Monogatari von Harulein (Eine Geschichte der Uchiha-Familie) ================================================================================ Kapitel 11: [Itachi] Das Jubi ----------------------------- 1991 Die darauf folgende Zeit war anstrengend, aber vor allem schön. Nach dem Fest, das Oma Yoneko organisiert hatte, war Mama völlig erschöpft und Sasuke schrie die halbe Nacht, und ich bekam mit, wie Papa tatsächlich mit Oma Yoneko schimpfte und ihr vorwarf, wie unangemessen es sei, eine Frau, die gerade ein Kind entbunden hatte, mitsamt diesem Kind dann auf ein Fest zu zwingen, nur damit alle anderen das Baby sahen. Oma Yoneko verstand das nicht, und Papa redete ein paar Tage lang nicht mit ihr. Ich hatte das Gefühl, dass er an Fürsorglichkeit zugelegt hatte, schon vor Sasukes Geburt, und vielleicht, so dachte ich, wollte er die Fehler, die ihm bei mir als seinem Erstgeborenen unterlaufen waren, jetzt bei seinem zweiten Kind korrigieren. Meine Tagespläne sahen zuerst nicht viel anders aus als in der Zeit zuvor: Mama arbeitete nicht und ich teilte meinen Tag zwischen der Uni und meinem Helfen zu Hause auf. Zwar war mein eigentliches Studium schon fertig, aber ich hatte solche Freude am Lernen, dass ich trotzdem weiter hinging und arbeitete, aber den größten Teil der Zeit war ich zu Hause, und dort war ruhiges Lernen zu dieser Zeit unmöglich. Sasuke schien nämlich in seinem Temperament etwas anders gestrickt zu sein als ich, er schrie viel und konnte kaum allein sein, und Mama hatte ihre liebe Not damit. Sie konnte ihre Erfahrungen mit mir als Baby nicht auf Sasuke übertragen, denn während ich als Baby sehr ruhig gewesen war, viel geschlafen und mich auch mal selbst beschäftigt hatte, verlangte Sasuke beständig nach Kontakt. Papa war in dieser Zeit auch viel zu Hause, und so wechselten wir uns ab, meinen kleinen Bruder zu unterhalten, weil Mama das nicht alleine schaffte. Vielleicht deswegen hatte Sasuke später mehr Verbindung zu Papa als ich? In dieser Zeit hatte ich mehr als genug Gelegenheiten, meinen Bruder im Arm zu halten, denn ich schob ihn im Kinderwagen täglich durchs Dorf oder trug ihn in einem Babytragetuch herum, und das schien ihm zu gefallen. Er war offensichtlich extrovertierter als ich, brauchte Leben und viele Menschen um sich herum … Nebenbei brachte er mir dadurch eine mir neue Art von Aufmerksamkeit ein, die mich weniger verlegen machte, weil es nicht mehr direkt um mich ging. Es war nicht mehr dieses „Da ist der hochbegabte Itachi Uchiha!“, sondern viel mehr ein „Oh, wie süß, Itachi trägt seinen Bruder im Dorf rum, Babys sind so niedlich!“ Und wieder waren es die Mädchen, für die ich nochmal attraktiver wurde, einfach weil ich Sasuke dabei hatte und sie ihn extrem süß fanden. Einmal fragte mich eine von ihnen, ob ich eifersüchtig sei, weil alle meinen kleinen Bruder so liebten, und ich antwortete: „Nein, gar nicht.“ „Wirklich nicht?“ „Nein. Ich mags so lieber.“ „Du bist eindeutig schüchterner als er“, sagte das Mädchen und lachte. „Ja, das bin ich.“ „Passt doch. Dann ergänzt ihr euch gut.“ In dem Moment streckte Sasuke im Tragetuch die Hand aus und patschte mir ins Gesicht, verlangte nach Ansprache. Das Mädchen fand das ziemlich süß und streckte vorsichtig die Hand aus, um ihm über den Kopf zu streicheln. Während dieser Zeit, in der ich meine Identität als großer Bruder weiter stärkte und sich unser Familienleben zu viert weiter entwickelte, hatte ich die Jubi-Spuren im Wald schon fast wieder vergessen. Beinahe dachte ich, ich hätte mich getäuscht, vielleicht waren es gar keine Spuren des Jubi-Chakras gewesen? Doch dann geschah etwas, das mir die Gefahr eines Bijuu-Angriffes wieder deutlich präsenter werden ließ: Eines Abends, als ich eigentlich schon im Bett gewesen war, kam Kushina zu uns nach Hause und ich hörte sie und Mama unten leise miteinander reden. Kushina schien es nicht gut zu gehen, ihre Schwangerschaft bereitete ihr Probleme und sie klagte über starke Kopfschmerzen. Und als ich schon überlegte, runter zu gehen und zu zeigen, dass ich wach war, fing Kushina an, etwas zu erzählen, das mich oben bleiben und erstarren ließ: „Ikue … Ich muss dir was erzählen … Mir ist was sehr, sehr Blödes passiert.“ „Was denn?“, fragte Mama und klang schon deutlich besorgt. „Du weißt ja, dass mein Chakra manchmal ganz komische Sachen macht … Und jetzt war ich gestern mit Minato im Wald, wir wollten nur spazieren gehen, und dann hab ich irgendwas gemacht, und es kam rotes Chakra aus dem Boden, einfach so …“ „Rotes Chakra?!“ Mama flüsterte, doch es hatte einen erschrockenen, scharfen Klang. „Ja. Ganz dickes, rotes Zeug. Ich hab keine Ahnung, wie ich das gemacht habe, echt nicht, aber du weißt, was rotes Chakra ist, Ikue …“ Es dauerte einen Moment, bis Mama leise antwortete: „Ja … Kyuubis Chakra …“ Ich blieb oben hinter dem Treppenansatz, ging nicht runter. Aber schlafen konnte ich jetzt nicht mehr, und so ging ich zwar in mein Zimmer zurück, doch ich öffnete das Fenster und verließ das Haus auf diesem Weg. Ich musste noch mal in den Wald, zu der Stelle, wo ich die Jubi-Spuren entdeckt hatte. Jubi war zwar kein „denkendes Wesen“, aber so, wie es jetzt aussah, war sein Auftauchen ein Indikator für ein Auftauchen des neunschwänzigen Fuchses. Ich hatte vor, die Stelle noch mal zu untersuchen, und dann wollte ich das, was ich dann wusste, noch mal melden. Als ich die Stelle im Wald erreichte, sah sie anders aus als beim letzten Mal: Offenbar war das, was Kushina erzählt hatte, hier passiert, der Erdboden war aufgerissen und die Spuren deuteten wirklich auf freies Chakra hin, das offenbar in der Erde gewesen war und herausgebrochen war, ähnlich wie Lava aus einem Vulkan. Ich scannte die Umgebung mit meinen Sharingan ab, und auf diese Weise ergab sich mir ein detaillierteres Bild der Strukturen im Boden. Weit unten, zu tief um beispielsweise mit dem Byakugan hineinschauen zu können, befand sich eine riesige Kammer, gefüllt mit dem Chakra des Fuchsgeistes. Und wo auch immer dieser sich gerade aufhielt, er hatte hier offenbar vor langer Zeit eine Art von Vorrat aus dickflüssiger, extrem starker Energie angelegt. Vielleicht war die Existenz dieser Kammer sogar den Sicherheitsleuten im Dorf bekannt, schließlich gehörten viele Verwandte von mir, die diese Kammer mit ihren eigenen Sharingan erkennen konnten, ebenfalls zu den Sicherheitsbehörden von Konoha. Für die Sicherheit im Dorf zu sorgen und entsprechend Gefahren zu minimieren, war seit der Gründung von Konoha Gakure immer schon die Aufgabe der Uchiha gewesen. Dieser Gedanke führte mich zu der Frage, wie Kushina es wohl geschafft hatte, einen Teil dieses Chakras aus dem Boden zu locken. Kushina gehörte der Familie Uzumaki an, die wie ein abgeteilter Zweig vor allem verwandtschaftliche Beziehungen zu den Senjuu hatten. Und in der Familie Senjuu gab es schon immer Leute, allen voran Hashirama, den Hokage der Ersten Generation, die über besondere Fähigkeiten in Bezug auf Bijuu-Geister verfügten. Diese Fähigkeiten waren zwar auch dort selten, aber es konnte gut sein, dass Kushina einen Teil davon geerbt hatte. Jubi war hier gewesen, und Kyuubi hatte an dieser Stelle eine riesige Kammer voll mit Chakra angelegt. Und diese Stelle war kaum einen Kilometer von der Dorfmauer entfernt. Kushina hatte es irgendwie geschafft, das Chakra im Boden aufzuwecken und einen Teil herauszulocken, und ich wusste nicht, was ich jetzt tun sollte. Zu Papa und seinen Kollegen gehen und das Ganze melden? Ich wollte nicht, dass Kushina Probleme bekam, sie war hochschwanger und sollte gerade wirklich keinem Stress ausgesetzt werden. Doch zugleich dachte ich, dass sie diesen Stress ja nun sowieso hatte, sie wusste, was sie „getan“ hatte und hatte Mama ja gerade davon erzählt. Nach einigem Überlegen und Abwägen beschloss ich, damit nicht zur Polizei, sondern direkt zum Hokage zu gehen. Schon im Jahr zuvor war Sarutobi in Ruhestand gegangen und hatte Minato zu seinem Nachfolger ernannt. Sarutobi selbst arbeitete nun im Hintergrund als Teil des Ältestenrates, er war immer noch präsent, aber die aktiven Geschäfte führte nun Minato. Nach Kushinas Aussage war er ja dabei gewesen, als das Chakra aus dem Boden gekommen war, und er als Hokage musste sich deswegen ja so oder so Gedanken machen. Ich lief also ins Dorf zurück und zum Regierungsgebäude, und tatsächlich brannte oben im Hokage-Büro noch Licht. Der Wachmann am Tor fragte, was ich so spät noch wollte, und ich sagte nur, dass ich etwas Wichtiges mit dem Hokage zu besprechen hatte. „Minato ist noch oben“, sagte der Wächter nur und ließ mich durch. Oben angekommen klopfte ich an die Tür und wartete auf das „Herein, bitte“, ehe ich das Büro betrat. Minato saß hinter seinem Schreibtisch, aber er trug nicht das Hokage-Gewand, sondern einen einfachen Kampfanzug, und ich sah ihm gleich an, dass es ihm nicht gut ging. „Itachi? Was machst du so spät noch hier?“, fragte er. Ich wusste erst nicht recht, wie ich anfangen sollte. Das Thema war so schwer, und ich wusste ja auch nicht, ob Kushina ihrem Mann erzählt hatte, dass sie mit meiner Mama darüber sprechen wollte. „Kushina war vorhin bei Mama …“, begann ich, „und sie hat erzählt, dass ihr im Wald … Kyuubi-Chakra gefunden habt … Ich war eben dort, an der Stelle, und ich hab riesige Mengen an Chakra unter der Erde gesehen.“ Minato reagierte nicht erschrocken oder so. Natürlich nicht, denn er wusste ganz sicher, was das alles zusammen bedeutete. „Hast du sonst jemandem davon erzählt?“, fragte er. Ich schüttelte den Kopf. „Nein.“ „Ich werde morgen mit dem Sicherheitsrat darüber sprechen, ich habe schon eine Konferenz anberaumt. Sollte Kyuubi tatsächlich hier auftauchen, müssen wir vorbereitet sein.“ „Es war auch Jubi-Chakra an der Stelle …“, fügte ich noch hinzu. „Das ist gut, dass du das sagst. Jubi-Chakra taucht manchmal auf, wenn ein echter Bijuu-Geist in der Nähe ist. Die Frage ist nur, ob es vielleicht hilft, den Bijuu fernzuhalten, wenn wir das offene Jubi-Chakra versiegeln.“ „Wie versiegelt man denn so ein Chakra wie das des Jubi?“ „Im Grunde genau wie jede andere Kraft, entweder in einer starken Barriere, oder in einem Menschen. Wobei Jubi tatsächlich … so anders ist als ein Bijuu, dass alle anderen Barrieren bisher dieses Chakra nicht halten konnten. Da bleibt möglicherweise wirklich nur die Versiegelung als Jinchu-Kraft.“ „Also … in einem Menschen …“, sagte ich fast tonlos. Minato nickte. „Und am besten, das muss man leider so sagen, kann man so ein Chakra in einem kleinen Kind versiegeln.“ „Was passiert denn, wenn man Jubi versiegelt?“ „Vermutlich weniger, als wenn man einen echten Bijuu in einen Menschen einschließt. Jubi ist eben kein Bijuu, sondern ‚nur‘ ein universelles Chakra. Wir wissen nur wenig darüber, aber das, was wir wissen, ist, dass die einzige Person, in der man einmal Jubi-Chakra versiegelt hat, dadurch nicht zu einer ‚klassischen‘ Jinchu-Kraft wurde, sondern ‚nur‘ die Fähigkeit erhielt, im Grunde alle Chakra-Elemente zugleich zu nutzen. Also, wenn du dir vorstellst, dass jemand zum Beispiel Ninjutsu auf Basis des Feuerverstecks beherrscht, kann Jubi-Chakra dafür sorgen, dass dieser Mensch dann auch Windversteck und Wasserversteck nutzen kann, wenn es ihm gelingt, das Jubi-Chakra mit seinem eigenen zu kombinieren. Und bei diesem einen bekannten Fall kam es auch nicht zum ‚Bijuu-Gewand‘, das Chakra des Jubi verwandelt diese Person anscheinend nicht.“ „Also kann es sein, dass wir Kyuubis Angriff verhindern können, wenn es gelingt, Jubi in einem Menschen zu versiegeln?“ Minato nickte. „Genau.“ „Und … wie findet man heraus, in wem?“ „Wir brauchen ein kleines Kind, am besten eines, das noch kein halbes Jahr alt ist. Und … nun ja, es sollte ein Kind sein, das später mal ein Ninja werden kann. Wir können also keines aus einer Zivilistenfamilie nehmen …“ Minato sah auf seine Hände, sagte eine Weile nichts mehr, aber ich spürte auch ohne, dass er es aussprach, was er dachte: Dass es ja so ein Kind gerade gab, noch kein halbes Jahr alt und mit der Aussicht, später ein starker Ninja zu werden: Sasuke. Ein paar Augenblicke lang hing dieser Gedanke zwischen dem Hokage und mir in der Luft, und ich spürte, wie meine Augen heiß wurden, als müsste ich gleich weinen. Es stand im Raum, dass wir einen Angriff des Kyuubi vielleicht würden verhindern können, wenn wir das Jubi-Chakra im Körper meines kleinen Bruders versiegelten, und auch wenn Jubi kein echter Bijuu mit den entsprechenden Folgen war, tat es mir weh. „Ich werde mit deinen Eltern darüber sprechen, Itachi. Wir finden zusammen einen Weg“, sagte Minato und lächelte ein klein wenig. Ich fragte mich, wie er das in sich drin aushielt, die Sorge um Kushina und wegen des Kyuubi, und zugleich die Gedanken, die er sich nun wegen Sasuke machte. Aber er war eben der Hokage, er konnte das irgendwie. Und ich wusste, wenn ich selbst irgendwann Hokage werden wollte, musste ich das auch lernen. Nur wusste ich noch nicht, wie. Am nächsten Morgen weckte mich Papa. Ich hatte tatsächlich ein bisschen verschlafen, es war halb sechs. Papa sah ernst aus und während ich aufstand und mich anzog, blieb er im Zimmer und erzählte mir, dass er schon mit Minato gesprochen hatte. „… wir als Uchiha-Clan werden Jubi übernehmen. Das ist unsere Aufgabe als Sicherheitsbeauftragte des Dorfes. Und vielleicht lässt sich ein Angriff durch Kyuubi ja dadurch abwenden. Aber auch so sollte Jubi wieder versiegelt werden, und wir haben entschieden, dass Sasuke ihn bekommt. Aber du musst dir keine Sorgen um deinen Bruder machen, Itachi, denn Jubi macht einen Menschen nicht zur Jinchu-Kraft.“ Papa sah mich direkt an und lächelte ein wenig, als er sagte: „Stell es dir so ähnlich vor wie dein Tsukuyomi, also als etwas, das Sasuke dazu befähigen wird, etwas Außergewöhnliches zu können. Und weil wir die Versiegelung äußerst geheim halten werden, wird auch niemand ihn behandeln wie eine Jinchu-Kraft. Du brauchst also keine Angst zu haben, Itachi.“ „Wer weiß denn davon?“, fragte ich. „Nur Minato, Yoneko, Mama, ich und du. Yoneko und ich werden das Jubi-Chakra einfangen und Minato wird es versiegeln. Sasuke selbst wird davon erfahren, sobald er alt genug ist.“ Als ich an diesem Tag zur Uni ging und mich dort wie immer zum Arbeiten in die Bibliothek setzte, fiel es mir schwer, mich zu konzentrieren. Meine Gedanken kreisten um Sasuke und Jubi, und trotz, dass Papa und Minato versucht hatten, mir die Sorge zu nehmen, hatte ich Angst. Eben erst hatte ich meinen lang ersehnten Bruder bekommen, und nun sollte er, noch als Baby, schon dem Schutz des Dorfes dienen. Es machte mich traurig, auch wenn ich selbst versuchte, mir zu sagen, dass Jubi ja kein Bijuu war und nichts wirklich Schlimmes geschehen würde. Das Einzige, was mir in diesem Moment half, war, mir meinen inneren Schwur, der beste große Bruder zu sein und Sasuke zu beschützen, bewusst zu machen, und ihn zu erweitern: Sollte jemand meinen kleinen Bruder wegen Jubi ablehnen oder angreifen, würde ich dazwischen gehen, ihn auch dann mit meinem Leben beschützen und für ihn da sein. Ich weiß heute nicht mehr genau, wie ich an diesem Tag auf die Idee kam, dafür ein eigenes Jutsu zu erlernen. Vielleicht las ich etwas darüber, weil ich den Gedanken, Sasuke mit all meiner Kraft zu beschützen, weiter führte und nach Möglichkeiten suchte? Irgendwie jedenfalls landete ich bei einem Buch aus der geheimen Abteilung der Bibliothek und fand darin eine lose, lückenhafte Anleitung für ein Jutsu, das eine Verbindung aus Liebe und Kraft herstellen sollte, aber noch keinen Namen hatte und keine Verbindung zu den Fingerzeichen. Die Beschreibung dieses Jutsu gab mir ein Gefühl von Selbsterkennen und es schien wie für mich gemacht. Dort stand, dass es eine Möglichkeit darstellen sollte, wie man seine Kraft als Ninja in den Dienst einer Sache stellen und sich darauf vollkommen konzentrieren konnte. Und ich, der ich immer mit meinem Wunderkind-Dasein gekämpft hatte und innerlich schon lange nach einem Weg suchte, mein ungeheures Talent daran zu hindern, mir selbst zu Kopf zu steigen, fühlte mich mit dieser Beschreibung so sehr gesehen! Alles, was dort stand, passte zu mir: „Ein Shinobi mit großem Talent und außergewöhnlichen Fähigkeiten kann das Bedürfnis verspüren, diese Fähigkeiten in den Dienst einer guten Sache zu stellen, und die Sorge darum, zu überzeugt von der eigenen Kraft zu werden, kann den Wunsch nach einer Methode wecken, die diese Kraft beschränkt.“ Ich dachte an die immer gleichen Besuche in Oma Yonekos Teehaus, die mir so unangenehm waren, weil ich dort immer in den höchsten Tönen gelobt wurde, und an meine Zeit auf der Akademie, wo ich immer anders gewesen war als die anderen, und auch an die unheimlichen Momente, die mir manche Aspekte des Tsukuyomi so verursachten. Wenn ich diese Dinge unter eine so starke Kontrolle bringen konnte, dass es mir leichter fallen würde, mit meinem Talent umzugehen, und ich damit die Menschen, die ich liebte, beschützen und für sie da sein konnte, würde meine Angst davor, viel zu stark zu werden, bestimmt weniger. Allerdings war die Beschreibung der Anwendung dieses Jutsu äußerst unvollständig. Es schien eine noch sehr unerforschte Idee zu sein, nur lose aufgeschrieben … Doch das schreckte mich nicht ab. Im Gegenteil, es weckte eine Lust in mir, selbst herauszufinden, wie man dieses Jutsu anwenden konnte. Ich hatte ja nun mal die intellektuellen Fähigkeiten, um an so etwas zu forschen und zu arbeiten, und dieses Jutsu irgendwann dann schlussendlich auch zu lernen. Ich suchte auch noch nach Informationen zum Jubi-Chakra, doch ich fand kaum etwas. Es schien wirklich nur ein einziges Buch dazu zu geben, doch jenes Buch war immer noch unauffindbar und ich dachte wieder, dass Madara es vielleicht hatte. Doch Madara war nicht mehr da und auch bei den Sachen, die er zurückgelassen hatte, war dieses Buch nicht dabei gewesen. Alle Bücher aus seiner Wohnung waren nach seinem Verschwinden zurück in die Bibliothek einsortiert worden, und ich fand seinen Namen in sehr vielen der Ausleihungsstempel, die in jedem Buch hier anzeigten, wer sich das Buch mal mit nach Hause genommen hatte. Oft stand zuerst sein Name darin, und an späterer Stelle dann auch meiner. Wir lasen beide gern und viel, und einen Moment lang hatte ich ein Bild im Kopf, wie er jetzt, falls er noch lebte, irgendwo an einem weit entfernten Ort zwischen vielen Schriften saß und las und arbeitete, so wie wir es oft zusammen getan hatten. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass er tot war. Als ich am Abend nach Hause kam, saß Mama mit Sasuke auf dem Arm am Küchentisch, sie fütterte ihn und auf den ersten Blick wirkte alles normal, doch als ich näher kam, sah ich, dass es ihr nicht gut ging. „Kann ich dir helfen, Mama?“, fragte ich. Mama schüttelte den Kopf und hatte auf einmal Tränen in den Augen. Sie drückte Sasuke an sich und küsste ihn, und ich ging zu ihr hin und umarmte sie und meinen Bruder. „Soll ich ihn nehmen?“, fragte ich leise. Mama nickte, und ich nahm meinen Bruder an mich. Wenn Mama weinte und Angst hatte, so dachte ich, war es für Sasuke vielleicht sicherer, wenn ich ihn hielt. Babys bekamen unterschwellig so viel mit, und er sollte Mamas Sorge nicht so sehr spüren müssen. Tatsächlich lebte Sasuke geradezu auf, als ich ihn auf den Arm nahm, er lächelte und streckte mir seine Hände ins Gesicht entgegen. Auf dem Tisch lag der grüne Plüschdrache, den ich ihm zur Geburt geschenkt hatte, er griff danach und ich ließ es zu, setzte ihn mit dem Stofftier zusammen in seinen Kinderstuhl am Tisch und kümmerte mich dann um Mama. „Du hast Angst um Kushina, oder?“, fragte ich. Sie nickte, fuhr sich mit der Hand über die Augen. Ich umarmte sie wieder, sie weinte und küsste mich auf die Stirn. „Danke, Spatz …“, flüsterte sie. Und ich musste fast auch noch weinen, weil es mich so rührte, wenn sie mich Spatz nannte. „Itachi … sag mal, ist dir das alles nicht … manchmal zu viel?“, fragte sie nach einer Weile. „Was, zu viel?“ „Du machst so viel, du lernst und arbeitest und versorgst deinen Bruder, und bist dann noch für mich da … Du bist doch immer noch ein Kind, kaum zehn Jahre alt … Ich habe manchmal Sorge, dass du dich überforderst.“ „Aber ich mach das doch gern!“, sagte ich laut. „Ich bin einfach so, ich war nie anders als das!“ „Wirklich?“ „Ja. Du musst dir keine Sorgen machen, Mama. Solange ich das alles darf, studieren und dir helfen und für Sasuke sorgen, geht’s mir gut.“ Ich dachte einen Moment über meine nächsten Worte nach, entschied dann aber, sie doch auszusprechen: „Ich will nur nicht zur Anbu oder so was …“ Das Thema „Anbu“ war kurz zuvor wieder konkreter geworden, Papa und Yoneko hatten darüber gesprochen, wann ich dort einsteigen und mitmachen sollte. Mama sah mich an, lächelte, noch mit Tränen in den Augen, und sagte: „Dann ist gut. Und selbst wenn du irgendwann zur Anbu gehst … dann sorge ich hier zu Hause dafür, dass du dich davon auch ausruhen und erholen kannst.“ Sie umarmte mich und sagte noch: „Ich hab dich lieb, Itachi-Spatz.“ „Ich hab dich auch lieb, Mami.“ Am Morgen darauf wurde ich wieder von Papa geweckt. Es war viertel nach vier Uhr am Morgen, also die Zeit, zu der ich normalerweise von selbst aufwachte, aber Papa war dem zuvor gekommen. Er hatte seine Uniform an und trug seine Ausrüstung, mehrere verschiedene Waffen und Schriftrollen, am Körper, es sah aus, als wollte er auf eine Mission gehen. Ich sprang aus dem Bett und fing an, mich anzuziehen, noch ehe er etwas gesagt hatte. Fertig angezogen lief ich aus dem Zimmer, über den Flur ins Bad, machte mich so schnell ich konnte fertig und stand dann wieder vor Papa, der sich seitdem weder bewegt, noch etwas gesagt hatte. „Wir warten noch auf Oma Yoneko und dann zeigst du uns die Stelle im Wald, wo du die Spuren von Jubi und Kyuubi gefunden hast“, sagte er, während ich meine Waffen zusammenpackte und meine Chuunin-Uniform über die Alltagskleider anzog. Als wir aus dem Haus gingen, fragte ich, wo Mama sei, und Papa antwortete, dass wir sie noch schlafen lassen sollten. „… Sie sollte ausgeruht sein, wenn wir nachher das Chakra einfangen und mitnehmen, immerhin geht es um Sasuke …“, sagte er, und ich sah in seinen Augen, dass ihm die ganze Sache mehr zusetzte, als er zeigen wollte. Wir betraten das Uchiha-Viertel und sahen Yoneko schon am Tor vor ihrem Haus stehen, sie trug ebenfalls eine Uniform und wirkte darin überhaupt nicht mehr wie eine Urgroßmutter, sondern wie eine kleine, alte, aber sehr starke und selbstbewusste Person. Das war sie zwar auch, wenn sie im Alltag ihren Kimono trug, doch die Uniform machte ihre Stärke als Matriarchin unseres Clans deutlicher sichtbar. Sie trug sämtliche Abzeichen, sowohl das der Polizei, als auch die von Chuunin, Jonin und der Anbu, und auf der Stirn ihrer Anbu-Katzenmaske, die sie an der Kopfseite trug, stand unübersehbar das Wappen unseres Clans. „Guten Morgen“, sagte sie. „Na dann, holen wir uns das Jubi.“ „Ikue schläft noch“, erwiderte Papa. „Wir werden einige Zeit brauchen. Bis dahin ist sie wach. Sie wird Sasuke vorbereiten.“ Wie Yoneko das sagte …! Ich kannte sie, wusste, wie sie war und dass sie es nicht „böse“ meinte, doch ihre Worte wirkten so gefühlsbereinigt und geradezu kalt, dass ich spürte, wie sich in mir eine Gegenwehr dagegen regte. „Sasuke vorbereiten“, aus ihren Worten und ihrer Stimme war kaum zu hören, dass es dabei um ein Kind, ein kleines Baby ging. Und dass sie von Mama verlangte, dass die ihr neugeborenes Kind einer Versiegelung von fremdem Chakra aussetzte. „Oma Yoneko …“, sprach ich sie an. „Sasuke ist mein kleiner Bruder. Ich …“ „Wir wissen das, Itachi“, unterbrach sie mich mit einem Ton, der mich verstummen ließ. „Aber es ist unsere Aufgabe, also tun wir es.“ Papa sah mich an und legte ohne ein Wort seine Hand auf meine Schulter. Wir verließen das Dorf, nahmen den Weg durch die Baumkronen und fanden schnell die Stelle wieder, an der ich die Jubi-Spuren gefunden hatte. Es sah anders aus als beim letzten Mal, offenbar war „es“ wieder hier gewesen. Papa und Yoneko benutzten die Sharingan, um die Spuren zu lesen und die Umgebung abzuscannen, und ich stand irgendwie nur da und fühlte mich seltsam, es fiel mir schwer, die Situation emotional zu erfassen, ohne dass es mir weh tat, denn das tat es. Ich dachte an Sasuke, der gerade noch in seinem Bettchen lag und schlief, und an Mama, die wusste, dass heute der Tag war, an dem sie ihr neu geborenes Baby für das Dorf und die Sicherheit einsetzen sollte. Und egal, wie sehr ich wegen Yoneko und dem übergeordneten Regelwerk des Ninja versuchte, meine Gefühle runter zu regeln und zu verbergen, in diesem Moment gelang es mir nicht. Immer dann, wenn ich auf Missionen mitkam und dort mit Ninjas aus anderen Ländern zu tun bekam, die ich nicht persönlich kannte, konnte ich das, meine Gefühle außen vor lassen, ein Ninja sein, einer vom Uchiha-Clan, stark und talentiert und professionell. Aber in dieser Situation, wo es um mich und mein Leben ging, und das tat es, denn Sasuke war mein lang ersehnter Traum eines kleinen Bruders, war ich nicht imstande, ein professioneller Ninja zu sein, und ich wollte das auch nicht sein. Ich dachte an Mama, daran, wie sehr ich so war wie sie, hochsensibel und voll mit Gefühlen, und dass mir das wichtig war, mir so viel bedeutete! Yoneko und Papa verließen die Lichtung, sie hatten weiter gehenden Spuren entdeckt, und ich folgte ihnen, während in meinem Innern schon die Tränen hochkamen. Ich dachte an das, was Papa über Jubi gesagt hatte, dass es kein Bijuu war und Sasuke nicht leiden würde. Aber darum ging es mir nicht. Es ging nicht um die konkreten Folgen, nicht um Jubi oder Chakra oder die Möglichkeit, einen Angriff des Kyuubi zu verhindern, das war nicht der Punkt, an dem ich mich störte. Es ging mir um Oma Yoneko, um die Art, wie sie dachte und plante und wie sie sich das vorstellte! Ich blieb stehen, spürte schon, wie mir die heißen Tränen aus den Augen liefen, und es dauerte einen Moment, bis Papa es bemerkte. „Was ist?“, fragte er, und ich spürte, dass auch er zerrissen war, zwischen seiner Pflicht und seinen Gefühlen, denn immerhin war Sasuke auch sein Kind. Ich war nicht in erster Linie wütend auf Papa, nicht mehr, denn er versuchte wenigstens, seine Pflicht zumindest ansatzweise mit seinen Gefühlen in Einklang zu bringen. Ich sah und spürte es, und es war zumindest ein bisschen okay. „Ich … will das nicht …!“, antwortete ich, meine Stimme klang schon nach Weinen. „Es kann doch nicht … sein … wir suchen hier das Jubi, um … es zu versiegeln, in … in …“ Ich konnte nicht mehr weiter sprechen, sah in dem Moment, wie Yoneko stehen blieb, sich umwandte und mich ansah, und sie sah so ungerührt aus, dass in mir etwas aufriss, und ich sie anschrie: „In … in meinem kleinen Bruder?!“ „Itachi …“, sagte Papa und kam auf mich zu. „Denkst du ein Mal, ein einziges Mal, an Mama, Oma Yoneko?! Denkst du daran, dass Sasuke ihr Baby ist?! Denkst du dran, dass sie Angst um ihn hat und um Kushina, und dass es sie dazwischen fast zerreißt?! Und was ist, wenn wir Jubi finden und versiegeln und der Neunschwänzige Fuchs trotzdem ins Dorf kommt? Habt ihr dafür auch schon ne Idee?!“ Es kam wirklich selten vor, dass ich so wütend und laut wurde, doch ich konnte in diesem Moment einfach nicht anders. Ich wusste, dass ich Yonekos Art und ihre Meinung nicht wirklich ändern konnte, aber ich wollte wenigstens meine eigene Position beziehen und sagen, dass es mich wütend machte. Es ging hier um meinen Bruder und darum, dass ich meinem Schwur, ein guter großer Bruder zu sein, treu blieb. Wenn ich jetzt nicht wütend wurde und zeigte, was es mit mir machte, wann dann? „Krieg dich wieder ein, Itachi.“ Yonekos Stimme war laut, aber so kalt. „Wir haben dir doch erklärt, Jubi macht ein Kind nicht zur Jinchu-Kraft.“ „Darum geht es mir nicht!!“, schrie ich. „Dann verstehe ich nicht, was du willst“, sagte sie. „Wir sind der Uchiha-Clan, unsere Aufgabe ist die Sicherheit des Dorfes.“ „Und Sasuke ist mein kleiner Bruder!!“ „Was willst du tun? Krieg dich wieder ein.“ „Ich mache das nicht mit! Und wenn ihr schon meinen Bruder dafür benutzen wollt, dann geh ich jetzt nach Hause und bin für Mama und ihn da. Da werde ich mehr gebraucht, als hier.“ Yoneko sagte nichts darauf. Und Papa stand immer noch da, deutlich spürbar zwischen den Stühlen sitzend. Ich drehte mich um und lief den Weg zurück, den ganzen Weg bis ins Dorf, wo ich nach Hause ging, die Tür öffnete und Mama im Wohnzimmer sitzen sah. Sie hatte Sasuke im Arm und ihr Kleid vorne geöffnet und stillte ihn. „Wo kommst du jetzt her?“, fragte sie leise. „Ich war bei Papa und Yoneko, sie wollten mich dabei haben. Aber ich mache das nicht mit.“ Ich setzte mich zu ihr aufs Sofa und sah sie an. „Ich will lieber hier sein, du bist doch sonst so allein.“ Mama lächelte. „Das ist lieb, Spatz.“ Ich lehnte mich an sie und schloss für einen Moment die Augen, hörte Mamas Herzschlag und das leise Geräusch von Sasuke, wie er die Milch schluckte. Es fühlte sich schön an, ihm und Mama so nah zu sein und ich wusste, ich hatte mich richtig entschieden, hier zu sein, und dass ich Yoneko Widerworte gegeben hatte, war auch richtig gewesen. Wir sprachen nicht viel, doch das mussten wir auch nicht. Mama und ich verstanden einander auch so, wir mussten nicht laut sprechen, um zu wissen und zu fühlen, was wir voneinander brauchten. Das war schon immer so, und seit Sasuke da war, war es eher noch mehr geworden. Und während Mama da saß und meinen Bruder stillte, und ich mich an sie anlehnte, verging einige Zeit, es wurde hell draußen und irgendwann, als Sasuke satt war, stand Mama auf, schloss ihr Kleid und setzte ihn in seinen Kinderstuhl, und fing dann an, Frühstück zu machen. Ich half ihr und kochte eine Kanne Tee, von der Sorte, die Mama und ich am liebsten tranken, einen süßen Früchtetee ohne Koffein, weil wir beide Koffein nicht gut vertrugen. Der Morgen ging herum, und Mama und ich konnten kaum etwas anderes tun als zu warten, bis Papa und Yoneko wieder zurück kamen. Es dauerte lange, so etwas wie Jubi zu finden und einzufangen, und ich fragte mich, wer von unserem Clan noch dabei sein würde. Man brauchte ganz sicher mehr als zwei Leute, und Minato sollte ja auch dabei sein. Kurz vor ein Uhr mittags hörten wir die Haustür klappen und Mamas Bruder Haimaru kam herein. Er sah aus, als hätte er an einem Kampf teilgenommen, und war ganz außer Atem. Kurz nach ihm kam auch Shisui dazu. „Ikue, es geht los. Wir haben Jubi gefunden und der Hokage hat schon mit dem Einfangen begonnen“, sagte Haimaru. „Itachi, du gehst mit Shisui.“ Mama wurde ein wenig blass, sie nahm Sasuke aus dem Kinderstuhl, drückte ihn an sich und nickte. „Bist du okay, Ikue?“, fragte Haimaru. „Ja. Es geht schon.“ Ich wollte zu ihr, sie umarmen, am liebsten ihre Hand nehmen und nicht mehr loslassen, weil ich so sehr spürte, dass sie Angst hatte. Aber ehe ich mich bewegen konnte, stand Shisui schon neben mir und hielt mich an den Schultern fest. „Bleib bei mir, Itachi“, sagte er. „Ist besser so.“ Mama ging mit Sasuke auf dem Arm mit Haimaru mit, und ich blieb mit Shisui zurück. Mein Cousin hatte offenbar die Aufgabe, auf mich aufzupassen, damit ich die Versiegelung nicht störte. Er war inzwischen sechzehn Jahre alt und mir körperlich überlegen, und er kannte mich gut genug, dass er mich davon abhalten konnte. „Ich kann mir ungefähr vorstellen, wie das für dich ist“, sagte er und lächelte leicht. „Kannst du das?“, fragte ich leise und spürte schon wieder Tränen in mir aufsteigen. „Vielleicht auch nicht. Ich habe ja keinen wirklichen kleinen Bruder. Aber ich kenne dich, Itachi, ich weiß, wie viel Sasuke dir bedeutet und wie schwer es für dich ist, ihn nicht beschützen zu können.“ „Es tut mir weh …“, sagte ich, meine Stimme hatte kaum noch Ton. „Wir sind Ninjas …“, erwiderte Shisui. „Wenn ich hätte wählen können, wäre ich gar kein Ninja geworden.“ „Ich weiß … Aber wir sind nun mal Ninjas, und wir gehören zum Uchiha-Clan.“ Ich nickte, und dann liefen mir wieder die Tränen. „Aber … das Einzige, was ich am Ninja-Dasein und an meinen Fähigkeiten überhaupt mag … ist doch, dass ich damit andere beschützen könnte …! Und wenn ich dann dastehen und zusehen muss, wie meine Mama und mein Bruder leiden und zu Schaden kommen, dann … ist doch alles Trainieren sinnlos …!“ Shisui sagte nichts dazu, er sah mich nur an und dann umarmte er mich. Ich wusste, dass er anders war als ich, der Beruf des Ninja fiel ihm deutlich leichter als mir, er hatte kaum Probleme mit dem Kämpfen, stand schon kurz vor seiner Prüfung zum Jo-Nin und hatte auch schon einige Missionen für die Anbu absolviert. Wir gingen aus dem Haus, und Shisui versuchte, mich ein wenig abzulenken und dafür zu sorgen, dass ich meine Ängste ein wenig vergaß. Wir gingen zum Süßigkeitenladen und er kaufte mir eine Packung Dango, die wir dann in dem runden Baumhaus aßen, welches sich auf dem großen Baum an der Hauptstraße befand. Doch von diesem Baumhaus aus konnte man über die Dorfmauer hinwegsehen, und ich konnte sehen, wie draußen im Wald eine Wolke aus Rauch und Chakra aufstieg, genau in der Richtung, wo sich die Stelle befand, an der Jubi und Kyuubi aufeinandergetroffen sein mussten. Shisui hatte es auch gesehen, versuchte noch, mich am Arm festzuhalten, doch ich war schneller, sprang auf und nahm den Weg über die Dächer des Dorfes, hin zur Mauer, ich konnte mich selbst nicht mehr aufhalten. Mein über die ganze Zeit, in der ich mir einen kleinen Bruder gewünscht hatte, gewachsener, emotionaler Instinkt ließ sich nicht mehr unterdrücken, und ich folgte ihm, es fühlte sich richtig an. „Itachi! Warte!“, rief Shisui hinter mir. „Ich muss da hin!“ „Dann lass mich wenigstens mitkommen!“ „Hol mich ein, wenn du kannst!“ Ich aktivierte meine Sharingan und fand die Stelle sehr schnell, und das Erste, was ich sah, war gerade, wie Minato, der mit dem Rücken zu mir stand, eine große Schriftrolle öffnete und das Jutsu des Vertrauten Geistes anwandte. Ich wusste, dass er ein Schüler des Sannin Jiraiya gewesen war, und so wunderte es mich nicht, dass zwei große, alt aussehende Kröten erschienen. Und im nächsten Moment hatte Minato mich bemerkt. „Was tust du hier, Itachi? Wo ist Shisui?“, fragte er. „Ich bin hier!“, rief Shisui hinter mir. Haimaru, der etwas entfernt auf einem hohen Ast eines Baumes stand, antwortete: „Ihr habt hier nichts zu suchen!“ Die anderen, Papa, Yoneko und Mama, standen im Kreis um eine Art Tisch herum, einen Zeremonientisch mit aufgemalten und eingeritzten Symbolen und Zeichen, und auf dem Tisch lag Sasuke mit nichts als seiner Windel bekleidet und schrie. Minato wandte sich zu mir um. „Ihr könnt bleiben“, sagte er. „Aber haltet euch heraus.“ Die beiden alten Kröten hielten je eine Schriftrolle im Maul, rollten diese dann auf und schmiedeten Chakra, das zum Himmel aufstieg und dabei viele kleine, hoch oben schwebende Bläschen und Kugeln aus silbrig glänzendem Chakra zu einem großen Ganzen zusammen sammelten. Das silbrige Chakra war das des Jubi, es schwebte offen in der Luft und nahm keine Tiergestalt an, es war nur freies Chakra. Unter dem Boden befand sich an dieser Stelle das Chakra des Fuchsgeistes, doch die Austrittsstellen, die ich heute Morgen noch gesehen hatte, waren provisorisch versiegelt worden. Minato machte zwei Schritte auf den Tisch zu, die beiden Kröten sammelten nach und nach das ganze herumschwebende Chakra ein, dann schloss er eine ganze Reihe von Fingerzeichen, bis sich an seiner Hand auf jedem Finger je ein Siegelzeichen zeigte. Ich sah zu Mama, sie war ganz blass und Papa stand nah neben ihr, hielt ihre Hand. Ich spürte Shisui neben mir, seine Hand auf meiner Schulter, und Yoneko trat einen Schritt vor, schloss ebenso einige Fingerzeichen und erschuf damit eine Art Kuppel oder Schild über dem Tisch. Diese Barriere senkte sich nieder und schloss meinen Bruder ein, sodass wir ihn nur noch sehen und nicht mehr hören konnten. Ich spürte, wie ich zitterte, mein Herz tat weh und ich hatte Tränen in den Augen, konnte meine Sharingan nicht länger halten. Da lag mein geliebter kleiner Bruder ganz allein auf diesem Tisch und schrie, und dass wir ihn nicht hören konnten, machte es eher schlimmer, als erträglicher. „Ich mache schnell“, sagte Minato und ich wusste, dass er mich damit ansprach. „Es wird nicht lange dauern.“ Er trat an den Tisch, die beiden Kröten reichten ihm die Schriftrollen, in denen sie das Jubi-Chakra gesammelt hatten, und Minato nahm es an, ließ es über seiner Hand schweben, schloss es mit den Siegeln an seinen Fingern nochmals ein und stieß dann mit der Hand durch die Barriere. Ich hielt den Atem an, wollte nicht hinsehen und konnte doch nicht anders, doch es ging wirklich sehr schnell, so schnell, dass ich nicht sehen konnte, was genau geschah. Nur Sekunden später war die Barriere aufgelöst, das Jubi-Chakra nicht mehr zu sehen, und wir konnten Sasuke wieder hören, er schrie immer noch. Minato trat einen Schritt zurück, schloss die Schriftrollen wieder und nahm meinen Bruder vorsichtig vom Tisch, ging zu Mama und gab ihn ihr in die Arme zurück. In dem Moment wurde sie noch blasser, und Papa konnte sie und Sasuke gerade noch halten, ehe Mama ohnmächtig zu Boden sank. Meine Starre löste sich augenblicklich, im nächsten Moment war ich bei ihr, nahm ihr meinen Bruder aus den Armen und drückte ihn fest an mich. „Bist du okay, Sasuke?“, fragte ich und presste meine Lippen auf seine Stirn. Augenblicklich hörte er auf zu weinen, sah mich nur an, ich hielt ihm eine Hand hin und er griff meinen Finger, hielt ihn ganz fest. Auf dem Weg nach Hause hielt ich Sasuke die ganze Zeit im Arm, Mama wurde von Papa gestützt und Minato und Yoneko gingen dahinter. Shisui und Haimaru liefen vorweg, und mein Cousin sah sich immer wieder nach mir um, schaute nach, ob es mir gut ging. Zu Hause angekommen legte Mama sich im Wohnzimmer aufs Sofa, Papa und ich holten Sasukes Kinderbettchen ins Wohnzimmer, und ich legte meinen Bruder darin schlafen, so dass er in Mamas Nähe war. Mama war für den Rest des Tages zu nichts mehr zu gebrauchen und schlief nur noch, und so ging ich nach nebenan in ihre Praxis und erledigte so viel, wie ich konnte, von ihrer Arbeit für sie. Durch mein Medizinstudium hatte ich einiges gelernt, und die einzige Patientin, die an diesem Tag kam, hatte nur einen Splitter am Auge, den ich einfach zu entfernen wusste, ohne dass Mama dabei sein musste. Am Abend war Mama wenigstens wieder wach und ich schloss die Praxis für heute, ging zu ihr und kochte uns ein Abendessen. Während ich in der Küche stand und Salat schnitt, dabei den Herd im Blick hatte, wo für Mama und mich eine Gemüsesuppe und für Papa eine Pfanne mit einem Stück Fleisch standen, kam Mama dazu, legte von hinten ihre Arme um mich und drückte einen Kuss auf mein Haar. „Das ist lieb, Spatz, dass du uns Essen machst“, sagte sie. „Ist doch klar“, antwortete ich. „Geht’s dir gut, Itachi?“ Ich nickte. „M-hm.“ „War ein harter Tag heute …“ „Geht’s dir auch gut, Mama?“ „Mir ist ein bisschen schwindlig, aber sonst alles gut.“ Ich drehte mich zu Mama um und umarmte sie meinerseits. Sie fühlte sich warm und lieb an, aber ich spürte auch, wie erschöpft sie war. Und so legte sie sich nach dem Abendessen gleich wieder hin, oben im Schlafzimmer, und ich übernahm es, Sasuke zu versorgen, ihn zu baden und zu wickeln und danach ins Bett zu bringen. Papa hatte in seinem Büro zu tun, und ich ging dann auch bald schlafen. Ich war so müde, dass ich mich nur noch auszog, unter die Decke kroch und sofort einschlief. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)