Wie Tanzen auf dem Vulkan von lady_j (Ein Advents-Zweiteiler für den Adventskalender des YuKa-Zirkels) ================================================================================ Kapitel 2: 23. Dezember ----------------------- 23. Dezember Er hatte Oleg Vitaljewitsch erzählt, dass er ein Mädchen in Wladiwostok habe. Damit lag er – immerhin! – nur ca. 1000km und ein paar Pronomina daneben. Yuriy war pragmatisch, er passte seine Wortwahl an, wenn es ihn schneller ans Ziel brachte. Sein Chef hatte vollstes Verständnis gezeigt und ihm eine Woche frei gegeben, damit er Neujahr bei seinem „Mädchen in Wladiwostok” verbringen konnte. „Ich kann es nicht glauben“, sagte Boris zum wiederholten Male. „Ich kann nicht glauben, dass du für einen Stich um die halbe Welt reist!“ Yuriy packte unbeirrt weiter seinen Koffer. Dabei musste er sich wohl oder übel immer wieder an Boris vorbeidrängen, der sich auf seinem Bett breit gemacht hatte. Seine Beine ragten weit in den Raum hinein. „Kai hat im Sommer das gleiche für mich gemacht“, erinnerte er ihn. „Ja, und das verstehe ich auch!“, entgegnete Boris. „Natürlich kommen die Leute über tausende Kilometer zu dir gekrochen. Anders will ich es auch gar nicht für dich! Aber du musst dir das doch nicht antun. Warum zur Hölle gibst du so viel Geld aus, nur um Hiwatari zu knallen?“ „Du würdest keine Fragen mehr stellen, wenn du wüsstest, wie es ist, Kai zu knallen“, murmelte Yuriy. Dabei war das bei weitem nicht der einzige Grund. Wenn es bei Kai und ihm nur um Sex ginge, dann hätten sie niemals so lange durchgehalten. Nicht mit dieser Entfernung zwischen ihnen. Sie würden beide leicht neue Bettgefährten finden, also warum sich die Mühe machen? Aber da war eben noch mehr. Bei Kai bekam Yuriy all die verrückten Gefühle, die er vorher immer abgetan hatte. Sie brachten seinen gesamten Alltag durcheinander. Er hing nicht mehr jeden Abend mit Boris und den anderen ab, denn alle paar Tage war seine Zeit für Kai reserviert. Außerdem war sein Handy, das er früher nie benutzt hatte, zu einem der wichtigsten Gegenstände in seinem Besitz geworden. Sein Team war natürlich mäßig begeistert von dieser Entwicklung, aber inzwischen hatten sich die Gemüter so weit abgekühlt, dass aus den scharfen Sprüchen derbe Witze geworden waren. Es hatte sie, so glaubte Yuriy, beeindruckt, dass Kai nach Russland gekommen war, weil er ihn vermisst hatte. Wie immer hatte Kai versucht, sich bedeckt zu halten, aber nach spätestens einem Tag war klar gewesen, dass er gefühlsmäßig komplett neben sich stand. Und Yuriy war es nicht anders gegangen. Was als Flirt während der Beyblade-Turniere begonnen hatte, war erschreckend plötzlich erschreckend intensiv geworden. Nicht, dass Yuriy sich beschweren würde. Er war verrückt nach Kai. „Wann habt ihr eigentlich damit angefangen?“, fragte Boris. „Es miteinander zu treiben, meine ich. War das im Sommer, oder schon vorher?“ Yuriy runzelte die Stirn. Wollte Boris das wirklich so genau wissen? Nun, vielleicht war das seine Art, ihm zu zeigen, dass er versuchte, sich mit der Sache zu arrangieren. „Vorher“, sagte er knapp, und Boris' Mimik nach zu urteilen hatte er nicht mit so einer Antwort gerechnet. „Will ich wissen, wie ihr das geschafft habt?“ „Lass es mich so sagen…“ Yuriy stopfte die letzten Kleidungsstücke in den Koffer und zog den Reißverschluss zu. „Es gibt während der Turniere sehr viele Möglichkeiten, für ein paar Minuten zu verschwinden. Und viele Ecken, in denen man ungestört ist.“ Hotelzimmer am Nachmittag beispielsweise, wenn alle anderen beim Training waren. Oder Umkleiden, spät am Abend, wenn die anderen längst nicht mehr trainierten. Und zu guter Letzt… Whirlpools in der Nacht. Kai hatte Whirlpools für immer für ihn ruiniert. Er würde nie wieder in einem sitzen können, ohne automatisch an Sex zu denken. „Heilige Scheiße“, murmelte Boris. „Ihr seid echt komplett verloren.“ „Warst du nicht immer derjenige, der nicht müde wurde, mir zu sagen, ich solle mir endlich, ich zitiere, die Hörner abstoßen?“, fragte Yuriy spitz. Boris fuhr sich durch die Haare und ließ sich neben dem Koffer auf das Bett sinken. „Ja“, sagte er zur Decke. „Ich hab mir Sorgen gemacht, Yura! Du hast dich nie für sowas interessiert! Ich meine, wer weiß, am Ende wäre irgendeines von Volkovs Experimenten daran schuld gewesen. Davor hatte ich Angst! Ich wollte nicht, dass du leidest. Deswegen dachte ich, ich schiebe dich in die richtige Richtung. Hätte ja niemand ahnen können, dass du einfach nur ein Spätzünder bist. Ausgerechnet du! Und ausgerechnet bei Hiwatari gehst du steil!“ Yuriy verdrehte die Augen. Boris mochte recht haben, er hatte selten Interesse an anderen Menschen gezeigt. Aber das lag eher an den Menschen, nicht an seiner Libido. Er war keineswegs ein Spätzünder, er hatte sein Liebesleben nur nie mit den anderen auswerten wollen. Auch mit Boris nicht. Was der nicht wusste, sich aber langsam denken sollte, war, dass Kai bei weitem nicht der Erste für Yuriy war. Wohl aber der erste, mit dem es ihm ernst war. Kai machte etwas mit ihm, etwas, das nicht damit zu erklären war, dass sie sich seit der Kindheit kannten und es Yuriy nicht schwerfiel, an diese Komplizenschaft aus jungen Jahren anzuknüpfen. Wenn es nur das wäre, könnten sie nichts als Freunde und Teampartner sein. Doch Kai löste in ihm noch ganz andere Gefühle aus. Solche, die deutlich körperlicher waren. Kai musste ihn nur einmal ansehen – aus diesen dunklen Augen, mit dieser leichten Arroganz – und Yuriys Haut begann zu prickeln. Dass Kai ansonsten so abwehrend auf andere reagierte, machte es umso aufregender. Wann immer Kai sich an ihn presste, mehr Kontakt zwischen ihnen forderte, fühlte es sich an, als hätte Yuriy etwas Wildes gezähmt. Und wenn Kai in seinen Händen zerfloss, wenn sich seine Muskeln unter Yuriys Lippen anspannten und wieder geschmeidig wurden, dann vergaß er alles. Wirklich alles. Er schaffte es sonst selten, seinen Kopf komplett abzuschalten. „Also schön.“ Ächzend setzte Boris sich auf. „Ich kann dich ja doch nicht davon abhalten, nach Japan zu fliegen. Hast du genug Kondome dabei?“ „Es gibt auch in Japan Kondome…“, antwortete Yuriy und dachte kurz an die Packung, die er vorhin eingesteckt hatte. „Ja, aber die haben doch bestimmt nicht die richtige Größe! Nachher quetschst du dir was ab!“ Yuriy schnaubte. „Es ehrt mich, dass du mich für so gut bestückt hältst“, sagte er. „Aber was auch immer du für Vorstellungen von japanischen Männern hast, meiner Erfahrung nach bestätigen sie sich nicht.“ „Oha. Dann hat Hiwatari doch was vorzuweisen? Ich meine, ich habe ihn nackt gesehen, es war nicht sonderlich beeindruckend…“ „Boris.“ Yuriy lächelte ihn liebenswürdig an. „Halt einfach mal deine Fresse, ja?!“ Yuriy flog über Nacht. Direkt nach der Arbeit fuhr er zum Flughafen, um dann neun Stunden später, am Morgen des dreiundzwanzigsten Dezembers, in Tokio zu landen. Er war so müde, dass er Kai erst bemerkte, als der in der Empfangshalle auf einmal direkt vor ihm stand. Und selbst dann kam er ihm vor wie eine Halluzination. Doch Kai schien es genauso zu gehen, denn für einen Moment blieb er stumm und sah ihn nur an. „Du bist hier”, stellte er dann fest. Diese Worte ließen auch Yuriy realisieren, wo er sich befand. Am anderen Ende der Welt, ja, aber weniger als dreißig Zentimeter von Kai entfernt. „Kaum zu glauben, oder?“, scherzte er, und endlich lächelte Kai. Er griff nach Yuriys Koffer und nickte in Richtung des Ausgangs. „Das Auto wartet.“ Das Auto hatte getönte Scheiben und wurde von einem eigenen Fahrer gelenkt, der, laut Kai, kein Wort Russisch verstand. Das machte die Situation wesentlich leichter. Sie waren noch nicht lange unterwegs, als Yuriy spürte, wie Kai die Hand über die mit Leder bezogenen Sitzpolster gleiten ließ und nach seiner griff. Er drückte sie kurz und drehte den Kopf, um Kai anzusehen. Am liebsten hätte er sich zu ihm gebeugt und ihn geküsst, aber er ahnte, dass das in Anwesenheit anderer Leute gerade nicht drin war. Er war sich nicht einmal sicher, wer in Kais Umfeld überhaupt von ihnen wusste. „Ich werde also ernsthaft deine Mutter kennenlernen?“, fragte er. „Ja, aber nicht heute“, sagte Kai. „Sie hat ein Date und bleibt über Nacht in Tokio. Soichiro ist auch nicht da, wenn das deine nächste Frage ist.“ Yuriy atmete auf. Er wusste nicht, wie er auf Kais Großvater reagieren würde. Die alte Angst vor ihm war nie ganz verschwunden. Andererseits bereitete es ihm Genugtuung, dass Kai und er trotz allem zusammengefunden hatten. „Ich habe aber noch eine schlechte Nachricht“, fuhr Kai fort. „Ich – also, wir – sind zu einem Weihnachtsessen eingeladen. Mit Takao und Hiromi. Das hat sich irgendwie in den letzten Jahren so ergeben. Also, ich meine, wir machen das jedes Jahr.“ „Ich sehe daran nichts Schlechtes“, stellte Yuriy fest. „Wissen sie denn Bescheid?“ „Über uns?“ Kai lachte. „Nein.“ „Oh.“ Na, das würde noch spannend werden. Der Fahrer ließ sie vor dem Eingang eines großen Herrenhauses aussteigen. Yuriy war auf diesen Anblick vorbereitet. Kai hatte ihm über die Zeit viele Einblicke in seinen Alltag gegeben. Hätte er vorher nicht gewusst, was ihn hier erwartete, wäre er genau jetzt umgekehrt und auf direktem Weg zurück nach Moskau geflogen. So aber betrat Yuriy das Haus und sah sich neugierig um. Es war still. Ihre Schritte halten nur deswegen nicht, weil der Marmorboden mit Teppichen belegt war. „Ist sonst noch jemand hier?“, fragte er. „Nein“, sagte Kai hinter ihm. „Wir sind allein.“ Yuriy drehte sich zu ihm um, und ihre Blicke begegneten sich. Mit einem Mal wurde ihm bewusst, wie viele Details er in Kais Gesicht ausmachen konnte, die er während ihrer Telefonate nicht sah. Seine Augen sahen auf dem Computerbildschirm immer schwarz aus, waren aber eigentlich dunkelbraun. Und sein Mund… Yuriy brachte den Gedanken über Kais Mund nicht zu Ende, denn in diesem Moment lösten sie sich gleichzeitig aus ihrer Starre und stürzten aufeinander zu. Yuriy zog Kais Kopf zu sich heran, damit er ihn küssen konnte und spürte schon Sekunden später, wie Kais Hände unter sein Shirt wanderten. Er wurde nach hinten gedrängt, machte einige blinde Schritte, dann zog Kai ihn hinter sich her, ohne ihren Kuss länger als eine Sekunde zu unterbrechen. Das Licht hinter seinen geschlossenen Lidern veränderte sich, und auf einmal fand er sich auf einem weichen Polster sitzend wieder, Kai über ihm, die Beine halb um ihn geschlungen, sein Hals auf genau der richtigen Höhe. Yuriy vergrub das Gesicht in seinem Kragen und hielt ihn an der Hüfte fest, damit er ja nicht auf die Idee kam, wieder von ihm abzurücken. Kai seufzte sehr nah an seinem Ohr, und der Laut schoss direkt in Yuriys Unterleib. Es tat gut, ihn wieder ungefiltert zu hören, ohne die unvermeidliche Verzerrung durch die Technik, seinen warmen Atem auf der Haut zu spüren. Yuriys Hände wanderten auf Kais Hintern, dann seinen Rücken hinauf, streiften dabei sein Shirt ab. Dann war da nur noch das Gefühl von seiner warmen Haut, von den sich anspannenden Muskeln. Er biss ihm in die Halsbeuge, nur, um ihm noch ein paar halb erstickte Geräusche zu entlocken. Kais Hände nestelten an seinem Gürtel und Yuriy reckte sich ihnen entgegen. Er sog scharf die Luft ein, als Kai seinem stummen Wunsch nachkam und fest über seinen Schritt strich. Kais Mund presste sich wieder auf seinen, weich und warm und bestimmt. Es war ein chaotischer, wilder Kuss, in den sie beide hineinstöhnten. Dann sprang Kai plötzlich auf, jedoch nur, um seine Jeans auszuziehen. Yuriy schnappte nach Luft, sein Blick hing kurz an Kais Oberkörper, an den Konturen, die sich unter seinen engen Shorts abzeichneten, und wanderte weiter durch den Raum, den er zum ersten Mal bewusst wahrnahm. Sie befanden sich in einem Wohnzimmer, auf einer ausladenden Sofalandschaft. Es gab keinen Fernseher, wohl aber einen Kamin. Gemusterte Tapete, Stuck an der Decke, Gemälde an den Wänden. Massivholz, Marmor, schwere Stoffe, goldene Details. Fuck, war das geil. Viel besser als Yuriys knarzendes Bettgestell. „Alles okay?“, fragte Kai, der wohl seinen Blick bemerkt hatte. Seine Wangen waren gerötet, sein Haar komplett zerwühlt. Yuriy konnte den Duft seiner Kleidung und seiner Haut immer noch an sich riechen. Nach so langer Zeit, in denen er nur auf das Sehen und Hören angewiesen war, überwältigten diese Eindrücke ihn fast. „Ja“, sagte er und hob das Becken an, um seine eigene Hose abzustreifen. „Komm her!“ Kai tat, wie ihm geheißen, und für die nächsten Minuten verschwamm Yuriys Wahrnehmung zu bunten Schlieren. Alles war unglaublich weich, die teuren Polster, Kais Haut, seine Lippen. Seine Hand zwängte sich zwischen ihre Körper, griff zu, und Yuriy stöhnte laut auf, warf den Kopf in den Nacken, kurz wurde die Zimmerdecke scharf, dann rollte er sich herum, zwängte Kai unter sich ein, der sich nur noch stärker gegen ihn bewegte und Geräusche von sich gab, die alle Gedanken in Yuriys Kopf auslöschen. Da waren nur noch Kais kürzer werdende, gepresste Atemzüge und das Brennen in seinem Körper, das immer mehr und mehr verlangte. Und dann, endlich – Erlösung, in einer Intensität, die er nicht erreichte, wenn er allein war. Die er vor Kai überhaupt nur sehr selten gespürt hatte. Yuriy schloss die Augen und ließ sich davontragen, bis die letzten Wellen in ihm verebbten. Erst dann konnte er wieder klar denken. Kai wand sich ein wenig unter ihm, und seine Berührungen schickten versprengte Vibrationen durch seinen Körper. Alles an ihm fühlte sich um ein Vielfaches sensibler an als sonst. „Yuriy…“, bat Kai leise, und er verstand. Er küsste ihn, schob die Hand zwischen seine Beine, und nur wenig später spannten sich Kais Muskeln ein letztes Mal an. Seine Hände krallten sich fast schmerzhaft in Yuriys Arme. Er konnte spüren, wie ein Schauer durch den Körper unter ihm lief, bevor Kai sich gegen ihn stemmte, damit er sich von ihm herunterrollte. Dann lagen sie schwer atmend nebeneinander, Taubheit im Kopf. „Willkommen in Japan“, sagte Kai. Yuriy lachte heiser. „Wie viele Zimmer hat dieses Haus?”, fragte er. „Zehn oder fünfzehn, glaube ich. Die Bäder nicht mitgerechnet.” „Das ist vielleicht zu schaffen.” „Was ist zu schaffen?” Er grinste. „Es in jedem Zimmer mindestens einmal zu treiben.” Kai lachte ungläubig, aber er wirkte nicht so, als wäre er komplett gegen diese Idee. „Das fängt schon wieder so an wie im Sommer“, stellte er fest. Yuriy brummte bestätigend. Er hob den Arm, um nachlässig Kais Schulter zu streicheln. Kai wandte ihm den Kopf zu. Für eine ganze Weile sahen sie sich in die Augen, und Yuriy wusste nicht, ob das Brodeln in seinem Bauch seine erneut aufflammende Libido war oder doch etwas tiefgründigeres. Es war eine verdammt gute Entscheidung gewesen, hierher zu kommen. Am nächsten Morgen fühlte Yuriys Körper sich komplett zerschunden an. Er war sich nicht ganz sicher, ob es am Flug lag (denn Flugzeugsitze waren nicht für Personen mit seiner Größe gemacht) oder an der Tatsache, dass Kai und er quasi zwanzig Stunden lang die Hände (und sämtliche andere Glieder) nicht voneinander hatten lassen können. Jetzt lag er in Kais Bett im zweiten Stock des Herrenhauses. Kaltes Licht fiel durch das Fenster, schaffte es aber nicht, den Raum vollständig zu erhellen. Es war vollkommen still. Keine Nachbarn, deren Schritte er durch die Decke hörte. Kein Straßenlärm. Nicht einmal Kai gab ein Geräusch von sich, sondern lag regungslos neben ihm und schlief. Yuriy drehte sich auf die Seite, um ihn anzusehen. Er wunderte sich über die Leere in seinem Kopf. Normalerweise war sein Gehirn damit beschäftigt, immer mindestens drei Schritte vorauszudenken. Doch das war hier nicht nötig. Kai hatte die Führung übernommen. Yuriy musste sich nur an ihn halten. Und sich an seiner Anwesenheit erfreuen. Wenn Kai bei ihm war, konnte er besser schlafen. Auch Boris hatte diese beruhigende Wirkung auf ihn, aber ihre Beziehung hatte sich verändert, je älter sie geworden waren. Boris war eine stetige Präsenz in seinem Leben, die ihn erdete, ihm Halt gab. Die Berührungen zwischen ihnen waren flüchtig, bestätigend. Es kam jetzt seltener vor, dass Yuriy eine von Boris' bärenhaften Umarmungen bekam. Diese waren durch Kais ersetzt worden, die zwar nicht bärenhaft, aber deswegen nicht weniger fest waren. Die Borgs waren wie ein Rudel Wölfe, sie beschützen sich gegenseitig, aber Kai befand sich außerhalb dieser Dynamik. Kai brauchte nur Yuriy, die anderen nahm er hin. Er gab ihm das Gefühl, dass er ihn mit niemandem teilen musste. Es war ein egoistisches Gefühl, aber nach einem Leben als Wolf unter Wölfen war es schön, etwas zu haben, das nur ihm gehörte. Yuriy wartete eine Weile, beobachtete, wie Kai atmete, doch weder wachte Kai auf noch wurde er selbst wieder schläfrig. Womöglich hatte er einen Jetlag. Irgendwann schlüpfte er aus dem Bett. Die Küche würde er sicher wiederfinden, sie befand sich im Erdgeschoss des weitläufigen Hauses und war sicher nicht zu verfehlen. Und so groß, wie sie war, fand er dort bestimmt auch Tee. Er warf noch einen Blick zurück aufs Bett, doch Kai hatte von der Bewegung neben sich nichts gemerkt. Auf dem Nachttisch neben ihm lag eine eilig aufgerissene Packung Kondome und eine Tube Gleitgel. Yuriy konnte nicht verhindern, dass sich ein selbstgefälliges Lächeln auf seine Lippen schlich. Wenn Kai so fest schlief, hatte er wohl gute Arbeit geleistet. Er zog sich eine Hose und ein Shirt über, dann verließ er leise das Zimmer. Wie schon am Vortag lagen die Flure des Hauses verlassen vor ihm. Hier und da blieb er stehen, um Gemälde zu betrachten. Er kam sich beinahe vor, wie in einem Museum, und war auf einmal froh darüber, dass Kais Zimmer weit weniger protzig war als der Rest des Hauses. Es musste einfach einen Raum geben, in dem er sich von dem Reichtum erholen konnte. Wahrscheinlich war das auch Kais Gedanke gewesen. Schließlich fand er die Küche, allerdings nur, weil die Tür offenstand und er einen Blick auf die Arbeitsfläche aus Granit und die hellen Schrankfronten erhaschte. Die Schubladen und Türen öffneten und schlossen sich lautlos, als er sie nach Tassen durchsuchte. In der Ecke stand ein chromfarbenes Ungetüm von Maschine, das wohl ein Kaffeeautomat war. Er blickte sich langsam um, fragte sich, wo er hier wohl Teebeutel finden würde. „Guten Morgen“, sagte jemand hinter ihm auf Englisch. Yuriy fuhr herum. Im Türrahmen stand eine Frau, klein, modisch kurzes, dunkles Haar. Kais Augen. „Guten Morgen“, sagte er. „Miss Hiwatari?“ „Du kannst mich Misaki nennen.“ Sie hielt ihm die Hand hin, damit er sie schüttelte. Wie europäisch. „Yuriy“, sagte er. „Ich weiß. Als Kai in der Abtei war, durfte ich ihn ein-, zweimal besuchen. Da habe ich dich und die anderen gesehen. Du wirst dich nicht erinnern.“ „Nein“, sagte Yuriy ehrlich. Er wusste nicht recht, was er darauf erwidern sollte. Außerdem war das hier eine neue Situation für ihn: Er stand in Schlabberklamotten und übernächtigt vor der Mutter des Mannes, den er die halbe Nacht… Er musste sich räuspern. Misaki schienen Gedanken dieser Art nicht zu plagen. Sie deutete auf seine Tasse. „Kaffee oder Tee?“ „Tee, bitte.“ Sie nickte, nahm ihm die Tasse ab und machte sich an der Maschine zu schaffen. Mit wachsendem Unglauben sah Yuriy zu, wie sie den Chromrohren heißes Wasser für schwarzen Tee entlockte und danach einen Espresso für sich selbst. Hinter einer der weißen Fronten kam ein Kühlschrank zum Vorschein, aus dem sie Milch und einen Teller mit Zitronenscheiben nahm. Dann wies sie einladend auf die Kücheninsel, damit er sich auf einen der Barhocker setzte. Sie hielten Smalltalk auf Englisch, während sie tranken. Yuriy fand, dass Misaki weit weniger in das Herrenhaus hineinpasste als Kai. Sie war eher der Typ Stadtwohnung: jung (auffallend jung für ein Kind in Kais Alter, aber das war Yuriys eigene Mutter auch), stilsicher (sie trug einen weit geschnittenen Hausanzug aus Leinen, mit dem sie wahrscheinlich auch in einer Boutique nicht aus dem Rahmen gefallen wäre), selbstbewusst. Und unterhaltsam. Yuriy fand es erstaunlich leicht, mit ihr zu reden, auch wenn es ihn jedes Mal verwirrte, wenn er etwas an ihr bemerkte, dass er genauso von Kai kannte: ein Lächeln, eine Kopfbewegung, ein Blick. Er fragte sich, warum Kai so wenig von seiner Mutter sprach, wenn es doch offensichtlich war, welchen Einfluss sie auf ihn hatte. Vielleicht hatten sie beide, Misaki und Kai, seine Jahre in der Abtei noch nicht überwunden. Es war eine Sache, die Abtei im Gespräch zu erwähnen, als wäre nichts dabei. Eine andere, sich wirklich auszusöhnen. Kai, so viel wusste Yuriy, war noch immer tief verletzt von dem, was seine Familie ihm angetan hatte. Misaki musste es ähnlich gehen. Auch sie hatte das alles nicht gewollt. Sie konnte es nur jetzt besser machen. Yuriy respektierte das. Er war nicht in einer Position, den Hiwataris Vorwürfe zu machen. Die Beziehung zu seiner eigenen Mutter war noch immer mehr als holprig. „Also“, sagte Misaki auf einmal und fixierte ihn mit einem Blick, der gleichzeitig freundlich und intensiv war. „Wie lange läuft das mit Kai und dir denn schon?“ Oh Gott. Kai hatte ihm eingeschärft, dass er ihm das Reden überlassen sollte, wenn jemand solche Fragen stellte, aber jetzt war Kai nicht da. Und Misaki sollte doch noch gar nichts von ihnen wissen! „Ich glaube, das verstehst du falsch“, versuchte er es. „Kai und ich, wir sind nicht…“ „Yuriy.“ Ihr Ton war zum ersten Mal wirklich mütterlich. Es passte irgendwie gar nicht zu ihr. „Ich kenne meinen Sohn. Ich weiß, wann er verliebt ist, auch wenn er nie etwas sagt, geschweige denn mir jemals jemanden vorgestellt hat.“ Sie lächelte. „Denkst du, ich habe mir nichts dabei gedacht, als er auf einmal nach Russland durchgebrannt ist? Seitdem ist er immer müde, als wäre er die halbe Nacht wach. Hängt ständig an seinem Handy. Und dann lädt er dich hierher ein. Hierher! Kai hat noch nie jemanden hier übernachten lassen, nicht einmal Takao.“ Sie zog vielsagend die Augenbrauen hoch und trank einen Schluck aus ihrer Tasse. Yuriy seufzte. Dann war ja alles klar. Es war Kais eigene Schuld, wenn er den Mund nicht aufbekam. Da Misaki sowieso schon alles wusste, musste er jetzt zumindest keine Lügen mehr auftischen. „Es hat eigentlich schon beim letzten Turnier angefangen”, sagte er. Jedenfalls war das der Zeitpunkt gewesen, an dem er sich getraut hatte, selbst etwas zu initiieren. „Kai hätte niemals den ersten Schritt gemacht. Nicht bei mir.” „Sag bloß?!” Misaki lachte. „Mein Sohn? Schüchtern?” „So klein mit Hut”, sagte Yuriy grinsend und deutete die Größe zwischen Daumen und Zeigefinger an. „Es hat mich auch ein wenig gewundert. Er wusste, dass ich auch auf Männer stehe. Aber vielleicht dachte er, dass ich nur freundschaftliche Gefühle für ihn habe.” Kais Talent, die Wahrheit nicht einmal dann zu erkennen, wenn sie ihm ins Gesicht sprang, nur, weil er sie selbst nicht akzeptieren wollte, war wirklich unglaublich. Yuriy war richtiggehend die Wände hochgegangen, bevor er seinen Move gewagt hatte. Er hatte quasi nichts mehr von dem gehört, was Kai zu ihm gesagt hatte, weil er zu beschäftigt damit gewesen war, ihm auf den Mund zu starren. Und Boris hatte ihn mehr als einmal daran erinnern müssen, dass er Kais Hintern nicht allzu offensichtlich auschecken sollte, wenn er wollte, dass ihn die Leute weiterhin ernst nahmen. Kai mit seinen Gefühlen zu konfrontieren war zwangsläufig der einzige Ausweg gewesen. Ansonsten hätten sie das Turnier und Yuriy seinen Verstand verloren. Er war nicht gut darin, seinen Emotionen Ausdruck zu verleihen, und Kai war weiß Gott nicht gut darin, angemessen auf ein Liebesgeständnis zu reagieren. Yuriy hatte ernsthaft mit einer Faust in seinem Gesicht gerechnet. Doch die Hände hatten an seinem Kragen Halt gemacht, hatten ihn heruntergezogen, und alles, was in seinem Gesicht gelandet war, waren Kais Lippen gewesen. „Lästert ihr über mich?” Yuriy hob den Kopf. Kai war in der Küche aufgetaucht. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, seine Haare zu richten, und trug ebenfalls nur Sweatpants und einen weiten Pullover. Er schlurfte zu Misaki, um ihr einen Wangenkuss zu geben, und dann weiter zur Kaffeemaschine. Während diese zu zischen begann, grinsten Misaki und Yuriy sich noch einmal verschwörerisch an. „Sollen wir heute Abend zusammen essen?”, sagte Misaki laut. „Ich könnte Sushi mitbringen.” Kai blickte über die Schulter zurück zu ihnen. Sein Blick wanderte von Yuriy zu seiner Mutter, dann nickte er. „Okay, meinetwegen.” Eine Woche war viel zu wenig Zeit. Das wurde Yuriy schmerzlich bewusst, als er bemerkte, wie schön es war, neben Kai aufzuwachen. Auch das war vorher nicht so gewesen. In Anwesenheit seines Teams hatte es sich komisch angefühlt, mit Kai allein zu sein. Weil Kai in seiner Welt ein Fremdkörper gewesen war. Hier aber sahen sie, abgesehen von Misaki, für zwei, drei Tage keine andere Menschenseele. „Verbringst du eigentlich viel Zeit allein?”, fragte Yuriy. Er stand vor dem goldgerahmten Spiegel im Badezimmer und knöpfte sein Hemd zu, während Kai sich noch die Zähne putzte. Sie würden gleich Takao und Hiromi für das Weihnachtsessen treffen. Kai beugte sich vor und spülte den Mund aus, bevor er antwortete. „Ich brauche viel Zeit für mich, vor allem nach der Arbeit bei Hiwatari Enterprises”, sagte er. „Aber normalerweise treffe ich die anderen fast jeden zweiten Tag.” „Heißt das, ich nehme dich ihnen weg?” Kai schmunzelte. „Sie haben tatsächlich schon gefragt, was wir die ganze Zeit machen”, antwortete er. „Aber wenn ich ihnen das mit uns heute erkläre, werden sie es verstehen.” Sie sagten immer: Das mit uns. Nie: Wir sind zusammen. Oder: Er ist mein Freund. Dabei benutzten sie sogar schon Kosenamen, manchmal jedenfalls, und eigentlich immer halb im Scherz. Aber sie benutzten sie. Dennoch wusste Yuriy nicht, ob er Kai als seinen Freund bezeichnen wollte. Das Wort kam mit so vielen Erwartungen und Verpflichtungen, die nur schwer einzuhalten waren, wenn sie tausende Kilometer voneinander getrennt waren. Er dachte öfter daran, dass Kai jemand anderes finden könnte. Nie umgekehrt. „Sollen wir los?”, fragte Kai in diesem Moment. Er sah ihn aufmerksam an, in der Frage steckte mehr als er sagte. „Ja”, antwortete Yuriy. „Ja, lass uns gehen.” Yuriy hatte Takao noch nie ohne sein Cappi gesehen. Das fiel ihm erst auf, als der andere mit unbedecktem Kopf erschien. Andererseits waren sie sich auch noch nie außerhalb der Turniere begegnet. Wahrscheinlich war er in seinem blauen Hemd ein genauso ungewohnter Anblick. Wenn dem so war, so ließen weder Takao noch Hiromi es sich anmerken. Beide strahlten ihn an, als hätten sie sich nicht vor mehr als einem Jahr, sondern erst gestern gesehen. „So schön, dich zu sehen, Mann!”, sagte Takao, der dabei sehr nach Max klang, und legte ihm kurz die Hand auf den Arm. Hiromi schien nicht erpicht auf Berührungen, also wahrten sie Abstand, was aber die Herzlichkeit, die Yuriy entgegenschlug, nicht abmilderte. Anschließend drängte Kai sie, das Restaurant zu betreten. Es war eines von denen, in denen Grillplatten in die Tische eingelassen waren. Der Raum war voll, beinahe alle Plätze waren belegt. Rauchschwaden hingen in der Luft, bevor sie von großen Lüftungstrichtern eingesogen wurden. Es roch nach gebratenem Fleisch. Sie wurden an einen kleinen Tisch im hinteren Teil des Restaurants geführt. Hiromi warf einen kurzen Blick auf die Karte und schlug dann vor, einfach eine Auswahl zu bestellen, damit sie nicht lange überlegen mussten. Dazu orderten sie Bier und Sake. Erst nach dem Anstoßen, als sich die erste Aufregung legte und Yuriy seine Umgebung genauer betrachtete, bemerkte er die Weihnachtsdekoration. Hier und da waren Girlanden um die Möbel gewickelt. An den Fenstern hingen kleine Abziehbildchen von kugelrunden Weihnachtsmännern. Und im Hintergrund dudelte Weihnachtsmusik. „Ich wusste nicht, dass Weihnachten hier so eine große Sache ist”, stellte er fest. „Viele finden es total romantisch”, erklärte Hiromi. „Es ist hier weniger ein Familienfest, sondern ein guter Grund, auf Dates zu gehen.” Ihre Augen wanderten kurz von Yuriy zu Kai, doch dieser verzog keine Miene. Yuriy konnte nicht verhindern, dass seine Augenbrauen nach oben zuckten. Was für ein Spiel trieb Kai hier? Es wäre alles einfacher, wenn er einfach die Fakten auf den Tisch legen würde. Aber wie immer schien es, als hätte er seine Zunge verschluckt. Yuriy war erstaunt darüber, wie Hiromi, Takao und Kai miteinander umgingen. Takao riss das Gespräch an sich, doch er sorgte regelmäßig dafür, dass Kai sich beteiligte und nicht die ganze Zeit schweigend in seiner Ecke saß. Hiromi stand Takao in Sachen Redseligkeit in nichts nach, aber sie hatte zusätzlich das Talent, die Menschen aus der Reserve zu locken. Yuriy erwischte sich dabei, wie er ihr, ohne groß darüber nachzudenken, von seinem Job, dem Studium und dem Zusammenleben mit seinem Team erzählte. Er fühlte sich wohl in dieser Gesellschaft. Und es war schön, zu sehen, dass auch Kai Menschen um sich hatte, die ein bisschen auf ihn Acht gaben. Nach dem ersten Bier und zwei Gläsern Sake lockerte sich die Stimmung merklich. Yuriy spürte, wie Kai sich zumindest körperlich entspannte. Da sie zu zweit auf der schmalen Bank saßen, berührten sich ihre Arme. Haltversprechend. Ab und an warf er ihm kurze Blicke zu, und manchmal erwiderte Kai sie. Mit der Zeit wurde das Lächeln, das er ihm schenkte, weniger verkrampft. Als Takao zur Toilette ging und Hiromi sich kurz entschuldigte, weil sie ein paar anscheinend sehr wichtige Nachrichten in irgendwelchen Chats schreiben musste, lehnte Kai sich zurück und seufzte. „Ich brauche viel mehr Sake, um dieses Essen zu überstehen”, murmelte er auf Russisch. In diesem Moment begriff Yuriy, was los war. Kai war nervös. Er wollte Takao und Hiromi von ihrer Beziehung erzählen, aber er wusste nicht, wie. Natürlich wusste er das nicht. Er war Kai, er konnte nicht aus seiner Haut. Yuriy sah kurz zu Hiromi, doch diese schien noch immer vertieft in ihren Chat zu sein. Unauffällig ließ er seine Hand über das Sitzpolster wandern und drückte kurz Kais Oberschenkel. Kai hob den Blick und sah ihn dankbar an, dann setzte er sich wieder gerade hin. „Ich werde auch mal kurz auf die Toilette gehen”, verkündete er und erhob sich. Yuriy blickte ihm nach, beobachtete, wie er verhalten seine Hände an der Hose abwischte. Sobald Kai verschwunden war, legte Hiromi das Handy zur Seite. „Okay, Yuriy, raus mit der Sprache”, sagte sie, und ihr Ton war weit weniger hell als noch vor ein paar Minuten. Das hier war keine höfliche Konversation, das hier war eine knallharte Befragung. Yuriy verschränkte die Hände auf dem Tisch. „Du weißt, dass Kai furchtbar verknallt in dich ist, oder?”, sagte Hiromi. Für eine Sekunde rührte Yuriy sich nicht, dann musste er lachen. „Hat er das so gesagt?”, fragte er. „Nein, aber come on, das sieht jeder, der ihn auch nur ein bisschen kennt.” Hiromi musterte ihn. „Und dich scheint es ja auch nicht zu überraschen.” Yuriy ließ den Blick über ihren Kopf hinweg wandern. Von Kai und Takao fehlte noch immer jede Spur. „Das überrascht mich nicht”, sagte er. „Und zwar, weil ich auch furchtbar verknallt in Kai bin. Und das weiß er längst.” Hiromi warf beide Hände in die Luft. „Danke für dieses Weihnachtswunder!”, sagte sie sehr theatralisch zum Lüfter über ihrem Tisch. „Takao und ich dachten schon, dass wir hier noch eine Verkupplungsaktion starten müssen!” „Wie hätte die denn ausgesehen?” „Oh, keine Ahnung! Takao war dafür, euch so lange einzusperren, bis Kai den Mund aufmacht. Meine Ideen waren etwas, hm, komplexer.” Sie griff nach ihrem Sakebecher, prostete ihm kurz zu und stürzte den Alkohol herunter. „Ich meine, wir wussten ja noch nicht, ob du Kais Gefühle überhaupt erwiderst, aber da du schon mal hier aufgetaucht bist, gab es eine reelle Chance… Naja, das hat sich ja jetzt geklärt.” Yuriy grinste. „Und gehe ich richtig in der Annahme, dass Kai und Takao gerade eine ähnliche Konversation auf der Toilette führen?”, fragte er. „Ja, aber natürlich viel männlicher”, sagte Hiromi. „Ich habe Takao eingeschärft, dass er Kai bloß nicht in die Ecke drängen soll, aber naja… Du kennst ihn.” Yuriy wusste nicht so genau, ob Hiromi Kai oder Takao mit dem letzten Satz meinte, aber beides funktionierte irgendwie. Nun war er aber gespannt, in welcher Stimmung Kai sein würde, wenn er wieder zurückkam. Er musste nicht lange warten. Takao und Kai tauchten gemeinsam wieder auf, und so, wie Takao ihn angrinste, wusste Yuriy, dass er Kai ein Geständnis hatte entlocken können. Kai hingegen wirkte, als wäre er gerade einen Marathon gelaufen. Er ließ sich neben ihn auf die Bank fallen und atmete tief aus. „Tut mir leid, dass ihr so lange warten musstet”, sagte er. Hiromi hob nur die Schultern und mimte Takaos Grinsen, und Yuriy legte wie beiläufig den Arm um Kai, damit er ihn ein wenig an sich drücken konnte. Erst jetzt fiel ihm auf, wie schön das war. Und wie viel Kraft es kostete, auf die Berührungen, die schon so normal zwischen ihnen geworden waren, zu verzichten. „Kai, was hab ich gesagt?” Takao blickte ihn tadelnd an. „Entspannen, das hab ich gesagt. Ich bestell noch mehr Sake, dann klappt das heute vielleicht noch…” Er sah sich nach dem Kellner um. Yuriy spürte, wie kleine Zuckungen durch Kais Körper liefen. Verwundert sah er ihn an, doch dieses Mal erwiderte Kai seinen Blick nicht. Stattdessen vergrub er ganz leicht das Gesicht an seiner Schulter, um sein Lachen zu ersticken. BeyBaes 12:33 Mao: Ich erbitte Updates. Rei sagt, er glaubt es erst, wenn er es sieht. Hiromi: Ich mache ein Foto, wenn sie sich küssen. Emily: Und ich denke immer noch, dass das nur eine Männerfreundschaft ist, die einfach ein paar komische Ausmaße hat. Hiromi: Ja, aber auch nur, weil du nicht jeden Tag siehst, was für ein Hot Mess™ Kai ist! 19:30 Hiromi: Alles klar, Mädels, Mission „Vollpfosten” startet jetzt! Mao: !!!!! Julia: Ich habe Popcorn. 19:45 Hiromi: Yuriy steht auf Kai. Definitiv. Die Blicke!! Mao: !!!!!!!! 19:55 Julia: Ich versuche hier, einen Weihnachtsfilm zu gucken, aber ich muss immer wieder aufs Handy gucken, weil ich Updates will! Wie läuft es?? Mao: Rei chattet mit Max. Max sagt, Kai steht auf Yuriy. Rei ist sehr verwirrt. Julia: Der Arme Mathilda: Was hab ich verpasst???? Mao: Kai und Yuriy! Mathilda: Oooh, gibt’s was Neues? 20:10 Hiromi: Omg! Mao: Was? Mathilda: Was? Julia: Was? Emily: Was? 20:15 Hiromi: Yuriy hat ohne Scheiß gerade die Hand auf Kais Bein gelegt. Sie denken, ich merke nichts, weil ich so tue, als würde ich mit euch chatten. Mao: xDDDDD Mathilda: Ich würd so gern zusammen mit dir Mäuschen spielen. Julia: Yuriy kann auch gern die Hand auf mein Bein legen, wenn ihr versteht, was ich meine. Er kann Kai mitbringen. The more the merrier. Emily: Julia! 20:20 Hiromi: Okay, Kai und Takao sind auf dem Klo, ich frage Yuriy jetzt einfach. Er wird mich nicht umbringen, oder? Julia: Glaube, der beißt nur, wenn du lieb fragst :3 Mathilda: Geh weg, Julia! xD 20:30 Hiromi: CONFIRMED! Mathilda: AAAAAAAAAAAYYYYYYYYYYYYYY!!!!!!! Mao: Ich hab somit die Wette gegen Rei gewonnen! Einen Monat Eis umsonst!!! Emily: I stand corrected. Hut ab vor unserer Undercover-Agentin Hiromi! Hiromi: Danke, danke, das wäre doch nicht nötig gewesen… Ich trinke jetzt einen Sake auf meinen Erfolg. Bis später! Hiromi out! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)