Die Leiden des jungen Wheeler von Azra ================================================================================ Kapitel 10: Cola und Tannennadel -------------------------------- Vorwort: So, da bin ich wieder *hüpf*. Die Pause war ja auch lang genug, nicht wahr? Seht mir die lange Wartezeit bitte nach, ich hatte zuviel anderes Zeug um die Ohren, aber nun kann ich endlich weiter schreiben und das macht mich glücklich. Genauso wie all die liebe Unterstützung, die ich von euch bekomme *umarm*. Was tat ich denn da? Ich war wahnsinnig geworden! Eindeutig nicht mehr zurechnungsfähig. So schnell wie möglich wollte ich mich zurückziehen, doch plötzlich war mir das nicht mehr vergönnt. Lange, kräftige Finger hatten sich in meinem Haar vergraben, nahmen mir jede Chance zum Entweichen. Ein Arm wickelte sich um meine Taille, zog mich näher und gleichzeitig ins Haus. Ich hörte, wie die Tür ins Schloss fiel, spürte, wie er sich dagegen sinken ließ, meinen Körper näher an den seinen drückte. Ich war ja so blöd, so leichtsinnig. Wenn Kaiba schon so ständig diese hinterhältigen, unfairen und überrumpelnden Aktionen startete, ohne mein Einverständnis wohlgemerkt, wie musste er dann erst reagieren, als ich ihn in seinem Tun auch noch bestärkte? Mein Kopf ruckte nach hinten. Das sollte ja nun eindeutig genug sein, dass ich nicht mehr wollte. Ein klares Zeichen des Protestes... das er geschickt zu ignorieren wusste. Unverschämtheit! Ständig setzte er sich über meine Wünsche hinweg. Für wen hielt er sich eigentlich? Nur weil er stinkreich, attraktiv, intelligent, unwiderstehlich und ein guter Küsser war, hieß das noch lange nicht, dass ich ihm verfiel oder so! Ganz sicher nicht! Heute Morgen hatte ich mich nur so betroffen gefühlt, weil... weil er mich einfach stehengelassen hatte, was einer bodenlosen Frechheit gleichkam! Apropos heute Morgen, da hatten wir noch ein Hühnchen miteinander zu rupfen, der werte Herr Multimillionär und ich. Er schuldete mir eine Erklärung, eine GUTE Erklärung... obwohl ich ihm für einen weiteren Kuss auch so alles verzieh. Ich konnte es leidlich nicht verhindern, dass meine Gedanken schon wieder in eine ganz andere Richtung abdrifteten, als er seine Zunge mit sanfter Gewalt durch meine Lippen drängte, in meinem Mund zu wüten begann, stürmisch und so leidenschaftlich, dass meine Beine sich schlagartig völlig außer Stande sahen, mich weiterhin aufrecht zu halten. Haltsuchend krallte ich beide Hände in seine Schultern. Kaiba kämpfte mich unlauteren Mitteln! Wer sollte denn noch vernünftig sauer auf ihn sein, wenn er ihn so küsste? Aber das ging nicht! Deswegen war ich eigentlich gar nicht hier. Wir mussten reden, ich musste ganz dringend Klavier üben, da blieb keine Zeit für wildes Übereinanderherfallen. Schade eigentlich... äh, wollte sagen: Gut so! Da er es mit ja leider unmöglich machte, den eigenen Kopf wegzudrehen, musste ich das eben mit seinem machen. Kaiba leistet meiner Hand erbittert Widerstand, doch schlussendlich trug sie den Sieg davon. Beinahe vorwurfsvoll blitzen helle Saphire mich an. "Was soll das?" er klang regelrecht empört. "Dafür bin ich nicht hergekommen." "Wie schade", ein anzügliches Grinsen machte sich auf den schmalen Lippen breit, "aber vielleicht kann ich deine Meinung ja ändern." Und damit beugte er sich vor, versuchte meinen Mund zu beschlagnahmen. "Kaiba! Hör auf mit dem Mist!" "Mist nennst du das, Köterchen?" Er war schon wieder so verdächtig nahe, dass ich den warmen Atem fühlen konnte, der mich ganz aus dem Konzept brachte. "Nein, also doch, nee, nicht so wirklich, nicht in dem Sinne Mist sondern...", sein Finger auf meinen Lippen gebot meinem blödsinnigen Gerede Einhalt. "Dann ist ja gut." Kaiba machte Anstalten mir die Luft, die ich so dringend zum Sprechen benötigte, schon wieder für einige Zeit zu rauben. "Jetzt hör mir doch mal zu und lass mich ausreden!" verlangte ich energisch. "Bello", seine Stimme hatte diesen verdächtig nachsichtigen Ton angenommen. Den kannte ich schon und ich hasste es, wenn er mit mir wie mit einem Schwachsinnigen redete. Am Ende tat er dann nämlich doch wieder, was er wollte. "Auch meine Lebenszeit ist nur begrenzt." Es dauerte ein bisschen, bis ich begriff, was er mir damit sagen wollte. Entrüstet schnaufte ich, zog seine Hand aus meinem Schopf und entwand mich seiner Umarmung. "Als würde ich soviel reden, dass es ein ganzes Leben füllen würde. Eine Ungeheuerlichkeit ist das, dreist! Du nimmst mich überhaupt nicht ernst! Immer tust du, wonach dir gerade ist und stellst deine Bedürfnisse in den Fordergrund. Außerdem hast du dich heute wie das letzte Arschloch aufgeführt! Da nehm ich dich extra mit in meine Wohnung, damit nicht irgendein sexuellunterzuckerter Penner seinen Spaß mit dir hat und alles was ich ernte, ist Undank, Beleidigungen und Ignoranz. Ist das vielleicht...", deine Art, Liebe zu zeigen, hatte ich eigentlich noch sagen wollen, doch er fiel mir ins Wort. Lachend! Wie schön, dass ihn mein kleiner Gefühlsausbruch so amüsierte, Idiot! "Genau das meinte ich, Wheeler, wenn du dich erst einmal heiß geredet hast, hörst du so schnell nicht mehr auf. Und", plötzlich wurde seine Stimme ernst, "ich kann eben NICHT tun, wonach mir gerade ist, du lässt mich ja nicht." Ich musste schlucken. Das sollte wohl heißen, er wäre schon viel weiter gegangen, hätte ich ihn nicht immer wieder zurück gestoßen. Oh mein Gott! Meine Wangen wurde ganz heiß, allein diese Vorstellung...! Nein, nein, nein, böse Phantasien und im Moment gar nicht hilfreich meine Contenance zu wahren! Während ich also um meine normale Gesichtsfarbe kämpfe, fuhr er fort. "Ich bin doch auch nur ein Mann und du verhältst dich immer so schrecklich naiv und sexy, dass ich dir am liebsten sofort die Kleider vom Leib reißen und dich auffressen würde." Okay, Kampf verloren. "Da gestehe ich dir, dass ich mich in dich verliebt habe und alles, was ICH dafür ernte, ich eine Kopfnuss auf meinen armen Brummschädel. Und dann verschwindest du auch noch in dein Zimmer und ich lag die ganze Zeit ALLEIN auf dieser unbequemen Couch. Kein Wunder, dass ich gereizt bin." Na ja, von der Seite hatte ich das noch nie betrachtet. Vielleicht hatte er sogar ein klitzekleines bisschen Recht, aber auch nur ein klitzekleines! Denn natürlich gab ihm das noch lange nicht die Befugnis, mich so von oben herab zu behandeln. Außerdem hatte er mich angelogen! "Ich dachte, du könntest dich an nichts mehr erinnern", meinte ich spitz. "Das... ähm", eine Premiere! Seto Kaiba wusste nicht, was er antworten sollte! "Naaaaa?" hakte ich unerbittlich nach, genoss die Situation. Diesen Tag sollte ich mir rot im Kalender anstreichen. "Ich fand es aber sehr reizend, wie enttäuscht du warst, als du mich danach gefragt hast", schwenkte er plötzlich auf ein anderes Thema um. Das machte er immer! Schrecklich so was! Denn nun stand ich wieder als der Doofe da. "Pah", ich verschränkte beide Arme vor der Brust, "war ich gar nicht." "Warst du wohl." "War ich nicht!" "Doch." "NEIN!" "Kleinkind." "..." Also... also...also das sagte gerade der Richtige! Er stritt sich genauso lächerlich mit mir, wie ich mich mit ihm. Und seltsamer Weise machte es direkt Spaß. Es hatte so etwas Unverfangenes, Leichtes. Gar nicht so zynisch und verletzend wie sonst, wenn wir aneinander gerieten. "Schon wieder." Verwirrt schaute ich ihn an. "Du bist so niedlich, ich könnte dich küssen." "Lass es!" Beleidigt ließ er die erhobene Hand wieder sinken. "So mag ich dich gar nicht mehr", schmollend schob Kaiba die Unterlippe vor, was ihn nicht nur zehn Jahre jünger sondern auch verdammt putzig machte. Das stelle man sich mal vor: Kaiba und putzig. "Später", lenkte ich ein. Schlagartig hellte sein Gesicht sich auf. "Dann darf ich aber wirklich!" "Ja~haa, wenn du mir die nächsten acht Takte von dem Prädingsda beigebracht hast." "Präludium", verbesserte er mich hochnäsig. "Sag ich doch." "Acht Takte? Da bekomme ich aber mehr als einen lumpigen Kuss." "Weil du es bist, leg ich noch ne Kopfnuss mit rauf." "Danke, ich verzichte, das blaue Auge reicht mir." War das ein Anflug von schlechtem Gewissen, der mich da befiel, als ich die violette Färbung in seinem Gesicht sah? "Tut mir leid", murmelte ich kleinlaut. "Das möchte ja wohl auch sein", streng hob er einen Zeigefinger, fuchtelte vor meiner Nase herum, "das nächste Mal kommst du mir nicht mehr so billig davon." Unwillkürlich musste ich daran denken, wie er zu dem schönen Stück gekommen war. Was sollte das heißen, nicht mehr so billig? Das war ganz und gar nicht billig gewesen, eher sehr peinlich, immerhin hatte ich angefangen zu heulen. Vor IHM! Wenig später saß ich wieder am Piano Forte und versuchte, mich an die letzten Takte zu erinnern. Die beiden warmen Hände auf meinen Schultern machten es mir nicht unbedingt leichter. Meine Gedanken waren überall, nur nicht beim Klavierspielen. Als ich dann seine Stimme genau neben meinem Ohr vernahm, leise und dunkel, war es mit der Konzentration endgültig vorbei. "Vielleicht ist das ein Zeichen und du sollst heute einfach kein Klavier spielen, sondern dich von mir... hm, verwöhnen lassen." Ein eiskalter Schauer rann mir über den Rücken. "Kaiba!" Abrupt drehte ich mich zu ihm um. "Vielleicht sollst du auch einfach nicht genau hinter mir stehen und mir irgendwelche zweideutigen Sachen ins Ohr flüstern!" Unschuldig klimperte er mit den langen Wimpern. "Ich und zweideutige Sachen? Da verstehst du mich falsch", seine Augen nahmen einen lauernden Zug an, "das war eher eindeutig gemeint." "Argh!" Ich stand auf. Etwas zu Trinken wäre wirklich nicht schlecht, mir war so schrecklich heiß. Woher kam das nur plötzlich? Bis eben hatten hier noch keine äquatorialen Temperaturen geherrscht. "Ich hab Durst, kann ich was haben?" "Wie heißt das Zauberwort?" "Pronto", imitierte ich ihn von heute am Frühstückstisch. Er lachte. "Ich meinte das andere, komm." Ich folgte ihm in eine riesige, weiß gekachelte Küche, die nicht aussah, als würde sie viel genutzt. "Cola oder Alkohol... ich wäre ja für letzteres", grinste er, als er den Kühlschrank öffnete. Der wollte mich wohl abfüllen, aber nicht mit mir! "Cola!" bestimmte ich und mit einem enttäuschten Achselzucken beförderte er das süßliche Getränk aus den Tiefen des Gefrierschrankes. Unter Zischen und Sprudeln floss die braune Flüssigkeit ins Glas, das mir gleich darauf entgegengehalten wurde, doch als ich danach greifen wollte, hob er es hoch. "Komm, Hündchen, spring!" Meine heißersehnte Abkühlung schwebte nun über seinem Kopf, unerreichbar für mich. "Sehr witzig, Kaiba. Lass den Unsinn und außerdem habe ich einen Namen." Er scherte sich weder um das eine noch das andere, sonder griente mich nur herausfordernd an. "Na komm schon, ich denke du hast Durst." Dieser Tonfall war nur noch als fies zu bezeichnen. Ja, natürlich hatte ich Durst, aber so schlimm, dass ich mich deshalb zu seinem dressierten Schoßhündchen degradieren ließ, war es dann doch noch nicht. "Was soll denn das, wir sind doch keine drei mehr. Jetzt gib mir schon das verdammte Glas!" Ärgerlich trat ich einen Schritt vor. "Hol es dir doch." Eine klare Herausforderung. Wie konnte er es wagen, mich schon wieder zu reizen? Dem würde ich es zeigen, das blöde Grinsen würde Kaiba schon noch vergehen! "Worauf du dich verlassen kannst, arroganter Fatzke!" Der Sprung, na, es war wohl eher ein verzweifelter Hopser, war an sich nicht schlecht, sogar ziemlich gut, um genau zu sein, so gut, dass ich höher flog, als ich eigentlich wollte. Meine Finger stießen so heftig gegen das Glas, dass sie es ihm aus der Hand schlugen. Wie in Zeitlupe sah ich es kippen, das braune Nass gefährlich überschwappen, dann landete ich wieder und Sekundenbruchteile später auch die Cola, nämlich auf mir. Eiskaltes, klebriges Zeug ließ mich erschrocken aufquietschen, lief über meinen Kopf in den Shirtausschnitt. Braune Sauce verfärbte die weiße Schrift auf meinem Oberteil, tropfte auf den Boden. Zuckerwasser sickerte in meine Haare, leimte sie aneinander. Unter lautem Klirren zersprang das Glas auf den harten Kacheln in tausend kleine Scherben. Wie gelähmt, unter Schock, starrte ich an mir herunter, hob dann langsam und mit einem zornigen Funkeln im Blick den Kopf. Der junge Firmenleiter schaute ein wenig überrascht, den Arm immer noch erhoben, dann trafen seine Augen die meinem und ein Feixen glitt über seine Züge, grub sich in die Mundwinkel, wurde immer breiter bis er... bis er...lachte! Er lachte mich aus! So laut und heftig, dass er sich krümmte, beide Arme auf den Bauch presste und nach Luft rang. Wäre ich nicht, nass, klebrig und colaverschmiert, ich hätte diesen seltenen Anblick vielleicht würdigen können, würde feststellen, dass er richtig nett aussah, wie er so lachte, doch ich WAR nass, klebrig und colaverschmiert und ich hatte nicht den geringsten Sinn für Spaß, schon gar nicht, wenn er auf meine Kosten ging. "Das ist alles deine Schuld!" brüllte ich los, "Du bist so ein bescheuerter Scheißkerl, es ist nicht zu fassen!" Meine harschen Worte zeigten nicht die kleinste Wirkung. "Lach nicht so blöd, hörst du?! Lass das!" Ungehalten stieß ich ihm die flache Hand vor die Brust, dass er einen Schritt zurücktaumelte. "Hör auf, habe ich gesagt, HÖR AUF!" Meine Hand schoss ein weiteres Mal vor, zielte diesmal auf sein Gesicht. Mir doch egal, ob ihm ein blaues Auge reichte! Doch sie traf ihn nicht, wurde vorher von seiner abgefangen. Lachtränen in den Augen und die blassen Wangen gerötet schaute er mich an. "Ent...schuldige, Joey, aber... du sahst einfach... zu ulkig aus." Er brachte die Worte kaum heraus, von unterdrücktem Glucksen geschüttelt und heftig nach Luft schnappend. "Komm", er zog mich aus der Küche, "geh erstmal unter die Dusche... ich bring dir... was zum Anziehen." Am liebsten wäre ich ja sofort nach Hause gestürzt, aber er hatte Recht. Ich wollte dieses widerliche Zeug so schnell wie möglich von der Haut waschen! Fein, würde ich hier eben noch duschen, aber dann war ich weg! Ein für alle Mal! Wie oft hatte ich mir schon geschworen, nichts mehr mit ihm zu tun zu haben? Diesmal würde ich auf mein Gefühl hören! Unentschlossen wanderten meine Augen von der Dusche zu der um einiges verlockender aussehenden Badewanne. Ob er was dagegen hätte, wenn ich... Mein kleines Appartement bot für solchen Luxus keinen Platz, da sollte ich die Gelegenheit nutzen. Kaiba wurde da ganz einfach nicht gefragt! Immerhin war er Schuld, dass ich mich jetzt überhaupt reinigen musste, da konnte er die paar Liter Wasser, die ich auf diese Weise mehr verbrauchte, auch noch bezahlen. Geld genug hatte er ja. Deshalb rührte sich auch kein schlechtes Gewissen, als ich eine halbe Flasche Schaumbad in der dampfenden Flüssigkeit versenkte. Meinen Durst löschte ich am Waschbecken, während ich wartete, dass die Wanne voll lief und sich ein gigantischer Schaumberg bildete. Es knisterte herrlich, als ich in die duftenden Massen tauchte. Wie ein dichter Schleier legte sich der schwere Geruch von Sandelholz über mich, mir schwindelten die Sinne, so schön war das. Die Zeit schien nicht zu vergehen, beziehungsweise sie hatte keine Bedeutung mehr. Das Leben mochte außerhalb dieser vier Wände seinen gewohnten Gang toben, ich kam mir vor, wie dieser Welt entrückt. Ewig hätte ich so liegen bleiben können, doch schließlich griff ich zum Shampoo, vertrieb die ekelhafte Klebrigkeit von meinem Kopf, von meinem ganzen Körper. Als ich vollkommen in die heiße, weiche Materie sank, hätte ich nie wieder an die Oberfläche kommen mögen. Lange hatte ich mich nicht mehr so geborgen gefühlt, wie ein Baby in den Armen seiner Mutter... so ähnlich stellte ich mir das jedenfalls vor, denn die meine hatte ich ja... ich wusste nicht mehr, wie lange nicht gesehen. Das Gefühl war so übermächtig, dass ich tatsächlich glaubte, zwei starke Arme zu spüren, als ich nach einer kleinen Endlosigkeit wieder hervorkam, nach Luft schnappte. Wasser rann mir übers Gesicht, so dass ich die Augen geschlossenen halten musste. Nur so war es zu erklären, dass ich tatsächlich noch eine volle Sekunde dachte, die kühlen Finger, die über meine Brust tanzten, meine Schlüsselbeine entlangfuhren und über meinen Bauch strichen, entsprängen meiner Phantasie. Dann traf mich die Erkenntnis wie ein Hammerschlag. Wie unverschämt war dieser Mensch eigentlich, mich sogar im Bad zu belästigen?! Erbost fuhr ich herum. "Raus, aber sofort!" Kaiba lächelte nur. Bildete ich mir das nur ein, oder sah es wirklich ein bisschen diabolisch aus? Wölfisch... und ich war dann das arme Rotkäppchen, das verschlungen werden sollte, hm? Da machte er seine Rechnung aber ohne Joey Wheeler! Den würde ich in seine Schranken weisen... sobald ich wieder etwas anhatte. "Aber ich bin doch gerade erst gekommen." Sein Atem strich über meine nasse, erhitzte Haut, jagte mir ein Frösteln über den Rücken. "Dann kannst du auch gleich wieder gehen!" "Und wenn ich nicht will?" Seine Lippen berührten meinen ungeschützten Hals, strichen darübe, hin zu meinem Ohr. "Hör auf damit!" meine Stimme längst nicht mehr so fest, wie ich sie mir gewünscht hätte, "Ich befehle dir zu verschwinden, auf der Stelle!" "Ich lass mich von dir nicht aus meinem eigenen Badezimmer werfen, schon gar nicht", seine Zähne schlossen sich beinahe schmerzhaft um mein armes Ohrläppchen, "wenn ich dich so verlockend schutzlos in der Wanne finde." Ich hatte das spontane Bedürfnis bei diesen Worten tiefer in die, zugegeben trügerische, Sicherheit des Schaums zu flüchten. Schutzlos, pah! Sah ich vielleicht aus wie ein kleines Kind? Ich wüsste mich schon zu verteidigen... wenn er eine Schlacht schlagen würde, die ich kannte. Doch diese zärtlichen Streicheleinheiten, die mich zu verbrennen schienen, seine Lippen, abwechselnd sanft oder bissig, das war nichts, dem ich mit einem gekonnten, rechten Schwinger entgegentreten konnte. Kaiba kniete hinter mir, beide Arme um mich geschlungen, mein Kopf berührte beinahe seine Schulter. Die langen Finger, kitzelten meine Seite, tasteten über meinen Bauch weiter nach unten. Entsetzte fuhr ich hoch, wich seinen vorwitzigen Händen aus. PLATSCH! "Hau ab, mach bloß, dass du hier weg kommst!" Mit beiden Händen schaufelte ich ihm Wasser auf Hemd und Hose, ins Gesicht und in die Haare. Überrascht schreckte er zurück, als ich auch keine Skrupel mehr hatte, mit Badezusätzen nach ihm zu schmeißen. Eine Schwamm traf seinen Kopf, die Bürste den rechten Oberarm. "Ist ja gut, ist ja gut." Beschwichtigend hob er beide Hände, immer noch dieses Grinsen auf den Lippen. Grrr, der machte mich wahnsinnig! "Ich weiche der rohen Gewalt", und leiser, beinahe bedrohlich setzte er ein "dieses Mal" nach, dann fiel die Tür ins Schloss, mein letztes Geschoss prallte wirkungslos an dem hellen Holz ab. Erschöpft ließ ich mich zurücksinken. Mein armes, kleines Herz! Das war für solche Überfallkommandos einfach nicht geschaffen, eines Tages würde es mir die Kündigung einreichen und abtreten, wenn er so weitermachte. Dieser Mensch war wirklich das Unverfrorenste, was mir je untergekommen war. Nach zwei Minuten, die ich mir noch gönnte, um mich zu beruhigen, machte ich, dass ich so schnell wie möglich aus dem Wasser und in meine Klamotten kam, colabekleckert oder nicht. Glücklicher Weise war das nicht einmal nötig, denn neben dem unordentlichen Haufen, den ich fabriziert hatte, lagen meine Sachen, die ich ihm heute geborgt hatte. Wie es aussah frisch gewaschen. Ich wollte auch Bedienstete, die alles erledigten, während ich in der Schule hockte. Mir dem Ärmel wischte ich über den beschlagenen Spiegel, starrte meiner Reflektion in die dunklen Augen. Die Mähne hing mir tropfender Weise ins Gesicht, ein Fön wäre nicht schlecht gewesen, doch die Impertinenz, alle Schränke auf der Suche nach einem solchen zu öffnen, besaß ich nicht, obwohl ER sicher nicht davor Halt gemacht hätte Doch wer wusste, was ich alles fand. Wahrscheinlich nur Handtücher und Seife, möglich wären aber auch Kondome und Co. Nein, lieber nicht. Das Risiko ging ich nicht ein, lieber nass, als peinlich berührt, das war ich eh schon und eigentlich interessierte mich Kaibas Privatleben auch gar nicht. ... Na gut, ein ganz klein wenig schon. Neugierig griff ich nach dem kleinen Flakon, der neben anderem Krimskrams auf einem gläsernen Vorsprung stand. Behutsam öffnete ich den Verschluss, roch daran. Tannennadel, ganz eindeutig Kaibas Duft! Hastig, als hätte ich etwas Verbotenes berührt, stellte ich die kleine Glasflasche wieder zurück, versuchte so schnell wie möglich den Stopfen hineinzustecken. Vielleicht hätte ich mir ein bisschen mehr Zeit lassen sollen. Ich wusste doch, dass ich Unglück wie andere Leute Fliegen anzog. Meine Finger zitterten, verhedderten sich ineinander und ich überblickte gar nicht mehr wie es kam, da knallte es plötzlich laut. Ein haarfeiner Riss zog sich durch das porzellane Waschbecken und die grüne Flüssigkeit verschwand so schnell im Ausguss, dass ich nur hilflos mit ansehen konnte, wie Kaibas Tannennadelparfüm Richtung Kanalisation rauschte.Mit einem Mal war mir entsetzlich kalt, es schüttelte mich richtig. Wie, WIE um alles in der Welt sollte ich das dem jungen Firmenleiter erklären? Der rammte mich ungespitzt in den Boden. Warum ließ ich meine Finger nicht einmal von Sachen, die mich nichts angingen? Zeichnete der Mensch sich nicht bekanntlich dadurch aus, dass er aus seinen Fehlern lernte? Nun, dann war ich wohl die berühmte Ausnahme, die die Regel bestätigte. Mir war zum Heulen zumute, doch Tränen füllten das kleine Gefäß auch nicht wieder. Besser, ich beichtete es meinem Klassenkameraden gleich. Seufzend hob ich es aus dem weißen Becken, trottete mit hängenden Schultern zur Tür. Gerne hätte ich noch ein letztes Gebet gesprochen. Leider kannte ich keines. Nachwort: So, das war er, der zehnte Teil, ja die erste zweistellige Zahl *freu*. Ich hoffe, er war nach euerm Geschmack. Wer RSF findet, darf sie in einen Sammelbeutel tun und den am Ende bei mir abgeben. Pro Fehler ein Gummitierchen :). *knuddel* Macht's gut, ihr Lieben! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)