It's a long way without you my Friend! von Leons_Heart ================================================================================ Kapitel 1: I miss you! ---------------------- Heute ist es schon ein Jahr her, dass du gestorben bist. Es tut immer noch so weh, als wenn es erst gestern passiert wäre. Seit deinem Tod bin ich jeden Monat am 18. bei dir am Grab und bringe Blumen. Sie sind immer im Namen von R – deiner Seelenverwandten und meiner besten Freundin – und mir. Für deine Mama mache ich jedes Mal ein Foto von ihnen und schicke es ihr. Sie ist R und mir immer dankbar dafür. Sie freut sich, dass wir so an dich denken. Als ich einige Tage nach deinem Tod in der Stadt war, sah ich einen Bilderrahmen, auf dem „Lieblingsmensch“ stand. Mein erster Gedanke galt dir. Ende April schickte ich ein Bild vom Amulett von Dante aus Devil May Cry an meine Freundin L. Wir beide haben das Spiel immer gerne zusammen gespielt. Ich fragte sie, ob ihr Mann das Bild so umzeichnen/aufzeichnen könnte, dass es für ein Tattoo passt. Dazu sollen die Buchstaben i und s und das Zeichen für die Unendlichkeit. Ich erzählte ihr von deinem Tod und dass dieses Tattoo für dich sein soll. Ich will es im Nackenbereich haben. L war auch geschockt und es tat ihr leid, dass ich dich verlieren musste. Ich war sogar so sehr neben der Spur die Tage nach deinem Tod, dass ich ihren Geburtstag vergessen hatte. Aber sie war mir nicht böse. Sie weiß, dass ich ihn nie vergessen würde wegen etwas Banalem. R und ich haben beschlossen, dir eine Winkekatze zu kaufen, weil es etwas ist, was uns verbindet. Wir fanden ein Dreierset. Die rosafarbene ist bei ihr, die Weiße bei mir und die Schwarze brachten wir zu deiner Mama. Wir hatten Angst, dass man sie vom Grab klaut. Leider ist diese Angst nicht unbegründet, da man ja immer wieder davon liest, wie etwas von Gräbern geklaut wird. Es ist traurig, immerhin ist es ein Grab. Ein Grab, an dem Menschen hingehen, um zu trauern, um für sich alleine zu weinen, wenn man es sonst nicht kann. Deine Mama freute sich über die Katze. Sie stellte sie auf ein Regal, wo schon Einiges von anderen deiner Freunden und Schulkameraden stand. Ich war an dem Tag einige Zeit bei ihr. Das war einen Tag nach meinem Geburtstag. Im Juni war ich zwei Mal bei dir. Einmal am 18. und einmal am 23. – meinem Geburtstag. Du hast immer gesagt, wenn ich 30 Jahre alt werde und es dir wieder gut geht, dann wirst du richtig mit mir trinken. Na ja, so richtig zusammen klappte ja leider nicht mehr. Aber ich war an dem Tag früh morgens bei dir. Und in manchen Ländern ist es Brauch, dass man an seinem Geburtstag – oder auch am Geburtstag des Toten – mit den Toten trinkt. Also nahm ich eine kleine Flasche mit und habe für uns beide getrunken. Genau genommen für uns beide und R. Es waren drei Shots – der Erste für dich, der zweite für R und den Dritte für mich. Den Vierten und Letzten schüttete ich auf die Figur der Teleschnecke aus One Piece, die ich dir einmal geschenkt habe. An dem Tag saß ich einige Zeit bei dir, bevor ich mich wieder auf den Rückweg machte. K war die ganze Zeit da. Sie hatte gesagt, sie wird wach sein, wenn ich mich auf den Weg zu dir mache, für den Fall, dass ich danach telefonieren möchte. K ist ein kleiner, liebevoller Creep. Sie war schon vor mir am Friedhof und hat aus der Ferne auf mich geachtet und als ich auf dem Weg zurück zum Friedhofstor war, stand sie bereits dort an einem Baum versteckt. Ich dachte erst, ich bilde sie mir ein, aber dann war sie doch da. Sie ist ein lieber Mensch. Meine Kollegin M fragte mich im Juni, ob ich seit dem 18. April wieder bei dir gewesen bin. Da sagte ich ihr, dass ich immer an deinem Todestag zu dir gehe. Wann immer ich zu dir gehe, höre ich Musik. Es sind Lieder, die wir beide mochten oder auch Lieder, welche die Situation und meine Gefühle am besten beschreiben. Seit deinem Tod hab ich angefangen, eine Art Tagebuch zu schreiben. Ich schreibe immer auf, wann ich an deinem Grab war, welches Lied ich in dem Moment gehört habe. Ich schreibe auf, wenn ich an bestimmten Tagen besonders viel an dich gedacht hab. Manchmal kreisten meine Gedanken während der Arbeit nur um dich und ich musste mich immer wieder ermahnen, dass ich nicht zu weinen anfangen darf. Nicht, weil es nicht okay wäre, sondern weil ich mich dann so schnell nicht mehr beruhigen können werde und das ist an manchen Tagen während der Arbeit nicht ganz so praktisch. Es ist oft stressig und an manch so einem Tag stelle ich mir vor, wie ich dir davon erzähle und du mich dann wieder auf andere Gedanken bringst. Auch im November ging ich zwei Mal zu dir. An deinem Geburtstag und an deinem Todestag. Wie auch an meinem Geburtstag blieb ich an deinem eine ganze Weile bei dir sitzen. Wie jedes Mal, wenn ich zu dir gehe, war ich alleine auf Friedhof. Für andere wäre es vielleicht gruselig gewesen, aber nicht für mich. Ich fand es beruhigend, alleine zu sein, während ich bei dir sitze. Während ich im Geiste mit dir rede. Meine Kollegin A hat am gleichen Tag wie du Geburtstag. Ich hatte sie an dem Tag vergessen, was mir tierisch leid tat, als ich es feststellte. Sie sah mich auf der Arbeit an und meinte, dass ich nicht geschrieben hab. Sie war nicht sauer, aber etwas enttäuscht, weil sie weiß, dass ich so was nicht vergesse. Ich entschuldigte mich, gratulierte ihr. Als sie aber hörte, dass du mit ihr auf dem gleichen Tag Geburtstag hat, meinte sie, dass es ein sehr guter Grund ist, dass ich gedanklich an dem Tag nur bei dir gewesen bin. Trotzdem war es nicht richtig, sie vergessen zu haben. Sie lebt schließlich. Aber A ist ein herzensguter Mensch, der so was wirklich nicht böse nimmt und dafür bin ich ihr dankbar. Ich habe dir versprochen, immer für dich zu lachen. Oft fällt es mir aber schwer und ich kann nichts gegen die Tränen, gegen die Trauer machen. Es ist normal, zu weinen, und ich weiß, dass du das verstehen kannst. An manchen Tagen stelle ich mir dann vor, wie du neben mir sitzt und mich in die Seite piekst. Das hast du immer gemacht, weil du nicht wolltest, dass ich oder andere traurig sind. Du hast dich dann immer für uns zum Affen gemacht, nur, damit wir wieder lachen oder zumindest grinsen. Deine Mama sehe ich nicht so oft. Meistens nur, wenn sie einkaufen ist, während ich arbeite. Wenn es der Kundenandrang ermöglicht, dann kommt sie auch für ein paar Minuten zu mir. Wir reden nicht viel und lange, aber wir tun es. Ihr geht es nie so richtig gut, weil sie dich einfach vermisst – wie wir alle. Wenn sie fragt, wie es mir geht, sage ich „Ganz okay so weit“. Meistens auch dann, wenn es mir gut geht. Irgendwie denke ich, es wäre falsch, zu sagen, es geht mir gut, wo du doch nicht mehr da bist. Aber das ist ein dummer Gedanke, das weiß ich selbst. Schließlich ist es okay, dass es mir gut geht. Es gibt ja auch Unterschiede darin, wenn man sagt, es geht einem gut. Nur, weil ich sage, dass es mir gut geht, heißt es nicht, dass es nicht weh tut, wenn ich daran denke, dass du körperlich nicht mehr hier bist. Aber es fühlte sich merkwürdig an, einen Geburtstag ohne dich zu verbringen. Oder an Halloween nicht mit zusammen zu sitzen. Auch Silvester fühlte sich ohne dich merkwürdig an. Es ist einfach noch immer so surreal. Ich kann noch immer nicht fassen, dass du wirklich nicht mehr lebst. Ich habe für deine Mama alle Fotos rausgesucht, auf denen du bist. Ich habe sie ausgedruckt und nach „Kategorie“ sortiert. Japantage, DoKomis, Feiern… alles, was wir zusammen verbracht und erlebt haben. Von K habe ich noch weitere Fotos bekommen. Auch R hatte Fotos von dir, die ich nicht hatte und hat sie mir geschickt. Ein schönes Fotoalbum war auch recht schnell gefunden. Leider habe ich es bis heute nicht geschafft, es fertig zu machen. Die Fotos einzukleben und ein bisschen was dazu zu schreiben. Dabei habe ich sie schon fast ein Jahr hier liegen. Es liegt nicht nur daran, dass ich manchmal einfach zu müde und zu kaputt von der Arbeit bin. Es liegt daran, dass es emotional an mir nagen wird. Und ich brauche meine Ruhe dafür. Ich kann das Album nicht machen, wenn ich weiß, es könnte jederzeit jemand von meinen Eltern zu mir kommen. Noch dazu kommt, dass ich nicht will, dass es so klingt und aussieht, als würde ich ein Bilderbuch über einen Toten machen. Es soll eine lebendige Erinnerung werden. Aber deine Mama wird sich am Ende über das Album freuen. Auch, wenn sie es erst ein Jahr nach deinem Tod bekommen wird. S schrieb mir nach einiger Zeit, dass sie gerade alte Fotos durchschaut und dabei auch einige fand, auf denen du mit drauf bist. Ihr kommt es merkwürdig vor, dass es keine mehr mit dir dabei geben wird. Dass du auf keinem weiteren mehr drauf sein wirst. Sie erfuhr erst ein paar Tage nach deinem Tod davon. Ich wusste einfach nie, wie ich es ihr sagen sollte. K hat es für mich übernommen, nachdem ich ihr schrieb, dass S mir sagte, dass wir beide uns mal wieder mit dir treffen sollten. K wusste, dass sie das besser hinbekommen wird als ich und ich bin ihr dankbar, dass sie es übernommen hat. Danach schrieb S mir, ob wir telefonieren könnten, was wir auch gemacht haben. Es war erst stockend und dann weinten wir. Ich mehr als sie, aber ich war schon immer so viel emotionaler und sensibler als sie. Eine andere Freundin schrieb mir, dass du nun immer von oben auf mich aufpassen wirst. Und das stimmt, das weiß ich. Das spüre ich. An meinem Geburtstag machte ich ein Foto von einem Regenbogen und postete ihn in meinem Status. Die Antwort einer weiteren Freundin war: „Er wollte bei dir nur mal nach dem Rechten sehen.“ Heute habe ich zwei Blumensträuße zu dir gebracht. Einen von R und einen von mir. Dazu ein Foto von uns dreien in einem Bilderrahmen. Ich machte von jedem Strauß ein Foto und vom eingerahmten Bild. Auch vom Gesamten machte ich ein Foto. Alle sendete ich deiner Mama. Sie war mir dankbar dafür, sagte aber, dass sie es mit nach Hause nehmen wird, wenn das für mich okay wäre. Sie sagte, dass es Unglück bringt, wenn Bilder von lebenden Menschen auf einem Grab stehen würden. Man sollte nur Fotos des Verstorbenen ans Grab stellen. Das verstand ich und ich sagte ihr, dass sie das Bild von uns dreien natürlich mit nach Hause nehmen darf. Bei ihr sind wir gut aufgehoben. Ich saß heute auch eine ganze Weile bei dir. Wieder war ich alleine auf dem Friedhof. Aber an einem Sonntag und dazu noch um kurz nach 7 Uhr ist das sicherlich auch kein Wunder. Immerhin ist man an so einem Tag nicht unbedingt immer früh auf den Beinen. Zumindest nicht alle, wenn sie nicht woanders hin wollen. S hatte zwei Tage zuvor mit mir wegen heute geschrieben. Sie fragte, ob es okay wäre, wenn sie da ist, wenn ich dort bin. Hätte ich gesagt, ich wolle alleine sein, hätte sie es verstanden und wäre erst zu dir gekommen, wenn ich geschrieben hätte, dass ich nun zu Hause sei. Aber ich sagte ihr, dass sie sich gerne zu mir setzen darf, wenn ich noch da sein sollte, wenn sie kommt. Sie müsse nicht direkt wieder gehen oder Abstand zu mir nehmen. Auch heute habe ich das Groot T-Shirt getragen, welches du mir vor einigen Jahren von der GamesCon mitgebracht hast. Es ist etwas Wertvolles für mich. Es ist zwar schwer ohne dich und oft kommen mir die Tränen, wenn ich an unsere vergangene Zeit denke und daran, dass wir keine gemeinsamen Abenteuer und Momente mehr erleben können. Aber das ist okay so. Es darf ruhig weiterhin etwas zwicken, wenn ich daran denke. Es dürfen ruhig Tränen kommen. Es zeigt, dass ich ein Mensch bin, dass ich Gefühle habe. Und es ist normal, dass Narben brennen. An manchen Tagen mehr als an anderen. Solange ich lächelnd zurück blicken kann trotz des Ziehens und der Tränen, dann weiß ich, dass ich mich auf dem richtigen Weg befinde, alles zu verarbeiten. Hab dich lieb, Brüderchen Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)