Love against all Reason von Ukiyo1 (Liebe gegen jede Vernunft) ================================================================================ Kapitel 6: ----------- Tai Ich liege im Bett und scrolle durch Mimis Instagram Profil, was inzwischen sehr überschaubar geworden ist. Gut, sie hat ihre Hausaufgaben also gemacht. Alles andere hätte sie definitiv den Kopf gekostet. In den Kreisen, in denen die Kidos sich bewegen, wären derart provokante Bilder ein absoluter Skandal. Kaori wäre so etwas nie passiert. Sie ist immer korrekt, immer angepasst, immer diskret – ganz anders als Mimi. Ich beiße mir auf die Lippe und schüttle den Kopf. Ich will sie gar nicht miteinander vergleichen. Ich öffne den Ordner mit den Fotos von gestern und gehe alle noch mal durch. Die Aktion von Mimi, Joe zum Lachen zu bringen, war eine gute Idee. Er wirkt sonst immer so verkrampft auf Bildern, aber auf diesen lacht er ganz ausgelassen, genauso wie Mimi. Die beiden strahlen sich an. Allerdings frage ich mich ernsthaft, wie lange sie diese Scharade aufrechterhalten will. Hat sie wirklich vor, ihr ganzes Leben, ja sogar ihre Persönlichkeit umzukrempeln? Niemand schafft es sich um 180 Grad zu drehen – nicht für immer. Ich suche zwei Bilder aus, die ich gleich der Presse maile und eins für den offiziellen Twitter Account der Familie Kido. Es ist ein Foto, auf dem beide lächelnd in die Kamera schauen. Mimi sah gestern fantastisch in diesem Kleid aus und passt damit perfekt zu Joe, der sowieso immer einen Anzug trägt. Sie könnten das glamouröse Paar sein, dass die Menschen gerne sehen würden. Aber dann wische ich ein Bild weiter und sehe eine ganz andere Mimi. Bevor sie die meisten Bilder von ihrem Instagram Account gelöscht hat, habe ich mir einen Screenshot von einem ihrer Fotos gemacht. Sie sitzt am Strand, in kurzen Shorts, die Füße im Sand vergraben und sieht sich den Sonnenuntergang an. Ihre Haare sind zerzaust vom Wind, ihre Wangen gerötet und sie sieht sehr verträumt aus – und so gar nicht wie eine reiche Tochter. Das Foto wurde in L.A. aufgenommen, als sie ihren Träumen hinterher gejagt ist. Das ist noch gar nicht so lange her und plötzlich soll sie ein anderer Mensch sein? Tausche Freiheit gegen goldenen Käfig? Das ist eine Schande. Und dass sie nicht an die Liebe glaubt, gleicht einer Tragödie. Ich bin wirklich gespannt, wie lange sie das durchhält. In 2 Monaten ist die Verlobungsfeier. Ich wette darauf, dass sie bis dahin wieder in New York bei Mami und Papi sitzt. Nachdem ich die Pressemitteilung und den Twitter Post rausgeschickt habe, dusche ich und mache mich auf den Weg zum Kido Anwesen. Ich weiß, dass Joe längst im Krankenhaus ist und da es bereits 10.00 Uhr ist, hoffe ich, dass Mimi schon wach ist. Ich bin extra etwas später losgefahren, damit sie endlich ihren Jetlag ausschlafen kann. Hey, ich bin kein Unmensch. Allerdings würde es mich auch nicht stören, sie wieder mit Wasser zu übergießen. Das hat Spaß gemacht und der Anblick war auch nicht schlecht. Aber als ich an ihre Zimmertür klopfe, höre ich bereits eilige Schritte. Mimi macht die Tür auf und kurz traue ich meinen Augen kaum. Sie trägt tatsächlich die Klamotten, die wir gestern gekauft haben – eine weiße, langärmelige Bluse und einen langen schwarzen Rock. Dazu passenden Schmuck, sie ist gerade dabei sich die funkelnden Ohrringe zu zumachen. Ihre Haare hat sie nur leicht zurückgebunden. Jetzt sieht sie aus wie eine Kido. Doch anstatt ihr ein Kompliment zu machen, dränge ich mich nur an ihr vorbei ins Zimmer. „Hey! Ich kann mich nicht daran erinnern, dich reingebeten zu haben“, protestiert sie sofort, schließt aber trotzdem die Tür hinter mir. Ich schaue mich im Zimmer um. „Hier sieht’s aus wie in einem Schweinestall. Dir ist schon klar, dass es hier Hausmädchen gibt. Lass sie für dich aufräumen.“ „Auf keinen Fall“, widerspricht Mimi. Wieso kann sie nicht ein mal tun, was man ihr sagt? „Ich will nicht, dass jemand Fremdes meine Sachen anfasst.“ „Dann bring das in Ordnung. Oder willst du, dass Joe das Chaos sieht?“ Ich schnaube und hebe mit der Fingerspitze einen ihrer BH’s in die Höhe, der einfach so auf dem Bett liegt. „Obwohl … das könnte ihm durchaus gefallen.“ Mimi schnappt nach ihrem BH und reißt ihn mir aus der Hand. „Hast du nicht zugehört? Kein Fremder geht an meine Sachen!“ Ich grinse, während sie ihn in den Schrank wirft. „Ich bin kein Fremder, ich folge dir bei Instagram. Übrigens: gute Arbeit.“ Überrascht dreht Mimi sich zu mir um. „War das eben ein Kompliment?“ „Nein, das war nur das absolute Mindeste und längst überfällig. Du hättest es bereits tun sollen, bevor du in den Flieger gestiegen bist.“ Mimi schnauft und verdreht genervt die Augen. „War ja klar.“ „Wie auch immer. Bist du soweit?“, frage ich, doch sie tippt nur irgendwas auf ihrem Handy rum, ehe sie es zurück aufs Bett wirft und ins Bad eilt. „Gleich, ich lege nur noch etwas Make Up auf, dann können wir los.“ Ich schiele auf das Ding und greife es mir. Das Handy ist bei den meisten Menschen das Tor zu all ihren Abgründen. Ich muss einfach checken, ob sie sauber ist. Es ist nicht mal Passwort geschützt. Pfft, Anfängerin. Ich scrolle durch ihre Nachrichten, aber da ist nichts Verdächtiges. Nur ein paar SMS von ihrer Mutter. Klar ist das nicht sonderlich spannend. Was wirklich Einblicke gibt, ist ihr Browser Verlauf. Willst du wissen, welche Leichen die Menschen in ihren Kellern verstecken, schau dir an, wonach sie gegoogelt haben. Anscheinend war sie gestern Abend das letzte Mal im Internet und hat das Wort Pneumologie gegoogelt. Ich muss mir ein Lachen verkneifen – nicht ihr Ernst! Ich scrolle weiter: Seiten von teuren Cremes und Beauty Produkten, ein bisschen YouTube, Seiten von bekannten Visagisten aus L.A. … Aber dann springt mir etwas ins Auge. Suche nach Gewinnspiele, schnelles Geld verdienen. Und dann: ein Forum für ‚Arrangierte Ehen‘ und wie Leute damit reich geworden sind. Aber wozu? Sie kommt doch bereits aus einer sehr wohlhabenden Familie. Ich verenge die Augen zu zwei schmalen Schlitzen und balle eine Hand zur Faust. Ich wusste, dass da was faul ist. Mir war von Anfang an klar, dass sie Dreck am Stecken hat und Joe nur benutzt, um an Geld zu kommen. Aber warum? Was ist ihr Schlimmes widerfahren, dass sie deswegen bereit ist, ihr ganzes Leben aufzugeben und einen Mann zu heiraten, den sie nicht kennt? War das Gefasel von der unerfüllten Liebe gestern wieder nur Show? Und ich bin darauf reingefallen. „Ich bin jetzt soweit“, ruft Mimi und ich höre ihre Schritte. Schnell schmeiße ich das Handy zurück aufs Bett. Als sie aus dem Bad kommt, bleibt sie kurz stehen und sieht mich irritiert an. „Was ist? Du siehst so ernst aus.“ Ich beiße die Zähne aufeinander und gehe zur Tür. „Es ist nichts. Komm, wir sind spät dran.“ Die Fahrt zum Krankenhaus ist die pure Folter und ich muss mich beherrschen, sie nicht zu schütteln und sie anzuschreien, dass sie mir endlich die Wahrheit sagen soll. Wie soll ich Joe und die Kidos beschützen, wenn sie mir nur Lügen auftischt? Doch selbst, wenn ich sie schütteln wollen würde, könnte ich es nicht, da ich heute der Fahrer bin. Eine Limousine wäre heute viel zu übertrieben gewesen, schließlich fahren wir in ein Krankenhaus. Daher nehmen wir heute einen von Joes Wagen. „Was steht heute noch auf dem Plan, nachdem wir im Krankenhaus waren?“, erkundigt sie sich irgendwann bei mir, nachdem wir uns eine halbe Stunde lang angeschwiegen haben. Gott, der Verkehr ist heute mal wieder die Hölle. „Nachdem du mit Joe zu Mittag gegessen hast, gibt’s eine Nachhilfestunde in Sachen VIP’s“, erkläre ich ihr ganz geschäftig, doch Mimi lacht nur. „Was denn? Treffen wir etwa den Kaiser? Oder besser noch: Brad Pitt?“ Diese Frau macht mich wahnsinnig! „Nein, wir treffen nicht Brad Pitt“, antworte ich deutlich genervt und frage mich, warum sie das nicht alles etwas ernster nimmt. „Ich zeige dir online alle wichtigen Leute, die du kennen musst und die wichtige Geschäftspartner der Kidos sind. Ärzte, Anwälte, Richter, Politiker … die Kidos haben viele einflussreiche Freunde. Wenn du sie bei der nächsten Gala treffen wirst, wäre es gut zu wissen, wer diese Menschen sind. Glaub mir, Joe wird dich ihnen allen vorstellen und du willst dich doch nicht blamieren, oder?“ Ich höre Mimi neben mir die Luft auspusten. „Man, ist das trocken.“ „Du bist nicht zum Vergnügen hier“, sage ich eine Spur zu hart, denn ganz offensichtlich ist sie das nicht. Beleidigt verschränkt Mimi die Arme vor der Brust. „Das weiß ich selbst. Ich werde mich anstrengen.“ Ich seufze innerlich. Mir wird klar, dass, was auch immer sie verheimlicht, ich so überhaupt nichts aus ihr rauskriege. Ich muss es irgendwie schaffen, dass sie mir mehr vertraut. Nur so werde ich erfahren, warum sie wirklich hier ist. Beim Krankenhaus angekommen fahren wir ins Parkhaus. Ich checke noch mal schnell mein Handy, ob die Pressemitteilung auch genauso rausgegangen ist, wie ich es wollte und stoße bereits jetzt auf den ersten Artikel: Wer ist die Frau an Joe Kidos Seite? Sie beginnen bereits Fragen zu stellen. Nicht gut. Ein Pressesprecher der Familie Kido, die in ganz Tokyo für ihre erstklassigen Krankenhäuser bekannt ist, gab heute Morgen bekannt, dass Joe Kido, der jüngste Sohn der Ärztefamilie Kido sich verlobt hat – mit einer Unbekannten. Wer ist die hübsche Brünette an seiner Seite? (siehe Foto rechts) Bis jetzt wissen wir nur, dass sie aus dem Ausland angereist ist, jedoch gebürtige Japanerin sei. Man munkelt, die Ehe sei seitens der Eltern arrangiert worden. Schon zwei Jahre zuvor wurde ihr ältester Sohn Jim Kido mit Kaori Minamoto verheiratet, was damals DIE HOCHZEIT des Jahres war – arrangierte Ehen sind also nichts Neues in der Familie Kido. Trotzdem fragt man sich: warum so plötzlich? Was steckt hinter der unbekannten Schönheit, von der wir bis jetzt nichts wissen? Wie wir bereits in Erfahrung bringen konnten, hat sie die letzten Jahre in New York und L.A. gelebt. Was veranlasste sie, ausgerechnet einer Ehe mit Joe Kido zuzustimmen? Daneben das Foto von Mimi und Joe, dass ich geschossen habe, mit ihren Namen. Fuck. Das war so klar, dass sie sich nicht nur mit einem Namen zufriedengeben. Sie wollen ALLES wissen. Jedes Detail. Jede noch so kleine Ecke ihrer Persönlichkeit wollen sie beleuchten und auseinandernehmen. Für die Medien gibt es nichts Interessanteres als einen öffentlichen Skandal. Aber den werden sie nicht kriegen. Nicht, wenn ich schneller bin. „Ist alles in Ordnung?“, fragt Mimi und sieht mich besorgt an. Kein Wunder, glücklich sehe ich nicht gerade aus. Ich halte ihr mein Handy hin, so dass sie es kurz überfliegen kann. „Glückwunsch, du bist in der Zeitung.“ Mimi’s Augen huschen über den Artikel und mit jedem Wort wird sie nervöser. „Ich habe dir ja gesagt, dass das passieren wird“, sage ich und nehme ihr das Handy wieder aus der Hand. „Meinst du, sie wollen noch mehr über mich herausfinden?“, fragt Mimi fast schon geistesabwesend. Irgendwie sieht sie ziemlich geschockt aus. „Davon kannst du ausgehen.“ „Okay.“ Ich sehe, wie sie sich auf die Unterlippe beißt und ihre Gedanken gerade ganz woanders sind. Verdammt! Am liebsten würde ich diese Frau wirklich einfach schütteln. Beruhige dich. Vertrauen, du brauchst ihr Vertrauen. „Hey, komm schon“, sage ich versöhnlich und greife nach ihrer Hand. „Mach nicht so ein Gesicht.“ Überrascht hebt sie den Kopf und sieht mich an. „Du hast selbst gesagt, die Verlobung ist beschlossene Sache. Was können die schon über dich schreiben, was Joe oder der alte Kido nicht eh schon von deinem Vater wissen? Schließlich sind sie alte Freunde.“ Wahrscheinlich eine ganze Menge, sagt mir zumindest mein Bauchgefühl. Mimi schluckt schwer, dann nickt sie jedoch und ringt sich sogar zu einem Lächeln durch. „Ja, du hast recht. Wollen wir dann?“ Wir steigen aus und gehen zum Fahrstuhl. Bereits auf den Weg dorthin, werden wir von dem grellen Blitzlicht einer Kamera überrascht. Mimi kneift erschrocken die Augen zusammen, aber ich reagiere schnell und schiebe mich vor sie. Irgendein Paparazzo muss uns gefolgt sein und hat jetzt auf seinen großen Moment gewartet. Gott, wie ich diese Leute hasse. Kein Respekt vor Privatsphäre. Als sich die Fahrstuhltüren öffnen, schiebe ich sie rein und zum Glück folgt der Kerl uns nicht. „Danke“, meint Mimi schwer atmend und sieht mich sorgenvoll an. „Wird das ab jetzt immer so sein?“ „Nicht immer“, lüge ich, um ihr ein bisschen die Angst zu nehmen. „Nur ziemlich oft. Zumindest bis nach der Hochzeit. Danach werden sie Stück für Stück das Interesse verlieren und ihr taucht nur noch ab und zu in den Medien auf. Zumindest war es so bei Jim und Kaori.“ Dass selbst die beiden fast jede Woche in der Zeitung sind, verschweige ich lieber. Aber mir ist schon jetzt klar: sie ist so was von Haifutter. Oben angekommen, gehe ich geradewegs zu Joes Büro. Mimi folgt mir und sieht sich dabei immer wieder suchend um. „Keine Sorge“, sage ich, weil ich ihre Anspannung förmlich spüren kann. „Wenn jemand von diesen egoistischen, attraktionsgeilen Paparazzi hier auftaucht, rufen wir den Sicherheitsdienst.“ Mimi sieht sich immer noch suchend um, wirkt wie ein scheues Reh, trotzdem sagt sie: „Sie machen nur ihren Job.“ „Sie machen nur ihren Job?“, wiederhole ich fassungslos und zische dabei verächtlich. „Das sind Hyänen, die nicht zögern, dich vor laufender Kamera zu zerfleischen. Du kannst sagen, was du willst, das sind seelenlose Monster, die für ein bisschen Geld alles machen, auch wenn sie dabei deine Grenzen überschreiten.“ „Das sind ziemlich radikale Ansichten“, merkt Mimi an und ich frage mich, warum sie ausgerechnet solche Leute in Schutz nimmt. „Würdest du auch so über den Mann denken, wenn dieses eine Foto davon abhängt, ob er seine Monatsmiete bezahlen kann oder in ein paar Tagen obdachlos ist? Oder wenn er viele Kinder hat, die er versorgen muss?“, fragt Mimi. „Ich glaube daran, dass niemand schlimme Dinge tut, weil er ein schlechter Mensch ist. Menschen tun schlimme Dinge, weil sie verzweifelt sind.“ Ich schnaube ergeben. „Klingt, als wüsstest du, wovon du redest“, sage ich und muss tatsächlich ein wenig lächeln. „Auch wenn es etwas naiv ist.“ Wir bleiben vor Joes Büro stehen und ich klopfe an. Als wir eintreten, sitzt er gerade hinterm Schreibtisch und tippt etwas in seinen Computer ein. „Jo, was geht?“, rufe ich in den Raum und Mimi sieht mich entrüstet an, weil ich meinen Boss so formlos begrüße. Sie verbeugt sich natürlich, diese Schleimerin. „Hallo Joe, ich hoffe, wir kommen nicht ungelegen“, sagt sie und Joe springt prompt von seinem Platz auf, als würde er sich wirklich darüber freuen, dass sie gekommen ist. Hat sie ihn etwa schon um ihren Finger gewickelt? „Nein, überhaupt nicht“, sagt Joe und verbeugt sich ebenfalls ganz höflich. Dann gibt er Mimi einen Handkuss, die direkt ein wenig rot wird. Was? Wo bin ich hier? Ist er über Nacht zum Ritter geworden? Angewidert verziehe ich das Gesicht und sehe schnell weg, um diesen intimen Moment nicht zu stören. Er scheint ihr ja jetzt schon verfallen zu sein. „Was hältst du davon, wenn ich dir gleich erst mal das Krankenhaus zeige? Wir haben einen fantastischen Park“, schlägt Joe vor und Mimi nickt lächelnd. „Ja, sehr gerne.“ „Vorher muss ich aber noch zu einer Untersuchung. Tai, deine Schwester hat heute einen Termin bei mir. Ich dachte, vielleicht möchtest du dabei sein?“ Kari ist hier? Was für ein Zufall. „Ja, ich komme gerne mit“, sage ich. „Aber vorher muss ich noch kurz mit dir reden. Unter vier Augen.“ Mein Blick streift den von Mimi und ich vermute, dass sie denkt, dass ich mit Joe über die Paparazzi sprechen will, jedenfalls stimmt sie sofort zu. „Kein Problem, ich warte einfach draußen.“ Als sie den Raum verlassen hat, sieht Joe mich fragend an. „Was gibt’s denn?“, will er wissen und zieht sich nebenbei seinen Arztkittel über. „Ich muss mit dir über Mimi sprechen“, komme ich gleich zur Sache. Ihm jetzt noch Honig ums Maul schmieren bringt uns jetzt auch nicht weiter. „Ich habe vorhin ihr Handy gecheckt und glaube, mit ihr stimmt was nicht.“ „Tai“, meint Joe jedoch nur und schüttelt den Kopf, als würde er mich nicht ernst nehmen. „Was ist denn nun schon wieder? Hast du ein anstößiges Foto gefunden? Ich weiß, du magst diese ganze Situation nicht, aber ich habe es schon mal gesagt und sage es gerne noch mal: die Verlobung ist beschlossene Sache. Weder du, noch ich können das ändern. Mimi ist nett und gibt sich Mühe. Was erwartest du von ihr?“ Okay, das reicht, so langsam werde ich sauer. „Das Einzige, was ich erwarte ist, dass sie dich nicht betrügt.“ Ist ja wohl nicht zu viel verlangt. „Mal ehrlich, hat sich irgendeiner von euch mal die Mühe gemacht und ihre Hintergründe gecheckt? Ihren Lebenslauf, einfach alles?“ Joe sieht verwirrt aus und legt nachdenklich die Stirn in Falten. „Nein, wieso sollten wir? Sie ist die Tochter eines alten Freundes meines Vaters. Er vertraut Herrn Tachikawa und somit auch Mimi.“ Und das ist der springende Punkt. Ich muss Joe einfach wachrütteln, vielleicht kommt er ja dann noch mit einem blauen Auge davon, ehe es zu spät ist. „Joe, ehrlich, ich bin dein Freund und du weißt, dass ich nur dein Bestes will“, sage ich nun etwas versöhnlicher. „Irgendetwas stimmt mit ihr nicht. Ich denke, dass sie nur an dein Geld will und danach weg ist. Überleg mal, eine freie, unabhängige Frau macht von heute auf morgen einen derartigen Sinneswandel durch? No Way! Sie hat auf ihrem Handy gegoogelt, wie man an schnelles Geld kommt und wie viel Geld bei einer arrangierten Ehe für sie rausspringt. Sie wäre nicht die erste Frau, die so etwas macht. Aber da ist noch mehr. Ich habe das Gefühl, dass sie vielleicht eine Leiche im Keller hat, von der wir nichts wissen.“ Im übertragenen Sinne, nicht im wörtlichen. Nun scheine ich Joes Interesse geweckt zu haben, denn er nimmt seine typische Denker-Pose an und geht mit grimmigem Gesichtsausdruck in seinem Büro auf und ab. „Meinst du wirklich, ihre Absichten sind so schändlich?“ Ich nicke. „Ich kenne zwar niemanden, der das Wort schändlich heutzutage noch in den Mund nimmt, aber ja. Ich denke, sie ist durchtriebener als du denkst.“ „Okay“, sagt Joe und bleibt abrupt stehen. „Finde heraus, was es ist“, ordnet er an und ich atme erleichtert auf, da er anscheinend gerade zur Vernunft gekommen ist. „Egal, ob die Hochzeit stattfindet oder nicht, wir können es uns nicht erlauben, ins offene Messer zu rennen. Ich hoffe, dass du dich irrst und da nichts ist, aber ich will nichts übersehen. Checke ihr Profil, ich will alles wissen!“ Wieder nicke ich zustimmend. „Wird gemacht.“ Wir sehen uns verschwörerisch an und irgendwie fühle ich mich nicht gut dabei, sie hinter ihrem Rücken auszuspionieren. Das ist nicht unbedingt meine Art, auch wenn ich sie nicht mag und Joe beschützen muss. Aber sie hat uns quasi keine Wahl gelassen. Sie wird uns nicht die Wahrheit sagen und es ist tausend Mal besser, ich finde es heraus, bevor die Presse es tut. Wenn das passiert, sind die Kidos geliefert. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)