Golden Butterfly von Autumn (KAPITEL 44 & 45 SIND ON!!) ================================================================================ Kapitel 44: Das Komplott - 4. Akt --------------------------------- Liebe animexx-Leser, diese beiden Kapitel, die ich hochgeladen habe, sind die vorläufig letzte Bastion dieser FF. Sie wird weiterhin pausieren, bis ich das nächste Kapitel geschrieben habe...und das kann lange, lange dauern. Falls sich niemand mehr für diese Story interessiert, macht das auch nichts, ich werde trotzdem versuchen, sie doch noch zu beenden! Vielen Dank an alle, die diese FF gelesen haben und bereit sind, bis zum (eventuellen) Ende auszuharren! Kapitel 44: Das Komplott - 4. Akt „Sie sind erstaunlich kooperativ, Mr. Wheeler", bemerkte Inspektor Katagiri und betrachtete den Nachtclubbesitzer eingehend. Joey in seinem historischen Kostüm und mit der langen Perücke wirkte im Verhörzimmer so deplatziert wie ein alter Stadtkern in einer Neubausiedlung. Er hatte bereitwillig seine Daten angegeben und benahm sich auch sonst vorbildlich. Jetzt die Nerven oder gar seine Haltung zu verlieren, schien ihm unangebracht und seiner Situation nicht förderlich. „Ich habe nichts zu verbergen." „Ach? Sie meinen wohl abgesehen von dem ‚Schneekristall‘, den wir in Ihrer Wohnung gefunden und sichergestellt haben?" „Ich habe ihn nicht dort liegengelassen. Wenn ich der Dieb wäre, würde ich ihn doch kaum in meinen Privaträumen verstecken. Ich bin nicht der Earl of Venice, falls Sie das andeuten wollen! Warum kümmern Sie sich nicht lieber um den anonymen Anrufer? Er hat mich schließlich denunziert! Warum verfolgen Sie nicht den?" „Anonymität dient dem Schutz des Zeugen. Außerdem gibt es andere Punkte, die durchaus für die Theorie sprechen, dass Sie der Graf sind." „Und die wären?" „Zum einen Ihre Sprachkenntnisse. Wie Sie vielleicht wissen, beherrscht der Graf neben Japanisch auch fließend Englisch, Italienisch, Deutsch und Französisch. Sie ebenso." „Falsch. Ich spreche Englisch und Französisch und lerne aus Interesse Spanisch. Bei den anderen Sprachen muss ich leider passen." „Nun, das werden wir überprüfen. Zum anderen ist da Ihr immenser Reichtum." „Mein was?" „Ihr immenser Reichtum. Tun Sie bitte nicht so, als wüssten Sie von nichts. Sie sind mehrere Millionen Yen schwer - es erscheint mir zweifelhaft, dass Sie dieses Vermögen einzig und allein mit einem zwielichtigen Etablissement wie dem Golden Butterfly erwirtschaftet haben." Joey hob eine seiner makellos geschwungenen Augenbrauen. Na fabelhaft, ein homophober Inspektor! Es war keineswegs das erste Mal, dass man ihm derartige Dinge vorwarf, aber hatte man in einer polizeilichen Untersuchung nicht unvoreingenommen zu sein? Erzkonservative Typen wie der da konnten sich natürlich nicht vorstellen, dass man mit einem so „verruchten" Nachtclub Geld verdienen konnte, das lief ihren Glaubensidealen zuwider. „Erstens habe ich ein gewisses Vermögen bereits von meinem Vater geerbt und zweitens bin ich ein ehrlicher Geschäftsmann, Inspektor. Sie können meine Bücher überprüfen, wenn Sie so großen Wert darauf legen." „Sie wären erstaunt, Mr. Wheeler, wie viele Kriminelle ein vollkommen unbescholtenes zweites Leben neben ihrer verbrecherischen Laufbahn führen. Nein, ich bin nicht überzeugt. Wie erklären Sie denn die Tatsache, dass wir den ‚Schneekristall‘ in Ihrer Wohnung gefunden haben? Oh, vermutlich war es Zauberei, nicht wahr?" „Spott steht Ihnen nicht, Inspektor. Begreifen Sie denn nicht, dass man nur versucht, mir etwas anzuhängen? Mein Vater und der Club waren schon einmal in einen ähnlichen Skandal verwickelt - und auch damals wurde er denunziert von einem sogenannten anonymen Zeugen, meinem Ex-Freund Roger Cardez! Setzen Sie ihm die Pistole auf die Brust, nicht mir!" „Seien Sie so freundlich und verschonen Sie mich mit der Homo-Seifenoper. Der Beweis Ihrer Schuld liegt gut verwahrt im Polizeisafe und wird der kaiserlichen Familie zurückgegeben, sobald Sie geständig sind." „Ich bin nicht der Graf von Venedig! Der Kerl hat Sie und Ihre Leute schon so oft an der Nase herumgeführt, dass Sie jetzt händeringend einen Sündenbock suchen, dem Sie den Diebstahl zuschieben können! Ich schätze mal, der anonyme Anruf kam Ihnen gerade recht!" „Was fällt Ihnen ein!?" „Ich habe die ‚Tränen der Kannon‘ nicht gestohlen! Wenn ich clever genug bin, diese Juwelen zu rauben, werde ich doch dann später nicht so dumm sein, das Prunkstück des Colliers in meiner Wohnung herumliegen zu lassen! Das widerspricht sich, meinen Sie nicht?" „Das werden wir sehen.", antwortete Katagiri mit einer Miene, die seinen Gegenüber offensichtlich einschüchtern sollte, aber der „böse Blick" versagte grandios. Joey wurde von zwei Uniformierten in eine Zelle gebracht (Untersuchungshaft), wobei der jüngere von beiden, ein Neuling frisch von der Polizeischule, ihm nicht unbekannt war. Da er hübsch und immer sehr höflich war, war er ihm als positiver Gast des Goldenen Schmetterlings aufgefallen. Sein zerknirschtes Gesicht drückte sein Mitgefühl aus. Als er die Zelle abschloss und sein Kollege an seinen Schreibtisch zurückkehrte, sprach er den blonden Schönling an. „Mr. Wheeler, es ist mir wirklich peinlich, dass Sie ausgerechnet an meinen Chef geraten sind. Er hat leider eine prinzipielle Abneigung gegen alles, was nicht... ‘normal‘ ist, wenn Sie verstehen. Sie haben sicher einen Anwalt? Soll ich ihn anrufen?" „Das ist sehr nett von Ihnen, aber nein, noch nicht. Es gibt da jemand anderen, den Sie für mich anrufen könnten, ich kann Ihnen seine Nummer geben. Würden Sie das tun?" „Selbstverständlich! Ich halte Sie für unschuldig!" Diese Erwiderung steckte so voller Eifer und Aufrichtigkeit, dass Joey überrascht war. Er bemerkte das Leuchten in den Augen des Polizisten und musste lächeln; erkannte er doch aus langer Erfahrung, dass er wieder einmal ein junges Herz in Verwirrung gestürzt hatte. Es war durchaus nicht ungewöhnlich, dass sich auch mancher Gast von der starken Ausstrahlung des engelsgleichen Dämons betören ließ, denn gegen seinen Charme und sein Charisma war niemand immun - außer vielleicht vertrocknete Gestalten wie dieser Inspektor. Der Polizist besorgte ihm Papier und Bleistift und der Neunzehnjährige notierte rasch eine Nummer. Das Briefchen faltete er zusammen und reichte es seinem „Komplizen", der es sofort in seiner Hemdtasche verstaute und sich mit ein paar aufmunternden Worten entfernte. Es konnte nicht schaden, bei einem Vorgesetzten dieser Sorte einen Verbündeten zu haben! Er setzte sich auf die unbequeme Pritsche und verschränkte die Arme im Nacken. »Das habe ich dir zu verdanken, Roger, ich weiß es! Du hattest noch nie Skrupel, wenn es darum ging, dir etwas anzueignen, das du unbedingt haben wolltest! Dabei bist du in eine wohlhabende Familie hineingeboren worden. Aber Besitzer einer Tanzschule zu sein, die nach der Kinomiya-Schule immer zweitrangig bleiben würde, konnte deinen Ehrgeiz nicht befriedigen. Du willst mich vernichten, weil ich dir Kontra geboten und dich besiegt habe - und weil mir der Golden Butterfly gehört! Du, der neue Chef und der neue Star eines neuen Clubs, der den meinen ohne Probleme übertreffen wird... das ist es, was du dir ausmalst, jede Wette. Du willst der neue König des Partyviertels werden, du willst das Geld einstreichen, den Glamour erleben, den Glanz, den Luxus, den Ruhm... stellt sich nur die Frage, ob du das Zeug dazu hast! Im Moment bin ich gefangen wie ein verwundeter Tiger... aber ein verwundeter Tiger ist, wie jeder weiß, äußerst gefährlich!« Nein, er hatte noch nicht aufgegeben. Er war eine Kämpfernatur. Und außerdem hatte er eine Trumpfkarte im Ärmel, von der sein hochgeschätzter Rivale absolut nichts ahnte... Die Stimmung im Schmetterling war seit der Festnahme von Mr. „Too-hot-to-be-true" sichtlich gedrückt. Yami in seiner Funktion als HH mimte den Stellvertreter, obwohl ihm dieser Job angesichts der Umstände nicht im Geringsten behagte. Diverse Stammgäste aus sämtlichen denkbaren Metiers, die den Vorfall mitbekommen oder gerüchteweise davon gehört hatten, gaben sich vor dem Chefbüro die Klinke in die Hand, machten ihrer Empörung Luft, verfrachteten den gesamten Ermittlerapparat der Stadt in die Tiefen der Höllengrube, erklärten Katagiri schlichtweg für den schlechtesten Vertreter seines Berufes und konnten sich über diese seine katastrophale Fehleinschätzung und seine noch katastrophalere Inkompetenz gar nicht genug aufregen. Shuichi Shindo, der Frontmann von „Bad Luck", schluchzte in den Armen seines Lebensgefährten Yuki Eiri, der einerseits damit beschäftigt war, ihn zu trösten und andererseits mit kühler Stimme seiner Entrüstung Ausdruck verlieh. Michael Kira, im Schlepptau seine komplette Band in Lack und Leder, brüllte dem geplagten Yami irgendwelche malerischen Beschreibungen für diese „verf***te" Situation ins rechte Ohr, während links Rex Raptor dasselbe tat, nur ein wenig dezenter. Der Raum war völlig überfüllt und surrte wie ein Bienenstock, bis Mr. Muto der Geduldsfaden riss. Sein Ausbruch kündigte sich an durch eine anschwellende Ader, zuckende Brauen und die Tatsache, dass Bakura und Co. einen Sicherheitsabstand von einem Meter einnahmen. „HALTEN SIE ENDLICH MAL DEN MUND, UND ZWAR ALLE!!!! WER NICHTS VERNÜNFTIGES ZU DIESER SACHE BEIZUTRAGEN HAT, VERZIEHT SICH, IST DAS KLAR?!?! WIR MÜSSEN HIER EINE SHOW AM LAUFEN HALTEN!!!! RAUS!!!!" In der nächsten Minute war das Büro wie leergefegt und die Stammgäste verkrümelten sich sorgenvoll und nachdenklich zurück in die Bar, das Restaurant oder das Casino. Keiner von ihnen hätte Yami für seinen Ausraster gerügt, die Anspannung und seine eigene Bestürzung über die Verhaftung seines Freundes entschuldigten ihn in ihren Augen. Wer Stammkunde war, kannte den festen Kern der Angestellten auf sehr viel persönlicherer Ebene, als es in anderen Clubs der Fall war. Aber der Golden Butterfly war ja auch nicht irgendein Club. Der Bunthaarige seufzte und fuhr sich über die schweißnasse Stirn. „Scheiße!!" „Wie recht du hast, Stachelschädel. Wir haben kurz nach halb zehn, in fünfzehn Minuten müssten wir eigentlich mit dem zweiten Teil des Madonna-Abends weitermachen und unser Star hockt im Kittchen! Eines verspreche ich euch: Wenn ich Cardez, dieses gottverdammte Arschloch, zu fassen kriege, dann werde ich ihn köpfen, vierteilen und seine Einzelteile danach zehn Meter unter der Erde verscharren! Und dann lege ich noch einen großen Betonklotz drüber, nur um sicherzugehen! Kein Mensch kann mir erzählen, dass unser Joey ein Dieb ist! Schon gar nicht ein so selten dämlicher, dass er den ‚Schneekristall‘ in seiner Wohnung aufheben würde! Er hat ‘n Bankschließfach! Ah, das ist doch alles gequirlter Blödsinn! Dieser Kataschmiri soll mir mal im Dunkeln begegnen....!!" „Du meinst Katagiri." „Nein, Kataschmiri, von schmierig. Der will bloß einen Verdächtigen im Fall dieses Earl of Venice vorzeigen können, deswegen wird er sich genauere Ermittlungen schenken! Er ist ein Trottel und gilt als bestechlich. Halleluja!" „Das sind wirklich wunderbare Aussichten...!" „Sag‘ ich ja!" „Schluss jetzt!!", ertönte eine energische Stimme, die man dem augenscheinlich zarten Persönchen gar nicht zugetraut hätte, das sich nun vor Yami aufbaute, der wie ein halbes Häuflein Elend auf dem Chefsessel hinter dem eleganten Schreibtisch saß. Es war Serenity, deren Augen wild funkelten. „Was soll dieses Kopf-hängen-lassen?! Okay, mein Bruder steckt vermutlich in Untersuchungshaft und Katagiri ist eine wandelnde Ansammlung menschlicher Irrtümer und Dummheiten, aber das ist kein Grund, solche Trauermienen zu ziehen! Joey hat Kampfgeist, verdammt nochmal! Glaubt ihr wirklich, er würde sich jetzt schon geschlagen geben?! Selbst wenn Cardez es schaffen sollte, einen neuen Skandal heraufzubeschwören, heißt das noch lange nicht, dass er uns oder gar Joey erledigt hat! Wir werden alles in unserer Macht stehende tun, um die Anklage gegen ihn in Nichts aufzulösen und wir werden nicht zulassen, dass der Golden Butterfly wegen negativer Schlagzeilen und Gerüchte zusammenbricht! Wir sind Profis, oder nicht?! Die Show muss weitergehen!!" Alle starrten das Mädchen perplex an. Mit ihrem ungestümen Blick und den entschlossenen Worten erinnerte sie plötzlich auf so eklatante Weise an ihren großen Bruder, dass sich überraschtes Gemurmel erhob. Seto trat neben sie und legte seine Hand auf ihre Schulter. „Serenity hat recht, Yami. In vier Tagen, den heutigen mitgerechnet, ist die Premiere des neuen Musical-Stücks. Es gibt niemanden in unserem Team, der Joeys Rolle so perfekt verkörpern könnte wie er selbst. Eine Premiere ohne Joey, das gibt es nicht. Diese Sache duldet also keinen Aufschub! Wir müssen Cardez‘ Plan aufdecken und ihn ans Messer liefern, damit seine Intrigen endlich ein Ende haben! Im Ernst, wollen wir uns von diesem hinterhältigen Mistkerl einschüchtern lassen!? Ich habe keine Ahnung, mit welchen zwielichtigen Typen er zu tun hat, aber das spielt keine Rolle! Er will Krieg? Er kann ihn haben!!" Der HH lächelte freudlos. „Ich bin erstaunt, dass gerade du das sagst." „Ich verstehe nicht..." „Nein? Das mit der Premiere hätte keine Konsequenzen für Joey, sondern nur für den Golden Butterfly und genau dieser eigenwillige, egoistische Mikrokosmos ist es doch, der dich und Joey voneinander entfremdet hat, oder nicht? Er ist dein Nebenbuhler - und das ist nicht das erste Mal, dass eine seiner Beziehungen daran zu zerbrechen droht." Seto antwortete nicht sofort. „Ja, das ist wahr", erklärte er nach einem Moment des Schweigens, „aber auch mir bedeutet der Schmetterling weit mehr als ein gewöhnlicher Arbeitsplatz, was auf die meisten Angestellten zutreffen dürfte. Hier habe ich Freundschaften geschlossen, viele verschiedene Menschen unterschiedlichster Milieus kennen gelernt, neue Erfahrungen gesammelt... und mich verliebt. Und obwohl dieses Gefühl der Entfremdung da ist, glaube ich, dass Joey und ich diese Herausforderung meistern können, denn ich liebe ihn noch immer... und er liebt mich ebenso! Ich werde für ihn kämpfen - und für den Golden Butterfly!" Fünf endlose Minuten geschah gar nichts, keiner sprach oder schien auch nur zu atmen. Dann erhob sich Yami von seinem Platz, stemmte eine Hand in die Hüfte, strich sich lasziv durch sein farbiges Haar und würzte diese selbstbewusste Pose mit einem ungemein fiesen, triumphierenden Grinsen. „Gut. Packen wir‘s an!" Das Blitzlicht eines Fotoapparats leuchtete auf und Bakura betrachtete hingerissen das Bild in seiner Digitalkamera. „Was sollte denn das jetzt, Mr. Haarbleichmittel?" „Sorry, aber ich musste diese geile Pose unbedingt aufnehmen... du bist so heiß, wenn du den Macho raushängen lässt!" „CAIN!!!", hallte es im Chor. „Was ist!?" „Sie sind widerlich." Diese wenig schmeichelhafte Bemerkung stammte von Makoto Oji, der, gekleidet in einen silbergrauen Anzug, vor Roger Cardez im Restaurant des Golden Butterfly saß und lustlos an seinem Wein nippte. Roger schenkte ihm ein Lächeln, das den jungen Anwaltsgehilfen zutiefst erschreckte - es war völlig gefühllos. „Ich verstehe Ihre Beunruhigung nicht, Makoto-san. Joey ist verhaftet worden, also läuft alles nach Plan. Gozaburo Kaiba-san hat ebenfalls bekommen, was er wollte und wird mir daher den Gefallen gewähren, den ich als Gegenleistung erwartete und der Graf von Venedig ist seinem Ruf wieder einmal gerecht geworden. Und Sie können die Operation Ihrer Mutter bezahlen. Ist das nicht wundervoll?" „Nein. Raub, Erpressung, Betrug... das sind Ihre Methoden, Cardez, und Sie glauben wirklich, dass Sie einen Mann wie Joseph Wheeler einfach so vom Sockel stoßen können, der als Einziger in der Lage ist, diesen Schmelztiegel namens Golden Butterfly zusammenzuhalten und mit seiner Person zu beherrschen? Man fühlt sich als Gast wie auch als Angestellter ernstgenommen, geschätzt und gut aufgehoben. Ich bezweifle, dass Sie es schaffen würden, ein ähnliches Wohlbehagen bei Ihren Mitmenschen auszulösen! Sehen Sie es ein: Sie haben nicht das Zeug dazu!" „Sie sind reichlich biestig, seit Inspektor Katagiri den schönen Blondschopf abgeführt hat", ließ sich vom Eckplatz des Tisches, der im Schatten lag, die kultivierte, leise Stimme des „Earl of Venice" vernehmen. „Es ist amüsant, wenn ich mir vorstelle, dass dieser Dummkopf von Polizist verzweifelt nach einem Verdächtigen in meinem Fall gesucht hat und dann - mehr oder weniger unter meiner Nase - mit dem Falschen abzieht. Sind Sie nicht auch dieser Ansicht, Makoto-san? Das Leben steckt voller Ironie. Und was Sie betrifft, Roger-san... Sie sind außerordentlich dreist, dass Sie es wagen, hier aufzutauchen, während der Besitzer des Clubs aufgrund Ihres anonymen Hinweises verhaftet wird. Eigentlich haben Sie Hausverbot." „Deshalb trage ich ja diese Perücke. Was meinen Sie? Steht mir Schwarz?" „Nun, es kontrastiert mit Ihren grünen Augen mehr als reizvoll. Aber mit Ihrer roten Mähne gefallen Sie mir besser." „Wie charmant. Ich bin beinahe geschmeichelt. Aber um beim Thema zu bleiben... ich hoffe doch, dass Sie nicht vergessen haben, was heute noch zu erledigen ist, mein lieber Graf?" „Ich bin ein Profi, Roger-san. Und ich habe keine Hemmungen, wenn es darum geht, mir die Finger schmutzig zu machen. Es wird mir ein Vergnügen sein, unser gemeinsames Komplott zur Vollendung zu bringen. Dann sollten Sie Ihr Ziel erreicht haben und der süße Joey dürfte endgültig gebrochen sein. Ich bedaure das ein wenig, aber man muss nun mal Prioritäten setzen - wollen wir uns jetzt nicht vielleicht den Rest der Show unten in der Bar ansehen? Es ist ein Madonna-Abend. Was halten Sie davon, meine Herren?" „Nein danke." „Immer noch kurzangebunden, Makoto-san? Wie schade. Dabei haben Sie so ein hübsches Gesicht.", meinte der Graf in einem durchaus bewundernden Tonfall und hob das Kinn seines Sitznachbarn mit einer zarten Geste an, die auf viel Übung schließen ließ. Makoto schlug die Hand ärgerlich herunter. „Oho, das Kätzchen fängt an zu kratzen, ja? Nun, das spielt keine Rolle. Bis auf bald, Roger-san. Ich werde die Show noch eine Weile genießen, ehe ich den letzten Schritt angehe. Adieu!" Eine schlanke Gestalt in einem schwarzen Rüschenkleid stand auf und entfernte sich mit einem hüftschwenkenden Gang. Cardez blickte ihm begeistert nach. »Er ist wirklich ein hervorragender Schauspieler!« In der Bar wartete man indessen auf die Fortsetzung der Veranstaltung. Rex hatte seinen Wutausbruch mittlerweile überwunden und schlürfte schmollend einen „Sex on the beach" mit dem Strohhalm, während Weevil ein köstliches Stück der Spezial-Schmetterling-Eis-Karamell-Schokoladentorte verspeiste, ein sündiges Juwel der Dessertkarte. Aus den Augenwinkeln beobachtete er seinen Freund, der Bläschen in seinem Cocktail fabrizierte und auch sonst seine fröhliche Stimmung eingebüßt hatte. „Rex, Liebling?" „Was ist?" „Ich weiß, dass dich diese Sache mit Joey-san wütend macht, aber wir sind doch eigentlich hergekommen, um deine allererste Zwei in Physik zu feiern. Wollen wir uns den Spaß verderben lassen? Ich bin sicher, dass Joey-san das nicht gefallen würde." „Vermutlich nicht und ich verstehe, was du meinst, Weevil. Aber ich finde es einfach so verdammt scheiße, dass dieser tolle Kerl in so einen Mist hineingezogen wird! Wenn man sowas mit dir machen würde, ich würde total durchdrehen! Egal, ob es ein falscher Verdacht ist oder diese hirnerweichten Schlägertypen, die dich jedesmal blöd anquatschen oder bedrohen, weil sie mit deiner Intelligenz nicht konkurrieren können, es ändert nichts daran, dass jemand davon betroffen ist, den ich gernhabe! Klar, ich bin Joey oft auf die Nerven gegangen, aber trotzdem hat er mich wieder als Gast akzeptiert und auch zu dir ist er immer so nett. Glaubst du, wir könnten den Jungs irgendwie helfen, Joey aus dieser Misere rauszuholen?" „Hm. Keine Ahnung, was wir tun könnten, aber zumindest versuchen sollten wir es. Wir sind schließlich Stammkunden, oder?" Der Türkishaarige grinste. „Wir sollten ihnen auf jeden Fall unsere Unterstützung anbieten, damit sie wissen, dass sie auf uns zählen können." Rex blinzelte irritiert. „Eh... Moment mal, echt? Du willst das machen?" „Klar, wieso nicht?" In der nächsten Sekunde umarmte ein glückseliges Etwas den überraschten Professorensohn über den Tisch hinweg und drückte ihm einen Kuss auf den Mund. „Wo... wofür war das?" „Du bist ein Schatz, Weevil! Ich weiß schon, warum ich mich in dich verliebt habe!" „Oh... danke..." Plötzlich wurde das Licht gedämpft und das junge Paar unterbrach seine Unterhaltung. Der Vorhang öffnete sich und das kleine Orchester, das in der Bar Platz fand, spielte die nach dem Programm vorgesehene Melodie. Yami und Bakura erschienen auf der Bühne, Ersterer trug ein schwarzes Jägerkostüm, Letzterer ein langes weißes Gewand mit weiten Ärmeln, das großzügig seinen wohltrainierten Oberkörper aussparte und zusammen mit der langsamen Musik eine Art kühler Ästhetik heraufbeschwor. Das Bühnenbild im Hintergrund zeigte eine Winterlandschaft, künstlicher Schnee rieselte sanft von der Decke und verfing sich in schimmernden Haaren. Cain stellte den Schneeprinzen dar, der HH einen Jäger, der sich im Wald verirrt hatte. Er würde erfrieren, sollte es ihm nicht gelingen, das Herz des Schneeprinzen zu rühren. Er hob den Blick und starrte gebannt in die kalten Augen dieser Statue aus Eis. YAMI: „You only see what your eyes want to see. How can life be what you want it to be? You‘re frozen when your heart‘s not open." Der Prinz musterte den Sterblichen verächtlich und fragte sich, wie dieser einfältige, nutzlose Mensch, der als Jäger keinerlei Respekt vor der Natur hatte, es wagen konnte, so mit ihm zu sprechen. Arrogant wie gewöhnlich! Diese Kreaturen würden sich nie ändern! Insbesondere der hier, den er bereits unzählige Male aus seinem Wald gescheucht, ob seiner Unverschämtheit verflucht und zum Teufel gewünscht hatte! Warum kam er immer wieder zurück zu ihm? BAKURA: „You‘re so concerned with how much you get. You waste your time with hate and regret. You‘re broken when your heart‘s not open." Yami schüttelte den Kopf. Vielleicht war er einst so gewesen, einer der Menschen, denen nichts heilig war, aber seit er das erste Mal in die Augen dieses übernatürlich schönen Wesens geblickt hatte, hatte sich etwas in ihm gewandelt. Er hatte seine Frevel erkannt. Sollte er nun in der Eiseskälte sterben, der er früher so trotzig die Stirn geboten hatte, ohne zu ahnen, dass er in seinem selbstzufriedenen Hohn die Grenzen der Geisterwelt längst überschritten hatte und zum Eindringling geworden war? Er fühlte, wie der Schneeprinz seine Hände ergriff und ihn in einem gespenstischen Tanz zu führen begann, aus dem es lebend kein Entrinnen gab. YAMI: „Mmmm... If I could melt your heart! Mmmm... we‘d never be apart!" BAKURA: „Mmmm... Give yourself to me! Mmmm... You hold the key!" YAMI: „Now there‘s no point in placing the blame. And you should know I‘d suffer the same. If I lose you, my heart would be broken. Love is a bird, she needs to fly! Let all the hurt inside of you die! You‘re frozen when your heart‘s not open!" Der Schneeprinz reagierte nur mit einem schwer zu deutenden Lächeln und tanzte mit seinem Gefangenen einen Tanz, der in etwa an einen sehr langsamen Walzer erinnerte; dauerhaft gehaltene Posen, elegante und anmutige Bewegungen, die nicht von ungefähr vom Ballett beeinflusst waren oder die eine oder andere Paarfigur, die beide wie eine Einheit wirken ließ, verliehen dem Todesreigen des Prinzen einen melancholisch-traurigen Zauber. Als der Jäger, seinem Ende nahe, zu Boden sank (in einer wunderschönen ausdrucksstarken Geste mit zurückgebogenem Kopf), streckte er die Hand flehentlich nach dem Prinzen aus, der vor ihm aufragte, das Gesicht ruhig und ernst. YAMI: „Mmmm... If I could melt your heart! Mmmm... we‘d never be apart!" BAKURA: „Mmmm... Give yourself to me! Mmmm... You hold the key!" YAMI & BAKURA: „Mmmm... If I could melt your heart! Mmmm... we‘d never be apart! Mmmm... Give yourself to me! Mmmm... You hold the key!" YAMI: „If I could melt your heart." Die ausgestreckte Hand hatte sich in das weiße Gewand gekrallt, wie um noch Halt zu suchen, der ihr verwehrt wurde. Der Jäger starb im Schneesturm, zu Füßen des Prinzen, der sich nach einer Weile über den leblosen Körper beugte, die klare Stirn des Verstorbenen küsste und im Schneewirbel verschwand. Der Vorhang fiel. In der Bar war es nach dieser Darbietung eine geschlagene Minute unheimlich still. Weevil, völlig fasziniert, erwachte aus seinem seltsamen Dämmer und applaudierte begeistert. Das restliche Publikum schloss sich mit größtem Vergnügen an. „Fabelhaft", hauchte Rex und zerdrückte verstohlen eine Träne. „Allein die Idee, diesen Song so aufzuführen - genial! Ich wusste gar nicht, dass unsere beiden Kampfhähne auch so etwas Ästhetisches und Gefühlvolles drauf haben!" „Ja, nicht wahr? Man traut ihnen mehr die sexy Sachen zu, nicht das. Aber daran merkt man, dass sie Profis sind. Fantastisch!" In der Garderobe wurden die beiden Tänzer und Sänger von den anderen Mitgliedern der Show-Gruppe herzlich empfangen, besonders von Varon, der aus dem Staunen offensichtlich nicht herauskam. „Ich arbeite ja noch nicht so lange hier, deswegen hatte ich gewisse Bedenken, als Joey euch die Performance für dieses Lied übertrug. Aber ich sehe ein, dass ich mich getäuscht habe. Euer Repertoire umfasst mehr als die sexy Auftritte. Natürlich wusste ich, dass ihr schauspielern könnt, aber so? Ich bin echt beeindruckt." „Vielen Dank, Varon.", sagte der Bunthaarige geschmeichelt. „Tja, du siehst also, Joey weiß, was er tut. Er kennt die Fähigkeiten seiner Angestellten sehr genau. Er wird eine Aufgabe nie dem Falschen zuweisen. Und nun... lasst uns weitermachen! Da draußen wartet ein Publikum - und auch wenn Joey nicht bei uns ist, soll er keinen Grund zur Sorge haben!" Urplötzlich zerriss eine ohrenbetäubende Sirene die aufgeheiterte Atmosphäre. Der Schreck fuhr den Männern und Frauen wie ein Blitz in die Glieder, keiner schien zunächst zu begreifen, woher dieser schreckliche Lärm kam oder was er bezweckte, bis Seto sich voller Entsetzen darüber klar wurde. „Das ist der Feueralarm! Es brennt!!" Yami zeigte sich der Situation gewachsen. Der Nachtclub war für Notfälle dieser Art nicht nur mit einem Alarmsystem ausgestattet, das bei Aktivierung automatisch ein Warnsignal zur nächsten Feuerwache entsandte und im gesamten Gebäude als Sirene zu hören war, jedes Stockwerk, ob nun Bar, Restaurant, Casino oder Theater, besaß Fluchttüren, die über eine Treppe direkt ins Freie führten. Außerdem gab es noch den Sicherheitsdienst, der für die Evakuierung der Gäste verantwortlich war. Der HH und der Chef des Sicherheitsdienstes dirigierten von der Lobby aus mit Megaphon und der tatkräftigen Unterstützung von Kaiba, Bakura, Tristan und Duke die Masse der hinausströmenden Menschen, während die übrigen Security-Männer dasselbe in den höheren Stockwerken erledigten. Obwohl das gesamte Manöver mit wenigen Problemen und Verzögerungen vonstatten ging (was auch daran lag, dass der Brandherd, wo immer er war, noch niemanden in Gefahr gebracht hatte und sich die Panik daher eher zurückhielt), fragte sich Yami bestürzt, von wo aus der Alarm ausgelöst worden sein mochte. Als nach und nach die letzten Personen nach draußen eilten, erschütterte ein lautes, krachendes Geräusch den Club, das Seto an eine Explosion erinnerte. Yugi stolperte zu ihnen hinein und packte seinen älteren Bruder am Arm. Seine Augen schwammen in Tränen. „Nii-san, Nii-san!! Es ist furchtbar!! Du musst sofort kommen!!" Der Kleinere zerrte ihn hinter sich her und seine Freunde folgten ihm, ängstlich und befangen bei dem Gedanken, was sie erwarten würde. Als die Gruppe nach draußen trat, in der Hoffnung, das Feuer eventuell von der Straße aus entdecken zu können, traf sie ein Schock. Duke schlug sich die Hand vor den Mund und Tristan stöhnte entsetzt auf. Cain fluchte und umarmte Ryo, der sich an ihn gedrängt hatte und heulte. Yami ballte die Fäuste, sein Ototo klammerte sich an ihn wie ein Ertrinkender. Mokuba war zu Seto gelaufen, der einen Arm um ihn legte und gebannt nach oben starrte, ungläubig, fassungslos. Da die Proben für das neue Stück beendet waren und es kurz vor zehn Uhr war, hatte sich niemand im Theater aufgehalten - und das war ein Glück, denn dort, im zweiten Stock des Golden Butterfly, loderten, einem Inferno gleich, rotorange glühende Flammen in den Abendhimmel empor... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)