Das Geisterschiff oder Eine Nacht im Regen von Morwen (Part 11 ist online =)) ================================================================================ Kapitel 9: Erkenntnisse ----------------------- Teil: 9/? Kommentar: Nach diversen technischen Problemen hier also der nächste Teil. ^^ Es passiert zwar so gut wie nix, aber egal ... Mein Dank gilt wie immer allen Kommischreibern *alle mal nehm und drück* o^^o Ohne euch würde das Schreiben wohl nur halb so viel Spaß machen ... Okay, genug gesagt, viel Spaß beim Lesen. ^^ Disclaimer: Die auftretenden Personen gehören größtenteils Eiichiro Oda bzw. SHUEISHA Inc. und ich mache kein Geld mit dieser Geschichte. Part 9 - Erkenntnisse Eine angenehme Wärme umfing ihn, als er erwachte. Das Sonnenlicht legte sich unangenehm hell auf seine Augenlider, und er zog fluchend seine Decke höher und drehte sich auf die andere Seite. Er wollte nur noch ein bisschen länger liegen bleiben; die anderen würden einen Augenblick auf das Frühstück warten müssen. Die anderen ...? Moment mal ... Sanji öffnete zögernd die Augen und sah - Zorro, keine Handbreit von seinem Gesicht entfernt. Und er sah - gelinde gesagt - beschissen aus. Spuren tiefster Erschöpfung hatten sich in das Gesicht des Schwertkämpfers gegraben. Sanji bemerkte auch feine Linien um seinen Mund und seine Augen, die ihm zuvor noch nicht aufgefallen waren. Sorge und Verzweiflung hatten sich in seinen Zügen eingenistet und der Koch bezweifelte, dass sie in nächster Zeit von dort verschwinden würden. Er selbst sah wahrscheinlich auch nicht viel besser aus. Was bei der letzten Nacht auch kein Wunder war ... Allmählich kehrten die Erinnerungen daran zurück, doch schneller, als Sanji lieb war. Eine Flut von Bildern stürmte auf ihn ein, die einem Steven King die Inspiration für einen neuen Horrorroman verliehen hätten. Und nur die wenigsten davon waren angenehm ... Sanji stöhnte leise auf und legte eine Hand auf die Stirn. Nicht, dass es davon besser wurde ... Aber seine Denkfähigkeit, die sich für einen kurzen Moment aus dem Staub gemacht hatte, kam langsam wieder zurück. Und ein einzelner Gedanke kristallisierte sich klar heraus: Runter von diesem verdammten Schiff! Und zwar so schnell wie möglich! Er hatte keine Lust, noch einen weiteren Tag hier zu verbringen. Allein bei der Erinnerung an die Schreie der letzten Nacht richteten sich seine Nackenhaare auf und die Vorstellung, sie noch einmal hören zu müssen, löste bei ihm ein Schaudern aus. Sollte Zorro ihn doch als Feigling bezeichnen, aber er hatte die Nase gestrichen voll. Apropos Zorro ... Bildete er es sich bloß ein, oder steckten sie beide tatsächlich unter einer Decke? Sanji bemerkte, dass sein Mantel von der letzten Nacht über sie beide gebreitet war, und als er versuchte, sich hochzustemmen, hielt ihn eine nicht unerhebliche Kraft fest. Er blickte zur Seite und sah in Zorro's friedlich schlafendes Gesicht. Der Schwertkämpfer hatte die Arme um seine Taille geschlungen, was nicht nur erklärte, wieso es so angenehm warm war, sondern auch, wieso er sich kaum rühren konnte. Aber merkwürdigerweise störte ihn diese ungewohnte Nähe nicht einmal besonders ... Früher - war das wirklich erst zwei Tage her? - hätte er ihn dafür durch die nächste Wand gekickt, doch jetzt empfand er es höchstens als ... verwirrend ... sehr verwirrend sogar ... doch nicht unangenehm. Nachdenklich sah er zur Seite und blickte aus dem Fenster. Dem Sonnenstand konnte er entnehmen, dass es schon fast Mittag sein musste. Doch er konnte sich nicht dazu durchringen, aufzustehen. Dazu müsste er diese warme Umarmung verlassen ... Sanji drehte langsam den Kopf zu Seite und sah erneut in das Gesicht des schlafenden Schwertkämpfers, das nur wenige Fingerbreit vor ihm ruhte. Sein Blick glitt über die geschlossenen Lider mit den langen, dunklen Wimpern, die schmale Nase herab zu den vollen Lippen und dann den markanten, kantigen Kiefer entlang bis zu den wohlgeformten Ohren. Seine Augen verweilten schließlich bei den drei markanten Ohranhängern, die dem ganzen Gesicht etwas Verwegenes verliehen. Merkwürdig. Wenn er es genau bedachte, hatte er Zorro noch nie so intensiv aus der Nähe studiert. Normalerweise war sein Gesicht ja auch kaum einen Blick wert - was eigentlich kein Wunder war, wenn er dauernd mit dem verbissenen Gesichtsausdruck eines zahnschmerzgeplagten Wolfes durch die Gegend lief ... Aber jetzt, während er schlief, war das Gesicht des Schwertkämpfers seltsam entspannt und fast ... friedlich. So sah Zorro eigentlich nur aus, wenn er einen Kampf mit Erfolg beendet hatte, oder nachdem er nach einem Saufgelage sturzbetrunken in seine Hängematte gesunken war, um seinen Rausch auszuschlafen. Und es war ja auch nicht so, dass er unansehnlich war ... Sein etwas zu kantiges Gesicht war trotz allem hübsch, und den kräftigen Körper darunter hatte Sanji selbst ja schon oft genug gesehen ... Vorsichtig, beinahe zögerlich, streckte Sanji die Hand nach Zorros Gesicht aus und strich mit dem Fingerkuppen sanft über die Wange hinab zu seinem Kinn. Seltsam ... Er hätte die sonnengebräunte Haut des Schwertkämpfers für rauher gehalten, doch sie war überraschend weich. Was für ein Genuss, sie zu berühren... Sanjis Finger zuckten zurück. 'Was tue ich hier eigentlich?' fragte er sich, sah dann aber erneut verstohlen zu Zorro hin. Er kam nicht umhin, sich irgendwie sehr dumm vorzukommen. 'Was soll das! Er wird mich schon nicht umbringen!' dachte er erbost und hob erneut die Hand. 'Vorausgesetzt, er wacht nicht auf ...' Zart strich er über Zorro's leicht geöffnete Lippen. Ein heißer Schauer lief über seinen Rücken. 'Verdammt, ist das wirklich ein KERL?!?' So weiche Lippen konnte doch niemand haben! 'Was für eine Verschwendung an jemanden, der keinen Gebrauch davon macht ...' Dann schoss ein weiterer Gedanke durch seinen Kopf. 'Wie sie sich wohl anfühlen?' "Nein", presste er leise zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. "Denke nicht einmal im Traum daran!" Aber was sprach dagegen? 'JA, ich vermisse mein Herzblatt Nami! Aber SO verzweifelt bin ich nun wirklich noch nicht ...' Doch er bekam Gewissensbisse, als er auf diese Weise an Zorro dachte. Es wäre gelogen zu behaupten, der Schwertkämpfer würde ihm nichts bedeuten. Nicht nach alldem, was passiert war ... Er mochte den anderen schon viel zu sehr, um wieder diese tiefe Abneigung gegen ihn haben zu können, wie er es früher getan hatte. Aber ihn lieben? Nachdenklich betrachtete er Zorro's regloses Gesicht, dann legte er vorsichtig seine Hand an dessen Wange und streichelte sie sanft mit dem Daumen. Die Augenbrauen des Schwertkämpfers verzogen sich ein wenig und er gab ein wortloses Murmeln von sich. Dann neigte er den Kopf nach vorn, bis er in Sanji's Halsbeuge ruhte und zog ihn gleichzeitig fester in seine Umarmung. Urplötzlich fing Sanji's Herz an zu rasen und er merkte, dass sein Gesicht zu glühen begann. Zorro war ihm so nah, dass sein Atem an seinem Schlüsselbein kitzelte. Das kalte Metall seiner Ohrringe drückte gegen seine Haut und ließ ihn gleichzeitig frösteln. Ihm wurde bewusst, dass sie sich noch nie zuvor so nah gewesen waren. 'Könntest du ihn denn jemals lieben?' fragte eine Stimme in seinem Inneren. "Ja, könnte ich?" fragte er sich leise. Erneut huschten Erinnerungen durch seinen Kopf. //Ich werde dafür sorgen, dass dir nichts geschieht!// Zorro's Worte, bevor er sich in der Waffenkammer darauf vorbereitet hatte, ihn zu verteidigen. In dem Augenblick hatte er es nur für einen makaberen Scherz gehalten, aber inzwischen war Sanji sich sicher, dass es dem Schwertkämpfer ernst gewesen war ... 'Verdammt, woher hätte ich das auch wissen sollen! Und das ausgerechnet von ihm ...' //Ich könnte es mir nie verzeihen, wenn dir etwas zustoßen sollte.// Seine Bemerkung, bevor Zorro allein auf das Deck gegangen war, mitten in die Schlacht hinein. 'Blödmann, Blödmann, BLÖDMANN! Seit wann sorgst DU dich denn um andere?!' "Wieso ich?" fragte er den Schlafenden schließlich flüsternd. "Wieso ausgerechnet ich ...?" Erneut bewegte sich Zorro leise grummelnd im Schlaf und der Koch gab auf. 'Ach, was soll's.' Vorsichtig legte er einen Arm um den Hals des anderen und vergrub sein Gesicht in dessen kurzen, grünen Haaren. 'Wenn du aufwachst, wirst du mir das erklären müssen ...', dachte er und strich gedankenverloren über Zorro's Wange. Es war schon erstaunlich, wie sehr sich die Welt doch in so kurzer Zeit verändern konnte, wenn sie auf zwei Personen zusammengeschrumpft war ... ********************************************** Zorro erwachte, als kühle Finger sanft über sein Gesicht strichen. Ein schlanker Arm drückten ihn an einen warmen Körper und weiche Haare kitzelten seine Wange und Nase. Er fühlte sich wie im Himmel. Fehlten nur noch die Drinks. Ob er gestorben war? Aber für Wolken war der Boden unter ihm ungewöhnlich hart. Außerdem schaukelte er leicht. Hatte er irgendwas verpasst?!? Langsam öffnete Zorro die Augen. Blonde Haare, die eindeutig NICHT ihm gehörten, versperrten seine Sicht. Mit leichter Verwunderung nahm er zur Kenntnis, dass der Körper in seinen Armen der des Schiffskochs der Flying Lamb war. Also war er doch schon tot ... "Sanji?" brummte er. Für einen Augenblick hielten die Finger in ihren Berührungen inne, fuhren dann jedoch fort. "Mmhja ..." kam die leise Antwort. "Bin ich tot?" Jetzt hörte das sanfte Streicheln endgültig auf. Zorro's innere Stimmen hielten große Transparente mit der Aufschrift "Ganz Falsche Frage!" in die Höhe. Am liebsten hätte er sich die Zunge abgebissen. Wann zur Hölle brachte er es endlich einmal fertig, vor dem Sprechen nachzudenken? "Ich wage es zu bezweifeln", entgegnete Sanji. "Tote sprechen selten." Er sah sich um, dann setzte er ein freudloses Grinsen auf und fuhr fort. "Sieht man mal von der Besatzung dieses Schiffes ab ... "Oh. Gut." Zorro überlegte diesmal gründlich, bevor er seine nächste Frage stellte. "Und wie geht es dir?" "Ich bin noch am Leben, wenn du das meinst ..." Sanji's Stimme war zu entnehmen, dass er nicht genau wusste, ob er sich darüber freuen sollte oder nicht. "Sanji ...!" Der Koch seufzte. "Es geht mir gut, okay? Ich habe keine Knochenbrüche, Bänderrisse, offenen Wunden oder ähnliches zu beklagen. Meine Zähne sind auch noch alle heil, und-" "Und was ist mit seelischen Verletzungen?" fragte der Schwertkämpfer leise. Überrascht hob Sanji den Kopf und sah ihn an. Er schien einen Augenblick mit sich selbst zu ringen, bevor er erwiderte: "Keine seelischen Verletzungen, Zorro, jedenfalls keine bleibenden." Er hielt kurz inne und fuhr dann fort. "Nur dich verstehe ich immer noch nicht..." Jetzt war es an Zorro, verwundert zu gucken. "Was verstehst du nicht?" Sanji holte tief Luft. "Wieso du das alles für mich getan hast", antwortete er schließlich. "Wieso ich plötzlich so normal mit dir reden kann. Und vor allem, wieso ich mich in deiner Gegenwart so wohl fühle ..." Der andere gab keine Antwort. Was sollte er auch sagen? Einen Moment lang blickten sie sich in die Augen. Sanji ... sah in moosgrüne, unergründlich tiefe Augen, die unerschrocken seinen Blick erwiderten. Er entdeckte Erschöpfung und Unmut in ihnen, doch auch eine Kraft, die ihn erstaunte. Nach allem, was passiert war, war diese Kraft nicht gebrochen, dieser Lebenswille nicht im Staub erstickt worden. Zorro war der Anker ihrer kleinen Gemeinschaft, das war ihm klar. Alleine hätte er nicht solange überleben, geschweige denn bei Verstand bleiben können. Die Nähe des anderen gab ihm selbst auch Kraft - und die Hoffnung, aus diesem ganzen Schlamassel heil herauszukommen. Zorro's Augen hatten immer diese Kraft ausgestrahlt; anfangs, als sie sich fast pausenlos gestritten hatten und auch jetzt noch, wo sogar etwas wie Vertrauen zwischen ihnen entstanden war. Und im Laufe der Zeit war noch etwas anderes zu dieser Kraft hinzugekommen, etwas, was Sanji anfangs irritiert hatte, doch wobei er sich nun sicher war, es deuten zu können: ehrliche, bedingungslose Zuneigung. Er hatte sich also nicht geirrt ... Sein Bauch begann wieder zu kribbeln ... Zorro ... blickte in die schwärzesten Augen, die er jemals gesehen hatte. Doch die Schwärze machte sie nicht gefühllos - ganz im Gegenteil ... Zum größten Teil spiegelte sich Sanji's übliche, stoische Ruhe in ihnen wider, doch je länger er hineinsah, desto mehr Gefühle waren zu erkennen: Unsicherheit, Müdigkeit, Verdruss ohne Ende ... und vor allem eine grenzenlose Verwirrung. Ihm war klar, dass er den Smutje mit seinen Bemerkungen und Taten in letzter Zeit ziemlich oft aus der Fassung gebracht hatte, und das meistens nicht mal absichtlich. Er hatte einfach gehandelt, ohne nachzudenken. Und Sanji hatte ihn nicht verstanden. Vielleicht würde er es nie tun. Doch hätte er die Möglichkeit gehabt, die Zeit zurückzudrehen - er hätte alles noch einmal genauso gemacht. Aber er konnte nicht weitermachen, ohne Sanji all dies zu sagen. Er liebte den Koch wirklich, das war ihm längst klar geworden. Er musste ihm die Wahrheit sagen, sonst würde er den Druck bald nicht mehr aushalten. Selbst wenn sein Gefährte ihn danach hassen sollte ... "Sanji ...", begann er, bevor er wieder verstummte. 'Argh ... Hallo? Stimme? Wo bist du, wenn ich dich mal brauche???' Der Koch musterte ihn mit fragend hochgezogener Augenbraue. War da plötzlich wirklich so etwas wie Erwartung in seinen nachtschwarzen Augen? 'Ich bin so weit gekommen und dann verliere ich plötzlich die Nerven', dachte der Schwertkämpfer. 'UND ich halte ihn in meinen Händen, und es fühlt sich einfach verdammt gut an! Vielleicht ergibt sich diese Möglichkeit nie wieder ...' Zorro räusperte sich erfolglos, dann kapitulierte er. 'Ach verdammt ...' Und war es nicht eh so, dass Taten mehr sagten, als tausend Worte? Langsam und vorsichtig, wie um den anderen nicht zu erschrecken, hob er eine Hand und strich Sanji sanft die Haare aus dem Gesicht. Dann küsste er ihn. Es war kaum mehr als eine flüchtige Berührung ihrer Lippen, das Streicheln von warmer Haut auf warmer Haut. Doch es war fast mehr, als Zorro ertragen konnte. Er konnte Sanji's Gesicht nicht sehen, da er selbst die Augen geschlossen hatte, doch er fühlte, wie die Lippen des anderen stumm seinen Namen formten. Zorro überlegte kurz, ob er diese Gelegenheit nutzen, und den Mund seines Gegenüber plündern sollte, doch er entschied sich dagegen. Dieser Kuss bedeutete ihm unglaublich viel, und er wollte ihn nicht missbrauchen. Leicht ließ er seine Zungenspitze über Sanji's Lippen fahren, fuhr ihre Form nach und kitzelte die Mundwinkel. Er meinte zu spüren, wie sich der Mund des Kochs zu einem leichten Lächeln verzog, doch das konnte auch nur Einbildung sein ... Nachdem er eine Weile lang ihre stille Vereinigung genossen hatte, ließ er schließlich langsam und sehr, sehr zögerlich von ihm ab. Sein Mund prickelte leicht und er spürte noch immer die Wärme von Sanji's Lippen auf ihm. Könnte er ihren Geschmack doch nur länger bewahren ... Einen Moment lang war es ruhig. Zorro zögerte, die Augen aufzumachen. Er wollte die Gefühle in den Augen des anderen nicht sehen, Gefühle, die diesen Augenblick zunichte machen könnten. Dann hörte er ein leises Rascheln. Der Mantel wurde zurückgeschlagen und Sanji löste mit sanfter Gewalt den Griff von Zorro's Armen um seinem Körper. Und dann war er plötzlich fort und ließ den Schwertkämpfer allein zurück. Erst als Sanji's Schritte schon längst verklungen waren, öffnete Zorro wieder die Augen und starrte an die hölzerne Decke über sich. "War es das jetzt?" fragte er leise in den leeren Raum hinein. Die einzige Antwort bestand wie immer aus dem ewigen Rauschen des Meeres. Ende Part 9 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)