Drachenjagd von Lady_of_D (Die Himmelsgöttin) ================================================================================ Kapitel 66: Izara ----------------- "Darf ich das denn überhaupt?", sie dachte an die vielen Regeln und Gesetze. Drachen liebten Vorschriften, an die sie sich Zeit ihres Lebens halten wollten. "Wer, wenn nicht du?", entgegnete er belustigt, "es ist schon so lange her, dass mich jemand bei meinem Namen genannt hat. Also, so richtig. Nicht, dass ich ihn noch vergesse." "Gibt es denn keinen-", Izara hielt selbst inne. Natürlich gab es keinen, der ihn nicht mit seinem Titel anredete. Bedienstete und Leibwächter, das gesamte Volk kannte ihn nur als Drachenkönig, und weil er nun mal der König war, war es ihnen nicht gestattet, seinen Geburtsnamen zu verwenden. Eine dämliche Regel, wie Izara fand. Sie selbst störte sich daran, seit sie im Schloss angekommen war. Der Titel Prinzessin war allgemein und unpersönlich. Sie hatte jetzt schon die Nase voll davon - dabei waren es keine drei Monde, seit sie lernen musste, damit umzugehen, und der König musste schon so viel länger damit leben. "In Ordnung…Devon", hauchte Izara. Ein wenig peinlich war es ihr schon. Es war etwas anderes, ihn mit du anzureden, wenn er bei Bewusstsein war. Sie hatte ihn bei seinem Namen genannt, weil es sich realer angefühlt hatte, als einem König übers Haar zu streichen oder seiner Hoheit die Wunden zu versorgen. "Und jetzt", sagte der König - also Devon - und brachte sich in Position, "sollten wir unser weiteres Vorgehen planen." Izara versteifte sich. "Stimmt", murmelte sie, "die Paladine werden sicher nach uns suchen." "Ich weiß nicht", antwortete Devon, "wenn sie nach uns suchen würden, hätten sie uns gefunden. So weit sind wir von ihrem Lager nicht entfernt - ein Ritt von ein paar Stunden, vielleicht einem halben Tag mehr nicht. Und selbst zu Fuß hätten sie uns einholen können... Trotzdem sollten wir uns beeilen, weiterzukommen." "Meinst du, dass du bereits so weit bist?" Izara bezweifelte es stark. Im Gegensatz zu Devon hatte sie seine Wunde gesehen. "Wir werden bis morgen warten müssen", antwortete Devon fast schon seufzend, "meine Kräfte brauchen noch einen Tag Ruhe. Bis dahin sollten wir uns um unser Lager kümmern. Wenn du mir beim Aufstehen helfen könntest…" "Natürlich." Izara tastete nach seinem Handgelenk. "Was hast du vor?" Der Drachenkönig war bereits in die Hocke gegangen, und Izara stützte ihn ein wenig, damit er wieder auf die Beine kam. "Wir müssen eine Schutzbarriere errichten. Und etwas Licht wäre auch nicht schlecht. Um das erste muss ich dich leider bitten, Izara." "Mich?", sie hatte nicht erwartet, dass er ihre Hilfe in Anspruch nehmen würde - und das gleich zweimal! "Du weißt, was eine Schutzbarriere ist, oder?" "Ich denke schon." Izara spürte seine Hand auf ihrer Schulter ruhen. Es lag viel weniger Gegengewicht als beim letzten Mal. Vielleicht würde der König wieder vollends genesen. Nach den Schrecken der vergangenen Tage war der Gedanke wie Balsam für ihre Seele. "Selbst, wenn ich weiß, was eine Schutzbarriere ist…ich habe doch keine Ahnung, wie das geht", Izara hatte schon Schwierigkeiten, sich eine Barriere vorzustellen. "Ich werde es dir zeigen", entgegnete Devon ruhig, "ich würde es selbst tun, aber mein Zustand erlaubt es mir nicht, Magie anzuwenden." "Ich weiß wirklich nicht, ob ich das kann", dass er plötzlich Vertrauen in sie hatte, war zu viel für Izara. Sie selbst vertraute sich ja nicht einmal genug, dass sie einfach so ihre Himmelskräfte freisetzen könnte. Was, wenn sie einen Fehler machte, alles nur noch schlimmer wurde und überhaupt- "Das Wichtigste ist, dass du die Kontrolle behältst", entgegnete Devon, der mit der anderen Hand an die Steinwand fasste und sich damit abdrückte. Leicht humpelte er. Izara bewunderte die Gelassenheit, die er ausstrahlte. Er musste Nerven aus Stahl haben, dass er die Schmerzen einfach so ignorieren konnte. Sie konnte sich noch nicht vorstellen, wie Devon bis morgen wieder fit werden sollte. "Du bist nur unsicher, weil du nicht gelernt hast, es zu beherrschen", sprach er weiter, "ich weiß, dass es meine Schuld ist. Ich hätte dir zeigen müssen, mit deinem Himmelsblut umzugehen." Er stockte, im Dunkeln stellte sie sich seinen zerknirschten Gesichtsausdruck vor. Leicht angesäuert fuhr er fort: "Ich dachte, es wäre zu gefährlich. Da du ohnehin genügend Schutz durch Kyia hattest, hielt ich es nicht für nötig, dich auszubilden. Ich verspreche dir, wenn wir zurück sind, werde ich das nachholen." Izara brachte nur ein Nicken hervor. Ihr Gesicht glühte, und dass sie ausgerechnet jetzt das Ende der Höhle erreicht hatten, war blanker Hohn. Ein kleiner weißer Fleck tauchte vor ihren Augen auf, bevor das Licht heller und der Fleck immer größer wurde. Es war Tag. Mittagszeit, wie Izara am Stand der Sonne vermutete. Ein paar dicke, graue Wolken bedeckten den Himmel. Die Nacht musste es geregnet haben, noch immer war der Boden weich und matschig. Zuerst steckte Devon den Kopf aus der Höhle. Dabei wies er Izara an, ein Stück hinter ihm zu bleiben, während er die Gegend nach dem Feind absuchte. "Nichts", sagte er schließlich, "entweder hat der Regen unsere Spuren verwischt oder sie suchen wirklich nicht nach uns." "Das ergibt keinen Sinn", sagte Izara mehr zu sich selbst. "Im Hauptquartier war es auch so still gewesen." Nur daran zurückzudenken, ließ sie frösteln. Sie wollte nie wieder an diesen Ort zurückkehren. "Hm", machte Devon, "erzähl' mir, wie du aus dem Gebäude geflohen bist." Und Izara schilderte ihm in allen Einzelheiten von ihrer Flucht. Devon schien wirklich wie ein Schlafwandler hinter ihr her getrottet zu sein, er hatte überhaupt keine Erinnerungen daran und hörte aufmerksam zu. Als Izara fertig erzählt hatte, trat Devon ein paar Schritte aus der Höhle. Er schaute auf den Boden, als inspizierte er jedes braun gewordene Blatt, das von den Bäumen gefallen war. "Ich verstehe", raunte er, "das erklärt, warum sie nicht nach uns suchen." "Du sprichst in Rätseln", entgegnete Izara, dass er seine Spurensuche fürs erste beendete. "Er hat die Plätze getauscht." Devons Antwort ließ Izara die Augenbrauen zusammenziehen. "Der Großmeister", erklärte Devon sich und kratzte sich an den Kopf. Erst jetzt bemerkte Izara, dass er Schwierigkeiten mit dem Sprechen hatte. "Er hat das Hauptquartier mit einer anti-magischen Barriere belegt." Devon schaute nach Osten. Der Wind blies sanft und mild. Für heute war wohl kein Regen zu erwarten. "Das hattest du erwähnt", bestätigte Izara und nickte. Sie fasste sich an den Hals. Selbst jetzt spürte sie den Abdruck des Halsbandes wie eine Mahnung an alte Zeiten. Izara hatte es während ihrer Flucht geschafft, es abzubekommen. Unter zahllosen Flüchen und zusammengebissenen Zähnen. Als Devon von der Schutzmauer erzählt hatte, war ihr übel geworden. Wenn Izara tatsächlich versucht hätte, ihre Himmelsmagie anzuwenden, wäre sie niemals lebend aus dem Verlies gekommen und Devon hätte sich vergeblich geopfert. "Was hat die Barriere damit zu tun, dass niemand auf dem Hauptsitz war?", Izara musste schnell auf andere Gedanken kommen - egal, wie. "Zumindest niemand Lebendiges", fügte sie hinzu und schüttelte sich. "Der Platztausch", antwortete Devon, "ist eine Form der Teleportation. Ich denke, dass ihm keine Wahl blieb und er die Barriere deshalb auf diese Weise verlassen musste." "Dafür hätte er doch Magie anwenden müssen, oder?" "Richtig", antwortete Devon, "ich habe keine Ahnung, wohin er sich und die Überlebenden hingebracht haben könnte. Dafür kenne ich mich zu wenig mit  Erdmagie aus. Sicher ist, dass die Paladine erst einmal andere Sorgen haben werden, als zwei entflohenen Himmelsdrachen hinterher zu jagen." "Meinst du, der Großmeister ist tot?"   "Nein", Devon schloss die Augen. Sie sah, wie er mit dem Gleichgewicht zu kämpfen hatte. Vorsichtig trat sie an ihn heran. "So schnell stirbt er nicht. Er hat einen Schutzwall errichtet, obwohl er sich damit selbst geschadet hat. Das macht nur jemand, der vollkommen irre ist…oder ein Ass im Ärmel hat." Er öffnete die Augen und sah zu Izara herunter. Seine Seelenspiegel begannen wieder an Tiefe zu gewinnen. Izara spürte diesen Sog und senkte die Lider, als der König sie sanft anlächelte. "Wir sollten mit der Arbeit beginnen", mit einem Kopfnicken zeigte er auf den Eingang der Höhle. Stimmt, das stand ja auch noch offen. Unsicher nickte sie. Devon trat ein paar Schritte näher an die Höhle, dass seine rechte Hand die Steinwand berührte. Izara folgte ihm. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)