Ein Schritt in die falsche Richtung von Berrii ================================================================================ Kapitel 8: Shikadai ------------------- Die ganze Zeit hatte Temari das Gefühl, irgendetwas Wichtiges zuhause vergessen zu haben. Doch egal wie oft sie den Inhalt ihrer Tasche im Kopf durchging, ihr fiel nicht ein, was sie hätte vergessen haben können. Vermutlich lag es eher an der Situation, wie abrupt sie das Haus verlassen hatte müssen. Die knapp zwei Tage ihrer Reise vergingen wie im Fluge, weil die Blonde die ganze Zeit nachdachte. Wie sollten sie eine Lösung für dieses Problem finden? Bisher hatte man nur feststellen können, dass die Situationen immer zeitgleich auftraten. Aber in direkter Verbindung standen die Gestalten nie mit den Vorfällen. „Na, bist du in Gedanken?“ Erschrocken griff Temari nach ihrem Fächer und drehte sich um. Shikamaru landete neben ihr und grinste. „Heulsuse, erschreck mich doch nicht so!“, beschwerte sich die Blonde und packte ihre Waffe zurück. Der Nara zuckte mit den Schultern: „Ich kann ja nichts dafür, wenn du unaufmerksam in der Gegend rumstehst.“ „Ich hab mir halt den Kopf wegen diesen Gestalten zerbrochen.“, leicht beleidigt verschränkte sie ihre Arme und schenkte ihm einen genervten Blick, „Oder bist du schon weiter?“ „Leider nein. Und das nervt ziemlich.“, gab der Dunkelhaarige zurück, wobei sie deutlich seinen Missmut heraushören konnte. Natürlich, dem Nara passte es natürlich nicht, wenn er nicht hinter ein Rätsel kam. „Wie geht’s weiter?“ Shikamaru fuhr sich mit einer Hand kurz in den Nacken: „Ich würde sagen, wir krempeln die Gegend um. Ich bin seit Tagen unterwegs und habe fast jeden Tag eine Siedlung oder ein Dorf gesehen, wo Menschen erkrankt waren. Und die Orte lagen immer dichter beieinander. Daher vermute ich, dass wir ihnen ziemlich nahe sind.“ „Ist das eigentlich irgendwie ansteckend?“ Er schüttelte den Kopf: „Seltsamerweise nicht. Alle wurden zum gleichen Zeitpunkt krank, danach gab es keine weiteren Infektionen mehr.“ Temari seufzte: „Und in welche Richtung soll es jetzt gehen?“ „Erstmal weiter Richtung Westen.“, entgegnete er und setzte sich auch direkt wieder in Bewegung. Die Blonde folgte ihm kommentarlos und sah sich nebenbei um. Shikamaru warf ihr einen unauffälligen Seitenblick zu, ehe er sich räusperte und das Gespräch wieder aufnahm: „Wie kommts, dass du die letzten Monate keine Missionen mehr angenommen hast?“ „Ich hatte keine Zeit, zu viel Stress.“, gab Temari unbedacht zurück. Erst nach ihrer Antwort wurde ihr bewusst, dass sie Shikamaru damit gesagt hatte, dass sie nicht anderweitig eingeplant gewesen war, sondern das sie von sich aus die Missionen nicht angenommen hatte. Allerdings verriet seine Art der Frage auch, dass ihm das bereits vorher klar gewesen sein musste. „Hast gefehlt, ohne dich war es ziemlich langweilig auf den Missionen.“, gab der Nara zurück und schaute dabei stur nach vorne. Ein warmes Gefühl breitete sich in ihrer Brust aus, doch schluckte sie das Gefühl hinunter, um ihm bei ihrer Antwort nicht zu offenbaren, was sie fühlte: „Hättest ja Naruto mitnehmen können, wäre bestimmt unterhaltsam gewesen.“ Ein kleines Lachen kam von ihm: „Vermutlich ja.“ Am Abend rasteten sie in einer kleinen Höhle. Trotz ständigem Suchen hatten sie mal wieder nichts gefunden. Temari entging nicht, wie hochgradig genervt Shikamaru von dieser Tatsache war. Seit fast einem Jahr befasste sich der Nara mit dieser Angelegenheit und unterm Strich gab es so gut wie keine Informationen. Keiner wusste, ob diese Gestalten etwas mit dem ominösen Deal mit der unbekannten Stadt zu tun hatten. Oder wer sonst dahinter stecken konnte. Mal ganz abgesehen davon, dass es nicht mal den Hauch einer Idee gab, was genau diese Gruppierung mit ihren Handlungen vorhatte. „Shikamaru, lass gut sein.“, durchbrach Temari die Stille schließlich. Sie konnte seinen pessimistischen Gesichtsausdruck nicht mehr ertragen. Fragend hob er eine Augenbraue. „Schon mal darüber nachgedacht, dass es in diesem Falle vielleicht keine logische Erklärung gibt? Oder mehrere Faktoren zusammen spielen, die einfach überhaupt keinen Sinn ergeben?“ „Natürlich habe ich das in Betracht gezogen.“, kam es leicht schnippisch von ihm zurück, „Aber es können doch nicht so viele Zufälle sein.“ „Vielleicht gehören einige Dinge schon zusammen. Aber nicht alle.“, meinte die Blonde und erhob sich von ihrem Platz, um sich dann vor dem Mann hinzustellen und auf ihn hinab zu schauen, „Was ich aber auf jeden Fall weiß: wenn ich noch länger dein deprimiertes Gesicht sehen muss, drehe ich durch.“ „Sehr schmeichelnd, wie von einem Stein.“, konterte er grob, wodurch aber beide grinsen mussten. „Ich und ein Stein? Ich glaube, so hart fühle ich mich gar nicht an...“, keck schubste sie ihn an der Brust zurück, dass er sich nach hinten abstütze. Unverblümt setzte sie sich auf seinen Schoss: „Ich glaube, du brauchst den Kopf frei.“ „Wie wahr...“ Ob es wirklich ihre Empathie war oder ihr purer Eigennutz, der sie dazu bewogen hatte, Shikamaru direkt wieder zu verführen, konnte Temari im Nachhinein nicht sagen. Innerlich hatte sie es resignierend abgestempelt. So hatten sie beide aufgehört, sich die Köpfe wegen diverser Dinge zu zerbrechen. Am nächsten Morgen waren sie früh aufgebrochen und hatten keine Stunde später eine kleine Siedlung vorgefunden, in der es aussah, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Einige Haustüren und Fenster standen offen, Dinge lagen herum und es war unglaublich still. Mit einem unguten Gefühl sahen sie sich um. Es dauerte nicht lange, da fanden sie die wenigen Bewohner in einem der größten Häuser. Keuchend saßen oder lagen sie zusammen in einem größeren Raum und registrierten kaum die zwei Fremden. „Hey, was ist passiert?“, Shikamaru hatte sich zu einem Mann mittleren Alters hinunter gebeugt und ihm die Hand auf die Schulter gelegt. Der Mann bewegte leicht den Kopf hin und her, als wolle er eigentlich den Kopf schütteln: „Einfach so...“ „Nein...“, wisperte eine Frau neben ihm, „Da war diese Person in schwarz...“ „Hat sie euch irgendwas angetan?“, fragte Temari nun und beugte sich ebenfalls hinunter. „Sie waren einfach da. Ich dachte, es sind Reisende, die ein Bett für die Nacht suchen würden. Aber dann waren sie wieder weg.“, die Frau würgte leicht und hielt sich die Hand vor den Mund, bis sie sich beruhigt hatte, „Und dann ging es plötzlich allen schlecht. Ich habe noch versucht, ein paar Kräuter aus dem Garten zu holen. Aber da waren diese Fremden und haben Blätter abgepflückt.“ „Die Personen in schwarz?“, hakte Shikamaru nach. „Ja...“, kam es leise von der Frau, „Sie haben sie ganz vorsichtig abgesammelt und und ein großes Glas gesteckt.“ „Okay, danke für die Informationen. Du musst dich jetzt ausruhen, wir bringen dir und den anderen Wasser.“, Temari legte der Fremden beruhigend die Hand auf die Stirn, ehe sie Shikamarus Blick suchte. Stumm gingen sie vor die Tür, um sich auszutauschen. „Wenn die irgendwelche Kräuter eingesammelt haben, sollten wir uns den Garten mal genauer anschauen.“, flüsterte Temari schon fast und griff nebenbei nach einem Eimer, den sie am Brunnen, der in Sichtweite war, auffüllen wollte. Shikamaru ließ seinen skeptischen Blick durch die kleine Siedlung wandern. Es waren weniger als zehn Häuser. „Wenn es bestimmte Kräuter gewesen wären, hätte die Frau das bestimmt erwähnt. Wenn sie die anderen mit den Kräutern versorgen wollte, muss sie sich auskennen. Ihr wäre es bestimmt aufgefallen, wenn es etwas ganz Bestimmtes gewesen wäre.“ „Die Frau ist fix und fertig.“, entgegnete die Blonde und marschierte zum Brunnen, wo sie nach einem Seil griff, an dem unten im Brunnen ein Eimer hing, „Vermutlich hat sie wegen der Erkrankung weder alles richtig gesehen, noch kann sie sich korrekt dran erinnern.“ „Ich glaube, es geht nicht direkt um spezielle Pflanzen...“, Shikamaru sah sich um und ging zwischen den Häusern entlang, während Temari sich um die Menschen kümmerte. Als er den Kräutergarten fand, bot sich ihm ein Bild der Verwüstung. An den meisten Pflanzen waren die Blätter abgerupft. Dies betraf aber nur Pflanzen mit großen Blättern. Die oberen und unteren Blätter dieser Pflanzen, die deutlich kleiner waren oder leicht welk, hingen hingegen noch unberührt an den Pflanzenstilen. Grübelnd ging er durch den Garten und betrachtete das Grün genauer. „Was denkst du?“, harkte Temari nach, die am Zaun auftauchte. Der Nara fasste sich nachdenklich ans Kinn: „Ich kann nichts konkretes sagen. Bisher sind es nur Vermutungen.“ Sie rollte mit den Augen und verschränkte die Arme: „Komm schon, spuck es aus. Ich verpetz dich schon nicht, falls du falsch liegst.“ Der Dunkelhaarige schaute zu ihr und zog eine Augenbraue hoch: „Es ist unprofessionell, etwas zu äußern, was so ungewiss ist.“ Ein Lachen entwich ihr. Mit einem leicht überheblichen Blick schaute sie zurück: „Unprofessionell? Meinst du nicht, das wir beide schon längst über 'unprofessionell' hinweg sind? Du weißt, das du mir alles erzählen kannst, sei es noch so verrückt. Ich kenne weit mehr Geheimnisse über dich.“ Da konnte Shikamaru ein Grinsen ebenso wenig unterdrücken. Stumm schüttelte er den Kopf und erhob sich, um den Garten zu verlassen: „Es wurden nur die großen Blätter der Pflanzen entfernt, egal welche Sorte. Sogar vom Unkraut fehlen die großen Blätter.“ Fragend hob Temari eine Augenbraue, als er vor ihr zum Stehen kam: „Und was könnte das bedeuten?“ „Na ja...“, er fasste sich in den Nacken und legte den Kopf dabei etwas schief, „Die Erkrankung ist nie ansteckend, das weist daraufhin, dass es nicht von Bakterien oder Viren übertragen wird. Da fallen mir direkt Parasiten ein oder eben Infekte, die von Parasiten oder Insekten übertragen werden. Und solche nisten gerne an speziellen Pflanzenteilen. Und das passt auch dazu, dass es im Winter keine Vorfälle gab. Auch das diese Gestalten erst auftauchten, dann wieder verschwanden und später dann die Gärten zerlegt haben, passt dazu. Wenn sie die Insekten erst in deren Umgebung irgendwie ausgebracht haben, diese sich fortgepflanzt haben, dabei die Menschen krank gemacht haben und sich dann zur Eiablage an die Pflanzen setzen, mussten diese Gestalten ja anschließend die neue Generation mit den Blättern wieder abpflücken.“ Temari grinste: „Klingt für mich extrem schlüssig. Ich vermute, das einzige, was dir als Bestätigung fehlt, sind handfeste Beweise.“ Der Größere nickte: „Ich habe kein einziges Blatt gefunden, an dem Spuren zu sehen sind, die darauf hinweisen.“ Die Blonde ließ ihren Blick schweifen: „Wir können für die Leute hier nichts tun. Ich habe sie mit allem versorgt, was möglich war. Wir sollten einen Falken schicken, dass Gaara ein Team hier her schickt, das sich weiter um die Menschen kümmert. Dann können wir weiter. Vielleicht holen wir sie ein.“ Als die beiden eine Stunde später wieder auf dem Weg waren, bekam Temari ein ungutes Gefühl. Denn Shikamaru hatte aufgrund der letzten Bewegungen der Gestalten und der Umgebung eine Richtung eingeschlagen, die ihr wohl bekannt war. Am späten Abend fanden sie dann auch tatsächlich eine Stelle, die wie ein vor wenigen Stunden verlassenes Nachtlager aussah. Ohne weiter darüber zu reden, waren sie direkt weitergelaufen, die gesamte Nacht. Schweigsam waren die Stunden in der Dunkelheit, was Shikamaru etwas wunderte. Klar war das eine ernste Angelegenheit, aber das die Blonde kein einziges Wort verlor, empfand er als merkwürdig, sie wirkte sehr angespannt auf ihn. Mit dem Sonnenaufgang kamen immer mehrere kleine Spuren zu Tage. Dezente Fußspuren im Sand, frisch abgebrochene kleine Steine von Felsen. Temari konnte ihre Sorge nicht mehr zurückhalten, denn sie näherten sich unaufhörlich und in einem schnellen Tempo dem Dorf in dem sie mit Shikadai lebte. Automatisch beschleunigte sie und ignorierte den Dunkelhaarigen vollkommen. „Temari, nicht so schnell, wir sollen sie erstmal nur verfolgen.“, wies Shikamaru sie an, doch ignorierte sie ihn völlig. Wenn diese Typen das gleiche mit dem Dorf vorhatten, wie mit den kleinen Siedlungen und Dörfern zuvor, würde die Blonde alles daran setzen, sie vorher außer Gefecht zu setzen. „Temari!“, Shikamaru packte sie am Oberarm und wollte sie stoppen, doch das konnte sie nicht zulassen. Unruhig schüttelte Temari seine Hand ab und rannte unbeirrt weiter. Der Nara wusste nicht, was er davon halten sollte. Erneut probierte er es, dieses Mal etwas energischer. Doch so leicht ließ sich eine Temari nicht festhalten. Bevor er auch nur ansatzweise nochmal an sie herankam, hatte sie mit dem Fuß nach ihm ausgeholt und war nochmal ein größeres Stück voran gesprungen. „Verdammt, was soll das?!“, fluchte er und spurtete ihr hinterher. Nach einigen Momenten hatte er die Blonde überholt und stellte sich ihr in den Weg: „Bleib endlich stehen, Temari!“ Der Blick, den sie ihm entgegen warf, erschreckte ihn. Wild, ungestüm und definitiv nicht davon abzubringen, was auch immer sie vor hatte. Und so überraschte es Shikamaru nicht so sehr, dass sie nach ihrem Fächer langte und ihn frontal angriff: „Geh mir sofort aus dem Weg, Shikamaru!“ Ihr Schreien machte dem Dunkelhaarigen unmissverständlich klar, das sie ihn im Notfall mit aller Gewalt aus dem Weg räumen würde. Einen kräftigen Fächerschlag später wurde er gegen einen Baum katapultiert. Der Nara hörte seine Knochen knacken und hatte das Gefühl, nie wieder gerade stehen zu können. Hustend rutschte er hinunter und sah der wilden Amazone hinterher. „Was zum Teufel ist los mit dir?“, langsam erhob er sich und atmete einmal tief durch. Shikamaru hatte nicht damit gerechnet, dass sie ihn wirklich angreifen würde. Seufzend machte er sich wieder auf die Beine und rannte ihr hinterher. Temari hatte unterdessen die Gestalten eingeholt. Sie liefen zu dritt, waren komplett vermummt und schienen sie noch nicht bemerkt zu haben. „Hey!“, unerschüttert schloss die Blonde zu ihnen auf und legte direkt mit einem Angriff los. Die Gestalten waren jedoch schneller, als sie erwartet hatte. Egal was sie tat, sie kam nicht richtig an sie heran. Schließlich begannen sie, Temari anzugreifen. All mögliche Wurfwaffen wurden auf sie angeworfen, denen sie auswich oder sie mit ihrem Fächer abwehrte. Als die Gestalten sich plötzlich verdoppelten und die Blonde nicht mehr drei, sondern zwölf Gestalten gegenüber stand, musste sie schlucken. Bei all den Angriffen schwindete ihr langsam die Kraft. Shikamaru hatte sie mittlerweile eingeholt und schaute sich aus dem Dickicht das Spektakel an. Kurz überlegte er, wie am besten eingreifen konnte, als ein Schatten ein paar Meter weiter aus dem Wald hervor über den Boden hervorschnellte und eine der Gestalten stoppte, die Temari gerade mit eine Klinge attackierte. „Ma!“ Erschrocken blickte die Blonde in die Richtung und wurde unaufmerksam: „Shikadai!“ Prompt wurde sie am Oberarm von einem Kunai getroffen. Doch bevor es noch schlimmer wurde, beförderte sie sich mit einem Sprung zu einem Jungen, der noch immer eine der Gestalten in Schach hielt. Temari zog sich das Kunai und warf es zurück an den Absender, um dann ihren Fächer komplett zu öffnen und das Kind zu schützen: „Was machst du hier?! Du solltest bei Raku sein! Verdammt!“ Als die Gestalten auf sie zuhielten, rechnete Temari mit dem Schlimmsten. Sie musste Shikadai um jeden Preis schützen, und wenn es sie ihr Leben kosten würde. Sie umfing Shikadai mit ihren Armen, drückte ihn eng an sich und beugte sich nieder. Doch anders, als sie es vermutet hatte, flogen die Gestalten alle weit auseinander in den umliegenden Wald. Keine Sekunde später stand Shikamaru bei ihnen, der jeden weiteren Angriff abwehrte. Als die Blonde ihn wahr nahm, entließ sie Shikadai aus ihrem Griff und kümmerte sich ebenfalls um die Angreifer. Shikadai blieb nur staunend das Ganze zu beobachten. Wie im Rausch zogen die Angriffe schnell an ihm vorbei, gedanklich kam er nicht so schnell hinterher mit dem, was er sah. Die letzte Gestalt erledigten sie gemeinsam, während Shikamaru sie im Wickel hatte, gab Temari ihm mit ihrem Jutsu den Rest. Keuchend drehte sich Shikamaru zu ihr um. Sein Gesicht zeigte blanke Wut: „Wie konntest du mir das antun?!“ Zitternd erwiderte sie seinen Blick. Noch nie hatte sie vor ihm Angst gehabt. Aber in diesem Moment hatte Temari keine Ahnung, wie sie ihn einschätzen sollte. Shikadai stand regungslos ein paar Meter entfernt von beiden und starrte zwischen ihnen hin und her. „Das kann nicht dein Ernst sein!“, er wies mit einer Hand auf Shikadai, „Wir haben ein Kind und du sagst mir nichts?! All die Jahre nichts?!“ Tränen stiegen ihr in die Augen und ein ersticktes Schluchzen kam ihr über die Lippen: „Du warst doch selber noch ein Kind!“ „Spinnst du?!“, gab er zurück, „Wie alt ist er? 5? 6? Wann Temari, wann verdammt nochmal bist du schwanger gewesen?!“ „Direkt beim ersten Mal, du Idiot! Oder hast du etwa verhütet?!“, sie ignorierte ihre Tränen, die ihr über die Wangen liefen und stellte sich mit in den Seiten gestemmten Armen vor ihn. „Er ist sechs Jahre alt und du hast es nicht einmal in den sechs Jahren geschafft, mit mir zu reden?! Wir sehen uns seit über zwei Jahren wieder regelmäßig, du hattest so viele Möglichkeiten!“ „Hey!“, schrie Shikadai und drängte sich zwischen sie und drückte beide auseinander, „Hört auf!“ Temari tat einen Schritt zurück und wandte sich ab. Sie wischte sich mit dem Unterarm die Tränen weg und versuchte ihre Atmung zu kontrollieren, um etwas runterzukommen. Shikamaru hingegen blickte einfach baff in das Gesicht seines Sohnes, der ebenso zurück starrte. Er war sein absolutes Ebenbild. Nur die Augen, die hatte er eindeutig von Temari. Shikadais Blick huschte zu seinem Stirnband: „Du bist aus Konoha...“ Dem Jungen wurde plötzlich so viel klar. Dem größerem Nara wurden die Beine weich. Er ließ sich auf die Knie nieder und konnte nicht anders, als dieses Kind zu mustern: „Ich glaub es nicht...“ „Du siehst aus wie ich.“, Shikadai legte den Kopf leicht schief und fasste Shikamaru kurz in den Zopf. Der Mann konnte nicht anders, als kurz lachen: „Du wohl eher wie ich.“ „Wie heißt du?“ „Shikamaru.“ Der Junge grinste breit: „Ich heiße Shikadai.“ Der Größere schüttelte lächelnd den Kopf: „Der Name ist sehr gut.“ „Wie alt bist du?“ Nun kratzte sich Shikamaru kurz am Hinterkopf: „25.“ Der Junge hob eine Augenbraue und drehte sich zu seiner Mutter um: „Mein Vater ist jünger als du?“ Temari drückte die Fingerspitzen ihrer linken Hand gegen die Stirn und seufzte tief: „Ich sagte ja, er war selber noch ein Kind.“ „Ich war zwar 19, aber ich hätte dich niemals allein gelassen mit dieser Verantwortung!“, gab Shikamaru zurück und warf ihr einen bitterbösen Blick zu. „Mit 19 war Gaara schon Kazekage.“, entgegnete Shikadai, „Ich glaube, da kann man schon Verantwortung für ein Kind tragen.“ „Sehe ich genauso.“, grinste Shikamaru, „Shikadai... Weißt du überhaupt irgendwas von mir?“ Der Junge legte den Kopf schief: „Du bist der Grund, warum ich nie mit nach Konoha durfte. Ich durfte allgemein kaum das Dorf verlassen. Und ich kann dir sagen, es ist ätzend langweilig hier.“ „Aber du beherrscht schon das Jutsu unserer Familie. Du hast die Langeweile also gut genutzt.“ „Meinst du den Schatten? Mama sagte mir mal, ich solle das probieren. Ich wusste nicht, dass es etwas ganz Spezielles ist.“ Shikamaru fuhr sich mit einer Hand kurz durchs Gesicht: „Ich fasse es einfach nicht.“ „Weißt du, Mama hat sich immer sehr auf Konoha gefreut. Und sie hatte immer mega gute Laune, wenn sie wieder da war. Ich weiß, das es sie stinksauer macht, wenn ich dir das jetzt sage, aber ich bin ziemlich sicher, dass sie dich liebt.“ „Shikadai!“, entsetzt und mit hochrotem Kopf drehte sich Temari wieder zu den beiden um, „Das kannst du nicht einfach so sagen!“ Shikamaru seufzte schwer und legte Shikadai die Hände auf die Schultern, der ihm daraufhin wieder direkt in die Augen sah: „Das weiß ich schon länger, Shikadai.“ „Was?“, verblüfft und mit hochrotem Kopf schaute sie zu Shikamaru. Langsam erhob er sich: „Du hast es mir selbst gesagt, bei unserer ersten Mission, nachdem du vier Jahre lang vom Erdboden verschluckt warst. Nur hast du vermutlich keine Erinnerung mehr daran.“ Sie hielt sich die Hand an den Mund: „Hab ich?“ „Das ändert aber nichts daran, das du mich extrem enttäuscht und verletzt hast, Temari.“, begann der Nara nun etwas ruhiger, „Du hattest so viele Möglichkeiten und hast nie etwas gesagt.“ „Du warst noch so jung, du wolltest lieber faul in die Wolken gucken!“, wies sie ihn ab, „Und später hat sich nie der passende Zeitpunkt ergeben.“ „Dafür gibt es keinen passenden Zeitpunkt, es hätte gar nicht so weit kommen dürfen!“, meckerte Shikamaru energisch zurück. Wieder musste er tief seufzen: „Ich muss nach hause. Ich ertrage dich gerade einfach nicht.“ Temari schluckte. Dieser Satz hatte sie tief getroffen. „Warte, ich will mit!“, warf Shikadai ein. Überrascht schaute Shikamaru zu seinem Sohn: „Was? Mit nach Konoha?“ „Du bist mein Vater, also darf ich doch mit dir gehen, oder?“ Nachdenklich blickte der größere Nara zu Temari: „Unrecht hat er nicht.“ „Nein!“, schmetterte sie ab und ging ein paar Schritte auf den Mann zu, „Er kann nicht weg, er hat hier seine Schule und du kennst ihn doch gar nicht!“ „Temari, in Konoha gibt’s auch Schulen. Und eben weil ich ihn nicht kenne, wäre es für uns beide mehr als fair, das zu ändern.“ Nun wurde sie wütend: „Du hast doch keine Ahnung, wie er tickt, was er braucht! Du hast dich noch nie um ein Kind gekümmert, du bist Einzelkind!“ „Ja und wenn du nicht aufhörst mich anzumeckern, ist die Chance bei einhundert Prozent, das er für den Rest seines Lebens Einzelkind bleibt! Du machst mir keine Angst, Temari, du schüchterst mich kein bisschen ein!“, Shikamaru baute sich vor ihr auf und blickte eisern zu ihr hinab, „Wenn er mit möchte, dann darf er das. Da du ihn Shikadai genannt hast, gehe ich mal davon aus, das ich in der Geburtsurkunde als Vater aufgeführt bin.“ Wutentbrannt schrie sie kurz auf: „Ja verdammt, natürlich stehst du drin! Er trägt nicht nur eure Vorsilbe, er hat auch deinen Nachnamen! Was glaubst du wohl, warum ich am Arsch der Welt mit ihm wohne!“ „Perfekt, dann habe ich ebenso das Recht, für ihn zu entscheiden. Und da er ein Nara ist, ist er automatisch Bürger von Konoha!“ „Du wagst es nicht...!“, zischte die Blonde. Shikamaru hatte sie noch nie so gesehen, doch es war ihm schlichtweg egal. „Wo sind seine Dokumente?“, fuhr Shikamaru monoton fort. Shikadai hatte sich mittlerweile hinter Shikamaru gestellt und klammerte sich leicht an dessen Hosenbein, seine Mutter in diesem Zustand empfand er als absolut beängstigend. Doch seinem Vater kratzte das überhaupt nicht. „Schön, nimm ihn mit! Die Dokumente findet ihr im Wohnzimmer in der obersten Schublade der Kommode!“, sie machte auf dem Absatz kehrt und stürzte davon. „Mama...“, Shikadai rannte ihr ein paar Schritte nach, doch da war die Blonde bereits verschwunden. Tröstend legte Shikamaru ihm eine Hand auf die Schulter: „Mach dir keine Sorgen. Sie wird sich irgendwann beruhigen.“ „Ich hab Angst.“, meinte der Jüngere. „Komm, lass uns deine Sachen holen. Du musst mir den Weg zeigen.“ Nickend setzte sich der Junge in Bewegung: „Meinte Mama mit Vorsilbe 'Shika'?“ „Ja. Shikadai, Shikamaru, Shikaku. Das ist dein Großvater. Und das Schattenbändigen liegt in unserer Familie. Es gibt keine andere, die das kann. Daran habe ich als allererstes gesehen, dass du ein Nara bist. Abgesehen davon, das du mein Spiegelbild bist.“, erzählte Shikamaru. Wieder nickte der Junge und bog mit ihm um einen größeren Felsen, dahinter kam eine kleine Siedlung zum Vorschein. „Da vorne ist unser Haus.“, Shikadai zeigte auf ein einfaches Haus, direkt am Eingang zur Siedlung. Es dauerte nicht lange, da hatten sie die Dokumente und ein paar nötige Sachen für den Jungen in eine Tasche verstaut. Noch etwas unsicher blickte sie das Kind ein letztes Mal um, verließ dann aber zusammen mit seinem Vater das Haus, das bisher immer sein zuhause gewesen war. Vor der Haustür trafen sie auf Raku, die mehr als überrascht war, den Vater ihres Schützlinges gegenüber zu stehen. Nach einem kurzen Gespräch ließ sie die beiden ziehen. „Glaubst du, Mama ist mir böse...?“, fragte der Junge leise und schulterte seinen Rucksack zurecht. Shikamaru seufzte: „Deine Mutter ist gerade am kochen vor Wut, aber dass sie nur auf sich selbst wütend ist, kann sie gerade noch nicht sehen. Lass ihr Zeit, das dauert etwas.“ Stumm nickte das Kind. „Wir müssen noch einmal zu dieser Lichtung, ich muss noch nach etwas suchen...“, entgegnete Shikamaru ergeben. Fast hatte er die Mission komplett vergessen. Kurzerhand suchte er in den Klamotten der Gestalten nach Beweisen. Er fand lediglich zermahlene, getrocknete Blätter, zwischen denen viele kleine rote Kügelchen waren. Ansonsten hatten sie nichts an sich, was Hinweise darauf gab, woher sie kamen oder was sie vorhatten. Also machten sich die beiden auf den Weg nach Konoha. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)