Das bin nicht ich von Schneekoenigin (~ Schmerz des Seins ~) ================================================================================ Kapitel 3: ----------- Titel: Das bin nicht ich - Teil 3 ~ Schmerz des Seins ~ Autor: Schneekoenigin E-Mail: Angelina.Schmidt@web.de Warnings: ~ Angst, ~ Shonen Ai Pairings: Taito Disclaimer: Digimon und alle offiziellen Charaktere © by Akiyoshi Hongo, Kenji Watanabe, Toei Animation Co., Ltd - des Weiteren mache ich natürlich kein Geld mit dieser Fanfiction Kommentar: Ja, hier ist er tatsächlich ... der dritte Teil *seufz* Hat Ewigkeiten gedauert ihn zu schreiben ... nun, nicht unbedingt ihn zu schreiben, aber Zeit zu finden, anzufangen ihn zu schreiben. Wie auch immer ... da ich jetzt studiere ist meine Zeit knapp bemessen, aber ich versuche natürlich die Teile möglichst schnell zu schreiben. Eure Unterstützung ist jetzt mehr denn je gefragt, denn eigentlich haben mich nur die vielen lieben Kommentare dazu gebracht weiter zu schreiben. Ich hasse es Geschichten unvollendet zu lassen, aber ich fand einfach keine Zeit, dass ich sie mir letztlich irgendwo zusammengekratzt habe lag, wie schon gesagt, an euren lieben Kommentaren. Das war eine unheimliche Motivation. Ich hoffe auch dieser Teil gefällt euch und ihr lasst mir ein wenig Unterstützung zukommen. Euch allen ein schönes neues Jahr *sichverbeugt* Eure Lee ^^ // Das penetrante Licht der Leuchtreklame vor seinem Fenster enthüllte Buchstaben ... Worte, die den Blonden erstarren ließen. "Wenn ich so ein Gesicht hätte wie du, würde ich lachend in eine Kreissäge laufen." // ~ + * ~ * + ~ Irritiert blickten braune Augen durch die abgedunkelten Scheiben einer Limousine ... konnten es nicht fassen, dass die Sonne es auch nur wagte, ihm seinen geplanten Schönheitsschlaf auf dem Weg zur Schule zu vermiesen. Nur deswegen hatte er schließlich seinen Vater um den Wagen mit Fahrer gebeten. Gut, natürlich war er auch mal wieder zu spät dran gewesen, aber ... er hatte gar keine Lust gehabt selber zu fahren. Ein leichtes Wippen der braunen Mähne zeigte, dass der junge Yagami-Erbe mit seinen Gedanken zufrieden war ... nein, es hatte gar nichts damit zu tun, dass er seinen Wagen letzte Woche rückwärts gegen einen Baum gesetzt hatte, überhaupt nichts. Sein Vater war nur zu froh gewesen ihm diese Limousine zu leihen, hatte er doch nie verstehen können, warum man sich den Unannehmlichkeiten des Autofahrens unterzog, wenn man doch sehr viel bequemer und stilvoller an sein Ziel gelangen konnte. Sanft kam die Limousine zum stehen und der Fahrer öffnete ihm mit einer leichten Verbeugung die Türe. Herrlich, Luxus war schon etwas, mit dem man leben konnte. Ein genießerisches Lächeln schlich sich über die schmalen Lippen Taichis als er sein Gesicht der Sonne zuwandte und kurz die Augen schloss. "Yagami, Taichi! Hörst du mir eigentlich zu?" "Hmm?" Der Braunhaarige machte sich erst gar nicht die Mühe zu verbergen, dass er nicht zugehört hatte. Seine Schwester konnte er sowieso nicht täuschen, warum es also versuchen? "Man, Tai. Du bist ein unsensibler Klotz. So bekommst du nie eine Frau ab, da kannst du so gut aussehen wie du willst. Die werden dich alle verlassen." "Eine Frau?" gespielt entsetzt weiteten sich die braunen Augen. "Du meinst ein weibliches Wesen?" Langsam maß Taichi Hikaris Körper mit seinen Augen ab und blickte sie dann schließlich ernst an. "Nein, danke!" "Oh, Tai ... du ... du ..." Heftige Röte schoss in Hikaris Wangen und wie auf Kommando fing ihre Unterlippe leicht an zu zittern. Manchmal konnte seine kleine Schwester wirklich genauso prüde sein wie seine Mutter und er liebte jede Sekunde davon ... es war einfach zu amüsant. Kastanienbraune Augen fingen wütend an zu Funkeln als ihre Besitzerin das nur allzu offensichtliche Grinsen im Gesicht ihres Bruders sah, welches sich schnell in ein melodisches Lachen verwandelte. Immer wieder musste er sie zanken ... necken, ach ... wie auch immer, dabei wusste er doch ganz genau wie unangenehm ihr solche Blicke waren, die sie fast auszuziehen schienen. Leicht angesäuert drehte sie sich um und hob aus Reflex die Hand vor die Augen als sie unerwartet geblendet wurde. Was ...? Blondes taillenlanges Haar funkelte prachtvoll in der Sonne und umspielte eine geschmeidige Gestalt, deren feingliedrige blasse Hände um eine Schultasche geschlungen waren, einen imaginären Takt klopfend. "Sag mal, Tai. Kennst du das hübsche Mädchen da vorne? Ich hab sie hier noch nie gesehen." Ihr fragender Blick traf auf Taichis, der kurz in die angedeutet Richtung blickte und sie dann unverhohlen spöttisch betrachtete. "Ja, ich kenne -sie-. -Sie- geht in meine Klasse." Auch Hikari blieb die komische Betonung des "sie" nicht verborgen. "-Sie- kann nicht in deine Klasse gehen." "Oh doch, kann -sie-. Guck mal genauer hin." Eilig drehte das junge Mädchen sich wieder um und kniff konzentriert die Augen zusammen. Irgendwas musste doch ... "Oh" leichte Röte überzog das feine Gesicht als sie endlich aus den kryptischen Worten ihres Bruders schlau geworden war. "Nein, wie peinlich." Braune Augen blickten sie sanft an als sie sich wieder ihrem Bruder zuwandte und ihren inzwischen viel zu warmen Kopf an seiner Schulter barg. Das war ihr ja noch nie passiert ... einen Jungen mit einem Mädchen zu verwechseln. Gott, sie musste sich unbedingt entschuldigen gehen. Warme Hände die sich um ihr Gesicht schlossen und der sanfte Kuss weicher Lippen auf ihrer Stirn riss sie aus ihrer Grübelei. "Kari-chan, beruhige dich. Es ist doch nichts passiert. So ein gutes Gehör wird Ishida wohl nicht haben, dass er dich auf 50 Meter Entfernung hört." "Aber ..." "Kein aber. Du beruhigst dich jetzt und gehst in deine Klasse, sonst kommst du noch zu spät. Wir wollen doch nicht, dass die Lehrer denken, dass ich auf dich abfärbe, oder?" Dankbar drückte sie ihrem großen Bruder einen Kuss auf die Wange, löste sich von ihm und musterte ihn mit einem kritischen Blick. "Taichi, kannst du dich nicht einmal richtig anziehen?" Flinke Finger schlossen die beiden offenen Knöpfe des weißen Hemdes und banden eilig die Krawatte. "Hey, hey, nicht so stürmisch, ich wollte eigentlich noch ein bisschen Luft bekommen!" " Ach, Luft, die wird viel zu sehr überbewertet." Ein neckisches Grinsen huschte über das Gesicht des jungen Mädchens bevor sie sich umdrehte und eilig in Richtung Schule rannte. Braune Augen folgten ihr noch einen Moment und schlossen sich dann kurz. Gott, dass war knapp gewesen. So wie er seine Schwester kannte, wäre sie höchstwahrscheinlich während der Essenspause zu Ishida gerannt und hätte sich bei ihm für etwas entschuldigt, was er gar nicht mitbekommen hatte. Und das alles nur wegen einem schlechten Gewissen ... so ein Schwachsinn. Er hatte ja schließlich auch keins. Mit einem Seufzen der Erleichterung löste er eilig den soeben frisch gebundenen Knoten seiner Krawatte, ließ sie allerdings offen um seinen Hals hängen, man wollte ja schließlich der Schulordnung entsprechen, öffnete dann die oberen beiden Knöpfe seines kurzärmeligen Hemdes und zog das dunkle Jackett aus, dass nun wirklich nicht für diese Jahreszeit geeignet war. So ließ es sich aushalten. Mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht streckte sich der Braunhaarige kurz und machte sich dann eleganten Schrittes zum Schulgelände auf. ~ + * ~ * + ~ Das laute Knallen des Bambusstockes auf ein Pult ließ auch den letzten Schüler verstummen und gelangweilt in Richtung Tafel blicken. Das auffällige Gähnen, das die Unlust der Schüler ausdrückte ... gut, das war man so langsam gewöhnt. Und auch mit den Besonderheiten der Klassen sollte man sich als Lehrkörper nach drei Jahren Unterricht in derselben Klasse abgefunden haben. Aber nicht wenn diese Besonderheit Yagami Taichi hieß. In keiner Klasse gab es im Unterricht so viele Probleme wie hier, keine der anderen männlichen Klassen schien Musik für puren Weiberkram zu halten. Nur diese beschi ... bescheidene Klasse die mit dem hochnäsigen, arroganten, reichen Bengel des Hauses Yagami bestraft war, der zufällig auch noch Schulsprecher war, ließ sich einfach nicht unterrichten. Pah, Musik hatte sich an dieser Schule ja schon immer mit Sport die Schulstunden teilen müssen, aber bis Yagami kam wenigstens im Verhältnis 1:1. Und jetzt? Jetzt nur noch im Verhältnis 1:3 für die Jungs, da Musik ja Weiberkram war. Ein zögerliches Klopfen an der Türe hatte einen eiligen Blick auf die Uhr zur Folge und ein barsches "Herein". Ein blonder junger Mann betrat hastig den Klassenraum und blieb dann erschrocken stehen. "Ja, sie sind hier richtig, wenn auch über fünf Minuten zu spät. Und schließen sie ihren Mund wieder, Musik wird an dieser Schule bei beiden Geschlechtern von Frauen unterrichtet. Name?" "Ishida Yamato." "Grund ihrer Verspätung?" "Ich habe mich verlaufen." Dem peinlichen Geständnis folgte eine Pause tiefster Ruhe bevor die gesamte Klasse in Gelächter ausbrach ... Gelächter, dass der blonde Mann völlig ausdruckslos über sich ergehen ließ. Na toll, so emotionslos wie der Neue war, würde er wohl einer der schlechtesten Musiker sein, die sie jemals unterrichtet hatte. Für Musik brauchte man Leidenschaft, eine ganze Palette von Emotionen ... Erneut sauste der Bambusstab auf den Tisch, der schon einige Dellen hatte, ließ Ishida zusammenzucken und den Rest der Klasse verstummen. "Ich glaube eher, sie sind auf dem Gang eingeschlafen. Sie sehen aus als hätte sie die ganze Nacht in irgendwelchen billigen Clubs verbracht und kein Auge zugetan. Setzen, aber ein bisschen flott." Sie folgte dem Blonden noch einen Moment mit den Augen bevor sie sich mit einem leichten Seufzen durch die streichholzkurzen Haare fuhr. Mit langen Schritten begab sie sich daraufhin an den Flügel, strich einmal liebevoll über die Tasten und wandte sich dann erneut der Klasse zu. "Letztes Jahr haben wir kurz das Thema Stimmbildung angesprochen mit dem wir jetzt fortfahren werden. Sie alle haben bereits eine Tonlage zugeteilt bekommen, an die sie sich hoffentlich noch erinnern können." Ein zustimmendes Raunen ging durch die Klasse. "Nun gut, Ishida, sie sind neu. Um ihnen eine Tonlage zuweisen zu können, muss ich zunächst ihren Ambitus ... ähm, ihre Stimmgewalt testen. Dazu spiele ich einen Ton auf dem Klavier und sie bemühen sich ihn in etwa zu treffen, okay?" Kaum hatte sie geendet erhob sich der Blonde und trat etwas vom Tisch zurück. Verwirrt betrachtete ihn die Lehrerin für einen Augenblick ... sie hatte doch gar nichts von aufstehen gesagt, oder? Hatte da vielleicht einer mehr Ahnung von Gesang als es den Anschein zu haben schien? Nun, einen Versuch war es wert. "Ishida, sie wissen nicht zufällig schon, in welcher Tonlage sie singen, oder?" Noch bevor der junge Mann hätte antworten können erklang eine andere Stimme, die die Lehrerin nur zu gut kannte. Kaum hielt Yagami mal seine Klappe, riss sein bester Freund die Seinige auf. "Aber Miss, natürlich wissen wir alle schon, was unsere Prinzessin singt. Der Ball neulich in die Genitalien hätte auch wirklich nicht sein dürfen ..." "Ich kann mich nicht erinnern sie aufgefordert zu haben etwas zu sagen. Seien sie ein braves Hündchen und setzen sie sich wieder neben ihr Herrchen. Nun Ishida?" "Tenor." "Ah, wunderbar. Dürfte ich sie trotzdem bitten, mir eine kleine Kostprobe zu gewähren?" Ein kurzes Nicken ließ die ungewöhnlich langen Haare des Jungen über die Schulter fallen, die er mit einer fast schon elegant wirkenden Bewegung wieder nach hinten strich. Feine Finger ... wahrscheinlich spielte dieser Junge sogar ein Instrument. In die Übungen, die sie anspielte, konnte er mühelos einsteigen und schon bald hatte sie sich ein interessantes Bild von diesem geheimnisvollen Jungen zusammengestellt. "Danke Ishida, dass war wunderbar. Eine brillante Stimme, die sie da haben. Ein wundervoller klarer Tenor. Setzten sie sich, mein Junge." Etwas amüsiert betrachtete sie die leichte Rotfärbung der hellen Haut ihres neuen Schützlings, wurde dann jedoch von Yagami abgelenkt, der sich auffällig räusperte. "Watanabe-san, entschuldigen sie, aber für mich hört sich die Stimme unserer Prinzessin eher nach Sopran an. Engelsgleich, nicht wahr?" "Nun, wie mir scheint haben sie tatsächlich im letzten Jahr ein wenig aufgepasst Yagami. Dass sie diesen Begriff überhaupt kennen ... ein Wunder. Noch so eine unqualifizierte Bemerkung, die ihre geistige Unreife völlig unnötig zur Schau stellt und sie landen vor der Türe, mit einem Verweis an den Schulleiter und einer sechs in meinem Buch, da sie ja mündlich leider nicht mitarbeiten konnten." Der Rest von Yamatos Tag war die Hölle ... ~ + * ~ * + ~ ... eine Hölle, die nicht zu enden schien ... jede Sekunde, jede Minute, jede Stunde, jeden Tag ... immer nur der eine Wunsch, es möge doch endlich aufhören ... es möge doch endlich vorbei sein, egal wie. Und doch nur die Gewissheit, dass sich nichts änderte, dass sich nie etwas ändern würde. Verzweiflung, Sehnsucht und doch nur Hilflosigkeit. Eine grausame Welt, die allein Yagami zu lenken wusste. Und wie er sie zu lenken wusste ... am Ende der zweiten Woche konnte er nicht einmal mehr auf die Toilette gehen, die für ihn ein Zufluchtsort während der allzu langen Pausen geworden war, in der es keine Lehrer gab, die die Angriffe etwas milderten. Nein, auch hier hörte er Sprüche wie "Hey, Püppchen, das ist ein Männerklo. Verstanden? Nur für Männer!". Überall ähnliche Kommentare, Belästigungen ... wäre er eine Frau gewesen hätte er von sexueller Nötigung sprechen können ... und so, nun, so hieß es Mobbing. Ein nettes Wort ... es ließen sich Auswege finden, vielleicht auch nicht. Aber wen interessierte das schon? Schnell hatte der Blonde begriffen, dass er vielen dieser "Eliteschülern" zu intelligent war, dass sie ihn nur noch umso mehr zu verachten schienen, je besser er im Unterricht war und je mehr die Lehrer auf ihn aufmerksam wurden. Oft stellte er sich die Frage, ob er nicht einfach schlechter werden sollte, ob sie ihn dann akzeptieren würden. Ach, wer sprach schon von akzeptieren? Ihn in Ruhe lassen, war doch alles was er wollte, mehr nicht ... einfach nur seine Ruhe. Aber nicht zu diesem Preis. Er durfte sein Stipendium nicht verlieren, durfte nicht erneut seinem Vater auf dem leeren Geldbeutel liegen. Er hatte nun einmal diese Intelligenz ... auch wenn er sie in letzte Zeit oft als Fluch betrachtete, so war es doch das Einzige was er hatte. Also arbeitete der Blonde weiter, versuchte Konflikten aus dem Weg zu gehen, was ihm in 99 Prozent der Fälle nicht gelang ... blieb den anderen Schülern fern, auch jenen die ihm Sympathie schenkten ... Sympathie oder doch nur Mitleid ... Yamato wusste es nicht, wollte es nicht wissen ... denn auch sie sahen nur weg, wollten seinetwegen nicht geschnitten werden. Seine einzigen beiden Freunde, wenn man sie denn dann Freunde nennen konnte, waren Joe und Koushiro und auch sie fingen an ihn zu meiden ... oder war er es, der sie mied? Nach außen hin blieb er der stets höfliche Musterschüler, es schien ihn nicht zu interessieren, was die anderen über ihn sagten, was sie mit ihm taten. Er ignorierte sie, ließ sich nicht anmerken, wie weh sie ihm taten ... nein, es tat doch gar nicht weh. Wieso denn auch? Was interessierten ihn schon seine Klassenkammeraden? Wichtig waren doch nur die Lehrer, das Lob, Anerkennung und die guten Noten ... und doch brach er am Ende der vierten Woche leise schluchzend, alleine, in seinem Zimmer zusammen. Nicht einmal seine Familie hatte etwas bemerkt ... ~ + * ~ * + ~ "Hey, Yamato ... bist du wach?" Lautes Klopfen, das vielfach in seinem Kopf widerhallte, kam aus Richtung der dünnen Holztüre, die sein kleines Zimmer vom Flur trennte. Sein Gesicht fühlte sich heiß an, heiß und seltsam verschwollen. In einem seiner Augen pochte es schmerzhaft, schien sich eine Ader immer wieder mit Blut zu füllen ... pochte so heftig, dass sie sogar nach außen hin sichtbar wäre. Doch gnädige Dunkelheit umfing ihn mit sanften Armen, hatte seine Sinne seltsam betäubt in einem Rausch der Gleichgültigkeit. Wie ein Blitz fuhr die plötzliche Helligkeit seiner Deckenbeleuchtung durch sein Nervensystem, überreizte sowieso schon zu stark belastete Nerven, ließ eine Hitzwelle über ihn rollen und mit letzter Kraft übergab er sich ... übergab sich in den Mülleimer den er Tags zuvor entleert und an sein Bett gestellt hatte. Es ging ... ging einfach nicht mehr. Fiebrig zittern fiel er aus seinem Bett und blieb wie ein Bündel alter Kleidung am Boden liegen. Wie durch einen Nebelschleier hörte er die eiligen Schritte, die auf ihn zuhasteten und zuckte ängstlich vor der warmen Hand zurück, die sich auf seine Stirn legte. "T.K.?" Selbst ihm erschien seine Stimme viel zu leise, viel zu gebrochen, aber seine trockenen Lippen ließen sich kaum bewegen, waren aufgesprungen und verklebt. "Ssshhhh, Yama. Nicht sprechen. Ich bin's, keine Angst." Sanft fuhr die große Hand seines kleinen Bruders durch sein Haar bevor sie sich unter seine Kniekehlen legte und ihn mühelos hochhob. Liebevoll wurde er an eine breite Brust gedrückt, beruhigte ihn ein kräftiger Herzschlag ... Geborgenheit. Lange schon hatte Yamato geglaubt dieses Gefühl für immer verloren zu haben ... doch jetzt, hier, als sein Bruder ihn so unheimlich umsichtig zurück ins Bett legte und ihn zudeckte ... hier gab es dieses Gefühl, selbst durch all den Schmerz. Eine Tablette wurde in seinen Mund geschoben, während Takeru ihn vorsichtig aufrichtete und ihm ein Glas mit Wasser gegen die Lippen drückte. Gierig trank er und sank dann erschöpft zurück in die Kissen. "Du gehst heute nicht in die Schule, nicht in deinem Zustand. Ich informiere Dad, dass er dich in der Schule entschuldigt." Ein feuchtes Tuch wurde auf seine Stirn gedrückt, kühlte ihn etwas ... nicht genug. "Ich stelle dir eine Flasche Wasser direkt ans Bett, solltest du durstig werden greif einfach zu. Tja, ich wollte dich eigentlich gefragt haben, ob du mich heute Abend vom Kendo Training abholst, da Dad nicht kann. Er muss länger arbeiten. Aber das geht ja dann wohl nicht ... so gefährlich wird die Gegend schon nicht sein, dann geh ich einfach zu Fuß." Bleib doch einfach hier, es wird dich schon nicht umbringen, wenn du mal ein Training verpasst, schrie es in Yamatos benebelten Geist, aber er brachte die Worte einfach nicht über die Lippen. Er wusste genau, dass er manipuliert wurde, aber was brachte ihm dieses Wissen? "Mach dir keine Sorgen, ich hol dich schon ab." Gar nichts, rein gar nichts! Nur dass man sich im Nachhinein noch dämlicher fühlte mal wieder wissentlich nachgegeben zu haben. "Echt? Das wär toll. Aber wenn es nicht geht, rufst du mich an, ne?" Ein schwaches Nicken war alles was der Ältere noch zu Stande brachte bevor sich die Tür schloss und ihm erneut die gnädige Dunkelheit Gesellschaft leistete. ~ + * ~ * + ~ Rechts Schritt, Schnitt, Drehung, rechts Schritt, Schnitt ... geduldig beobachtete der Senpai seine neuen Schüler und ihre Versuche mit den Bokken, die teilweise recht hoffnungslos verliefen. Gott, ein Langschwert war nun wirklich nicht so schwer zu führen und nach vier Wochen sollte man es so langsam begriffen haben. Er hielt sich selbst für sehr geduldig und kinderlieb, aber so langsam ging sogar ihm die Puste aus. Eine Katastrophe jagte die nächste. Das noch keiner im Krankenhaus gelandet war schien reines Glück zu sein und doch ... unter ihnen befand sich einer seiner bisher begabtesten Schüler. Ein groß gewachsener Junge mit kurzen blonden Haaren und hellblauen Augen. Ohne sichtbare Mühen schwang er sein Schwert auf dem präzise vorgegebenen Weg und führte die Bewegungsabläufe fließend aus. Vielleicht würde er ihn nachher einmal herausfordern um zu sehen, wo sein Potenzial lag. Bald sollten die Grundlagen beherrscht werden, damit man zum großen Kurs übertreten konnte. Hier allerdings ... genervt verdrehten sich die braunen Augen bei einem erneuten Blick auf den Rest der Gruppe. Schließlich erlöste ihn der Sensei und nach strengen japanischen Traditionen wurde in der großen Gruppe abgegrüßt. "Stopp, Kleiner, warte mal." Eine kräftige Hand legte sich auf Takerus Schulter als er eilig die Halle verlassen wollte, damit sein Bruder nicht zu lange warten musste, und hielt ihn davon ab, weiter zu gehen. Konnte das denn nicht bis zum nächsten Mal warten oder bis morgen in der Schule, wo er die meisten sowieso wieder sah? Mit einer spitzen Bemerkung auf den Lippen drehte sich der Blonde um und blinzelte dann überrascht in das Gesicht des Senpais. Okay, dann konnte es wohl doch nicht bis morgen warten. "Du bist nicht schlecht für einen Anfänger. Hattest du schon einmal vorher Unterricht?" Erst jetzt fiel Takeru die tiefe Stimme des Senpais auf, die ihm einen wohligen Schauer über den Rücken jagte. "Nun ja, nicht richtig. Das wenige was ich weiß, hat mir mein älterer Bruder beigebracht." "Kenne ich deinen Bruder vielleicht? Du kamst mir von Anfang an seltsam bekannt vor. Ist er schon einmal bei internationalen Wettkämpfen gestartet?" "Ja, ist er, aber das ist sehr lange her. Er hat sein Schwert aus persönlichen Gründen abgelegt. Aber ..." "Takeru? Wo bleibst du denn? Kannst du nicht wann anders plaudern?" Kaum merklich zuckte der Angesprochene zusammen als er die wütende Stimme seines Bruders hörte. Es war nie gut Yamato warten zu lassen, wenn er krank war. Es schien irgendwas mit ihm zu machen, seine Kontrolle über seine Wut zu verschlingen. "Matt ..." Zwei saphirblaue Augen, in denen deutlich der Fieberwahn geschrieben stand funkelten ihn einem Moment an, bevor sie sich seinem Gesprächspartner zuwendeten. Oh, das war nicht gut ... gar nicht gut. Senpai starrte mit einem verwirrten Gesichtsausdruck zunächst ihn an, dann seinen Bruder und schüttelte dann ungläubig den Kopf. Und Matt ... nun, wenn er vorher wütend gewesen war, dann sollte der Braunhaarige jetzt schleunigst um sein Leben rennen. "Yagami, lass deinen dreckigen Finger von meinem Bruder und sprich ihn nie wieder an. Die Welt dreht sich nicht nur um dich." Bedrohlich eisig klang Yamatos Stimme in der Halle und Takeru musste augenblicklich schlucken. Doch den Senpai schien das völlig kalt zu lassen und mit einer Stimme, die der jüngere höchstens fürs Schlafzimmer reserviert hätte, antwortete er: "Ach nein, die Prinzessin." Gut, er hatte hier definitiv etwas verpasst, ganz eindeutig sogar. Während Takeru diese kurzen Gedanken durch den Kopf geschossen waren, hatte der Braunhaarige eine galante Verbeugung vollführt und die feine Hand seines Bruders ergriffen, die er nun, einer Liebkosung gleich, gegen seine Lippen drückte. Gefährlich senkten sich die blonden Augenbrauen und noch bevor Takeru den Senpai hätte warnen können, hatte Yamato ihn mit einer schnellen Handbewegung aus dem Gleichgewicht gebracht und mit einem gezielten Tritt in die Kniekehle auf den Boden gezwungen. Noch völlig erstarrt merkte der Blonde erst, dass sein Bruder ihn hinter sich her zog als ein gezischtes "Das war das letzte Mal, dass ich dich hier abgeholt habe." an seine Ohren drang. ~ + * ~ * + ~ "Und dann lag ich da ..." "Bitte, was?" "Jap, er hat mich im wahrsten Sinne des Wortes umgehauen." "Das ist nicht dein Ernst ... doch, es ist dein Ernst ..." Schallend fing Teruki an zu lachen und zwinkerte die winzigen Tränen weg, die in seine Augenwinkel stiegen. Auch Taichi konnte nicht anders als zu grinsen, jetzt, im Nachhinein fand sogar er diese Situation unheimlich komisch. "Ich habe auch nicht damit gerechnet, dass kannst du mir glauben." Teruki blickte ihn nur kurz an und lachte dann weiter, einen kurzen Blick auf die Straße werfend bevor er sich mit dem Handrücken über die Augen fuhr. Nein, damit hatte er wirklich nicht gerechnet. Ishida, die Kampfmaschine. Nein, das klang zu komisch ... niemals. Es war ja eigentlich auch nur ein Zufall gewesen, nichts als dumme Zufälle, die sich hintereinander gereiht hatten. Er hatte Ishida einfach unterschätzt und sich von seiner schmächtigen Figur täuschen lassen, aber das passierte ihm nur einmal. Ein flüchtiger Blick aus dem Fenster von Terukis kleinem Sportwagen machte ihn darauf aufmerksam, dass sie ihr Ziel fast erreicht hatten ... ein etwas teurerer, besserer Club, in dem er hoffentlich prügelfrei seinen Frust über Ishida rauslassen konnte. Ein warmer Wind fuhr durch seinen knöchellangen schwarzen Mantel als er das Auto verließ und ruhigen Schrittes an der Gruppe wartender Partygänger vorüber schritt. "Schwerer Tag, Taichi?" Etwas verwirrt blickte der Braunhaarige auf und lächelte den großen Bodyguard schief an. "Schwerer Tag, dass ich nicht lache. Der hat sich von ner halben Portion flachlegen lassen." Immer noch hatte Teruki sich nicht gefangen und das kaum unterdrückte Kichern nach jedem zweiten Wort ließ Taichi die Augen genervt verdrehen. "Und, wie war's?" "Nichts, wie war's, Souya. Der Kleine hatte mich innerhalb von 20 Sekunden ohne größere Anstrengung umgehauen." "Das soll ich dir glauben? Nicht einmal ich habe das geschafft. Man, musst du verpennt gewesen sein. So hübsch der Kleine?" "Hübsch? Noch nicht einmal attraktiv. Man könnte wahrscheinlich was aus ihm machen, aber ... nee." "Naja, dann hab ich heute Abend genau das Richtige für dich. Der Club hat nen neuen Sänger. Eine Stimme sag ich dir, dafür würden viele Töten. Aber jetzt ab mit dir und schlag mir aus Frustration bitte nicht den Laden kurz und klein." Verspielt zwinkerte der Braunhaarige dem Bodyguard ob der Bemerkung zu, bevor er sich in den Club begab. "Was hast du jetzt mit der Prinzessin vor?" Terukis Stimme war über das Dröhnen der Lautsprecher kaum zu hören. Techno und Hardcore waren noch nie sein Fall gewesen ... definitiv etwas, was der Menschheit hätte erspart werden können. "Keine Ahnung, es ergibt sich schon was. Es ergibt sich immer was." In Gedanken versunken beugte sich der Braunhaarige wieder über seinen Drink ... bemerkte nicht, wie sich die Hintergrundmusik änderte ... Techno zu Rock wurde und statt Synthesizer E-Gitarre und Schlagzeug ans Werk gingen. Erst die Anfangstöne einer ihm völlig unbekannten Ballade ließen ihn aus seiner Gedankenwelt auftauchen ... richteten seinen Oberkörper auf, der von einem schwarzen, ärmellosen Shirt umspielt wurde, dass in dem schummrigen Licht des Clubs blaue Reflexe warf. Eine sanfte, definitiv männliche Stimme setzte fast zögernd, kaum hörbar mit einem japanischen Text ein ... schien den Club in Stille zu bannen, gespannt auf den nächsten Atemzug, den nächsten Ton ... eine schöne Stimme ... ein ... heftig fuhr Taichi herum und suchte die Bühne eilig ab. Neben ihm hatte Teruki angefangen zu Kichern, schien sich gar nicht mehr einzubekommen. Ein schwarzer Flügel nahm den größten Teil der Bühne ein und hinter ihm saß er ... saß wie ein gefallener Engel mit den Augen geschlossen ... sanft die Worte ins Mikrofon hauchend. Blonde Haare waren zu einem Pferdeschwanz gebunden, liebkosten eine blasse Schulter, die von einem weißen Satinhemd umschmiegt wurde ... sie auf eine exotische Art und Weise entblößte. Feine Finger lagen sicher auf der edlen Tastatur des Flügels ... kannten ihr Handwerk. Für einen Augenblick genoss Taichi diesen unerwartet sinnlichen Anblick ... genoss ihn bis sich blaue Augen öffneten und ihn ansahen, erschrocken, in die Enge getrieben ... ängstlich. Ja, das war richtig ... seine Rache ... eine Rache, die süßer zu werden schien als er es sich erhofft hatte. ... to be continued Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)