Die farbenfrohe Schreibfeder von AliceFeder ================================================================================ Kapitel 1: Der Fremde - KaShin ------------------------------ One Shot Nr. 1 Ƹ̵̡Ӝ̵̨̄Ʒ Der Fremde   Eine kleine Rauchwolke verließ seinen Mund als er frustriert seufzte. Warum? Das wusste der junge Mann nicht wirklich. Er fröstelte leicht. Es war kalt in den Straßen Tokyos und er richtete seinen Kragen auf, um ein wenig vor der Kälte geschützt zu sein. Kurz grummelte er über seine eigene Nachlässigkeit, da er vor Stunden viel zu überstürzt das Haus verlassen hatte, als Inspektor Megure ihn zu einem Tatort rief. Eine Frau wurde erstochen in ihrer Wohnung aufgefunden und Shinichi hatte seinem Namen erneut alle Ehre gemacht und den Tathergang aufklären sowie den Mörder an Ort und Stelle überführen können. »Das war Mord aus Liebe«, murmelte er die Worte in seinem nicht vorhandenen Schal, die ihm der Täter entgegenschrie, nachdem er ihm mit seinen Schlussfolgerungen in die Enge getrieben hatte. Es war der Ehemann gewesen, der nicht damit klarkam, dass seine Frau ihn verlassen wollte. Ja sogar schon die Koffer gepackt hatte. Nicht wegen eines anderen Mannes, nein, sondern wegen seiner Schwester in der sie sich verliebt hatte und mit der sie seit einem knappen Jahr heimlich eine Beziehung führte.   Er würde den Grund, warum ein Mensch einen anderen Menschen umbrachte nie verstehen und besonders nicht die Person, die man liebte. Wenn er sie wirklich geliebt hätte, hätte er sie gehen lassen. Frustriert seufzte er auf und fuhr sich fahrig durch seine nicht mehr ganz so glatten Haare, die an einigen Stellen wild abstanden. Ausgelaugt. Ja, so konnte man das Wort beschreiben wie er sich seit geraumer Zeit fühlte. Kraftlos und müde. War es falsch an das Gute in einem Menschen zu glauben? Über den eigenen Gedanken lächelnd, schüttelte er verständnislos seinen Kopf. Natürlich war es das nicht. Der Detektiv sah es nur nicht mehr. Ständig war er von Raubmördern, Kindesentführer und Serienkiller umgeben, wurde mit der Dunkelheit, dem Bösen, das in diesen Menschen ein wohliges zu Hause gefunden hatte, konfrontiert und er kam an einem Punkt an, wo er das Gute in jeder Person in Frage stellte. Das war falsch und das wusste er. Vielleicht war es an der Zeit sich eine kleine Auszeit zu gönnen? Doch was machte die Polizei ohne ihn? Würden sie zurechtkommen? Er zweifelte. An sich und an der Zukunft der Menschheit.   Es gab reichlich gute Menschen, darunter auch gute Kriminelle, die er gerne als modernen Robin Hood bezeichnete, und sogleich erschien vor seinen Augen ein durch einen weißen Zylinder in Schatten gehülltes Gesicht. Das linke Auge verdeckt durch ein Monokel und ein Grinsen, was ihm arrogant entgegen lächelte. Ein Schmunzeln zierte seine Lippen als ihm der Mondscheindieb in den Sinn kam. Es war schon verwunderlich, dass ein kleiner Streich seines Gehirns seine Laune besserte und beinahe alle Zweifel, die in ihm keimten, forttrieben. Was KID gerade wohl macht? Sein letzter Coup lag bereits einen Monat zurück. Ein Monat, wo er ihm das letzte Mal gegenüberstand und irgendwie beruhigte ihn der Gedanke, dass der Dieb die weihnachtliche Vorweihnachtszeit mit seinen Liebsten genoss und augenscheinlich eine Pause einlegte. Ob er eine feste Freundin hat mit der er das Fest der Liebe verbringt? Der Detektiv schüttelte sein Haupt. Der Gedanke gefiel ihm nicht und wollte seine soeben gewonnene innerliche Ruhe nicht gleich erneut mit unschönen Vermutungen vermiesen.   Seine Füße hatten ihn unbewusst zum Weihnachtsmarkt getrieben. Überlegend kräuselte er seine Brauen, um schlussendlich gleichgültig mit den Schultern zu zucken. Würde er halt allein eine Runde über den Markt drehen. Vielleicht hatte er Glück und er würde ein Geschenk für seine Eltern, die Weihnachten in Amerika verbrachten, Ran und Heiji finden. Daran hatte er durch die unzähligen Kriminalfälle gar nicht gedacht gehabt und irgendwie schämte er sich ein wenig dafür. Gerne hätte er die Feiertage bei seiner besten Freundin oder Freund verbracht, doch feierten diese gemeinsam mit ihren Liebsten, sodass er als drittes Rad am Wagen lediglich die traute Zweisamkeit stören würde. Freuen tat er sich ehrlich für die beiden. Ran hatte viel zu lange auf ihn warten müssen und hatte mit Keisuke endlich jemanden gefunden, der ihr gütiges Herz aufrichtig verdient hatte. Der Mann liebte Ran über alles, legte ihr die Welt zu Füßen und mehr hatte er sich nie für die junge Mori gewünscht gehabt. Heiji, der war endlich nach ewigem Hin und Her mit Kazuha zusammengekommen. Als er ihm diese freudige Mitteilung vor gut zwei Wochen am Telefon gesagt hatte – einen persönlichen Besuch gab ihrer beider Terminkalender bedauerlicherweise nicht her – hatte er dies lachend als Scherz zunächst zur Kenntnis genommen, bis ihm die ernste Art von Heiji bewusst machte, dass diese Neuigkeit alles andere als ein Joke war und freute sich durch und durch für die beiden Chaoten. Dies war ihr erstes Weihnachtsfest, was sie zusammen verbringen würden und da wollte er nicht in Osaka auf der Türschwelle stehen. Und er, ja, er würde dieses Weihnachten alleine in einer viel zu großen Villa verbringen und sich mit einem Conan Doyle Roman die Zeit vertreiben. Schön in seinem alten, eingesessenen Ohrensessel, mit einem Glas Rotwein, fernab seiner Liebsten.   Abermals verließ ein Seufzer seine Lippen, als ihm bewusst wurde, wie alleine er im Augenblick doch war und in diesem Moment wünschte er sich auch jemanden an seiner Seite, an dessen Schulter er sich lehnen konnte.   Ein helles Kinderlachen holte ihn aus seinen trüben Gedanken, in die er gefallen war und zum ersten Mal seitdem er den Markt betreten hatte, nahm er seine Umgebung und die weihnachtliche Schönheit mit den mit bunten Lichterketten verzierten Ständen wahr. Auf vereinzelte Dächer der Stände konnte er Schnee, hergestellt aus Watte oder einen Weihnachtsmann in seinem üblich roten Outfit und Bömmelmütze erblicken. »Hey du«. Irritiert senkte Shinichi seinen Blick. Vor ihm stand ein kleines Mädchen mit einer für sie viel zu groß wirkenden Zuckerwatte in der Hand. »Hey du«, erwiderte er mit einem schmalen Lächeln auf den Lippen, als er sich vor ihr kniete. »Möchtest du von meiner Zuckerwatte probieren?«, fragte sie ohne scheu und blickte ihn aus großen, braunen Rehaugen an. Verwundert zog der junge Mann seine rechte Braue in die Höhe, während sich die andere dabei leicht kräuselte. »Du solltest einem Fremden sowas nicht anbieten. Ich könnte ein böser Mensch sein, weißt du«, belehrte der Detektiv das kleine Mädchen mit ruhiger Stimme, welches ihm weiter ihre Süßigkeit in ihrer kleinen Hand hinhielt. »Ne, glaub‘ ich nicht«. Sie schüttelte zur Verdeutlichung ihren Kopf und ihre zwei Zöpfchen, die unter ihrer Wollmütze hervorlugten, schwangen aufgrund der plötzlichen Bewegung umher. »Und warum nicht?« »Böse Menschen schauen nicht so traurig und du bist nicht fremd. Ich kenne dich aus dem Fernsehen«, konterte die Kleine flink. »Da bist du immer mit Polizisten zusammen und fängst die Bösen, die einem wehtun wollen«. »Akane, komm her. Wir gehen nach Hause!«, rief eine Frau mittleren Alters unweit hinter ihr. »Meine Mama. Hier damit du nicht mehr so traurig schaust«, erklärte sie und drückte ihm ihre Zuckerwatte in die Hand. »Süßigkeiten machen glücklich. Frohe Weihnachten«, lächelte sie ihn mit einem so unschuldigen Lächeln an, das nur Kinder besaßen und tapste schnellen Schrittes zu ihrer Mutter hinüber, die sie sogleich an die Hand nahm. Sein Herz wurde weich wie Butter und winkte ihr zum Abschied, auch wenn sie es nicht mehr sah. Er starrte dem Mädchen verblüfft hinterher, als er sich wieder aus der Hocke erhob. Er biss ein Stück von der Süßigkeit ab und verzog genießerisch seinen Mund, als die Zuckerwatte sich auf seiner Zunge auflöste. Lecker. Schön fruchtig, dachte er sich und schaute überlegend auf die rosa Süßware in seiner Hand. Hatte er so einsam gewirkt? Ein trauriges Lächeln legte sich auf sein Gesicht, als ihm bewusst wurde, dass er wirklich einsam war. Alleine über einen Weihnachtsmarkt zu schlendern, ist ein trauriges Armutszeugnis. Für den Bruchteil einer Sekunde ließ er seinen Blick über die Umgebung schleifen und erblickte:   Liebespärchen, die Händchenhaltend durch die Stände bummelten. Jugendliche, die fröhlich lachend einen Glühwein nach dem nächsten tranken. Eltern mit ihren aufgekratzten Kindern, die lachend an jedem Süßigkeiten Stand stehen blieben und das Gewünschte forderten, während meist die Mutter besorgt das Gesicht verzog und sich bereits mit einem heulenden Kind beim Zahnarzt sitzen sah, der Karies diagnostizierte, während der Vater schon die Geldbörse zum Kauf zückte.   Ein bedrückter Ausdruck legte sich auf sein Gesicht. Ja, er war wirklich allein. Allein auf dem Weihnachtsmarkt und auch Heiligabend, welches als Fest der Liebe galt, würde er allein verbringen. Sein Herz wurde schwer und sehnte sich gleichzeitig nach einem Mann, dessen Identität er nicht kannte. »Zeit nach Hause zu gehen«, murmelte er bedrückt, machte auf dem Absatz kehrt und rannte in eine Person hinein. »Sorry«.     Etwas abseits, an einem Glühweinstand stehend, hatte ein Mann die Szene beobachtet und ein keckes Grinsen zierte seine Lippen. »Was gibt es da so blöd zu grinsen?« Die Stimme der jungen Frau klang alles andere als begeistert. »Hm?«, kam es fragend vom Angesprochenen, der ihr nicht zugehört hatte, lag seine Aufmerksamkeit schließlich auf Shinichi Kudo und dem zuckersüßen Mädchen mit der Wollmütze. »Ich erzähle dir von meiner Angst einen Laufpass zu bekommen und dich scheint es zu amüsieren. Ein toller bester Freund bist du mir…«, jammerte sie und zupfte an seinem Ärmel herum. »Hast du mir überhaupt zugehört?« Natürlich habe ich das nicht. Trotzdem wusste er, was seine Sandkastenfreundin von ihm wollte. Er wandte seinen Blick von dem Detektiv ab und hoffte für den Bruchteil einer Sekunde, dass er ihn nicht aus den Augen verlieren würde. »Sorry Aoko. Ich habe gerade einen alten Freund entdeckt, aber ich versichere dir, dass er dich nicht abweisen wird«. »Aber woher …«, wollte sie einwenden und wurde vehement unterbrochen. Ein Zeichen, dass er es eilig hatte. »Weil Hakuba ebenso in dich verliebt ist. Das sieht ein Blinder mit einem Krückstock. Entschuldige, aber ich muss los…«, haspelte er und ließ seinen heißgeliebten Kakao zurück, wovon er kaum getrunken hatte. »Warte…«, wollte sie ihn aufhalten, doch da war er bereits zwischen den Menschenmassen verschwunden. Sitzen gelassen vom besten Freund, dachte sie frustriert als sie den Rest ihres weißen Glühweins trank und letzten Endes eingeschnappt auf den Grund ihrer Tasse blickte. »Und seine Getränke hat er auch nicht bezahlt«. Beleidigt verzog sie ihre Schnute. Das würde sie ihn noch Wochenlang vorhalten.   Währenddessen drängelte sich Kaito Kuroba durch die Menschenmassen. Er wusste zwar noch nicht wie er es anstellen sollte, aber in dem Zustand konnte und wollte er den Detektiv nicht gehen lassen. Sein Herz zog sich in seiner Brust schmerzhaft zusammen, als er an Shinichis Augen dachte, die unglücklich auf die Zuckerwatte gestarrt hatten. Er hatte in der bunten und fröhlichen Menschenmasse so einsam und verloren gewirkt. Ein Anblick, den er nicht ertragen konnte. »Entschuldigen Sie bitte«, nuschelte er turnusmäßig, als er sich weiter durch die Menge drängelte und es mittlerweile als kleines Weihnachtswunder bezeichnete, dass er seinen Lieblingsdetektiv überhaupt in dieser Menschenmenge hatte ausfindig machen können. Ob dies Schicksal war? Kaito glaubte zwar nicht an solch einen Quatsch, dennoch war es eine Fügung gewesen oder einfach sein Kudo-Radar, der anschlug. »Darf ich bitte vorbei?«, fragte er höflich, als er sich erneut durch eine Gruppe Jugendlicher schlängelte und in dem Moment hinter dem Detektiv zum Stehen kam, als dieser sich gerade hektisch umdrehte und anscheinend fluchtartig den Weihnachtsmarkt verlassen wollte, so heftig, wie er gegen ihn stieß und dadurch leicht ins Torkeln geriet. »Sorry«, hörte er ihn nuscheln. Kaito verzog ein wenig seinen Mund als er feststellte, dass der junge Mann dabei noch nicht einmal aufgesehen hatte und an ihm vorbei gehen wollte. »Das ist aber nicht die feine Art, Shinichi«, sagte er und hielt ihn mit der flachen Hand gegen seine Schulter davon ab weiterzugehen. Verwundert blickte er Angesprochene ihn aus dunklen, azurblauen Augen an, die an diesem schönen Weihnachtsabend von ihrem Glanz verloren hatten. »Kennen wir uns?« Der junge Mann erkannte sofort, dass sein Gegenüber ihn zwar ansah, aber nicht wirklich zu realisieren schien, was seine Augen erfassten. Sein Lieblingsdetektiv sah sprichwörtlich durch ihn hindurch. Sein Griff um dessen Schulter verfestigte sich. »Ich bin von dir enttäuscht, dass du mich nicht erkennst, Shinichi«, jammerte er theatralisch auf und fuhr sich mit der anderen durch sein widerspenstiges Haar, um seine Frustration zu verdeutlichen. »Wo ist nur deine scharfe Kombinationsgabe geblieben?« Shinichi neigte fragend seinen Kopf zur Seite und wischte zeitgleich die fremde Hand von seiner Schulter, die dramatische Szene gekonnt ignorierend. »Entschuldigen Sie, aber ich bin heute nicht in bester Verfassung«, gab er ehrlich zu und verdrängte die Tatsache, dass sein Gegenüber ihn duzte, als würden sie sich bereits seit Jahren kennen. Er wollte sich abermals zum Gehen wenden, doch der Unbekannte hielt ihn weiterhin davon ab. Sanft wurde er am Kinn gepackt und der Fremde beugte sich ihm leicht entgegen. Schockiert weiteten sich Shinichis Augen und leichte Panik keimte in ihm auf. Der Mann wollte doch nicht... Oder doch? Er würde doch nicht... Oder doch? Hatte er einen Mistelzweig übersehen?   Ein Bild mit einem arroganten Grinsen blitze vor seinem inneren Auge auf. Warum musste er jetzt an den Mondscheindieb denken? Und warum reagierte er nicht, um den Mann an sein Vorhaben zu hindern wie es jeder normale Mensch in dieser Situation tun würde? Er verstand seinen Körper nicht. Verstand die Bilder nicht und anstatt den Fremden aufzuhalten kniff er lediglich seine Augen fest zusammen.   »Für dich habe ich extra meinen heißgeliebten Kakao mit Sahnehäubchen und einem Hauch Schokosoße stehen gelassen und ich liebe meinen Kakao wirklich abgöttisch«, hauchte er gegen die zusammengepressten Lippen und ein schelmisches Grinsen legte sich auf seine Züge. »Du bist mir also jetzt einen Kakao schuldig«. Damit war das Thema für ihn beendet. Er packte den überrumpelten Shinichi ohne Scham bei der Hand und zog ihn hinter sich her über den Weihnachtsmarkt. Während sie an unzähligen Getränkeständen vorbeiliefen, an denen der Fremde seinen geforderten Kakao hätte einfordern können, hang Kudo in seinen Gedanken fest, die Achterbahn fuhren, und fragte sich, woher ihm die Gesichtszüge nur so bekannt vorkamen. Er fühlte sich wohl in der Nähe des Fremden. Und trotzdem verspürte er da er einen Hauch Gefahr, das von ihm ausging, und entgegen aller Erwartung seine Fingerspitzen freudig kribbeln ließen. Beinahe so als befände er sich auf der Jagd, voller vorfreudiger Erwartung nur um letztendlich enttäuscht zu werden, weil ihm seine Beute durch deine Fingerkuppen entglitt. Er kannte dieses Gefühl, war es doch stets bei den Coups von Kaito KID vorhanden. Aber warum verspürte er dieses bei dem Fremden aus dessen Hand er sich noch immer nicht losgerissen hatte? Ihm war klar, dass sein Kopf ihm etwas signalisieren wollte, allerdings konnte er es nicht greifen. Was war es, was sein Verstand ihm versuchte mitzuteilen?   Der Detektiv hob seinen Kopf in den Moment, als der Fremde sich zu ihm herumdrehte und er nicht durch ihn hindurchsah, sondern mit wachsamen Augen betrachtete. Sein Verstand spielte ihm abermals einen Streich als eine Erinnerung aufblitzte als er in diese indioblauen Augen direkt vor ihm blickte.   Kaito KID stand mit dem Rücken zu ihm auf dem Dach des Beika Museums. Sein Umhang wehte leicht in der Abendbrise und der Stoff gab sanfte, flatternde Geräusche von sich, die angenehm in seinen Ohren klangen wie das Wellenrauschen des Meeres. Der Dieb hielt den soeben entwendeten grünen Smaragd zwischen Daumen und Zeigefinger gegen die volle runde Scheibe am Nachthimmel. Seine Haltung wirkte königlich und anmutig zugleich. Shinichi war klar, dass er wusste, dass er da war und dennoch zeigte er ihm nicht die Aufmerksamkeit, die er sich heimlich wünschte. Das wurmte ihn. Der Meisterdieb ließ sich bei seinem Tun nicht von ihm stören und Shinichi fühlte sich wortwörtlich ignoriert. Unzufriedenheit keimte in ihm auf. Ein Gefühl, was er ganz und gar nicht mochte. Nicht, wenn es sich hierbei um den Mann in Weiß handelte. »Hast du gefunden, wonach du suchst?«, fragte er dieserhalb um bewusst die Aufmerksamkeit des Diebes auf sich zu ziehen. Ein leises, kaum hörbares Seufzen konnte er vernehmen als der charmante Möchterndieb seine Hand sinken ließ und spielerisch den Smaragd zwischen seinen Fingern gleiten ließ. »Ob ich den Edelstein gefunden habe, damit die Gerechtigkeit siegt? Nein, das habe ich nicht, aber auf der Suche nach meinem Frieden habe ich einen Schatz gefunden, nach dem ich nicht gesucht habe«. KID drehte sich zu ihm um. Kurz spiegelte sich das Mondlicht auf seinem Gesicht wieder und er konnte ein wunderschönes Indioblau erkennen sowie sanfte Gesichtszüge ausmachen, ehe sich seine Züge erneut zu seinem üblichen Markenzeichen verwandelten; das überhebliche Lächeln, was gleichzeitig herausfordernd auf ihn wirkte. »Allerdings ist auch der Schatz gut gesichert und darf ich noch nicht als Mein bezeichnen, Herr Detektiv«. Shinichi rümpfte seine Nase. »Du sprichst wie immer in Rätseln, KID«. »Welche deine Aufgabe es ist diese zu entschlüsseln«, konterte er keck. »Hm«. Seine Hände in die Hosentasche schiebend schaute er dem Meisterdieb amüsiert entgegen. Etwas darüber betrübt, dass er nicht in dieses helle Blau sehen konnte, welches er viel zu kurz hatte erblicken dürfen. »Ich entnehme deinen Worten, dass du diesen einen Schatz nicht mehr hergeben möchtest. Du weißt, ich kann das nicht zulassen«. »Ist das so?«, konterte der Mann in Weiß mit selbstbewusster Stimme, als er leichtfüßig - es wirkte beinahe schwebend - von der Dachkante zu ihm hinuntersprang. Sie standen sich gegenüber und doch konnte er nicht in die Augen des Diebes sehen. Die Krempe seines Zylinders legte das Gesicht seines Rivalen wie üblich in Schatten; ließ lediglich den Blick auf die untere Gesichtshälfte zu. Darüber enttäuscht verzog er leicht seine Mundwinkel. KID kicherte amüsiert und Shinichi zog missmutig gestimmt die Braue in die Höhe, während der Dieb ihn abwartend anblickte. Er wusste, das KID wollte, dass er es aussprach. Ihn darum bitten sollte, aber er würde es nicht tun. Das Grinsen seines Gegenübers wurde breiter. »Warum so misslaunig, Herr Detektiv?«, versuchte er ihn zu provozieren, jedoch ließ er sich nicht auf dieses Spielchen ein. Ein erneutes Kichern erklang in seine Ohren und ehe er reagieren konnte, hatte der Dieb den letzten, geringen Abstand zwischen ihnen überbrückt. Er spürte die Krempe, die dezent gegen seine Nasenspitze stieß. »Den Edelstein gebe ich dir wieder«, hauchte KID und Shinichi spürte, wie die geschickten Finger des Diebes den Edelstein in die Jackentasche seines Jacketts gleiten ließ. Seine Finger umgriffen das kalte Metall in seiner Hosentasche. Dies wäre die perfekte Gelegenheit und doch rührte er sich nicht. Warum nur? Warum tue ich es nicht?, schrie sein Verstand verzweifelt. Er steht direkt vor mir. Ich bin ihm so nah, wie ihm noch keiner gekommen ist. Spüre seinen Atem auf meinem Gesicht, seine Wärme auf meinem Körper und doch rühre ich mich nicht. Höre lediglich mein Herz, welches mir schmerzhaft gegen die Rippen pocht, in einem Tempo, was mir nicht gefiel. Ob er es wusste? »Heute ist nicht die Nacht dafür, Herr Detektiv«, sprach er mit gedämpfter Stimme, schien zu ahnen oder zu wissen, was ihn quälte. Von einem weichen Stoff bedeckte Finger strichen sanft über seine Wange und ließen ihn innerlich erzittern. Er ertappte sich dabei, wie er sich wünschte, diese Finger ohne die Handschuhe auf seiner Haut zu spüren. »Die Handschellen heben wir uns für unsere nächste Begegnung auf«. Verrucht gehauchte Worte. Eine sanfte Berührung. Ein Körper, der sich von ihm entfernte und nackte Finger, die fest das mit weißem Stoff verdeckte Handgelenk umfassten. Zwei Wörter, geflüstert mit einer sehnsuchtsvollen Stimme, die sich nicht wie die seine anhörte. »Geh nicht«. Ein verschmitztes Lächeln. Ein kurzes Anheben eines Kopfes und zwei hellblaue Augen, die ihn überrascht und gierig zugleich anfunkelten. »Bis zur nächsten Begegnung, Herr Detektiv«. Dann ein Gefühl der Leere.   Bis heute hatte er nicht gewusst, warum er in dieser Nacht so gehandelt hatte, aber nun, als er in diese indigoblauen Augen des Fremden blickte, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. »KID«, hauchte er ungläubig, kaum hörbar, als er realisierte, wer der Mann vor ihm war, der ihn nun fernab des Marktes durch eine menschenlose Straße zog, die er in- und auswendig kannte wie seine Westentasche oder die Romane seines Lieblingsautors. Wie waren sie denn so plötzlich hierhergekommen? »Du hast gute 20 Minuten vor dich hingestarrt von daher kann ich deine Verwunderung verstehen, aber sehe ich wirklich aus wie Kaito KID?«, sagte sein Entführer mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen, der sich unmittelbar vor ihm befand. So unmittelbar, dass sich ihre Nasenspitzen berührten als er nichtsahnend aufsah und in seiner Bewegung ebenso stoppte wie sein Atem. Da war es wieder, dieses Indigoblau, was ihn seit geraumer Zeit regelrecht fesselte und dieses Gefühl, was er zuvor bereits verspürt hatte. Ein Hauch von Gefahr, dass seine Fingerspitzen freudig kribbeln ließ und dessen Ursprung er nun kannte. Sein Mund klappte auf und wieder zu. Eine unbekannte Unsicherheit stieg in ihm auf. Hatte er sich vielleicht geirrt? Der Ausdruck in seinen Augen verfestigte sich. Das kurze Zögern war so schnell verflogen wie es gekommen war. Nein … »Du trägst deine Kostümierung nicht. Warum hast du dich mir zu erkennen geben? Das war nicht sonderlich intelligent von dir, KID«, sprach er mit fester Stimme und speicherte dabei jedes Merkmal ab. Die nach oben gewandten Augen, die feinen Augenbrauen, das asymmetrische Gesicht, die kleine Stupsnase, die schwungvollen Lippen und das wilde, widerspenstige braune Haar, das stumm dazu einlud, ihm durch die Haare zu fahren. Er unterdrückte den Drang, genau dies zu tun. »Weiß nicht so genau«. Kaito zuckte unwissend mit den Schultern. »Wollen wir nicht drinnen weiterreden? Es ist eisig kalt hier und du schuldest mir eine heiße Tasse Kakao!« Um den Worten einen gewissen Nachdrang zu verleihen rieb er sich fröstelnd seine Oberarme und gab bibbernde Geräusche von sich, während er mit dem Kopf zur Villa Kudo deutete. »Warum sollte ich einen Dieb in mein Haus lassen?« »Um deine Schuld zu begleichen?«, bekam er flink zur Antwort und wurde von weißen Zähnen geblendet. »Du hast deinen Kakao aus eigener Entscheidung stehen lassen«, antworte sein Gegenüber stur und verschränkte die Arme ineinander. »Um einen Mann in Not zu helfen?«, versuchte er es weiter und ließ sich auf das kleine Spielchen ein. Ob das die Trotzreaktion war, weil er ihn beim letzten Coup auf dem Dach zunächst bewusst ignoriert hatte? Wahrscheinlich, aber irgendwie fand Kaito diese Reaktion bei seinem Lieblingsdetektiv einfach nur süß, weil es eigentlich absolut nicht zu dem gestandenen und sonst so ernsten Mann vor ihm passte. Es freute ihn, Shinichi von einer anderen Seite kennenzulernen, wenn er mal nicht in seinem Detektiv-Modus war, der darin bestand, ihm das Leben auf seinen Coups schwer zu machen und ihn zu jagen, auch wenn er diese Raubzüge besonders mochte, da sie einfach aufregend und brenzlig waren. »Meine detektivischen Instinkte sagen mir, dass du durchaus auf dich selbst aufpassen kannst«. »Weil du mich nicht hier draußen erfrieren lassen kannst?« »Wir haben augenscheinlich die gleiche Konfessionsgröße, ich kann dir meine Jacke geben«, schlussfolgerte er aus seinen Beobachtungen und ließ seinen Blick zur Verdeutlichung einmal über seinen Gesprächspartner wandern, was ihn schlucken ließ. Der Mann sah geradezu zum verboten gut aus. »Weil du nicht alleine sein möchtest und mich gerne in deiner Nähe hast?« Shinichi antwortete nicht, da er nicht wusste, was er darauf erwidern sollte, sondern starrte ihn nur aus offenem Mund an. Es abstreiten? Nein, das konnte er nicht. Es zugeben? Nein, das wollte er just in den Moment auch nicht, als er bereits das sichere Schmunzeln im Gesicht von KID erblickte, der ihn augenscheinlich zwischenzeitlich durchschaut hatte. Es aber hier und jetzt auszusprechen und dem Dieb damit zusätzlich eine gewisse Genugtuung zu bescheren, nein, das würde er gewiss nicht tun.  »Und, weil du meinen wahren Namen wissen möchtest«. Dies war keine Frage, sondern eine Feststellung und was sollte der Detektiv dazu sagen? Der verdammt attraktive Mann vor ihm hatte simple gesagt einfach nur Recht. Shinichi holte aus seiner Hosentasche seinen Schlüssel hervor und schloss schweigend das Tor zu der Villa-Kudo auf, durch welches er stur marschierte. Kaito grinste frech und nahm diese Handlung als stumme Aufforderung auf, ihm zu folgen. Voll ins Schwarze getroffen. »Bilde dir bloß nichts darauf ein. Du bekommst deinen heißen Kakao und danach kannst du wieder gehen«, versicherte er, als er den Schlüssel ins Schlüsselloch der Eingangstür steckte und auf der Treppenanhöhe stand. »Hm, joar, mal sehen«, säuselte Kaito vergnügt, als er seinen Fuß auf die erste der drei Stufen setzte. Der Detektiv warf ihm einen mahnenden Blick über die Schulter zu als just in dem Moment am dunklen Abendhimmel ein heller Lichtschweif vorbei fegte. »Eine Sternschnuppe!« Kaito sah zu Shinichi auf, dessen azurblauen Augen seit ihrem Aufeinandertreffen wieder an Glanz gewonnen hatten und er damit seine spontane Entscheidung, seine Maskerade fallen zu lassen, in keiner Weise bereute. Sein Baugefühl hatte ihn nicht enttäuscht. Lächelnd sah er zu seinem Lieblingsdetektiv hoch, der dank des Treppenabsatzes einen Kopf größer war als er.  »Hast du dir was gewünscht?« Shinichi senkte seinen Blick und seine Augen leuchteten geheimnisvoll, als er mit einer beiläufigen Handbewegung die Tür zur Villa öffnete und KID den Vortritt ließ. Sie wurden von einer angenehmen Wärme begrüßt, die ihre vor Kälte eingefrorene Gesichtshaut wohlig kribbeln ließ. Eine gesunde Röte zierte ihre beider Wangen. »Mein Wunsch hat sich bereits erfüllt«, flüsterte er leise mit einer glücklichen Stimme. Ja, dieses Weihnachten würde er nicht alleine verbringen und endlich konnte er mit Spaß und Freude ein Weihnachtsessen zubereiten und KID mit seinen Kochkünsten verzaubern. Ob ich ihn mit einer mit Maronen gefüllte Forelle auf Wurzelgemüse überraschen soll?   Ende Kapitel 2: Badezeit - Ran, Conan -------------------------------- One Shot Nr. 2 Ƹ̵̡Ӝ̵̨̄Ʒ Badezeit   »Nein, nein, neeeeeein«, rief Conan und zog an ihrer Hand. »Conan, jetzt stell dich nicht so an«, sagte Ran ruhig und ging vor ihm in die Knie, um mit ihm auf einer Augenhöhe zu sein. »Ich will aber nicht«, nörgelte er und zog eine beleidigende Schnute. »Was bist du denn so bockig heute?«, fragte sie, packte den kleinen Jungen an die Wangen und drückte diese spielerisch, so dass sich seine Lippen zu einem Schmollmund schürzten. »Du stellst dich doch sonst nicht so an, Conan«. »Isch mag abscher nich«, presste er mühselig hervor, was Ran zum Lachen brachte. »So, so, zu Hause kannst du baden gehen, aber wenn wir bei Herrn Suzuki einmal ein Luxusbad genießen können, da magst du nicht, hm?« Grinsend neigte sie ihren Kopf zur Seite und knete die Wangen des Jungen vor sich. »Lass Paps sich doch mit Herrn Suzuki über die Ankündigung von Kaito KID unterhalten und wir haben ein bisschen Spaß zusammen«. »Zu Hausch bad isch allein«, quetsche er hervor und so langsam hatte er die Befürchtung, dass Ran Spaß daran hatte, seine Wangen aneinander zu drücken und zu kneten. Seine Vermutung wurde durch ihren nur allzu deutlich amüsierten Gesichtsausdruck bestätigt. »Stell dich nicht so an, Conan. Du bist erst sieben Jahre alt, da ist das nicht schlimm und außerdem muss ich doch aufpassen, dass du in der großen Luxusbadewanne nicht untergehst«, gab sie bestimmt von sich und der Junge wusste, dass er sein Todesurteil soeben unfreiwillig unterschrieben hatte. Die junge Mori stand auf, packte die zarte Hand des Grundschülers und zog ihn hinter sich her. Seine letzten, vergeblichen Zerrversuche, um dem Schafott zu entkommen, wo der Henker bereits mit einem diabolischen Grinsen auf ihn wartete und die aufblitzende Axt schwungvoll schwang, verliefen ins Leere. Es hieß doch stets, der Klügere gibt nach oder man muss wissen, wann man verloren hat, aber er wollte noch nicht sterben. »Ran, bitteeeee. Lass mich doch«, gab er nörgelnd von sich und klang dabei mehr als nur ein bisschen verzweifelt. Die Braunhaarige schaute fürsorglich zu ihm hinunter. »Keine Sorge, Conan. Da ist nichts Schlimmes bei, also mach nicht so ein Theater. Mit deiner Mama warst du sicherlich auch immer zusammen baden, bevor du zu uns gekommen bist, oder?«. »Ja, mit sechs Jahren«, gab er fiepsend von sich und ließ deprimiert seinen Kopf hängen. Und das war vor dreizehn Jahren. »Na schau und das ist mal eben ein Jahr her«, antwortete sie fröhlich und öffnete die Tür zum Bad. Nein, ganze dreizehn Jahre, verdammt. Ich bin 19 und stecke im Körper eines Siebenjährigen, heulte er gedanklich auf als er das Quietschen der Tür vernahm. So hörte sich also sein Untergang an. Er hatte noch die kleine Hoffnung, dass das Badewasser erst eingelassen werden musste und er dies als Chance zur Flucht nutzen konnte, aber seine Hoffnung wurde in dem Moment zerstört als ihm warmer Wasserdampf ins Gesicht schlug und Ran sich daran machte, ihm sein blaues Jackett von den Schultern zu streifen. Er bekam Schweißausbrüche und Panik keimte in ihm auf. »Ich kann mich alleine ausziehen«, quietschte er wie ein Mädchen und wandte seinen Kopf zur Seite, damit er ihr nicht in die Augen sehen musste, was sie mit einem schmunzelnden Blick zur Kenntnis nahm. »Hm, okay«, lächelte sie und begann sich selbst ihre Kleider vom Körper zu streifen, um sie anschließend sorgfältig gefaltet in einer kleinen Schüssel zu legen. Ihre langen Haare wickelte sie unter ein gelbes Handtuch.   Mit zusammengepressten Lippen zog sich Conan ebenfalls aus und legte seine Klamotten in die Kinderschüssel, die Ran ihm gereicht hatte. Das Handtuch, was zuvor darin gelegen hatte, drückte er sich fest an seine kindliche Hühnerbrust und verdreckte somit seine Vorderseite. Sie hat schon öfter die Vermutung gehegt, ich könne Shinichi sein, aber wenn Ran mein Muttermal sieht, zählt sie Eins und Eins zusammen und bringt mich danach um, dachte er sich panisch und hatte diesmal absolut keine Idee, wie er aus dieser bedauernswerten Lage lebend herauskommen sollte. »Na, komm schon, du kleiner Schisser«, kicherte sie vergnügt und gab ihm beim Vorbeigehen einen Klaps auf seinen Hintern, wodurch er ins Straucheln geriet. Er quiekte erschrocken auf und versteifte sich, als er kurz darauf hörte wie sich ein Körper ins Wasser sinken ließ. Tief atmete er ein und starrte stur die weißen Fliesen, die sich unter seinen nackten Fußsohlen befanden, als er mit winzigen Schritten auf die Badewanne zuging. Ran, die sich das Leid des Jungen nicht weiter mit ansehen konnte, machte kurzen Prozess. Sie stieg aus der Badewanne heraus, hob den zappelnden Kinderkörper hoch und warf Conan samt Handtuch in das warme Wasser hinein. »Ahhh«, schrie er überrascht und darauf folgte ein lautes Platsch, als sein Körper die Wasseroberfläche traf. Wie ein Sack voller Reis ging er zunächst unter, um sogleich darauf hektisch aufzutauchen und Ran wütend anzufunkeln. »Das war nicht lustig, Ran«, zeterte er sogleich darauf los, doch sein Mund blieb offenstehen, als das Mädchen vor ihm anfing zu Lachen. »Oh, doch und dein Gesichtsausdruck erst. Du bist einfach zum knuddeln süß, Conan«. Oh Gott, oh Gott, ahhhhhhh, schrillten seine Gedanken alarmierend auf und er machte eine 90 Grad Drehung. Weg von Ran, die nackt vor der Badewanne stand. Weg von der nackten Ran, deren prallen Brüste beim Lachen nur allzu deutlich und unübersehbar auf und ab gewackelt haben. Er sank vor Scham so weit in das Wasser hinein, dass er knapp mit seiner Nasenspitze die Oberfläche berührte. Ich bin so froh, dass dieser Kinderkörper noch nicht geschlechtsreif ist! Peinlich berührt pustete er ins Wasser und erschuf dadurch Blubberblasen. »Na, ist doch gar nicht so schlimm wie befürchtet, oder?«, meinte Ran lächelnd zu ihm, die sie sich hinter ihm befand und Conan zum Spaß einmal unter das Wasser drückte, der sogleich wieder prustend auftauchte und sie mit einem hochroten Gesicht ansah. »Nein«, nuschelte er und hielt sich letztendlich die Augen zu, da er nicht wusste, wohin er schauen sollte. Dass er sein Handtuch bereits irgendwo unter Wasser verloren hatte, war ihm noch gar nicht aufgefallen. Es ist viel, viel schlimmer, heulte er innerlich und fragte sich, warum er von Kogoro’s Seite gewichen war. Wie dumm war er bitte gewesen? Er hätte sich ans Bein von dem Alten krallen sollen. Aber wer hätte auch ahnen können, dass Ran unmittelbar nach ihrer Ankunft den wahnsinnigen Einfall bekommen würde, im Anwesen von Herrn Jirokichi Suzuki direkt ein Bad nehmen zu wollen? Damit konnte doch kein Mensch rechnen! Warum war diese liebreizende Frau auch so undurchschaubar für ihn? Ah, er vergaß. Der Liebe wegen.   Sie musste über das Verhalten des Jungen schmunzeln. Jetzt hält er sich sogar schon die Augen zu. Wie süß er ist. »Conan«, kicherte sie. »Jetzt sei keine Maus«. Zur Antwort bekam sie Blubberblasen von ihm und konnte nichts anderes als Laut los zu lachen. Sie erkannte durch die Ritzen der Finger, dass er missmutig seine Brauen kräuselte. »Was hast du gesagt? Ich verstehe keine Blubbersprache«, erwiderte sie amüsiert, schob ihre Hände unter seine Achseln und hob ihn kurzerhand bis zur Körpermitte aus dem Wasser hinaus. »Wie war das bitte?«, lachte sie und pustete ihm dabei spielerisch Luft ins Gesicht. »Verdammt, Ran, hör auf! Ich bin schließlich kein kleines Kind mehr«, brach es wütend aus ihm heraus, da er dem Druck nicht mehr standhielt und schlug sich im gleichen Moment ertappt sie Handflächen vor dem Mund. Die junge Mori neigte verwirrt den Kopf zur Seite und da fiel ihr ein bestimmtes, unverwechselbares Merkmal ins Auge. »Äh~m«, gab er gedehnt von sich und schaute dabei bedröppelt drein. Was mach ich denn jetzt? Was sag ich denn jetzt? So hilf mir doch einer, klagte er gedanklich und wusste zum ersten Mal in seinem Leben keinen Ausweg. »Entschuldige, Conan. Ich wollte dich nicht ärgern«, gab das braunhaarige Mädchen klein bei und ließ ihn vorsichtig zurück ins Wasser plumpsen. »Wenn du möchtest, kannst du ruhig zu Paps gehen«. »Hä?«, gab der Angesprochene unintelligent von sich und schaute dümmlich drein, als Ran sich von ihm abwandte. Nichtsdestotrotz ließ er sich dieses Angebot nicht zwei Mal sagen, auch wenn er nicht wusste, woher ihr plötzlicher Sinneswechsel kam. »Okay, ähm... Bis gleich«, stotterte der Junge, der fix aus die Badewanne kletterte, um sich in Windeseile sein Körbchen mit seinen Klamotten zu schnappen und wie ein Wirbelwind aus dem Bad hechtete. Das Ran ihm dabei traurig hinterher blickte, bekam er auf seiner Flucht gar nicht mit. Er ist Shinichi, dachte sie betrübt und ließ sich zurück ins warme Wasser sinken. Das sternförmige Muttermal auf seiner Brust kann kein Zufall sein. Nein. Das wäre ein Zufall zu viel bei ihm. Er ist es. Er ist es wirklich und er war die ganze Zeit bei mir, überschlugen sich ihre Gedanken als sie die Erkenntnis traf und verpasste sich eine imaginäre Backpfeife, dass sie sich in der Vergangenheit, als sie ihn mit ihren Vermutungen in die Ecke gedrängt hatte, mit so leichten Tricks und Ausreden hat täuschen lassen. Aber warum sagt er es mir nicht? Und wie kann er den Körper eines Kindes haben?, dachte sie bedrückt als sie im nächsten Augenblick im Bad laut loskreischte. »Er hat mich nackt gesehen!«   Währenddessen zuckten die drei Männer im Wohnzimmer vor Schreck zusammen, als sie das Mädchen aus dem Bad schreien hörten. Jirokichi und Korogo schauten sich verständnislos an, während sich auf Conan’s Stirn Schweißperlen bildeten und ein bitterer Nachgeschmack auf seiner Zunge zurückblieb, als er sich wieder auf dem Schafott zulaufen sah und der Henker ihn mit gelechzten Zähnen süffisant entgegenblickte.   Ende   Kapitel 3: Niedliche Rache - Gin, Wodka, Conan, Shuichi ------------------------------------------------------- One Shot Nr. 3 Ƹ̵̡Ӝ̵̨̄Ʒ Niedliche Rache   »Beeil dich, Wodka. Ich habe Hunger«, knurrte der Blonde gefährlich und warf ihm einen tödlichen Blick zu, der so viel sagte wie, wenn du dir zu lange Zeit lässt, kill ich dich! Wodka hingegen seufzte theatralisch auf. »Wenn du hungrig bist, wirst du echt zur Diva«. »Sag das noch mal...«, zischte Gin gefährlich und zückte seine Beretta, doch ließ Wodka, der die Launen seines Partners mittlerweile nur allzu gut kannte und zu oft durchmachen musste, der kalte Pistolenlauf auf seiner Stirn kalt. »Einmal wie immer?«, fragte er stattdessen gelangweilt. »Ja, aber heute will ich fünf haben!« Wodka nickte verstehend und drehte sich um. Die Hände in den Taschen vergraben schlenderte er, entgegen der Anweisung von Gin, langsam drauf los. Als ob er ihn abknallen würde. Kein anderer würde es an der Seite der Diva mit den langen blonden Haaren lange aushalten. Dies hatten sie bereits bei ihrem letzten Streit feststellen müssen, als sich ihre Wege trennten und kurzzeitig einen anderen Partner zugewiesen bekamen. Und was sollte er dazu auch groß sagen? In einer Woche hatte Gin glatte vier Partner eiskalt umgebracht. Kurz und knapp mit einem zielgenauen Kopfschuss, genau zwischen den Augen. Wahrscheinlich hatte er ihnen, so wie ihm gerade, den kalten Lauf der Beretta vor die Stirn gehalten und abgedrückt. Der Boss war damals ziemlich ausgerastet und hatte Gin im damaligen Unterschlupf die Leviten gelesen mit der deutlichen Ansage, dass er sich bei Wodka entschuldigen solle. Gin weigerte sich selbstverständlich und forderte stattdessen alleine agieren zu dürfen. Der Boss, der schwarzen Organisation, hatte rigoros abgelehnt. Einen Partner an der Seite zu haben, war absolute Pflicht in ihrer Gemeinschaft.   Die Diskussion der beiden war seinerzeit ziemlich laut gewesen und jeder der Mitglieder, die sich zu der Zeit im Unterschlupf befanden, hatten das Gespräch mit gespitzten Ohren interessiert und mit neugieriger Visage mitverfolgt. Vermouth hatte mit einem süffisanten Grinsen im Gesicht die Zeit auf ihrem Smartphone gestoppt und zog Gin heute noch damit auf, dass sein Betteln und Flehen unglaubliche 48 Minuten angehalten hatte, war er doch eigentlich ein Mann der wenigen Worte, bis er letzten Endes vom Boss auf dem Büro rausgeschmissen wurde. Man muss jetzt nicht erwähnen, dass sie sich alle am runden Tisch das Lachen verkneifen mussten, als Gin wie ein begossener Pudel vor ihnen Stand und Wodka mit einem geknurrten: Mitkommen, wir haben einen Auftrag … Partner liebevoll um Verzeihung bat.   Von daher konnte er sich alle Zeit der Welt lassen, zwar nicht zu sehr, denn wenn Gin hungrig war, wurde er wirklich zu einer Diva und zickte wie ein Schulmädchen am laufenden Band herum, aber besonders beeilen musste er sich auch nicht.   Währenddessen ließ Gin seine Waffe wieder unter seinen schwarzen Mantel verschwinden und holte stattdessen ein Buch, welches in einem schwarzen Ledereinband gewickelt war, hervor. Schließlich musste kein Außenstehender wissen, was er gerade am Lesen war, denn wer würde es ihm auch schon glauben, dass der eiskalte Killer und erbarmungslose Exekutant der schwarzen Organisation ein Buch las mit dem Titel: Ich habe gar keine Enkel: Die Online-Omi räumt auf*. Aufmerksam schaute er sich zu allen Seiten um, aber der Haido Park war heute nicht sonderlich gut besucht, ob es dem tristen Wetter geschuldet war? Aber ihm kam es nur zu Gute, so konnte er sich in aller Seelenruhe es sich auf der Wiese bequem machen und sich dem Humor des Autors hingeben. Und man mag es kaum glauben, aber hin und wieder zog er sogar glatt um 0,6 mm seine Mundwinkel nach oben!   Allerding machte ihm der Hunger zu schaffen und so döste er mit dem Buch auf seinem Bauch ein. Auf ein Bauchknurren konnte er schließlich getrost verzichten, da nutzte er die Wartezeit lieber für ein kleines Nickerchen. Die Vögel zwitscherten leise im Hintergrund und die frische Brise, die über seinen Körper fuhr und die ihm eine leichte Gänsehaut bescherte beruhigte ihn; fühlte er sich bei Kälte besonders wohl. Ja sogar Pudelwohl. So bekam der eiskalte Killer jedoch nicht mit, wie sich ein kleiner Junge mit einem Mann mit kurzen schwarzen Haaren sich ihm näherten. Der Junge grinste diabolisch und flüsterte dem anderen Mann, der sich zu ihn hinunterbeugte, was ins Ohr. Der Mann mit der schwarzen Wollmütze schmunzelte und nickte verstehend, als er sich von der etwas abseits gelegenen Wiese abwandte und auf den Hauptweg nach Störenfriede Ausschau hielt. Ergo: Er spielte den Wachhund, während Conan Edogawa seiner Rache an Gin nachging.   Keine 10 Minuten später stand der schlaue Junge wieder neben ihm und mit hochgezogener Augenbrauche fragte Shuichi Akai: »Alles erledigt?« Conan nickte vergnügt und hielt ihm zufrieden sein Handydisplay als Beweis unter die Nase. Shuichi kicherte amüsiert und ließ es sich nicht nehmen, das Beweisfoto auf sein Diensthandy schicken zu lassen. »Damit haben wir ihn!«, erwiderte er mit einem selbstzufriedenen Gesichtsausdruck und rieb sich grinsend die Hände. »Dem ist wohl so«, antwortete Conan und seine Augen strahlten regelrecht vor Genugtuung. Er hatte seine Rache bekommen und ein Druckmittel besaßen sie nun auch. »Gin wird wie ein Hündchen angekrochen kommen und uns alles erzählen«, jubelte er. Mit einem unmenschlichen Strahlen im Gesicht gingen die beiden stillschweigend nebeneinander her, waren sie doch eigentlich zu einem Treffen mit Jodie gewesen, als sie unerwarteterweise einen der Männer in Schwarz entdeckt hatten. Ja, das Schicksal war schon recht launisch, aber nun hatten sie das beste Druckmittel das haben konnte.   »Oh, mein Gott!«, schrie Wodka erschrocken und weckte die blonde Diva damit aus ihrem Dornröschenschlaf. Gin, der durch den Ausruf seines Partners geweckt wurde, rieb sich müde über die Augen, eher er seinen Laufburschen grummelnd ansah: »Hast du mein essen?« »Äh, ja«, antwortete Wodka irritiert und reichte ihm die Tüte. »Vier Bagels mit Erdbeerfüllung und Schokostreuseln oben drauf«. »Geht doch«, erwiderte der Killer und riss ihm die Tüte regelrecht aus der Hand, um sich sogleich einen Bagel in den Mund zu schieben. Als er jedoch immer noch den ungläubigen Blick seines Partners auf sich spüren konnte, fragte er irritiert: »Habe ich was im Gesicht?« »Kann man so sagen«, antwortete er und deutete auf Gin’s Haare. Mit dem Zeigefinger schob dieser sich soeben den Rest des ersten Bagels in den Mund als er den Blick senkte und sogleich im hohen Bogen alles wieder Ausspucke. »Was zum Teufel?«, schrie er überrascht und konnte es nicht glauben. »Warst du das Wodka?«, fragte er mit tödlich klingender Stimme, aber der Angesprochene schüttelte mit seinem Kopf. »Ich bin nicht lebensmüde«, war die einzige Antwort und Gin wusste, dass Wodka durchaus noch an seinem Leben hing.   Jodie hielt sich währenddessen ihren Bauch und konnte nicht mehr vor Lachen. Sie lachte sich die Seele aus dem Leib und über ihre Wangen liefen unaufhörlich Lachtränen, die nicht Enden wollten. »Er wird euch umbringen«, brachte sie zwischen zwei Lachern hervor. »Aber das war es allemal Wert«, fügte sie hinzu und warf einen weiteren Blick auf Shuichi’s Handy. »Hahaha, dass muss ich mir auf ein Poster drucken lassen und als neues Fahndungsfoto im Hauptquartier aushängen sowie in meiner Wohnung und als mini Format in meine Geldbörse stecken«, giggelte sie herum, wischte sich die neuen Lachtränen aus dem Gesicht und konnte ihren Blick einfach nicht vom Display wegnehmen, denn wann sah man schon einen Gin, der einer der gefährlichsten Männer in der schwarzen Organisation war, mit zwei geflochtenen Zöpfchen friedlich schlafend im Gras liegen und neben seinem Gesicht ein Buch mit dem Titel: Ich habe gar keine Enkel: Die Online-Omi räumt auf? Das war der Brüller des Jahrhunderts!   Ende   *Ich habe gar keine Enkel: Die Online-Omi räumt auf – Ein Buch von Torsten Rohde Kapitel 4: Hast du Angst, Prinzessin? -------------------------------------   One Shot Nr. 4 Ƹ̵̡Ӝ̵̨̄Ʒ Hast du Angst, Prinzessin?   »Zu spät, Herr Inspektor«. Wüpp, wüpp. Der Meisterdetektiv hielt in seiner Bewegung inne und stutze einen Moment, als es in seiner Brusttasche vibrierte. Da habe ich vor meinem Coup doch glatt vergessen, mein Privathandy zu Hause zu lassen, schoss es ihm durch den Kopf, ließ sich aber durch nichts aus der Ruhe bringen. Sein Pokerface saß nach wie vor perfekt und seine Überraschung sah man ihm nicht an. Er ließ den funkelnden blauen Diamanten mit einer fließenden Bewegung in seine Hosentasche gleiten und ein überhebliches Grinsen zierte Kaito KID’s untere Gesichtshälfte, wurde die Augenpartie wie immer durch die Krempe seines weißen Zylinders in Schatten gehüllt, die seine Identität wahrte. Wüpp, wüpp. Strahlend weiße Zähne blitzten dem Inspektor entgegen. Die Mundpartie nach wie vor zu einem arroganten Lächeln verzogen. Ein animalisches Knurren verließ Nakamori’s Kehle und er funkelte den hochnäsigen Dieb finster an. »Irgendwann... Irgendwann...«, zischte er und balle seine Hände zu Fäusten. »Nun, mein geschätzter Herr Inspektor, ich bin mir sicher, dass ...«, grinste er ihm herausfordernd entgegen, als der dunkle Museumraum, den er mit einem herbeigezauberten Stromausfall in absolute Schatten gehüllt hatte, für den Bruchteil einer Sekunde plötzlich hell erleuchtet wurde. »... Sie mich bis zu Ihrer Pension weiter jagen dürfen!«   Ein Blitz durchzog den wolkenverhangenen Nachthimmel gefolgt von einem lauten Donnergrollen. Kaito KID’s Blick wanderte Richtung Museumsfenster und ein mulmiges Gefühl breitete sich in seiner Magengegend aus. Wüpp, wüpp. Abermals vibrierte sein Handy und mittlerweile war ihm klar, ohne dass er auf sein Display schauen musste, wer ihn da in Sekundentakt anschrieb. Aoko... »Von wegen! Beim nächsten Mal werde ich dir die Handschellen anlegen, du eingebildeter Mistkerl«, grölte Nakamori, der seinen verhassten Gegner wütend funkelte und mit seinen Augen regelrecht aufspießte. Am liebsten wäre er auf diesen Möchtegerndieb zugestürmt und würde ihm mit Freuden das arrogante Grinsen aus dem Gesicht schlagen, aber bedauerlicherweise lag er - sehr zu seinem Leidwesen und für sein Ego als Vorbildfunktion der Sonderkommission KID nicht unbedingt geeignet, dass etwas mehr als ein bisschen angekratzt war - bewegungsunfähig auf den Museumsboden. Unter ihm die kalten Fliesen und vor ihm auf der Vitrine stehend der Dieb in Weiß, der ihn mit einem pinken, flauschigen Seil gefesselt hatte, und an welchem unzählige Plüsch-Anhänger angebracht waren mit der Aufschrift: Ich liebe meine treuen Polizisten. Wüpp, wüpp. »Und verdammt nochmal, nimmst du uns so wenig ernst, dass du jetzt schon dein Handy mit zu deinen Coups nimmst?«, schrie er wutentbrannt und warf sein Kopf in den Nacken. Noch wollte er sich nicht geschlagen geben und robbte vorwärts. »Ich bitte vielmals um Verzeihung. Dies war ein kleines Versehen meinerseits«, entschuldigte sich der Meisterdieb vornehm mit einer eleganten Verbeugung. »Beim nächsten Mal habt ihr wieder meine uneingeschränkte Aufmerksamkeit«, versicherte er ihm kühn und musste sich das Lachen verkneifen. Nakamori Ginzo sah im Augenblick einfach zum Schreien aus, so, wie er mit dem pinken Seil und den unzähligen Anhängern verzweifelt auf ihn zu gerobbt kam. Als ob das was brachte, aber dennoch rechnete er es ihm hoch an, dass er trotz seiner ausweglosen Situation nicht aufgeben wollte. Am besten ich schaue in den nächsten Tagen nicht zum Essen bei den Nakamori’s vorbei, ich glaube, ich könnte vor Lachen nicht das Essen bei mir behalten, lachte er in sich hinein, während auf seiner Miene kein einziger Muskel zuckte.   Ein erneuter Blitz erhellte den Nachthimmel und das darauffolgende mächtige Donnergrollen ließ nicht lange auf sich warten. Ebenso wenig wie die nächste Nachricht. Wüpp, wüpp. »Es war heute wirklich schön mit Ihnen, Herr Inspektor, aber dennoch muss ich mich jetzt leider verabschieden. Eine Prinzessin in Not wartet sehnsuchtsvoll auf Ihren Retter«, säuselte er ihm entgegen, als er mit seinen Fingern schnippte und die Fensterscheibe zersplitterte. Mit einem Adieu verbeugte er sich und sprang mit vollem Anlauf aus dem zerbrochenen Fenster. Kurz darauf konnte man nur noch einen weißen Gleiter am düsteren Nachthimmel erblicken und den wütenden Aufschrei eines Inspektors hören, der noch lange, sehr lange den Boden des Museums würde küssen müssen, hatte der Meisterdieb 1412 alle übrigen Polizisten mit einem kleinen Mittelchen schlafen gelegt.   Ein Wimmern verließ ihre Kehle und sie hielt sich die Ohren mit ihren Handflächen zu, dennoch konnte sie das Donnergrollen hören, was sie zusammenzucken ließ. Abermals zückte sie ihr Handy und schrieb verzweifelt eine weitere Nachricht: Kaito, verdammt nochmal. Wo treibst du dich rum? Es gewittert draußen! Sie hatte bereits die Vorhänge zugezogen, aber dennoch leuchtete es hin und wieder in ihrem Zimmer auf. So wie jetzt und das gruselige Grollen folgte sofort. »Ahhh«, stöhnte sie mit zittriger Stimme ängstlich und sie murmelte sich weiter in ihre Bettdecke hinein. Suchte nach Schutz, befand sie sich schließlich ganz alleine zu Hause. »Wo bist du nur?«, wisperte sie leise und ihre Augen wurden bereits feucht. Sie hatte Angst. Mit ungeschickten Fingern tippte sie die gefühlte 16 Nachricht an Kaito: Wo bleibst du? Ich habe Angst... Kaitooooooo... »Idiot«, murmelte sie mit gedämpfter Stimme und würde sie nicht solch eine Furcht verspüren, wäre ihr ihr Verhalten, was sie gegenwärtig an den Tag legte, mehr als peinlich. Aber daran verschwendete sie zurzeit allerding keinerlei Gedanken. Früher, als sie im Grundschulalter waren, war Kaito bei einem Gewitter stets bei ihr gewesen. Hatte sie beruhigt. Sie in den Arm genommen und sie mit seinen damals doch recht zweifelhaften und ungeschickten Zaubertricks ablenken können. Gut, sie war jetzt beinahe 19 Jahre alt und müsste eigentlich mit dieser Situation allein zurechtkommen, hatte sie ihn das letzte Mal mit elf Jahren um Hilfe gerufen, was ihr im Nachhinein unangenehm gewesen war, hatte er sie damals Tagelang damit aufgezogen gehabt. Typisch Kaito halt. Nun, dies hatte allerdings zur Folge gehabt, dass sie bei jedem weiteren Gewitter in den zurückliegenden Jahren sich heulend ans Hosenbein ihres Vaters geklammert hatte, aber der war ebenso wenig da wie besagter Idiot. Ein erneutes Wimmern drang aus ihrer Kehle empor und ihre Unterlippe zitterte ungehalten. Wie paralysiert starrte sie auf ihr Handy in der Hoffnung, bald eine Nachricht von Kaito lesen zu können, aber ihr Smartphone blieb zu ihrem Bedauern stumm. »Verdammter Bakaito!«, verfluchte sie ihn turnusmäßig, damit ihre Gedanken bloß nicht zu sehr auf das Gewitter, das draußen herrschte, fixiert waren, als sie durch ein Klimpern und Knarzen aufschreckte. Ungewollt ging ihr Blick Richtung Balkon und sie machte hinter ihrem zugezogenen Vorgang einen Schatten aus. Bevor sie reagieren konnte ging in Windeseile die Balkontür auf und wieder zu. Ihr Vorhang wehte einen Moment flatternd nach, eher er sich legte und die Person freigab, die soeben unbefugt ihr Zimmer betrat. Sprachlos starrte sie ihn an und aus ihren geweiteten Augen las er regelrechte Panik. Ein selbstherrliches Lächeln umspielte seine Lippen und normalerweise würde Aoko bei diesem Anblick unmittelbar an die Decke springen, allerdings nicht heute.   »Hat meine süße Prinzessin etwa Angst vor Gewittern?« »Ich bin nicht deine Prinzessin«, zeterte sie unüblicherweise leise zurück, aber wenn er hier war, in ihrem Zimmer, dann hieß das doch, dass ihr Vater auch bald zurück nach Hause kommen würde, oder? Ein kleiner Hoffnungsschimmer keimte in ihr auf und wenn er da war, konnte sie ihm heulend um den Hals fallen und ihm danach die Hölle unterm Hintern heiß machen, weil er sich nicht um seine Tochter gekümmert hatte. Kaito KID legte den Kopf leicht schief und schien sie unter der Krempe seines Zylinders heraus genau zu mustern. Ein Schauer ging durch ihren Körper und sie konnte diesmal nicht sagen, ob es an seiner  intensiven Musterung lag oder an dem weiteren Donnergrollen, das von draußen an ihre Ohren drang. »Der Herr Inspektor wird nicht vor Morgengrauen hier auftauchen«. Ihre Hoffnung zerplatzte wie eine Seifenblase, wie eine Pusteblume im Wind. Sie zog ihre Bettdecke bis zum Hals hinauf und vergrub ihr Gesicht darin. Wäre sie in ihrem normalen Zustand gewesen, würde sie ihn mit Unmengen von Fragen bombardieren und vor allen Dingen ihm Vorwürfe an den Kopf werfen, da ihr Vater seit seinem Auftauchen in Arbeit versank, nachts kaum noch ein Auge zubekam, wenn der nächste Coup vor der Tür stand und auch zum Abendessen beinahe nie mehr zu Hause war. Aber das war sie nicht. Sie glich eher einem verängstigen Hundewelpen, der kauernd und bibbernd in der Ecke hockte. »Kaitooo«, schniefte sie. Dabei fiel ihr das Handy aus der Hand, welches unbeschadet auf ihrer Matratze landete.   Kaito zog sich der Magen zusammen, als er seine heimliche Liebe dort wie ein Häufchen Elend sitzen sah und ihn herbeisehnte. Er biss sich auf die Zunge und verfluchte sich innerlich für sein viel zu hektisches Verhalten, hätte er sich zu Hause zunächst umziehen sollen. Aber er war so in Sorge um Aoko gewesen, dass er in seinem Kaito KID Kostüm nun in ihrem Zimmer stand und sich hilflos und fehl am Platz fühlte. Als sein Alter Ego konnte er sich nicht um sie kümmern wie er es als Kuroba Kaito gekonnt hätte. Was hatte er sich dabei nur gedacht? Gar nichts.   Ein Blitz erhellte ihr Zimmer für den Bruchteil einer Sekunde und sie quietsche ängstlich auf, als ein markerschütterndes Donnergrollen folgte. »AH!« Ihre Finger krallten sich in ihre Bettdecke und ein tränenersticktes Stöhnen erreichte seine Ohren, so dass er keinen weiteren Gedanken mehr an sein Alter Ego verschwendete. Mit großen Schritten ging er auf ihr Bett zu und setzte sich unmittelbar neben das wimmende Etwas. Bevor Aoko auf irgendeiner Weise protestieren konnte, zog er sie in seine Arme und drückte sie bestimmend an seine Brust, als er sich mit ihr in seinen Armen gegen die Wand hinter sich lehnte. Sie hielt erschrocken die Luft an und hob leicht ihren Kopf an. »Nicht«, ermahnte er sie und verdeckte ihre Augen mit seiner behandschuhten Hand, während er sie beschützend in seinen starken Armen hielt. »Lass mich dir deine Angst nehmen«. Aoko biss sich auf ihre Unterlippe und er konnte ihr Hadern nur allzu deutlich spüren, war sie steif wie ein Brett in seinen Armen. Verständlich, schließlich umarmte sie gerade der berühmteste Dieb aus ganz Japan, und wenn jede andere Frau dafür über Leichen gegangen wäre, so war sie die Einzige, die ihn von Anfang an nicht ausstehen konnte und ihre Missgunst ihm gegenüber auch in einer Horde von weiblichen KID Fans zur Schau stellte. Ein Schmunzeln legte sich auf seine Züge, als er an seinen Coup mit der Turmuhr zurückdachte, war sie die Einzige in der jubelnden Meute von Fans gewesen, die an Anti-KID-Schild dabeigehabt hatte. »Du bist nicht der Mann in dessen Armen ich sein möchte«, hörte er sie flüstern. »Ich weiß, Prinzessin«, antwortete er und betete sein Kinn auf ihren Haarschopf. »Stell dir einfach vor, ich wäre er. Sobald das Gewitter vorüber ist, wirst du mich nie wiedersehen«. Er vernahm ein zustimmendes Murmeln und trotzdem spürte er ihre heißen Tränen, die sie still vergoss, sog sich der weiße Stoff seines Handschuhs schließlich voll damit. Es tut mir leid, Aoko, dachte er betrübt, hielt sie allerdings weiterhin fest. Als der Donnergott sich erneut zu Wort meldete, schreckte sie in seiner Umarmung regelrecht zusammen und krallte sich in den blauen Stoff seines Hemdes fest; dabei presste sie ihr Gesicht von alleine in seine Halsbeuge und kniff fest ihre Augen zusammen. »Ssccht«, versuchte er sie zu beruhigen. Er legte seine Hand auf ihren Hinterkopf, kraulte währenddessen zärtlich ihren Haaransatz im Nacken und fuhr ihr gleichzeitig tröstend über den bebenden Rücken. Seine Handlung zeigte die gewünschte Wirkung und ihre Anspannung löste sich, lehnte sich ihm nahezu entgegen und das Wimmern versiegte.   Es war Mucksmäuschen still in ihrem Zimmer, während sie sich von dem Feind ihres Vaters trösten ließ und sich dabei vorstellte es wäre Er. Bildete sie sich das jetzt nur ein oder hatte er nun auch seinen wohligen Duft angenommen? »Ist das irgendein Zaubertrick?«, hauchte sie ihm fragend gegen sein Schlüsselbein und hatte die Augen genießerisch geschlossen. »Was meinst du, Prinzessin?«, erwiderte er fragend und fuhr mit seiner Hand zärtlich über ihre Schulterpartie. Ein genießerisches Seufzen verließ ihre Lippen, was bei ihm eine Gänsehaut auslöste. Just in dem Moment verfluchte er sich umso mehr, dass er sie nicht als Kuroba Kaito in den Armen hielt. Das wäre die perfekte Gelegenheit gewesen. »Dass du riechst wie er... so angenehm … so schön«, kam es murmelnd von ihr und er merkte, wie sie in seinen Armen erschöpft einschlief. Vorsichtig, damit er sie nicht wieder aufweckte, lockerte er seine Umarmung und legte sie sachte auf ihr Bett; betete ihren Kopf behutsam auf ihr weiches Daunenkissen. Er zog sich mit seinen Zähnen seinen noch von ihren Tränen feuchten Handschuh von den Fingern und strich ihr einige braune Strähnen aus dem Gesicht, welches er einen Augenblick stumm musterte und mit seinen Fingerkuppen hauchzart ihre Konturen nachfuhr. »Verzeih mir, meine hübsche Prinzessin«, wisperte er und hauchte ihr einen liebevollen Kuss auf die Stirn. »Beim nächsten Mal werde ich da sein!«   Ende   Kapitel 5: Zusammen Allein - Shuichi x Ran ------------------------------------------ Diese One Shot spielt nach der Szene mit dem Waldteufel. Man muss die Folge aber nicht gesehen oder im Manga gelesen haben, um diese Story zu verstehen.   One Shot Nr. 5 Ƹ̵̡Ӝ̵̨̄Ʒ Zusammen Allein   Der kleine VW Käfer tuckerte über die Straße. Es war still im Auto. Ran schlief auf dem Rücksitz, während Ai und Conan ihren eigenen Gedanken nachhingen. Der Professor konzentrierte sich auf den Verkehr. Ein roter BMW 4er Cabrio raste hupend am Käfer vorbei. Der Fahrer hielt seinen Mittelfinger aus dem Fenster. Agasa schnaubte entrüstet. »Regen Sie sich nicht auf, Professor. Uneinsichtige Raser gibt es überall auf der Welt.« »Da hast du wohl recht, Ai.« Die braunhaarige Grundschülerin drehte sich im Sitz und warf einen verschmitzten Blick nach hinten. »Sie hat ihr Wort gehalten.« »Wie bitte?«, erschrak Conan aus seinen Gedanken und sah die Wissenschaftlerin verwirrt an. Ai zeigte auf Ran's Hand. »Sie hat deine Hand nicht losgelassen, wie sie es versprochen hat. Wenn sie aufwacht und dich anstatt Shinichi sieht, wird sie traurig sein. Sie tut mir leid«, gab sie ehrlich ergriffen von sich. Sie mochte Ran. Wirklich. Ran erinnerte sie stark an ihre verstorbene Schwester Akemi, was auch ihre schwesterlichen Gefühle für die junge Mori erklärte, und genau deswegen tat sie ihr auch so leid. Sie wartete und wartete. Vergebens und dass nur, weil sie es nicht schaffte ein zuverlässiges Gegenmittel herzustellen. Ihre Liebe würde weiterhin unerwidert bleiben. »Ich frage mich«, begann Ai und sah Conan dabei durchdringlich an. »Wie lange sie noch die Kraft aufbringt, um auf dich zu warten.« Conan kräuselte seine Brauen. »Wie kommt du denn jetzt auf sowas?« »Nun ja«, setzte sie an und betete ihre Unterarme auf die Kopflehne ihres Sitzes. »Irgendwann wird sie deine Ausflüchte leid sein und sich von Kudo Shinichi abwenden, um ihr Herz zu schützen.« »Aber doch nicht Ran. Meine Ran wird auf mich warten«, vergewisserte ihr Conan und sah der schlafenden Ran ins Gesicht. Die Augen huschten unter den Lidern unruhig umher. Entweder hatte sie einen Alptraum oder aber sie begann langsam aufzuwachen. »Kannst du dir sicher sein?« »Hmmm«, murmelte die junge Mori verschlafen und rieb sich mit dem Handrücken über ihre Augen. Müde schaute sie sich im Auto um. »Sind wir immer noch nicht zu Hause?«, fragte sie verschlafen das junge Kind, welches sie über ihren Sitz gelehnt ansah. »In einer halben Stunde haben wir es geschafft«, erwiderte sie und warf Conan einen letzten mahnenden Blick zu, ehe sie sich wieder richtig hinsetze und Edogawa nur genervt die Augen verdrehte. Ran liebt mich. Natürlich wird sie auf mich warten. Egal wie lange es dauert, redete er sich ein und als er ein zucken an seiner Hand spürte, sah er hinauf und blickte direkt in zwei traurig dreinschauende lavendelfarbende Iriden. »Ran...«, setze er an, doch wurde er von ihr unterbrochen. »Hat er dich wieder vorgeschickt, Conan?« Sie ließ seine Hand los. »Was hat er dir diesmal aufgetragen mir zu sagen?« Das Herz des Jungen schmerzte, als er sah wie sich Tränen in ihren Augen sammelten. Conan öffnete seinen Mund. »Nein, warte!«, sagte sie bestimmt und hielt ihm stoppend ihre flache Hand vor das Gesicht. »Ich will es nicht hören. Schlimm genug, dass er dich immer vorschickt anstatt seinen Mann zu stehen.« »Aber Ran...«. »Nein, Conan. Es ist genug«, konterte sie mit gedämpfter Stimme und hielt mit Mühe und Not ihre Tränen zurück. Sie wollte nicht vor den Kindern weinen. »Herr Professor, können sich mich bitte da vorne an der Ampel rauslassen? Ich werde den Rest zu Fuß gehen.« Agasa schaute sie durch den Rückspiegel aus an. »Natürlich, meine Liebe.« Er setzte den Blinker, wechselte die Spur und hielt an der Ampel, die praktischerweise auf Rot sprang. Die junge Frau stieg ohne ein weiteres Wort aus dem Käfer aus. »Ran«, rief Conan ihren Namen und schnallte sich ab, wollte ihr hinterherlaufen. »Nein«, brüllten Ai und Agasa synchron. Der Junge hielt inne und sah die beiden verständnislos an. »Warum nicht?« »Lass sie allein, Shinichi. Sie braucht jetzt Zeit für sich.« Haibara nickte zur Bestätigung und sah, genau wie Conan, ihr durch die Autoscheibe aus nach.   Sie wischte sich abermals mit dem Handrücken über ihre Augen, aus welcher nun Tränen über ihre Wangen kullerten. Ein unterdrücktes Schniefen drang aus ihrer Kehle empor. »Ich kann nicht mehr warten. Ich habe keine Kraft mehr dafür«, brachte sie mit weinerlicher Stimme hervor und bemerkte den Mann nicht, der an der Telefonzelle vor ihr stand und sie unverblümt anstarrte. »Immer wenn ich dich sehe, bist du am Weinen.« Die Tonlage war schneidend und kalt wie Eis und dennoch konnte sie eine gewisse Besorgnis heraushören. Trotzig sah sie ihn an und schürzte beleidigt die Lippen. »Ist doch meine Sache, wie oft ich weine.« Seine grünen Augen blitzen belustigt auf und sie musste unweigerlich an zwei grüne Smaragde denken, so kristallklar waren seine grünen, stechenden Augen, die ihr einen Schauer über den Rücken jagten. Eindringlich sah er sie an. Als ob er direkt in meine Seele blicken würde, schoss es ihr durch den Kopf und sie konnte ihren Blick nicht von ihm abwenden. Er kam auf sie zu und sie bewegte sich nicht vom Fleck. Was er wohl von ihr wollte? Bei ihrer letzten Begegnung war er nach dieser Aussage verschwunden und hatte sie im rieselnden Schnee stehen lassen. Was wollte er also dieses Mal von ihr? Damals in London hatte er noch lange Haare gehabt und er trug eine FBI Jacke. Jetzt waren sie kurzgeschoren und er trug eine schwarze Lederjacke. Ob er Undercover unterwegs ist? »Du solltest deine Tränen trocknen. Egal, wer er ist. Wer solch eine hübsche Frau alleine lässt, ist keine deiner Tränen wert.« Seine Tonlage klang ernst und jedes seiner Worte traf ihr geschundenes Herz. »Die Liebe zweier Menschen reicht manchmal allein nicht aus«, fügte er hinzu und reichte ihr sein Taschentuch, welches sie geistesabwesend entgegennahm. »Wie wahr«, stimmte sie ihm zu und betrachtete das mit Rüschen verzierte Taschentuch, welches definitiv von einer Frau stammte. Eines der Enden war mit zwei Buchstaben bestickt. A. M. Er bemerkte ihren grübelnden Blick und beantwortete ihre unausgesprochene Frage. »Ich habe sie warten lassen, weil ich verdeckt ermittelte. Ich wollte nur noch diesen Job erledigen und dann zu ihr zurückkehren. Aus Tagen wurden Wochen, aus Wochen Monate, aus Monate Jahre und letztendlich hat das Schicksal zugeschlagen und sie mir genommen, ohne dass ich sie noch einmal wiedersehen konnte.« »Das kenne ich gut. Bei mir sind es mittlerweile 16 Monate und ich habe keine Kraft mehr zu warten. Ständig redet er sich raus. Sagt mir nicht die Wahrheit und hält mich hin, dass er es bald geschafft habe. Aber dieses bald sind schon 16 Monate.«   Conan presste seine Nase gegen die Scheibe und knurrte unzufrieden. »Wer ist dieser Typ?«, brummte er und war kurz und dran, aus dem Auto zu stürmen. Ai erschauerte und ihr Mund klappte auf, kannte sie diesen Mann und sein Geheimnis nur zu gut. »Er ist ein verdeckter FBI Ermittler«, antwortete sie knapp und fing sich von Conan einen verwunderten Blick ein, der so viel sagte wie: Erzähl mir mehr! »Er war bei der B.O. als Rye bekannt und mit meiner Schwester Akemi zusammen. Du kennst sie, sie ist in deinen Armen gestorben, aber das tut hier nichts zur Sache.« Sie atmete tief durch und sammelte sich einen Moment. »Er hatte sich bei der B.O. hochgearbeitet. Seine Jobs erledigte er präzise und war kurz davor als Partner von Gin eingeteilt zu werden und den Boss kennenzulernen, als seine Identität aufflog. Wie er es geschafft hat, lebendig dort rauszukommen ist mir allerdings schleierhaft.« »Also wollte das FBI an die großen Fische kommen und kurz vor dem Ziel riss die Angelschnur«, schlussfolgerte Conan und lenkte seine Aufmerksamkeit wieder zu Ran und diesem Mann, die sich miteinander unterhielten. »Aber woher kennt Ran ihn und was will er von ihr?« »Frag sie doch einfach zu Hause, Shinichi«, gab der Professor seinen Senf dazu, als die Ampel auf Grün umschlug und er auf das Gaspedal trat. In diesem Moment sah er, wie Ran diesen Mann die Arme um den Hals schlang und er sie umarmte. Halt, wollte er schreien und hinausstürmen, aber aus seinem Mund drang nur ein entsetztes Pfeifen. Seine Augen waren vor Schock aufgerissen. »Ich habe dir gesagt, sie wird nicht ewig auf dich warten«, hörte er Ai’s mahnende Worte, die wie aus weiter Ferne zu ihm drangen. Der gelbe Käfer bog an der nächsten Ecke ab und beide waren aus seinem Blickfeld verschwunden. Die Szene hatte sich dennoch in seinen Kopf gebrannt und seine Augen brannten gefährlich. Habe ich sie soeben verloren?   »Ich würde eine Frau wie dich nie wieder warten lassen.« Sie lächelte smart und wischte sich mit dem Taschentuch die letzten Tränen aus ihrem Gesicht fort. Er musterte sie bedeutungsvoll und die junge Frau schluckte nervös. Intuitiv wusste sie, dass sich ihr Leben mit den kommenden Worten verändern und sie sich nicht dagegen wehren würde. »Lass uns zusammen Allein sein, Ran.« Sie wusste nicht woher er ihren Namen kannte, wahrscheinlich hatte er sich über sie schlau gemacht. Vielleicht sogar nach dem Treffen in London als er sie vor dem Serienkiller gewarnt hatte? Letzten Endes spielte es aber auch keine Rolle und es war ihr egal. »Ja«, hauchte sie und schlang ihre Arme um seinen Hals. Sie wollte nur nicht mehr allein sein genauso wie er, also warum sollten sie sich nicht gegenseitig ihre Einsamkeit nehmen? War dies verwerflich? Nein, dachte sie sich und spürte, wie er sie mit seinen starken Armen näher an sich drückte. Ein wohliges Seufzen verließ ihre Lippen, als sie nach einer schieren Ewigkeit endlich wieder einen männlichen Körper an sich spürte. Sie war eine junge Frau und in der Blüte ihres Lebens. Auch die hatte gewisse Bedürfnisse, die befriedigt werden wollten und mit ihm, hatte sie bereits eine kleine, gemeinsame Geschichte, die ausgebaut werden konnte. »Wie ist dein Name?« »Akai Shuichi«, raunte er ihr ins Ohr und küsste ihren Hals. Sie erschauerte. Wie sehr hätte sie es sich gewünscht, wenn Shinichi dies tun würde, aber er war nicht da. Hatte sie erst vor Stunden wieder alleine gelassen, ohne eine Erklärung. »Bitte schenk mir gespieltes Glück, Shuichi.«   Ende Kapitel 6: SMS bei Vollmond - Wataru x Miwa ------------------------------------------- One Shot Nr. 6 Ƹ̵̡Ӝ̵̨̄Ʒ SMS bei Vollmond   Der Wetterbericht hatte eine kühle Nacht angekündigt und Takagi konnte dem zustimmen. Er rieb sich fröstelnd über die Oberarme, hatte er die Temperaturen zu dieser späten Stund bei weitem unterschätzt. Surrend zog er mit zittrigen Fingern den Reißverschluss seiner braunen Übergangsjacke hoch und stellte den Kragen auf, um sich etwas gegen die Kälte zu schützen, die seine Gliedmaßen steif werden lief. »Brrr, ist das eisig«, murmelte er bibbernd und trat von einem Fuß auf den anderen, um sich etwas warm zu halten. Bewegung verhalf bekanntlich Linderung.   Mit einem friedvollen Ausdruck in den Augen sah er hinauf in die sternklare Nacht, sein Blick wurde weich als er die helle Runde Scheibe am Nachthimmel sah. »Vollmond«, flüsterte er, obwohl noch nicht ganz. Sein Blick wanderte zu seiner billigen und bereits recht abgenutzten Modeuhr am Handgelenk. Noch vier Minuten bis Vollmond, verbesserte er sich gedanklich, war laut Mondkalender genau um 23.05 Uhr für eine Minute Vollmond, bevor die Phase zum abnehmenden Mond eingeläutet werden würde.   Sein Blick wanderte zum Wohnkomplex gegenüber, wo er sie im vierten Stock mit einer Tasse am Fenster sitzen sah. Eingekuschelt in einer Wolldecke saß sie auf dem Fenstersims, die sie zu einer Sitzgelegenheiten umgerüstet hatte, mit unzähligen, bunten Kissen, und sah verträumt in den Nachthimmel empor. Er lächelte, wahrscheinlich trank sie ihren Lieblingstee, während sie den Vollmond betrachtete, mochte sie ihn von allen Mondphasen am liebsten.   Ein schweres Seufzen drang aus seiner Kehle empor und der Ausdruck in seinen kastanienbraunen Augen wurde sehnsuchtsvoll. Wie gern wäre er jetzt bei ihr. Wie gern würde er sie umarmen, ihre Wärme an seinen Oberkörper spüren und gemeinsam still und leise mit ihr den Vollmond ansehen.   Noch zwei Minuten, wie er nach einem Blick auf sein Ziffernblatt feststellte. Mit steifen Fingern fischte er sein Smartphone aus der Jackentasche hinaus und öffnete die SMS App. Kurz pustete er sich mit seinem heißem Atem in die Hände, um diese ein wenig aufzutauen, ehe er sich ans tippen machte:   Miwa, wie der Vollmond am Nachthimmel die Dunkelheit erhellt, bist du das Licht in meiner  Finsternis. Mein strahlender Stern, den ich behüten und beschützen werde. Dein Wataru   Er betätigte den Sendebutton und lächelte traurig als er ihr einen letzten Blick schenkte. »Ich liebe dich«, wisperte er mit gedämpfter Stimme. Drei kleine Worte, mit viel Gewicht, wovon er wusste, dass sie dies niemals zulassen würde. Er war ihr bester Freund, ein Arbeitskollege, auf den sie sich im Einsatz blind vertrauen musste, und dennoch waren die Gefühle, die sie beide füreinander hegten hinderlich. Gefährlich. Er war ihr Partner und beide wussten, würden sie mehr zulassen, würde es ihr Urteilsvermögen beeinflussen, eine Sache, die sie nicht zulassen durften, hingen Menschenleben davon ab. Ihm war bewusst, dass sie ihn liebte, er liebte sie und dennoch war da diese Mauer zwischen ihnen, die niemals zu Fall gebracht werden würde. Ein Umstand, den er lernen musste zu akzeptieren, auch wenn es schwer fiel, stand er mit seinem Schmerz nicht alleine da. Ob sie genau die gleichen Gedanken hat, wenn sie den Vollmond anschaut?, flitzte die Frage durch seinen Kopf, als er sich geknickt auf den Weg nach Hause machte, wo keiner auf ihn wartete.   Sein Handy summte und kündigte den Eingang einer SMS an. Kurz war er versucht einen Blick auf das Display zu verwerfen, als ihm wieder einfiel, dass es seine SMS an Miwako war. Eine SMS, die sie niemals erreichen würde und sich zu den unzähligen anderen in seinem Posteingang hinzufügte.   Ende Kapitel 7: Mein Mädchen ----------------------- One Shot Nr. 7 Ƹ̵̡Ӝ̵̨̄Ʒ Mein Mädchen   »A~also das … Bilde dir bloß nichts darauf ein, Aoko«, wich er ihr aus und versuchte dabei teilnahmslos zu klingen, was ihm allerdings nicht gelang. Sein Pokerface wies tiefe Risse auf. Er drehte ihr den Rücken zu und fuhr sich fahrig durch das wildabstehende Haar. Das Adrenalin jagte immer noch durch seinen Körper, ließ sein Herz dumpf gegen seine Rippen schlagen. »Danke, Kaito!«, hörte er sie schüchtern flüstern. Sie krallte sich im Stoff seines Jacketts fest und legte ihm von hinten ihren rechten Arm um den Hals, schmiegte sich an seinen breiten Rücken, der bebte. »Verdammt, Aoko, ich habe echt Schiss gehabt«, gab der junge Mann zu und legte seine Hand auf die ihre. Er versuchte sich zu beruhigen, aber er zitterte immer noch vor Wut. Am liebsten würde er den Kerlen hinterherrennen und den anderen Typen auch noch eine gebrochene Nase verpassen. Wenn die mir nochmal unter die Augen kommen, dann Gnade ihnen Gott. »Ich weiß…«, murmelte sie gegen seinen Rücken und konnte seinen schnellen und heftigen Herzschlag nur allzu deutlich wahrnehmen, auch wenn er versuchte, halbwegs gelassen zu wirken, so sprach sein Körper doch eine ganze andere Sprache. Nie zuvor in ihrem Leben hatte sie ihn so aufgewühlt erlebt, geschweige denn wütend. »…  aber dank dir ist mir ja nichts passiert«. Seine Hand drückte fest die ihre. »Dein Vater ist heute Morgen zu einem Lehrgang in Osaka aufgebrochen, oder?«, fragte er völlig aus dem Kontext heraus. »Äh, ja, warum?«, kam es verwirrt von ihr. »Wie lange bleibt er weg?«, ignorierte er ihre Frage. »Sieben Tage. Bis nächste Woche Freitag«, antwortete sie ihm und schaute ihm fragend über die Schulter, konnte aus dem Augenwinkel allerdings nur seine ernsten Gesichtszüge erkennen. »Gut. Du weichst nicht mehr von meiner Seite und übernachtest bei mir bis dein Vater zurück kommt. Wer weiß, ob die Typen dir sonst noch einmal auflauern!«, sagte er in einem Tonfall, der keinen Widerspruch zuließ. »Mit denen ist noch nicht das letzte Wort gesprochen«, knirschte er mit den Zähnen und ballte seine Hand zur Faust. »Okay«, meinte die leise und schmiegte ihr erhitztes Gesicht an sein Schulterblatt. »Komm. Lass uns zu dir und ein paar Sachen einpacken«. Damit griff er nach ihrer Hand und zog sie neben sich. »A~aber ich habe es doch noch gar nicht gefunden«, stotterte sie und zog mit leichter Gegenwehr an seiner Hand. Er blieb stehen und drehte sich fragend zu ihr herum. »Du hast was gesucht?« »Ja«, gab sie nickend von sich. »Deswegen können wir erst gehen, wenn ich es gefunden habe. Es ist mir doch so wichtig!«   Flashback   »Ist das nicht das Gör von diesem Polizisten Heini?« »Ja, Alter, und sie treibt sich hier alleine herum«, grinste der Blonde Ausländer dreckig. »Was die Kleine wohl hier ganz alleine will?«, fragte der Schwarzhaarige mit seinem Nasenpiercing mit einem schelmischen Grinsen im Gesicht. Schließlich hatte es bereits längst zum Unterrichtsschluss geläutet und es trieb sich keiner mehr auf dem Schulgelände herum, außer sie drei und das Mädchen. »Fragen wir sie doch«, kicherte der Letzte aus dem Schlägertrio freudig. Ein Kerl mit widerlichen Glubschaugen. »Ihr Vater ist schuld, dass unser Anführer von der Schule verwiesen wurde«. »Ja...«, knurrte der Blonde bestialisch und schnalzte angepisst mit der Zunge. »Immerhin war es nur reine Selbstverteidigung gewesen, dass er dem Direktor den Kiefer gebrochen hatte. Der Penner war doch selbst schuld, ihm mit Sozialarbeit zu drohen«, verteidigte er ihren nicht mehr vorhandenen Boss. »Hör’ auf zu jammern, Taki. Jetzt bin ich der Boss«, erwiderte der Schwarzhaarige sauer, der auf den Namen Yumo hörte, da er sich in seiner Autorität angegriffen fühlte und verpasste ihm einen mahnenden Klapser auf dem Hinterkopf. »Lass uns der Kleinen eine Lektion erteilen«, fügte er hinzu und ging auf das Braunhaarige Mädchen zu. Die zwei Anhängsel folgten ihm.   Aoko krabbelte auf allen Vieren vor der Turnhalle herum und merkte die drohende Gefahr nicht, die sich ihr näherte, da sie vollkommen auf ihrer Suche fixiert war. »Verdammt. Sie muss doch hier irgendwo rumliegen«, nuschelte sie verzweifelt und krabbelte wieder ein Stückchen nach vorne. Innerlich verfluchte sie Akako, die sie beim Verlassen der Turnhalle spielerisch in einen Würgegriff genommen hatte und ihr damit drohte, sie zu verfluchen, wenn sie sich nicht von Kaito fernhielt. Was hat sie immer nur mit Kaito?, fragte sie sich und suchte weiter den Boden ab. Der zeigt null Interesse an ihr und trotzdem läuft sie ihm hinterher. Dabei könnte sie jeden anderen Jungen haben... Sie machte krabbelnd eine vierzig Grad Wendung in der Hoffnung, den verlorenen Gegenstand auf einem anderen Fleck Erde zu finden. Allzu weit weg kann sie nicht sein. Es war doch genau hier, dachte sie missmutig als drei Paar schwarze Schuhe in ihr Sichtfeld gerieten. »Nanu?«, kam es überrascht von ihr und sie schaute fragend auf. Im gleichen Augenblick schluckte sie schwer, als sie erkannte, wen sie da vor sich hatte. Die Schulschläger, schoss es ihr alarmiert durch den Kopf und sprang sofort auf ihre Beine um wegzulaufen, doch sie hatte keine Chance. Der Kerl mit den ekligen Glubschaugen packte sie bei der Schulter und warf sie zurück auf den grasigen Boden. Sie stöhnte erschrocken und vor Schmerzen auf, während er über sie gebeugt war und seine dicken Wurstfinger sich in ihre Schultern krallten. Gewaltsam hielt er sie am Boden gepinnt. »Lass mich sofort los«, schrie sie und überspielte ihre Angst mit einem wütenden Gesichtsausdruck. Ihr Herz dagegen pochte schmerzhaft gegen ihren Brustkorb und raste wie wild. »Na, na, na«, sprach Yumo mahnend und ging neben ihr in die Hocke. Sah sie einen Augenblick abschätzend an. »Kaum zu glauben, dass du das Gör von diesem Inspektor bist. So ganz aus der Nähe betrachtet, bist du recht ansehnlich«, grinste er und leckte sich gierig über die Lippen. Ein Schauer der Angst fuhr durch ihren Körper und sie weitete vor Schreck ihre Augen, als er mit seinen Fingern anzüglich über ihr Schlüsselbein fuhr und tiefer Richtung Ausschnitt wanderte. »Lasst mich in Ruhe«, schrie sie panisch und strampelte hilflos mit den Beinen. »Kaitooo«, kreischte sie und versuchte sich vergeblich mit windenden Bewegungen aus dem Griff des Fischaugentypens zu befreien. Hilf mir doch. Hilfe. Yumo hielt in seiner Bewegung inne und schaute sie interessiert an. »Kaito? Ist das dein Freund?« Aoko biss sich auf die Unterlippe und versuchte sie aufkommenden Tränen zurückzuhalten. Ein unterdrücktes Schluchzen drang aus ihrer Kehle. »Dieser Kaito wird dir auch nicht helfen können«, lachte Yumo wahnsinnig.   »Das sehe ich aber anders«, drang eine kühle Stimme an sein Ohr und bevor der Typ mit dem Nasenpiercing reagieren konnte, wurde er auch schon hochgerissen und hatte eine geballte Faust im Gesicht. Er hörte es gefährlich knacken. »Ah«, gab er einen gequälten Laut von sich und torkelte nach hinten. Hielt sich dabei seine blutende Nase und er wusste auf Anhieb, dass sie gebrochen war. Von hinten wollte ihn der Ausländer in einen Schwitzkasten nehmen, doch er stieß ihm rechtzeitig mit voller Wucht seinen Ellenbogen in den Magen und setzte einen Kinnhaken hinterher. Seine Augen waren zu Schlitzen verengt und ein bestialisches Knurren verließ seine Kehle. »Runter von meinem Mädchen, wenn dir dein Leben lieb ist«, zischte er und knackte mit seinen Fingern. Seine blauen Augen funkelten angriffslustig und eine furchteinflößende Aura umgab ihn. »So~Sorry«, nuschelte der Glubschaugen Kerl ängstlich und ließ von dem Mädchen ab. Ohne auf seine Kumpels zu warten, sprang er auf und rannte Richtung Schultor. »Das wirst du uns noch büßen«, nuschelte Yumo unter vorgehaltener Nase und machte um Kaito einen großen Bogen. »Wartet auf mich«, nörgelte der Blonde und lief dem Duo hinkend hinterher, hatte der Schlag in den Magen ordentlich gesessen. Einen Augenblick folgte Kaito ihnen mit wachsamen Augen, aber als er sich sicher war, dass sie wirklich das Weite suchten, eilte er sofort zu Aoko, die sich gerade aufsetzen wollte und nahm sie in die Arme. »Alles okay mit dir? Haben sie die was angetan? Hast du schmerzen?«, brabbelte er direkt wie ein Wasserfall drauf los und drückte sie fest an seine Brust, während er vor Schreck seinen Mund fusselig redete. »Da wartet man auf dich am Schultor, weil man denkt, du bist ins Klo gefallen und dann hört man dich plötzlich panisch schreien und …« »Mein Mädchen?«, hörte er sie nuscheln und sofort sprang er mit hochrotem Kopf wie von einer Tarantel gestochen auf. »A~also das … Bilde dir bloß nichts darauf ein, Aoko«.   Flashback Ende   »Aha«, gab er abschätzend von sich und verschränkte grimmig die Arme ineinander. »Und weil du irgendeinen Mist gesucht hast, läufst du allein auf dem Schulgelände herum und lässt sich von diesen Möchtegernschlägern in die Mangel nehmen?«, versuchte er vom eigentlichen Thema abzulenken. Nicht, dass Aoko ihm gleich noch wegen seiner Aussage eine über die Rübe zog oder ihm einen Vortrag über Frauenrechte, Gleichberechtigung, Eigentumsverhältnisse oder was auch immer hielt nur, weil er sie Mein Mädchen genannt hatte. Zuzutrauen wäre es ihr. Aoko prustete beleidigt die Wangen auf. »Die Kette ist kein Mist«. »Kette?«, fragte Kaito und schaute sie nun verdutzt an. Doch nicht etwa... »Ja, die Kette, die du mir vorletztes Jahr zum Geburtstag geschenkt hast«, sagte sie leise und schaute verlegen zur Seite. »Ich muss sie vorhin verloren haben, als Akako mir wieder damit drohte, dass ich mich von dir fernhalten solle. Warum auch immer...« »Ach sooo?«”, kam es verwundert von ihm und kratzte sich beschämt mit dem Zeigefinger an die Wange. Schließlich wusste er, warum sich Aoko von ihm fernhalten sollte. Die verrückte Hexe hatte ein Auge auf ihn geworfen und konnte es einfach nicht akzeptieren, dass sein Herz anderweitig längst vergeben war. Sogar mit einem Liebeszauber hatte er sie mal belegen wollen! Das muss sich einer mal vorstellen. Sie war durch und durch ein verrücktes Weib. »Nun, was die Kette angeht, die hat mir Akako vorhin mit der Aussage in die Hand gedrückt, du hättest sie in der Umkleidekabine verloren und seist noch kurz auf Toilette und so«. Er kramte in seiner Hosentasche und zog eine Weißgold Kette mit einem kleinen Herzanhänger hervor. »Deswegen hatte ich auch auf dich gewartet um sie dir wieder zu geben, aber dann hörte ich dich schreien und nun ja, den Rest kennst du ja«. »Kein Wunder, dass ich sie nicht gefunden habe«, antwortete Aoko und nahm ihm mit einem glücklichen Ausdruck in den Augen die Kette aus der Hand. »Aber jetzt habe ich sie ja wieder«, lächelte sie und öffnete mit zittrigen Fingern den Verschluss, um sich das gute Stück umzuhängen.   Währenddessen fragte sich Kaito, ob Akako das alles Vorhergesehen hatte und seiner Sandkastenfreundin extra die Kette heimlich entrissen hatte, damit sie in Gefahr geriet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Akako es darauf angelegt hat, dass diese Typen Aoko verletzten. Ob sie wusste, dass ich ihr rechtzeitig zu Hilfe kommen würde? Aber warum das ganze Theater?, fragte sich der Magier im Stillen und beobachtete dabei aus dem Augenwinkel heraus, wie Aoko mit zitternden Fingern versuchte, sich seit geraumer Zeit versuchte die Kette umzulegen. »Komm her«, sagte er sanft und nahm ihre Hände in die seinen. Hielt sie mit seinen warmen Fingern umklammert, damit sich das Mädchen beruhigte und während er ihr tief in die Augen sah, hauchte er einen Kuss auf ihre Finger spitzen. Sie errötete prompt, was er schmunzelnd zur Kenntnis nahm. Mit einem »So wird das nichts« nahm er ihr die Kette aus der Hand und wies ihr an sich umzudrehen. Sie folgte seiner Anweisung mit einem pochenden Herzschlag. Er legte ihr von hinten die Kette um den Hals und strich ihr zärtlich ihre langen braunen Haare zur Seite, damit er einen freien Blick auf ihren Nacken hatte, wo er gerade die Öse in den Verschluss einharkte. Aoko hatte nervös ihre Hände vor ihrer Brust verschränkt und konnte sich nicht erklären, warum sie so angespannt war, doch diese Szene hatte so was Intimes, dass ihr vor Aufregung die Hitze in die Wangen schoss. Kaito hatte ihr zwar vorletztes Jahr zum Geburtstag auch die Kette umgelegt, aber diesmal war es irgendwie anders, konnte aber nicht genau fassen, was sich geändert hatte. Ob es daran liegt, dass ich mir eingestanden habe, dass ich ihn liebe und deswegen so aufgewühlt bin?, fragte sie sich und keuchte im gleichen Moment überrascht auf, als Kaito ihr einen Kuss in den Nacken hauchte. »So, fertig«, lächelte er und vergrub seine Nase in ihr nach Pfirsich duftendes Haar. Seine Hände ruhten an ihren Schultern und zog sie zu seinem Brustkorb heran, während er mit seiner Rechten ihren Bauch umschlang und sie an sich drückte. Er schmunzelte in ihre braune Haarpracht hinein, war sie untypischerweise still wie ein Mäuschen und es wäre die perfekte Gelegenheit sie damit aufzuziehen, aber damit würde er nur die Stimmung zwischen ihnen zerstören und das hatte er beim besten Willen nicht vor. Im Gegenteil. »Aoko?«, hauchte er fragend in ihr braunes Haar hinein und schmiegte seine Wange an ihren Hinterkopf. »Ja?«, kam es fiepend von ihr und ihre Stimme überschlug sich beinahe, wusste sie instinktiv, dass das, was nun folgen würde, ihre Beziehung zueinander von Grund auf ändern würde. Sie spürte es einfach mit jeder Faser ihres Körpers. »Das klingt jetzt vielleicht etwas kitschig, aber ich hadere bereits länger mit mir herum, wie ich es dir am besten sage und nachdem, was vorhin passiert ist...«. Er ließ den Satz unvollendet und drückte sie besitzergreifend an sich, während er mit dem Zeigefinger über das Herz ihrer Kette fuhr. »Möchtest du mein Mädchen sein?« Ihr Herz machte einen freudigen Hüpfer und sie nickte zaghaft. »Ja«.   Ende   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)