Drachenjagd von Lady_of_D (Die Himmelsgöttin) ================================================================================ Kapitel 21: Izara ----------------- An das Kleid gewöhnte sie sich, was sie deutlich mehr Nerven kostete waren Hallswejfs Töchter - Fiona und Lotta. Die beiden jungen Frauen, die kaum älter als Izara waren, hatten während des Abends nichts Besseres zu tun, als König Devon mit sinnlosem Geplauder und Schmeicheleien zu überfallen. Offensichtlicher hätten sich die beiden Damen nicht dem König um den Hals fallen können. Ihre Komplimente waren seit Wochen einstudiert und die vielen unauffälligen Gesten brachten Izaras Blut zum Kochen. Fehlte nur noch, dass sie direkt in seine Arme stolperten, und wäre nicht der Esstisch zwischen ihnen gewesen, eine von ihnen hätte sicher den Versuch gewagt. Wie konnte man sich einem Mann - nein, einem Drachen und dann auch noch dem Drachen! -, wie konnte man sich ihm so anbiedern? Mit zusammengekniffenen Augen lauschte sie der Unterhaltung. Kaum ein anderer kam zu Wort, die beiden Schnattertaschen schlossen fast nie den Mund und Izara war kurz davor die Augen zu verdrehen. "Vater hat uns schon so viel über das Drachenschloss erzählt", schwärmte Fiona, die Jüngere von beiden. Ihre dunkelroten Löckchen wippten jedes Mal, wenn die Fürstentochter zu kichern begann. Sie war hübsch, auch wenn der Ausschnitt den Fokus auf etwas anderes als ihr Gesicht lenkte. Bei dem Großen Drachen, selbst Izara musste ständig darauf starren. Der Nachtisch wurde serviert, der Pudding duftete himmlisch, doch Fiona hatte nur Augen für König Devon. "Irgendwann muss ich es mir unbedingt ansehen." Hatte sich das Weib gerade selbst eingeladen?! Izara stopfte sich den Löffel voll Pudding in den Mund. Was glaubten die beiden, wer sie waren? Izara war noch nie so wütend gewesen. Die jungen Frauen wurden ihr von Minute zu Minute unsympathischer. Sie wünschte sich Kyia und den Rest der Drachenweibchen an ihrem Tisch. "Zurzeit ist das Reisen nach Dragor kompliziert. Selbst für Euch und den Fürsten", antwortete König Devon. Das war kein eindeutiges 'nein'. Dass der König so ruhig darauf antwortete, machte Izara nur noch rasender. Sie schob sich den nächsten vollen Löffel in den Mund und warf den beiden Frauen giftige Blicke zu. "Wenn Ihr die Paladine erst einmal unter Kontrolle habt", entgegnete Lotta und lächelte scheu. Die Schüchterne spielen hatte die Ältere deutlich besser drauf. Aber Izara durchschaute die Fürstentochter. Sie konnte sich das nicht länger anhören. Die beiden Frauen hatten überhaupt keine Ahnung, wovon sie da sprachen. "Jemand wie Ihr, der so mächtig ist…" Ein Knurren drang aus Izaras Innersten. Die Mädchen hörten nichts, ebenso wenig der Fürst und dessen Gemahlin. Nur König Devon sah überrascht in ihre Richtung. Izara ließ beinahe den Löffel mit dem Pudding fallen. Was war das für ein Laut gewesen? Es hatte sich so angehört, als hätte ihr Magen durch ein Sprachrohr gegrummelt. Und wieso musste ihn ausgerechnet der König hören? Schnell widmete sie sich ihrer halbleeren Schüssel. "Ich glaube, es ist genug", schaltete sich Fürst Hallswejf ein. Er tupfte sich den Mund mit einer Serviette ab. "Dies ist wohl kaum das passende Thema für zwei Damen." Izara hätte dem König um den Hals fallen können. * Für die nächsten drei Tage stand viel auf dem Programm. Die Fürstin hatte sich um alles gekümmert, damit ihren Gästen auch ja nicht langweilig wurde. Dabei hätte Izara liebend gern einen Moment für sich gehabt. Als erstes war ein Waldspaziergang angekündigt worden. Nach dem Mittagessen marschierten sie los, die beiden Leibwächter immer ein paar Schritte hinter der Fürstenfamilie und den königlichen Hoheiten. Izara lief hinter den Töchtern, die sich darüber beklagten, wie furchtbar langweilig es hier doch wäre und von der Hauptstadt schwärmten, die sie so sehnlichst vermissten. Sie hörte kaum hin, die Umgebung war viel zu beeindruckend, dass sie vollkommen davon eingenommen worden war. "Gefällt es Euch hier?" Zu ihrem Schreck war es der Fürst persönlich, der sich zu ihr gesellte. Die Arme hinter dem Rücken verschränkt, musterte er Izara amüsiert. Er schien sichtlich seinen Spaß zu haben, Izara zu überrumpeln. Sie wurde ganz rot im Gesicht. "Ich weiß, die Damen wollen heutzutage lieber etwas erleben, statt ihre Freizeit mit Spaziergängen zu verschwenden. Meine Töchter haben auch nur noch Tanzabende und Gesellschaften im Kopf." "Oh nein", entgegnete Izara, "es ist wunderschön hier. Ich", sie spürte, wie die Wangen heiß wurden, "ich liebe die Zurückgezogenheit." "Ja, man hat das Gefühl, der Welt entfliehen zu können", der König ließ den Kopf in den Nacken fallen, "das ist auch der Grund, warum ich immer wieder hierherkomme." Er lächelte. "Und natürlich wegen der Geschäfte." "Wenn Ihr mir die Frage erlaubt", begann Izara. Dabei wusste sie selbst nicht, ob es so eine gute Idee war, davon anzufangen. "Warum habt Ihr Euch mit dem Drachenkönig verbündet?" "Interessant, dass Ihr mir gerade diese Frage stellt, Prinzessin." Er fixierte sie neugierig. "Ich muss zugeben, ich kenne nicht viele, die sich gegen die Gemeinschaft der Paladine stellen", Izara bereute schon jetzt, dass sie überhaupt davon angefangen hatte. Deutlich spürte sie die Blicke ihrer Leibgarde im Rücken, und auch König Devons Präsenz schien nicht weit. "Ich wollte keineswegs sagen, dass-" "Ich verstehe sehr gut, was Ihr sagen wollt", Fürst Hallswejf lachte auf, "und Ihr habt recht. Den Paladinen die Stirn zu bieten, ist nicht gerade ungefährlich. Aber ich habe keine Angst vor ihnen. Sie mögen mächtig sein, aber auch nur, wenn wir uns von ihnen abhängig machen. Das ist ihre stärkste Waffe; den Leuten das Gefühl geben, ohne sie nicht zurechtzukommen. Ich habe mich vor Jahren gegen ihren sogenannten Schutz entschieden. Whalla ist sicher, auch ohne ein paar Ritter in magischer Rüstung, die meinen, allen anderen Spezies überlegen zu sein - einschließlich uns Menschen." "Aber fürchtet Ihr nicht, sie könnten-" "In mein Reich einfallen? Das Fürstentum stürzen?" Izara starrte auf den Boden. "Damit liegt Ihr nicht ganz falsch, Prinzessin. Die Paladine Medaniens haben große Pläne, der Großmeister hat große Pläne. Ihr habt von ihm gehört?" Wer nicht? Als Drache in Leibeigenschaft war der Name wie das Phantom in der Dunkelheit. "Sie wollen den Kontinent für sich einnehmen - Medanien, Isven, Drakheim und Whalla", sprach der Fürst weiter, "sobald ihr Einfluss die Meeresengen passiert, werden sie kaum noch aufzuhalten sein. Der König von Medanien hat sich eine Krankheit in sein Reich geholt, die sich schlimmer ausbreiten wird als die Pest. Das ist einer der Gründe, warum ich mein Vertrauen in das Drachenvolk lege. Schon damals, als König Juras noch lebte, habe ich alles getan, damit diese Paladine aus meinem Reich verschwinden." "Ich wusste nicht, dass ihr den alten König persönlich kanntet." "Wir sind uns einmal begegnet. Das war kurz bevor…nun, Ihr wisst es ja bereits. Er wollte mich unbedingt treffen, er hatte seine eigenen Pläne, müsst Ihr wissen. Dass er verschwunden ist, war ein großer Verlust." Er schüttelte den Kopf. "Ich bin froh, dass König Devon zu mir gekommen ist und die Verhandlungen weiterführen wollte. Dass, was er mir bieten kann, ist dreimal so viel wert wie aller Schutz, den mir die Paladine vor die Füße werfen. Solange das Drachenvolk nicht fällt, können die Paladine aufgehalten werden und ich tue alles, um die Drachen bei ihrem Vorhaben zu unterstützen." Aufgehalten nicht, aber abgelenkt, dachte Izara und verkniff sich einen Kommentar. Für sie klang es so, als hielten die Drachen als Köder hin. Ihr Magen zog sich zusammen. Ob das der König wusste? "Ihr hättet König Devon sehen müssen", Fürst Hallswejf schwelgte weiter in Erinnerungen, doch Izara war die Lust an dem Gespräch vergangen, "Ihr müsst wissen, damals hat der Drachenkönig kaum ein Wort in unserer Sprache sprechen können. Die Verhandlungen waren schwierig, aber er hat es dennoch geschafft, mein Vertrauen zu gewinnen. Seine Ausstrahlung ist bemerkenswert." "Ja, das ist sie." Izara schaute zu dem König. Auch wenn sie nur seinen Rücken sehen konnte, spürte sie seinen eiskalten Blick, die wachsamen Augen, die ein Geheimnis umgaben und Izara nicht daran teilhaben lassen wollten. "Wenn Ihr mir nun eine Frage erlauben würdet", Fürst Hallswejf riss sie aus ihren Gedanken, "der König sagte mir, dass in Euch nicht nur Himmelsblut fließt." "Das ist richtig", Izara wäre lieber nicht darauf eingegangen. Aber der Fürst war neugierig. Einen Drachenmenschen hatte auch er noch nie zuvor getroffen. "Und welche Seite, meint Ihr, ist die richtige für Euch? Für was schlägt Euer Herz, Prinzessin?"   "Darüber habe ich noch nicht nachdenken können, Fürst." "Weil Euch noch nie jemand diese Frage gestellt hat? Ich verstehe." "Nicht nur das. Diese Frage hat sich bisher noch nie gestellt. Der König wird Euch bestimmt über die Umstände meiner Existenz aufgeklärt haben. Ich hatte kein Recht, eine Wahl zu treffen." Izara spürte einen Kloß im Hals. Darüber zu reden, war eindeutig nicht der richtige Zeitpunkt. Und der Fürst war nicht derjenige, vor dem sie sich erstmals öffnen wollte. "Das hat er", bestätigte Fürst Hallswejf, "es ist sowohl traurig als auch eine Fügung des Schicksals, dass ihr nur wegen der Knechtschaft der Paladine in Sicherheit ward." Darauf hatte Izara nicht hinaus gewollt, aber sie wollte dem Fürsten nicht widersprechen. Für ihn zählte nicht, was Izara die letzten neunzehn Jahre hatte erleiden müssen und sie wollte ihn auch deshalb nicht verurteilen. Niemand konnte nachempfinden, was es bedeutete, Drache und Mensch zu sein, in Knechtschaft zu leben und von den Verstoßenen verleugnet zu werden. Izara presste die Lippen zusammen. Sie hatte eigentlich nicht mehr darüber nachdenken wollen, aber es gab immer etwas oder jemanden, der sie ständig daran erinnern wollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)