0:01 Uhr von Varlet ================================================================================ Kapitel 1: 0:01 Uhr ------------------- Jodie seufzte leise auf. Sie war gefrustet und fühlte sich gedemütigt. Immer war ihnen die Organisation einen Schritt voraus und es war egal, was sie taten. Sie schafften es einfach nicht. Und dann war da noch Shuichi. Sie hatte sich bereits daran gewöhnt, dass er ihr nicht alles erzählte und sie nicht immer in seine Pläne einweihte, dass sie ihn immer abholen durfte oder nur das tat, was er wollte. Meistens schien es sogar, als hätte sie gar keinen eigenen Willen, aber trotzdem nagte dieses Verhalten an ihr. Und was war beim nächsten Mal? Es änderte sich nie irgendwas. Auch beim nächsten Mal verschleierte er wieder alles und sie erfuhr als letztes davon. Warum? Hatte sie nicht mehrfach bewiesen, dass er ihr vertrauen konnte? Dass sie nichts ausplauderte und seine Geheimnisse wahren konnte? Lieber würde sie sterben, als auch nur irgendwas dem Feind zu verraten. Bisher hatte sie alles geschluckt und ließ sich von ihm benutzen, doch irgendwann lief jedes Fass über. Und jetzt war es bei ihr soweit gewesen. Er hatte wieder einen Alleingang beendet und sie erfuhr es erst, als sie ihn abholen musste. Schweigend hatte sie ihn nach Hause gefahren und ihn dann wutentbrannt angeschnauzt. Shuichi hatte allerdings nicht so reagiert, wie sie gedacht hatte. Er war ausgestiegen und hatte dann etwas sagen wollen. Doch Jodie hatte darauf keine Lust und fuhr einfach davon. Letzen Endes landete sie in einer Bar und hatte sich dort einen Sherry – ihr Lieblingsgetränk – bestellt. Sie wollte eigentlich nach Hause fahren, dachte dann aber, dass man sie dort am ehesten suchen würde und sich anders entschieden. Sie wollte auf gar keinen Fall erneut auf Shuichi treffen, auch wenn sie wusste, dass die Wahrscheinlichkeit, dass er ihr folgte, sehr gering war. Sie blickte in ihr Glas und überlegte, sich noch etwas Stärkeres zu bestellen, aber sie wollte sich auch nicht komplett abschießen. Zumindest nicht wenn sie sich umsah. Fast alle Männer gehörten der gleichen Kategorie an: es gab die, die sich nur volllaufen lassen wollten, die, die jemanden ins Bett bekommen wollten, die, die Dreck am Stecken hatten und die, die nach Informationen suchten. Jodie konnte bei keinem der Männer sagen, was ihr Beweggrund war. Aber das brauchte sie auch nicht, denn jeder der zu ihr kam, ihr ein Glas ausgeben wollte, sie anmachte oder sonst was wollte, wurde abgewiesen. Betrübt leerte Jodie ihr Glas in einem Rutsch und bestellte erneut einen Sherry. Vielleicht sollte sie sich doch von einem der Männer abschleppen lassen, um ihre Sorgen vergessen zu können, selbst dann, wenn es nur für einen kurzen Augenblick war. Die Agentin seufzte leise auf. „Harter Tag?“ Sie sah zu dem Barmann. „Kann man so sagen“, murmelte sie. „Sie sollten nicht versuchen Ihren Kummer im Alkohol zu ertränken. Auf Dauer werden Sie damit nicht glücklich.“ Jodie nickte verstehend. „Ich weiß. Aber ich wollte einfach nicht nach Hause.“ Zudem hatte sie gehofft, dass der Alkohol irgendwann seine Wirkung entfaltete und sich ihre Laune hob. Doch bisher hatte sich nichts geändert. Sie war immer noch niedergeschlagen. „Ich würde eine Flasche Sherry nach Hause nehmen. Setzen Sie die auch auf meine Rechnung.“ Er holte die Flasche hervor und schob sie zu Jodie rüber. „Bist du sicher, dass du dich volllaufen lassen willst?“ Jodie erkannte die Stimme, glaubte aber, dass sie sich diese nur einbildete. Dennoch sah sie nach rechts. „Shu…“, wisperte sie. Er hatte sie tatsächlich gefunden. „Was…was machst du hier?“ Der Agent sah zum Barmann. „Machen Sie bitte die Rechnung fertig. Sie trinkt nichts mehr.“ „Eh…?“ „Ist schon gut. Machen Sie die Rechnung fertig“, stimmte Jodie zu und leerte ihr Glas. Shuichi nahm seine Geldbörse hervor und zahlte. „Stimmt so.“ Dann sah er wieder zu Jodie. „Wir gehen.“ „Jaja“, gab sie ein wenig trotzig von sich und stand auf. „Ich fahr nach Hause.“ Akai beobachtete sie. „Deinen Wagen lassen wir hier“, begann er. „Du bist nicht ganz auf der Höhe und angetrunken. Unter diesen Umständen lasse ich dich nicht fahren.“ „Von mir aus.“ Jodie wusste, dass jede Diskussion sinnlos war und ging mit ihm nach draußen. Sie stieg in seinen Wagen und ließ sich anschließend nach Hause fahren. Schweigend gingen sie zusammen zu ihrer Wohnung und Jodie setzte sich auf das Sofa. „Und jetzt?“ Sie sah ihn an und stellte die Flasche Sherry auf den Wohnzimmertisch. „Ich vermute, du willst nicht mit mir trinken.“ „Das stimmt“, entgegnete Akai und verschränkte die Arme vor der Brust. „Und du solltest auch nichts mehr trinken, ansonsten hast du morgen einen Kater.“ Jodie blickte auf die Uhr. „Es ist 0:01 Uhr. Wenn, dann hab ich heute den Kater.“ „Jetzt ist kein guter Zeitpunkt für Spitzfindigkeiten“, gab Shuichi von sich. „Aber wenn du dich dafür entscheidest, weiter zu trinken, werde ich dich nicht aufhalten. Ich werde aber auch nicht dabei zu sehen, wie du dich abschießt.“ Jodie seufzte. „Jaja. Ich habs schon verstanden. Aber sag mal…woher wusstest du eigentlich wo ich bin?“ „Mhm?“ Shuichi wusste, dass seine nächste Antwort sehr heikel war, aber sie verdiente die Wahrheit. Zumindest dieses Mal. „Ich kann deinen Standort per GPS nachverfolgen. Du hast eine Software auf deinem Handy durch die ich sehen kann, wo du bist. Außerdem…ist sicherheitshalber ein Tracker in deinem Wagen angebracht.“ „Du…du tust was?“ „Wie gesagt, sicherheitshalber, falls etwas passiert. Sei mir lieber dankbar, dass ich das gemacht habe. So kann ich immer sehen, wo du bist. Ich nutze es aber nicht aus. Nur in Gefahrensituationen schaue ich, wo du dich aufhältst und heute, nachdem du zu Hause nicht anzutreffen warst. Du solltest mir dankbar sein. In der Bar waren zahlreiche Männer, die nur auf eine Gelegenheit gewartet hätten. Spätestens, wenn du in einem fremden Bett aufgewacht wärst, hättest du die gewünscht, dass ich aufgetaucht wäre.“ Jodie seufzte ein weiteres Mal. Sie war zwiegespalten und wusste nicht, was sie eigentlich sagen sollte. „Über die Sache mit dem GPS Tracker reden wir noch, denn ich finde es nicht in Ordnung, dass du mich auf diese Art und Weise ausspionierst…vor allem, wenn ich nichts davon weiß. Aber ich kann verstehen, warum du das getan hast und deswegen Danke. Aber Shu, es muss sich was ändern, du kannst mich nicht immer außen vor lassen.“ „Ich tu, was ich tun muss. Das alles gilt auch deiner eigenen Sicherheit.“ „Ich bin kein kleines Kind“, warf sie ein. „Ich weiß. Aber du bist eine Person, die mir wichtig ist.“ Jodie errötete. Machte er das alles nur aus Sorge um sie? Ein leichtes Lächeln legte sich auf ihre Lippen. „Ach Shu…“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)