Monogatari von Harulein (Eine Geschichte der Uchiha-Familie) ================================================================================ Kapitel 7: [Itachi] Sasuke -------------------------- 1990 - 1991 Mama zog sich mit dem Test kurz ins Bad zurück, und währenddessen saß ich mit Papa in der Küche und wartete. Ich hatte länger nicht mehr so richtig über meinen Wunsch nach einem Geschwisterkind nachgedacht, und auf einmal sah es so aus, als erfüllte dieser Wunsch sich jetzt! „Itachi, du weißt sicher schon, wie ein Kind entsteht, oder?“, fragte Papa. Ich nickte. „Ja, schon lange.“ „Deine Mutter und ich haben immer mal wieder versucht, noch ein Kind zu zeugen, und vielleicht hat es jetzt mal geklappt. Freust du dich darüber?“ Und mit einem Mal, vielleicht weil es mir jetzt richtig klar wurde, dass ich wirklich ein Geschwisterkind bekommen würde, kamen mir ein wenig die Tränen, ich strahlte Papa an und antwortete: „Ja, sehr!“ Und dann, als ich an diesen Moment vor ein paar Jahren dachte, als ich Mama und Papa nachts gehört hatte, fragte ich: „Das ist schön, ein Kind zu zeugen, oder?“ Papa nickte. „Ja. Die Natur hat es so eingerichtet, dass es Spaß macht, und auch wenn nicht bei jedem Mal ein Kind entstehen kann, ja, es ist schön.“ Ich sah Papa an, und es war wieder einer der seltenen Momente, in denen ich hinter seine strenge Fassade blicken und ihn als den fühlenden Menschen, der er dahinter war, sehen konnte. Er liebte Mama und mich sehr, doch er zeigte das eben selten so deutlich wie hier gerade. In solchen Momenten, wenn er sich so offen zeigte, konnte ich ihm die Strenge, mit der er mich sonst für gewöhnlich behandelte, und seine Verschlossenheit verzeihen. „Irgendwann wirst du selbst eine Familie gründen, Itachi“, sagte Papa. „Du wirst eine Frau finden, sie heiraten und mit ihr Kinder haben.“ „Ja, vielleicht …“, sagte ich und dachte an die Mädchen, die ich kannte. Ob ich mich irgendwann in eine von ihnen verlieben würde? Im Moment sah es eigentlich nicht danach aus. Aber ich war ja auch erst neun Jahre alt. Einen Moment später kam Mama aus dem Bad zurück. Sie strahlte über das ganze Gesicht, umarmte Papa und mich und zeigte uns beiden den Test. Der kleine Papierstreifen hatte eine leuchtend blaue Farbe. „Blau heißt, es hat geklappt!“, erklärte Mama, umarmte Papa noch mal und küsste ihn. „Ich kriege also wirklich ein Geschwisterchen?“, fragte ich noch mal, obwohl es schon ganz klar war. Aber ich wollte Mama hören, wie sie „Ja“ sagte. Mama kniete sich vor mich hin, umarmte mich wieder, drückte mir einen Kuss auf die Stirn und sagte: „Ja. Wir bekommen noch ein Kind.“ Und da, als sie es so sagte, löste sich in mir etwas, ich war sonst selten überschwänglich, aber in diesem Moment freute ich mich so sehr, dass ich aufsprang, wie ein kleines Kind, und erst Mama, dann Papa um den Hals fiel. Ich war so glücklich, dass mein ganzer Körper kribbelte und ich schnell zur Treppe lief, einmal rauf und wieder runter, ganz schnell, und als ich wieder vor Mama stand, lachte sie. „So sehr freust du dich, mein Spatz?“, fragte sie und küsste mich aufs Haar. „Ja! Ich wünsch mir schon so lange einen Bruder!“ „Vielleicht wird’s auch ne Schwester?“, warf Papa ein. „Es wird ein Bruder, da bin ich mir ganz sicher!“ An diesem Tag war ich abends noch mit Shisui zusammen. Zuerst erzählte ich ihm nichts, wir hatten uns verabredet, um zusammen mit einem Buch über Feuerversteck-Jutsu zu lernen und dann ein bisschen zu trainieren. Aber er merkte recht bald, dass ich total kribbelig war, und fragte: „Sag mal, Itachi, ist irgendwas? Du hibbelst wie ein kleines Kind am Geburtstag!“ Ich errötete ein wenig, und dann brach es einfach aus mir raus: „Ich krieg einen kleinen Bruder!“ „Echt jetzt?“ „Ja! Mama kriegt ein Baby, und ich bin mir ganz sicher, dass es ein Junge wird!“ „Wow! Ja, dann ist es kein Wunder, dass du hibbelig bist“, sagte Shisui und lachte. „Du wünschst dir ja schon seit Ewigkeiten ein Geschwisterkind.“ Er grinste und sagte dann: „Bei meinen Eltern wird das wohl nichts mehr. Aber ich hab ja dich, du bist wie mein kleiner Bruder, und dann, wenn das Baby bei euch da ist, sind wir einfach drei Brüder.“ In dieser Nacht lag ich lange wach. Ich blickte an die Decke meines Zimmers und stellte mir vor, wie sich mein Leben verändern würde, wenn das Baby dann da war. Ich freute mich so sehr, dass mir hin und wieder sogar die Tränen kamen, und dachte mir schöne Sachen aus, die ich mit meinem kleinen Bruder erleben wollte. Das Gefühl, ein großer Bruder zu werden, machte mich so über alle Maßen glücklich, und ich schwor mir, der beste, liebste, fürsorglichste große Bruder zu werden, den Konoha Gakure je gesehen hatte. Die nächsten Monate sind mir als eine Zeit in Erinnerung geblieben, die meine Identität als Bruder formte. Ich unterstützte Mama überall, wo ich konnte, und oft lag ich mit ihr auf ihrem Bett oder auf der Couch, und ich durfte die Hand oder mein Ohr auf ihren Bauch legen, um das Kind darin zu spüren und zu hören. Ich begleitete meine Eltern auch manchmal zu den Untersuchungen bei der Frauenärztin, und so war ich auch dabei, als festgestellt wurde, dass das Kind tatsächlich ein Junge war. Einmal, da kam ich gerade von Oma Yonekos Teehaus zurück, da sah ich im Schaufenster eines Spielzeuggeschäftes eine Stofftier, das mich irgendwie ansprach. Es war ein grünes Echsenwesen, vielleicht ein kleiner Drache, und ich ging einfach in den Laden und kaufte es. Somit hatte ich ein Geburtsgeschenk für meinen kleinen Bruder, ich versteckte es zu Hause in meinem Schrank. Und meine Familie war nicht die einzige, in der ein Baby erwartet wurde: Kushina und Minato hatten ebenfalls mit der Familiengründung begonnen! Ein, zwei Monate nach Mamas positivem Schwangerschaftstest kam Kushina freudestrahlend zu uns nach Hause und erzählte, dass sie ebenfalls ein Kind erwartete. Unser Baby sollte im Juli kommen, Kushinas im Oktober, und so planten Mama und Kushina dann zusammen, wie sie ihre dann ja in etwa gleich alten Kinder gemeinsam erziehen wollten. Minato und Papa machten ebenfalls Pläne, es wurde über Patenschaft und solche Dinge gesprochen. Als dann herauskam, dass auch Kushina und Minato einen Jungen erwarteten, erzählte ich das Shisui, der daraufhin meinte: „Dann werden wir halt vier Brüder.“ Damals ahnte wirklich niemand, was noch geschehen würde, und dass aus dem gemeinsamen Aufziehen der erwarteten Kinder nicht viel werden würde … Aber dazu später mehr … Im sechsten Monat von Mamas Schwangerschaft fand in Oma Yonekos Haus eine Zeremonie statt, um, wie es in unserer Familie üblich war, den Namen des Kindes und die Schriftzeichen dafür durch ein Orakel bestimmen zu lassen. Auch ich hatte meinen Namen durch so eine Zeremonie erhalten. Das Orakel war eine sehr alte Frau aus den Bergen, die eigens für die Zeremonie gerufen wurde und ins Dorf kam, und dann mit verschiedenen Utensilien und durch ein spezielles Jutsu bestimmte, welchen Namen ein Kind bekommen sollte. In meiner Familie war das Tradition, und auch die Sennin und die Hyuuga nutzten meist das Orakel für die Namen ihrer Kinder. Mein eigener Name, Itachi, war wie gesagt auch durch dieses Orakel bestimmt worden, und die Zeichen, mit denen man ihn schrieb, hatten damals für einige Aufregung gesorgt, weil es sich um zwei Zeichen handelte, die gewissermaßen ein unheilvolles Omen darstellten: Das Zeichen für Schmerz und das für Blut waren in der Schriftrolle des Orakels erschienen, und ein Nicht-Beachten dieses Omens galt als Verbrechen am Orakel und als noch schlechteres Omen. Ich wurde also Itachi genannt und man schrieb meinen Namen mit diesen Zeichen, doch um das Ganze ein wenig zu mildern, erhielt ich als zweiten Vornamen den Namen meines Vaters Yoshio. Das Orakel war damit einverstanden, auch wenn zweite Vornamen eigentlich unüblich waren. Und jetzt, fast zehn Jahre später, hofften alle sehr auf einen glücklicheren Namen für meinen Bruder, es wurde gebetet, dass es ein schöner Name mit Zeichen, die Gutes bedeuteten, werden würde. Das Orakel erkundigte sich bei meinen Eltern und mir, ob inzwischen irgendetwas passiert sei, was durch das schlechte Omen meines Namens erklärbar gewesen wäre. Doch eigentlich war nichts von dem passiert, was sie vorausgesehen hätte. Die einzige Sache, die laut ihrer Ansicht einen Zusammenhang zu den Schriftzeichen meines Namens anzeigte, war meine hochsensible, für einen Ninja nicht gerade passende Art, und dass ich beim Erwachen meiner Sharingan blutige Tränen geweint hatte. Während der Zeremonie, die ungefähr eine Stunde dauerte, spürte ich, wie Mama neben mir immer aufgeregter wurde. Sie hatte die Hände auf ihrem Bauch liegen und atmete tief ein und aus. Ich sah sie an und legte meine Hände auf ihre. Dann schaute ich wieder zu der Schriftrolle, auf der Namen und Zeichen auftauchten und wieder verschwanden, und schließlich blieben zwei Zeichen zurück, die sich zusammensetzten. Das Orakel berührte die Zeichen, sie blieben an ihren Händen hängen, und dann verkündete sie, dass das Baby, mein kleiner Bruder, Sasuke heißen sollte, geschrieben mit den Zeichen „klein“ und „Helfer“, was eine sehr positive Bedeutung ergab. Papa erhob sich und fügte hinzu, dass auch mein Bruder einen zweiten Vornamen erhalten sollte: Ikuto, also die männliche Form von Mamas Namen Ikue. Ich sah wieder Mama an, sie wirkte sehr erleichtert. „Sasuke Ikuto also …“, sagte sie leise und bewegte die Hände auf ihrem Bauch. „Sasuke …“ „Ich find den Namen schön“, sagte ich zu ihr. Mama lächelte strahlend. „Ich auch.“ Es war Frühling und wurde Sommer, erst ging der Mai vorbei, dann der Juni, und Mama blieb mit der Zeit immer mehr zu Hause, sie pausierte ihre Arbeit im Krankenhaus und empfing nur noch Patienten in ihrer Praxis bei uns im Haus. Ende Juni war auch das vorbei, die Wärme des Sommers und die körperliche Beanspruchung durch die Schwangerschaft setzten ihr zu, und ich blieb auch zu Hause. Auf Missionen ging ich derzeit sowieso nicht, und an der Universität machte ich in dieser Zeit auch nicht viel. Sobald ich mein tägliches Pensum an Training und Lernen geschafft hatte, war ich nur noch für Mama da, versorgte sie mit Tee und kochte Essen für sie und Papa. Als ich an einem warmen Abend Anfang Juli mit Papa auf der Terrasse saß und wir gemeinsam das aßen, was ich gekocht hatte, sagte er: „Ich weiß nicht, ob ich es dir schon mal so gesagt habe, Itachi, aber … ich bin wirklich stolz auf dich. Und nicht nur, weil du ein so begabter Shinobi bist. Wie du Mama jetzt hilfst und sie unterstützt, das ist wirklich toll. Ich hatte ein wenig Sorge, dass andere dich deshalb für … mädchenhaft halten könnten, aber du machst das so gut, dass es mir egal geworden ist. Du machst deinen Weg wirklich gut, mein Sohn, und du wirst deinem Bruder ein hervorragendes Vorbild sein.“ „Ich freu mich so auf ihn …“, sagte ich leise. „Ich hab mir … immer schon einen kleinen Bruder gewünscht …“ Papa lächelte. „Bald wirst du ihn kennen lernen. Ihr werdet sicher ein gutes Team.“ In dem Moment hörten wir Mamas Stimme von oben aus dem Schlafzimmer: „Yoshio … Itachi …“ Ich sprang auf, rannte ins Haus und die Treppe rauf in Mamas Zimmer, sie lag auf dem Bett und sah aus, als ob sie Schmerzen hätte. „Mama? Alles okay?“, fragte ich. „Ich glaube … ja … Es sind nur … Übungswehen, der Termin ist doch erst zum 20. Juli …“, antwortete sie und keuchte vor Schmerz. Papa ging zu ihr hin und half ihr, sich anders hin zu legen, und es dauerte nicht lange, dann hatte sie sich wieder beruhigt und alles schien wieder okay. Als ich an diesem Abend in meinem Zimmer im Bett lag, dachte ich darüber nach, was es für Frauen bedeutete, Kinder zu bekommen. Es war etwas, das ich als Junge kaum verstehen konnte, aber ich hatte wirklich große Achtung vor Mama und allen anderen Frauen, die Kinder bekamen. Es war offensichtlich sehr schwer und nötigte mir größten Respekt ab. Wenn ich daran dachte, dass aus den Mädchen, mit denen ich befreundet war und meine Tage verbrachte, mit der Zeit Frauen wurden, die Kinder bekamen … Ich fand es wirklich bewundernswert. Es dauerte von diesem Abend an nicht mehr lange, bis Mama sich im Krankenhaus auf der Gynäkologischen Station anmeldete und dort blieb. Sie war sich über den Geburtstermin nicht ganz sicher und wollte zur Sicherheit lieber im Krankenhaus bleiben. Der geplante Termin war der 20. Juli, aber da ich selbst drei Tage zu früh geboren worden war, rechnete Mama damit, dass dieser Termin auch nicht ganz sicher war. Die Tage ab dem 18. Juli verbrachte ich in steigender Aufregung. Ich traf mich mit meinen Freundinnen, und auch mit Shisui, und allen, mit denen ich zu tun hatte, fiel auf, wie aufgeregt ich war. Inzwischen wusste das ganze Dorf, dass in meiner Familie ein Baby erwartet wurde, selbst viele der Zivilisten, zu denen auch meine Freundin Yuki mit ihrer Familie gehörte, sprachen mich auf der Straße an und fragten, wie es Mama ging. Es stand zwar nicht direkt in der Zeitung, war aber schon ein Teil des Dorfgespräches: Im Hauptzweig des Uchiha-Clans wurde ein zweiter Erbe erwartet! Um meine Aufregung irgendwie zu regulieren, bastelte ich eine Reihe von Geschenken und Talismanen, ich schrieb den Namen Sasuke Ikuto als Kalligrafie auf viele Blätter Papier und flocht diese in Stroh ein, und diese Talismane schickte ich mit der Post zum Feuertempel, damit sie gesegnet werden konnten. Als diese Talismane wieder zurück kamen und den Stempel des Feuertempels trugen, brachte ich sie zum Krankenhaus. Es war der 22. Juli, und Papa hatte sich Urlaub genommen, um den ganzen Tag bei Mama sein zu können. Oma Yoneko buchte eine Kutsche und Pferde für die Zeremonie, mit der Mama und das Baby vom Krankenhaus aus zu uns nach Hause zurück begleitet werden sollten. Es würde ein Festtag werden, genau wie damals bei meiner Geburt. In der ganzen Vorbereitung wurde mir die Aufregung einmal doch zu viel, und ich lief raus aus dem Dorf in den Wald. Ich rannte einfach los, um meine Energie loszuwerden, weil ich es sonst gar nicht mehr aushielt vor Kribbeligkeit. Und dabei fand ich etwas, das in dieser Situation wirklich sehr … unpassend kam: In einem Waldstück hinter dem Felsplateau entdeckte ich sehr eigenartige Spuren, die für den Laien wie gewöhnliche Kampfspuren aussahen, aber für mich mit meinem Sharingan war deutlich, dass sich hier kein Mensch herumgetrieben hatte. Es war mindestens eine Kreatur hier gewesen, und es sah fast aus, als hätte sich hier … ja, ein sehr mächtiges Wesen herumgetrieben. Es erinnerte mich an die Bilder von Bijuugeist-Spuren aus meinen Universitätsbüchern. Aber wer oder was auch immer hier gewesen war, es war ein intelligentes Wesen gewesen, das darauf geachtet hatte, keine groben Spuren zu hinterlassen. Oder … es gab noch etwas, das solche Spuren hinterließ: Es war keiner der neun Bijuu, sondern etwas, das mit ihnen verwandt war: Das Jubi, wobei es weniger ein „Es“ als eine Ansammlung von sehr besonderem Chakra war. Wenn man Chakra wie Blutgruppen klassifizierte und davon ausging, dass die meisten Wesen, die Chakra besaßen, entweder A, B, AB oder O hatten, dann war „Jubi“ quasi O Resus negativ, gewissermaßen ein Universal-Chakra. Jubi war nicht „intelligent“, jedenfalls nicht im menschlichen Verständnis. Es war auch kein zehnter Bijuu, auch wenn sein Name dies vermuten ließ. Und weil es so einzigartig war, gab es so gut wie keine sicheren Informationen darüber, wie man dieses Chakra überhaupt nutzen konnte. Dass es sich hier in der Nähe aufgehalten hatte, war kein gutes Zeichen. An sich war Jubi nicht gefährlich, es war sich seiner Macht nicht „bewusst“. Aber sein Auftauchen konnte auch das Auftauchen eines wirklichen Bijuu-Geistes bedeuten, und das war wirklich extrem gefährlich. Ich lief ins Dorf zurück und in die Uni, suchte in der verschlossenen Abteilung der Bibliothek nach dem einzigen mir bekannten Buch, das überhaupt das wenige Wissen über Jubi-Chakra enthielt, ich wusste, es gab so ein Buch … Aber es war verschwunden. Und ich hatte irgendwie, ich wusste nicht warum, den Verdacht, dass Madara es vor seinem Verschwinden mitgenommen hatte. Ich wusste nicht, ob und wem ich davon erzählen sollte. Jubi war für die meisten Leute nicht viel mehr als eine Legende, da kaum jemand es je gesehen und sein Aussehen bestätigt hatte. Aber dass auch ein echter Bijuu auftauchen würde, davor musste ich warnen, das war meldepflichtig und wirklich eine Gefahr. Ich lief in die Polizeistation, Papas gleichrangiger Kollege Shinji war da und ich erzählte ihm unter vier Augen von meiner Entdeckung. „Es ist richtig, dass du mir das erzählt hast, Itachi. Ich werde ein Spezialteam rausschicken, die werden sich das anschauen und feststellen, ob die Gefahr eines Bijuu-Angriffes besteht. Wir hatten das lange nicht, aber es ist nun mal bekannt, dass Konoha Gakure sich auf dem Grund und Boden befindet, der in früheren Zeiten dem Kyuubi als Territorium diente.“ „Ich hab keine Kyuubi-Spuren gesehen, nur Anzeichen von Jubi-Chakra.“ „Vielleicht haben wir auch noch etwas Zeit. Aber wir beobachten das. Kyuubi war lange nicht hier, und manchmal taucht er auf, um sein Land zurück zu fordern.“ Shinji schrieb etwas in eine Schriftrolle und verstaute diese vorn in seiner Uniform. Dann hob er die Hand und strich mir über den Kopf. „Mach dir keine Sorgen, Itachi. Wir haben so viele starke Leute, und wir haben Kyuubi bisher immer wieder in die Flucht geschlagen. Denk jetzt an deine Familie, deine Mutter bekommt ein Baby und dort solltest du jetzt hingehen.“ Auf dem Weg zum Krankenhaus traf ich Kushina. Sie war in ihrer Schwangerschaft ja noch nicht so weit wie Mama, und hatte Blumen dabei, um sie ihr zu bringen. Wir gingen zusammen hinein, und ich hatte das Gefühl, dass es Kushina irgendwie nicht so richtig gut ging. Vielleicht bereitete die Schwangerschaft ihr Probleme, oder es war die Sommerhitze, die ihr Kopfschmerzen machte …? „Ikue hat wirklich Glück mit dir, Itachi, du bist so ein liebes Kind“, sagte Kushina, sie blieb stehen, kniete sich kurz vor mich hin und reichte mir eine von den Blumen. „Hier, du kannst doch nicht mit leeren Händen zu deiner Mama gehen …“ Wir gingen zusammen hinein, Mama lag im Bett, Papa saß daneben. Mama hatte Schweißperlen auf der Stirn und sah aus, als hätte sie wieder Schmerzen. „Itachi …“, sprach sie mich an und lächelte matt. „Alles gut bei dir, Spatz?“ Ich nickte. „Wie geht’s dir, Mama?“ „Es geht langsam los. Ist ja auch schon über den Termin.“ Sie winkte mich zu sich, nahm meine Hand und legte sie auf ihren Bauch. Und ich spürte einen kräftigen Tritt gegen meine Handfläche. Es rührte mich, so sehr, dass mir die Tränen kamen. „Sasuke …“, dachte ich. „Bald bist du da.“ „Ich will hier bleiben“, sagte ich laut. „Kann ich auch hier übernachten? Wenn es sein muss, schlaf ich auf dem Flur auf einer Bank!“ Papa lachte. „Klar kannst du das. Du kannst aber auch ein Zimmer haben.“ „Ich kann sowieso nicht schlafen“, sagte ich. Und so blieb ich, als die Ärztin kam, Kushina wieder ging und Papa mich hinaus schickte, draußen auf dem Flur sitzen. In dieser Nacht schlief ich tatsächlich nicht. Ich saß die halbe Nacht auf dieser Bank auf dem Flur, und als aus dem Zimmer Laute drangen, die sich anhörten, als hätte Mama furchtbare Schmerzen, lief ich hinaus auf den Platz vor dem Krankenhaus, setzte mich dort hin und schaute mir die Sterne an, es war eine klare, warme Sommernacht. Das Fenster des Zimmers, in dem Mama lag, ging nach vorne raus, ich saß fast darunter, und irgendwann wurde es geöffnet und ich hörte Mama, wie sie schrie, und Papa, wie er ihr beistand, und eine andere Stimme, die der Hebamme. Und als ich schon woanders hingehen wollte, weil mir Mamas Schreie immer wieder durch Mark und Bein gingen, beugte sich Papa oben aus dem Fenster und rief nach mir: „Itachi! Komm her, es ist da!“ Ich sprang auf und rannte los. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals und ich rannte so schnell, dass ich völlig außer Atem nach vielen Fluren und zwei Treppen oben am Zimmer ankam und keuchend vor der Tür stehen blieb, die Papa in dem Moment öffnete, und ich stürzte ins Zimmer. Mama lag auf dem Bett, sie sah völlig fertig aus, das Kopfteil des Bettes war hochgezogen, sie lag im Kissen und hatte ein weißes Bündel im Arm, das schrie. Ich rannte zum Bett, und Mama hob das Bündel ein wenig an, so dass ich es sehen konnte. Ich hatte kaum je ein neu geborenes Baby gesehen, und ich war so aufgeregt! Eine winzig kleine Hand streckte sich mir entgegen, und ich hielt einfach meinen kleinen Finger hin, und als die Hand den Finger griff und fest hielt, sah ich zum ersten Mal das Gesicht meines kleinen Bruders: Er war noch ganz rot im Gesicht und hatte dichtes, tiefschwarzes Haar, das oben am Hinterkopf schon kleine Wirbel erkennen ließ. „Er ist so … süß!“, brachte ich endlich ein paar Worte heraus. Langsam kam ich wieder zu Atem und beruhigte mich ein wenig, ich berührte mit der anderen Hand die winzigen, roten Wangen, und das Baby, das mein kleiner Bruder war, blinzelte, sah mich an und lächelte. „Herzlich Willkommen, Sasuke!“, flüsterte ich. „Ich heiße Itachi, ich bin dein großer Bruder.“ Er wollte meinen Finger gar nicht mehr loslassen, und ich ließ ihn, weil es sich so schön anfühlte. Tatsächlich war ich noch viel glücklicher, als ich es mir die ganze Zeit hatte vorstellen können, und Mama und Papa sahen das natürlich. „Er ist so glücklich …“, sagte Mama leise zu Papa. „So sehr hat er sich einen Bruder gewünscht …“ Ich sah die beiden nicht an, mein Blick klebte fest an dem kleinen Gesicht und den winzigen Händchen und tiefschwarzen Haaren meines kleinen Bruders, und am liebsten wollte ich ihn selbst mal halten, doch ich traute mich nicht, jetzt danach zu fragen, und die Gelegenheit dazu würde ich sicher genug zu Hause haben. Sasuke hielt immer noch meinen Finger fest, und so hatte ich nur eine Hand frei, um ganz vorsichtig wieder seine winzigen Wangen zu berühren, und es übertraf einfach alles, was ich über die weiche Zartheit von Babyhaut gehört hatte. „Ich hab dich jetzt schon total lieb, Sasuke“, sagte ich und blieb noch ein bisschen so, weil er meinen Finger einfach nicht loslassen wollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)