Drachenjagd von Lady_of_D (Die Himmelsgöttin) ================================================================================ Kapitel 11: Izara ----------------- Die letzten Stunden verbrachte Izara mit Levis und Kaia. Es war nichts Spektakuläres, sie aßen zusammen Kaias legendäre Rindfleischsuppe, danach half ihr die Hyrakonda beim Packen. Ein paar Kleider, hauptsächlich kleinere Erinnerungsstücke - mehr brauchte Izara nicht. Sie wusste, dass sie nichts aus ihrem alten Leben behalten musste, außer vielleicht ein paar Himbeerpralinen, weil diese einfach keiner besser machen konnte als Kaia. "Ich werde die Arbeit im Pralinengeschäft vermissen", sagte sie und strich über das Bild, das Levis einst für sie gemalt hatte. Es zeigte einen Sonnenaufgang, nahe der Hauptstadt, auf einem Felsvorsprung. "Ich weiß nicht, was ich ohne dich machen soll, Izara", Kaia zog sie in ihre Arme, "aber ich weiß, dass du dein Glück finden wirst." Izara hoffte es. Unten wartete Levis. Sie mussten früh los, um Vebrix noch vor der Mittagsstunde erreichen zu können. Die erste Strecke liefen sie zu Fuß, auch wenn noch keiner Verdacht schöpfte, würde sich das schnell ändern, sobald Izara in einem der Droschken säße. Erst als die erste Weggabelung auftauchte und die Hälfte der Strecke geschafft war, reisten sie in einem der Wagen mit. Izara hätte gerne die Zeit genutzt, ein paar letzte Worte mit ihrem Ziehvater zu wechseln. Sie hatte das Gefühl, dass es noch so viel gab, worüber sie reden mussten. Zum Beispiel über die Zeit, als ihre Mutter starb und Levis die Verantwortung übernommen hatte. Oder damals in der Schule, als Izara zwei ihrer Mitschüler verprügelt hatte und Levis deswegen zum Direktor musste. Er hatte nie gefragt, warum sie die beiden Jungs verhauen hatte und es hatte nie Schelte dafür gegeben. Izara öffnete ihren Mund. Vielleicht war dies das Geheimnis ihrer engen Bindung. Dass sie immer einander vertraut hatten - egal, was kam. Augenblicklich schloss sie wieder ihren Mund. Möglicherweise war es gut, die Dinge unausgesprochen zu lassen. Dann hätte sie etwas, worüber sie mit ihm reden könnte, wenn sie sich wiedersahen. Levis legte eine Hand auf ihren Oberschenkel und lächelte. Er schien denselben Gedanken gehabt zu haben. Das brachte auch Izara zum Lächeln. Nach einigen Stunden erreichten sie die zweitgrößte Stadt des Landes. Während der Fahrt hatte Izara ein wenig schlafen wollen, doch die Aufregung hatte sie kein Auge zumachen lassen. Auch Levis wirkte erschöpft, er führte Izara durch die Stadt und gähnte immerzu, während er den Uhrenturm im Auge behielt. Der Bahnhof war nicht zu übersehen. Im Zentrum der Stadt war er doppelt so groß wie das Rathaus von Kandio. Tausende Menschen tummelten sich um und in dem Gebäude. Izara schaute sich um. So viele Menschen an einem Punkt hatte sie noch nie gesehen. Vebrix war eindrucksvoller als aus den Erzählungen ihres Ziehvaters. "Gleis sieben", sagte Levis und schob Izara an eine Gruppe Menschen vorbei. Izara folgte ihm stolpernd, während sie mit den Blicken alles aufzufangen versuchte. "Da", stöhnte Levis, als sie eine breite Treppe hinaufgestiegen waren. Auf Gleis sieben schnaufte bereits die Dampflok. Schwarzer Rauch stieg empor, ein paar Dunstschwaden hatten sich auf dem Boden verteilt. Izara hatte sich einen Zug eher pompös und edel vorgestellt. Dieser hier machte einfach nur Dreck, sie wusste nicht, ob die fünfstündige Fahrt so angenehm werden würde, wie man es ihr vorgeschwärmt hatte. Ein Blick auf einen der mittleren Waggons ließ sie innehalten. Die Drachen standen direkt vor einer der Türen, sie hatten Izara längst in der Menschenmasse erkannt und sahen zu ihr herüber. Dann haben sie es also geschafft? "Gerade noch pünktlich", murmelte Trias, der Izara das Gepäck abgenommen hatte und dabei war, in den Wagen zu steigen. Wie er einfach so verschwand, ließ Panik in ihr aufkommen. Der Abschied kam viel zu schnell. Was sollte sie Levis in der kurzen Zeit sagen? "Alles ist gut", Levis lächelte sie an. Ein letztes Mal warf sie sich in seine Arme. "Danke", hauchte sie in seine Halsbeuge, "für alles." "Du wirst immer meine Tochter bleiben. Vergiss' das nicht." Izara unterdrückte ein Schniefen. Würde sie jetzt weinen, sie wüsste nicht, ob sie je wieder aufhören könnte. Ein schrilles Pfeifen entriss Izara seiner Umarmung. "Ihr müsst los", sagte Levis und wandte den Blick ab, um sich flüchtig eine Träne aus dem Gesicht zu wischen. Ach, Lev! Sie nickte, auch wenn sich das alles falsch anfühlte - es gab kein Zurück mehr. König Devon ließ ihr den Vortritt und Izara stieg in den Zug. Das ist kein Abschied für immer, wiederholte sie wie ein Mantra in ihrem Kopf. * War Levis bereits keine sonderliche Plaudertasche, schienen die Drachen einen Schweigewettkampf begonnen zu haben. Wenn sie kommunizierten, dann nur mit den Augen. Manchmal beobachtete sie einen der beiden heimlich vom Fenster aus. Nachdem sie eine Stunde nur Ödland gesehen hatte, war der Ausblick nicht mehr allzu spektakulär, dass sie nur noch das Ende der Reise herbeisehnte. Der Leibwächter machte einen zerknirschten Eindruck. Er war ein wenig blass um die Nase, seine Augen sahen stur geradeaus. Neben ihm wirkte der König geradezu ausgeruht. Sein Blick glitt in die Ferne, er schien in seinen eigenen Gedanken gefangen zu sein. Der Ausdruck war so unergründlich, dass Izara wieder einmal fasziniert von ihm und seiner Aura war. Sie hätte gerne gewusst, was in seinem Kopf vorging, und ob Izara etwas tun könnte, um ihm das Leben leichter zu machen. Wo kommt das denn jetzt her?!, Izaras Wangen begannen zu glühen. Kurz huschte sein Blick in Richtung Fenster. Ihre Augen trafen sich und Izara fühlte sich ertappt. "Ich muss dir noch etwas geben", sagte er nach einer peinlichen Schweigeminute (Izara war es peinlich, der König schien wieder einmal die Ruhe selbst zu sein). Sie horchte auf, beobachtete neugierig, wie er seine Hand in die Hosentasche steckte und ein Armband herausholte. "Von deiner Freundin", fügte er hinzu. Izara nahm das Armband entgegen. Es war aus einer rotgoldenen Strähne geflochten worden. "Mayabe", Izara lächelte, "dann wurden die Drachen wirklich befreit?" "Ich halte immer mein Wort", entgegnete er. Verlegen nickte sie. Sie hatte seine Glaubwürdigkeit nicht in Frage stellen wollen. Es war einfach…so unglaublich, dass ihre Freunde befreit worden waren und nun in Freiheit leben konnten. "Wo sind sie jetzt?" "Fort", antwortete er, "zumindest weit genug, um nicht entdeckt zu werden. Ich vermute, einige werden die Hauptmetropole aufsuchen." "Dragor ." Wie schön wäre es, wenn ihre beste Freundin in ihrer Nähe wäre! Dieser kleine Hoffnungsschimmer war tröstend und mit einem weniger schweren Herzen in der Brust blickte sie wieder aus dem Fenster. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)