Die Kindheit eines Wolfs von Kazumi (Hogwarts 1971 - 1978) ================================================================================ Kapitel 9: 1.IX.Hogsmeade ------------------------- So, wer weiß. Ich glaube kaum, dass ich bis zum 24.Dezember oder bis zum 31.Dezember einen neuen Teil fertig bekommen. Daher wünsche ich euch allen ein fröhliches Fest und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Ich würde mich (sozusagen als Weihnachtsgeschenk) über ein paar Reviews/Kommentare freuen. Danke und Grüße an: Grauwolf, alanna-chan und Nara-chan. Eure Kazu PS: Ich werde versuchen die Bilder der Charakterebeschreibungen zu machen. Im Moment bin ich noch nicht wirklich dazu gekommen. Daher sind sie bis jetzt immer noch nur provisorisch. ~~~~~ 1.Akt: Kapitel IX: Hogsmeade ~~~~~ Noch immer verspürte Remus einen regelrechten Heißhunger. Die morgendliche Arbeit unten im Kerker hatte ihn anscheinend doch mehr von seinen Kräften abverlangt, als er selbst gedacht hatte. Als er sich ein weiteres Brötchen nehmen wollte, erweckte etwas anderes seine Aufmerksamkeit. Nicht weit von ihm entfernt stand eine Schüssel, welche mit einem rosaweiß gestreiftem Pudding gefüllt war. Er nahm sich eine Portion von eben diesem. "Ich hätte nicht gedacht, dass es den hier auch gibt", meinte er mit einem Lächeln auf den Lippen und begann sich erneut den Magen voll zu schlagen. Sirius, James, Peter und Davy betraten die Große Halle. Da der Haustisch der Gryffindors noch recht leer war, entdeckten sie Remus schon auf den ersten Blick. "Morgen Remus", begrüßten sie ihn munter. Er sah auf und lächelte. "Morgen." Die vier ließen sich bei ihm nieder. "Sag mal, was ist du da für'n Zeug?", fragte Sirius, als er sich ein Hörnchen nahm und er Remus' vermeintliches Frühstück sah. "Pwdin Mynwy", antwortete er und aß weiter. "Bitte was?" Auch die anderen konnten mit diesem Kauderwelsch nichts anfangen. Remus grinste sie über das ganze Gesicht hinweg an und konnte sich das Lachen nur schwer verkneifen. "Entschuldigt. Gewohnheit. Ich meinte natürlich Monmouth-Pudding." "Und wieso sagst du das nicht gleich?", fragte Sirius. "Hab ich doch." Noch immer schmunzelte der Braunhaarige sie an. "Eben nur nicht auf Englisch." "Und was war das dann?", bohrte nun James nach. "Naja, Monmouth-Pudding ist eine Spezialität aus Wales." "Dann kommst du aus Wales?" Remus nickte. "War das Walisisch?" Wieder ein Nicken. Sirius seufzte. "Ich hätte eher auf Liverpool getippt. Vom Dialekt her." "Naja, Liverpool ist ja auch nicht so weit weg", erwiderte Remus, der die ganze Sache noch immer zum Lachen fand. Als ob es so interessant wäre zu wissen, wo er wohnte. Früher oder später wären sie schon noch auf dieses Gesprächsthema gekommen. Nur hätte er nie gedacht, dass das über eines seiner Lieblingsgerichte geschehen würde. "Wo wohnst du denn genau?", fragte Sirius. "Swansea. Ist bei Cardiff in der Nähe. Aber bevor ihr mich hier noch ganz löchert würde es mich interessieren wo ihr herkommt." "London", antworteten die beiden Schwarzschöpfe synchron. "Southampton", gab Davy als Antwort und Peter sagte: "Birmingham." Bevor sie ihr Gespräch fortsetzen konnten, flatterten Scharen von Eulen durch die riesigen Fenster. Sie zogen einige Kreise, hielten nach ihren Empfängern Ausschau und überbrachten, nachdem sie diese entdeckt hatten, ihre Nachrichten. Remus sah sich um. Er war sich nicht sicher, ob er heute Post bekommen würde oder nicht. Die meisten Tiere hatten sich bereits wieder auf den Rückweg gemacht, als eine große braune Schleiereule sich ihren Weg zu dem jungen Lupin bahnte. Er streckte den Arm aus, um sie willkommen zu heißen. Sirius und James, die ihm gegenüber saßen, zogen gerade noch rechtzeitig ihre Köpfe ein, um nicht von den Schwingen des Tieres getroffen zu werden. Die Eule ließ eine Zeitung vor ihrem Besitzer auf den Tisch fallen, bevor sie sich auf dem angebotenen Arm niederließ. "Morgen Cassandra", begrüßte Remus sie freundlich und gab ihr zur Belohnung - da sie anscheinend einen recht anstrengenden Weg hinter sich hatte - etwas von seinem Frühstück ab, welches sie nicht abschlug. "Ist das etwas deine?", fragte Peter, der seinen Mund nicht mehr zubekam. "Ja. Schön, nicht?" "Wow! Die ist wirklich toll." "Was hat sie dir denn mitgebracht?", fragte James. Er wartete jedoch nicht auf die Antwort, sondern nahm sich bereits die Zeitung, die vor dem Brünetten gelandet war. Er las die Überschrift. "Du hast dir den Tagespropheten bestellt?" Der Ton des Sprösslings der Potters hatte nicht gerade sehr positiv geklungen. "Ja, hast du was dagegen?" "Nein, nein. Aber du liest dir das Ding doch nicht von vorn bis hinten durch oder etwa doch?" "Dafür sind Zeitungen doch da, oder? Dachte ich zumindest." James verdrehte genervt die Augen. "Schon klar, aber da steht eh nichts gescheites drin." "Da bin ich mir nicht so sicher", meinte Sirius, der sich einen Einblick in den Propheten verschafft hatte. "Da steht was über Halloween." James suchte nach der Anzeige, die Sirius gesehen hatte und fand sie auch prompt. "Die neusten Trends zu Halloween", las er laut vor. "Tse. Und so was Anfang September. Halloween ist erst in über einem Monat." "Tja, sie wollen halt sicher gehen, dass es niemand vergisst. Immerhin gibt es auch Leute, die recht vergesslich sind und denen man Dinge hundert mal sagen muss, bevor sie es sich endlich gemerkt haben." "Sag mal, Sirius", James sah seinen Freund drohend an, "willst du mir damit etwas Bestimmtes sagen?" Der Angesprochene grinste über das gesamte Gesicht. "Klar, sonst hätte ich es ja wohl kaum gesagt." James stürzte sich regelrecht auf seinen Nachbarmann. "Sirius Black! Du bist der größte Arsch in ganz Hogwarts! Na warte! Ich bring dich um!" James drückte Sirius auf die Bank. Sie lagen aufeinander. Der junge Black hielt die Fäuste seines Angreifers fest und lachte noch immer. Auch die anderen drei konnten einfach nicht anders, als zu schmunzeln. Solche kleinen freundschaftlichen Raufereien am Morgen machten den Tag schon viel interessanter. "He, Jungs. Beruhigt euch wieder", meinte Remus, der endlich aufgegessen hatte und den zwei Streithähnen mehrere Minuten bei diesem vermeintlichen Kampf zugesehen hatte. Lachend setzten sich die zwei Gryffindors wieder auf. Ihre Köpfen waren rot, war ihnen das Blut in der Liegeposition zu Kopf gestiegen. James schnappte sich erneut den Tagespropheten und las sich den Artikel über Halloween durch. "He Leute. Wisst ihr, welche Kostüme dieses Jahr laut Umfrage in sind?" "Spuck's schon aus. Du sagst es uns ja sowieso gleich", erwiderte Sirius desinteressiert. "Bingo, Siri. Wie kommst du nur immer drauf? - Hier steht, dass Vampire und Werwölfe an der Spitze stehen. Dicht gefolgt von Kopflosen Rittern und anderem untoten Gesocks." Remus musste bei dem Klang des Wortes Werwölfe unweigerlich schlucken. "He, dann weiß ich, was du dieses Jahr machen kannst", warf Sirius ein und sah zu James. "Vampir. Ist doch klar." "Quatsch! Viel besser. Viel abschreckender. Unmenschlicher." "Spinnst du?! Ich mach doch nicht Snape." "Wer redet denn hier bitteschön von ihm? Ich meinte dich! Du brauchst dich überhaupt nicht zu verkleiden." Für einige Minuten herrschte vollkommene Stille. Langsam wandte sich James an den anderen Schwarzhaarigen. Seine Augenbraue zuckte nervös. Ein deutliches Anzeichen dafür, dass er nicht mehr weit von einem Wutausbruch entfernt war. "Geht's dir nicht gut?", fragte Sirius mit Unschuldsmiene. "Mit deiner Augenbraue stimmt was nicht. Die zuckt so komisch." "SIRIUUUUUUUUUUS!!!" Doch bevor sich James erneut auf den jungen Black stürzen konnte, erhob Dumbledore seine Stimme. "Guten Morgen, meine Lieben. Ich möchte euch nicht allzu lang vom Essen abhalten. Nichts desto trotz muss ich euch von einer Kleinigkeit in Kenntnis setzen." Die Schüler wandten sich zum Lehrertisch. In der Großen Halle war schlagartig Ruhe eingekehrt. "Gestern Nacht", fuhr der Direktor fort, "hat sich unser lieber Peeves sich einen Scherz erlaubt. Das gesamte Stockwerk steht unter Wasser. Aufgrund dieses kleinen Scherzes wird es dieses Jahr nicht möglich sein die Räumlichkeiten für Verteidigung gegen die Dunklen Künste zu verwenden, da die Behebung der Schäden ein wenig länger dauern dürfte. Professor Redwing wird ihren Unterricht in den Kerkerräumen abhalten." Er ließ seinen Blick über seine Schützlinge schweifen, um zu sehen, ob ihm jeder zugehört hatte. Dann lächelte er. "Danke für die Aufmerksamkeit. Ich wünsche euch noch einen guten Appetit." Damit nahm er wieder Platz. "Noch mehr Unterricht im Kerker", stöhnte Sirius. "Das da unten ist ein einziger Eisbunker." "Wem sagst du das?", seufzte James, der anscheinend die kleinen Sticheleien schon wieder vergessen hatte." Remus warf einen Blick auf die Uhr. Es war kurz nach halb Neun. In knapp dreißig Minuten begann der Unterricht. Er schlug den anderen vor, dass sie ihre Sachen holen sollten. Auf die Frage hin, ob er mit ihnen nach oben kommen würde, verneinte er, wollte er den Tagespropheten noch ein wenig studieren. Außerdem hatte er seine Unterrichtsmaterialien ja bereits im Klassenzimmer für Zaubertränke. Kurz vor neun Uhr holten James und die anderen Remus aus der Großen Halle ab und machten sich auf den Weg. Auf dem Gang des Kerkers warteten bereits die restlichen Gryffindors und die Schüler aus dem Hause Slytherin. Punkt Neun ließ Professor Novis sie ein. Remus nahm in der letzten Reihe Platz, wo er seine Schultasche abgestellt hatte. Sirius und James ließen sich vor ihm nieder, Davy und Peter an der Bank neben ihm. Der Brünette saß allein. Er sah sich um. Eigentlich waren sie eine gerade Anzahl von Schülern. Musste dann nicht noch jemand übrig sein? Er entdeckte den vermeintlichen Übeltäter. Er saß in der ersten Reihe. Allein - wie Remus. "Severus", murmelte er leise. Für einen kurzen Augenblick trafen sich ihre Blicke, doch der Schwarzhaarige wandte sich fast sofort wieder um. Remus hatte diesen Blick verstanden. Er bedeutete soviel wie, dass Severus lieber allein arbeitete, als mit irgend einem Gryffindor, irgendeinem Halb-Blut - nein mit Remus zusammenarbeitete. Die Stunde begann. Novis schritt zu seinem Tisch und nahm Platz. Sein Blick ging durch die Klasse und verweilte kurzzeitig auf dem jungen Lupin bevor er weiterschweifte. Er erhob seine Stimme. "Heute scheint ihr es endlich geschafft zu haben vollzählig zu erscheinen." Sein Ton war kalt, abweisend und rau wie immer. "Da ihr es - bis auf eine Ausnahme", er sah zu Severus, "letzte Stunde nicht geschafft habt einen einfachen Schwellungstrank herzustellen, werdet ihr euch heute an etwas einem einfacheren, weniger anspruchsvollen Trank versuchen. Ihr werdet einen einfachen Trank zur Heilung von Furunkeln herstellen. Wenn ihr nicht völlige Nieten in diesem Fach seit, dann dürftet ihr ihn ohne weitere Probleme brauen können. Das ist wirklich unterstes Niveau. - Mr. Pettigrew." Peter zuckte beim Klang seines Namens unweigerlich zusammen. "Ich hoffe Sie werden es heute schaffen uns nicht alle durch ihre misslungenen Ergebnisse auszuräuchern." Die Slytherins kicherten hinter hervor gehaltenen Händen. Peter lief rot an und man konnte regelrecht sehen, wie er in seinem Stuhl langsam vor Scham zusammenschrumpfte. Sicherlich wünschte er sich in diesem Moment an das andere Ende der Welt. "Sie werden in Paaren zusammenarbeiten", fuhr Novis fort und sah sich um. Abwechselnd sah er zu Remus und dann wieder zu Severus. Schließlich blieb er jedoch bei Remus. "Mr. Lupin." "Ja, Sir?" "Haben Sie bereits Erfahrungen auf dem Gebiet der Zaubertränke?" "Nein, Herr Professor." "Dann werden Sie mit Mr. Snape zusammenarbeiten. Ich möchte nicht das Risiko eingehen, dass Sie mir den Unterrichtsraum verunstalten." "Ja, Herr Professor." "Und Sie, Mr. Snape?" "Ich habe verstanden", erwiderte dieser kurz angebunden. Remus begann seine Sachen zusammen zu packen, um zu Severus in die erste Reihe sozusagen umzuziehen. "Du tust mir leid", flüstere Sirius. "Wenn er dir blöd kommt, dann sag es uns und wir knöpfen ihn uns nach der Stunde vor." "Ich mach das schon. Übertreib mal nicht", gab der Braunschopf mit einem schiefen Lächeln zurück. "Bis später." "Mr. Lupin, wir warten." Der Angesprochene fuhr herum. "Ja! Verzeihung." Remus lief nach vorn, legte seine Sachen ab und setzte sich neben den Schwarzhaarigen. Novis fuhr derweil damit fort die Zutaten aufzuzählen. Ein Stück Kreide notierte alles an der Tafel und die Schüler schrieben es sich auf ihre Pergamente. "He, Severus", begrüßte Remus ihn. "Sei still und schreib mit", gab dieser grimmig zurück. "Was soll denn das heißen? Was hab ich dir getan?" "Du bist ein Halb-Blut. Das allein reicht schon. Zu allem Überfluss bist du auch noch ein Gryffindor. Meine Intention mit dir zu reden tendiert folglich gegen Null." "Was?" Remus verschlug es regelrecht die Sprache. Hatte er richtig gehört? Hatte Severus das gerade wirklich gesagt? Der gleiche Severus, den er im Zug kennen gelernt hatte? "Aber Seve-" "Für dich Snape, klar?", zischte dieser und durchbohrte den Gryffindor dabei mit seinen eiskalten perlengleichen Augen. "Wenn es nicht um den Trank geht, den wir zusammen herstellen sollen, dann tu mir einen Gefallen und sei gefälligst ruhig." Remus hatte seinen Mund bereits zu einer Antwort geöffnet, besann sich jedoch eines besseren. Im Moment war es wirklich nicht der richtige Zeitpunkt Severus zur Rede zu stellen. Es würde mehr Zeit brauchen, als sie hier hatten. Zudem gab es hier zu viele Zuhörer. Der Dunkelhaarige würde sich also kaum zu einer Debatte mit ihm hinreißen lassen. Er würde weiterhin seine kalte, gefühlslose Maske aufbehalten und sie keine Blöße geben. Remus blieb also nichts anderes übrig, als einen weiteren günstigen, unbeobachteten Moment abzuwarten. Zu Beginn der zweiten Unterrichtsstunde hatten die Schüler ihre Tränke vollendet und auf dem Lehrertisch abgegeben. Laut Professor Novis hätten die Tränke eine smaragdgrüne Farbe annehmen sollen. Bei den meisten Schülern war es jedoch ein giftgrün geworden. Zwar hatte Peter diesmal den Raum unversehrt gelassen, dafür hatte sein Gebräu sich ziegelrot gefärbt. "Peter, ich glaube du hast dich da ein wenig vertan", meinte James, als er Sirius' und seine Arbeit nach vorn trug. "Meinst du? Denkst du die Farbe ist so ausschlaggebend?", fragte der etwas pummeligere Junge unsicher. "Naja, ich denke schon. Sonst hätte Novis es doch kaum erwähnt..." Sie kamen vorn am Lehrertisch an. Remus trug zwei Proben von sich und Severus. "Und? Wie lief es bei dir?", fragte James neugierig. "Hat er dich sehr runter geputzt?" "Nein, hat er nicht", gab er kopfschüttelnd zurück. "Wir hatten so was wie ein Einvernehmen. Wir haben uns nur auf das Nötigste an Wörtern beschränkt." James schmunzelte: "Muss ja aufregend gewesen sein. Und euer Trank?" Remus hielt die Flaschen hoch. Die Flüssigkeiten waren smaragdgrün und kristallklar. James stieß einen Pfiff aus. "Nicht schlecht. Perfekte Arbeit würde ich sagen. War bei Snape aber nicht anders zu erwarten." Remus grinste belustigt. War James etwa neidisch? Er schüttelte den Kopf. Ach, Quatsch. Das bildete er sich ein. Die drei Jungs stellten ihre Proben zu den anderen auf dem Lehrertisch und nahmen wieder Platz. Novis begutachtete die Probe und nahm zielsicher eines der Fläschchen zur Hand. "Ich brauche den Namen noch nicht einmal zu lesen, um zu erraten, wer von ihnen dieses Ziegelrot zu verantworten hat. Oder Mr. Pettigrew?" Dieser zog augenblicklich den Kopf ein. Wie schon zu Beginn der ersten Stunde lachten die Slytherin-Schüler über seine Reaktion. Lediglich Severus beteiligte sich nicht daran. Vielmehr schien ihn die noch immer währende Gesellschaft Remus' zu missfallen. In der zweiten Stunde behandelten sie das Thema Tränke für Verwandlungen. Zwar hörte Remus zu - es war ein interessantes Thema - und machte sich Notizen, doch aus irgend einem Grund langweilte er sich. Er hoffte sich inständig, dass die Stunde bald vorbei war und er endlich hier raus kam. Doch waren lag das? Er sah seinen Banknachbarn - der ebenfalls fleißig mitschrieb - von der Seite an. Ob es an Severus' Art lag, wie er Remus entgegentrat? Ob sich der Brünette deshalb nicht auf den Unterricht konzentrieren konnte? Remus verdrängte den Gedanken, wollte er nicht schon wieder darüber nachdenken. Er ließ seinen Blick durch den Raum schweifen und hielt am Regal hinter dem Lehrertisch inne. Dort befand sich eine größere Lücke zwischen den Gläsern. Er war sich sicher, dass sie heute morgen noch nicht da gewesen war. Er grübelte einige Zeit, was dort gestanden haben könnte. Nach einigen krampfhaften Überlegungen fiel es ihm wieder ein. Genau dort hatte das Gefäß mit dem seltsamen flatterndem Etwas gestanden. Ein kleiner, kugelförmiger, goldener Vogel. Doch wo war er jetzt? Wo hatte Novis ihn hingebracht? Hastig nahm Remus seine Schreibfeder zur Hand und tunkte sie in sein Tintenfass als der Professor an ihm vorbei schritt. Der junge Gryffindor sah ihm aus den Augenwinkeln hinterher. Was hatte er nur mit dem Tier gemacht? Warum stand es nicht mehr da? Am Ende der Doppelstunde gab Novis den Schülern die Hausaufgabe verschiedene Verwandlungs- und Tranformationstränke auszuarbeiten. Remus und Severus packten gemächlich ihre Sachen zusammen. Die anderen Schüler waren bereits gegangen. Severus machte sich noch vor Remus auf den Weg nach draußen, wurde jedoch in der Tür von Lily abgefangen. Diese lächelte. "Hallo Severus. Ich wollte-" "Lass mich zufrieden, Evans!", fuhr er sie - ohne sie aussprechen zu lassen - an. Er ging an ihre vorbei und verschwand um die nächste Ecke. Die Rothaarige stand schockiert in der Tür und starrte ihm hinterher. Remus wollte gerade zu ihr gehen und mit ihr reden, als Novis ihn zurück rief. "Denken Sie an heute Nachmittag. Ich erwarte, dass Sie halb fünf hier sind. Haben Sie verstanden?" "Ja, Herr Professor." "Dann gehen Sie." Remus kam dieser Aufforderung nur zu gern nach. Er schnappte sich seine Tasche und trat nach draußen. Dort standen Sirius und ei anderen drei Erstklässler. "Da bist du ja endlich. Wieso hat das so lange gedauert?" "Tut mir leid", entschuldigte er sich mit einem Lächeln auf den Lippen. "Wir müssen uns beeilen", ermahnte Davy sie. "Sonst macht uns Professor McGonagall die Hölle heiß." Die Verwandlungsstunde verlief recht ruhig. Professor McGonagall teilte die Aufzeichnungen der letzten Stunde (siehe Kapitel 4) aus. Sie lobte die Ausarbeitungen Andromedas, Lilys und Remus' und meinte sie hätten damit die volle Punktzahl erreicht. Normalerweise hätte er sich natürlich sehr darüber gefreut, doch aufgrund des vorgefallenen Streits zwischen Lily und ihm, wollte sich eben dieses Gefühl nicht bei ihm einstellen. Andromeda - die Vermittlerin zwischen den beiden - nahm den Aufsatz an. Sie warf Remus einen entschuldigenden Blick zu. Dieser lächelte, wenn auch ein wenig niedergeschlagen. Nach der Mittagspause von zwei Stunden, in der die Schüler der vier Häuser einen Teil ihrer Hausaufgaben erledigten, hatten die Erstklässler Gryffindors gemeinsam mit den Ravenclaws eine Stunde Geschichte der Zauberei mit Professor Binns. Er war ein alter und gebrechlich wirkender Zauberer. Remus fragte sich, wie lange er noch auf dieser Erde weilen würde. Diese letzte Stunde schien eine Ewigkeit zu dauern. Der Professor leierte die Jahreszahlen und damit verbundenen Namen und Handlungen herunter, sodass sie sie kaum mitkamen. Der junge Lupin fragte sich, ob der Professor zwischendurch auch einmal auf den Gedanken kam Luft zu holen. Nach dieser verwirrenden Stunde war Remus genau so schlau wie vorher. Dafür war sein Papier von oben bis unten beschrieben. Überall, ob nun am Rand oder zwischen die Zeilen gequetscht, standen kleine Ergänzungen und Vermerke. Remus nahm sich vor das ganze mit Hilfe des Lehrbuches ein wenig übersichtlicher und verständlicher zu gestalten. Es war kurz nach sieben Uhr. Die Schüler hatten sich zum Abendessen in der Großen Halle versammelt. Die verzauberte Decke, welche den derzeit herrschenden Himmel wieder spiegelte, war pechschwarz. Der Regen prasselte auf das Schloss hernieder. Sirius und James unterhielten sich währenddessen wie immer sehr angeregt. Peter hatte es bereits aufgegeben ihnen zuzuhören, verlor er doch immer wieder den Faden. Gelangweilt ließ er seinen Blick am Lehrertisch entlang gleiten. Professor McGonagall war in ein Gespräch mit Professor Dumbledore vertieft. Flitwick und Sprout schienen ebenfalls über etwas zu diskutieren. Novis unterhielt sich mit Redwing. Wenn man das so nennen konnte. Immerhin war er es, der die ganze Zeit sprachen. Peter runzelte die Stirn. "He, Jungs", setzte er an. Sirius und James sahen ihn fragend an, waren das seine ersten Worte an diesem Abend gewesen. Davy schien es nicht zu interessieren, sprach er gerade mit zwei weiblichen Gryffindors. "Was ist?", fragte James wenig neugierig. Peter deutete auf den Lehrertisch - auf Novis. "Wieso ist der schon wieder da? Wo hat er Remus gelassen?" Das war eine gute Frage. Sirius sah sich um. Nirgends eine Spur von dem Braunschopf. "Vielleicht lässt er ihn noch immer schuften", meinte James, der wie sein Banknachbar seinen Blick durch den Saal schweifen ließ. In diesem Moment öffneten sich die großen Flügeltüren. Einige Schüler sahen auf und begannen hinter vorgehaltener Hand zu kichern. Lediglich die Slytherins verbargen ihre Belustigung nicht. "He, Fiffy. Siehst ja aus wie ein begossener Pudel. Bist du vom Regen in die Traufe gekommen?", rief Malfoy und das Gelächter an seinem Tisch schwoll an. Remus warf dem Siebzehnjährigen einen vernichtenden Blick zu, erwiderte jedoch nichts, ging stattdessen weiter. Nun hatte er auch Sirius' und James' Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Doch sie waren einige der Wenigen, die sich nicht über seine Erscheinung lustig machten. Sirius rutschte ein Stück zur Seite, sodass der Jüngere Platz nehmen konnte. "Was ist denn mit dir passiert?", fragte er besorgt und musterte den Neuankömmling. "Du bist ja klatschnass." Seufzend ließ sich Remus neben dem Schwarzhaarigen nieder, wobei er seinen regennassen Mantel auszog. Die Kleidung darunter war ebenfalls mit Wasser durchtränkt. Seine braunen Haare klebten in seinem Gesicht. Große Wassertropfen lösten sich von den Spitzen und flossen über seine gerötete Nase und Wangen. Mit dem Ärmel wischte er sich das Wasser aus dem Gesicht. "Ich war draußen", gab er als Antwort, während er sich die Hände rieb, welche eiskalt und bereits blau angelaufen waren. "Draußen?", wiederholte James ungläubig, der sich auf den Tisch stützte, um vorbei an Sirius zu Remus sehen zu können. "Heißt das, dass dich Novis bei dem Sauwetter wirklich rausgeschickt hat?" "Ja", erwiderte Remus mit einem schwachen Nicken. "Ich sollte am See neue Kräuter sammeln gehen." "Bastard", zischte Sirius und warf dem Lehrer für Zaubetränke, über die Köpfe der Schüler hinweg, einen erbosten Blick zu. In Gedanken hetzte er ihm bereits die schlimmsten Flüche, die ihm einfielen, auf den Hals, als er etwas Zitterndes an sich spürte. Er sah zu Remus. Dieser hatte seine Arme um sich geschlungen und schlotterte am ganzen Leib. Sein Gesicht war kreidebleich. "Remus, du siehst gar nicht gut aus. Soll ich dich zu Madame Pomfrey bringen?" Der Brünette schüttelte den Kopf. "Geht schon. Mir ist nur etwas kalt", brachte er zwischen klappernden Zähnen hervor. Sirius sah ihn skeptisch an. Er nahm eine von Remus Händen. Ein kalter Schauer durchlief ihn. "Von wegen geht schon. Du bist ein einziger Eisblock", bluffte er ihn an. "Du musst aus den nassen Sachen raus!" Er stand auf, schnappte sich Remus' Mantel und zog den Braunhaarigen - seine Hand immer noch nicht loslassend - hinter sich her. Selbst seine Proteste ignorierte er gekonnt. Das Porträt der fetten Dame schwang zur Seite und die beiden Erstklässler betraten den Gemeinschaftsraum der Gryffindors. "Jetzt lass mich schon los!", rief Remus verzweifelt und versuchte sich vergeblich aus Sirius' Handgriff zu winden, während er die Treppe zu den Schlafsälen nach oben gezogen wurde. "Stell dich nicht so an", erwiderte der Schwarzhaarige gereizt. "Du tust ja so, als würde ich dich zur Schlachtbank führen." Sirius stieß die Tür zu ihrem Schlafsaal auf, verweilte jedoch nicht lang darin. Er durchschritt ihn und ging mit dem Jüngeren in das angrenzende Badezimmer. "Was soll das werden?!", fragte der Brünette und klang dabei ziemlich nervös. "Du kriegst eine heiße Dusche." "Was?!" Remus Augen weiteten sich. Das war nicht Sirius' Ernst. Oder etwa doch? Nun stemmte er sich regelrecht gegen den Größeren. "Ich brauch keine Dusche. Mir geht's gut. Wirklich!" "Jetzt hab dich nicht so. Du bist ja noch schlimmer als ein Mädchen!" Sirius drehte das heiße Wasser an. Remus hielt er noch immer fest. Dessen Gegenwehr beeindruckte ihn keinesfalls. Mit einem gezielten Griff packte dessen Pullover, zog ihm diesen über den Kopf und entblößte so seinen Oberkörper. "Siehst du Remus. Was ist denn schon da-..." Fassungslos starrte er die Brust des Jüngeren an. Er fasste den jungen Lupin an der Schulter, drehte ihn herum und musterte dessen Rücken. "Aber... Remus, wieso..." Der Braunhaarige entzog sich dem Griff und schnappte sich sein Oberteil aus den Händen des Älteren. Er wich einige Schritte vor ihm zurück und presste den Pullover an seine Brust, um dem Anderen die Sicht auf die Verletzungen zu verwehren. "Wieso-? Woher hast du die ganzen Narben? Wer hat dir das angetan? Wer hat dich so zugerichtet?", fragte Sirius und schien vollkommen verwirrt und entsetzt zu sein, hatte er nicht damit gerechnet. "Das geht dich nichts an!", rief Remus außer sich. "Ich hab doch gesagt, dass du mich in Ruhe lassen sollst!" Für einen Moment trat Schweigen ein. Sirius musste das alles erst einmal verarbeiten, um überhaupt einen klaren Gedanken fassen zu können. "Remus, ich... Ich konnte doch nicht wissen, dass du deswegen so einen Aufstand gemacht hast. Es tut mir leid. Wirklich. Aber wieso hast du nichts gesagt?" "Wieso ich nichts gesagt habe?!", schrie der Brünette den Schwarzhaarigen, der heftig zusammenzuckte, außer sich an. "Weil ich nicht will, dass jemand davon erfährt!" "Und wieso nicht?" "Wieso? Na weil..." Remus bis sich auf die Unterlippe. Beinahe wäre es ihm herausgerutscht. Nein, er konnte Sirius unmöglich erzählen, woher die Narben stammten. Er senkte den Blick. "Es ist mir peinlich", murmelte er kaum hörbar, doch Sirius konnte es klar und deutlich verstehen. "Peinlich? Wieso?" "Ein zerschrammter Körper ist nicht sehr ansehnlich. Ich will nicht, dass jemand mich so sieht, weil ich mir die peinlichen Blicke und Fragen sparen will. Solche Blicke, wie die, mit denen du mich gerade bedacht hast! Solche Fragen, wie die, die du mir gerade gestellt hast!" Remus Augen waren voller Wut und Zorn, aber auch mit Angst und Unsicherheit gefüllt. Was war, wenn Sirius eins und eins zusammenzählen konnte? Was war, wenn er wusste, dass an dem Tag, als Remus krank wurde, Vollmond war? Nun, nachdem er die Narben gesehen hatte, war es nicht sehr schwer sich alles zusammenzureimen. Seine Furcht begann von einen Augen auf seinen gesamten Körper überzugehen. Er begann zu zittern. "Remus..." Der Junge machte einen kläglichen Eindruck. Er wirkte verschreckt und eingeschüchtert. Als Sirius sich ihm näherte, wich er zurück, bis er gegen die geflieste Wand stieß. "Nein! Lass mich!" "Remus. Es tut mir leid." Nun stand er vor ihm. Die Beine des Braunhaarigen wurden weich wie wachs und er sank zu Boden. "Lass mich in Ruhe..." Der Schwarzschopf kniete sich vor ihn und legte ihm behutsam die Hände auf die Schulter. Mit sanfter Stimme sprach er zu ihm: "Bitte verzeih, Remus. Ich wollte das wirklich nicht. Tut mir leid, dass ich dir die ganzen Fragen an den Kopf geworfen habe. Ich wollte dir nicht weh tun oder dich in irgendeiner Art bedrängen oder dir zu nahe treten. Das lag nicht in meiner Absicht. Ich... Ich werde auch nicht mehr davon sprechen, wenn du dich deswegen unwohl fühlst. Versprochen. Aber bitte verzeih mir." Er hatte den Jüngeren in die Arme geschlossen und an sich gezogen. Remus war zu verwirrt und verstört, als das er Sirius' Worte oder Taten gleich begriff, doch allmählich begann er zu verstehen. Leises Schluchzen erfüllte den Raum, als er sich an Sirius klammerte und seinen Kopf in dessen Umarmung vergrub. "Alles in Ordnung", flüsterte Sirius, während er Remus tröstend durch das Haar strich. "Alles gut." Der weitere Abend verlief recht ruhig. Nachdem Sirius Remus zum Duschen und Kleiderwechsel überredet hatte, waren auch James und die anderen in den Gryffindorturm zurückgekehrt. Die beiden Erstklässler waren zu einer stillen Übereinkunft gekommen, dass sie kein Wort über den Vorfall verloren und sich wie gewöhnlich gaben. Sirius lag an diesem Abend noch lange wach. Eine Frage brannte ihm regelrecht auf der Zunge. Woher hatte Remus diese Verletzungen? Hatte er sie sich selbst zugefügt? Oder hatte jemand anderes ihn so zugerichtet? Zwar konnte er das Schweigen des Anderen verstehen, doch wieso behielt er es für sich? Sicherlich war das ganze mit einer Seelenqual, die auf dem jungen Lupin lastete verbunden, doch wenn er mit Sirius darüber sprach, konnte es vielleicht besser - erträglicher werden. Wieso hatte Remus solche Angst davor, dass die anderen davon erfuhren? Wieso hatte er Angst sich den anderen anzuvertrauen? Der Dunkelhaarige seufzte schwer. Das war nicht nur eine einzige schwierige Frage. Es war ein ganzer Fragenkomplex, den es zu ergründen galt. Er warf einen Blick zu dem Brünetten. Dieser schlief, wie auch die anderen Jungs des Schlafsaals, bereits tief und fest. ,Auch wenn du es mir nicht sagen willst', dachte er bei sich, ,Ich bekomme heraus, was mit dir los ist und dann helfe ich dir. Ob du meine Hilfe willst oder nicht.' Die Woche kroch schleppend voran. Es schien, als würde sie kein Ende nehmen, doch schon fast wider Erwarten, kehrte der Samstag ein. Es war kurz nach zehn Uhr, als Remus an die Tür des Unterrichtsraumes für Zaubertränke anklopfte und nach einem ruppigen "Herein!" eintrat. Er wunderte sich noch immer, dass er erst jetzt hier erscheinen sollte. Nicht, dass es ihn sonderlich störte, doch war es schon sehr verwunderlich, als der Professor ihm am gestrigen Tag mitgeteilt hatte, erst später zu kommen. "Sie sind fünf Minuten zu spät, Mr. Lupin." "Entschuldigen Sie vielmals, Herr Professor. Ich wurde aufgehalten." "Wieder auf Knarlsuche gewesen?", entgegnete der Lehrer ein wenig bissig, während er sich seinen Mantel überwarf. "Ähm, nein." Novis suchte einige Dinge zusammen, die er einsteckte, während Remus nur verwirrt dastand und sich fragte, was der Professor vorhatte. Bis jetzt hatte er ihm noch keine Aufgabe für diesen Tag gegeben. "Herr Professor?", fragte der Brünette vorsichtig. "Ja, was ist?" "Was soll ich heute machen? Wieder Kessel putzen?" "Nein" lautete die knappe Antwort. "Und - äh - was dann?" "Sie werden mich nach Hogsmeade begleiten." "Nach Hogs-" Remus sah die Lehrkraft verwundert an. "Aber Sir, soviel ich weiß dürfen Erst- und Zweitklässler-" "-nicht nach Hogsmeade", ergänzte Novis. "Ich weiß. Aber Sie werden mir bei einigen Besorgungen helfen." "Besorgungen?" "Ja! Und jetzt kommen Sie. Ich will keine Zeit vergeuden." Remus folgte ihm recht widerwillig. Einerseits freute es ihn, Hogsmeade - eine der wenigen Städte, in denen nur Zauberer und Hexen und keine Muggel wohnten - kennen zu lernen und nicht erst ganze drei Jahre warten zu müssen. Andererseits stimmte es ihn nicht gerade sehr froh, wenn er daran dachte Novis' so genannten Bestellungen - er wollte sich nicht vorstellen, was darunter zu verstehen war - bis ins Schloss zurück zu tragen. Im Moment war er erleichtert darüber, seinen Mantel mitgenommen zu haben, würde er ihn jetzt auf dem Weg vom Schloss hinunter in die Stadt gut gebrauchen können. Als sie die Eingangshalle erreichten, musste Remus eine unliebsame Entdeckung machen. Wie es schien, war heute ein Hogsmeade-Wochenende, an dem die Dritt- bis Siebtklässler und die Lehrer in eben diese Stadt gingen. Und um welchen Schüler hatten sich Scharen von Schülern - nein, Scharen von Slytherins gesammelt? "Malfoy", murmelte der Brünette leise und warf diesem finstere Blicke zu. In dieser Sekunde sah der Platinblonde auf und ihre Blicke trafen sich. Lucius setzte bereits zu einer spitzen Bemerkung an, unterließ es jedoch, da Remus in Begleitung Novis' war. Er grinste hämisch. ,Kann ja noch heiter werden', dachte der Erstklässler niedergeschlagen, während er Novis folgte. Am Eichenportal wurde er vom Hausmeister - Filch sein Name - aufgehalten. "Nicht so schnell. Wo willst du hin?", giftete er ihn an. "Ich? Äh - nach Hogsmeade..." "Glaubst auch nur du. Erstens bist du noch kein Drittklässler und zweitens hast du keine Erlaubnis." "Ja, aber ich-" "Kein aber. Du verschwindest auf der Stelle oder-" "Lupin, wo bleiben Sie?!" Novis, welcher schon vorausgegangen war, kehrte zurück und sah ein wenig zerknirscht von Remus zu Filch. "Er ist mit Ihnen unterwegs, Professor?", fragte Argus sichtlich verwirrt. "Das ist er. Würden Sie uns entschuldigen? - Lupin!" Er sah seinen Zögling auffordernd an und wandte sich wieder zum Gehen um. Bevor der Braunschopf hinterher eilte, streifte sein Blick den Filchs - dieser funkelte ihn grimmig an. Der Junge schluckte hart und trat dann ins Freie. Der Lehrherr der Zaubertränke hatte einen Großteil der Treppe bereits hinter sich gebracht. Mit raschen Schritten lief er die Stufen hinab. Sie hatten das Eingangsportal vor kaum fünf Minuten durchquert und hatten nun bereits das Schlossgelände weit hinter sich gelassen. Der Pädagoge schien es recht schnell nach Hogsmeade kommen zu wollen. Für jeden seiner Schritte musste Remus zwei machen. //Muss er sich unbedingt so beeilen?//, dachte er kapitulierend, während er bereits - völlig außer Atem - keuchte und sich die Seite hielt. Zwar ging es ausschließlich bergab, doch durch das Tempo war der Marsch keineswegs annehmbar oder erholsam. Remus seufzte schwer. In diesem Moment bereute er es, mitten in der Nacht seinen Brief abgeschickt haben zu wollen. Hätte er seinen Eltern nicht auf Teufel komm raus unbedingt eine Nachricht zukommen lassen wollen, dann befände er sich nun nicht in dieser Situation und würde jetzt im Gemeinschaftsraum sitzen und ein Buch lesen, während im Kamin bereits - war es schon recht kalt geworden - ein kleines Feuer brannte und nicht stattdessen mit Novis hier draußen in der Kälte herumspazieren. Das einzig Gute, was er dieser Sachlage abgewinnen konnte, war die Tatsache, dass er Hogsmeade sehen würde. Sicherlich würde dies äußerst interessant werden, auch wenn das Faktum, dass Lucius Malfoy sich ebenfalls in besagter Stadt aufhalten würde, alles ein wenig trübte. Nach einiger Zeit hatte sich Remus mehr oder weniger an den Rhythmus Novis' gewöhnt und lief tiefer durchatmend hinter diesem her. Er ließ seinen Blick durch die Gegend schweifen. Die meisten Bäume hatten damit begonnen ihr Laub abzuwerfen. Vielleicht zwei bis drei Wochen - so schätzte der Brünette - und sie standen vollkommen kahl da. Kalter Wind blies ihm entgegen und er hüllte sich stärker in seinen Mantel. Der Herbst war nun endgültig eingekehrt. Und der Winter würde sicherlich auch nicht mehr lange auf sich warten lassen. Ob es weiße Weihnachten geben würde? Er hoffte es. Er konnte es sich nur allzu gut vorstellen. Ein verschneites Hogwarts erschien vor seinem geistigen Auge. Alles glitzerte im Sonnenlicht wie pures Silber. Der Schnee hatte eine leicht bläuliche Färbung, welche auf seine Sauberkeit - seine Reinheit schließen ließ. An allen nur erdenklichen Winkeln hingen Eiszapfen nach unten. Die Fenster waren mit Eisblumen bemalt. Kleine weiße Schneeflocken fielen vom Sternenhimmel und das Schloss wurde vom Licht unzähliger Kerzen erleuchtet. Sowohl in der Großen Halle, als auch im Gemeinschaftsraum der Gryffindors stand ein riesiger, geputzter Weihnachtsbaum. Das gesamte Schloss war festlich geschmückt. Und dann noch der Weihnachtsball. Ob er eine Partnerin zum Tanzen finden würde? Vielleicht Andromeda? Oder Lily? Vorausgesetzt natürlich sie hatten sich bis zu diesem Abend wieder vertragen. Das einzige Problem war die Sache mit dem Tanzen an sich. Zwar beherrschte er diese Kunst einigermaßen, doch eine wirklich gute Figur gab er dabei nicht ab. Er war sich sicher, dass er sich blamieren würde, wenn er vorher nicht noch einmal ausgiebig üben würde. Er sah Lucius' Gesicht schon regelrecht vor sich, wie er ihn zynisch und spöttisch ansah. Wie er ihn versuchte zu erniedrigen und zu demütigen und zu beweisen, dass er über Remus und den Dingen stand. Dass er etwas Besseres - ein Reinblüter - war und er - Remus - ein Nichts, ein Halbblüter, seine Eltern Blutsverräter. Bei diesem Gedanken knurrte er leise, ohne es selbst mitzubekommen. Er zwang sich dazu diese Überlegungen beiseite zu schieben und vorerst nicht daran zu denken. Zum Einen war es noch lange hin, bis Weihnachten vor der Tür stand, zum Anderen wollte er sich seinen letzten Funken Freude, den er in sich trug, nicht von jemanden wie Malfoy nehmen lassen. Während er mit seinen Gedanken gerungen hatte, hatten er und der Professor ein beachtliches Stück Weg hinter sich gebracht. Die ersten Häuser Hogsmeades waren kaum mehr zweihundert Meter entfernt. Ein leises Stimmengewirr schwappte zu ihnen herüber. Remus wandte sich um. Das Schloss war bei diesem Wetter - der Himmel war von Wolken verhangen und es hatte den Anschein, dass es jeden Moment regnen konnte - fast nicht zu sehen. Dafür war es zu weit weg. Wie lang hatten sie für diese Wegstrecke nur gebraucht? Er warf einen Blick auf seine Uhr. Es war kurz nach Elf. Wenn er es richtig in Erinnerung hatte, dann waren sie vor einer knappen halben Stunde aufgebrochen. "Ein richtiger Marathon", murmelte er, während er sich wieder umdrehte und dem Lehrer für Zaubertränke folgte. Als sie die letzte kurze Wegstrecke hinter sich gebracht hatten, sah sich Remus neugierig um. Die Häuser waren alle mehr oder weniger klein und schmiegten sich nahtlos aneinander. Vom Baustil her ähnelten sie Dorfhäusern aus dem Mittelalter, doch dem jungen Lupin gefiel eben diese Tatsache. Einige der älteren Behausungen waren windschief. Ihr Dachboden hatte sich vollkommen verzogen. Wenn er es sich recht überlegte, dann konnte man Hogsmeade nicht als Stadt bezeichnen. Dafür war es zu klein. Das hatte er auf den ersten Blick gesehen. Dorf war wirklich eine treffendere Bezeichnung. Die Straßen waren nicht ganz so groß, wie die in voluminöseren Orten, nichts desto trotz waren sie keineswegs klein. Ihm gefiel der Anblick. Im Winter war Hogsmeade sicherlich überaus faszinierend. Wenn der Schnee auf den Dächern lag und kleine Weihnachtssterne, Stechpalmzweige oder Misteln in den Schaufenstern hingen. Da es bereits mittags war, war bereits Leben in die Ortschaft eingekehrt. Novis wirkte ziemlich grimmig, als sie sich durch eine Schar alter Hexen kämpfen mussten. Vor einem größeren Gebäude blieben sie stehen. Der Schüler blickte auf. Das Haus wirkte ein wenig moderner, wenn auch nicht viel. Die Türen schienen aus neuem, lackierten schwarzen Ebenholz zu bestehen. Immer wieder flogen Eulen, Kauze, Uhus und viele andere Vögel ein und aus, wobei sie Briefe oder Pakete mit sich führten. "Stehen Sie nicht so dumm herum", ermahnte ihn die Lehrkraft. "Kommen Sie." Der Erstklässler folgte dem älteren Mann die Stufen hinauf. Als er den Eingang erreichte, las er die goldenen Buchstaben, welche auf einem Holzbrett - es war ebenfalls aus Ebenholz - neben der Tür prangten. Öffentliche Post- und Kurierdienste. Darunter standen die Öffnungszeiten. Hatte Novis sich seine Bestellungen etwa per Eule schicken lassen? Hatte er keine Eigene, die ihm seine Sachen hätte bringen können? Wieso hatte er sie auf umständlichen Weg erst hierher schicken lassen? Oder besaß er wirklich keine? Von innen sah das Haus noch interessanter aus, als von außen. Die Decke war höher, als Remus es gedacht hatte. Die Innenfassade, Decke und Fußboden waren mit lackiertem Ebenholz ausgekleidet. Remus spiegelte sich richtig im Boden. An den Wänden hingen Lampen, die jedoch im Moment nicht brannten, flutete genügend Licht durch die Fenster herein. Novis führte ihn zu einem Schalter, an dem eine junge Dame - an die fünfundzwanzig Jahre alt - mit langen, glänzenden braunen Haaren saß. Ihre Augen funkelten freudig, als sie den Professor nett begrüßte. "Guten Tag, mein Herr." Sie sah an ihm vorbei und schenkte Remus ein Lächeln, bevor sie sich wieder Novis zuwandte. "Wie kann ich Ihnen helfen?" "Ich erwarte einige Pakete", gab er knapp zurück. "Sie sollten heute ankommen." "Und wie ist Ihr Name?" "Novis." "Gut, einen Moment, Sir." Sie stand auf und verschwand durch eine Tür ins Nebenzimmer. Nach wenigen Minuten kehrte sie zurück. "Es tut mir leid, Mr. Novis. Die Eulen sind noch nicht eingetroffen. Durch einen Sturm wurden alle Tiere aufgehalten und verspäten sich. So auch die Ihrigen. Mein Vorgesetzter meinte, dass sie heute Nachmittag ankommen müssten. Wenn Sie in drei Stunden noch einmal vorbeikommen würden, wäre ich Ihnen sehr dankbar." Novis nickte stumm. Mit wehendem Umhang verließ er das Gebäude. Remus verabschiedete sich kurz und folgte ihm. Sie liefen die Treppe hinunter. "Herr Professor?" "Ja?" "Wollen Sie noch mal zurück ins Schloss?" "Nein, das bringt nichts, Lupin. Wir werden die Zeit hier totschlagen." Er wandte sich dem Jüngeren zu. "Eigentlich verstößt es gegen die Schulordnung, aber ich entbinde Sie vorerst von Ihrer Arbeit. In drei Stunden finden Sie sich hier wieder ein. Solang können Sie tun und lassen, was Sie wollen." Remus starrte ihn ungläubig an. Sein Mund hätte sperrangelweit offen gestanden, hätte er sich nicht ein wenig zusammengerissen, wollte er sich vor dem Professor keine allzu große Blöße geben. Er fragte sich, ob er gerade eben richtig gehört hatte. Hatte der Professor ihm gerade wirklich erlaubt, dass er sich hier allein umsehen durfte? "Aber, Sir. Ich darf doch eigentlich gar nicht..." "Ich weiß." Novis sah ihn abwägend an. "Aber ich glaube, ich kann Ihnen ein wenig Spielraum gewähren." Wieder war es wie ein Hammerschlag. Solche Worte aus Novis' Mund? Also entweder träumte Remus oder heute war wirklich einer der besseren Tage. "Zum Einen", fuhr der Mann fort, "schätze ich Sie als einen verantwortungsbewussten Menschen ein, zum Anderen gedenke ich nicht meine kostbare Freizeit mit einem Erstklässler aus Gryffindor - wie Sie einer sind - zu verbringen." Mit diesen Worten ließ er den Braunhaarigen dastehen. Noch immer verwirrt, sah er ihn entgeistert nach. Novis benahm sich heute wirklich seltsam. Trotzdem hatte ihn der letzte Teilsatz wieder ein wenig beruhigt. Ein wenig Sarkasmus hatte sich der Professor anscheinend doch behalten. Der Schüler setzte sich langsam in Bewegung. Vielleicht war heute - so ging es ihm durch den Kopf - einfach nur ein äußerst guter Tag für den Tränkemeister. Oder vielleicht waren die Bestellungen, die er später abholen wollte, der Grund dafür. Er zuckte mit den Schultern. Eigentlich war es ihm auch egal, wieso er für seine Verhältnisse so großzügig zu ihm war. Remus genoss einfach den Tag, auch wenn der Himmel nicht der allerbeste war und er sich Hogsmeade gern mit Sirius und James oder Lily, Andromeda und Severus angesehen hätte. Doch da diese nicht hier waren, musste er sich wohl oder übel allein die Zeit vertreiben. So schlecht war das ja auch wieder nicht. Zumal er noch ein wenig Geld einstecken hatte, welches sich bereits seit der Zugfahrt mit dem Hogwarts-Express in seinen Taschen befand. Während er die Straße entlang schlenderte, sah er sich um. Er las die verschiedenen Ladenschilder, während er einen Blick in die Schaufenster warf. Zuerst kam er zu Zonkos, einem Scherzartikelladen. Sicherlich hatten die Waren dieses Geschäfts schon für einige Aufregung in Hogwarts gesorgt. Wenn die beiden schwarzhaarigen Gryffindors erst einmal die Erlaubnis hatten hierher zu gehen, würden sie sicherlich Stammkunden werden. Remus ging weiter. Ganz in der Nähe war ein Süßigkeitenladen. Honigtopf stand auf dem Schild. Als er wieder einen Blick ins Innere warf, lief ihm das Wasser regelrecht im Munde zusammen. So viele Süßigkeiten auf einen Haufen. Er konnte es kaum glauben. Bevor er sich wieder mit dem Professor traf, würde er - so nahm er es sich vor - dem Honigtopf auf jeden Fall noch einmal einen Besuch abstatten. Er ging weiter. Es gab die Unterschiedlichsten Geschäfte. Der Blumenladen führte äußerst seltene Pflanzen, in der Apotheke - ein wirklich altes Haus - standen in einem Regal die wirklich widerwärtigsten und zugleich faszinierendsten Dinge, die man sich nur vorstellen konnte. Es gab sogar eine kleine Eisdiele, ein Geschäft für Umhänge und ähnliches - Remus fiel ein, dass er sich noch einen Festtagsumhang für den Weihnachtsball besorgen musste. Ob seine Eltern ihm einen kaufen und schicken würden? - und eine Tierhandlung. Wirtshäuser, wie zum Beispiel die Drei Besen gab es ebenfalls. Das einzige, was er noch vermisste, war eine Buchhandlung. Sicherlich würde sich hier keine so atemberaubende, wie Flourish&Blotts in der Winkelgasse, finden, doch eine kleine musste es doch hier irgendwo geben. Er hatte schon das halbe Dorf abgesucht. Viele Ecken und Winkel, wo sich der Laden verstecken konnte, gab es nicht mehr. Er entdeckte eine kleine unscheinbare Gasse, die er beim ersten Mal übersehen hatte. Vielleicht dort entlang? Kurz entschlossen betrat er sie. Durch die Dächer wurde das schwache Tageslicht fast gänzlich abgefangen, doch Remus hatte die schmale Durchführung fast hinter sich gebracht. Als er auf der anderen Seite wieder ins Freie trat, konnte er sein Staunen kaum verbergen. Er fand sich auf einem riesigen Platz, der nur durch dieses kleine Gässchen mit dem restlichen Teil des Dorfes verbunden war, wieder. Vor ihm lag zwei riesige Gebäude. Das rechte war ein wenig kleiner, als das andere. Seine Fassade war weiß und das Dach wurde von Steinsäulen gestützt. Das Gebäude links davon hatte gut vier Etagen. Es war grau und glänzte. Remus dachte, dass es aus Marmor bestand. Es hatte eine kleine Überdachung - diese wurde, wie bei dem anderen Haus, von Pfeilern getragen - damit die Kundschaft sich im Falle eines plötzlichen Regeneinbruches unterstellen konnte. Der Sims des Daches war mit kleinen Wasserspeiern versehen. Remus fühlte sich bei diesem Anblick der beiden Häuser irgendwie fehl am Platze. Diese beiden Bauwerke passten ganz und gar nicht in das Bild, welches er sich von Hogsmeade gemacht hatte und trotzdem gefielen sie ihm. Er ließ seinen Blick schweifen. An der rechten Seite, wurde der Platz von einem weiteren Laden begrenzt. Da ein Besen auf dem Schild, welches er aus dieser Entfernung nicht lesen konnte, zu sehen war, schloss er, dass es ein Geschäft für Quidditch-Utensilien war. Auf der linken Seite des Platzes befand sich eine kleine Kirche. Auch sie war reich an Verzierungen. Durch den Regen waren die Figuren allerdings schon recht stark verschlissen. Sicherlich waren sie aus Sandstein gemacht. Zwar war es wirklich ein herrliches Monument, doch Remus interessierte sich nicht wirklich für die Kirche oder irgendeine Religion. Als Atheist lies es sich noch immer am besten Leben, so fand er. Er konnte auch gut ohne einen so genannten gelobten Herrn - Gott, der die Erde in sieben Tagen erschaffen haben sollte, leben. Er wandte sich ab und ging zunächst zu dem Quidditchgeschäft. Seit seinen ersten Flugstunden, hatte er die Kunst des Fliegens immer mehr in seine Herz geschlossen. Zwar hatte er es vorher schon gemocht, doch nun lebte es regelrecht. Sirius und James hatten ihn mit ihrem Fachwissen in Sachen Quidditch bombardiert und ihn so mit diesem Wahn angesteckt. Anders, als bei den bisherigen Läden, sah er sich nicht das Schaufenster an, sondern betrat ihn gleich. Und er bereute es auch nicht. Wieder geriet er ins Staunen. So viele Besen, so viele Quidditch-Bälle und -Ausstattungen. Umhänge, Handgelenk- und Armschoner sowie Knieschoner, verschiedenste Handbücher und Pflegemittel. Er konnte es kaum glauben. Als der Verkäufer kam und fragte, ob er Hilfe brauchte, verneinte er dies. Eine gute halbe Stunde sah er sich hier noch um, bevor er sich dazu zwang zu gehen, hatte er nur noch knapp zwei Stunden übrig. Er wollte sich die beiden anderen Häuser, die sich auf diesem Platz befanden, ansehen. Außerdem hatte er sich ja auch noch vorgenommen den Honigtopf noch einmal zu beehren und etwas zu kaufen. Als er wieder hinaus ins Freie trat, ging er zunächst zu dem kleineren Gebäude. Es entpuppte sich als die lang ersehnte Buchhandlung. Er ging hinein und wurde auch schon freundlich empfangen. "Kann ich dir helfen?", fragte eine ältere Dame und lächelte, wobei sich kleine Fältchen bildeten. "Ähm, danke, aber ich möchte mich nur ein wenig umsehen." Die Frau nickte: "Ich verstehe. Tu das ruhig." Remus lächelte und ging weiter. Auch dieser Laden war äußerst anziehend und zusagend für ihn. Er freute sich diesen Platz gefunden zu haben. Er durchstöberte die Regale in beiden Etagen. Als er in der Abteilung mit den Büchern für und gegen Flüche angekommen war, stutzte er. Er nahm ein kleines Buch heraus und besah es sich. "Flüche&Gegenflüche?", las Remus. Es war genau das gleiche Buch, wie das, welches er sich aus der Heulenden Hütte mitgenommen hatte. Er hatte sich gefragt, wie viel das Buch wohl gekostet hatte und nun konnte er es nachprüfen. Er drehte es herum. Unten in der Ecke glühten einige Zahlen auf, die den Preis verrieten. "Zwei Galleone und drei Sickel?", rief er überrascht aus. Für so teuer hatte er es nicht gehalten. Sicher, es standen wirklich viele interessante Sprüche darin, was er beim Lesen hatte feststellen müssen, aber das es so teuer war, das hatte er nicht gedacht. Er stellte die Lektüre zurück und sah sich weiter um. Ein dickeres Buch stand ganz in der Nähe. Remus zog es heraus, stand auf dem Einband kein Titel. Es war in grünes Leder eingebunden und recht schwer. Auf dem Deckel prangten Silberne Buchstaben, die stark hervorstachen. "Schwarze Magie für Anfänger und Fortgeschrittene", murmelte Remus. Der Untertitel lautete Alle verbotenen Flüche von A bis Z - Wirkung, praktische Anwendung und Aufhebung. Remus schluckte. Was hatte er sich da nur gegriffen? Sein Verstand sagte ihm, er solle es wieder zurück stellen, doch seine Neugierde siegte. Er schlug es auf und begann darin zu blättern. Bei allen Flüchen hatte man die Seiten klar unterteilt. Zunächst kam ganz oben der Name, dann die Zutaten, die Wirkung und das Gegenmittel. Meist waren noch anschauliche Zeichnungen dazu, die Remus das Blut in den Adern gefrieren ließen. Er schlug den Wälzer zu und drehte ihn, wie schon das andere Buch, herum. Der Preis leuchtete auf. Vierzehn Galleonen und fünf Knut sollte es kosten. Er betrachtete wieder die Vorderseite und strich über den Deckel. Es war ein wirklich schönes Buch und irgendwie fesselte es ihn, doch der Inhalt war weniger erfreulich. Der Preis war keinesfalls verwunderlich. In den falschen Händen würde so etwas mächtiges zu einer Katastrophe führen. In den richtigen konnte es Menschenleben retten. Er stellte es zurück. Wie kam er nur schon wieder auf solche dummen Ideen? Seufzend schüttelte er den Kopf und ging wieder nach unten ins Erdgeschoss. Die ältere Hexe lächelte. "Und? Hast du etwas gefunden?" Er lächelte entschuldigend: "Nein, leider nicht. Aber wenn ich Drittklässler bin, dann komme ich wieder und dann finde ich sicherlich was." Sie erwiderte das Lächeln warm. "Tu das. Ich freue mich schon auf dich." Remus verabschiedete sich und verließ das Geschäft. Während er in den Regalen gestöbert hatte, hatte er gar nicht bemerkt, wie viel Zeit vergangen war. In einer guten halben Stunde würde er sich mit dem Professor treffen. Eigentlich hätte er gern noch das große Gebäude nebenan inspiziert, doch da er nicht mehr genügend Zeit hatte und noch einmal zum Honigtopf wollte, nahm er sich vor, dies auf seinen nächsten Besuch zu verschieben. Er durchquerte die schmale Gasse und lief mit zügigen Schritten zu dem Süßwarenladen. Die Straßen hatten sich inzwischen mit unzähligen Schülern gefüllt, die vergnügt schwatzend durch Hogsmeade schlenderten. Im Honigtopf herrschte reges Treiben. Einige Schüler sahen ihn verwirrt an und kicherten anschließend oder tuschelten und klangen dabei recht empört, was wahrscheinlich - so nahm er an - auf der Tatsache beruhte, dass er als Erstklässler gar nicht die Erlaubnis hatte, sich hier aufzuhalten und das sie in der Annahme gingen, dass er sich aus dem Schloss gestohlen hatte und dafür sicherlich Ärger bekommen würde. Doch da dem nicht so war, konnte es ihm egal sein, was sie dachten. Da er nicht viel Zeit hatte, nahm er sich von allem, was gut aussah, etwas und bezahlte dies. Er steckte die Süßigkeiten in eine seiner inneren Manteltaschen und machte sich dann auf den Rückweg zur Post. Schon nach wenigen Minuten kam diese in Sichtweite. Er warf einen Blick auf seine Uhr. Er hatte noch gute zehn Minuten. Dann war es zwei Uhr. Dann würde der Professor auftauchen. Er beschloss am unteren Treppenabsatz auf ihn zu warten. Er stand noch nicht einmal eine Minute da, als er eine Stimme vernahm. "Na wen haben wir denn da? Wenn das nicht unser kleiner Fiffy ist." Remus sah auf und bedauerte es sofort, dass er diesen Kommentar nicht einfach ignoriert hatte. Kein Anderer als der platinblonde Slytherin kam auf ihn zu. Die älteste Schwester Andromedas hatte sich bei ihm eingehakt. Sie wurden von zwei Kolossen begleitet, die anscheinend Bodyguards darstellen sollten. ,Nicht der schon wieder', stöhnte Remus genervt, verkniff sich jedoch einen Kommentar. "Na, wo hast du denn dein Herrchen gelassen?", fragte er noch immer höhnisch. "Du spielst doch neuerdings den Kriecher für Novis. Wie kommt es denn? Ist das deine Strafe dafür, dass du dich hast an mir rächen wollen?" Die vier Slytherins lachten, verstummten jedoch fast augenblicklich, als Remus ein sarkastisches Grinsen aufsetzte. Was der Siebtklässler konnte, das konnte er schon lange. "Wenn du das mit dem Wingardium Leviosa meinst, dann muss ich dich leider enttäuschen, mein guter Lucius." Er sprach ihn ganz bewusst mit dem Vornamen an, um ihn so noch mehr zu reizen und zu provozieren. Sicherlich hatte es dieses Eckel gar nicht gern, wenn so etwas - wie sagte er so schön? - Schmutziges und Nichtsnutziges, wie Remus es war, ihn so vertraulich ansprach. "Madame Hooch hat mir dafür keine Strafe gegeben, noch hat sie mich noch einmal belehrt. Es ist rein gar nichts passiert." "Ach, und wieso dackelst du dann Novis hinterher?", gab der Blonde gereizt zurück. "Geht dich rein gar nichts an." Remus' Blick verdunkelte sich, doch Lucius begann zu grinsen. "Rennst du ihm am Ende noch freiwillig hinterher?" Er lachte. "So etwas hätte ich selbst von dir nicht erwartet. Das so was wie du so tief sinken kann." Langsam begann der Brünette sauer zu werden. "Rede nicht so über Dinge, von denen du keine Ahnung hast. Verstanden?!" "Wer wird denn gleich, wer wird denn gleich. Immer mit der Ruhe, Fiffylein. Oder soll ich dir einen Maulkorb verpassen?" "Du...!" Remus warf aufgesprungen und hatte bereits seinen Zauberstab gezogen, als sich eine raue und unfreundliche Stimme zu Wort meldete. "Stopp!", rief Novis und trat auf die fünf Schüler zu. "Was wird das hier?", fragte er bissig und bedachte Remus, welcher seinen Stab sinken ließ und schließlich wieder einsteckte, mit bösen Blicken. "Wir haben den Kleinen nur hierher gebracht. Er hatte sich verlaufen", gab Lucius zur Antwort und lächelte Remus überlegen an. "Lupin?!", fragte Novis mit leiser Stimme und klang nun nur noch bedrohlicher. "Das stimmt, Sir." "Man kann Sie wirklich für keinen Augenblick aus den Augen lassen. Kommen Sie!" Er ging die Stufen nach oben und ließ die Schüler zurück. Der Erstklässler warf dem Platinblonden einen zornigen Blick zu, bevor er sich umwandte und dem Professor folgte. "Beeil dich etwas, Hündchen. Sonst wird dein Herrchen noch sauer, wenn du ihn warten lässt." Die Slytherins lachten, doch Remus erwiderte nichts. Grummelnd betrat er das Gebäude und ging zu Novis an den Schalter. Dort türmten sich mehrere Pakete auf. Der Professor steckte zwei Briefumschläge ein und drehte sich dann zu Remus. "Sie nehmen die Hälfte." Mehr als ein schwaches Nicken brachte er nicht zustande. Er wollte die Päckchen gerade in die Hand nehmen, als Novis ihn anfunkelte. "Sie wollen mich veralbern, oder Lupin?" "Wieso, Sir? Sie sagten doch, ich-" "Sie sollen sie nicht den ganzen Weg tragen. Ich dachte Sie sind so schlau und benutzen ihren Zauberstab. Aber wie es scheint, irre ich mich da schon wieder in Ihnen." Remus verkniff sich den spitzen Kommentar, der ihm in den Sinn kam. "Verzeihen Sie, Sir. Aber ich habe noch keinen Zauber gelernt, mit dem man Pakete transportieren könnte." Entnervt schüttelte Novis den Kopf. "Nehmen Sie Ihren Zauberstab und sagen Sie Locomotor Pakete und dann folgen Sie mir." Während er den Zauber gesagt hatte, hatte er seinen Stab auf seinen Teil der Paketbündel gerichtet, welche nun vor ihm schwebten. Remus tat was ihm geheißen und auch sein Teil der Pakete begann in der Luft zu schweben. Gemeinsam machten sich die beiden auf den Rückweg zum Schloss. Der Gryffindor war froh, dass er Malfoy nicht noch einmal über den Weg gelaufen war. Wieder in Hogwarts angekommen, half er dem Zaubertranklehrer beim Entpacken und Einräumen der neuen Zutaten. Danach - Remus war äußerst dankbar dafür - entließ ihn Novis und der Schüler konnte den Rest des Tages im Gryffindorturm entspannen. Am Abend gab es im Jungenschlafsaal der Erstklässler noch eine hitzige Debatte. Während Remus ausführlich von seinem Ausflug nach Hogsmeade berichtete - Sirius und James spielten die Beleidigten, wären sie gerne mitgekommen, gönnten es dem Jüngeren jedoch nach all der harten Schufterei für Novis - flog die Tüte mit den Süßigkeiten durch das Zimmer und jeder bediente sich nach Herzenslust. Der Tag neigte sich seinem Ende zu. Remus gestand sich ein, dass die heutigen Erlebnisse - bis auf das Treffen mit Malfoy - gut getan hatten und er freute sich schon auf seinen nächsten Besuch in dem Zaubererdorf. Schade nur, dass es noch einige Zeit dauern würde, bis sich die Gelegenheit dazu bat. Zufrieden und glücklich mit der Welt schlief er ein. ~~~~~ 1.Akt, Kap.IX - Ende ~~~~~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)