Wayward Son von Morwen (Dean x Sam) ================================================================================ Kapitel 1: The Stranger -----------------------   „Das kannst du nicht ernst meinen.“ „Es ist mein absoluter Ernst. Ich sehe keinen anderen Weg, als diesen.“ „Aber er ist dein-!“ „Ich weiß. Mein Gott, glaubst du, das weiß ich nicht? Es bricht mir das Herz, diesen Schritt auch nur in Betracht zu ziehen!“ „Wieso tust du es dann?“ „Weil ich will, dass wenigstens einer von ihnen die Chance hat, all dem hier zu entgehen...“   ~*~     Sam sah vom Tresen auf, als sich die Tür öffnete. Es war ein ruhiger Donnerstagabend und das Diner hatte seit einer halben Stunde keine neuen Gäste mehr gesehen. Sam hatte bereits damit angefangen, die Bar zu säubern, den Boden zu fegen und die gereinigten Teller, Gläser und Tassen wieder ordentlich in ihren Schränken unterzubringen, damit er nach seiner Schicht möglichst schnell nach Hause zurückkehren konnte, um weiter für die SATs zu lernen. Womit er allerdings nicht gerechnet hatte, war der Anblick des mit Abstand attraktivsten Mannes, der jemals die Schwelle des Diners überschritten hatte, seitdem Sam angefangen hatte, hier zu arbeiten. Er war jung – er konnte nur wenige Jahre älter sein als Sam – und durchtrainiert, hatte kurze, dunkelblonde Haare und grüne Augen, die sich aufmerksam im Raum umsahen. Als sein Blick auf Sam landete, hoben sich seine Mundwinkel zu einem Lächeln, das die kleinen Grübchen in seinen Wangen vertiefte. Sam schluckte. Sein Mund fühlte sich plötzlich trocken an. Bleib cool, dachte er. Er ist ein Gast, nicht dein Date. „Hi“, sagte der Fremde und winkte kurz, als er auf die Bar zutrat. „Gibt es noch Kuchen? Ich brauche Zucker.“ Erst jetzt bemerkte Sam die dunklen Schatten unter den Augen des Mannes. Er musste schon seit einer Weile unterwegs sein. Vermutlich war er auf der Durchreise. „Er ist leider nicht mehr ganz so frisch, wie heute Morgen, aber wir haben noch ein paar Stücke Apfelkuchen da“, erwiderte Sam, nachdem er seine Stimme wiedergefunden hatte. Der Fremde strahlte. „Perfekt!“ Sam stieß sich vom Tresen ab und nahm einen Teller aus dem Schrank. „Sonst noch was?“, fragte er, während er ein großzügiges Stück Apfelkuchen auf den Teller schob. „Kaffee“, entgegnete der Fremde, der sich an einen der Tische direkt vor dem Tresen gesetzt hatte. „Schwarz. Und einen Burger. Keine Beilagen.“ „Kommt sofort“, sagte Sam und öffnete die Tür zur Küche. „Einen Burger ohne Beilagen, bitte“, teilte er seiner Kollegin mit, die gerade die Fritteuse reinigte. Sie schenkte ihm einen ungläubigen Blick. „Wir machen bald zu, Sam. Kannst du ihm nicht sagen, er soll es woanders versuchen?“ „Sorry“, erwiderte er. Dann setzte er seinen besten Hundeblick auf. „Tu’s für mich?“ Sie warf einen Blick über seine Schulter hinüber zu dem Fremden und zog die Augenbrauen hoch. „... okay, na schön, für die Sahneschnitte mache ich eine Ausnahme“, sagte sie. „Danke, Dotty, du bist die Beste!“ Sam grinste. „Lass mir was von ihm übrig.“ Ihre Augen funkelten amüsiert. Sam lachte auf. „Ich kann nichts versprechen.“ Dann schloss er die Küchentür wieder und griff nach einer Tasse, um Kaffee einzuschenken. „Der Burger braucht noch einen Moment“, sagte er, als er dem Fremden wenig später Kaffee und Apfelkuchen vor die Nase stellte. „Das ist okay“, meinte dieser nur und schenkte Sam ein Lächeln, das den Teenager innerlich ein wenig schmelzen ließ. „Ich habe heute nichts mehr vor. Gibt es in der Nähe ein brauchbares Motel?“ „Einige.“ Sam überlegte. „Ich kann Judy‘s empfehlen. Ist schon ein bisschen älter, aber es ist günstig und das Frühstück ist sehr gut. Einfach immer die Straße runter bis zum Ortsausgangsschild fahren, es ist gleich dahinter auf der rechten Seite.“ „Fantastisch“, erwiderte der Fremde. „Danke für die Hilfe.“ Sam nickte ihm zu, bevor er wieder an seinen Stammplatz hinter dem Tresen zurückkehrte. Während der Fremde mit Enthusiasmus über den Apfelkuchen herfiel, verabschiedeten sich die restlichen Gäste von Sam – zuerst ein junges Paar, dann eine Gruppe von Teenagern und schließlich auch der alte Mann, der jeden Abend bis zum Schluss da war, um in Ruhe sein Bier zu trinken – und er räumte ihr Geschirr ab und wischte anschließend die Tische sauber. Damit war der Fremde der letzte Gast im Diner. Wenig später ging die Küchentür auf und Dotty drückte Sam einen Teller in die Hand. „Du schuldest mir was, Wesson“, murmelte sie und zwinkerte ihm zu, bevor sie wieder in der Küche  verschwand. Sam servierte dem Fremden seinen Burger, dann sah er auf die Uhr und machte sich daran, die Stühle hochzustellen. Ein paar Minuten später ging die Küchentür ein letztes Mal auf und Dotty kam heraus, ihre Tasche unter dem Arm. „Mach‘s gut!“, rief sie ihm im Vorbeigehen zu. „Bis Sonntag!“ „Bis Sonntag“, erwiderte Sam. Dann trat Dotty in die Nacht hinaus und war kurz darauf verschwunden. Jetzt war Sam allein mit dem gutaussehenden Fremden. Er zog für einen Moment seine Optionen in Betracht, bevor er all seinen Mut zusammennahm, sich den letzten Rest Kaffee in eine Tasse goss und sich zu dem Fremden an den Tisch setzte. Dieser warf ihm über seinen Burger hinweg einen belustigten Blick zu. „Lange Schicht?“, fragte er. „Könnte man so sagen“, erwiderte Sam und nahm einen Schluck von seinem Kaffee. „Tut mir leid, dass ich dich aufhalte“, sagte der Fremde und lächelte schief. „Ich habe eine lange Fahrt hinter mir und als ich sah, dass noch andere Gäste im Diner saßen–“ „Es ist okay.“ Sam schüttelte den Kopf. „Es macht mir nichts aus.“ „Ist das so?“ Der Fremde musterte ihn aufmerksam. „Musst du nicht zur Schule?“ „Momentan sind Ferien, also... eher nicht, nein.“ Sam zuckte mit den Schultern. Dann lehnte er sich zurück und sah den Fremden neugierig an. „Wo geht die Reise hin, wenn ich fragen darf?“ Der andere Mann sah für eine Weile aus dem Fenster. „Das werde ich erst wissen, wenn ich gefunden habe, was ich suche“, entgegnete er leise. Seine Antwort gab Sam Rätsel auf. „Und was suchst du?“, hakte er vorsichtig nach. Der Fremde grinste plötzlich. „Das ist die Frage, nicht wahr.“ „Pfff“, machte Sam und trank erneut von seinem Kaffee. „Ich hatte mich schon auf eine spannende Geschichte gefreut. Hier ist nie was los.“ „So klein und verschlafen ist Sioux Falls nun auch wieder nicht“, sagte der Fremde kauend. „Hier müssen doch ständig Leute auf der Durchfahrt sein.“ „Aber keine, die ich so interessant finde“, erwiderte Sam. Erst als der andere Mann vielsagend eine Augenbraue hob, wurde Sam bewusst, was er da gerade gesagt hatte, und er spürte, wie seine Wangen rot anliefen. „Ich, uh... ich wollte damit nur sagen–!“, stieß er hastig hervor, doch der Fremde lachte nur. „Schon gut“, meinte er. „Ich hatte nur nicht mit dem Kompliment gerechnet, das ist alles.“ Er zwinkerte Sam zu. „Und wenn du ein paar Jahre älter wärst, dann wäre ich sicherlich nicht abgeneigt.“ „Ist das so“, murmelte Sam mit heißen Wangen und versteckte sich hinter seiner Kaffeetasse. Dies war zweifellos die vielversprechendste Abfuhr, die er jemals kassiert hatte. „Aber um auf deine Frage zurückzukommen“, fuhr der Fremde dann fort, „ich bin auf der Suche nach einem neuen Fall. Ich weiß nur noch nicht, wo ich einen finde.“ „Einen Fall?“, fragte Sam neugierig. „Bist du Privatdetektiv oder so?“ Der andere Mann grinste. „So etwas in der Art, ja.“ Doch bevor ihn Sam weiter mit Fragen löchern konnte, sah der Fremde auf seine Armbanduhr. „Oh Mist, schon so spät“, meinte er und schob sich den letzten Rest seines Burgers in den Mund, bevor er seinen Kaffee in einem Zug leerte. „Ich sollte jetzt wirklich besser gehen.“ Sam stieß ein enttäuschtes Seufzen aus, doch er akzeptierte sein Schicksal und stand auf, um abzuräumen. Der Fremde holte währenddessen sein Geld hervor und legte fünfzehn Dollar auf den Tresen, fünf mehr, als er hätte zahlen müssen. „Danke für das Essen zu dieser späten Stunde“, sagte er, als er Sams überraschten Blick bemerkte. „Und das Gespräch. – Mach’s gut, Sam.“ Dann ging er. Sam stand für einen Moment wie angewurzelt da und starrte ihm nach. Erst dann fiel ihm ein, dass sein Name auf dem Schildchen stand, das an seine Brusttasche geheftet war, und er schlug sich mit der Handfläche gegen die Stirn. „Denken ist heute eindeutig nicht deine Stärke, Wesson“, murmelte er, bevor er seine übliche Feierabendroutine durchlief, seine Arbeitskleidung gegen ein ausgewaschenes T-Shirt und eine Jeans tauschte und schließlich das Licht im Diner ausschaltete. Als er in die kühle Nachtluft hinaustrat, stellte er zu seiner Überraschung fest, dass der Fremde noch immer da war. Er stand auf dem Parkplatz des Diners und kramte im Kofferraum eines schwarzen Chevrolets, einer wahren Schönheit von Auto. Sam stieß einen leisen Pfiff aus und ließ seinen Blick bewundernd über die polierte Karosserie gleiten. „Nettes Auto“, sagte er. Der andere Mann hob überrascht den Blick und grinste, als er Sam erkannte. „Danke.“ „Deiner?“, fragte Sam. Der Fremde seufzte. „Ich wünschte, ich könnte ja sagen“, entgegnete er. „Der Wagen gehört meinem Vater.“ Er warf mit Schwung die Kofferraumklappe zu und ging um das Auto herum, um die Fahrertür zu öffnen. Dies war der letzte Moment, um noch etwas zu sagen, wurde Sam plötzlich klar. Nach dieser Nacht würde er den Fremden nie wieder sehen. „Hey“, sagte er schnell und sah dem anderen Mann offen in die Augen. „Nimmst du mich mit?“ Der Fremde starrte ihn an. Dann gab er ein kurzes, überraschtes Lachen von sich. „Du willst, dass ich dich nach Hause fahre?“ „Was?“ Sam zuckte mit den Schultern, als würde sein Herz nicht gerade rasen und als wäre es völlig normal, eine komplett fremde Person darum zu bitten, ihn nach Hause zu bringen. „Ich finde, es wäre nur fair, immerhin bin ich heute später dran als sonst.“ Das schien dem anderen Mann einzuleuchten und sein Gesichtsausdruck entspannte sich wieder etwas. „Du setzt eine Menge Vertrauen in mich, Sam“, erwiderte er. „Ich könnte auch ein Serienkiller sein.“ „Und? Dasselbe könnte auch auf mich zutreffen“, sagte Sam kühn. Seine Worte ließen den anderen Mann schmunzeln. „Okay, da ist was dran“, meinte er. Er überlegte für einen Moment, dann nickte er. „Na schön. Steig ein.“ Sam schenkte ihm ein strahlendes Lächeln und wollte gerade die Beifahrertür öffnen, als der Fremde ihn noch mal zurückhielt. „Dean“, sagte er. „Hm?“, machte Sam. „Mein Name“, entgegnete der junge Mann, „ist Dean. Dean Winchester.“ Sam zog erstaunt die Augenbrauen hoch. „Wie das Gewehr?“, fragte er. „Jepp.“ Dean öffnete die Fahrertür und stieg ein, und Sam ließ sich kurz darauf auf dem Beifahrersitz nieder. „Was für ein Zufall“, erwiderte er und sah Dean an. „Mein Name ist Wesson. Sam Wesson.“ „Im Ernst?!“ Dean lachte auf. „Wie der Revolver?“ „Wie der Revolver“, bestätigte Sam, während sie sich anschnallten. „Ich fasse es nicht.“ Kopfschüttelnd startete Dean den Motor, noch immer einen amüsierten Ausdruck auf dem Gesicht. „Okay, Wesson, dann beschreib mir mal, wo ich langfahren soll...“   Keine zehn Minuten später hielt Dean vor dem schlichten, zweistöckigen Haus, in dem Sam mit seinen Eltern und seinen zwei kleinen Schwestern lebte. „Da wären wir“, meinte er und zog die Handbremse an. „Danke fürs Fahren“, sagte Sam und lächelte. „Und dafür, dass du mich nicht ermordet hast.“ „Einen so gutaussehenden Typen wie dich?“ Dean zwinkerte ihm zu. „Das wäre eine schreckliche Verschwendung.“ Sam lief bei diesen Worten rot an und falls er noch Zweifel daran gehabt hatte, dass Dean ebenfalls interessiert war, dann waren sie spätestens nach dieser Bemerkung ausgeräumt. „Wie dem auch sei...“ Er räusperte sich. „War nett, deine Bekanntschaft gemacht zu haben, Dean Winchester. Ich hoffe, du findest, wonach du suchst.“ Bei diesen Worten trat ein warmer Ausdruck in Deans Augen. „Danke, Sam“, sagte er leise. „Das hoffe ich auch.“ Dann wedelte er mit der Hand. „Und jetzt ab mit dir. Ich bin müde und du musst noch für deine Prüfungen lernen, hast du vorhin gesagt.“ „Schon gut, schon gut.“ Sam öffnete mit einem Lächeln die Beifahrertür und stieg aus. Er wünschte, sie hätten noch etwas mehr Zeit. Dean weckte sein Interesse und auf unerklärliche Weise fühlte er sich zu ihm hingezogen – und das nicht nur, weil der andere Mann verdammt attraktiv war und Sam jung und hormongeladen. Nein, es war mehr an ihm, als man auf dem ersten Blick sehen konnte, und genau das war der Punkt. Sam wollte mehr sehen. Doch Dean war sichtlich müde und Sam hatte noch fünf Seiten an SAT-Aufgaben vor sich und es gab nichts, was er daran ändern konnte. „Man sieht sich“, sagte er durch die offene Fensterscheibe und klopfte kurz auf das Autodach. Dean schenkte ihm ein Lächeln. „Wer weiß...?“, erwiderte er. Und dann: „Gute Nacht, Sam.“ „Nacht, Dean.“ Und dann war Dean auch schon aufs Gaspedal getreten und der dunkle Chevrolet Impala war wieder mit der Nacht verschmolzen, als hätte er nie existiert. Mit einem warmen Gefühl im Bauch wandte Sam sich ab und ging auf die Hauseingangstür zu. Etwas sagte ihm, dass dies nicht das letzte Mal sein würde, dass er Dean Winchester sah. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)