Drachenjagd von Lady_of_D (Die Himmelsgöttin) ================================================================================ Kapitel 6: Devon ---------------- Zorn flammte in Levis Gesicht auf. Devon bekam so eine Ahnung, in welcher Beziehung die beiden gestanden hatten. "Wir wissen nichts über die Umstände, die zu der Zeugung des Kindes geführt haben", sagte Trias und traf dabei die falschen Worte. Levis Augen funkelten ihn hasserfüllt an. "Haben Sie eine Ahnung, was die beiden durchgemacht haben?!, platzte es aus ihm heraus. "Durch die Hölle sind sie gegangen. Alizja…sie…" Er sah weg, die Wangen glühten und die Schlagader an seiner Stirn pochte gefährlich. Devon verstand seine Gefühle. Wäre sie seine Gefährtin, es wäre wohl nicht bei einem verbalen Schlagabtausch geblieben. "Ich habe nicht die Absicht, die Taten unseres Königs zu rechtfertigen", sagte er deshalb, "aber im Moment geht es um Ihre Tochter - um ihre Sicherheit." "Er hat recht, Levis", entgegnete die Hyrakonda mit brüchiger Stimme, "wenn Izara wirklich ein Himmelsdrache ist, dann ist sie in Gefahr." Ihre Hand fand die ihres Partners, sie verhakte ihre Finger mit seinen und langsam beruhigte sich der Mensch. Der Puls entschleunigte ebenfalls. "Also schön", sagte er. Sie lächelte ihn an, dann wandte sie sich an Devon und Trias. Der Volan setzte seine Unterredung fort: "Wie mein König schon sagte: die Sicherheit der Himmelsgöttin hat Vorrang. Sobald jemand herausfindet, wer sie ist-" "Ich verstehe", Levis sah ihn scharf an. "Und Sie sind sich sicher, dass niemand Verdacht schöpft?" "Nein, woher auch? Wir hatten ja selbst keine Ahnung. Izara, sie…sie hat sich nie anmerken lassen, was sie ist." Ein resigniertes Seufzen entfuhr dem Mann, Devon spürte, wie Bilder der Vergangenheit in seinen Augen aufflackerten. "Izaras Mutter - sie hatte Angst vor ihrer Tochter. Als sich ihre Kräfte das erste Mal zeigten, war Alizja derart verstört. Izara war fünf, ihre Augen begannen zu leuchten. Eigentlich war es ein schöner Anblick", ein trauriges Lächeln legte sich auf seine Lippen, "aber für ihre Mutter war es, als würde sie die Schreckensnacht von damals von Neuem durchleben. Ich denke, deshalb hat sich Izara zurückgehalten. Sie hat immer versucht, ihre andere Seite zu verbergen, sie zu unterdrücken, nur damit ihrer Mutter keine Angst vor ihr hat." Die Worte hingen schwebend in der Luft. "Letztendlich beging Alizja Selbstmord, Izara gibt sich bis heute die Schuld dafür." Levis driftete ab, erst Devons wachsamer Blick ließ ihn in die Gegenwart zurückkehren. "Ich glaube, Izara selbst weiß nichts von ihren Fähigkeiten. In all den Jahren hat sie versucht, sich wie ein Mensch zu verhalten, das Halsband zu vergessen... ich brauche Ihnen wohl nicht sagen, dass das unmöglich ist." Nein, das brauchte er nicht. Devon kannte die Foltermethoden der Paladine. Auch wenn er selbst noch nie mit einem Halsband belegt worden war, hatte er genug Drachen getroffen, die von der Knechtschaft der Paladine erzählt hatten. Selbst diejenigen, die seit Geburt an unter den Menschen lebten und Gehorsamkeit geschworen hatten, spürten die Macht des Halsbandes wie ein pendelndes Damoklesschwert. "Eines muss ich von Ihnen wissen", Levis beugte sich nach vorne, er sah zu Devon. "Sind Sie gekommen, um sie mitzunehmen?" "Das ist unsere Absicht", bestätigte Devon. Der Mann schnaubte. "Und Izara, hat sie ein Mitspracherecht oder läuft es darauf hinaus, dass sie keine andere Wahl hat?" "Glauben Sie, mein König und ich würden uns bei Ihnen vorstellen, wenn wir die Absicht hätten, sie zu entführen?!" Trias knurrte. Er nahm immer alles zu persönlich. "Wir sind keine Paladine-" "Das reicht, Trias", sagte Devon, bevor sich der Volan vergaß. "In erster Linie wollen wir ihren Schutz gewährleisten. Sobald die Verwandlung vollzogen wurde, wird ihre Aura sie verraten." "Dann ist sie hier nicht sicher", erwiderte Levis. Er schien noch immer nicht überzeugt von den Absichten der beiden Drachen, geschweige denn, dass sie in der Lage wären, seine Ziehtochter zu beschützen. Die Skepsis eines Vaters, dachte Devon, der einen Generationenkampf aufflammen spürte. Dabei war Devon um etliche Jahre älter als der Mensch, wenn es ihm auch nicht anzusehen war. "Ihre Erweckung steht kurz bevor, nicht wahr?", sagte Devon stattdessen. Levis nickte. "Ihr Geburtstag ist in zwei Wochen." Was?! "Das kann nicht sein", Devon erhob sich. Dafür dass sie noch zwei Wochen haben sollte, war ihr Zustand bereits zu weit fortgeschritten. "Sie müssen sich irren!" "Alizja hat den fünfundzwanzigsten als ihren Geburtstag eintragen lassen." "Nein!" "Was mein König meint", auch Trias hatte sich erhoben, "die Verwandlung hat bereits begonnen. Es besteht kein Zweifel, dass die Erweckung innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden erfolgen wird…" Trias versuchte, das Paar zu überzeugen. Für Devon bestand die Unterhaltung aus unvollständigen Sätzen, er nahm nicht einmal mehr wahr, wie sich die Hyrakonda echauffierte. Er dachte nur noch an die Himmelsgöttin. Überall im Haus hatte sich ihr Duft verteilt. Seine Sinne fokussierten sich, er schnüffelte und trennte das Wichtige von dem Unwichtigen. "Zeigen Sie mir ihr Zimmer", sagte Devon. Levis, der mitten in einer Diskussion mit Trias steckte, drehte sich zu Devon. Er machte große Augen, nickte dann aber und führte sie in den ersten Stock. "Ich weiß wirklich nicht, warum Alizja gelogen haben soll", er sprach mehr mit sich selbst. An diesem Tag waren zu viele Geheimnisse gelüftet worden - für einen Menschen scheinbar zu viele. Er öffnete die linke Tür, obwohl Devon selbst darauf gekommen wäre. Ihr Duft war wie eine gigantische Wolke, die sich in dem Zimmer ausgebreitet hatte und direkt davor umarmte ihre persönliche Note die Holzbalken des Türrahmens. Aromen verschiedenster Emotionen hafteten an Stühlen und Tischen, den Schränken und dem Bett. Der Drache in ihm wollte sich sofort darauf stürzen. Die unterschiedlichen Eindrücke machten es schwer, einen kühlen Kopf zu bewahren, geschweige denn seine niederen Instinkte zu ignorieren, aber er musste sich zusammennehmen. Er lief auf die Mitte des Zimmers zu. Die Möbel waren allesamt an die Wände gestellt worden, als hätte sie erst vor kurzem umgeräumt. Das Zimmer war klein, zu klein für einen Drachen, aber Izara hatte das Bestmögliche herausholen können. Der Platz in der Mitte war eine stille Vorbereitung auf die anstehende Verwandlung, das Gefühl, von alles und jeden eingeengt zu werden, war typisch für einen Drachen. Seine Nase witterte etwas. Er trat an den Frisiertisch und berührte flüchtig die einzelnen Fläschchen. Da waren Lavendel, ein ungeöffneter Duftflakon. Seine Finger griffen unter den Tisch. "Was ist das?", Levis war an ihn herangetreten, schaute an dem mächtigen Drachen vorbei. "Kräuter", antwortete Devon, "zur Betäubung der Schmerzen." "Schmerzen!? Was für Schmerzen?" Devon ignorierte die Frage und lief zum Bett. Die Laken waren relativ frisch, doch unter der Matratze musste etwas versteckt worden sein. "Wadenwickel für das Fieber", sagte er und legte den Stoff zwischen seine Finger. "Ich verstehe das nicht." Das glaubte Devon ihm aufs Wort. Sein Gesicht war wie erstarrt, fassungslos sah Levis auf die Tücher. "Die Erweckung von Drachenmenschen ist eine heikle Angelegenheit", erklärte Trias. Er war an seinen König herangetreten, seine Nervosität war ihm anzumerken. "Sie durchlaufen eine harte Vorbereitungszeit. Manche überleben die Verwandlung nicht." "Hoheit, was ist, wenn…" "I-ich", Levis schien kurz vor einem Nervenzusammenbruch. "Warum hat sie nichts gesagt? I-ich…ich hätte doch…wir hätten es doch gemerkt, wenn sie so leidet. Ich kenne sie, Izara würde uns nie anlügen." "Unsereins kann Schmerzen sehr lang ertragen", sagte Devon, auch wenn er wusste, dass es dem Menschen nichts nutzte. "Izara", flüsterte am Türrahmen die Hyrakonda. "Wo ist sie jetzt?", Devon wusste, dass nicht mehr viel Zeit blieb. Ihre Spur - sie verblasste. "Sie ist noch bei ihrer Freundin", erwiderte Levis wie in Trance, "drei Straßenblocks von hier." Aber Devon schüttelte den Kopf. "Ich spüre sie nicht mehr", sagte Devon und lief zum Fenster. Er riss es auf, kalte Luft schlug ihm ins Gesicht. Der Regen hatte eingesetzt, aber das war nicht der Grund, warum er sie nicht mehr wahrnehmen konnte. Nicht der einzige. Verdammt! "Sie ist geflohen - irgendwohin, wo sie sich ungestört verwandeln kann." "Seid Ihr sicher, Hoheit?" "Ja", knurrte Devon, Regentropfen verfingen sich in seinem Haar. "Oh nein!", rief Kaia und schlug die Hände vor den Mund. "A-aber", stammelte Levis, "was hat das-" "Das heißt, sie ist fort", Devon schlug das Fenster zu. "Weit kann sie nicht gekommen sein, Hoheit." "Ich weiß", und in der Sprache der Menschen fügte er hinzu: "Ich werde sie suchen gehen, aber vorerst brauche ich Ihre Hilfe." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)