My Beloved Enemy von Autumn (JoeyxSeto/JonoxSeth u. a.) ================================================================================ Kapitel 30: Mein geliebter Feind -------------------------------- Und das letzte Kapitel! Nun ist die FF also auch auf animexx komplett! Ich danke an dieser Stelle allen, die sie gelesen haben und so geduldig waren, immer brav auf die neuen Teile zu warten! Denkt an mich, wenn Ihr Euch die Mumien-Filme anseht, okay? *zwinker* Kapitel 30: Mein geliebter Feind Eine Woche später hatte man wieder die Hauptstadt Ägyptens, Kairo, erreicht und die Freunde begrüßten sich unter dem Jubeln aller versammelter Medjai mit Umarmungen und Schulterklopfen. El-Bahr trat vor und verneigte sich vor den Japanern. "Ihr habt euch den Dank und das Vertrauen meines Volkes erworben. Keine Worte der Welt genügen, um auszudrücken, was wir empfinden." "Das ist sehr nett von Ihnen, El-Bahr. Aber dennoch haben wir einen Verlust zu beklagen." erklärte Yami und Marik schob sich in den Vordergrund des Geschehens, mit Shadis leblosem Körper auf den Armen. Die Züge des alten Mannes erstarrten zu einer bestürzten Maske. "Oh Ra....das wusste ich nicht. Wer hat das getan?" "Das war Anck-su-namun, aber das Schicksal hat sie bereits zur Rechenschaft gezogen", antwortete der Platinblonde mit einer ganz seltsamen, fremd klingenden Stimme. "Er war ein tapferer Krieger und verdient ein ehrenvolles Begräbnis." "Nein. Er würde es verdienen, noch unter uns zu weilen. Aber wir können keine Seele aus der Welt der Toten zurückrufen...." "Doch, vielleicht können wir das!" widersprach Joey und holte aus einer der Satteltaschen seines Kamels das Schwarze Buch hervor, das sie aus Hamunaptra mitgebracht hatten. Die Anwesenden sogen hörbar die Luft ein und El-Bahr nickte entschlossen. "Ja....das wäre eine Möglichkeit. Aber wir benötigen einen Priester, der die Inschriften lesen kann und zugleich die Heilige Magie von einst in sich trägt...." Bakura verdrehte die Augen gen Himmel, kletterte in das Luftschiff zurück, das in einiger Entfernung vertäut war, und kehrte mit einem Rucksack zu den Wartenden zurück. Er öffnete ihn und schüttete den Inhalt heraus: die sechs verbliebenen Millenniumsgegenstände. "Wann....wann hast du....?" "Allmählich sollte man meinen, dass du mich etwas besser kennst, Atemu!" bemerkte der Grabräuber säuerlich. "Erstens kann ich meine Finger nicht von Gold lassen....und zweitens stecken unsere Alter Egos immer noch dadrin fest, wenn ich dich daran erinnern darf! Ich war früher ein Meisterdieb! In dem ganzen Chaos war es kein Problem für mich, das Zeug zusammenzusammeln! Aber dass du mich immer noch unterschätzt....!" "Pass bloß auf, dass du dich eines Tages nicht überschätzt!" "Soll das etwa eine Drohung sein?" "Nein, eine Prophezeiung!" "Halt die Klappe!" "Aton, du weißt doch, dass ich königlichen Geblüts bin, oder?" "Natürlich." "Dann hör auf, mich herumzukommandieren!" "Ich geb's auf...." "Wird auch Zeit, dass du endlich so etwas wie Vernunft annimmst." Nachdem Bakura und der Pharao sich fertiggezankt hatten, nahmen sie das Puzzle und den Ring an sich und begrüßten ihre jüngeren Ebenbilder, die bei dem gesamten Abenteuer ein wenig ins Hintertreffen geraten waren. Kaiba angelte nach dem Stab und lächelte leicht, als er Seths Stimme in seinem Inneren hörte, die ihn zu ihrem Sieg beglückwünschte. >>Danke, mein Freund. Aber jetzt brauche ich deine Hilfe.<< erläuterte er dem Hohepriester auf mentale Weise. >>Shadi ist getötet worden, doch da wir nun im Besitzt des Totenbuches sind, könnten wir ihn ins Leben zurückholen. Was sagst du?<< >>Selbstverständlich. Es muss ihm vergönnt sein, diesem Triumph über das Böse beizuwohnen. Außerdem hält das Schicksal noch so viel für ihn bereit. Ist es dir aufgefallen? Osiris - Marik - ist von Trauer gebeugt. Ich glaube, er hat begriffen, wem sein Herz in diesem Leben gehört.<< Damit wechselte Seth in den Körper des Firmenchefs und er befahl dem blonden Ägypter, Shadi vor ihm auf den weichen Sandboden zu legen. Mit geschmeidigen Fingern klappte er das Schwarze Buch auf und suchte die entsprechende Seite, auf der die notwendigen Beschwörungsformeln eingraviert waren. Mit geschlossenen Augen, vollkommen versunken in seiner Trance und höchst konzentriert, murmelte er in einem sanften singenden Ton die rituellen Worte vor sich hin. Aus dem Buch quoll plötzlich eine merkwürdige, schwarze Gestalt hervor, die wie aus Wasser gebildet wirkte. Nach und nach materialisierte sich Shadis Gesicht und die Umstehenden erkannten, dass es sich hier um seine Seele handelte. Langsam schwebte sie auf ihre irdische Hülle zu und verschmolz damit, während Seth die letzten abschließenden Verse rezitierte. Nach der Zeremonie blieb es einen Moment gespenstisch still, als der vormals tote Körper sich regte und der Brustkorb sich zu heben begann. Marik rannte darauf zu und schlang seine Arme um die elegante Erscheinung, genau in der Sekunde, als der Schwarzhaarige seine dunkelblauen Augen aufschlug. "Ma....Marik....?" flüsterte der Ältere schwach und verwirrt, unsicher, ob er gerade nicht einfach aus einem Traum erwachte oder etwas weit Schlimmeres hinter ihm lag. Sein Kopf schmerzte noch, aber allmählich erinnerte er sich wieder an das, was passiert war. Fragend blickte er hoch zu dem anderen, dessen Antlitz vor Liebe und Dankbarkeit leuchtete. "Ja, ich bin gestorben....und das muss der Himmel sein...." "Aber nein, du bist zurück in der Welt der Lebenden!" rief der Sechzehnjährige aus und kämpfte gegen seine Tränen an, Tränen, die diesmal aus reinem Glück geboren wurden und sein Herz ermatteten, als flössen all seine Gefühle mit ihnen über seine Wangen. "Der Oberpriester hat dich zurückgeholt. Das Schicksal ist so gnädig zu mir, mir noch eine zweite Chance einzuräumen. Ich habe endlich verstanden, was du mir tatsächlich bedeutest. Als ich dich verloren hatte, traf es mich wie bei einer Offenbarung....Kannst du mir meine Dummheit, meine Blindheit verzeihen, Shadi? Es tut mir so leid....Ich....ich liebe dich....vergib mir...." Sein Jugendfreund konnte ihm nicht antworten. Er konnte kaum begreifen, wie dieses Wunder geschehen sein mochte, aber dieses Geständnis aus Mariks Mund bewegte ihn zutiefst. Seine Stimme verweigerte ihm den Dienst, so stark wogten die Emotionen in ihm....und so zog er den Jüngeren zu sich herunter und küsste sowohl zärtlich als auch fordernd und leidenschaftlich diese wundervollen Lippen. Ishizus Bruder ergab sich praktisch sofort; seine Sinne vernebelten unter dem Feuer, das sich einem Inferno gleich seinem gesamten Wesen mitteilte und ihn verzehrte. Erst als die Übrigen zu applaudieren anfingen, lösten sie sich keuchend voneinander. "Marik....sag mir, dass das kein Traum ist...." "Das ist kein Traum, mein Liebster. Ich werde nie wieder an dem zweifeln, was ich für dich empfinde. Unsere Feinde sind vernichtet....und wir werden zusammenbleiben. Für immer." El-Bahr klatschte immer noch in die Hände, während er sich mit einem strahlenden Lächeln, das sich über sein ganzes zerfurchtes Gesicht ausbreitete, an Joey wandte: "Ehrenwerter Jono - ich weiß nicht, ob es Euch recht wäre, aber....würdet Ihr unserer Verbindung beitreten? Sicher, Ihr lebt in Japan und werdet bei Seiner Exzellenz, Hohepriester Seth, Seiner Majestät dem Pharao und Euren Freunden bleiben wollen....dennoch würde ich mich sehr freuen, wenn der ruhmreichste Krieger aus unserer Ahnenreihe sich uns anschließen würde, und sei es nur formell." "Das ist eine große Ehre für mich und ich erkläre mich damit einverstanden." Der alte Herr sprang vor Begeisterung in die Höhe wie ein junges Fohlen und schon bald hatte man eine provisorische Initiationsfeierlichkeit in die Wege geleitet. Der Blondschopf erhielt die Tätowierung ins rechte Handgelenk, die ihn als Medjai kennzeichnete und man schenkte ihm ein offizielles Beduinengewand und ein gebogenes Schwert. Die beiden kostbaren Bücher aus Hamunaptra wurden Eigentum des Museums für Ägyptische Geschichte, denn dort waren sie, unter den wachsamen Augen der Verbindung, am sicheresten aufgehoben. Die anfangs streng protokollgemäße Initiation verwandelte sich im Laufe des Abends in ein kleines Fest und als es am nächsten Tag Zeit war, sich auf Kairos Flughafen voneinander zu verabschieden, herrschte eine eher betrübte als fröhliche Atmosphäre vor. "Hab vielen Dank für alles, Joey. Ich bedaure, dass wir uns nicht näher kennen gelernt haben, da wir einst die besten Freunde waren, aber...." "Ich betrachte dich als meinen Freund, Marik. Du hast nun dein Glück gefunden und ich freue mich für dich. Wenn ihr hier je wieder Hilfe brauchen solltet, wegen Mumien, rachsüchtigen Göttern, verfluchten Untoten oder sonst irgendwas, du weißt ja, wo du mich erreichen kannst!" "Ja, ich weiß es." Ein paar Umarmungen gingen hin und her, bis man sich endlich zum Einchecken begab. Das Gepäck wurde verladen und die Maschine Richtung Tokyo rollte über die Startbahn. Odeon, Ishizu, ihr Bruder, Shadi und El-Bahr winkten wie wild und das Flugzeug hob ab. Ein aufregendes Abenteuer neigte sich seinem Ende zu....ein Abenteuer, das viele Veränderungen mit sich gebracht hatte....Liebende hatten einander gefunden. Ein jahrtausendealter Fluch war gebrochen worden. Neue und ehrliche Freundschaften hatten sich entwickelt. Ein einsames, erkaltetes Herz hatte gelernt, sich anderen zu öffnen und ihnen zu vertrauen, ohne es zu bereuen. Diese Menschen, die nun in ihre Heimat unterwegs waren, waren nicht mehr ganz dieselben wie zu Beginn der Geschichte....und genau das war vielleicht das größte Geschenk, das sie mit sich nahmen.... ~~ Drei Jahre später ~~ Ein chromblitzender Wagen stoppte vor dem Tor der Kaiba-Villa. Die Autotür wurde schwungvoll geöffnet und zuerst schlüpfte ein Jugendlicher von ca. vierzehn Jahren heraus, mit einer langen schwarzen Mähne und blauen Augen. Er steckte in Jeans, einem gelben Muscle-Shirt und Turnschuhen und joggte auf die Einfahrt zu. "Jetzt kommt schon, ihr Schlafmützen! Roland kann das Auto doch nachher in die Garage bringen! Ich will endlich an meinen Computer, um meine mails zu überprüfen! Und ich wette, auf meinem Handy sind eine Million Telefonanrufe und noch mehr SMS eingegangen! Warum durfte ich es eigentlich nicht mitnehmen?!" Sein älterer Bruder Seto, einundzwanzig Jahre alt, seines Zeichens Leiter der Kaiba-Corporation und Gelegenheitsarchäologe, entstieg grummelnd dem fahrbaren Untersatz und erklärte: "Weil ich es nicht ausstehen kann, wenn dein Handy ständig klingelt, während wir unsere Ausgrabungen machen! Außerdem sind Ferien!" "Na und?" "Musst du denn unbedingt immer und überall erreichbar sein, sogar in Griechenland?" "Ja, das muss ich! Und meine Stereo-Anlage hat mir auch gefehlt! Endlich kann ich mir wieder was Ordentliches reinziehen anstatt dieses unsägliche griechische Gedudel!" "Ich bevorzuge dieses ,unsägliche griechische Gedudel', wie du dich ausdrückst. In Anbetracht deines Musikgeschmacks müsste ich genaugenommen verleugnen, mit dir verwandt zu sein." "Ach Seto! Was gefällt dir denn nicht an Techno?" "Vor allem gefällt mir nicht, dass du es aus Prinzip in voller Lautstärke hörst, dass die Wände wackeln und Joe und ich jedesmal das Gefühl haben, kurz vor einem Weltuntergang zu stehen. Musst du denn immer so aufdrehen?" "Wenn ich nicht aufdrehe, gibt's kein richtiges Disco-Feeling!" erwiderte Mokuba gleichmütig und verschwand im Inneren des Hauses. Hinter dem Firmenchef tauchte sein Lebensgefährte Joseph Wheeler auf, von seinem Liebsten "Joe" genannt. Er hatte sein schulterlanges blondes Haar zu einem festen Zopf im Nacken zusammengebunden und grinste seinen Schatz vieldeutig an. "Ich weiß, ich weiß. Manchmal wünscht man sich, das mit der Pubertät würde noch ein paar Jahre warten, was?" "Wohl wahr....Aber was wolltest du mir vorhin eigentlich zeigen?" "He? Ach ja, richtig. Ich habe einige Internet-Recherchen betrieben und bin auf eine sehr interessante Sache gestoßen. Es soll in der Nähe von Luxor einen geheimen Tempel geben, der unter dem Sand der Jahrhunderte verborgen liegt. Und dort soll ein wertvolles Artefakt versteckt sein, das ,Auge der Kobra'!" Während Joey weiter von seiner erstaunlichen Entdeckung berichtete, verfrachtete der Brünette ihr Gepäck in die Eingangshalle der Villa und unterbrach seinen Gegenüber: "Joe....ich weiß, was du jetzt denkst. Und die Antwort lautet nein! Wir sind gerade erst von unserem archäologischen Urlaub in Athen zurückgekommen!" "Und genau darin besteht der Vorteil - wir haben schon gepackt!" "Warum nennst du mir nicht einen guten Grund, Schatz?" "Es ist doch nur ein Tempel....Darling." flüsterte der Blondschopf einschmeichelnd und zog seinem Geliebten langsam den eleganten Ledermantel von den Schultern. "Ein kleiner, hübscher, schmucker Tempel." "Hm....so einer mit hohen Säulen und einer prächtigen Freitreppe, Fresken und Statuen....und wir sitzen auf den Treppenstufen, träumen in den Sonnenschein und trinken Cocktails...." "Richtig. Klingt das nicht gut?" "Zu gut. Wo ist der Haken?" "Dort ist die angebliche Ruhestätte des Schlangengottes Apophis." "Siehst du? Und schon hat die Sache einen Haken!" Kaiba steuerte auf Mokubas Zimmer zu, der seinen Koffer unten gelassen und dafür seine Stereo-Anlage eingeschaltet hatte, um die beiden jungen Erwachsenen mit den aktuellen Techno-Charts zu berieseln. "Mach dir keine Gedanken. Laut der Legende erwacht Apophis nur alle 6000 Jahre einmal!" "Und wenn ihn niemand tötet, radiert er die ganze Welt aus!" "Woher weißt du das?" "Habe ich geraten! Ist doch immer die selbe Geschichte! Mokuba! Stell diesen infernalischen Lärm ab, sofort! Oder benutz wenigstens Kopfhörer!" "Viele berühmte Männer haben bereits nach diesem Tempel gesucht, zum Beispiel Ramses der Zweite. Er ist mit über tausend Männern dorthin aufgebrochen...." "....und nicht einen hat man je wiedergesehen." "Ja, woher weißt du das?" "Habe ich auch geraten." "Also, jedenfalls wollte Ramses der Zweite das ,Auge der Kobra' finden, da es der Legende nach ewiges Leben verleihen kann. Und dann waren da natürlich noch Alexander der Große, Julius Cäsar...." "....von dem hört man auch nichts mehr Neues!" "....und Napoleon...." "Ja, aber wir sind klüger als er....und größer!" "Genau. Und deswegen werden wir den Tempel finden." "Weil wir größer sind?" Joey grinste breit und küsste seinen Seto liebevoll auf den Mund. "Nein. Weil wir Übung darin haben, uns übersinnlichen Kreaturen zu stellen." "Ich könnte darauf verzichten, die Bekanntschaft von diesem Apophis zu machen." "Ich dachte, du glaubst nicht an solche Dinge?" "Fassen wir zusammen: Ich besitze ein Alter Ego aus der Vergangenheit, hatte ein früheres Leben und bin die Reinkarnation eines Hohepriesters. Mein Lebensgefährte ist die Wiedergeburt eines berühmten Kriegers und mein Freundeskreis besteht aus einem Pharao, einem Grabräuber, einem römischen Feldherren und einem Sklaven. Außerdem hatte ich es mit Mumien, Besessenen und Beduinen aus Sand zu tun und nicht zu vergessen mit einem größenwahnsinnigen, fünftausend Jahre alten Untoten und seiner Schwester. Offengestanden, das kann einen schon bekehren." "Also kein Apophis?" "Kein Apophis." meinte der Meisterduellant entschieden und sein Ton verriet, dass er keinerlei Widerspruch gestattete. Mokuba war dazu übergegangen, seine Umgebung nicht länger zu malträtieren und verwendete wie verlangt Kopfhörer, während das Paar einen Teil des Reisegepäcks ins Schlafzimmer trug. Der Blonde riss sämtliche Fenster auf und trat hinaus auf den Balkon, um die frische Luft bis tief in seine Lungen zu saugen. Seto folgte ihm und legte behutsam seine Arme um den kräftigen Oberkörper. "Froh, wieder hier zu sein?" "Ja. Domino City ist und bleibt mein Zuhause. Da fällt mir ein: Wir müssen uns beeilen, damit wir pünktlich sind! Yugi hat heute Geburtstag!" "Die Feier habe ich völlig vergessen....haben wir denn überhaupt ein Geschenk?" "Vorausschauend wie ich bin, habe ich natürlich daran gedacht, eines zu kaufen!" "Gut zu wissen." Yami holte gerade einen Kuchen aus dem Ofen, als Bakura in der Küche erschien und ihn auf die Wange küsste. "Du kannst backen?" "Stell dir vor! Wo steckt denn das Geburtstagskind? Wir haben die Girlanden aufgehängt, den Tisch gedeckt und das Essen vorbereitet, aber Yugi lässt sich einfach nicht blicken!" "Hmmm....er und Ryo machen im Moment ,Hausaufgaben'!" "Warum betonst du das so komisch?" "Weil Semesterferien sind, die Uni hat also geschlossen!" Der Pharao hob eine seiner anmutig geschwungenen Augenbrauen und musterte den Grabräuber von Kopf bis Fuß. Ein Lächeln huschte über seine Züge. "Ach so....diese Art von ,Hausaufgaben'....!" Ihre Existenz als Geister lag nun schon drei Jahre zurück, seit El-Bahr sie aus Kairo angerufen und ihnen etwas sehr Wichtiges mitgeteilt hatte: Nämlich, dass die sieben vereinten Millenniumsgegenstände über die Macht verfügten, die durchsichtige Gestalt einer Seele in eine feste Form aus Blut, Fleisch und Knochen zu verwandeln und selbstredend hatten Bakura, Yami, Jono und Seth nicht lange gezögert. Die Geister von einst konnten jetzt ein normales Leben führen und waren unabhängig. Der ehemalige Anführer der Medjai und der Oberpriester weilten zur Zeit in den USA, um einen in ihren Augen neuen und modernen Brauch des 21. Jahrhunderts zu befolgen: Flitterwochen. Verheiratet im eigentlichen Sinne waren sie natürlich nicht, aber eine Liebe, die fünftausend Jahre Trennung überstanden hatte, rechtfertigte die Reise, wie auch das andere Paar aus dem alten Ägypten meinte, das sich Gedanken über einen ähnlichen Urlaub machte. Endlich beehrten auch Ryo und Yugi sie mit ihrer Anwesenheit. "Alles Gute zum Geburtstag, Hikari! Hmmm....du siehst ein bisschen unordentlich aus. Steck das Hemd in die Hose, unsere Gäste müssen nicht wissen, was ihr beiden gerade getrieben habt!" Yugi errötete sichtbar und stopfte alles dorthin, wo es hingehörte. Seine kindliche Ausstrahlung hatte sich verloren, ebenso wie die des Weißhaarigen und sie glichen ihren Alter Egos nun wirklich in fast jeder Kleinigkeit. Unterscheiden konnte man sie allerhöchstens noch an der Kleidung und beispielsweise anhand der Tatsache, dass Ryo nach wie vor mit einem freundlichen Gesichtsausdruck herumlief, obwohl Aton der Ansicht war, er würde damit sein Äußeres verschandeln. Da klingelte es und Muto Junior öffnete. "Happy Birthday, Kumpel!" Hinter dem Blumenmeer, das zur Tür hereinkam, begrüßten ihn Duke und Tristan. Im Anschluss daran tauchten ebenso pünktlich Seto, Joey und Mokuba auf. "Hallo, ihr alle! Nanu? Wo ist denn Serenity?" "Mein Schwesterchen zieht gerade durch die Kaufhäuser von Domino, auf der Suche nach einem passenden Kleid für den Abschlussball ihrer Tanzschule! Deswegen lässt sie sich entschuldigen. Sie kommt später nach." Kaiba musterte den Pharao zunächst verblüfft und hustete in seine Handfläche, als Yami ihm einen niederschmetternden Blick zuwarf. "Stimm irgendwas nicht, Cousin?!" erkundigte er sich in halb ernstem, halb scherzhaftem Ton. "Eine interessante Küchenschürze, Yami. Aus dem Sommerschlussverkauf, wie ich befürchte?" "Was willst du eigentlich? Sie war billig!" "So sieht sie auch aus." "Ignorier die Blümchen doch einfach! Ich wolle eine ohne jegliches Muster, aber es gab keine mehr, nur noch die Ladenhüter! Und zum schmutzig machen taugt sie genug!" Unter Gelächter eilte die Gesellschaft in den Garten, wo Großvater Muto am Grill stand und Würstchen briet. Man hatte ihn in die Geschehnisse von damals und das Geheimnis seines Enkels eingeweiht, denn die Existenz eines zweiten Yugi verlangte eine Erklärung. Man setzte sich auf die aufgestellten Bänke und ließ sich von dem alten Herrn mit allerlei Köstlichkeiten versorgen, bis den vormals so hungrigen Gästen nichts anderes übrig blieb, als stöhnend zu protestieren. Der Kuchen, nunmehr fertig glasiert und mit zwanzig Kerzen geschmückt, wurde als Nachtisch serviert. Es wurde gespeist und getrunken, die Gruppe unterhielt sich angeregt und als Serenity einige Stunden später eintrudelte, wollte sie unbedingt ihr Ballkleid vorführen. Mokuba beobachtete seinen großen Bruder während der gesamten Feier verstohlen aus den Augenwinkeln und lächelte zufrieden. Es stimmte - früher einmal hätte er für ein solches Beisammensein nichts übrig gehabt; er hätte die Nase gerümpft und sich darüber erhaben gedünkt. Vielleicht hätte er auch einfach nicht den Mut aufgebracht, sich der vergnügten Runde anzuschließen. Doch heute sass er mitten unter ihnen, beteiligte sich am Gespräch und lachte offen, ohne sich dessen zu schämen. >>Du hast gelernt, deine eigenen Schwächen zu akzeptieren, Onii-san....den Menschen anzunehmen, der du bist. Deine Einsamkeit und deine Angst vor Vertrauen liegen hinter dir.... du verdankst das Joey und seinen Freunden, und du weißt das.<< Tristan und Duke verschwanden im Haus, um etwas Naschwerk und Knabberzeug zu holen, und während der Brünette im Regal nach der Chipstüte angelte, meinte der Dungeon-Dice-Erfinder: "Hättest du jemals gedacht, dass Seto eines Tages zu uns gehören würde?" "Nein. Aber das war, bevor die Geschichte mit Imhotep anfing. Hättest du jemals gedacht, dass du eines Tages ,Seto' zu ihm sagen würdest, ohne von ihm gevierteilt zu werden?" "Auch wahr. Übrigens, Tris....?" "Ja?" "Wir alle haben jetzt unsere kompletten Erinnerungen zurück. Ich weiß endlich, was aus Dukedas' Schwester geworden ist, von der er getrennt wurde....und wie du zu der Millenniumskette gekommen bist. Es war während Tristanus' diplomatischer Mission in Ägypten....ich besichtigte den Tempel des Amun-Ra, als ich einer jungen Priesterin begegnete. Wir waren uns sympathisch und wir freundeten uns an. Da ich lange nicht mehr in Alexandria gewesen war, bot sie sich an, mir zu zeigen, was sich verändert hatte. Ihr Name war....Mana." "Mana? War sie nicht ein Mitglied des Kreises der Sieben Hüter?" "Genau. Ich - Dukedas - fragte sie nach ihrem bisherigen Leben und wie sie Priesterin geworden war....und ihr Schicksal war, was ihre Familie und ihre Aussetzung betraf, völlig identisch mit dem meinen. Ich sprach meine Vermutung ihr gegenüber nie aus, aber ich erzählte ihr von mir und meinen Gefühlen für dich...." "Ich erinnere mich. Bei der ersten Schlacht gegen den Skorpionkönig hast du mir die Kette umgehängt und gesagt, sie würde mich beschützen....soll das heißen....Mana hat....?" "Sie hat sie mir gegeben, ja. Das war im Grunde ein Frevel, aber ich glaube, tief in ihrem Herzen ahnte sie es, ebenso wie ich....sie ahnte, dass ich ihr älterer Bruder war....und sie wollte mir irgendwie....helfen. Möglicherweise wusste sie durch die Magie der Kette, dass du sterben würdest, und sie hoffte, mir auf diese Weise deinen Verlust ersparen zu können...." "Duke...." sagte Tristan zärtlich und hob das Kinn des Schwarzhaarigen behutsam an, "Sei nicht traurig. Mein Tod war Schicksal und dagegen hätte auch die Macht der Artefakte nichts ausrichten können. Und warum Trübsal blasen? Jetzt bin ich doch bei dir....und ich werde dich nie wieder allein lassen!" Damit drückte er seinem Liebsten einen innigen Kuss auf die schönen Lippen und Duke seufzte glücklich auf. Es spielte keine Rolle, ob Rom, Alexandria oder Domino City....seine Heimat war der Ort, an dem auch Tristan war....(siehe Kapitel 20) Als der Abend dunkler geworden war, wurden Lampions angezündet, die den Garten in ein verzaubertes Licht tauchten. Leise Musik wurde eingespielt und Yami und Bakura tanzten eng umschlungen im romantischen Glanz der Lampions und des Mondes, der silberne Kringel auf die Erde malte. Yugi und Ryo sassen aneinander gekuschelt auf dem Boden, eingewickelt in zwei Decken und tauschten süße Küsse aus, während Mokuba und Serenity Großvater Muto in der Küche beim Abspülen zur Hand gingen. Als das Lied endete, entfernten sich der Pharao und der Grabräuber in Richtung der kleinen Laube, die sich in einer abgeschirmten Ecke des Gartens erhob. Der Dieb war sehr schweigsam und Atemu wunderte sich darüber. "Stimmt etwas nicht, Liebster? Du wirkst irgendwie....bedrückt." "Nein, es ist nichts. Es scheint mir....alles seltsam unwirklich. Ich sitze nun hier, du an meiner Seite, und die Gefahr ist gebannt....ich kann kaum fassen, dass unser verzweifelter Kampf schon drei Jahre her ist....Werde ich sentimental?" "In so einer verträumten Atmosphäre kann das sogar dir passieren!" neckte ihn der Bunthaarige und schmiegte sich an ihn. "Wir haben ein neues Leben begonnen....und dieses Leben möchte ich mit dir teilen, denn damals wurden wir viel zu früh auseinander gerissen!" "....Du hast recht. Wir bleiben zusammen. Ich habe dir einmal versprochen, dich niemals allein zu lassen. Diesmal....werde ich mein Versprechen halten." Und wo hielten sich Joey und Seto indessen auf? Die beiden standen auf dem Balkon, der zum Gästezimmer gehörte, in dem Ryo normalerweise schlief und betrachteten den Nachthimmel. Der Firmenchef erklärte dem Jüngeren ein paar Sternbilder und dieser erzählte ihm im Gegenzug eine alte Sage über Perseus und Andromeda, die ebenfalls am Firmament leuchteten. "Seto?" "Hm?" "Bist du glücklich?" Eine lange Stille antwortete dem Blonden und seine braunen Augen wanderten neugierig zu dem Jungmillionär hinüber, der eine Weile stumm darüber nachgrübelte. "Ich bin lange unendlich einsam gewesen, Joe. Ich fürchtete mich davor, anderen zu vertrauen und mich ihnen zu öffnen. Ich habe mein Herz ignoriert, als wäre es eine Krankheit, die man nicht wahrhaben will, habe mich hinter meiner Arroganz und meiner Kälte versteckt, obwohl mir das nur noch mehr Kummer bereitete. Glücklich bin ich erst, seit es mir vergönnt war, deine Liebe zu gewinnen. Du hast mir zu meinem Glück verholfen. Du, der du dir von mir nie etwas hast bieten lassen. Du, der du nie klein beigegeben hast, egal, wie oft ich dich gedemütigt habe. Du, der du frech und impulsiv warst. Du, dessen Temperament und Stolz mich reizten. Du, der du mein ewiger Rivale gewesen bist. Dir habe ich es zu verdanken...." Er schloss seine Arme um Joey und küsste ihn voller Zärtlichkeit. "....mein geliebter Feind." ENDE *schnüff* - es ist vorbei! Noch einmal vielen Dank an alle meine Leser! *Alle umarmt* Eure Autumn Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)