Das bin nicht ich von Schneekoenigin (~ Schmerz des Seins ~) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Titel: Das bin nicht ich ~ Schmerz des Seins ~ Autor: Schneekoenigin E-Mail: Angelina.Schmidt@web.de Warnings: ~ Angst, ~ Shonen Ai Pairings: Taito Disclaimer: Digimon und alle offiziellen Charaktere © by Akiyoshi Hongo, Kenji Watanabe, Toei Animation Co., Ltd - des weiteren mache ich natürlich kein Geld mit dieser Fanfiction Kommentar: Und hallo, meine Lieben! Wie ihr seht, konnte ich tatsächlich nicht die Finger vom Schreiben lassen und hab das Thema angefangen, was mir schon etwas länger auf dem Herzen liegt. Viele von euch werden es kennen, andere, so hoffe ich zu mindestens, nicht. Es ist etwas alltäglicher als meine letzte Fanfic, hat aber meistens fast genauso schlimme Folgen. Ich rede von Ausschluss ... Hass ... Verzweiflung ... wenn ihr es denn so nennen wollt, Mobbing ... auch wenn ich finde, dass dieses Wort es viel zu schlecht beschreibt ... es verschönert auf eine Art und Weise, die den Opfern nicht gerecht wird. Ich weiß, ich schreibe mal wieder eine ernste Fanfic, aber ich hoffe, dass sie euch genauso fesselt und begeistert wie meine letzte Fic ... über Kommentar würde ich mich wie immer freuen, ihr wisst ja, wie's geht. Eure Lee ^^ Blaue, trübe Augen aus denen das Licht gewichen zu sein schien, blickten durch eine beschlagene Autoscheibe auf die grauen Straßen Tokios. Große Wassertropfen fielen aus einem Himmel, der schon einmal bessere Tage gesehen hatte ... ob es am Smog lag oder an dem Gewitter, das langsam aufzuziehen schien, war unmöglich zu bestimmen. Lautes Hupen, Stimmgewirr, Lautsprechermusik, Beschimpfungen ... all dies und noch viel mehr war Tokio, eine Welt in der man als einzelner Mensch gar nicht zu existieren schien. Doch auf eine ganz bestimmte Art und Weise konnte der blauäugige Junge, trotz des Hasses, den er für dieses Land und seine Bevölkerung empfand, Mitleid fühlen ... Mitleid für die Menschen, die in diesen jämmerlichen Verhältnissen lebten und nichts besseres kannte ... Menschen, zu denen er auch bald gehören würde. Ein plötzliches Ziehen in seinem Kopf machte ihn auf die Migräne aufmerksam, die wohl den Rest des Tages anhalten würde und zu seiner Laune bestens passte. Mit einem gequälten Seufzen schlossen sich die blauen Augen und verschwanden unter einem Vorhang hellblondem schimmernden Haares als sich die blasse Stirn gegen die kühle Autoscheibe drückte. Schützend verschränkten sich die Arme vor seinem Bauch, bildeten schmale Hände Fäuste als Übelkeit ihn überfiel. Warme, kräftige Hände legten sich plötzlich wie aus dem Nichts wohltuend auf seine Schultern und fuhren in einer spielerischen Bewegung in seine langen Haare ... massierten sanft die angespannte Kopfhaut, milderten den Schmerz auf ihre Art und Weise, so wie sie es schon seit Jahren taten. Ein leises wohliges Stöhnen entfuhr ihm und ein sanftes Lächeln trat in die sonst schmerzverzerrten Züge seines Gesichtes. "Yamato, du provozierst es aber auch." Dem liebevollem Flüstern der tiefen Stimme folgte eine sanfte Liebkosung ... ein spielerisches Streicheln seiner Haare, das Yamato deutlich machte, dass der andere sich um ihn sorgte. Zwar enthielten die Worte Tadel, aber keineswegs waren sie bösartig. Unwillig zu antworten schmiegte sich der Blonde in die warmen Arme und bettete seinen Kopf an einer muskulösen Brust, die sich unter leichten Atemzügen regelmäßig hob. Ein sanfter Kuss wurde auf seine Haare gedrückt und das Letzte, was er sah, bevor er in einen ruhigen Schlaf fiel, waren hellblaue Augen, die ihn liebevoll betrachteten. "Takeru, wir sind da ... weck doch bitte deinen Bruder." Die Stimme seines Vaters klag wie immer ... genervt, verärgert, gehetzt. "Kann ich Yama nicht noch etwas schlafen lassen? Ich kann dir doch beim Auspacken helfen." "Junge, mein Gott, tu doch einfach was ich dir sage, dass ist für uns beide viel zu viel." "Aber ..." "Kein aber!" Schon hatte sich Ishida-san umgedreht und schritt eilig auf den Hauseingang zu, der von ein paar Mülltonnen versperrt war. Takeru schüttelte nur den Kopf ... man widersprach seinem Vater einfach nicht und er wusste das nur zu genau. Mit einem letzten Blick auf das friedlich schlummernde Gesicht seines Bruders hob Takeru seine Hand und strich Yamato leicht die Haare aus der Stirn. Ein müdes Grummeln war zu hören, welches den Jüngeren der Brüder laut auflachen ließ. "Na du Schlafmütze, auch schon wach?" Verspielt tippte Takeru seinem älteren Bruder in die Seite, was ihm einen bitterbösen Blick aus zwei verklärten, saphirblauen Augen einhandelte. "Lass das!" "Ja, ja eure Hoheit." Schalk blitzte in den hellblauen Augen des 15-jährigen als er eilig aus dem Auto stieg um den Fäusten seines Bruders zu entkommen. Auch wenn Yamato gute zehn Zentimeter kleiner war und keinerlei nennenswerte Muskeln besaß war sein rechter Haken doch etwas, vor dem Takeru sich zu fürchten gelernt hatte. "Schluss jetzt, verstanden?!" Die mächtige Stimme ihres Vaters ließ die Jungen zusammenzucken und sich eilig dem Kofferraum zuwenden, der nur ihr nötigstes Gepäck enthielt ... der Rest würde im Laufe des Tages mit einem LKW gebracht werden. Matt gab ein leichtes Grummeln von sich und hob den kleinsten Koffer mit einem Ruck aus dem Wagen ... schließlich besaß Takeru die Berge an Muskeln, nicht er. Mit einem leicht angesäuerten Ausdruck in den Augen drehte sich der 18-jährige um und ließ prompt den Koffer fallen als er das erste Mal richtig sein neues zu Hause sah. Okay, er hatte ja gar keine Villa erwartet oder den Buckingham Palace oder so was ... aber das? Nun gut ... er war ja auch ohne seine Brille fast blind, vielleicht war es ja gar nicht so schlimm ... das war alles nur ein Auswuchs seiner Phantasie, purer Selbstzerstörungsdrang. "Brille." Eine der blassen Hände streckte sich fordernd Takeru entgegen, der ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, das gewünschte Objekt hineinlegte. Geschmeidig fuhr die blasse Hand mit der Brille zum Saum des Pullovers, reinigte sie routiniert und setzte sie dann mit einem kurzen Nasenrümpfen auf. Entgeistert blickten die blauen Augen zunächst das Objekt an, das sein Vater als Haus bezeichnete, dann seinen Bruder, der ein ebenso entgeistertes Gesicht wie er zog und zum Schluss seinen Vater, der mit einem fachmännischen Handgriff gerade die Tür dazu zwang aufzugehen. "Das da ist nicht ... dein ... ernst!" ~ * ~ * ~ Reiche samtblaue Vorhänge bedeckten die großen Kristallfenster durch die die ersten Lichtstrahlen fielen ... machten es dem Licht unmöglich das große Himmelbett zu erreichen, das völlig irreal im Kontrast zu der sonst modernen Einrichtung des Zimmers stand. Das kontinuierliche Summen der Klimaanlage war neben dem ruhigen Atmen, das durch die vielen Decken kaum zu hören war, das einzige Geräusch im Zimmer. Leise klang der Gong einer großen Wanduhr durch die Zimmertür und im nächsten Moment klingelte der Wecker. Eine sehnige, braungebrannte Hand erschien unter dem Berg von Decken, tastete sich suchend voran und schmiss dann voller Eleganz den Wecker auf den Boden. Dieser gab noch ein lautes Scheppern von sich und verabschiedete sich mit einem kurzen hohen Piepston. Jedoch noch bevor die braune Hand ihren Rückzug unter die Decken antreten konnte, öffnete sich die Zimmertüre und eine Frau mittleren Alters trat ein. "Taichi, Schätzchen, aufstehen! Du hast Schule." Im nächsten Moment wurde auch schon das Licht angeschaltet und die braunen Augen, die für eine Sekunde in die Dunkelheit geblinzelt hatten, verschwanden wieder mit einem leichten Fauchen unter der Decke. "Schatzilein, es wird Zeit. Frühstück steht schon auf dem Tisch." Dies brachte Energie in den müden Körper, der sich mit einem Ruck aufsetzte. Braune Augen funkelten misstrauisch in das warme Licht, das den sehnigen Oberkörper des Jungen in einer fast dunkelbraunen Farbe erscheinen ließ. "Mum, bitte versprich mir, dass du die Finger von dem Essen gelassen hast." "Aber Schätzchen ... ich habe heute einen Wohltätigkeitsball, da werde ich mir die Finger doch nicht mit so etwas trivialen wie Essen beschmutzen." Mit einem erleichterten Aufseufzen ließ sich Taichi im Bett zurücksinken während seine Mutter das Zimmer verließ, jedoch die Tür fürs Zimmermädchen offen stehen ließ. Dieses trat, so bald seine Mutter das Zimmer verlassen hatte, mit einer frischen Schuluniform ein. Ihre Schritte, durch den dicken Teppich stark gedämpft, wurden erst wieder im anschließenden Bad hörbar, in dem sie seine Sachen ablegte und die Wassertemperatur der Dusche einstellte. Nachdem das junge Ding, das wie alle Hausangestellten im traditionellen Kimono gekleidet war, das Zimmer verlassen hatte, schlug der Braunhaarige müde die Decke bei Seite und erhob sich in einer Katzengleichen Bewegung, die alle seine Muskeln spielen ließ. Der Spiegel, der gegenüber seinem Bett hing, zeigte Taichi wie jeden Morgen, dass er durchweg mit seinem Körper zufrieden sein konnte. Wohlgeformte Schultern gingen über in schmale Hüften ... brachten die Geradlinigkeit der Beine und schlanken Fesseln nur noch mehr zum Vorschein ... gebadet in einem gleichmäßigen Bronze erschien sein Körper wie der eines griechischen Gottes. Einen Hauch an Mysterium brachten die braunen Haare mit ins Spiel, die jeglicher Gravitation zu widerstehen schienen und honigbraune Lichtreflexe warfen. Kurz warf der Braunhaarige seinem Spiegelbild eines seiner charmantesten Lächeln zu, bevor er ins Bad verschwand. "Mum, warum darf Taichi immer so lange brauchen? Ich muss immer pünktlich am Tisch sitzen. Das ist so unfair." Die fein geschwungenen Lippen des jungen Mädchens verzogen sich zu einem Schmollmund und ein bitterböser Blick traf Yagami-san. Eine der schmalen, femininen Hände zwirbelte aufgebracht Strähnen des schulterlangen braunen Haares, das streng zurück gebunden war. "Hikari, sprich nicht so von deinem Bruder. Er ist immerhin der Ältere und ein Mann. Du hingegen ..." " ... bist nur ein junges Mädchen, dass in der Gesellschaft nichts zu sagen hat. Bla bla bla ... Mum, lass das. Sonst denkt Kari noch, dass du recht hast." Mit einem vergnügten Lächeln auf den Lippen sprang Hikari vom Tisch auf und fiel ihrem Bruder, der gerade das Zimmer betreten hatte, um den Hals. Starke Arme schlossen sich in einer warmen Umarmung um sie und wirbelten sie im Halbkreis durch die Luft. "Hikari, lass das. Benimm dich wie eine Fräulein und nicht wie ein Flittchen." Gebieterisch donnerte die tiefe Stimme des Vaters durch den großen Speisesaal und ließ das junge Mädchen augenblicklich erstarren. Sie mochte ihren Vater nicht sonderlich, aber hatte einen gewissen Respekt ... um nicht zu sagen Angst vor ihm. Da er viel auf Reisen war sah sie ihn kaum und dass er heute im Hause war ... nun, damit hatte sie einfach nicht gerechnet. "Lass sofort deinen Bruder los, dass gehört sich nicht. Du bist schließlich keine fünf mehr. Und dann geh dich umziehen, so unordentlich gehst du mir nicht in die Schule." Eilig senkte Hikari ihre Augen und ging angemessenen Schrittes an ihrer Mutter vorbei um das Zimmer zu verlassen. "Taichi, mein Junge. Ich merke schon, du bist noch immer ganz der Vater. Ich konnte auch schon immer gut mit Frauen umgehen." "Danke Dad, aber ..." "Nicht so bescheiden, Junge. Was trägst du da eigentlich? Ist das jetzt Mode, die Schuluniform so ... lässig zu tragen?" Gott, wie sie diese Männerwirtschaft hasste. Taichi würde wie immer mit allem davon kommen ... natürlich liebte sie ihren Bruder für seinen Sanftmut und seine Freizügigkeit ihr gegenüber. Aber sie wusste auch, dass er anders sein konnte ... und diesen Taichi verabscheute sie von ganzem Herzen. ~ * ~ * ~ Langsam öffnete Yamato die Türe seines kleinen Autos und stieg vorsichtig aus. Ehrfürchtig glitt sein Blick über Autos, die er sich nicht in Jahrhunderten leisten könnte ... und er befand sich lediglich auf dem Schülerparkplatz. Vorsichtig schlug er die Türe seines Autos zu und schloss ab, wenn er sich auch fragte, warum. Auf diesem Parkplatz würde wohl keiner auf den Gedanken kommen gerade sein Auto zu stehlen. Mit einem unguten Gefühl im Margen zog er noch einmal seine Krawatte zurecht und ging dann durch eine lange Allee direkt auf das Schultor zu. Seine blassen Hände schlossen sich um die Verschnörkelungen des Schmiedeeisernen Tors und ungläubig blickten blaue Augen auf einen Hof in dem die Zeit stillzustehen schien. Nicht ein Graffiti verschmutze die Wände noch Müll lang auf dem Boden ... was für ein seltsamer Ort. "Kann ich ihnen helfen, Sir?" Erschreckt fuhr der Blonde zusammen als ihn die Stimme eines ... Parkwächters aus seinen Gedanken riss. Die Miene des Mannes war undeutbar ... vielleicht ein wenig unterwürfig? "Äh, ich ... also ..." Verlegen hielt der Blonde sich eine Hand vor den Mund als ihm seine ungebührliche Stotterei auffiel und wandte, rot werdend, den Blick gen Boden. Dies schien dem Parkwächter jedoch nur ein lautes Lachen zu entlocken und mit einem fröhlichen Ausdruck in den Augen, der vorher nicht zu sehen gewesen war, gestikulierte er auf eine kleine Tür durch die Yamato das Schulgelände betreten konnte. "Willkommen in der Hölle!" erklang die helle Stimme des Wächters, der ihm einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter verpasste. "Man Junge, das war aber eine ziemlich schlechte Idee deiner Eltern, dich hier hin zu schicken." Ein reges Kopfschütteln begleitete die Worte. "So ein netter Junge wie du hat etwas viel besseres verdient." Verwirrt starrte Yamato den Parkwächter an, den er erst vor einer halben Minute kennen gelernt hatte, der ihn aber schon wie einen seiner besten Freunde behandelte. "Wie soll denn das gehen? Ist das hier nicht die beste Schule Japans?" "Ja, das schon, wird auf jeden Fall behauptet, aber wer kein Geld hat ... na du weißt schon." Die Handbewegung, die der Parkwächter mit der Handkante an seinem Hals entlang machte war eindeutiger als tausend Worte. Und da verließ auch die letzte Farbe gemeinsam mit Yamatos Hoffnung seinen Körper. Hätte er doch mal auf seinen Verstand gehört und sich nicht für ein Stipendium an dieser Schule beworben. Aber ganz ehrlich, wer hatte denn ahnen können, dass er es auch noch bekommen würde ... schließlich bewarben sich doch an so einer Schule viele Menschen, oder? Und so intelligent war er nun auch wieder nicht, oder? Ohne dass der Blonde es bemerkt hatte waren sie schon am Hauptgebäude angelangt und Yamato konnte den bewundernden Glanz, der beim Anblick dieser alten Tempelanlage in seine Augen stieg, nicht verbergen. Mit einem neckischen "Auf in den Kampf!" wurde er vom Parkwächter, dem das Glitzern in Yamatos Augen nicht verborgen geblieben war, in das erste Zimmer des Gebäudes geschoben. Der starke Geruch nach Leder empfing den Blonden und der darüber liegende Duft von Flieder gab ihm das Gefühl gerade in ein teures Bestattungsgeschäft getreten zu sein. Während das Gebäude von außen sehr alt und verträumt wirkte, verlor es diese fast schon romantischen Züge beim Anblick dieser modernen Büroanlage. Zwar wurde das große Zimmer noch von einem altmodischen Kronleuchter erhellt, jedoch wirkte dieser in einer Umgebung von Computern, modernen Ledersesseln und schlichten Schreibtischen etwas deplaziert. Nachdem die blauen Augen dieses Durcheinander an Kultur verarbeitet hatten wurde der Blick auf eine schlanke Frau Anfang 40 gelenkt, die ihn mit ihren eisblauen Augen über eine Halbmondförmige Brille kritisch musterte. "Im Gegensatz zu manchen Anstalten dieses Landes ist bei uns das Färben von Haaren nicht gestattet." Nun gut, er hatte ja nicht erwartet, dass man ihn mit allen möglichen freundlichen Gesten empfing, aber gleich so auf seine Andersartigkeit hinzuweisen ... nun, davon hatte er auch nicht geträumt. Mit einer Grimasse, die, so hoffte Yamato wenigstens, seine Angst und Nervosität überspielte, erwiderte er den Blick der Sekretärin kurz und sagte dann leise: "Entschuldigen sie, Miss, aber das ist echt." Eine Augenbraue der Sekretärin schoss in die Höhe, jedoch sah sie davon ab noch einen weiteren Kommentar abzugeben. "Wie heißen sie denn, junger Mann?" "Ishida Yamato." Stolz merkte der Blonde, dass kaum etwas von seiner Unsicherheit in seiner Stimme zu hören war ... seine Hände aber, die gerade von der Sekretärin betrachtet wurden, hatten sich in seinem Jackett verkrampft ... zeigten auch nach außen hin wie unwohl sich der Blonde fühlte, wie gerne er jetzt an einem anderen Platz sein wollte. "Stipendiat." stellte die Frau fest, die sich leicht nach vorn gebeugt hatte und Yamatos Gesicht aufmerksam betrachtete. Verwirrt blickte der blonde zurück. Woher wusste sie das? War er nicht genauso gekleidet, wie jeder andere auch? Oder konnte man ihm das irgendwo ansehen? Schnell huschten seine Augen über die schwarz polierten Schuhe, die schwarze Stoffhose und das Jackett. Auch das Hemd mit dem Schulwappen hatte nicht eine Falte abbekommen und seine Krawatte war perfekt geschnürt. Woran also konnte sie das erkennen? Hatte sie vielleicht schon seine Unterlagen auf dem Computer und wollte sich einen Scherz mit ihm erlauben? Nervös fuhr eine blasse Hand an die dicke Brille und schob sie etwas näher an die Augen ... auch die langen Haare wurden mit einer schnellen Bewegung auf den Rücken gestrichen. Ein zittriges "Ja" Yamatos ließ sich die Sekretärin erheben und ihm ihre Hand bieten. "Willkommen an unserer Anstalt, Ishida-san. Und machen sie sich bitte nicht solche Sorgen. Viele unserer Schüler und auch ich selbst sind keine Japaner und werden deshalb nicht weniger respektiert ... was ihr Auftreten allerdings betrifft ... nun, dass dürften sie in unserer Anstalt zu verbessern lernen. Wollen sie noch mit dem Herrn Direktor sprechen, bevor sie ihrer Klasse vorgestellt werden?" Eilig schüttelte Yamato seinen Kopf, wobei ihm einige blonde Strähnen in die Augen fielen, die die Sekretärin - Yoshihiro-san - missbilligend anstarrte. "Folgen sie mir bitte." Etwas mechanisch und gefühllos kamen die Worte aus dem Mund der adretten Frau, als sie um den Schreibtisch trat und Yamato mit schnellen Schritten, die immer ein lautes Klacken mit sich brachten, den scheinbar endlosen Weg zu den Klassenräumen zeigte. Gelangweilt lehnte sich Taichi in seinem Stuhl zurück und betrachtete die grüne Tafel, die immer noch die gleiche Farbe wie vor zehn Minuten hatte. Okay, im Allgemeinen änderten Tafeln ihre Farben nicht, aber bei diesem Lehrer müsste sogar eine Tafel mal die Geduld verlieren. Natürlich war der ... Mensch ... Lehrer ... wie auch immer ... schlau, dass bewiesen schon seine ganzen Doktortitel, aber man hätte diesen Mann nicht auf Schüler so hohen Ranges loslassen sollen. Konnte ein einzelner Mann denn so uninteressant sein? Mit einem bestätigenden Blick auf seine 11 Klassenkammeraden, die bis auf ein paar Ausnahmen alle das Gähnen kaum unterdrücken konnten, bejahte Taichi seine rhetorische Frage. Ja, Yoshihiro-san war wirklich einfühlsam wie ein Stein und schnell wie eine Schnecke beim Paarungsakt. Und so etwas unterrichtete an der besten und, was noch viel wichtiger war, teuersten Schule des Landes. Ein lautes Klackern im Flur deutete auf die Anwesenheit der ach so wunderbaren Schrulle von Sekretärin hin, die im nächsten Moment mit herrischem Schritt den Klassenraum betrat. Leise vor sich hin fluchend erhoben sich die Schüler und auch der Lehrer, der bis vor kurzem in der Erklärung des Thales-Satzes, den man schon erfolgreich in der zehnten wieder vergessen hatte, gefangen gewesen war, blickte mit einem charmanten Lächeln seine Ehefrau an, was der halben Klasse ein theatralisches Seufzen entlockte. Der Blick des Braunhaarigen jedoch wurde von der Schönheit neben der Sekretärin gefesselt. Blondes langes Haar fiel über die rechte Schulter, entblößte einen Teil des Elfenbeinfarbigen Halses, der in einer schlanken Linie in schmale Schultern überging, schmale Taille und schlanke Hüften führten zu langen Beinen ... die in Hosen steckten. Ein Junge! Verblüfft hob Taichi wieder seinen Blick und sah zum ersten Mal die dicke Brille im Gesicht des neuen, die wie Insektenaugen das halbe Gesicht einzunehmen schienen. Gott, für nen Kerl war das da vorne ein ziemlicher Hänfling. "Sehr geehrte Schüler dieser Klasse, ich möchte ihnen einen neuen Mitschüler vorstellen. Ishida Yamato hat sich durch harte Arbeit und Fleiß ein höchst seltenes Stipendium an dieser ehrwürdigen Anstalt erarbeitet ... er ist mit Respekt zu behandeln, Respekt der auch jedem von ihnen gezollt wird." Und zum Abschuss freigegeben, dachte Taichi hämisch. Der Hänfling da vorne war also kein Sohn reichen Hauses und somit konnte er mit ihm machen, was er wollte ... genau das könnte für ihn den Tag retten. Ein bösartiges Glitzern war in seine Augen getreten, als er sich kurz seinem besten Freund Teruki zuwandte und ihm mit einem Zwinkern zu verstehen gab, was er plante. Blondie würde sein blaues Wunder erleben. Während die Schüler Yamato mehr als nur betrachteten schien der Lehrer keinen Blick für ihn übrig zu haben. Yamato war sich seiner Wirkung auf Menschen durchweg bewusst. Entweder sie übersahen oder ignorierten ihn, was ihm eigentlich sogar lieb war, oder sie starrten ihn an ... und dann trat immer dieses wissende Lächeln in ihr Gesicht ... ein Lächeln, dass der Blonde nicht zu deuten wusste. Ein kalter Schauer jagte seinen Rücken hinab als sich endlich - nach schier unendlicher Zeit - etwas regte. Mit einem lauten Quietschen wurde ein Stuhl aus der letzten Reihe zurückgeschoben und ein Braunhaariger Junge, der anscheinend noch nie das Wort Friseur gehört hatte, erhob sich mit raubtierhafter Eleganz. Ein arroganter Blick aus braunen Augen fuhr seinen Körper entlang und blieb an seinen langen blonden Haaren hängen, während der Junge langsam nach vorne schritt. Seine Haltung ... sein ganzes Sein zeugten von einer solchen Selbstsicherheit und Macht, dass der Blonde unwillkürlich einen Schritt nach hinten trat. Ein wissendes Lächeln quittierte sein Handeln und der Braunhaarige blieb nur wenige Zentimeter von ihm entfernt stehen. "Aber Miss, sie haben sich in der Klasse geirrt. Die Mädchen sind im anderen Gebäude untergebracht. Oder suchen sie nur einen charmanten, netten Jungen, wie meine Wenigkeit, der diese bezaubernde Schönheit durch die Gegend führt?" Ungläubig lauschte der Blonde diesen unverfrorenen Worten, die die Sekretärin erbleichen ließen und für Yamato durchweg in Zweifel stellten, wer hier die Autoritätsperson war. Noch bevor er einen weiteren Schritt zurück hätte treten können, hatte ihn der um einige Zentimeter größere Junge um die Hüfte gepackt und an sich gezogen. Entsetzt japste Yamato nach Luft als sich die schmalen Lippen des Jungen mit einem süffisanten Lächeln seinen näherten. Ein spöttisches "Herzlich willkommen, Prinzessin." wurde an seine Lippen gehaucht, bevor der braunhaarige Junge mit höhnischem Lächeln von ihm zurücktrat. Ein kalter Windzug streifte seinen Nacken und wehte ein paar blonde Strähnen in sein Gesicht, dessen Augen immer noch angsterfüllt zusammengekniffen waren. Erst als die Körperwärme des Braunhaarigen völlig aus seiner Umgebung verschwunden war, öffneten sich die blauen Augen vorsichtig. Wie durch einen Tränenschleier erschloss sich ihm der Klassenraum und doch wusste er zur gleichen Zeit, dass es keine Tränen waren, die seine Sicht trübten. Der Braunhaarige hatte seine ... seine Brille ... Wie durch eine Nebelwand nahm er das Gelächter war, das wie ein Sturm gegen ihn anlief ... ihn sekundenlang ins Schwanken brachte und doch so stumm war, dass er das eigenen Blut in den Adern rauschen hören konnte. Erst das Klirren von Glas in völliger Stille riss ihn aus seiner Starre ... ließ ihn einen Schritt taumelnd, ohnmächtig dastehen ... geschlagen von der Erkenntnis, dass er alleine war. Alleine in einer Welt, die er nicht gelernt hatte zu verstehen ... ... to be continued Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)