst du stricken?” Oder was das sein sollte. Kazuha konnte noch nicht ganz begreifen, was dieses Geschenk bedeuten sollte, also konzentrierte sie sich auf das offensichtliche. “Seit einer Woche. Und können würde ich es nicht nennen.” Sie nickte zustimmend. “Ich nehm ihn auch wieder mit, wenn er dir nicht gefällt.” Vielleicht hätte sie doch widersprechen sollen. “Nein! Den behalt ich. Vielen Dank.” Langsam löste sich Kazuhas emotionale Starre und sie schaffte es, ihm ein ehrliches und glückliches Lächeln zu schenken. “Dann zieh ihn aber auch an.” Die Röte, die nun Heijis Gesicht überzog, war definitiv nicht vom Wind. Genugtuung machte sich in Kazuha breit, als sie strahlend das graue Ding um ihren Hals schlung. Der Stoff fühlte sich auch hier noch sehr weich an und ihr wurde sofort warm. Schade war nur, dass die eine Hälfte fast bis zum Boden hinunter reichte, obwohl sie ihn bereits zwei Mal um sich herumgewickelt hatte. “Der würde für zwei reichen”, stellte sie kichernd fest. “Komm bloß nicht auf dumme Gedanken.” “Wieso? Dich würde ich sicher nicht dazu einladen.” “Würde ich auch gar nicht wollen”, erwiderte er prompt. Er schien darüber aber wütend zu sein. “Da du ja jetzt in Übung bist, kannst du für dich und das Mützen-Mädchen auch so einen Schal stricken.” Kazuha war sich nicht sicher, wie sie plötzlich wieder darauf kam, aber das war zumindest eine kleine Rache dafür, dass er sie die letzten Tage ignoriert hatte. Sie ignorierte hingegen die Tatsache, dass er wohl mit dem Stricken des Schals beschäftigt gewesen war. “Das übrigens zwölf ist und die Tochter meiner Nachbarin.” Oh. “Na gut. Dann kannst du ihn dir ja mit deinem Ego teilen.” Sie streckte Heiji die Zunge raus und marschierte an ihm vorbei zurück in Richtung Haus. “Dann wundert es mich aber, dass er dir zu lang ist”, rief er ihr hinterher und sie drehte sich nochmal um. “Mich nicht.” Sollte er diese Antwort interpretieren wie er wollte. Sie würde jetzt erst einmal ihre Wunde am Kinn reinigen gehen. --------------------------------- Bonus Wie es eigentlich (Heijis Wunsch) enden sollte: Meinte er damit das fünfzehnjährige Mädchen, das seit Monaten vergebens versuchte, seine Aufmerksamkeit zu erhalten? Kazuha hatte ein wenig Mitleid mit ihr, aber nachdem Heiji anfing, am Schal zu ziehen, der um sie beide hing und sie so noch näher zu ihm rücken musste, verflog dieser Gedanken schnell. Mit einem glücklichen Lächeln lehnte sie sich an ihn. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)