Love against all Reason von Ukiyo1 (Liebe gegen jede Vernunft) ================================================================================ Kapitel 27: ------------ Mimi Tai erwidert den Kuss natürlich sofort. Seine Hände liegen auf meiner Hüfte, während seine Zunge meine zunächst sanft, dann immer leidenschaftlicher herausfordert. Himmel, nochmal kann der Typ küssen. Seine Hände wandern nach oben und erkunden meinen Körper, bis er schließlich beide Hände an mein Gesicht legt. Schweratmend lösen wir unsere Verbindung. Zunächst traue ich mich gar nicht, meine Augen zu öffnen, weil ich so große Angst habe, dass das alles nur ein Traum ist oder dass Tai mir gleich wieder Wasser ins Gesicht schüttet, aber dann riskiere ich doch ein Blick und ein sanftes Lächeln empfängt mich. "Miss Tachikawa, was war das denn?", grinst Tai mich an. "Etwas, was schon lange überfällig war", hauche ich und ziehe ihn am Kragen wieder zu mir. Ich muss ihn einfach wieder küssen. Wie gut das ist und wie richtig sich das anfühlt. 1000 Schmetterlinge tanzen in meinem Bauch, während meine Körpertemperatur immer mehr ansteigt. Nein, das ist ganz sicher kein Traum. Hitze breitet sich in meinem Körper aus und offenbar nicht nur in meinem. Tai drängt mich weiter nach hinten, bis ich die Türe an meinem Rücken spüren kann und er jeden Zentimeter, der sich zwischen uns befindet, überbrückt. Tais Hände beginnen meinen Körper erneut zu erkunden. Mein Hintern, die Taille, Herrgott nochmal mein Busen. Ich lege meine Arme um seinen Hals, ziehe ihn näher zu mir und stöhne seinen Namen. Plötzlich spüre ich seine deutliche Erregung zwischen meinen Beinen und dann lässt er abrupt von mir ab. Er dreht sich weg und atmet schwer. Auch mein Atem geht viel zu schnell, während mein Brustkorb sich aufgeregt auf und abbewegt. "Wa-warum hörst du auf?", stotterte ich und versuche noch irgendwie einen vernünftigen Satz zu bilden. Tai fährt sich wie wild durch die Haare, geht dann zu den Waschbecken, öffnet die Wasserhähne und spritzt sich kaltes Wasser ins Gesicht. "Ich … so können wir das nicht machen", murmelt er. Ich verstehe nicht ganz, auf was er hinaus will. "Tai?" Er schaut wieder zu mir, während Wasserperlen von seinem Gesicht runter tropfen. Mein Gott, ist der Mann heiß. "Ich hab mich für dich entschieden." Tai sieht mich immer noch ganz irritiert an und versucht zu begreifen, was ich ihm sagen will. "Ich … ich habe mich in dich verliebt, Tai. Ich werde die Verlobung zu Joe beenden." "Was? Bist du sicher?" "Hey, soll ich es mir etwa nochmal anders überlegen?" Jetzt verschränke ich die Arme beleidigt übereinander und ziehe einen Schmollmund. Ich dachte, er wäre wegen dieser Nachricht vollkommen aus dem Häuschen. Tai wischt sich einmal mit einem Tuch über sein Gesicht, lächelt mich an und kommt zu mir rüber. "Ich habe mir die ganze Zeit nichts sehnlicher gewünscht, als das, aber jetzt so plötzlich? Was ist mit deinem Vater?" Tai greift nach meinen Händen, löst somit meine Verschränkung der Arme auf und ich lege meine Hände wieder allzu gerne auf seiner Brust ab. Wie ich es liebe, ihn so zu berühren. Sein Geruch gemixt mit seinem Parfüm macht mich ganz willenlos. "Ich habe vorhin ein langes Gespräch mit meiner Mutter gehabt. Sie hat gleich gesehen, dass mit mir irgendwas nicht stimmt. Ich fühle mich immer noch schlecht dabei, meinem Vater das anzutun, aber ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um ihm anders zu helfen." "Mimi … Ich bin tief beeindruckt." "Ich ertrage es nicht länger, eine Kido zu sein. Tja, du hattest wohl von Anfang Recht." Tai wischt mit seinem Daumen über meine Wange. Ich habe nicht mal gemerkt, dass eine Träne heruntergekullert ist. "Du bist die stärkste und tapferste Frau, die ich je kennengelernt habe und ich habe dich von Anfang an unterschätzt. In dir steckt ein Löwin und die gehört ganz sicher nicht in einen Käfig." Ich nicke und fühle mich das erste Mal seit langem wieder richtig befreit. Was für ein Gefühl. Diesmal küsst Tai mich und ich weiß jetzt schon nicht mehr, wie ich ohne diese Küsse hätte weiter leben sollen. "Ich habe mir überlegt, dass ich nicht wieder mit zurück nach Tokyo fliege, sondern hier in New York bleibe. Ich suche mir einen Job als Visagistin oder vielleicht auch noch einen weiteren und meine Mutter meint, sie würden auch das Haus verkaufen." “Klingt nach einem Plan.” Ich nicke still, da ich Angst habe, dass dieses Geständnis uns beide wieder trennen könnte. Immerhin arbeitet und lebt Tai in Japan. “Dann bleibe ich auch hier”, sagt er bestimmend und ich hebe meinen Kopf, um ihn wieder anzusehen. “Wie? Aber? Einfach so?” “Prinzessin, wenn du dich meinetwegen von Joe trennst und dein Luxusleben aufgibst, um mit mir zusammen zu sein, ist es ja wohl das Mindeste, dass ich hier bei dir bleibe. Was hält mich in Tokyo, wenn du hier bist.” Ich kann gar nicht glauben, was ich da höre. “Das würdest du für mich tun?” Tai grinst mich wieder so breit an, dass ich ihn am liebsten aufessen würde, weil er dann immer so süß und sexy zugleich ist. “Klar, außerdem würden die Kidos mich ohnehin direkt feuern. Als Stuntman kann ich mich hier sicher auch bewerben und vielleicht setze ich auch mein Studium fort. Keine Ahnung, darüber mache ich mir später Gedanken. Hauptsache wir können endlich zusammen sein.” Ich juble, während Tai gleich seinen Finger an seinen Mund hält. “Psst, das Feuerwerk ist sicher gleich zu Ende und sie werden nach dir suchen.” “Oh, ja, das stimmt.” “Wann willst du es Joe sagen?” “Wenn du mich so fragst, sofort.” Am liebsten würde ich diesen blöden Ring, die nächste Toilette runterspülen, damit ich auch symbolisch endlich frei bin. “Vielleicht solltest du noch warten, bis ihr alleine seid. Hier vor all den Leuten sicher nicht die beste Idee.” Wahrscheinlich hat er Recht, wie so oft, aber ich würde jetzt viel lieber einfach mit Tai verschwinden, als nochmal zu diesen Leuten zu gehen und diese scheinheilige Welt länger aufrecht zu erhalten. Auch wenn ich selber für eine gewisse Zeit nicht besser war. “Ich will nicht mehr mit ihm aufs Zimmer zurück. Joe liest übrigens auch die New York Times im Bett”, grunze ich und verdrehe die Augen. So viel Leidenschaft steckt in diesem Mann. Tai lacht sich natürlich kaputt und schüttelt dabei seinen Kopf. “Echt der Hammer.” “Schön, dass dich das so amüsiert.” Ich muss selber darüber lachen, weil ich das immer noch nicht glauben kann. Joe ist wirklich lieb, aber auch sehr spießig. “Okay, wenn dieser ganzer Zirkus hier vorbei ist, werde ich mit ihm reden. Auch wenn es mir leid tut, Joe zu verletzen. Er will wirklich an uns glauben oder jetzt wieder.” “Glaub mir, ich weiß, wie du dich fühlst. Ich werde auch Joe alles erklären müssen, um meine Sichtweise zu erklären. Wenn er mir dann überhaupt noch zuhören will.” Tai verliert immerhin seinen engsten Freund und alles nur wegen mir. Schon kommen wieder Schuldgefühle in mir hoch. “Hey, schaue nicht so. Wir haben uns eben ineinander verliebt, so etwas passiert, aber ich werde dich nicht mehr hergeben. Ich glaube an uns, Mimi.” Ich lächle ihn ebenfalls hoffnungsvoll an und glaube genauso an uns. Wir küssen uns zum letzten Mal an diesem Abend. Auch wenn ich diesen Kuss gar nicht enden lassen möchte, so bleibt mir zunächst keine andere Wahl. Ich muss erst nochmal in meine ungeliebte Rolle schlüpfen. “Melde dich direkt nach dem Gespräch, okay? Ich warte auf dich.” Ich nicke an seiner Stirn und atme nochmal tief durch. Noch einmal Miss Kido in spe' sein und dann endlich frei. Was für ein Gefühl, aber ich bin bereit für diesen letzten Kampf. “Ich gehe schon mal vor und in fünf Minuten kannst du ja nachkommen.” “Klar, warum sollte ich auch nicht noch fünf Minuten alleine auf der Damentoilette verweilen.” “Na ja, du kannst dir ja wieder Wasser ins Gesicht spritzen, um wieder klar zu kommen”, zwinkere ich Tai zu und er nickt nur ergeben. “Warte mal ab. Du wirst mich noch anflehen, dich zu erlösen.” Ich grinse verheißungsvoll. “Kann's kaum erwarten.” Ich will gerade die Damentoilette verlassen, als Tai nochmal meinen Namen ruft. “Und Mimi?” “Ja?” “Ich habe mich auch in dich verliebt.” Noch vollkommen beflügelt und breit grinsend verlasse ich die obere Etage, um wieder zur Dachterrasse zu gelangen. Tatsächlich ist das Feuerwerk noch im Gange, aber wahrscheinlich nicht mehr lange. Ich entdecke hinter dem reichhaltigen Büffet meine Eltern. Davor sind überall Säulen aufgebaut, hinter denen man sich relativ gut verstecken kann. Dennoch entgeht mir nicht, wie sie sich angeregt unterhalten. Ich gehe mit leisen und kleinen Schritten auf sie zu und bleibe hinter einer Säule stehen. “Keisuke, was sollen wir jetzt tun?”, schluchzt meine Mutter und gleich legt sich wieder ein dunkler Schatten über mein Gesicht. Mein Herz fühlt sich wieder um einiges schwerer an. Voller Schuld. “Das weiß ich nicht genau, aber wir werden das schon hinkriegen. Ich bin eigentlich froh, dass Mimi das nicht durchziehen will”, murmelt mein Vater nachdenklich. Meine Mutter sieht zu ihm auf. “Wirklich?” “Ja, sie soll nicht für meine Fehler aufkommen müssen. Ich hätte das nie erlauben dürfen. Ich habe vergessen, wie Haruiko sein kann.” “Du meinst furchteinflößend?” Mein Vater nickt stumm und hält meine Mutter wieder fest. “Mama? Papa?” Meine Eltern sehen zu mir und ich trete näher an sie heran. “Komm her, liebes.” Meine Mutter breitet ihre Arme aus und ich lasse mich von ihnen in eine Umarmung ziehen. “Papa, ich werde hier bleiben. Ich werde nicht wieder nach Tokyo zurückkehren.” “Was? Wirklich?”, fragt meine Mutter nach. “Ja, ich werde die Verlobung heute noch auflösen. Ich kann einfach keine Kido mehr sein. Nicht einen Tag länger. Ich werde mir hier Jobs suchen und alles an Geld sparen. Ich werde alles tun, Papa, um euch zu helfen. Ich verspreche es.” “Ach Mimi, womit haben wir so eine tolle Tochter nur verdient?” “Na ja, ich habe ja auch die besten Eltern der Welt.” “Entschuldige, dass wir dich dahin geschickt haben”, murmelt mein Vater betrübt und wirkt wirklich sehr niedergeschlagen. “Ich finde schon, dass die Reise wichtig für mich war. Ich habe viel gelernt und mitgenommen. Vor allem aber habe ich gelernt, dass Geld alleine nicht glücklich macht. Es bedeutet nichts, wenn man niemanden hat.” “Und genau das habe ich vergessen, Mimi.” Mein Vater sieht mich traurig an. “Die Gier ist mir immer mehr zu Kopf gestiegen und bald schon hatte ich vergessen, worauf es im Leben wirklich ankommt. Euch zu verlieren, ist viel schlimmer, als alles Geld der Welt.” Ich bin gerade richtig stolz auf meinen Vater. Ich wusste immer schon, dass egal was in meinem Leben passiert, ich mich immer auf meine Eltern verlassen kann und heute haben sie mir wieder bewiesen, warum Familie das wichtigste ist. Ich bin stolz ihre Tochter zu sein und daran wird sich auch nichts ändern. “Das Feuerwerk ist gleich zuende. Sie erreichen gerade den Höhepunkt”, merkt mein Vater an und er hat Recht. Goldene Palmen schießen in die Höhe. Eine Rakete jagt die andere und der dunkle Nachthimmel leuchtet in hunderten Farben. “Okay, das muss ich genauer sehen. Kommt mit.” Meine Mutter zieht meinen Vater mit sich, aber ich bleibe stehen. “Ich muss erst zu Joe. Wir sehen uns morgen.” Meine Eltern lächeln mich an und verabschieden sich. Ich habe noch etwas Dringendes zu erledigen. Ich muss zu meinem noch Verlobten und er ist auf der anderen Seite der Dachterrasse. Ich will gerade wieder zurück zur Dachterrasse gehen, als sich plötzlich mit aller Gewalt eine Hand auf meinen Mund presst, während sich der andere Arm der unbekannten Person um meinen Körper schlingt, der von einem schwarzen Smoking getragen wird. Sofort versuche ich mich zu wehren, stemme mich dagegen, aber ich habe keine Chance. Ich weiß noch immer nicht, wer mich hier weg zerrt, aber ich bekomme Panik. Wir verlassen den Saal. Eine Türe öffnet sich und ich werde in eine Art Vorratsraum geschubst. “Aua.” Ich falle auf den Boden und blicke sofort nach oben. Der Professor hat mich so grob angepackt und mich in den Raum gezerrt. Sein Blick ist eiskalt. So hat er mich schon einmal angesehen, als ich wegen der Geldwäscherei meines Vaters aufgeflogen bin. “Was denkst du eigentlich, wer du bist”, spuckt er die Worte nur so heraus. Mit einem Mal wird mir Speiübel. Hat er mich mit Tai gesehen oder das Gespräch von meinen Eltern mitbekommen? “E-es tut mir leid”, stammle ich und bleibe am Boden liegen. Warum bin ich hier in diesem Raum? Niemand würde mich hier hören und selbst wenn uns einer gesehen hätte, würde sich niemand Haruiko in den Weg stellen. “Steh auf!”, fordert er auf, aber ich traue mich nicht. Ich habe Angst und will hier einfach nur weg. Ich schüttle den Kopf, obwohl es wahrscheinlich nicht sonderlich klug ist, dem Professor gegenüber ungehorsam zu sein. Er sieht es wohl ähnlich, denn er packt mich am Hals und schmettert mich gegen die Wand. Noch immer hält er meinen Hals mit einer Hand fest und drückt viel zu feste zu. Ich bekomme buchstäblich keine Luft mehr und weiß nicht, was ich tun soll. Doch dann lässt er endlich meinen Hals los und ich japse nach Luft. Hilfe. “Du willst ernsthaft meinem Sohn den Laufpass geben? Hier? Auf eurer Verlobungsfeier? Glaubst du wirklich, dass ich gestatte, dass du meinen Sohn so vorführst?” Er hat das Gespräch also tatsächlich mitbekommen? Verdammt. Da habe ich einmal nicht aufgepasst. “Ich… es tut…” “Ach du elende Schlampe. Halt deinen Mund.” Er schlägt mit der flachen Hand auf die Wand, die direkt neben meinem Kopf ist, sofort schließe ich die Augen. “Erst kommst du wie eine Elefant in unserer Villa reingestolpert. Machst einen auf: Es wäre mir eine Ehre, Blabla, obwohl du von Anfang an, nur hinter unserem Geld her warst. Dann hole ich den Versager von Vater aus dem Gefängnis. Wir geben dir eine zweite Chance, feiern sogar die Verlobung hier in New York und als Dank, willst du uns schon wieder ruinieren?” Tränen brennen in meinen Augen, aber ich kann nichts sagen. Noch immer ist seine andere Hand um meinen Hals geschlungen. Nur dass er mir gerade noch minimal Luft zum Atmen lässt. “Nein”, flüstere ich schmerzlich. Ich wollte der Familie Kido doch niemals schaden und es ist auch nicht meine Absicht gewesen, Joe zu schikanieren. Ich hatte doch gar keine Ahnung auf was ich mich hier eingelassen hatte. Haruiko lässt meinem Hals endlich ganz los, während ich meinen Hals abtaste, der höllisch weh tut. Er nimmt seine Brille ab, haucht gegen seine Brillengläser, holt aus seiner Sakkotasche ein Seidentuch heraus und säubert damit in aller Seelenruhe seine Brille. “Ich werde dir jetzt sagen, wie das Ganze hier weiter laufen wird: Du wirst Joe heiraten und glücklich bis ans Lebensende eine Kido sein.” Nein, das werde ich ganz sicher nicht. Meine Eltern sind auf meiner Seite und Tai. Mehr brauche ich nicht. Der Professor setzt seine Brille wieder auf und sieht mich voller Hass an. Ich darf einfach nicht aufgeben. “Ich … ich bin untröstlich wegen alledem. Ich habe das nie gewollt, wirklich. Ihr könnt mich gerne als die böse verkaufen, als die Hochstaplerin und das …" “Nachdem wir der Presse verkauft haben, wie unsterblich verliebt ihr seid? Und plötzlich war alles nur erstunken und erlogen? Soweit kommt es noch, dass wir wegen DIR unsere Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzen.” “Ich kann das mit der arrangierten Ehe nicht …”, wimmere ich, obwohl ich es wirklich versucht habe. “Erinnerst du dich noch, dass ich bei der Begrüßung mit Keisuke erwähnte, dass das Gefängnis noch sein geringstes Problem sei?” Ich nicke. Natürlich kann ich mich daran erinnern. “Ich denke, der Tod wäre schlimmer, oder?” Ungläubig schaue ich zu Haruiko, das meint er doch nicht ernst. So etwas würde er doch niemals machen, oder? “Wenn du meinen Sohn nicht heiratest, werde ich dich zerstören und denk ja nicht, dass du vor mir davon laufen kannst. Ich werde dich überall finden. Du wirst nirgendwo einen Job bekommen und ich werde dir jeden einzelnen Menschen nehmen, der dir etwas bedeutet. Du bist einsam? Das ist nichts, zu dem was es bedeuten könnte, nichts zu haben und niemanden mehr zu haben. Keine Freundschaft. Es wird dir nichts bleiben. Dafür werde ich höchstpersönlich sorgen.” Ich schlucke einen schweren Kloß im Hals runter, aber besser wird es dadurch auch nicht. Das darf doch alles nicht wahr sein. Es gibt einfach keinen Ausweg für mich. Diese Erkenntnis trifft mich härter, als alles was ich bisher erlebt habe. Selbst in L.A, wo ich auch voller Angst war, als ich in diesem Hotelzimmer gewesen bin, habe ich schnell wieder die Kontrolle über mein Leben zurückgewonnen, aber das hier ... " “Es ist gut gewesen, dir weiterhin zu Misstrauen, aber ich denke, du bist nicht dumm, oder irre ich mich da?” Mir hat es jegliche Sprache verschlagen. Ich kann nicht mal mehr einen klaren Gedanken fassen. Das alles ist einfach viel zu viel für mich. “Also sind wir uns einig?” Ich nicke stumm, denn mehr bringe ich nicht über meine Lippen. Haruiko grinst siegessicher und lässt endlich von mir ab. Wie ich ihn hasse. “Ich wusste doch, dass du nicht so dumm sein kannst. Ich werde dann mal zurück gehen und dich entschuldigen. Wir sehen uns morgen.” Mit diesen Worten verlässt der Professor den Vorratsraum. Ich lasse mich langsam an der Wand nieder, ziehe meine Knie hoch, lege meine Arme drauf und weine. Mein Hals schmerzt immer noch, aber das ist nichts zum Vergleich, wie sehr mein Herz leidet. Warum? Warum kann ich nicht einfach glücklich sein. Tai. Wir können nicht zusammen sein. Es bricht mir mein Herz und die Tränen hören nicht auf, zu laufen. Bisher ist alles noch auf meinen Wunsch her so gelaufen. Zumindest dachte ich das, als läge es in meiner Hand und ich könnte es jederzeit beenden, wenn ich es will. Es lag jedoch nie in meiner Hand. Seit dem Moment, wo ich in die Villa gekommen bin und der Professor mich abgesegnet hat, seitdem ist überhaupt gar nichts mehr meine Entscheidung und das war es auch nie. Ich weiß nicht wie lange ich hier noch drin bin und wie ich mittlerweile aussehe, aber irgendwann raffe ich mich auf. Ich versuche irgendwie mit meinen Händen mein Gesicht wiederherzustellen, aber ohne Spiegel oder irgendwelche Kosmetiktücher ein Ding der Unmöglichkeit. Ich drücke die Türklinke hinunter und sehe mich um. Der Saal ist bedeutend leerer geworden. Ich sehe vielleicht noch rund 30 Gäste. Wahrscheinlich sind die meisten nachdem Feuerwerk gegangen. Es ist schließlich das Highlight des Abends gewesen. Ob Tai hier noch irgendwo ist? Wie gerne würde ich mich in seine Arme werfen, aber das darf ich nie wieder. “Mimi?” Ich drehe meinen Kopf und sehe Joe. Er mustert mich besorgt und kommt gleich auf mich zu. “Dein Hals, dein Gesicht, was ist passiert?” Dein Vater hat mich fast zu Tode gewürgt, aber sonst ist nichts weiter passiert. “Ähm, es tut mir leid, ich habe das Feuerwerk verpasst.” Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, was ich sonst sagen soll, denn ich habe keine Kraft zu lügen. “Ja, ich fand das sehr schade, aber wo warst du denn? Auf den Toiletten hat Kaori dich nirgendwo gefunden. Auch Sally nicht oder Tai.” Tai. “Ich … Ich bin es so leid. Ich bin so kaputt und gebrochen. Ich bin müde, erschöpft und vollkommen hinüber. Ich möchte einfach nur aufs Zimmer. Kannst du mich bitte hier wegbringen?” Joe versteht natürlich kein Wort von dem, was ich sage, aber er nickt. Er zieht sein Jakko aus und legt es über meine Schulter. Dann zieht er mich in eine Umarmung und über seine Schulter hinweg sehe ich Tai. Sofort sieht er mich besorgt und fragend zugleich an. Ich kann nicht zu ihm. Ich kann nicht in seine Arme, obwohl ich nichts lieber will, als das. Tränen laufen wieder über meine Wangen und ich sehe ihn nur noch verschwommen. Ich schüttle langsam meinen Kopf. Er scheint zu verstehen, was ich ihm damit sagen will, denn auch er fasst sich mit seinem Daumen und Zeigefinger an seine Nasenwurzel und schließt fassungslos seine Augen. Ich breche ihm gerade das Herz. Ich tue ihm das Gleiche an, was Kaori damals getan hat und ich kann nichts dagegen tun. Ich fühle mich wie der schlimmste Mensch der Welt. Tai dreht sich langsam um und geht in eine andere Richtung. Diesen Ausdruck in seinen Augen, werde ich wohl niemals vergessen. Diesen Schmerz und den Verrat. Es tut mir so leid, Tai, du ahnst ja gar nicht wie sehr. Ich hoffe, dass er mir eines Tages verzeihen kann. Und dass ich mir selbst verzeihen kann. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)