My Beloved Enemy von Autumn (JoeyxSeto/JonoxSeth u. a.) ================================================================================ Kapitel 11: Nähe ---------------- Es geht weiter!!! Hm, diesmal wird's romantisch... Kapitel 11: Nähe Großvater Muto fiel vor Schreck fast der Kochlöffel aus der Hand, mit dem er gerade noch von dem Curry probiert hatte, das er zum Abendessen zubereitete. Jemand klingelte Sturm und als er, nicht ohne ein verärgertes Murmeln, die Tür öffnete, stand der weißhaarige Ryo Bakura draußen, die unschuldigen braunen Augen und das Verzeihung heischende Lächeln dämpften Mr. Mutos Zorn sofort. "Sieh an, du bist doch ein Klassenkamerad von meinem Enkel! Willst du ihn besuchen? Nur herein in die gute Stube! Yugi ist oben!" Ryo bedankte sich artig, schlüpfte aus seinen Straßenschuhen und eilte zu dem Zimmer hinauf, zu dem er den Weg dank seiner dunklen Seite bereits recht genau kannte. Er trat ein und entdeckte Yugi, der sich sein armes geplagtes Hirn immer noch über der Physikhausaufgabe zermarterte. Als er den anderen bemerkt hatte, strahlte er freundlich, schloss sein Heft, stopfte es ohne Rücksicht auf Eselsohren in seine Schultasche zurück und begrüßte Ryo. Die beiden wechselten ein verschwörerisches Zwinkern, konzentrierten sich und riefen ihre Alter Egos herbei. Yugi verwandelte sich in Yami bzw. Atemu und Ryo in den Grabräuber, dessen ägyptischer Name eigentlich Aton war. Einen Moment standen sich die zwei Seelen der Vergangenheit unschlüssig und etwas verlegen gegenüber, bis der Pharao seinen Geliebten mit seinen Armen umschlang und ihn an sich presste. "Aton...." "Atemu...." Mehr als den Austausch ihrer Namen brauchten sich nicht, denn in ihren Stimmen und ihren Augen lagen genug Gefühle, dass sie für weitere fünftausend Jahre ausgereicht hätten. Sie setzten sich auf Yugis Bett und küssten sich lange und innig, bevor Aton den Lippenkontakt zögernd abbrach und seinen König ernst betrachtete. "Ich weiß, was du denkst", antwortete dieser mit einem kummervollen Seufzer. "Imhotep ist zurückgekehrt....und er wird nicht eher ruhen, bis er Seth getötet hat....und Horus an seiner Seite ist....Aber das ist bei weitem nicht unser einziges Problem. Männer wie Imhotep sind erst zufrieden, wenn ihnen alles gehört, dass sie haben können....und in seinem Fall wäre dies die Herrschaft des absolut Bösen über die gesamte Welt...." "Du....du meinst doch nicht etwa....die Armee der Schakale von Anubis?!" "Doch. Genau das. Das Schreckensregime eines Unsterblichen....nicht auszudenken....Marik hat mir berichtet, dass Joey bereits angegriffen wurde....und dass Imhotep ein Attentat auf Seto verübt hat, mit einer Kobra...." "Gift - das ist typisch für diesen Mistkerl!" "Ja, allerdings. Dabei hat es gerade erst begonnen....Tokyo wird bald der Schauplatz grauenhafter Ereignisse sein....Angefangen bei den zehn legendären Plagen...." Aton fluchte ungehalten und musterte Atemu betrübt und sorgenvoll. Damals hatte er bei den Göttern dafür gebetet, dass diesem Teufel eine Wiedergeburt verwehrt bleiben würde, aber das Schicksal schien von allen Beteiligten zu fordern, dass man ihm endgültig ein Ende bereitete.... verdammt!! Er fuhr sich hastig durch das lange silberne Haar und verwünschte den heuchlerischen Priester und seinen krankhaften Ehrgeiz, mit dem das ganze Schlamassel begonnen hatte....Da spürte er Atemus Hand auf seiner Schulter und blickte auf, mitten hinein in tiefe, violette Augen, die ihm Trost und Hoffnung zu spenden versuchten. Er strich sanft über die weiche makellose Haut über den Wangenknochen, zog seinen Gebieter an sich und ließ ihre Lippen in einem leidenschaftlichen Spiel miteinander verschmelzen. "Yugi! Essen ist fertig!!" "Oh nein, nicht doch...." knurrte Aton und setzte seine berühmte, abweisende "Ich-bin-gefährlich-also-passt-auf-und-lasst-mich-zufrieden-oder-es-könnte-euch-EXTREM-leid-tun"-Miene auf, während Yami sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen konnte, trotz dem Ernst ihrer Lage. "Verwandeln wir uns zurück, sonst bekommt Yugis Großvater noch einen Schreck." "Das würde ihm nicht schaden!" "Nun komm schon, Aton, sei nicht so stur. Du weißt genau, dass du Ryo zwar ähnlich siehst, aber viel zu erwachsen und männlich wirkst, um als der zarte Junge mit den femininen Zügen durchzugehen. Jetzt mach schon!" Mit diesen Worten trat Yugi wieder an die Stelle seines Alter Egos und warf dem Grabräuber einen beschwörenden Blick zu. "Ist ja gut, ist ja gut! Ich habe kapiert!" Gesagt, getan. Ryo schüttelte sich ein bisschen und untersuchte sich im Spiegel noch einmal genau, ob man auch ja nichts von seiner dunklen Seite bemerkte. Als er mit dem Ergebnis zufrieden war, nahmen die beiden Jungen sich an der Hand und schlenderten gemächlich die Treppe hinunter zur Küche. "Da bist du ja!" tönte es jovial, als Mr. Muto zu seinem Enkel trat und ihre Hände ließen sich sofort wieder los. "Was ist, Bakura? Möchtest du mitessen? Es gibt Curry." "Wenn es Sie nicht stört, gerne, warum nicht." "Außerdem hat jemand gewiss nichts dagegen, wenn du noch eine Weile bleibst." erklärte Yugi verschmitzt, womit er zweifellos auf das Liebespaar aus der Vergangenheit anspielte. "Wen meinst du?" "Eh? Ach, niemanden, Opa!" Tristan übernachtete heute bei Duke. Er hatte natürlich erwartet, dass der wohlhabende Dungeon-Dice-Erfinder eine eigene Wohnung besass, aber dass es sich dabei um ein riesiges Apartment in einem der teuersten Wolkenkratzer von Domino City handelte, verschlug ihm in der Tat die Sprache. Die Einrichtung war geschmackvoll und stilecht, aber nicht zu protzig, sondern strahlte mehr eine dezente Eleganz aus. Er pfiff bewundernd durch die Zähne und sah sich gründlich im privaten Reich seines Liebsten um, auch im Schlafzimmer, wo ihn ein großes Bett mit Baldachin begrüßte. "Hm, das kommt man ja gleich auf Ideen!" flötete er zärtlich, was Duke eine leichte Röte ins Gesicht zauberte. Er näherte sich dem Motorradfahrer, umschlang von hinten seine Taille und flüsterte: "Später. Jetzt lassen wir uns erst etwas bringen. Was möchtest du haben?" "Dich." "So ungeduldig, mein Schöner? Aber wir haben viel Zeit....lass es uns genießen." "Ja, du hast recht." Tristan drehte seinen Kopf Richtung Duke, was dieser dafür nutzte, ihn hingebungsvoll zu küssen. Während ihre Zungen einen sehnsüchtigen Kampf ausfochten, hatte der Braunhaarige das unbestimmte Gefühl, als wäre er schon einmal so mit seinem Koibito irgendwo gestanden, aber ihm war, als wäre der verschwommene Ort in seiner Erinnerung kein Zimmer, sondern ein sonnendurchfluteter Garten. Konnte das sein....? ~~ RÜCKBLENDE ~~ Italien vor ca. 5000 Jahren, Rom Senator Claudius Audacius zog seine Toga zurecht und schritt die paar Stufen von seinem erhöhten Sitz hinunter zu dem jungen Soldaten, der ihn wenig begeistert musterte. "Seht mich nicht so verärgert an, Quintus! Aber für die Beziehungen zwischen Rom und Alexandria ist es vonnöten, dass ein berühmter, aufstrebender Feldherr wie Ihr, dem Pharao einen Höflichkeitsbesuch abstattet. Außerdem könnt Ihr auf diese Weise wertvolle Informationen über die momentane militärische Stärke Ägyptens herausfinden. Es wäre ein mächtiger Verbündeter für uns, das steht außer Frage. Und nun geht und bereitet alles für Eure Reise an den Nil vor!" Tristanus Quintus schlug die Hacken zusammen und verließ das Senatsgebäude. Seine Schritte lenkten ihn nach Hause, in seine Stadtvilla, die er weitab vom Trubel der Hauptstadt bewohnte. Er rief sich einen Wagen und ließ sich durch die herrliche Landschaft kutschieren, bis vor das Eingangstor. Rasch bezahlte er den Fahrer und verschwand mit flatterndem Umhang im Inneren. Als er sein Gemach erreicht hatte, schälte er sich aus den starren Metallplatten seiner Rüstung und kleidete sich in eine bequeme Tunika und eine grüne Toga. Erschöpft ließ er sich auf seinen phönizischen Stuhl sinken und lehnte sich mit geschlossenen Augen zurück. Er wusste sehr genau, dass er einer der besten Feldherren seiner Zeit war und man brachte ihm viel Respekt entgegen, gerade weil er noch so jung war und dennoch mehr Erfolg zu verbuchen hatte als manch anderer. In den einundzwanzig Jahren seines Lebens hatte es keinen Traum gegeben, den er sich nicht erfüllt hätte....aber sein Herz hing an seiner Heimat und obwohl er wusste, wie wichtig es war, diplomatische Beziehungen insbesondere zu so einflussreichen Ländern wie Ägypten zu pflegen, gefiel ihm der Gedanke an diese Reise nicht, denn sie versprach, gefährlich und vor allem langwierig zu werden. Aber tapferer und gerühmter Feldherr hin oder her, einem Senatsbeschluss musste auch er sich beugen. Er erhob sich wieder und rief nach seinem persönlichen Diener. "Dukedas!" ("Du-keh-das" gesprochen ^^) Kurz darauf schob sich eine schlanke, anmutige Erscheinung in seinen Blickwinkel, gewandet in den vornehmen Überwurf eines hochrangigen Haussklaven. Der junge Mann, der etwa im selben Alter war wie sein Gebieter, besass herrliches schwarzes Haar und die wundervollsten grünen Augen, die Tristanus je gesehen hatte. Diese Augensterne, schimmernd wie Smaragde, hatten damals auf dem Slavenmarkt seine volle Aufmerksamkeit auf sich gezogen und er hatte einen unverschämt hohen Preis für Dukedas bezahlt, aber er war auch davon überzeugt, dass der Bursche jeden einzelnen Sesterz wert war. Wie es der Zufall wollte, war er Ägypter, er stammte sogar aus Alexandria. "Ihr habt gerufen, Herr?" "Ja. Der Senat hat entschieden, dass ich nach Ägypten reisen soll, als Diplomat. Man wünscht sich das Land der Götter und Könige als Alliierten und ich kann es dem Kaiser nicht verdenken, dass er das anstrebt. Ich werde dich mitnehmen." "Wir werden....in meine Heimat reisen? Ich darf Euch begleiten? Das ist sehr gütig von Euch, Herr....aber weshalb?" "Ich brauche einen Dolmetscher. Du hast mir zwar ein bisschen Ägyptisch beigebracht, aber das reicht natürlich nicht aus, um mit dem Pharao zu sprechen. Und ich bin nicht sicher, ob sich das Lateinische dort schon so weit durchgesetzt hat." (Ja, die beiden sprechen Latein miteinander, zu der Zeit gab's ja noch kein Italienisch) "Aber Ihr beherrscht die Grundkenntnisse meiner Sprache, denn Ihr seid ein guter und gelehriger Schüler. Seid Ihr sicher, dass Ihr meine Hilfe benötigt?" Tristanus näherte sich dem Diener, hob sein Kinn sanft an und blickte ihm tief in die Augen. Schön....einfach nur atemberaubend schön.... "Ja. Ganz sicher." ~~ ENDE DER RÜCKBLENDE ~~ Verwirrt brach er den Kuss ab und hielt sich die Stirn, als müsse er sich vergewissern, dass er nicht träumte oder phantasierte. Es erschien ihm wie eine Erinnerung....aber das war doch ausgeschlossen....! "Tristan? Was hast du? Kopfschmerzen?" "Nein, es ist nichts....ich habe nur...." Er wandte sich ab und lehnte sein erhitztes Antlitz gegen die kühle Fensterscheibe. Von hier oben konnte man ganz Domino City überblicken. Die Stadt war hell erleuchtet und bot eine beeindruckende Nachtansicht. In dem Glas spiegelte sich etwas und als Tristan sich zu dem bewussten Gegenstand drehte, erstarrte er unweigerlich. Auf der Kommode neben dem Schrank stand eine goldene Waage mit zwei schimmernden Schalen, in der Mitte war sie mit einem merkwürdigen Auge verziert. "Was....was ist denn das?" "Das? Ungewöhnlich, wie? Stammt aus Ägypten. Ich habe es auf einer Auktion ersteigert. War nicht billig, weil es nämlich echtes Gold ist. Aber diese Waage hat mir auf Anhieb gut gefallen, ich kann gar nicht sagen, warum eigentlich. Vielleicht, weil sie das verkörpert, was ich gerne sein möchte - ausgeglichen, ausbalanciert. Leider macht mir mein Temperament meistens einen Strich durch die Rechnung." "Ich mag dein Temperament. Sehr sogar." entgegnete sein Freund und strich nachdenklich über die beiden Arme der Waage hinweg. Seltsam....warum hatte er das Gefühl, dieses Ding schon einmal gesehen zu haben....? Joey wanderte ziellos durch die abendlichen Straßen der Stadt. Es war jetzt viertel nach acht und er hatte nichts bestimmtes zu tun. Von seinem Job war er immer noch beurlaubt, aber er hatte im Moment einfach keinen Nerv dafür, von einem Tisch zum anderen kommandiert zu werden. Er fragte sich, ob er Seto aufsuchen und zur Rede stellen sollte. Es musste eine Erklärung für sein Verhalten geben und je länger er darüber nachgegrübelt hatte, umso überzeugter war er davon, dass sein ehemaliger Rivale ihn, was seine Zuneigung betraf, nicht angelogen hatte. Vorher musste er aber nochmal in seinem alten Apartment vorbeischauen, um den letzten Rest seiner Habseligkeiten zusammenzusammeln und zu Tante Amber zu bringen. Nach zwanzig Minuten Fußmarsch war er an seiner früheren Wohnung angelangt, holte den Schlüssel aus der Jackentasche und wollte aufschließen, doch zu seinem Entsetzen stellte er fest, dass jemand sich gewaltsam Zutritt verschafft hatte. Ein Einbrecher?! Vorsichtig schob Joey sich zur Tür hinein, möglichst ohne ein Geräusch zu verursachen, und tappte auf leisen Sohlen in den Flur. Das Licht war an und das war ungewöhnlich für einen Einbrecher, der es wohl eher vorgezogen hätte, im Dunkeln zu operieren. Plötzlich hörte er, wie Glas zerschmissen wurde und jemand einen Schwall übelster Flüche ausstieß. Ein eisiger Schauer rann ihm über den Rücken und eine grausame, kalte Hand packte nach seinem Herzen und tauchte es in ein schwarzes Loch voller Angst. "Lass es nicht wahr sein!" hämmerte es verzweifelt. "Lass es nicht wahr sein!" Der Fremde wankte aus der Küche heraus, mit eine Weinflasche in der Hand und murmelte etwas Unverständliches vor sich hin. Als er Joey erblickte, verzerrte sich sein Gesicht zu einer wütenden, grotesken Maske. Sein schlimmster Alptraum - sein Vater.... "Joseph!!!" kam es in einem halben Röcheln von Mr. Wheeler, "Du verdammtes Mistbalg! Deinetwegen bin ich im Knast gelandet!" "Nicht meinetwegen. Das hast du dir selbst zuzuschreiben!" fauchte der Blonde zurück, der zwar am ganzen Leib zitterte, sich aber nicht kampflos geschlagen geben wollte, nicht noch einmal. "WAS?!?!" Er holte aus und die Flasche krachte gegen den Türstock, wo sie zersplitterte und die rötliche Flüssigkeit sich auf die Wand ergoss. Mehr torkelnd als gehend, bewegte sich der Betrunkene auf seinen Sohn zu, wobei ihm seine Glaswaffe entglitt. Er fluchte erneut und donnerte seine Faust knapp an Joey vorbei. Dieser wich aus, duckte sich und wollte davonlaufen, doch Mr. Wheeler kriegte ihn am Kragen zu fassen, wodurch er ihn halb erwürgte und drosch erbarmungslos auf den jungen Mann ein, der sich zur Wehr zu setzen versuchte, doch er hatte keinen Erfolg. Die brutalen Fäuste trafen seinen geschundenen Körper überall, seine Lippen platzten auf und irgendwo in diesem Nebel aus Schmerz und Wut begriff er nur noch, dass sein Vater aus dem Gefängnis ausgebrochen sein musste, um sich zu rächen, wie er es ihm versprochen hatte. Seine tastenden Finger krampften sich um das Henkelkreuz. "Horus....hilf mir...." brachte er unter einem Schlag hervor, der seine Backe erwischte und einen Bluterguss entstehen ließ. Der Millenniumsgegenstand leuchtete auf und der Medjai übernahm seine irdische Hülle. Als die Faust von Mr. Wheeler wiederholt auf seinen Magen zu raste, wurde sein Arm von einem eisernen Griff gepackt und zusammengedrückt wie eine Coladose. Der Betrunkene stieß einen Schrei aus, mehr vor Überraschung als vor Schmerz, aber als er den Blick hob, sah er jemanden vor sich, den er nicht kannte. Er sah seinem Sohn zwar ähnlich, aber das lange Haar und die harten Augen waren keine Attribute Joeys. "Wie können Sie es wagen, ihn zu verprügeln, Sie jämmerliches Stück Mensch?!" zischte er und das fünftausend Jahre alte Feuer des stolzen Falken pulsierte ihm durch die Adern wie seit jeher. Der Griff wurde fester und unbarmherziger und er schleuderte Mr. Wheeler angewidert von sich fort, dass dieser gegen die Küchentür knallte und ohnmächtig liegen blieb. Dann suchte Horus die übrigen Besitzstücke seines Hikari zusammen und verließ ohne einen Blick zurück das Apartment. Draußen auf der Straße erschien Joey neben ihm. "Ich danke dir. Ohne dich....hätte er mich vielleicht noch zu Tode geprügelt. Lass mich meine Sachen zu Tante Amber bringen, deine Mähne fällt viel zu sehr auf. Aber...." Er schwieg eine Weile, berührte seinen blutenden Mund, in dem er den Geschmack seiner Demütigung wahrnahm und spuckte angeekelt aus. "....Du hast mich gerettet, zum zweiten Mal und diesmal vor etwas, das mich schon viel zu lange verfolgt. Von heute an, Horus....hast du mein Vertrauen." "Darüber bin ich sehr glücklich, mein Freund. Bitte, nenn mich ,Jono'. Das ist mein richtiger Name, ,Horus' ist nur der Beiname, den ich als Medjai führe." "In Ordnung....Jono." Ein Nicken zum Abschied und der Duel-Monsters-Spieler kehrte als reale Existenz zurück. Wie ursprünglich geplant, lieferte er seine Habseligkeiten bei Amber ab, die über seinen Zustand natürlich entsetzt war. Mit dem Erste-Hilfe-Kasten versorgte sie seine Lippe und seine anderen Prellungen und Verletzungen, erkundigte sich, was geschehen sei und schlug die Hände über dem Kopf zusammen, als sie erfuhr, dass ihr verhasster Schwager aus dem Gefängnis ausgebrochen war. Nachdem sie sich um ihren Neffen gekümmert hatte, verständigte sie sofort die Polizei. "Meine Güte....wie furchtbar....und dass du ihm auch noch direkt in die Arme gelaufen bist....Dieses verdammte Schwein....entschuldige, ich...." "Nein, ist schon okay. Er ist ein Schwein und das ist eigentlich noch viel zu nett für ihn und im Grunde eine Beleidigung für jedes Borstentier. Ich bin froh, dass Serenity noch im Krankenhaus ist, das hier hätte sie nur wieder aufgeregt." "Vermutlich, ja. Ich habe zwar deine äußeren Wunden versorgt, aber es könnte sein, dass er dir auch irgendwelche inneren Verletzungen zugefügt hat. Du solltest Doktor Nakagawa aufsuchen und dich gründlich durchchecken lassen." "Von mir aus." Er erhob sich von dem Stuhl, auf dem er gesessen hatte und schlich zur Tür. "Warte mal, Jay! Ich glaube, ich fahre dich besser hin." "Nein, nicht nötig. Ich komme klar." "Wirklich?" Ihre Sorge rührte ihn. Es stimmte, was seine Schwester ihm immer über Amber erzählt hatte, dass sie sehr fürsorglich und sehr hilfsbereit war und alles nur Erdenkliche für die Menschen tat, die sie gern hatte. "Kein Problem, ehrlich. Den Weg zu Nakagawa-san schaffe ich auch allein, bin ja schließlich auch allein zu dir gekommen, oder? Bis später." Die Dunkelheit hüllte ihn ein. Domino bot einen schönen Anblick mit den vielfältigen erhellten Wolkenkratzern, den Reklametafeln und den Lichtern der Ampeln und Laternen. Hätte sein Körper nicht vor Schmerzen geschrien, hätte er es fast genießen können....Doch er ging nicht, wie angekündigt, zum Arzt, sondern vielmehr zur Kaiba-Villa, denn er hatte sich entschieden, Seto auf seine plötzliche, abweisende Haltung anzusprechen. Allerdings musste ihn sein Vater doch ärger erwischt haben, als er gedacht hatte, denn langsam aber stetig breitete sich von seinem Magen als Brennpunkt eine dumpfe Qual aus, die ihm jeden Schritt erschwerte, als müsse er zehn Tonnen Felsbrocken hinter sich herziehen. Zu allem Überfluss begann es zu regnen. "Scheiße!" schimpfte Joey, krempelte den Kragen seiner Jacke nach oben und marschierte missmutig weiter. Auch seine Brust tat höllisch weh und er verwünschte seinen verdammten Vater, der ihn in seinem Suff wieder einmal als Wutventil missbraucht hatte. Seine Knie gaben nach und er musste sich gegen eine Hausmauer lehnen, um nicht umzufallen. In diesem Augenblick, inmitten der nassen Kälte und dem inneren wie äußeren Schmerz, rutschte er zu Boden, klammerte die eine Hand in sein Hemd, wo die Pein gegen seine Knochen pochte, vergoss stille Tränen des Zorns und des verletzten Stolzes und hatte nur noch einen Gedanken, bevor eine gnädige Ohnmacht ihn überkam.... >>Seto....<< "Nein, jetzt regnet es!" maulte Mokuba und spannte seinen Schirm auf. "Du hattest wieder einmal recht, Onii-san! Aber es ist nett, dass du mich zu Tommy bringst." "Ich hoffe, du tanzt den Eltern deines Freundes nicht so auf der Nase herum wie mir. Immerhin darfst du bei ihm übernachten und Mrs. King hat sogar versprochen, euch morgen beide in die Schule zu fahren. Also benimmt dich anständig." "Das tue ich doch immer, großer Bruder!" "Ah ja?" Seto lächelte leicht, als auch schon das Haus der Familie King vor ihnen auftauchte, wo Mokubas Klassenkamerad wohnte und wo er heute die Nacht verbringen würde. Der Elfjährige umarmte den Firmenchef zum Abschied und wurde stürmisch von Tommy begrüßt. "Viel Spaß, Mokuba! Bis morgen!" Damit trat er den Heimweg an. Wenn er an die Verträge dachte, die er heute noch alle durchzuarbeiten hatte, wurde ihm fast übel. Er verspürte nicht die geringste Lust dazu, aber wie das in seinem Beruf nun mal war, man konnte sich vor nichts drücken, und vor etwas Unangenehmen schon gleich zweimal nicht. Die Geschäftsbranche war ein wenig menschlicher Faktor, ein Grund, der es ihm so schwer machte, mit Menschen aus einem anderen Milieu umzugehen. Da fiel sein Blick auf eine zusammengekauerte Gestalt unter der Marquise eines Lebensmittelladens und sein Herz tat einen Sprung. Joey! Was tat er denn hier und auch noch in so einem Zustand? Er näherte sich ihm und sagte, um sich seine Besorgnis und seinen Liebeskummer nicht anmerken zu lassen, "He, Wheeler! Hast du jetzt beschlossen, wirklich ein Straßenköter zu werden?" Doch der Blonde antwortete nicht und als Kaiba ihm durch das weiche Haar fuhr, erkannte er, dass sein Engel bewusstlos war. Was mochte passiert sein? Jedenfalls konnte er ihn nicht einfach so da liegen lassen und warf ihn sich kurzerhand über den Rücken. Das war sicher nicht die zärtlichste Art und Weise, ihn zu transportieren, aber mit dem Regenschirm in der einen Hand blieb ihm nichts anderes übrig. So kehrte er mit seiner seltsamen Fracht in seine Villa zurück und legte Joey erst einmal in seinem Schlafzimmer ab. Er gab der Dienerschaft strikte Anweisung, ihn für den Rest des Abends nicht mehr zu stören und bestellte nur noch eine Kanne heißen Tee. Eine Zofe brachte das Getränk auf einem Tablett mit zwei Tassen und entschwand nach einer Verbeugung. Endlich konnte Seto seinen Liebsten genauer untersuchen. Als er seine Hand auf das hübsche Gesicht bettete, fuhr er zurück, denn Joey war eiskalt. Wie lange hatte er wohl schon ohnmächtig da im Regen gehockt, bevor er ihn aufgegabelt hatte? Und was war das? Ein großer Bluterguss auf seiner linken Wange? Hatte er sich geprügelt? Zumindest musste er aus den durchnässten Klamotten heraus, sonst erfror er ihm womöglich noch. Zögernd streifte Seto die Jacke von dem schlaffen, regungslosen Körper und warf sie achtlos zu Boden. Anschließend knotete er die Schuhbänder auf und entfernte die Turnschuhe, einen nach dem anderen. Ihnen folgten die Socken, die ebenfalls feucht waren. Um ihm das klamme Hemd auszuziehen, lehnte er den Sechzehnjährigen gegen seinen eigenen Oberkörper, griff unter den Stoff und zog ihn über den blonden Schopf. Vorsichtig ließ er Joey in die Kissen zurücksinken, als seine Augen die Prellungen und Wunden entdeckten, welche die ansonsten makellos und traumhaft geformte Brust übersäten. Eine Welle der Empörung und der Wut wallte in ihm hoch. Wer hatte seinem Geliebten das angetan?! Wer hatte ihn so zugerichtet?! Behutsam streichelte er mit dem Finger über die Blessuren und Kratzer, darauf bedacht, sich jeden Muskel, jede Sehne, jede Kurve, jede Ebene dieses Körpers einzuprägen. Irgend jemand hatte es gewagt, diesen goldhaarigen Halbgott zu misshandeln und er würde herausfinden, wer! Obwohl die Geste ein Prickeln auf seiner Haut hinterließ, blieb die eisige Kälte auf Joeys Fleisch zurück und Seto erschauerte kurz. Er errötete ein wenig, als er sich an der durchtränkten Hose zu schaffen machte und den groben Jeansstoff abstreifte. Darunter kamen rote Boxershorts zum Vorschein, die eng anlagen und die perfekten Rundungen eines knackigen Hintern betonten. Vollendet geschwungene Beine streckten sich auf den seidenen Laken aus. Seto nahm die Kleidungsstücke, schritt zur Tür und musterte Joey noch einmal. Obwohl er ohnmächtig dalag, war er immer noch anmutig wie der junge Mond. Obwohl voller blauer Flecke, geschunden und zerzaust, besass er immer noch die Lieblichkeit des Frühlings. Er war wunderschön. Der Firmenchef schluckte einmal mühsam, rief nach der Zofe und übergab ihr die Sachen mit dem Auftrag, sie ordentlich zu trocknen sowie eine Flasche Rum zu holen. Das Mädchen erledigte alles und ließ ihren Arbeitgeber bald darauf wieder allein mit dem "Gast". Er schenkte etwas Tee in eine der mit Kirschblüten verzierten Tassen ein und mischte einen Schuss Rum dazu, um den erkalteten Körper zu erwärmen. Sanft hob er Joey an und flößte ihm das Getränk ein, das jedoch kaum seine Lippen benetzte. So funktionierte das nicht. >>Was soll ich tun? Er ist so eisig und befindet sich wahrscheinlich seit wenigstens einer Stunde da draußen, ohne jeglichen Schutz. Außerdem ist er nach wie vor bewusstlos, so kann ich ihn nicht zum Trinken bringen. Aber....irgendwie....muss ich ihn wärmen....<< In diesem Moment keimte Seto die Idee, wenngleich sie ihm auch ein wenig peinlich war, doch schließlich ging es hier darum, Joey zu retten! Zaghaft befreite er seinen Liebsten von den Boxershorts und hüllte ihn in die bauschige Decke ein. Ihn zu sehen, so wie Gott ihn geschaffen hatte, rang ihm einen beträchtlichen Teil seiner Selbstbeherrschung ab, aber insgeheim musste er sich auch eingestehen, dass er noch nie zuvor so ein vollkommenes Wesen gekannt hatte. Unruhig wanderte er auf und ab, unsicher, ob er es wirklich tun sollte, doch ein letzter Blick auf den reglosen Zustand seines Engels überzeugte ihn davon, dass er schnell handeln musste. Langsam entkleidete er sich, löschte das Licht und trat ans Bett. Mit einem Seufzer ließ er seine eigenen Shorts hinuntergleiten und kletterte zu Joey hinein. Seine Arme schlangen sich um den kalten Körper und spendeten all seine Wärme diesem einen Menschen. Er barg sein Gesicht in Joeys Halsbeuge und atmete tief und gleichmäßig. "Ich werde dich nicht einfach erfrieren lassen, hörst du?" flüsterte er zärtlich. "Niemals werde ich zulassen, dass dir nochmal irgend jemand so etwas antut....du weißt es nicht....aber ich liebe dich...." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)