366 Tage - 366 Geschichten von Gedankenchaotin (366 Tage Challenge 2024) ================================================================================ Kapitel 81: 21.03.2024 - stachelig ---------------------------------- Mit großen Augen sah Nika auf den Blumentopf, den ihre Mutter gerade auf die Fensterbank gestellt hatte. Der Topf enthielt keine wunderschöne Blume, sondern einen stacheligen Kaktus, bei dem Nika schon von der Vorstellung, ihn zu berühren, die Finger weh taten. “Warum hast du dir einen Kaktus gekauft?”, richtete sie fragend das Wort an ihre Mutter und drehte gleichzeitig ihren Kopf in Richtung Sofa, wo ihre Mutter eines der Kissen aufschüttelte. Der Kaktus passte so gar nicht in das Bild, dass all die anderen Blumen auf der Fensterbank abgaben. Er war wie ein Fremdkörper und Nika verstand nicht, was ihre Mutter damit wollte. “Weil ich ihn verschenken will”, hörte sie schließlich ihre Stimme, woraufhin sich Nikas Stirn runzelte. “An wen?” “An deinen Vater”, entgegnete ihre Mutter seelenruhig und jetzt war Nika vollkommen verwirrt. “Warum schenkst du Papa einen Kaktus?”, wollte sie wissen und sah zwischen dem Blumentopf und ihrer Mutter hin und her. “Weil er ein Idiot ist”, antwortete die Ältere und ließ ihre Tochter schließlich einfach stehen, indem sie in der Küche verschwand. Verdutzt sah Nika ihrer Mutter lediglich nach, bevor sie sich mit einer Hand durch die Haare fuhr und schließlich ebenso in die Küche lief. “Kannst du mir das bitte mal genauer erklären?”, bat sie die Dunkelhaarige, woraufhin sie sich einen kurzen Blick ihrer Mutter einfing, während Birgit eine Pfanne aus einem der Schränke holte, um das Abendessen vorzubereiten. “Was soll ich dir erklären?” “Warum Papa ein Idiot ist? Warum du ihm einen stacheligen Kaktus schenken will und vor allem, warum du gerade wie eine Irre in die arme Gurke vor dir stichst", antwortete Nika und lehnte sich etwas in den Türrahmen. Obwohl sie bereits zwanzig Jahre alt war und im letzten Monat in ihre eigene Wohnung gezogen war, machte sie sich Sorgen um ihre Eltern und so, wie ihre Mutter sich gerade verhielt, hatte sie sie noch nie erlebt. “Weil .. dein Vater genauso stachelig ist wie dieser Kaktus und nicht merkt, dass es Menschen in seinem Leben gibt, die wichtiger sind als die Arbeit. Und vor allem wichtiger als seine neue tolle Sekretärin Alina”, hörte sie nach ein paar Minuten Stille die Stimme ihrer Mutter, woraufhin sich ihre Stirn erneut runzelte. “Wie meinst du das?”, hakte sie nach und legte ihren Kopf etwas schief, bevor sie auf ihre Mutter zutrat und ihr das Messer aus der Hand nahm. Kurz huschte der Blick der Dunkelhaarigen zu ihr, bevor sie seufzte und ein paar Schritte zurück trat, um sich am Küchentisch niederzulassen. “Ich bin nicht blöd, Schatz. Er verbringt mehr Zeit in der Firma als sonst. Er kommt später als sonst nach Hause und wenn, dann brütet er stundenlang in seinem Büro über irgendwelchen Unterlagen”, erzählte sie anschließend leise und senkte ihren Blick auf ihre Hände. “Vielleicht hat er schon längst eine Affäre mit dieser Frau und genießt seinen zweiten Frühling mit mir”, fügte sie mit einem Seufzen hinzu und zuckte erschrocken zusammen, als sie die Stimme ihres Mannes aus dem Wohnzimmer hörte. “Traust du mir wirklich eine Affäre zu?” Sie wusste nicht, was sie antworten sollte, aber als Henry zu seinen beiden Frauen in die Küche trat, folgte sie ihm mit ihrem Blick. “Es stimmt, dass ich in letzter Zeit viele Überstunden geschoben habe, aber nicht, um diese Zeit mit Alina zu verbringen. Ich habe mir die Überstunden ausbezahlen lassen, um dir zum zwanzigsten Hochzeitstag die Kreuzfahrt durchs Mittelmeer schenken zu können, die du dir so sehr wünscht”, durchdrang Henrys Stimme die Stille in der Küche und Birgit fühlte direkt das schlechte Gewissen in sich aufsteigen. “Es tut mir leid, ich dachte .. es war so offensichtlich”, murmelte sie, woraufhin Henry sachte lächelte und die Hand seiner Frau ergriff, nachdem er auf sie zugetreten war. “Mir tut es auch leid. Ich hätte vielleicht auch einfach mit offenen Karten spielen sollen, aber dann wäre es ja auch keine Überraschung mehr für dich gewesen”, erwiderte Henry, während sich Nika ins Wohnzimmer zurückzog, um ihren Eltern diesen Moment für sich alleine zu geben. Als sie jedoch den nächsten Satz ihres Vaters vernahm, konnte sie sich ein leises Lachen nicht verkneifen. “Dann musst du mir ja nur noch erklären, was dieses stachelige Ding zwischen all deinen schönen Blumen zu suchen hat.” Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)